„Umstritten. Ein journalistisches Gütesiegel“ von Marcus Klöckner (Hg.) – Rezension

Offenbar ist eine Verwünschung ausgesprochen worden. «„Mögest du in interessanten Zeiten leben.” ist ein mittlerweile recht bekanntes chinesisches Sprichwort, um genau zu sein, eine Verwünschung; denn „interessant” wird eine Zeit meist erst im Rückblick: Kriege, Krisen, Umstürze, Veränderungen beispielsweise machen Zeiten „interessant.” Der US-Politiker Robert F. Kennedysagte 1966 bei einer Ansprache in Kapstadt:

Es gibt einen chinesischen Fluch, der da lautet: ‘Möge er in interessanten Zeiten leben!’ Ob wir es wollen oder nicht – wir leben in interessanten Zeiten…“
(„There is a Chinese curse which says, ‘May he live in interesting times.’ Like it or not, we live in interesting times…“)« Quelle: Ostasieninstitut.

Umstritten“ – Ein Stempel für diejenigen, die es sich herausnehmen, eine eigene Meinung zu vertreten

Interessant an dieser Verwünschung ist, dass sie nur ganz bestimmte Leute trifft. Nämlich diejenigen, welche es sich hierzulande herausnehmen, eine eigene Meinung zu vertreten. In dem Maße,wie man ihnen das übelnimmt – weil diese Meinung bestimmten Narrativen zuwiderläuft – verpasst man ihnen den Stempel «umstritten«.

Dann nützt den zu «Umstrittenen« erklärten Menschen auch kein schnelles Pferd mehr. Der Stempel pappt ihnen an. Und dafür, dass er sichtbar ist, wird gesorgt. Wagen diese Menschen dann doch einmal aus irgendeinem Fenster zu schauen, um etwas in einer bestimmten Angelegenheit oder Sache anzumerken, bekommen sie sogleich aufs Dach. Sie werden möglichst mittels einer zur schlimmen Mode gewordenen Cancel Culture aus dem öffentlichen Diskurs diffamiert und ausgegliedert. Kommt man einmal doch nicht umhin sie zu nennen oder ist es ihnen doch gelungen, irgendwo öffentlich zu erscheinen oder aufzutreten, dann heißt es in den Medien, „die umstrittene“, „der umstrittene Soundso“ …

Dann wissen die Medienkonsumenten (wenn sie es nicht eh schon wissen), was sie von der betreffenden Person zu halten haben. Vielleicht haben die Leute auch schon vorher im Nicht-Lexikon Wikipedia (der vielleicht bei manch wissenschaftlichen Einträgen vertraut werden kann) nachgeschaut und über jemanden gelesen: Herr X gilt betreffs seiner Äußerungen und seiner auf Portalen, die für die Verbreitung von «Verschwörungsideologien« bekannt sind, veröffentlichten Texte, als «umstritten«.

Wem das so ergeht, kann als Person ziemlich rasch „erledigt“ sein. Hatte so jemand eine gewisse Reputation, so dürfte diese schnell perdu sein oder dessen Stellung womöglich zusätzlich noch einer Kündigung seitens des Arbeitgebers anheimfallen. Wer noch mehr Pech hat, dem kündigt die Hausbank eventuell gar das Bankkonto. Ja, die betroffenen Menschen leben wahrlich in „interessanten Zeiten“. Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Unterschiedliche Zeitgenossen „die sich in politisch schwierigen Zeiten ein demokratisches Ur-Recht herausgenommen und verteidigt haben: das Recht auf eine eigene Position.“

Der Journalist und Bestsellerautor Marcus Klöckner hat nun beim Verlag FiftyFifty einen Band herausgegeben, welcher jenen gewidmet ist, „die sich in politisch schwierigen Zeiten ein demokratisches Ur-Recht herausgenommen und verteidigt haben: das Recht auf eine eigene Position.“ Weiter heißt es zum Buch:

„So unterschiedliche Personen wie Patrik Baab, Daniele Ganser, Ulrike Guérot, Stefan Homburg, Michael Meyen, Albrecht Müller, Friedrich Pürner stehen beispielhaft dafür.“

Für die Herausgabe des m.E. sehr wichtigen Buches, zumal es dafür sorgt, dass den „Umstrittenen“ ein Stück weit Gerechtigkeit widerfährt und die ihnen angetane Unbill nicht vergessen wird, gebührt dem Verlag und Marcus Klöckner Lob und Anerkennung.

Der Begriff «umstritten« verkommt zur Waffe, die gegen unliebsame Meinungsabweichler eingesetzt wird“

«“Umstritten“ – so bezeichnen „Qualitätsmedien“ heutzutage kritische Denker, die auf die Realitäts- und Sinnbrüche in Politik und Berichterstattung hinweisen. Mit dieser Formulierung sollen Kritiker an den vorherrschenden „Wahrheiten“ mundtot gemacht werden. Längst aber haben viele Bürger die Masche durchschaut. „Umstritten“ zu sein, ist als ein Prädikatssiegel für Demokraten zu verstehen. Wer heutzutage vom Polit- und Medienmainstream niedergemacht wird, muss sehr viel richtig gemacht haben. Gut, dass es „die Umstrittenen“ gibt«, so der schreibt der Verlags.

Marcus Klöckner in seiner Einleitung: „Ob Mediennutzer eine Person, um die es in der Berichterstattung geht, als «umstritten« betrachten oder nicht, soll ihnen selbst überlassen bleiben. Doch innerhalb einer weltanschaulich kontaminierten «Berichterstattung« verkommt der Begriff «umstritten« zur Waffe, die gegen unliebsame Meinungsabweichler eingesetzt wird.“

Er führt als ein Beispiel an: „Wie oft ist etwa in Medien von umstrittenen Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht zu lesen? Wohl die meisten Bürger in Deutschland wissen, wer Wagenknecht ist. Dass sie von einigen heftig kritisiert und von anderen bewundert wird, ist kein Geheimnis. Wenn ihr zum X. Mal der Begriff «umstritten« angeklebt wird, dann hat das einen Grund: Einige Journalisten wollen Stimmung machen. Sie wollen Wagenknecht negativ rahmen. Ist etwa Olaf Scholz nicht umstritten? Allein schon, wenn man an Cum-Ex denkt. Müsste nicht konsequenterweise in jedem Medienbericht stehen: der «umstrittene« Kanzler? Ist Baerbock nicht umstritten? Müsste nicht in jedem Beitrag stehen: die umstrittene Außenministerin? Welcher Politiker ist schon nicht umstritten?“

Auf darauf folgenden Seite gibt Klöckner zu bedenken: „Gelebter Pluralismus, der für jede gesunde Demokratie konstitutiv ist, wird zum Störfaktor bei der Festzementierung von angeblichen unumstößlichen Wahrheiten. Demokratieverständnis? Sechs. Setzen.

Außenministerin Annalena Baerbock sagte im September dieses Jahres die folgenden Worte:

«Deutschland ist eine Demokratie. Punkt. Es gibt bei uns Meinungsfreiheit, alle können immer und überall sagen, was sie wollen. Wer das wie Chrupalla verkennt, hat den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht verstanden – oder will es einfach nicht.«

Die Aussage korrespondiert auf erwartbare Weise mit einer Politik, der die Entdifferenzierung der Realität alles andere als fremd ist: Alle können alles sagen. Aber ansonsten hält die Aussage einer Realitätsprüfung nicht stand. Zu einer Demokratie gehört, dass jeder alles sagen kann. Nicht zu einer Demokratie gehört, dass Persönlichkeiten, die vom Mainstream abweichende Ansichten vertreten, öffentlich niedergemacht, mit Hass und Hetze überzogen werden und dass deren berufliche Existenz in Gefahr gerät. Den Realitätscheck besteht auch nicht die Aussage, dass alle überall alles sagen können. Richtig ist; Ein Bürger kann sich auf eine Parkbank oder an den Stammtisch setzen und sagen, was er denkt (wobei das mit dem Sitzen auf einer Parkbank während der Corona-Zeit …).“

Professor Dr. Stefan Homburg lässt sich von angeblichen Experten nicht diktieren, was er zu denken hat

Der Journalist Patrick Reiter hat mit Professor Dr. Stefan Homburg gesprochen. Dem waren etliche Ungereimtheiten im Rahmen der Coronapolitik aufgestoßen. Und er hielt mit seiner Kritik nicht hinter dem Berge. Dadurch wurde der frühere akademische Überflieger zu einer «umstrittenen« Person. Sie veränderte dessen Leben. Einstige Verdienste – er beriet u.a. auch Regierende – wurden in den Hintergrund verdrängt. Als vielgefragter,, weil wirklicher Experte galt er etwas in Talkrunden und in der Presse. Plötzlich wehte ihm ein eisiger Wind entgegen. Unterkriegen aber ließ sich Stefan Homburg nicht: „Als aufgeklärter Bürger lasse ich mir nicht von angeblichen Experten diktieren, wie ich zu denken habe, sondern bilde mir eine eigene Ansicht und verbreite sie.«

Und das tat der Finanzwissenschaftler fortan und tut es bis heute. Sehr oft auf Twitter (jetzt X). Inzwischen hat Homburg dort 132.992 Follower. Er hat das Buch Corona-Getwitter. Chronik einer Wissenschafts-, Medien- und Politikkrise“ veröffentlicht.

Der Beitrag von Patrick Reitler ist sehr aufschlussreich.

Der „Fall“ Dr. Daniele Ganser

Der NachDenkSeiten-Redakteur Tobias Riegel hat sich mit dem „Fall“ Dr. Daniele Ganser beschäftigt. Medien bezeichnen den Historiker und Friedensforscher unaufhörlich als als «umstritten«. Riegel schreibt: „Er hat sich diesen Titel bereits Anfang der 2000er Jahre durch kritische Veröffentlichungen etwa zu «Gladio«-Gruppen der NATO und durch die entsprechenden Reaktionen auf seine Texte vonseiten transatlantischer Meinungsmacher «verdient«. Zu Gladio hat Ganser im Westend Verlag das Buch „Nato-Geheimarmeen in Europa. Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung“ veröffentlicht.

Im Vorfeld von Gansers Auftritten im März 2023 wurde in zahlreichen Orten eine Hetzkampagne gegen ihn betrieben.

In Dortmund und Nürnberg waren seine Auftritte zunächst verwehrt worden, wurden jedoch dann per Gerichtsurteil schließlich genehmigt. Dortmunds Oberbürgermeister entblödete sich nicht, nachdem die Stadt bereits vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Klatsche erhalten hatte, Einspruch zusätzlich noch vorm Oberverwaltungsgericht zu erheben. Und prompt kassierte er die zweite Klatsche. Ich bekam das hier in Dortmund quasi aus nächster Nähe mit. Die Medien hetzten fleißig. Hier beispielsweise ein Artikel des Dortmunder Mediums „Nordstadtblogger“. Dort heißt es: „Der geplante Auftritt von Dr. Daniele Ganser in der Westfalenhalle 2 – dort, wo auch der Stadtrat während des Rathausumbaus tagt – schlägt in der Politik hohe Wellen. Denn der Historiker ist hoch umstritten und gilt als Verschwörungsideologe.“ Beiträge von mir dazu finden Sie hier, hier und hier.

Das Diffamieren von Dr. Daniele Ganser zeitigt glücklicherweise einen Bumerangeffekt. Riegel resümiert: Soweit man es als Außenstehender beurteilen kann, konnten die Kampagnen Ganser bisher nicht kleinkriegen – im Gegenteil: Vielleicht haben sie ihn einfach nur noch bekannter gemacht, was ein Zeichen dafür wäre, dass sich bestimmte Mechanismen der Diffamierung und der Meinungsmache abgenutzt haben. Das Beispiel des Prominenten Ganser ist allerdings nicht einfach übertragbar. Außerdem sollte die Wirkung auch abgenutzter Meinungsmache auf weniger informierte Zeitgenossen nach wie vor nicht unterschätzt werden.“

Die Causa Patrik Baab

Overton-Redakteur Roberto J. De Lapuente nahm sich die Causa Patrik Baab vor. (S.42)

Der Journalist hatte zu Recherchezwecken für ein Buch eine Reise in die Ostukraine unternommen. Ein Jahr zuvor war er in der Westukraine gewesen. Zu Zeit von Baabs zweiter Reise fanden in den Oblasten Donezk und Lugansk Wahlen statt – was Baab allerdings erst kurz vorher in Moskau erfahren hatte. „De Lapuente verdeutlicht“, schreibt Marcus Klöckner: „Baab sah sich in der Ukraine nicht nur den Gefahren von zwei Fronten ausgesetzt. Plötzlich musste er sich gegen Angriffe von der »Heimatfront« wehren.“ Das m.E. journalistisch fragwürdige Portal t-online.de (es gehört der Firma Ströer, einem Unternehmen für Außen- und Onlinewerbung) veröffentlichte aus der Feder des bereits mit anderen Diffamierungen aufgefallenen Lars Wienand einen Bericht, der den Eindruck entstehen ließ, Baab könnte Wahlbeobachter in den der Ukraine abtrünnig gewordenen Oblasten gewesen sein. Was nicht der Fall war. Wienand, so Baab hätte das leicht recherchieren können. Der Westen bezeichnete diese Urnengänge als „Scheinwahlen“. Lars Wienand ist offenbar ein „Sitzjournalist“, wie Patrik Baab, der schon an vielen Orten mit Konflikten und Kriegen in der Welt vor Ort war, um zu berichten, „Kollegen“ bezeichnet, die lediglich vorm Computer sitzen und „recherchieren“. Dem Journalisten Baab gingen aufgrund der t-online-Diffamierungen zunächst zwei Lehraufträge verloren. Baab ist nicht naiv. Und weiß wie leicht man in etwas hineingeraten kann. De Lapuente: „Es ist ein bisschen so, wie der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal es einst ausdrückte: «Das ganze Unglück der Menschen kommt daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.« Der Journalist weiß, wenn er nicht auf seinem Zimmer bleibt, kann er unglücklich enden.“ Lars Wienand, nehme ich mal an, kann so etwas wohl nicht passieren. Es sei denn sein Stuhl kippt um.

De Lapuente: „Die Causa Baab zeigt, dass Journalismus ein Delikt darstellt in diesen postfaktischen Tagen. Aber nur dann, wenn er mit allen Sorgfaltspflichten ausgeführt wird. (Hinweis auf Patrik Baabs Buch „Auf beiden Seiten der Front“)

Interview mit dem «umstrittenen« Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen

Der einstige SWR-Mitarbeiter Ole Skambraks (nach seinem kritischen offenen Brief «Ich kann nicht mehr« (dazu u.a. hier) zur Corona-Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gekündigt) interviewte für das Buch den Kommunikationswissenschaftler Professor Michael Meyen. Meyen, geboren auf der Insel Rügen 1967, studierte noch zu DDR-Zeiten am „Roten Kloster“ in Leipzig, arbeitete dann als Journalist und erhielt 2002 eine Anstellung als Professor für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.

Herausgeber Marcus Klöcker: „Gegen Meyen läuft ein Disziplinarverfahren, er wurde zur Befragungen vor den Verfassungsschutz eingeladen. Skamraks Auseinandersetzung mit dem Fall Meyen macht transparent, was in unserem Land mittlerweile passiert. Meyens «Vergehen« besteht darin, dass er sich mit den Mitteln seiner Wissenschaftsdisziplin einer fundierten, herrschaftskonzentrierten Medienkritik bedient. Das schmeckt einigen nicht. Deshalb soll er – zu diesem Schluss ist zu kommen – fertiggemacht werden.“ (S. 53)

Die gleich «doppelt umstrittene« Ulrike Guérot

Vom österreichischen Schriftsteller und Journalisten Jan David Zimmermann stammt der Beitrag über die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Marcus Klöckern: „Sie hinterfragte die Maßnahmenpolitik und kritisierte dann auch noch das vorherrschende Narrativ zum Krieg in der Ukraine. Der Medienmainstream sah rot und plötzlich erhob der Trierer Politikwissenschaftler Markus Lind Plagiatsvorwürfe in der FAZ. Darauf kündigte der Arbeitgeber Guérots, die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ihre Stelle als Professorin. Jan David Zimmermann zeigt auf, warum Guérot gleich als «doppelt umstritten« gilt. (S.70)

Jan David Zimmermann schreibt abschließend: „Nicht nur in rechtsextremistischen Foren, sondern auch im ansonsten so aufgeklärten bürgerlichen Mainstream zeigt sich deutlich, dass man auch im Jahr 2023 gerne noch Jagd auf rothaarige Frauen macht, die man der Hexerei bezichtigt und die sich mit dem Satan verbündet haben. Auch wenn es sich um Positionen der Mitte handeln.“ (S.78)

Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Friedrich Pürner, den einstigen Leiter eines Gesundheitsamtes als «höchst umstritten«

Die Journalistin und einstige Kolumnistin für das Satiremagazin «Eulenspiegel» Anke Behrend trug einen Text zum Fall Dr. Friedrich Pürner, ehemaliger Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg im Bayrischen Regierungsbezirk Schwaben, bei.

Die Süddeutsche Zeitung hatte Pürner als «höchst umstritten« bezeichnet. Pürner äußerte Kritik an der Corona-Politik und wurde versetzt, weil er nicht daran dachte sich verbiegen zu lassen. Obwohl er massive berufliche Konsequenzen befürchten musste.

Zuletzt war von Pürner zu hören, dass er bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für die kürzlich gegründete Partei von Sahra Wagenknecht, BSW, kandidieren wird.

Der scharfsinnige Denker Albrecht Müller

Ein interessantes Interview hat Marcus Klöckner mit dem Gründer und Herausgeber der NachDenkSeiten Albrecht Müller geführt. Klöckner kennzeichnet Albrecht Müller (85) so: Er sei ein „noch ein scharfsinniger Denker.“.

„Zu seinem Tagesgeschäft gehört es, Politik und Medien grundlegend kritisch zu hinterfragen.“

Klöckner weiter: „Die Bezeichnung «umstritten«, so Müller im Interview, «kommt von jenen, die sich an einen Wust von Denkfehlern, Vorurteilen und falschen Beobachtungen« angepasst haben.“

Analyse der skandalösen Lanz-Sendung, wo selbst vom Moderator gegen Ulrike Guérot geschossen wurde

Zum Ausgang des Buches, liebe Leserinnen und Leser, finden sie eine Analyse jener skandalösen Lanz-Sendung, zu der Ulrike Guérot eingeladen war. Marcus Klöckner: „An ihr lässt sich exemplarisch ablesen, was passiert, wenn eine Person, die als «umstritten« gilt, doch einmal Zugang zu einer Debattenplattform des Mainstreams bekommt.

Guérot sah sich Angriffen nicht nur durch die Gäste Marie-Agnes Strack-Zimmern und Fritz Pleitgen (das ist ein Fehler im Buch, es muss Frederik Pleitgen heißen; C.S.) ausgesetzt, sie musste sich auch gegen den Moderator wehren. Wer die «Wahrheiten« des Mainstreams anzweifelt, soll sich eben nicht durchsetzen dürfen.“

Die Lanz-Sendung ist vom Verlag für das hier besprochene Buch transkribiert worden.

Zwar kann man diese Sendung vom 2.6.2022 noch auf You Tube nachschauen – ich empfehle meinen Lesern aber dennoch die Transkription zu lesen, weil hier m.E. deutlicher hervorsticht, wie widerlich die Angriffe gegen Ulrike Guérot – die sich allerdings, soweit man sie überhaupt zu Worte kommen ließ, nach Kräften zur Wehr gesetzt hat – gewesen sind.

Dank an alle, die dieses wichtige Buch realisiert haben! Es zeigt auf «Umstritten« ist: Ein journalistisches Gütesiegel.

Lesen, unbedingt!

Zum Buch

MARCUS KLÖCKNER

Marcus Klöckner studierte Soziologie, Medienwissenschaften und Amerikanistik an der Philipps-Universität in Marburg. Herrschafts- und Medienkritik kennzeichnen seine Arbeit als Journalist und Bestsellerautor. Mit seinem Buch „‚Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen‘ – Das Corona-Unrecht und seine Täter“ setzt sich Klöckner für die Aufarbeitung der Coronapolitik ein. Bei Westend veröffentlichte Klöckner unter anderem als Autor „Sabotierte Wirklichkeit: Wenn Journalismus zur Glaubenslehre wird“ sowie als Mitherausgeber den Klassiker der Soziologie, „Die Machtelite“, von Charles W. Mills.


ISBN/GTIN978-3-946778-47-9

Produktart. Taschenbuch

Einbandart Kartoniert, Paperback

Verlag

fifty-fifty Verlag

ErscheinungsortFrankfurt

Erscheinungsjahr2024

Erscheinungsdatum15.01.2024

Seiten192 Seiten

SpracheDeutsch

MasseBreite 131 mm, Höhe 211 mm, Dicke 19 mm

Artikel-Nr.54635120

Erschienen am 15.01.2024

20,00 Euro

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende. Aber ein Ende ist nicht in Sicht“ Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam (Rezension)

Es war einmal … So fangen Märchen an. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk jedoch ist Realität. «In seinen Anfangsjahren“, heißt es auf dem Buchrücken des hier zu besprechenden Buches, „genoss der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der jungen Bundesrepublik Deutschland beträchtliches Ansehen. Damals galt er noch als elementar für die freie und unabhängige Meinungsbildung einer demokratischen Gesellschaft und ging seiner Aufgabe – öffentlichkeitswirksame Kontrolle der Politik – tatsächlich überzeugend nach.«

Westradio und Westfernsehen – einst ein Korrektiv für mich

Und viele Menschen in der DDR, wo ich geboren wurde und 33 Jahr gelebt habe, konnten das weitgehend nachvollziehen. Denn sie – Außer der Region Dresden (spöttisch für ARD; weil dort im Grunde genommen kein Westfernsehen zu empfangen gewesen war), weshalb man diesbezüglich sarkastisch vom Tal der Ahnungslosen sprach – sahen und hörten via Äther regelmäßig nach Westdeutschland herüber. Denn in der DDR waren die Nachrichten und so manche andere Sendung auch in der Regel mit dröger bis nervender rot gefärbter (obwohl unter der Hand zu hören gewesen war, rote Druckerfarbe werde längst zur Mangelware) Propaganda vollgepfropft. Ergo holte man sich die Nachrichten aus Westradio und Westfernsehen in die DDR-Wohnungen. Und hatte so ein Korrektiv zum mit sozialistischer Ideologie überfrachteten DDR-Funk. Während die 19.30 Uhr begonnene Aktuelle Kamera des DDR-Fernsehens gleichzeitig an ihr Ende gekommen war – flimmerte ab 20 Uhr regelmäßig die ARD-Tagesschau über die Mattscheiben der Fernsehgeräte in den DDR-Wohnzimmern.

Ich schalte hier ein: Auch im Westfernsehen war nicht immer alles Gold, was glänzte und ohne Ideologie. Ich denke nur an Lothar Loewe. Allerdings waren etwa die Politikmagazine in der Regel Spitze. Was hatte nicht MONITOR für einen Stellenwert auch bei den Bürgern der DDR. Heute dagegen ist davon nur ein klägliches, pardon: „Restle“ übrig, das ich mir inzwischen schenke.

Auf dem Buchrücken lesen wir in Fortsetzung des obigen Zitats: «Davon kann heute keine Rede mehr sein. Er betreibt inzwischen weitgehend Beeinflussung im Interesse der politischen „Eliten“. Sein Nachrichtenangebot ist nicht mehr kritisch-distanziert, sondern anbiedernd-konformistisch. Er ist durchsetzt von Meinungsmache, einer trügerischen Mixtur aus Halbwahrheiten, Weglassung und Schönfärberei bis hin zur Falschdarstellung. Der Bruch mit „anerkannten journalistischen Grundsätzen“ [wie sie der Medienstaatsvertrag fordert] ist nicht mehr zu leugnen.«

Ich ergänze aus meiner Sicht: Die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen bieten zunehmend keine Informationen mehr anhand derer Rezipienten in die Lage versetzt würden, sich eine eigene Meinung zu bilden – wie es doch eigentlich sein sollte – sondern sagen uns was bzw. wie wir zu denken haben. Sagen, was ist … Das war einmal. Der Anspruch, proklamiert einst von Rudolf Augstein betreffs des (inzwischen ehemaligen) Nachrichtenmagazins Der Spiegel ist auch dort längst perdue.

Wie journalistische Grundsätze mit Füßen getreten werden, konnte einmal mehr bei Anne Will mit Entsetzen erlebt werden

Journalistische Grundsätze werden seit Jahren auch in den von den öffentlich-rechtlichen Anstalten verantworteten Talkshows schamlos mit Füßen getreten. Ein akutelles Negativbeispiel aus jüngster Zeit kommentiert Tobias Riegel auf den NachDenkSeiten (vom 19. September 2023): „Die Talkshow von Anne Will am Sonntag hat die bisherige Meinungsmache zum Ukrainekrieg zu einem neuen Höhepunkt geführt. Vor allem Anne Will selber hat ihre Rolle als Moderatorin in dieser Sendung missbraucht – das ist nichts Neues, aber in dieser deutlichen Form dann doch bemerkenswert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich vom Anspruch der Ausgewogenheit endgültig verabschiedet, es wird nicht mal mehr versucht, den Anschein zu erwecken. Respekt gebührt Wagenknecht: Sie führt sie alle vor.

Die ARD-Talkshow von Anne Will am Sonntag sticht heraus – auch wenn man von den öffentlich-rechtlichen Sendern schon viel gewohnt ist bezüglich einer unangemessenen Verteidigung der Regierungspolitik. Mit dem Ukrainekrieg hat sich diese bereits zuvor bestehende Tendenz der Anbiederung an die Macht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) nochmals zugespitzt.“

Dazu passend

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, die das äußerst empfehlenswerte, hier zu besprechende Buch „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende“ geschrieben haben, notieren mit Blick auf die Produktionskosten von Talkshows: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der Heilige Gral der Informationsgesellschaft, ist voll dabei, sich selbst zu kommerzialisieren. Fast zur Hälfte hat er es bereits geschafft. […]

Selbst produzierte Talkshows gelten seit jeher als preisgünstiges Programmformat. Die Produktionskosten pro Fernseh-Sendeminute der einfach un genügsam gestalteten NRD-Sendung DAS! liegen bei 600 Euro. Meistens ist nur ein Gast im Studio, was aber dem Unterhaltungs- und Informationswert durchaus zugutekommt, weil das nicht reizüberflutet ist.

Talkshows, die der NDR für das ARD-Programm zuliefert und externen Firmen herstellen lässt, kosten das Vier- bis Achtfache. Günther Jauch verlangte für sich und seine Produktionsfirma 4600 Eure pro Sendeminute. Waaaas?

Doch, doch. Anne Will bekommt mindestens 2400 Euro.“ (Stand 2011)“

Der aktuelle Aufwand werde geheim gehalten.

Weiter: „Als Unternehmerin soll sie jetzt pro Jahr 7,85 Millionen Euro kassieren. Mit ihrer Produktionsfirma erwirtschaftete sie im Jahr 2020 einen Bilanzüberschuss von 1,6 Millionen Euro.

Noch einmal zum Nachschmecken: Eine Talkshow in Eigenproduktion würde dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk höchstens 1000 Euro pro Sendeminute kosten. Eine Talkshow, die von einem Kommerzbetrieb für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hergestellt wird, kostet bis zu 4600 Euro pro Sendeminute.

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.“ (S.24/25)

„Grundsätzliche Unterschiede zu den privatwirtschaftlichen Rundfunk- und Fernsehbetrieben sind im Programm kaum noch feststellbar. Die enormen Summen – mehr als 4 Milliarden Euro! -, die aus den Rundfunkbeiträgen schon heute der Privatwirtschaft zufließen, sind bereits entscheidend für die Existenzsicherung der kommerziellen Medienbranche. Ohne diese Geld, beispielsweise nach einer Auflösung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, käme es zu einer Pleitewelle“, so die beiden Autoren.

Ein absurder Zustand, dass mit Zwangsbeiträgen nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch profitorientierte kommerzielle Rundfunkbetriebe am Leben erhalten werden.“

Klinkhammer und Bräutigam machen am Ende dieses Unterkapitels keinen Hehl aus ihrer Empörung: „Und dass ein ehrloser, unwürdiger, staats- und wirtschaftsfrommer Journalismus sowohl die Grundlage dafür herstellt als auch Begleiterscheinung dazu ist.“

Im nächsten Kapitel „Was tun?“ bringen die beiden Autoren einen „verblüffend einfachen Vorschlag“ des Medienwissenschaftler Michael Meyen, einen Lehrstuhlinhaber der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), ins Spiel:

«Damit sich dieser neue öffentlich-rechtliche Rundfunk vom alten unterscheidet, müssen die Anbieter von den Menschen kontrolliert werden, denen sie gehören. Das sind wir, Rundfunkräte können entweder direkt gewählt werden – oder ausgelost. Für diesen Vorschlag sprechen zum Beispiel das Ideal der athenischen Demokratie … oder die Laien-Gerichtsbarkeit in den USA, bei der Geschworene per Los bestimmt werden.« (S.26)

Zu diesem Vorschlag möchte ich empfehlen auch meinen Beitrag „Michael Meyens Traum von einem neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Medienqualität für zwei Euro“ zu lesen.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk knarzt es an allen Ecken und Enden

„Die Pensionäre Bräutigam und Klinkhammer investieren jeden Tag sechs bis acht Stunden in ihre Tagesschau-Kritik“ schreibt Michael Meyen auf seinem Medienblog im Jahre 2021.

In ihrem nun vorliegendem Buch finden sie Folgendes „offenkundig“: „Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk knarzt es an allen Ecken und Enden. Besonders frappierend ist, dass er journalistische Mindeststandards nicht einhält, obwohl er gegenüber den kommerziellen Medien diesbezüglich im Vorteil ist: Seine Finanzierung mittels Beitragspflicht macht ihn unabhängig von den Zwängen des «Marktes« und dessen Orientierung.“

In ihrem Buch zeigen sie anhand einiger ihrer Artikel, „auf welch eklatante Weise die Berichterstattung der Tagesschau guten Journalismus vermissen lässt.“

„Neben dem Pressekodex könnte hier auch die Münchner Ethik-Charta (oder Erklärung der Pflichten und Rechte von Journalisten) als Maßstab herangezogen werden. Sie verlangen neutrale und umfassende Berichterstattung («Sagen, was ist«), Widerstand gegen Zensurversuche sowie Distanz zu den Mächtigen.“

Bei der einseitigen, zu Propaganda verkommenen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg wird der sogenannten „Wertewesten“ über den grünen Klee gelobt. Russland dagegen wird als das Böse dämonisiert mit Putin an der Spitze als personifizierten neuen Hitler. Was dabei von den Medien geflissentlich unter den Tisch fallengelassen wird ist Folgendes:

„Insgesamt sind die USA seit dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer martialischen Überfälle auf andere Länder für den Tod von schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Menschen verantwortlich. Allein in den vergangenen 20 Jahren hat unsere westliche «Wertegemeinschaft« vier Millionen Muslime umgebracht, vom Neugeborenen bis zum Greis; angeblich um den weltweiten Terrorismus auszurotten. Baerbocks «Wertepartnerschaft« erinnert wahrlich streng an Goethes Aphorismus über den Charakter:

«Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann,« (S.194/195; in „Mörderischer Tradition“)

Artikel der Autoren auch auf publikumskonferenz.de zu finden

Hinweis der Autoren: „Die Artikel wurden von Maren Müller auf publikumskonferenz.de dokumentiert und können dort weiterhin eingesehen werden.“

Schauen wir genau hin

Unter dem Kapitel „Zensur“ (S.28) lesen wir:

«Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film wird gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.« Das geht auf den Artikel 5 des Grundgesetzes zurück, den die Autoren als Kernparagraphen unserer Demokratie bezeichnen.

„Ohne freie Berichterstattung kann sich der Bürger (und damit die Wähler) kein eigenes Bild machen. Er muss sich frei informieren können, um (s)eine Entscheidung zu treffen. Sofern dahingehend Einschränkungen vorgenommen werden, bewegen wir uns in einer demokratischen Schieflage. Bei jedem Medienschaffenden, der ordentlichen Journalismus betreiben will, sollten die Alarmglocken läuten, wenn ein Medium verboten wird.“

Dazu passend folgt der Artikel „Ene mene muh und raus bist du: RT DE“ (erschienen am 31.12.2021)

Die Autoren empfehlen genau hinzuschauen, „warum und wie begründet der Sender Russia Today in Europa verboten wurde.“

Klinkhammer/Bräutigam: „Auf den ersten Blick möglicherweise gerechtfertigt wegen des Vorwurfs, ein Staatsmedium von Präsident Putin zu sein, kann man erhebliche Zweifel daran anmelden, wie dieses Verbot zustande kam.“

Wie konnte die zwangsweise Abschaltung eines bereits in Betrieb befindlichen Senders ohne ein rechtsstaatlich einwandfreies und öffentlich einsehbares Verwaltungsverfahren ohne Absprache mit dem Lizenzgeber Serbien über die Bühne gehen?

Tja, wie du mir, so ich dir: Kaum war RT DE in Deutschland verboten, schloss Russland das Moskauer Büro der Deutschen Welle, die man bisher hatte gewähren lassen, obwohl sich der Staatssender auf unverschämte Weise in russische Politik eingemischt hatte.

Immerhin gibt es nach wie vor die Möglichkeit RT DE via Internet zu nutzen. Für alle, die sich ihren Informationsanspruch nicht von deutschen Regulierern und Qualitätsjournalisten begrenzen lassen wollen“, wie die Buchautoren anmerken. (S.36)

Was ich beispielsweise auch nach wie vor tue.

Wenn es auch nicht hundertprozentig vergleichbar ist: RT DE wurde für mich zum Korrektiv zu journalistisch heruntergekommenen bundesdeutschen Medien und Zeitungen. Wie in meinen DDR-Jahren „Westradio“ und „Westfernsehen“ ein Korrektiv zu den propagandaträchtigen DDR-Medien gewesen waren. Wobei ich stets auch die Westmeldungen kritisch rezipierte. Überhaupt erachte ich es für wichtig sich über die Nutzung einer Vielzahl an unterschiedlichen Medien – die immer auch kritisch geschehen muss – mit Informationen zu versorgen, um sich dann eine eigene Meinung zu bilden. Wie es auch der Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser schon lange empfiehlt.

Wovon nicht mehr gesprochen werden kann

Liebe Leserinnen und Leser gewärtigen sie das, was auch aus einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1969 zitiert wird:

Dem Einzelnen soll ermöglicht werden, sich seine Meinung auf Grund eines weitgestreuten Informationsmaterials zu bilden. Er soll bei der Auswahl des Materials keine Beeinflussung durch den Staat unterliegen. Die Informationsfreiheit … auch dazu bestimmt ist, ein Urteil über die Politik der eigenen Staatsorgane vorzubereiten, muss diese Staatsorgane weitgehend bewahrt werden.“

Davon kann man nicht (mehr) sprechen. Zu eng sind inzwischen Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk miteinander verwoben.

Klinkhammer und Bräutigam: «Der „Qualitätsjournalismus“ dieser Nachrichtenanbieter sichert den Bestand unserer USA-NATO-EU-BRD-regelbasierten Werteordnung und nicht die ungehinderte Meinungsbildung des Einzelnen. Indem sie sich damit in krassen Widerspruch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzen, schaufeln sie sich selbst ihr Grab. Ihre Impertinenz wird vielleicht eines Tages auch die geduldigen Karlsruher Richter aus der roten Robe fahren lassen.“

Ist darauf wirklich zu hoffen, frage ich. Schließlich ist auch das Bundesverfassungsgericht ist nicht mehr das, was es (vielleicht) einmal war.

Bedenken wir aber auch die Worte eines Nobelpreisträgers:

„Der englische Dramatiker Harold Pinter erinnerte in seiner Rede zur Verleihung des Nobelpreises 2005 an das «weitverzweigte Lügengespinst, von dem wir uns nähren«. Damit die Macht der herrschenden Eliten «erhalten bleibt, ist unabdingbar, dass die Menschen unwissend bleiben, dass sie in Unkenntnis der Wahrheit leben.«“ S.195)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende. Aber ein Ende ist nicht in Sicht

Wäre das zu überwinden?

Warum die Nachrichten eine oft fragwürdige politisch-ideologische und einseitige Färbung aufweisen hat nicht zuletzt auch damit zu tun, das die „Redaktion ARD-aktuell, zuständig für Tagesschau, Tagesthemen, Nachtmagazin, tagesschau.de und Tageschau24“ seit Jahren Selbstzensur übt, wie die Autoren des Buches finden. (S.9)

„Sie verarbeitet nämlich ausschließlich Material der westlichen Nachrichtenagenturen:

  • AP (Associated Press, USA, kommerziell, aber unter starker staatlicher Kontrolle
  • TRI (Thomson Reuters, Kanada, kommerziell)
  • AFP (Agence France Presse, Frankreich, halbstaatlich)
  • dpa (Deutsche Presseagentur, kommerziell, kooperiert mit AP)
  • sid (Sport Informationsdienst, kommerziell)

Nicht bezogen werden Agenturen Russland (ITAR-TASS, Interfax, APN), China (Xinhua, CNS), Indien (Asien News International unter anderem), Afrika (SAPA unter anderem) und Lateinamerika (teleSUR unter anderem).

Die Konsequenz: selbst verschuldete Einseitigkeit. Die Nachrichtengestaltung trieft vor eurozentristischer Arroganz und USA-höriger Gefolgschaftstreue.“

Noch Fragen, liebe Leserinnen und Leser?

Fazit der Autoren

„Die Diskrepanz zwischen dem, was berichtet wird, und dem, was ist, würde (und wird) bei Verbleib auf diesem Kurs immer größer werden. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.“

Möge er das bald tun, denn es ist m. E. bereits jetzt so unerträglich, dass man sich diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaum mehr antun mag!

Für mich persönlich gilt schon lange, dass der deutsche Journalismus insgesamt auf den sprichwörtlichen Hund gekommen ist.

Ein markanter Punkt, geradezu ein ideologischer, den absoluten Kipppunkt, verorte ich im Jahre 2014 mit dem Maidan-Putsch in Kiew.

Ein in brillantem Stil, mit scharfen Federn und bei hellwachem Verstand, saftig pointiert geschriebenes Buch, das ich unbedingt empfehle und welchem ich eine hohe Verbreitung wünsche.

Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei noch einmal Michael Meyen zitiert (Medienrealität; „Das Elend der Medien” ist da; 27.5.2021):

«Diese Anstalten gehören uns allen. Wir zahlen dafür sehr viel Geld. Deshalb ist die Kritik hier besonders heftig – in Thüringen und Sachsen genauso wie in Oberbayern. „Betrug am Zuschauer“, sagt Volker Bräutigam, der gut 400 Programmbeschwerden geschrieben hat und noch nie Recht bekam. Die „Gegenöffentlichkeit“, die Bräutigam und sein Mitstreiter Friedhelm Klinkhammer genau wie Maren Müller (Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien) herstellen, ist das eine (Müller: wie „eine Mücke im Schlafzimmer“) […]«

Den beiden unermüdlich im öffentlichen Interesse tätigen Autoren, deren Texte ich stets auch gerne auf meinem Blog veröffentliche, möge weiterhin viel Kraft beschieden sein, um weiterhin „eine Mücke im Schlafzimmer“ zu sein. Um die Menschen aufzustören, sie aufzuklären und im besten Falle ins Handeln zu bringen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende

Fifty-Fifty Verlag

Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) während einer Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille
Erscheinungstermin:04.09.2023
Seitenzahl:284
Ausstattung:Klappenbroschur
Artikelnummer:9783946778455

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„Die Heldenreise des Bürgers. Vom Untertan zum Souverän“ Von Raymond Unger. Rezension

Richard David Precht beschrieb eine philosophische Reise mit dem Titel „Wer bin ich – und wenn ja wie viele?“. Nun, dieser Titel kann auf den ersten Blick dazu verführen in Lächerlichkeit abzugleiten und dementsprechende Späßchen damit zu treiben.

Derweil ist die Frage „Wer bin ich?“ doch bitterernst zu nehmen. Fragen wir uns doch einmal wer wir sind? Da kämen wir doch gewiss ins Schleudern.

Abgesehen davon: So viele Menschen werden sich diese Frage vermutlich gar nicht stellen. Entweder sie kommt ihnen überhaupt nicht in den Sinn oder sie ahnen immerhin: diese Frage könnte mich verunsichern. Vielleicht weil sie fürchten, ihre Welt könnte einstürzen. Bei nicht wenigen Menschen baut sich rasch eine kognitive Dissonanz auf. Also – dürften sie, sich schützend, sagen: Finger weg davon! Wenn sie sich überhaupt etwas sagen, beziehungsweise in der Masse über sich und die Welt nachdächten. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht.

Zu lesen an einer Säule des Apollontempels im Orakel von Delphi stand „Erkenne dich selbst!“ Der antike Dichter Pindar gab in seinen „Pythischen Oden“ den Rat „Werde, der du bist!“. Friedrich Nietzsche griff das auf und wählte für seine Schrift „Ecce homo“ den Untertitel „Wie man wird, was man ist“.

Platt könnten wir es so ausdrücken: Ehe man wird, was man ist, ist man verwirrt. Erst recht heutzutage. Eine Krise jagt die andere. Zuletzt verdüsterte die ausgerufene Corona-Pandemie unser Leben mit all ihren irren und wirren, auch die Menschenrechte verletzenden dagegen verordneten Maßnahmen. Zuvor ängstigte uns die Finanzkrise. Nun angesichts des Ukraine-Krieges beschleicht uns die Angst, wir könnten uns schon im 3. Weltkrieg befinden. Der Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser sagte vor Kurzem bei seinem Vortrag in Dortmund (welchen ihm zuvor die Stadt Dortmund hatte verbieten wollen): Warum, nicht einmal eine Krise auslassen?

Ja, wenn das so einfach wäre!

Der Staat wird immer autoritärer. Droht ein neuer Totalitarismus? Ängste zuhauf. Urängste werden getriggert. Wir werden mit dem Klima-Aktivismus der vermeintlich Woken drangsaliert, ja geradezu (nicht nur verbal) terrorisiert und auch noch zur Verhunzung unserer Sprache angehalten.

Vom unmündigen Untertan zum Souverän

Raymond Unger beschreibt in seinem Buch „Die Heldenreise des Bürgers. Vom Untertan zum Souverän“ auf interessante und fesselnde Weise wie uns unser Weg vom unmündigen Untertan zum Souverän werden lassen kann. Zugegeben: Ein beschwerlicher Weg. Der, wenn er aber ohne Umkehr – trotz auftauchender Hürden – gegangen wird, dazu führen kann, dass wir werden, wer wir sind.

Nicht zuletzt hat uns der Umgang mit uns Bürgern in der Corona-Zeit zu unmündigen Kindern gemacht (machen sollen?). Immer wieder wurde uns weisgemacht, es ginge um den Kampf Gut gegen Böse. Auch jetzt wieder in puncto Ukraine-Krieg: Total gut? – Ukraine (S.103) und Total böse? – Russland (S.117)

Der Autor führt uns auf diesem Weg über die Seiten seines Buches zur möglichen Individuation über die Analyse der jeweiligen Krisen (Kapitel I – Die Krise): Politikkrise (S.17), Coronakrise (S.42) und Ukrainekrise (S.82).

Dann nimmt er uns weiter mit auf die Reise (Kapitel II), die der Vorbereitung dient (S.137): Haus aufräumen, Monomythos (S.142), Zwei Seelen (S.148) und uns diverse Abenteuer (S.155) beschert, die so einfach nicht zu bestehen sind. Dagegen „sich sofort konkreten politischen Lösungsansätzen zuzuwenden“, sei schwer, weiß der Autor.

Erst das Haus aufräumen, dann politisch werden

In „Die Reise“ nimmt Unger u.a. Bezug auf viele Zuschriften und Reaktionen auf seine bisherige Arbeit. Darunter finden sich interessante und durchaus nachvollziehbare Vorschläge betreffs politischen und medialen Reformen.

Der Autor begrüßt diese und viele weiteren Lösungen, gibt jedoch Folgendes zu bedenken: „Dass ich mit meinen psychologischen Ansätzen dennoch Denkern wie Jordan B. Peterson folge – erst das Haus aufräumen, dann politisch werden -, hat natürlich mit meiner persönlichen Vita und meinen Kompetenzen zu tun. Abgesehen davon greift eine simple Tatsache: Unreife Individuen bleiben unreife Individuen, auch wenn sie sich zu einer Gruppe zusammenschließen und sich eine politische Agenda geben.“ (S.138)

Unger meint: „Seit 1945 hat es vermutlich keine Zeit gegeben, in der sich dieses Ausagieren so mustergültig abgebildet hat wie auf den Regierungsbänken der derzeitigen Ampelkoalition“.

Was er damit sagen will: „Wer seine wahren Motive, Ängste und seinen psychologischen «Schatten« nicht kennt, agiert sich auf politischer Bühne lediglich aus, um seinen Schmerz und seine Angst zu befrieden.“

Und mit folgender Feststellung trifft Raymond Unger wahrlich den Nagel auf den Kopf S.139):

„Das ausgewiesene neurotische und fachlich völlig ungeeignete Charaktere in die höchsten Ämter des Staates und an die Parteispitzen gewählt werden, um fortan auf politischer Bühne hemmungslos ihre eigenen Ängste auszuagieren, ist symptomatisch für den Zustand der deutschen Gesellschaft.“

Bevor wir uns jedoch darüber zu Recht echauffieren, sollten wir aber auch nicht vergessen durchzuholen, was uns Raymond Unger auf ein in seinem Buch gebrachtes Zitat (S.139) hin des Begründers der Existenzpsychologie und Logotherapie Viktor E. Frankl (1905-1997) zu sagen hat:

„Sind die «Unanständigen« erst einmal oben, stehen sie als vermeintliche Ursache der Misere im Fokus. Dennoch führt diese Fokussierung zu einer Täuschung über die wahren Hintergründe der Gesellschaftskrise: Nicht unfähige Politiker sind das Problem, sondern infantile und gleichgültige Bürger, die derartige «Eliten« tolerieren.“ (S.140)

Dazu fällt mir ein, was Stéphane Hessel, der in seiner seinerzeit in Frankreich und Deutschland regelrecht gehypten Streitschrift „Empört euch!“ (haben die Menschen eigentlich daraus etwas gelernt?) schon zu bedenken gegeben hatte: „Das Schlimmste ist die Gleichgültigkeit“ (hier).

Im Unterkapitel „Haus aufräumen“ konstatiert Unger derzeit vorhandene „überbordende Probleme und Bedrohungen“.

Der Autor hat richtig erkannt: «Der „mündige Bürger“ hat sich das Heft des Handelns aus den Händen nehmen lassen. Hinter der Erosion westlicher, freier Gesellschaften steht eine unselige Trias aus Infantilisierung der Bürger, Propaganda seitens oligarchischer Netzwerke und dem Verlust weltanschaulicher Werte. Um den Weg in eine freie und mündige Gesellschaft zurückzufinden, wären demzufolge drei Dinge nötig:

1. Nachreifung des Individuums

2. Aufdeckung manipulativer Lobbynetzwerke

3. Bewusstmachung eines weltanschaulichen Kulturkampfes« (S.137)«

Im Kapitel III – Die Wandlung (S.199) schreibt Unger über Weltbilder und psychologische und politische Zu- und Umstände. Er erfuhr auf seinem Lebensweg: „Die wichtigste Konklusion des Heldenmythos lautet: Ein kreatives, erfülltes und authentisches Leben ist ohne die Führung durch das höhere (göttliche) Selbst unmöglich.“ Zu dieser Kernaussage kämen alle psychologischen Schulen, die für seine Arbeit von zentraler Bedeutung seien, so der Autor.

Gnade der Unwissenheit

In „Die Verantwortung“ beschreibt Unger an sich selbst und in Bezug und Sicht auf andere Künstler, deren Werk und Leben sein eigenes Werden zum Künstler mit allen anfänglichen Irrtümern, schmerzlich erlittenen Tiefen und endlich kommenden Höhen.

Etwa wie er seinerzeit wohl eher zuversichtlich, weil naiv, von Hamburg nach Berlin gegangen war, um fortan dort zu leben und als Künstler zu arbeiten, seine Werke in den renommiertesten Galerien zu präsentieren, um bald dort auszustellen und sie schließlich auch zu verkaufen. Unger mit einigem Abstand dazu: „Das ist lange her, und meine damalige Zuversicht kann ich heute nur als Gnade der Unwissenheit bezeichnen.“ Ein wahrliches Abenteuer muss das gewesen sein! Was wäre, wenn Unger nicht in dieses Leben in Berlin sozusagen hinein gestolpert wäre?

Das alles ist sehr authentisch, weil ungeschminkt erzählt. Spannend und den eigenen Geist des Lesers erhellend ist all das von der ersten bis zu letzten Zeile. Es fehlt anscheinend kein relevantes Thema, das der Autor nicht beackert hat.

Auf dem Höhepunkt politischer Krisen sind wir vermutlich noch nicht. Weshalb wir die Einladung des Autors auf die „Heldenreise“ zu gehen unbedingt annehmen sollten. Beherzigen wir seinen Tipp, sich als mündiger Bürger rechtzeitig auf das Abenteuer der persönlichen Individuation einzulassen.

Einiges des von Raymond Unger Beschriebenen habe ich auf die eine oder andere Weise selbst erlebt. Ich hätte dessen Buch deshalb gern in meinen früheren Jahren zur Hand gehabt…

Was ich ebenfalls nur unterschreiben kann: „Nur eine erwachsene Position, die die inhärenten Zielkonflikte allen politischen Handelns mitdenken kann, bietet Schutz vor kopflosem Ausagieren, in dem nur neue und größere Probleme entstehen. Wer politisch sinnvoll wirken möchte, sollte zunächst mit seinen persönlichen „Drachen“ unter dem eigenen Bett gekämpft und Frieden geschlossen haben.“

Es ist m.E. durchaus nicht zu hoch gegriffen Raymond Ungers brillant verfasstes, lesenswertes Buch gewissermaßen als aufs Heute übertragenes „Sapere aude!“ zu verstehen. Immanuel Kants 1784 geprägten Leitspruch der Aufklärung „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ darf man bei der Lektüre diese empfehlenswerten Buches jedenfalls durchaus im Hinterkopf haben.

Mit dem vorliegenden Buch schließt sich ein Kreis einer großen Trilogie von knapp 1400 Seiten. Nachdem dieses Buch mein erstes ist, das ich von Raymond Unger gelesen habe, habe ich Lesehunger auf dessen Vorgänger bekommen.

Über den Autor

Raymond Unger, Jahrgang 1963, lebt als politischer Autor und bildender Künstler in Berlin. Er ist als Kunstmaler in eigenem Atelier tätig, schreibt Essays und Bücher und hält Vorträge zu den Themen Kunst, Psychologie und Politik.

In seinen großen Gesellschaftsanalysen „Die Wiedergutmacher“ (2018, Europa Verlag), „Vom Verlust der Freiheit“ (2021, Europa Verlag) und „Das Impfbuch“ (2021, Scorpio Verlag) untersucht Unger die moralischen Übersteuerungen deutscher Politikansätze in der Klima-, Migrations- und Pandemie-Problematik.

Der ehemalige Therapeut besitzt 20 Jahre medizinische Berufserfahrung. Anfang der 1990er-Jahre leitete er eine Naturheil- und Psychotherapiepraxis in Hamburg und bekleidete eine Dozentur für Naturmedizin an einer Hamburger Fachschule für Heilpraktiker. Als Kunstmaler erhielt Raymond Unger 2011 den internationalen Lucas-Cranach-Kunstpreis für Malerei. Seine großformatigen Ölgemälde befinden sich in Privatsammlungen in Moskau, Genf, Salzburg, Düsseldorf, Hamburg und Berlin. In seiner Eigenschaft als Kunstmaler und Autor bekam er 2014 eine Einladung des Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso zur dritten Generalversammlung NEW (Narrative for Europe). Die Einladung erging an ausgewählte Intellektuelle, Wissenschaftler und Künstler, die sich durch Haltung, Engagement oder Tätigkeit für die Zukunft Europas einsetzen. Ungers Buch basiert auf der Erfahrung seiner eigenen „Heldenreise“, die der Autor in Die Heldenreise des Künstlers und in seiner Familienbiografie Die Heimat der Wölfe beschrieben hat.

Die Heldenreise des Bürgers

Vom Untertan zum Souverän

eBook

19,99 €

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Gebundenes Buch

Gebundenes Buch

Herausgeber ‏ : ‎ Europa Verlag; 1. Edition (3. April 2023)

  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 408 Seiten: 25,00 Euro
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3958905447
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3958905443
  • Abmessungen ‏ : ‎ 14.2 x 4.2 x 21.5 cm

Erklärung anlässlich der Kampagne zur Verhinderung von Veranstaltungen mit Daniele Ganser

Deklaration an die Friedensbewegung

Von den Veranstaltern von Vorträgen mit Dr. Daniele Ganser

Der Schweizer Historiker Dr. Daniele Ganser forscht seit über 20 Jahren zu den Themen internationale Friedensbemühungen (ab 1945 bis zur Gegenwart), Geostrategie und verdeckte Kriegsführung. Das UNO-Gewaltverbot und der ehrliche Wille zu Frieden, Freiheit und Wahrheit markieren ihm dabei stets die Ausgangspunkte seiner Analysen. Dr. Ganser und sein stetes Wirken stehen ohne jeden Zweifel für Frieden, Völkerverständigung, Achtsamkeit und ein gewaltloses Miteinander in einer lebenswerten, ehrlichen, offenen und freundlichen Gesellschaft.

In seinen Vorträgen betont er immer wieder, dass jeder Mensch zur Menschheitsfamilie gehört. Er lehnt jede Form von Gewalt, Abwertung, Unterdrückung, Benachteiligung, Ausgrenzung und Rassismus entschieden ab. Deswegen wird Dr. Daniele Ganser sehr zu recht auch als „Friedensforscher“ bezeichnet. Mitten in Europa wütet ein Krieg und die Regierungen der NATO-Staaten fordern mit breiter Unterstützung aller großen Medien unisono die Lieferung schwerer Waffen direkt ins Kriegsgebiet. Auch Russland erhöht den Einsatz von Tag zu Tag und hat seine Truppenstärke inzwischen verdoppelt. Damit riskieren beide Parteien, sowohl die NATO, als auch Russland, eine Verlängerung und Eskalation dieses Krieges. Friedensaktivisten, welche die sofortige Aufnahme von Friedensverhandlungen fordern, werden diffamiert.

Dr. Ganser hält im deutschsprachigen Raum Europas (D-A-CH) sehr viele Vorträge und fordert den Frieden immer wieder ein. Seine Veranstaltungen ziehen tausende Menschen an, die auch für Frieden sind und Krieg ablehnen. Seine Analysen gehen oft viel tiefer als die Berichte der Leitmedien und zeigen den geostrategischen und historischen Kontext des Konfliktes auf. Daniele Ganser fragt immer kritisch nach und spricht sich jedes mal klar und o!en gegen Gewalt, Lügen, Krieg und Terror aus. Deswegen versuchen einige Gruppen derzeit, Dr. Gansers öffentliche Auftritte zu verbieten.

Mit großer Sorge beobachten wir, dass offene Kritik an Regierungsentscheidungen in den Leitmedien immer seltener zu finden ist. Medien mit großer Verbreitung unterstützen in den NATO-Staaten Waffenlieferungen in die Ukraine und nehmen damit eine Verlängerung und Eskalation des Krieges in Kauf. Abweichende oder mahnende Stimmen sind in diesen Medien kaum zu hören. Besonders schlimm wird es, wenn Personen, welche den Kriegskurs der Regierung kritisieren, diffamiert werden. Genau so geht es derzeit Dr. Daniele Ganser. Er ist eine abweichende und mahnende Stimme. Durch üble Nachrede, boshafte Verleumdung und falsche Behauptungen machen großen Medien und einige Politiker Stimmung gegen Ganser und rücken ihn in ein schlechtes Licht, um so seine Vorträge zu verhindern. Alle Vorwürfe, die am Ende nur darauf abzielen, Dr. Ganser zu diskreditieren, sind in der Regel voneinander abgeschrieben, nicht nachrecherchiert und vollkommen haltlos. Die Medien sollten eigentlich zivilisatorische Schutzbalken für eine demokratische Gesellschaft sein und dabei helfen, Lügen und Korruption aufzudecken, sowie das exzessive Streben nach Macht wirkungsvoll einzuhegen. Dr. Daniele Ganser braucht nun die Hilfe der Friedensbewegung umso mehr! Unterstützt uns dabei, wieder in einen wertschätzenden Dialog zu kommen. Helft uns, dass der ehrliche Willen nach Weltfrieden wieder als höchstes Gut gilt. Richtet euch entschlossen gegen jede Kriegstreiberei und lasst es euch nicht gefallen, dass der Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes, der die Meinungsfreiheit garantiert, mit Füßen getreten wird. Steht ein für echte Demokratie und Menschenrechte.

Wir, die Veranstalter von Dr. Daniele Ganser, gehen nun juristisch gegen die politisch motivierten Auftrittsverbote der Hallenbetreiber entschlossen vor. Verträge dürfen nicht einfach willkürlich gekündigt werden, wenn ein Redner sich in Kriegszeiten für den Frieden ausspricht. Wir werden alle Vorträge wie versprochen durchführen. Unterstützt uns bitte dabei, dass die friedliche Botschaft Daniele Gansers weiter in die Welt hinausgetragen wird.

Hier finden Sie alle Termine zur Daniele-Ganser-Tour 2023 (Stand 9.2.2023):

  • (CH) Kloten 10.2.2023
  • (D) Rostock 7.3.2023
  • (D) Kiel 8.3.2023
  • (D) Hannover 9.3.2023
  • (AUT) Hallein 16.3.203
  • (AUT) Wels 17.3.2023
  • (AUT) Graz 18.3.203
  • (AUT) St. Pölten 19.3.203
  • (D) Dortmund 27.3.2023
  • (D) Aachen 28.3.2023
  • (D) Offenbach 29.3.2023
  • (CH) Basel 28.4.2023
  • (CH) Kreuzlingen 4.5.2023
  • (D) Nürnberg 10.5.2023
  • (D) München 11.5.2023
  • (D) Leinfelden-Echterdingen 12.5.2023
  • (D) Dingolfing 23.6.2023
  • (D) Bad Aibling 25.6.2023
  • (LIE) Triesenberg 21.9.2023
  • (D) Berlin 21.10.2023
  • (D) Würzburg 28.10.2023
  • (D) Regensburg 29.10.2023
  • (D) Erfurt, Mittwoch, 15.11.2023
  • (D) Riesa, Donnerstag, 16.11.2023
  • (D) Magdeburg, Freitag, 17.11.2023

Weiterführende Information:

Dr. Ganser veröffentlichte bislang diese vier Sachbücher:

  • NATO-Geheimarmeen (März 2008)
  • Europa im Erdölrausch (September 2012)
  • Illegale Kriege (Oktober 2016)
  • Imperium USA – Die skrupellose Weltmacht (April 2020)

Seine Bücher wurden über 100.000 mal verkauft und in viele Sprachen übersetzt. Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://www.danieleganser.ch/buecher/

D, AUT, CH, im Februar 2023

Die Veranstalter von Vorträgen mit Dr. Daniele Ganser

„Generation 9/11. Die verhinderte Aufklärung des 11. Septembers im Zeitalter der Desinformation“ von Ansgar Schneider und Klaus-Dieter Kolenda“ – Rezension

Morgen schreiben wir den elften September 2021. Zwanzig Jahre sind also bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vergangen. Eben erst endete in Afghanistan der längste Krieg, welchen die Vereinigten Staaten von Amerika bislang führten. Und potzblitz: manche Politiker oder Journalismus wundern sich (oder tun so als wunderten sie sich), dass nun die Taliban wieder am Regierungsruder in Kabul stehen. Und noch dazu so rasend schnell nachdem die US-Army sich dünne machten!

Aber mal Butter bei die Fische: Wer sich darüber wundert, hat sich womöglich zwanzig Jahre hinter die Fichte führen lassen vom sogenannten Wertewesten. Oder er kennt seinen „Scholl-Latour“ nicht. Der Journalist und Autor hat früh gewarnt. Er kannte Afghanistan (und nebenbei bemerkt so ziemlich alle Länder dieser Welt) aus eigener Anschauung. Einige seiner Vorträge (auch zu Afghanistan) sind heute auf You Tube zu finden. Ich rate dringend, wer es früher verpasst hat: Aschauen! Wie bereits erwähnt: Peter Scholl-Latour war vor Ort. Selbstredend auch in Afghanistan. Noch im hohen Alter, strapazierte er Rücken und Glieder, indem er sich über Stock- und Stein über holprige Straßen und Pässe durchs Land chauffieren ließ, um für uns zu berichten. Ganz im Gegenteil zu manchen Funk- und Fernsehkorrespondenten, die ihre Meldungen betreffs Afghanistan aus zweiter, dritter und vielleicht auch vierter Hand zu beziehen pflegen. Und die beispielsweise im fernen Kairo mit Blick auf den Nil über Bombenexplosionen in Kabul oder Kandahar berichten. Neulich sagte jemand (ich weiß nicht mehr genau, wo und wer), diese Korrespondenten hätten doch ebenso gut aus Castrop-Rauxel über das viele Jahrzehnte vom Krieg gebeutelten Afghanistan berichten können. (Lesen Sie, so Sie mögen, meine Rezension zu „Der längste Krieg“ von Emran Feroz)

Zwanzig Jahre Lügen betreffs des Afghanistan-Kriegs

Zwanzig Jahre belog man uns in Sachen Afghanistan-Krieg, der nebenbei hierzulande lang nicht Krieg genannt werden durfte, nach Strich und Faden. Und gerade uns Deutschen, den Gut-Menschen schlechthin, erzählte man, wir bohrten dort Brunnen und bauten Mädchenschulen. Der inzwischen verstorbene Verteidigungsminister Struck schoss sogar den Vogel ab, indem er behauptete: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt“. Zwar bohrten „wir“ auch Brunnen und bauten Mädchenschulen, aber wir waren doch in Wirklichkeit aus ganz anderen Gründen dort. Und die hingen mit den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York zusammen und damit, dass wir als braver Vasall der USA der US-Army in den Krieg nach Afghanistan folgten. Übrigens leistete die Sowjetunion nach ihrem Einmarsch in Afghanistan schon viel früher viel in Sachen Bildung und auch betreffs der Förderung der Gleichberechtigung der Afghaninnen. Indes genützt hat es Moskau nichts, wie wir wissen: die Sowjetarmee musste das Land schließlich schmählich und gedemütigt verlassen.

Jeder Krieg beginnt mit einer Lüge

Wir wissen: Jeder Krieg beginnt mit einer Lüge. Auch die Begründungen für den Krieg der USA in Afghanistan sind nicht ganz stubenrein. Um es gedämpft auszudrücken. Nun also wird es wieder spezielle Sendungen im Fernsehen und reihum Presseartikel geben, die sich mit den Terroranschlägen von 9/11 befassen. So wichtig und richtig dies auch ist, so gut wie keiner dieser Sendungen und Artikel wird vermutlich die offenen Fragen anrühren und Unstimmigkeiten ansprechen, die mit diesen Anschlägen in Verbindung stehen. Und vor allem vermeiden, sich kritisch mit den Untersuchungsergebnissen der offiziellen Regierungsuntersuchungen hinsichtlich des Hergangs des Terroranschlags sowie der Herleitung der Ursachen dafür, wieso die Zwillingstürme pulverisiert zu Boden stürzen konnten, zu befassen. Wie der Teufel das Weihwasser werden verantwortlichen Redakteure derlei meiden. Und sollten doch etwas auftauchen, werden sie es – wie die letzten Jahre auch – als Verschwörungstheorie abtun.

Die „offizielle Wahrheit“ über 9/11 ist nicht haltbar

In meiner Rezension von Mathias Bröckers` Buch „Mythos 9/11“ (erschienen im Westend Verlag) zitiere ich daraus: „Die Anschläge des 11.9.2001 dürften als das Jahrhundertverbrechen in die Geschichte eingehen. Wie aber kann es sein, dass auch nach zwanzig Jahren noch immer an der „offiziellen Wahrheit“ festgehalten wird, obwohl bis heute die objektiven Unstimmigkeiten an dieser Version erdrückend sind? Die Kommission zur Klärung der Ereignisse legte einen Abschlussbericht vor, der einer staatsanwaltlichen Prüfung nicht standhält und von dem sich selbst einige Kommissionsmitglieder distanziert haben.“

Ergänzend zum Buch von Mathias Bröckers, der quasi vom ersten Tag, dem 11. September 2001 an diesem Jahrhundertverbrechen dran ist und viel dazu veröffentlicht hat, möchte ich meinen Leserinnen und Lesern ergänzend bzw. dessen Buch flankierend das im fifty-fifty Verlag bereit Mitte Juni 2021 herausgekommene Buch „Generation 9/11“ von Ansgar Schneider und Klaus-Dieter Kolenda unbedingt empfehlen.

Vorwort und Überblick

„Liebe Leserin und lieber Leser, wir sind Zeuge, wie eine ganze Generation von Journalisten, Akademikern und Politikern einen intellektuellen Kampf gegen die Aufklärung der Terroranschläge des 11. September 2001 führt, diesen fördert oder ihn umkommentiert geschehen lässt. Wir sind damit ebenso Zeuge, wie eine neu heranwachsende Generation in einer medialen Landschaft aufwächst, in der die Lüge zur Wahrheit und die Wahrheit zur Lüge erklärt wird. Der 11. September, in amerikanischer Schreibweise 9/11 (»nine eleven«), ist so ein Symbol für eine ganze Generation gesellschaftlicher Leugnung geworden.


Die Terroranschläge des 11. Septembers mit ihren fast 3 000 Todesopfern dienen bis heute der Begründung des »Kriegs gegen den Terror« in Afghanistan, im Irak, in Pakistan und im Jemen. Dieser Krieg, an dem auch Deutschland direkt beteiligt ist, hat Millionen von Menschenleben gefordert und die dortigen Gesellschaften um Jahrzehnte in ihren Entwicklungen zurückgeworfen. In nunmehr zwanzig Jahren ist viel über die Anschläge und die weltweiten Entwicklungen hin zu Krieg und Überwachungsstaates geschrieben worden: viel Falsches und Propagandistisches, aber auch viel Erkenntnisbringendes und wissenschaftlich Begründetes.
Das vorliegende Buch befasst sich mit zwei unterschiedlichen Themenbereichen.

Das erste Thema ist die Zerstörung des World Trade Centers (WTC) am 11. September 2001 in New York City. Ziel des Buches ist es hier, wesentliche Fragen zur Zerstörung des WorldGeneration Trade Centers zu beantworten und einen kurzen Überblick über die neuesten wissenschaftlichen Arbeiten zu geben.
Das zweite, darauf aufbauende Thema ist die gesellschaftliche Debatte über dieses erste Thema. Dies beinhaltet eine historische, erkenntnistheoretische und gesamtgesellschaftliche Einordnung dieser Debatte, von der wir in diesem Buch zeigen, dass sie vonseiten der großen Leitmedien mit diffamierenden und irreführenden Methoden, von Teilen der akademischen Welt mit pseudowissenschaftlichen Methoden, insgesamt also mit hochgradig manipulativen Methoden geführt wird.


Im politischen Kontext bezeichnet man Formen von organisierter und manipulativer Kommunikation, denen die Absicht zugrunde
liegt, menschliches Denken, Fühlen oder Handeln zu beeinflussen, als Propaganda. Dieses Buch ist also insbesondere auch ein Buch
über Propaganda der Gegenwart und darüber, wie sich pseudowissenschaftliches Gedankengut aus akademischen Kreisen propagandistisch verwerten lässt. Anhand der historischen Entwicklung der letzen 60 Jahren schildern wir, wie dieses Zusammenspiel in einer kontinuierlichen Linie propagandistischer Aktivitäten steht.


Dem Hauptteil des Buches sind vier persönliche Betrachtungen des
11. September vorangestellt. Dem ersten Beitrag des bekannten Filmemachers und Investigativ-Journalisten Dirk Pohlmann folgt
ein Beitrag von Jörg Schneider, einem der renommiertesten statisch-konstruktiv ausgerichteten Bauingenieure der Schweiz. Zwei persönliche Anmerkungen von uns, Klaus-Dieter Kolenda (KDK) und Ansgar Schneider (AS), bilden den dritten und vierten Beitrag.


Der Hauptteil des Buches besteht aus elf Kapiteln und gibt ein Gespräch über den 11. September und die genannten angrenzenden Themen zwischen KDK und AS wieder. Wir haben den Text in Form eines Dialoges gestaltet, weil es einerseits unseren gemeinsamen
Weg darstellt, aus dem dieses Buch hervorgegangen ist, und weil die Dialogform andererseits einen gewissen didaktischen Wert haben
mag. Denn wer Informationen als Ergebnis einer Reihe von Fragen und Antworten, von Rede und Gegenrede erhält, erkennt Sinnzusammenhänge vielleicht besser, als wenn die Informationen ohne solche Fragen und Einwände präsentiert werden.


Wir hoffen also, dass wir mit der Dialogform eine ansprechende, lebendige Erzählform gefunden haben, die Sie, liebe Leserin, lieber
Leser, zum Mit- und Nachdenken anregt. Ob uns das gelungen ist, müssen Sie beurteilen. Das hier sinngemäß wiedergegebene Gespräch ist einem Treffen nachempfunden, das mit den im Laufe des Textes angegebenen
Rahmendaten in Frankfurt am Main stattgefunden hat. Diesen Ort haben wir für ein Treffen gewählt, weil Frankfurt die einzige
Stadt Deutschlands mit einer stadtbildprägenden »Skyline«, einer Silhouette aus Hochhäusern und Wolkenkratzern, ist, die man
unweigerlich wahrnimmt, wenn man sich mit dem Zug dem Hauptbahnhof nähert.“

Quelle: Vorwort und inhaltlicher Überblick von Ansgar Schneider und Klaus-Dieter Kolenda zu „Generation 9/11

Als Leser fühlte ich mich mit der von den Autoren gewählten Dialogform wohl

Dass die Autoren die Dialogform für ihr äußerst interessantes Buch gewählt haben, hat mir als Leser sehr gefallen. Zumal, wenn man im Buch genannte Orte in Frankfurt am Main kennt. Fast fühlte ich mich beim Lesen mit den Autoren gehend am Mainufer, in einer Lokalität mit ihnen sitzend oder an ihrer Seite, da sie eine Brücke überqueren. Manchmal hätte ich mich gern in ihre Gespräche eingeschaltet, um vielleicht meine Meinung einzubringen oder eine Frage zu stellen. Dabei bleiben eigentlich keine Fragen offen. Bis auf die freilich, die diese Anschläge restlos und befriedigend aufklären zu vermöchten. Die Autoren liefern uns Lesern bestimmte Erkenntnisse, die bestimmte amtliche Behauptungen widerlegen. Sie erzählen ihren Lesern keinen vom Pferd. Schließlich sind sie keine „Verschwörungstheoretiker“.

Mit dem Stempel „Verschwörungstheoretiker“ werden kritische und vom Einheitsnarrativ abweichende Meinungen diffamiert

Fragwürdige Medienwächter und Blockwart-Journalisten verpassen Wissenschaftlern und Journalisten, die kritische Fragen stellen und damit vom Einheitsnarrativ abweichen, bekommen heutzutage den Stempel „Verschwörungstheorie“ (den übrigens erstmalig die CIA im Kennedy-Morde zum Einsatz brachte, um Leute mundtot zu machen, die seinerzeit die offizielle Ermittlungsergebnisse anzweifelten) verpasst und somit diffamiert. Was wir ja auch zur Genüge bezüglich der kritischen Betrachtung des Jahrhundertverbrechens 9/11 beobachten können. Journalisten, welche noch lange nicht vor der Rente stehen und womöglich auch noch ein Häuschen abzuzahlen und die Familie zu ernähren haben, werden es tunlichst und verständlicherweise vermeiden, allzu kritisch recherchieren. Und vermeiden vom als „richtig“ und alternativlos ausgegebenen Narrativ abzuweichen. Der Schweizer Historiker Daniele Ganser (auch von ihm ist die Rede im Buch) verlor deshalb seine Stelle an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, als er in Sachen 9/11 nachgrub. Es dauerte nicht lange und ein Vertreter der US-Botschaft intervenierte bei der Hochschule. So rennt das! Ganser ging, setzte aber seine Arbeit anderweitig – erfolgreich – zu unser aller Nutzen fort.

Enttäuschung: Der große Noam Chomsky zieht sich gekonnt mit gedrechselten Worten aus der Affäre

Einmal (S.64) fragt Klaus-Dieter Kolenda Ansgar Schneider: „Was sagt Chomsky denn konkret zum Thema des 11. September?

Ich muss gestehen, dass mich der Inhalt der Antwort Ansgar Schneiders einigermaßen schockiert hat: „Er tut die Sache mit schöner Rhetorik und Unwahrheiten ab, nicht so gehässig, wie es andere tun, aber offenbar mit gleichem Maß an kognitiver Dissonanz.“

Die Rede ist immerhin von Noam Chomsky, einer weltbekannten und hochgeschätzten intellektuellen Ikone der Linken, der sonst mit Kritik nicht hinterm Berge zu halten pflegt. So bezeichnete er die USA etwa als „Schurkenstaat“ oder als „schlimmsten Terroristen der Welt“! Chomsky wird zitiert, wie er einem jungen Mann namens Bob Tuskin auf einer Veranstaltung der Florida State University auf das WTC 7 angesprochen und auf die amerikanische Nichtregierungsorganisation Architects & Engineers for Truth (AE911) (die NGO umfasst 2000 Architekten) hingewiesen wird.

„Chomskys Erwiderung“, so Ansgar Schneider zu Klaus-Dieter Kolenda, „ist sehr lehrreich und geeignet, um zwei typische Mechanismen zur Dissonanzreduktion – nämlich Umdrehung und Abwertung von Tatsachen und Herabsetzung der Menschen, die die Tatsachen vorbringen – beispielhaft zu beschreiben.“ Schneider zitiert Chomsky: „Tatsächlich haben Sie recht: Es gibt einen Konsens innerhalb einer winzigen Gruppe von Architekten und Ingenieuren, eine winzige Anzahl, obschon einige davon absolut seriös sind. …“

Es sind noch mehrere Zitate von Chomskys Antworten auf Tuskins Fragen an ihn aufgeführt. Gekonnt gedrechselt, Mister Chomsky, möchte ich da sagen!

Der „ freie Fall“ des WTC 7

Das ist alles hochinteressant. Schon deshalb, weil die Autoren ihrerseits auch nicht unerwähnt lassen, dass neben den Zwillingstürmen des World Trade Centers auch der Wolkenkratzer WTC 7 eingestürzt war – vom dem manche Menschen bis heute keine Kenntnis haben – in welchen kein Flugzeug gesteuert worden war.

In der (…) „offiziellen Untersuchung der Regierungsbehörde NIST (National Institute of Standards and Technology) aus dem Jahr 2008, in der, ebenfalls auf Grundlage einer Computersimulation, erklärt worden war, der 186 Meter hohe Wolkenkratzer sei durch Bürobrände in sich zusammen gefallen, indem Stahlträger sich durch Feuer verformt hätten, wodurch die einzelnen Etagen nacheinander eingestürzt wären. ZDF und BBC hatten damals in einer aufwändig gemeinsam produzierten Dokumentation zu WTC 7 resümiert: „Offiziell ist das letzte große Rätsel des 11. September nun gelöst“, heißt es bereits in einem – Telepolis-Artikel des Journalisten Paul Schreyer vom 10. September 2019. Die Autoren Schneider und Kolenda befassen sich u.a. genau mit WTC 7.

Schreyer in der Einleitung zu seinem Artikel: In dem vergangene Woche veröffentlichten Abschlussbericht ihrer vier Jahre dauernden Untersuchung erklären die promovierten Bauingenieure Leroy Hulsey, Zhili Quan und Feng Xiao, der Einsturz von World Trade Center 7 am 11. September 2001 sei aufgrund eines „nahezu gleichzeitigen Versagens jeder Säule des Gebäudes“ erfolgt und „nicht durch Feuer“.

Sie stützen sich dabei auf eine neue Computersimulation, die die thermische Wirkung auf die Stahlkonstruktion im Detail nachbildet. Der 126-seitige Bericht wurde am 3. September an der Universität Alaska Fairbanks (UAF) öffentlich vorgestellt.“

Noch einmal sei Paul Schreyer zitiert: „Der neuen Studie zufolge weist die NIST-Untersuchung gravierende methodische Mängel auf. So hat NIST bestehende Bolzen und Verstärkungen der Stahlkonstruktion in seiner Simulation weggelassen (UAF-Studie S. 74-86). Erst durch diese Verfälschung der tatsächlichen Konstruktionsdaten habe die Behörde das letztliche Untersuchungsergebnis erzielen können. Zur Erinnerung: ZDF und BBC hatten zur NIST-Untersuchung damals behauptet: „Jedes Detail, buchstäblich jede Schraube des Gebäudes wurde erfasst.“ Das war, wie sich nun herausstellt, gelogen.“

Unter dem Kapitel 4 „Freier Fall“ (ab S.72), „Vorabendlicher Zwischenstopp mit Limonade: Oosten – Realwirtwschaft am Main, nahe EZB-Neubau, lesen Sie bitte zum WTC 7, das 186 Meter hoch war, plus noch das Penthouse auf dem Dach. Zum Vergleich: Der neue EZB-Bau, welchem die beiden Autoren gerade ansichtig sind, hat eine Höhe von 185 Metern …

Auf den Seiten 77,78,79,80 und 81 finden Sie Schaubilder und Fotos im Zusammenhang mit den Gebäuden des WTC 7 von Animationen von den Untersuchungen.

„Die offizielle Geschichte des 11. September 2001“ kann bei in „Generation 9/11“ im Anhang A auf Seite 187 gelesen werden.

Versagen der Presse und „Akademische Pyseudowissenschaft“

Dem Kapitel 5 „Propaganda in den Leitmedien“ ist ein interessantes Zitat des Deutschen Presserats vorangestellt. Wobei man als Leser – wenn man das Agieren der deutschen Leitmedien, des deutschen Journalismus in nahezu voller Breite, mindestens seit der Ukraine-Krise samt Maidan-Putsch ab 2014 aufmerksam verfolgt hat – nicht weiß, ob man darüber lachen oder bitterlich weinen soll: „Die Achtung vor der Wahrheit der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“

Im Gespräch der beiden Autoren geht auch um das Thema Verschwörungstheorien und wie diese im Allgemeinen definiert werden.

Dieses Kapitel sollten die Leserinnen und Leser akribisch durchackern. Da werden Sie einiges wiedererkennen.

Schließlich landen wir bei den Kapitel 7 „Akademische Pseudowissenschaft“ (S.102) bei Prof. Dr. Michael Butter, einem deutschen Amerikanisten. Seit 2014 ist er Professor für amerikanische Literatur und Kulturgeschichte an der Universität Tübingen. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Verschwörungstheorien, Film und Fernsehen sowie Kolonialzeit und die Frühe Republik (USA). Aha! Einer der – so möchte ich es mal ausdrücken: üblichen Verdächtigen. Daniele Ganser und manch anderem ist er aus gutem Grund bekannt!

Auf die Frage nach dessen Bedeutsamkeit antwortet im Buch Ansgar Schneider (S.102): „Michael Butter ist deswegen wert, kommentiert zu werden, weil er von den großen Medienhäusern, den Tageszeitungen, den Wochenzeitungen, im Radio und Fernsehen eine Bühne geboten bekommt wie sonst keine zweite Person, die von sich selbst sagt, sie würde über „Verschwörungstheorien“ „forschen“. Die Medien haben ihn ausgewählt, nicht ich.“

Wie kommt eigentlich ein Literaturwissenschaftler dazu, „Experte“ für Verschwörungstheorien zu sein, habe ich mich oft gefragt.

Ansgar Schneider beurteilt Butter hart: „Butters Argumentation fehlt in guten Teilen der Realitätsbezug, bezeugt einen erstaunlichen Informationsmangel und ist in seinen zentralen Punkten nichts weiter als pseudowissenschaftlich. Ich würde das nicht so drastisch formulieren, wenn es nicht notwendig wäre, um eine ehrliche Analyse der gesellschaftlichen Debatte zu erstellen.“

Klaus-Dieter Kolenda wird später (S.143) aufgrund von abgedruckten Gegenüberstellungen feststellen: „Diese Gegenüberstellungen erwecken den Eindruck, dass Butters argumentative Methoden – sagen wir – nicht unähnlich sind zu denen eines CIA-Propagandisten der 60er-Jahre.“

Schneider wiederum gibt zu bedenken: „Die menschliche Psychologie ist in unseren Zeiten nicht anders als zu Kennedys Zeiten oder zu Zeiten Ramses dem II. und es ist das Brot- und Buttergeschäft eines Geheimdienstes, die Methoden der massenpsychologischen Beeinflussung zu kennen, selbst zu perfektionieren und einzusetzen. Deswegen wäre es ein Fehler anzunehmen, diese Methoden wären veraltet oder würden weniger effektiv sein als damals.“

Unter „Beschreibung“ heißt es bei den „Buchkomplizen“:

„An welcher Stelle zwischen Demokratie und Faschismus befindet sich unsere Gesellschaft? Verbreiten die großen Medien Desinformationen und verhindern eine kritische gesellschaftliche Debatte? Welchen Beitrag leistet Pseudowissenschaft aus deutschen Universitäten zur Erschaffung von Trugbildern über unser politisches System und historische Ereignisse?
Der Physiker Ansgar Schneider und der Mediziner Klaus-Dieter Kolenda begegnen diesen Fragen in einem anregenden Gespräch über die Zerstörung des World Trade Centers, Wissenschaft und Pseudowissenschaft, den Tiefen Staat und „Verschwörungstheorien“, weltweite Propaganda und eine Generation gesellschaftlicher Leugnung.
Die Zeit der offenen Worte ist gekommen!“

Quelle: Buchkomplizen

Ansgar Schneider: Die nachfolgenden Kriege und das Wandeln der offenen Gesellschaften in einen zunehmend autoritären Staat mit real existierender digitaler Zensur und Überwachung sind und waren nur möglich, weil die großen Medien effektiv einen Schutzschirm über die politischen Akteure halten“

Abseits von 9/11 – dessen Tragik er überhaupt nicht zu schmälern gedenkt – stellt Ansgar Schneider gegen Ende des Buches (S.181) fest (…) „das Totalversagen der großen Medien und die daraus folgende Übernahme der Propaganda in breiten Bevölkerungsschichten mit der vollständigen Resistenz gegen wissenschaftliche Erkenntnis, gegen kritisches Nachfragen und die Ächtung und Entmenschlichung der Kritiker. Die nachfolgenden Kriege und das Wandeln der offenen Gesellschaften einen zunehmend autoritären Staat mit real existierender digitaler Zensur und Überwachung sind und waren nur möglich, weil die großen Medien effektiv einen Schutzschirm über die politischen Akteure halten.“

Ich denke, man kann hier die in der Corona-Krise weiter verschlimmerte gesellschaftliche Situation und das entsetzliche Agieren von weiten Teilen des Deutschen Journalismus hier ruhig dazu denken.

Klaus-Dieter Kolleda rekurriert auf Daniele Ganser, der Hoffnung in die UNO betreffs einer neuen und unabhängigen Untersuchung der Terroranschläge von 9/11 geäußert hätte. Zwar würde wohl der UNO-Sicherheitsrat eine derartige Untersuchung nicht einleiten, weil die USA gewiss ein Veto einlegen würden. Jedoch die UNO-Generalversammlung könne durchaus eine neue internationale Untersuchung der Terroranschläge von 9/11 beginnen und Zeugen befragen.

Ansgar Schneider ist skeptisch

Die UNO habe in diesem Kapitel eine unrühmliche Rolle gespielt. Schon einen (!) Tag nach den Anschlägen hätte die der Formulierung „wie alle internationalen terroristischen Handlungen“ impliziert, dass es sich bei den Anschlägen um ein „internationales“ Verbrechen gehandelt habe. Eine Tatsachenfeststellung ohne jegliche Untersuchung und ganz gar ohne Beweise vorgenommen zu haben sei „grotesk“. Und Russland und China hätten diese Resolution mitgetragen. Nun seien allerdings die Diplomaten, die da arbeiten weder naiv noch schlecht ausgebildet. Der ersten Resolution seien dann am 28. September und 12. November 2001 sogar noch zwei weitere gefolgt, die diese Tatsachenfeststellung wortgleich bekräftigten.

Wo keime da Hoffnungen, wenn bedeutsame Spieler wie Russland und China keine Anstalten machten Aufklärung verlangten? Dann könne ja da kaum von wirtschaftliche abhängigen kleineren Ländern erst recht nicht erwarten, dass sie die Frage nach Aufklärung in der UNO-Generalversammlung vorbrächten.

Daraufhin Klaus-Dieter Kolenda (S.183): „Herr Schneider, sind Sie Pessimist?“

Schneider gibt zurück: „Empirisch betrachtet kann man wohl kaum mehr als Pessimist sein.“

Kolenda: „So kann aber aus marketingtechnischen Gründen das Buch nicht enden!“

Die Frage ist: Können wir den Prozess der Aufklärung noch hinreichend beschleunigen, um realpolitischen Druck auszuüben; hinreichend schnell, bevor die Verantwortlichen und die Mitläufer in Medien, Politik und Universitäten ausgestorben sind?“

Ansgar Schneider auf Kolendas Hinweis: „Sie können auch optimistisch feststellen, dass die Anzahl der Menschen, die die Lügen über den 11. September 2001 durchschauen, immer größer wird. Die Aufklärungsbewegung wird größer. Das sollte auch ein abschließender Appell an die Leser sein: Sprechen Sie mit ihren Bekannten, politischen Freunden und Ihrem Bundestagsabgeordneten über den 11. September. Geben Sie dieses Buch weiter und verlangen Sie eine sachbezogene Stellungnahme. Die Frage ist: Können wir den Prozess der Aufklärung noch hinreichend beschleunigen, um realpolitischen Druck auszuüben; hinreichend schnell, bevor die Verantwortlichen und die Mitläufer in Medien, Politik und Universitäten ausgestorben sind?“

Da bleibt mir als Rezensent nichts walter ulbricht (sagten wir früher in der DDR öfters, wenn wir „nichts weiter übrig“ meinten. Zur Person Walter Ulbricht hier), als mich dem Appell von Ansgar Schneider (und der von Klaus-Dieter Kolenda daraufhin geäußerten diesbezüglichen Hoffnung) vollumfänglich zustimmend anzuschließen und gleichzeitig meinen sehr verehrten Leserinnen und Lesern zwecks Unterstützung ans Herz zu legen.

Bitte lesen und weiterempfehlen!

Selbiges gilt für dieses Buch der beiden Autoren. Also: Bitte lesen und weiterempfehlen! Mehr davon! Über das darin sozusagen auf einem Spaziergang mit Zwischenstopps auf dem Boden von „Mainhattan“ Erörterte dürften wir in den Tagen am 11. September 2021 und drumherum in den Leit- und Öffentlich-Rechtlichen Medien kaum etwas zu hören bekommen. Bloß keine schlafenden Hunde wecken, werden die zuständigen Redakteure denken (müssen)!

Fakt ist, dass 9/11 ein äußerst einschneidendes Ereignis war. Den fast 3 000 Todesopfern, welche die Terroranschläge auf das World Trade Center forderten und welche gleich kurz darauf dazu dienten den »Krieg gegen den
Terror« in Afghanistan, im Irak, in Pakistan und im Jemen zu begründen. Millionen Menschen forderte dieser Krieg. Ganze Länder erfuhren schwere Verwüstungen.

Wir alle müssen wieder zu einer Diskursfähigkeit finden

Im Laufe der Jahre nach 9/11 wurden der Überwachungsstaat immer weiter ausgebaut. Einmal eingeführte Maßnahmen sind im Grunde nicht wieder zurückgenommen. Ähnliches lassen im Rahmen der Corona-Pandemie erlassenen Verordnungen befürchten, die unsere Grundrechte eingeschränkt haben. 9/11 ist nicht glaubwürdig aufgeklärt, betreffs des Maidan-Putschs wurde seitens der Leitmedien gelogen und über den Afghanistan-Krieg sowieso. In der Corona-Krise erleben wir Auswüchse, die totalitäre Züge annehmen und zur Beschädigung der Demokratie geführt haben. Die Spaltung der Gesellschaft – zuvor schon gespalten – ist nun noch viel mehr gespalten. Nicht zuletzt durch die Diffamierung der Ungeimpften. Es weht ein Hauch von Apartheid. Das lässt nichts Gutes, sondern eher eine dystopische Entwicklung befürchten.

Das muss aber durchaus nicht so kommen. Weshalb auch ich nicht pessimistisch enden möchte. Bücher wie das hier vorliegende (und weitere, die ich ebenfalls rezensiert und die Rezensionen im Text verlinkt habe und andere mehr) erfüllen eine wichtige Informations- Aufklärungsaufgabe. Und sie können und sollten auch dazu dienen, uns aufzurütteln. Wir alle müssen wieder zu einer Diskursfähigkeit finden. Ein „Weiter so“ darf es für mein Dafürhalten nicht geben. Immer mehr Lügengebäude stürzen ein. Wir brauchen mehr kritische Aufklärung. Der Hut brennt!

Hinweis: Nebenbei möchte ich rund um das Thema 9/11 noch einen guten Thriller von Mathias Bröckers und Sven Böttcher empfehlen: „Das fünfte Flugzeug“.

Ansgar Schneider, Klaus-Dieter Kolenda

Generation 9/11

Die verhinderte Aufklärung des 11. Septembers im Zeitalter der Desinformation

  • fifty-fifty
  • Softcover
  • 224 Seiten
  • 1. Auflage
  • 21,5 cm x 13,5 cm
  • Erscheinungsdatum: 19.07.2021
  • Artikelnummer 978-3-946778-25-7
  • 18,00 Euro

„Medienanalyse“. Ein kritisches Lehrbuch von Sabine Schiffer. Rezension

Medien beeinflussen uns immer mehr. Man kennt sich kaum mehr aus. Tagtäglich prasseln aus allen möglichen Seiten und aus Geräten, die wir auch außer Haus mit uns tragen, Meldungen und allerlei Texte auf uns ein. Das alles ist kaum mehr zu verdauen. Und schon gar nicht immer auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Bei der Rezeption dieser täglichen Medienflut müssen wir uns auf unseren gesunden Hausverstand verlassen. Klar: es gibt ja auch sogenannte Faktenfinder. Aber auf die kann man sich nicht in jedem Fall verlassen. Welche Interessen stecken dahinter? Wer finanziert diese Faktenfinder?

Tagesschau journalistisch unbefriedigend

Das merkwürdige: Die journalistisch inzwischen oft als Nachrichtensendung unbefriedigend daherkommende Tagesschau setzt „Faktenfinder“ ein. Nur überprüfen sie auch die eigenen Sendungen, beispielsweise die Tagesschau, die inzwischen einen Journalismus betreibt, bei dem es einen regelmäßig graust. Am laufendem Band machen das Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam mittels ihrer kritischen Programmbeschwerden publik. Ebenfalls Uli Gellermann mit seiner „Macht um acht“ auf KenFM spießt Fauxpas der Tagesschau auf. Sabine Schiffer auf die „Faktenfinder“ bezogen: „Die Prämisse war also von Angang an, nicht etwaige Fehler in den eigenen Reihen zu checken, sondern die im Netz kursierenden Verschwörungsmythen aufzudecken.“

Journalismus allgemein auf den Hund gekommen

Meiner Meinung nach ist der Journalismus – wenn wir ihn im Sinne der Vierten Macht fassen wollen – mindestens seit 2014 im Zuge der Ereignisse der Ukraine-Krise gewaltig auf den Hund kommen. Da verorte ich den allzu spürbaren Knacks. Dazu kommen ökonomische Probleme (sinkende Werbeeinnahmen und wegbrechende Abonnenten) der großen und erst recht der mittleren kleineren Verlage. Was freilich auch mit dem Aufkommen unzähliger (kostenfreier) Medien im Netz zu tun hat. Doch damit lässt sich nicht alles erklären. Erst recht kritikwürdig ist der Journalismus in Zeiten der Corona-Krise! Er tönt nahezu rund um die Uhr sozusagen als Regierungssprecher, indem er die Ansichten der Bundesregierung hinsichtlich des Umgangs mit COVID 19 papageienartig nachplappert und die zur Bekämpfung des Virus ergriffenen, meist undemokratisch – ohne Befassung durch Bundestag und Landesparlamente – zustande gekommenen Verordnungen beschönigt. Doch damit nicht genug. Es werden seitens der Presse gar noch Verschärfungen der Maßnahmen gefordert.

Auf die Medien ist immer ein kritischer Blick vonnöten. Wie sagte schon Marx: An allem ist zu zweifeln

Wer von uns sich nicht noch zusätzlich abseits dieser de facto zu „Staatsmedien“ mutierten sogenannten Qualitätsmedien und öffentlich-rechtlichen Medien informiert, ist nicht sonderlich gut im Bilde. Nicht selten wir man gar hinter die Fichte geführt. Was womöglich gar nicht einmal immer in böser Absicht geschieht. Aber auch bei den anderen Medien, wollen wir sie alternative oder neue Medien nennen, ist immer ein kritischer Blick vonnöten. An allem ist zu zweifeln, gab schon Karl Marx seinen Töchtern mit auf den Weg. Nur vielen Leute gebricht es einfach an der Zeit, sich jeweils genauer in die Materie zu verbeißen oder um gar selbst zu recherchieren.

Eigentlich – so denke ich schon des Längeren – wäre die Einführung eines Fachs „Medienkunde“ im Schulunterricht dringend angezeigt.

Die Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer möchte das Schulfach „Medienbildung“ befördern

Die Sprachwissenschaftlerin und Medienpädagogin Sabine Schiffer nennt dieses Fach exakter „Medienbildung“. Von ihrem soeben veröffentlichten und im Westend Verlag erschienen Buch „Medienanalyse“ erhofft sie sich, dass es (…)„einen Beitrag zur Förderung eines Schulfachs ‚Medienbildung‘ leisten kann“. (S.283) Das wäre in der Tat zu begrüßen. Und das Buch, welches den Untertitel „Ein kritisches Lehrbuch“ trägt, verspreche ich, kann diesen Beitrag leisten. Es ist verständlich und kenntnisreich geschrieben und enthält viele Beispiele, die dazu beitragen. Es ist sowohl Journalisten und Medienschaffenden aller Art wie auch Laien – warum nicht auch Schüler*innen? – und natürlich Student*innen wärmstens zu empfehlen.

Förderung von Media Literacy

In ihrem „Ausblick zum Schluss des Buches: Von der Anleitung zur Anwendung“ (S.283) schreibt Sabine Schiffer: „Sowohl das Hintergrundwissen als auch die einzelnen Tools- und Techniken der Medienanalyse tragen zur Förderung von Media Literacy (ML) bei.“

Zu ML finden wir auf Bernetblog von der Autorin Iréne Messerli:

„Definitionen von Media Literacy: (engl. Literacy =

Fähigkeit zu lesen/schreiben) gibt es viele – und im digitalen Zeitalter gewinnt die Medienkompetenz an Bedeutung. Die Nutzung verschiedener Medien entwickelt die Kritikfähigkeit, fördert das Einordnen von Nachrichten und die Meinungsbildung.“

Und weiter wird in diesem Beitrag auf Bernetblog erklärt:

Diese Schlüsselfragen helfen bei der Einschätzung einer Nachricht:

  • Wer ist der Autor?
  • Was bezweckt er mit der Publikation?
  • Welche Aussagen beinhaltet die Nachricht?
  • Was wird weggelassen?
  • Auf welcher Wertehaltung basiert die Nachricht?
  • Können die Aussagen je nach Empfänger unterschiedlich interpretiert werden?
  • Wie werde ich auf den Beitrag aufmerksam gemacht?
  • Wann und auf welchen Kanälen erscheint die Nachricht?
  • Wer teilt oder kommentiert diese und wie?“

Sabine Schiffer weiter (S.283): „

„ML gehört zum lebenslangen Lernen und muss insofern auch wichtiger Teil der schulischen Bildung sein“

Und gibt zu bedenken:

„Bei einer Mediennutzung von mehreren Stunden täglich kann die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit konstruierten Darstellungen nicht hoch genug eingeschätzt werden.“

Und ganz wichtig, nicht zu vergessen:

„Wie mit Medienbeiträgen, so nimmt man auch mit Medienanalysen Verantwortung auf sich. Jeder(r) kann von da aus, wo man steht einen Beitrag leisten.“

In ihrer Einleitung zum Buch (S.9) macht Sabine Schiffer darauf aufmerksam, dass Medienkritik heute drohe, in Verruf zu geraten. Schließlich prägten vielfältige Medienangebote unseren Alltag und unsere Vorstellung von der Welt:

„Ob Buch, Zeitung oder Internetformate: Medien informieren und manipulieren uns.“

Und sehr wichtig zu wissen:

„Jede Darstellung – sprachlich oder bildlich – bedient sich subjektiver Zeichen, und es liegen unendlich viele Entscheidungen von Journalisten und Redaktionen vor, bevor ein Beitrag mit genau diesen Bildern und dieser Musik, Schnitt, Kameraperspektive, Licht und Atmo erscheint – so auch die Nachrichten- und Informationsformate in den Massenmedien.“

Es gehe darum, so Schiffer, (…) um die Fähigkeit Medienbeiträge zu lesen und als Konstrukt zu verstehen, welches für bei gleicher Faktenlage völlig anders aussehen könnte – oder umgekehrt: welche Fakten in der aktualisierten Darstellung präsentiert und dabei eventuell aufbauscht, verharmlost oder gar umdeutet (sogenanntes ‚Shaping‘).

Methodenkanon integriert diverse Ansätze der Sprach-, Medien-, Kommunikations- und Kognitionsforschung

Im Verlaufe dieses wirklich sehr lehrreichen, mit großer Sachkenntnis verfassten Buches werden wir an einiges erinnert oder wir erinnern uns selbst, mit einige Erscheinungen schon Erfahrungen gemacht zu haben, bzw. in Kontakt gekommen sind.

Für die praktische Anwendung ist das Buch gemacht – das spürt man beim Lesen bald – und stellt dafür dankenswerterweise ein brauchbares Instrumentarium zusammen. Basierend auf eigenem Methodenkanon. Dieser orientiert sich an der Wahrnehmungsforschung. Wie von Schiffer einleitend versprochen, integriert er dabei diverse Ansätze der Sprach-, Medien-, Kommunikations- und Kognitionsforschung.

Fachtermini ins Buch sind nur eingebracht worden, wenn sie zur Ergänzung unbedingt unerlässlich sind.

Theoretische Grundlagen und Vorüberlegungen“ sowie Medienrezeptions- und Medienwirkungsforschung

Es gibt ein großes Kapitel „Theoretische Grundlagen und Vorüberlegungen“ (ab S.14) mit vielen Unterkapiteln. Worin es u.a. um Wording, Tonality: Framing und Stimmungsmache geht. Des Weiteren geht es um Medienrezeption- und Medienwirkungsforschung und das wichtige Unterkapitel „Grundregeln des Journalismus/journalistischen Arbeitens“ (S.46). Was wahrlich nicht nur für Journalisten, sondern auch für die Rezipienten von Medien wichtig sein kann zu wissen.

In „Praxis der Medienanalyse“ (S.62) rückt dann auch das Bild in den Mittelpunkt. Schon die Kameraperspektive von der aus ein Foto aufgenommen wird, kann bestimmte Wirkungen – mehr als ein Text manchmal – beim Betrachter erzielen.

Auf die Kameraperspektive kommt es an

Ich selbst – fiel mir bei der Lektüre des entsprechenden Kapitels ein – hatte vor einiger Zeit eine Erfahrung dazu machen können. Es war in der Ukraine-Krise. Ich war in einer Aufführung des Films „Ukrainian Agony“ von Mark Bartalmai gewesen. Bartalmai sagte: „Wenn wir diesen (seinen Film; C.S.) nun einmal als These bezeichnen wollen, gibt es auch dazu eine Antithese“. Er weist damit auf die vor sechs Wochen erschienen TV-Reportage der ARD-Korrespondentin Golineh Atai, „Die zerrissene Ukraine“ hin. Diesen Film möge man sich ansehen und mit dem seinen vergleichen. Weil er freilich eine ganz andere Sichtweise habe. Mark Bartalmai habe Atai selbst einmal getroffen, als über die Wahlen in den selbsternannten Volksrepubliken berichtet wurde. Seiner Meinung nach waren die frei gewesen und die Menschen hätten sogar freudig ihre Stimme abgeben. Vergleiche man jedoch seine Bildern mit denen von Golineh Atais Team gedrehten, bewirke die dabei gewählte  Kameraeinstellung – man nahm die Führer und deren Begleiter  der Volksrepublik von unten auf. Das bewirke schon eine gewisse Dämonisierung in den Augen der Zuseher.“ (Hier mein Bericht)

Manipulation mit Fotos und Bewegtbildern

Dass mit Fotos Schindluder getrieben wurde, ist auch nichts Neues. Nur ist es heutzutage in digitalen Zeitalter und der zur Verfügung stehenden, immer weiter voranschreitenden Technik noch leichter, zu manipulieren. Selbst bei Bewegtbildern. Da können bestimmten Personen und Gesichter in eine ganz andere Filmaufnahmen hineingebracht werden, die an bestimmten Orten gar nicht waren. Und die Personen können sogar die Stimmen anderer Personen aus ganz anderem Kontext erhalten.

Also bei Fotos erinnern uns etwa an Stalin, der auf Fotos Funktionäre, die in Ungnade gefallen waren, einfach heraus retuschieren ließ.

Ein Foto aus jüngerer Zeit, bzw. eine Filmaufnahme, an die wir uns alle gewiss noch erinnern werden, beweist, dass auch heute weiterhin Ähnliches geschieht. Nach dem Terroranschlag auf die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo in Paris hatte es einen Marsch von Politikern im Januar 2015 durch Paris gegeben. Sabine Schiffer erinnert an eine fragwürdige Inszenierung: „Die jenseits der Menschenmassen gemachten Aufnahmen konnten aufgrund ihrer Ausschnitthaftigkeit und Montage mit Bildern der großen Demonstration suggerieren, dass die Staats- und Regierungschefs dieser Großdemonstration diese Demonstration anführten.“ (S.91/92)

Schließlich aber war herausgekommen, dass der Pulk mit den Politikern allein in einer von Polizei abgesicherten, aber ansonsten leeren Straße, aufmarschiert war.

Das Buch berührt nahezu alle wichtigen Themen in puncto Medien

Das äußerst umfangreiche Buch – es kann hier beileibe nicht auf alles eingegangen werden,

was es beinhaltet – berührt alles Wichtige zum Thema Medienanalyse gehörende. Und lehrt uns auch, „PR-Strategien erkennen“ (S.194). Auch können wir vieles nachvollziehen. Beispielsweise die „Selbstverteidigung- und ‚Humanistan‘-Mythen als Kriegspropaganda (S.202)

Oder das Thema „Astroturfing oder: Wie inszeniert man eine Graswurzelbewegung?“

Auch wird die Zukunftsfrage angetippt, wie Unabhängiger Journalismus nachhaltig finanziert werden könnte. (S.237)

So auch der immer wichtiger werdender Punkt: „Medien- und Diskursfreiheit im Internet?“ (S.241) Wie mir scheint gerade jetzt immer drängender. Wo You Tube kritische Inhalte löscht und andere Medien nicht journalistisch korrekt hinsichtlich der Vierten Gewalt arbeiten. Und das Problem: „Die Intendanz im Drehtür-Modell“ (S.263)

Als „Lexikon“ fragwürdig: Wikipedia

Unbedingt auch zu empfehlen, der Exkurs „Wikipedia ist keine Quelle!“. (ab S.55) Worauf Sabine Schiffer übrigens schon viele Jahre immer wieder hinweist. Dankenswerterweise empfiehlt sie den Film „Die dunkle Seite der Wikipedia“ von Markus Fiedler (lesen Sie dazu diesen Beitrag von mir). Worin am Beispiel des“umstrittenen“ Historikers Daniele Ganser nachgewiesen wird, wie das vorgebliche Lexikon immer wieder dazu missbraucht wird politisch unliebsame, nicht ins passende Narrativ bzw. in den Mainstream passende Menschen zu diffamieren. Allenfalls dürfte Wikipedia (…)“nur eine sehr bedingt zitierfähige Quelle“ sein. (S.58) Weil eine ständige Veränderungsmöglichkeit besteht und nicht klar ist, welche Version des Eintrags sich letztlich durchsetze. Schiffer: Es fehle die „Zitierfähigkeit im wissenschaftlichen Sinne“.

Faktenchecks ja, aber …

Last but not least wird (S.277) im „Exkurs: Faktenchecks oder: Ist Satire die bessere Recherche“ (bezugnehmend auf die Arbeit von „Die Anstalt“.

Sabine Schiffer spricht Fakenchecks nicht deren Wichtigkeit ab. „Denn eigentlich sollten sie zum normalen Nachrichtengeschäft in der täglichen Informationsaufbereitung gehören – weshalb es ja auch den Medienberuf des Dokumentars und Bild- Video-Verifzierers gibt.“

Faktenschecks schössen wie Pilze aus den Böden, stellt Schiffer fest. Das sei gut, meint Sabine Schiffer. Allerdings schwanke die Qualität der Faktenchecks dabei stark. Aber die Medienwissenschaftlerin gibt auch zu bedenken:

„So wie mit Fakten kann man auch mit Faktenchecks ‚lügen‘, denn auch hier kommt es auf Prämissen und Frames an, die eventuell schon Rahmen für die Recherche vorgeben, wenn sie nicht hinterfragt werden.“

Schiffer stellt klar:

„Die beschworene Homogenität – gut Mainstream-Medien/böses Internet – gibt es natürlich nicht.“

Sabine Schiffer zu privaten Faktenfindern:

„Dass mit der Arbeit von Correctiv und Arvato (einer Tochter-AG von Bertelsmann) die juristische Verfolgung von Volksverhetzung im Netz privatisiert wird, ist dringend diskussionswürdig – ist aber eine strukturelle Frage und nicht den Auftragnehmern anzulasten.“

An der Stelle hätte ich mir von der Autorin eine härtere Kritik an dieser Praktik gewünscht. Auch an die Politik gerichtet! Schließlich hätte die ja dafür zu sorgen, dass im Netz gleiche Bedingungen herrschen wie im „richtigen“ Leben.

Ansonsten: ein Buch, das wirklich gefehlt hat! Es sollten möglichst viele Menschen lesen. Auch solche, welche keine Journalisten oder sonstige Medienschaffenden sind. Proppevoll mit Fakten und Hinweisen. Möge das Buch bewirken, dass unsere Kinder bald ein Schulfach „Medienbildung“ bekommen. Es scheint mir dringend erforderlich.

Ausschnitt der Ankündigung des Buches vom Westend Verlag: Medienkompetenz stärken (…)“Ob für den Laien oder die angehende Akademikerin: Sabine Schiffer legt nun ein Buch vor, das sowohl theoretische Grundlagen liefert als auch an etlichen Beispielen aufzeigt, wie Medienanalyse konkret aussieht. Welche Möglichkeiten gibt es, innerhalb der täglichen Informationsflut den Überblick darüber zu behalten, was echt und wahr und was falsch und unwahr ist? Endlich eine kritische Einführung, die nicht nur Gefahren und Möglichkeiten der Manipulation aufdeckt, sondern zugleich Werkzeuge an die Hand gibt, diese zu erkennen und ihnen zu begegnen! Wer wissen will, worauf beim täglichen Medienkonsum zu achten ist, kommt an diesem Buch nicht vorbei.

Sabine Schiffer

Medienanalyse

Eine kritisches Lehrbuch

Seitenzahl: 300
Ausstattung: Broschur
Artikelnummer: 9783864891571
  • Group 10 Buch

20,00 €

IALANA-Medientagung in Kassel mit toll verhandelten, wichtigen Themen war ein Erfolg

Gestern ging die dreitägige IALANA-Medientagung mit dem Thema „Krieg und Frieden in den Medien“ in Kassel zu Ende. Vorweg: Die Tagung war ein Riesenerfolg! Laut Veranstalter waren 350 interessierte BesucherInnen da und folgten aufmerksam dem dichten und hochinteressanten Programmteilen mit vielen äußerst informativen Referaten kompetenter Gäste, welche die Veranstalter eingeladen hatten. Es ging um das Thema „Krieg und Frieden in den Medien“ und die Frage: Kann man ein Leitbild „Friedensjournalismus“, der Wahrheit verpflichtete und deeskalierende Berichterstattung etablieren? Anlass für die Tagung war nicht zuletzt auch die unumstößliche Tatsache, dass das Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien zweifelsohne nachgelassen hat. Auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise im Jahre 2014 machte sich der wachsende Unmut der Medienrezipienten besonders stark Luft.

Jede Menge Kompetenz und Engagement – Die Referenten und Diskutanten

Auf der Tagung sprachen bzw. diskutierten Daniela Dahn (Journalistin und Autorin), Max Uthoff (Kabarettist u.a. Die Anstalt und Jurist), Dr. Sabine Schiffer (Institut für Medienverantwortung), Prof. Dr. Günther Rager (TU Dortmund), Maren Müller (Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtliche Medien e.V.), Markus Fiedler (Lehrer, Autor u.a. von „Die dunkle Seite der Wikipedia“), Prof. Dr. Ulrich Teusch (Autor), Dr. Kurt Gritsch (Institut für Zeitgeschichte Innsbruck), Prof. Dr. Gabriele Krone-Schmalz (ehem. ARD), Albrecht Müller (Herausgeber der NachDenkSeiten), Dr. Uwe Krüger (Universität Leipzig), Ekkehard Sieker (u.a. Team Die Anstalt), Prof. Dr. Jörg Becker (Politikwissenschaftler), Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer (ehem. ARD und NDR; Programmbeschwerden), Jens Berger (Redakteur NachDenkSeiten), Pascal Luig (Chefredakteur WeltnetzTV), Jens Wernicke (RUBIKON)) Dr. Ute Finkh-Krämer ((EX-MdB), Reiner Braun (Co-Präsident IPB) und Tilman Wörtz (Peace Counts). Einen musikalischen Höhepunkt setzte zum Abschluss des zweiten Tagungstages Konstantin Wecker mit einem Konzert für die TeilnehmerInnen. Alles in allem: jede Menge Kompetenz und Engagement.

Begrüßung durch Otto Jäckel

Otto Jäckel, Vorsitzender der IALANA. Fotos: C. Stille

Otto Jäckel, Vorsitzender der IALANA), befand in seiner Begrüßungsansprache: „Der Zustand einer Gesellschaft ist umso demokratischer je mehr Menschen sich an dem demokratischen Prozess beteiligen. Dazu gehört nicht nur wählen zu gehen, sondern sich überall einzumischen. Am Arbeitsplatz, dem Wohnumfeld, in kommunalen und regionalen Angelegenheiten und erst recht in Fragen die von Bedeutung sind für das ganze Land.“ Es ginge auch darum Gefahren abzuwenden. „Und die größte Gefahr für die Gesellschaft ist immer der Krieg, wo auch immer er geführt wird“, unterstrich Jäckel. Der demokratische Prozess ist somit das Immunsystem der Gesellschaft, ihr Reparaturbetrieb und zugleich der Motor für gesellschaftliche Veränderungen.“ Es gelte das Friedensgebot des Grundgesetzes und das Gewaltverbot der Charta der Vereinten Nationen durchzusetzen. „Das können wir den Regierenden keinesfalls allein überlassen. Darum müssen wir uns selbst kümmern“, sagte Otto Jäckel unter dem Applaus der Anwesenden. Und es ginge in der Tagung nicht zuletzt darum, wie man diesbezüglich friedensengagiert mediale Verbreitung finden könne. Otto Jäckel zollte Dr. Peter Becker (Co-Präsident der internationalen IALANA), der „bis in die letzten Tage und mit viel Herzblut und über Tage und Stunden für das Zustandekommen dieser Tagung gekämpft hat hohen Respekt. Er sei ein „Solitär als Anwalt und ganz Großer unter den deutschen Verwaltungsrechtlern“ und großer Verfechter für das Völkerrecht, so Jäckel.

Daniela Dahn lieferte Grundgedanken zum Tagungsthema

Journalistin und Autorin Daniela Dahn.

Die Grundgedanken („keynote speech“) zum Thema der Tagung trug die Autorin Daniela Dahn am Freitagabend vor. Sie sprach davon, dass wir eine „weißgewaschene Kriegsberichterstattung“ erlebten. Aktuell in „besonders empörenden Fall, was sich die Türkei hier leistet“. Dahn meinte den aktuellen völkerrechtswidrigen Angriffs der Türkei auf die Kurden in Syrien. Eine kritische Berichterstattung erlebe man nur von „wenigen linken Nischenjournalisten“. Angesichts dessen müsse sich niemand darüber wundern, dass Medien an Vertrauen einbüßten. Der „Grundkonflikt in den Medien“ sei „der alte“. Auf dem rechtspolitischen Kongress der SPD vor über vierzig Jahren habe der spätere Bundesverfassungsrichter Wolfgang Böckenförde, so Dahn, gesagt: Es gebe keine akzeptable Vorschläge wie die Pressefreiheit unter der Dominanz von Privateigentum zu sichern sei. Und habe die Schwierigkeiten Machtbegrenzungen und Freiheitssicherung im Medienbereich zu verwirklichen beschrieben. Die privatrechtliche Organisation der Medien führe zu einer

Kumulation von wirtschaftlicher Macht und Kommunikationsmacht. Sie erinnerte damit daran, dass über die Anstellung auch von politisch oder anders orientierter Redakteure befände allein der Verleger oder Konzern in dessen Eigentum sich die Redaktion befindet. Auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten unterlägen keiner wirklich demokratischen Kontrolle. (Update vom 9. Februar 2018: Die Videoaufzeichnung des Vortrags von Daniela Dahn; Quelle: Weltnetz.TV)

Selbst der einstige Bundespräsident Horst Köhler habe den Presserat seinerzeit mit einem Marx-Zitat überrascht: „Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein“. Dahn: „’Deine Freiheit ist nicht meine Freiheit, ruft die Presse den Gewerbe zu‘, hatte Marx in der Rheinischen Zeitung ergänzt“. Und sie beschied: „Doch die Freiheit des Gewerbes hat gesiegt. Medien sind Kommerz.“ Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sollten, daran erinnerte die Rednerin, eigentlich von Gewinnüberlegungen frei sein: „Aber davon ist wenig zu merken.“ Um ihrer TV-Kritik Ausdruck zu verleihen, zitierte Daniela Dahn Peter Scholl-Latour, der befunden habe: „Wir leben im Zeitalter der medialen Massenverblödung“. Die Aufklärungsarbeit der durch Quellen fundierten ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“ (die Arbeit macht, die Journalismus leisten müsste; C.S.) strich Dahn indessen heraus.

Freilich gebe es noch kritischen, aufklärenden Journalismus in TV-Beiträgen („auf der Mitternachtsschiene“) „von Redakteuren, die nicht aufgegeben haben“, aber sie seien zu marginal, um Oskar Negts These von der „unterschlagene Wirklichkeit“ zu widerlegen. „Die Angst der unbequemen Journalisten vor dem Elfmeter in der Redaktionssitzung kommt hinzu“, gab die Autorin zu bedenken. Angesichts exzessiver Sparpläne und Redaktionsverkleinerungen sei „eher Selbstgleichschaltung angesagt“. Profiliert hätten sich „die Journalisten, die problemlos auch zu Regierungssprechern werden können“.

Um zu verdeutlichen, wie Meinungsbeeinflussung und Desinformation organisiert werden kann, informierte Dahn darüber, dass allein für das Pentagon in den USA 27 000 PR-Spezialisten mit einem Jahresbudget von fünf Milliarden Dollar arbeiten. (Anbei empfehle ich noch einen Bericht des  RUBIKON zum Vortrag von Daniela Dahns Impulsreferat)

Wie Kabarettisten auf Krieg und Frieden in den Medien schauen“

Der Höhepunkt des Freitagabends wurde über interessante Kabarett-Video-Präsentationen aus Auftritten von Georg Schramm „Afghanistan“, Volker Pispers „Bis neulich“ sowie Max Uthoff (Die Anstalt) „Verstrickungen deutscher Medien“ und „Syrien“ angesteuert: Der Programmpunkt „Wie Kabarettisten auf Krieg und Frieden in den Medien schauen“. Mit Max Uthoff (Die Anstalt). Fragen in dieser Runde wurden gestellt von Daniela Dahn und Dr. Peter Becker (IALANA) sowie aus dem Publikum. Schauen Sie dazu, liebe LeserInnen, die Aufzeichnung der KollegInnen von WeltnetzTV via You Tube an. Max Uthoff warnte davor die Wirkung von Kabarett zu überschätzen: „Wenn Kabarett etwas verändern würde, wäre es wahrscheinlich verboten.“

Krieg in den Medien – Wie wird berichtet, warum wird es so berichtet?“ Beiträge von Dr. Sabine Schiffer und …

Dr. Sabine Schiffer (Institut für Medienverantwortung Erlangen).

Der zweite Tag der Medientagung galt zunächst dem Thema „Krieg in den Medien – Wie wird berichtet, warum wird es so berichtet?“

Dr. Sabine Schiffer ging zu diesem Behufe den Fakt der Medienkonzentration und der Frage „Wer beherrscht die Medien?“ nach. Sie zitierte eingangs einen Text der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Die Medienkonzentration und ihre Rolle als politischer Akteur sind ein drängendes Problem für Lateinamerika.“ Schiffer: „Das ist nicht nur richtig. Das trifft auch außerhalb Lateinamerikas zu. Auch bei uns.“

Dr. Sabine Schiffer stellte bezüglich eines eingeblendeten Bildchens eines Puppenspielers, welcher die Medien quasi wie Marionetten führt, vorweg eines unmissverständlich klar: „Einen Drahtzieher, der das alles kontrolliert und steuert den finden wir nicht. Den würden wir uns in den Medienwissenschaften manchmal sogar gerne wünschen.“ Dann wäre alles einfach. „Aber, es ist alles sehr komplex.“

Der Vortrag machte deutlich, wie vielfältig Medienverflechtungen (und gegenseitige Beteiligungen an den Medienerzeugnissen) inzwischen sind, ohne dass den LeserInnen dies womöglich bewusst ist. Eine angenommene Medienvielfalt komme heute eher inszeniert daher. Wie kann man etwa erklären, dass ein Nikolaus Blome von der Bildzeitung zum Spiegel wechselt oder umgekehrt? Das habe halt damit zu tun, „dass die teilweise ein Haus sind“.

Dem System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bescheinigte Schiffer „kein schlechtes Konstrukt zu sein“ – es fehle ihm jedoch hier und da die Staatsferne. „Als Dozentin des Internationalen Medienvergleiches“ wolle sie jedoch trotzdem für dieses System werben: „Es ist eine Perle mit Defekten.“ Es mangels Alternativen – wie man im Ausland sehen könne – nicht nur „erhaltenswert sondern auch ausbaunotwendig“.

Ein unabhängiger Journalismus müsse nachhaltig sein. Dr. Schiffer zitierte Eckart Spoo, der immer dafür plädiert habe: „Keine Demokratie ohne Demokratisierung der Medien“. Es sei durchaus anzudenken, das öffentlich-rechtliche System auf Print und Internet auszuweiten. Die Änderung der Rundfunkstaatsverträge sollten geändert und Publikumsräte von allen Mediennutzern gewählt und ein Ombudssystem eingerichtet werden, um von der „Blackbox“ wegzukommen und eine öffentliche Debatte zu ermöglichen. Dazu die „Erlanger Erklärung“ des Publikumsrats.

Prof. Dr. Günther Rager

Prof. Dr. Günther Rager, TU Dortmund

Günther Rager widmete sich der Frage „Wer führt Regie auf der medialen Bühne?“ und sprach zur Inszenierungsleistung des Printjournalismus und zur inneren Pressefreiheit“ auch aus der Sicht der Ausbildungspraxis von Journalisten. Viele der Absolventen der Journalistenausbildung an der TU Dortmund seien heute in führenden Positionen in den Medien und unterlägen auch der Kritik. Bei aller berechtigten Kritik an den Medien geschehe es dann doch schon mal, dass in Nachrichten auf ungesicherte Quellenlagen hingewiesen würde und es Journalisten gebe, die sensibel und möglichst fair über Kriegsparteien berichten. An die Mediennutzer gerichtet sagte Rager: „Und es liegt auch an uns als Publikum einzufordern, dass die Berichterstattung nicht nur aus einer Perspektive inszeniert wird, um die Medien zu unterstützen die das versuchen“. Darüber hinaus merkte Rager an: „Dass die Zeitungen so sind wie sind ist nicht nur den ‚bösen‘ Verlegern geschuldet, sondern auch uns als Lesern, die nicht bereit sind den Preis, den vollen

Preis für die Information bezahlen“. (Update vom 9. Februar 2018: Videoaufzeichnung von Günther Ragers Referat via Weltnetz.TV)

Das hart auf Kante „genähte“ – nicht eine Sekunde langweilige – Tagungsprogramm am Samstag nahm sich schließlich noch der Strukturen der Rundfunk- und Fernsehmedien sowie der neuen digitalen Medien an. Da wurden Personalproporze, Kontrollgremien und Inhalte in den Fokus genommen und der Frage nachgegangen „Wer sitzt wofür im Rundfunkrat der öffentlich-rechtlichen Sender?“ und die Auswirkungen von deren Arbeit analysiert. Dies war Aufgabe von Maren Müller (Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtliche Medien e.V.)

Unbehagen mit Wikipedia

Markus Fiedler, Autor.

Die dunkle Seite der der Wikipedia“ beleuchtete Markus Fiedler. Der Blick ins innere der alles andere als demokratisch funktionierenden Online-Enzyklopädie dürfte bei manchem – der die Arbeit Fiedlers und seinen Mitstreitern noch nicht kannte – einiges Unbehagen ausgelöst haben. Dazu auch ein Artikel der NachDenkSeiten (Update vom 4. Februar 2018)

„Innerer und äußerer Frieden als Aufgabe der Medien“

Das Thema „Innerer und äußerer Frieden als Aufgabe der Medien“ war dem Autor („Lückenpresse“) Ulrich Teusch (Videoaufnahme seines Vortrages via Weltnetz.TV) gestellt worden.

Der Kosovo-Krieg. Eine gesteuerte Debatte“

Dr. Kurt Gritsch brachte schwere Verfehlungen von Politik und Medien mit seinem

Dr. Kurt Gritsch.

Vortrag „Der Kosovo-Krieg. Eine gesteuerte Debatte“ in Erinnerung.

Illegale Kriege und ihre Behandlung in den Medien“

„Illegale Kriege und ihre Behandlung in den Medien“ kamen in Form einer Video-Präsentation eines Auftritts von Daniele Ganser (SIPER) auf Tapet.

Die Konfrontationspolitik gegenüber Russland und die Medien“

Großes Publikumsinteresse erfuhr die frühere ARD-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz mit dem von ihr ausgearbeiteten Beitrag „Die Konfrontationspolitik gegenüber Russland und die Medien“. Schon vor ihrem Vortrag musste die Autorin

Gabriele Krone-Schmalz.

zahlreiche am Veranstaltungsort angebotene Bücher signieren.

 

Was lernen wir? Wie mit Propaganda umgehen?“ –

 

 

Maren Müller informierte über die Arbeit der Ständigen Publikumskonferenz e.V. (Video via Weltnetz.TV)

Podiumsdiskussion

Podiumsdiskussion: Gabriele Krone-Schmalz, Andreas Zumach, Manfred Deiseroth (Moderation), Ekkehard Sieker und Albrecht Müller (NachDenkSeiten).Nach einer kurzen Kaffeepause stand am frühen Abend noch eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Was lernen wir? Wie mit Propaganda umgehen?“

Daran beteiligt waren Gabriele Krone-Schmalz, Albrecht Müller (NachDenkSeiten), Dr. Uwe Krüger (Universität Leipzig), Andreas Zumach (Journalist) und Ekkehard Sieker aus dem „Die Anstalt“-Team. Update vom 5. Februar 2018: Der Vortrag von Albrecht Müller auf der Medientagung via NachDenkSeiten in Textform und ganzer Länge.

Liedermacher Konstantin Wecker beschloss den Samstagabend ohne einen Soundcheck machen zu können – alles lief dennoch bestens – mit einem unvergesslichen Konzert mit nachdenklichen, sensiblen und engagierten forschen Lieder. Das Publikum, das gleich zu Anfang bei seinem „Willy“-Lied voll dabei gewesen war, erklatschte noch mehrere Zugaben. Ein praller Abend. Ein in jeder Hinsicht gelungener Tag im Gemeindesaal der CROSSjugendkulturkirche Kassel am Lutherplatz samt nicht weniger begeisterndem Abend, welcher mit einem kleinen Empfang beschlossen wurde.

Update vom 26. Februar 2018: Referat Ekkehard Sieker ((„Die Anstalt“, Monitor):

 

 

Konstantin Wecker

Fazit und Kritik

Abschließend sei die Tagung, die den Veranstaltern gewiss viele Anstrengungen gekostet hat, sei diese zunächst einmal in höchsten Tönen gelobt. Sie hat die an sie gestellten Erwartungen sicher für viele BesucherInnen er- und wenn nicht gar übererfüllt. Das Programm ließ eigentlich nichts zu wünschen übrig. Vielleicht dann doch etwas, dass aber den Organisatoren nicht angelastet aber dennoch auch von ihnen bedacht werden sollte:

Kritische, bedenkenswerte Worte eines „bemoosten Karpfens“

Zu diesem Behufe möchte ich die kritischen Worte von Prof. Dr. Peter Grottian zitieren, welcher der Sozialwissenschaftler am Ende der Veranstaltung aus dem Saal heraus zu bedenken gab: Er habe bei 350 Teilnehmerin nur vier oder fünf junge Leute unter 23 Jahren ausgemacht.

„Die Mittelalterlichen und wir als bemooste Karpfen scheinen nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein, unsere Kinder, Enkelkinder, Nichten und Neffen zu so einer tollen, wichtigen Tagung zu gewinnen. Wo ist denn der Kassler Studienrat mit seiner Abiturklasse und die fünf Studierenden einer Hochschullehrerin der Gesamthochschule Kassel? Wo die ganze aufmüpfige Zivilgesellschaft von Attac und Greenpeace? Und wo sind denn hier irgendwelche Leute von irgendwelchen angeblichen Jugendorganisationen? Das verweist auf ein strukturelles Problem. Für unsere hier verhandelten und toll verhandelten Themen haben wir keinen demokratischen Nachwuchs. Die junge Generation ist zwar interessiert. Aber eine Zwei-Tage-Tagung tun sie sich nicht an. (…) Die Generation der 14-29-jährigen die sage und schreibe zehn Stunden mit allen sozialen Medien durchschnittlich jeden Tag verbringt. Wo ist denn da noch Platz für eine IALANA-Tagung?“ Das sei „einer der Gründe, warum Demokratie lautlos vor die Hunde geht. Denn wenn das so ist, dann ist die junge Generation offenkundig eine, die den Lebensalltag so anders organisiert, dass für das Verständnis für uns bemoosten Karpfen nach politischen Widerstand und Selbstorganisation einfach gar kein Platz mehr ist.“

Im Publikum hob nach dieser Wortmeldung ein leichtes Murren an. Das aber sollte im Sinne von Grottians Worten in ein Nachdenken oder gar Handeln münden, meine ich. Selbst dann, wenn bedenken muss: Die junge Generation gibt es sicher nicht.

Wo blieben die richtigen Medien auf dieser Medientagung?

Noch etwas fragt man sich: Wo blieben die richtigen, die etablierten Medien, wie sich

Albrecht Müller (sehen Sie sich dessen Impulsreferat – Aufnahme via Weltnetz.TV –  an) ausdrückte, auf dieser Medientagung? Der Organisatoren, hieß es, haben sie und auch die öffentlich-rechtlichen Medien eingeladen. Gesehen hat man sie nicht. Möglicherweise waren Zeitungsleute da? Schade. Die elektronischen Medien haben etwas verpasst. Immerhin war neben den Team von WeltnetzTV Russia Today (RT Deutsch) mit einem Kamerateam dabei. Hoffentlich kreidet man das den Veranstaltern nicht negativ an. Man hat ja schon Pferde vor der Apotheke …

Update vom 1. Februar 2018: Das Video von RT Deutsch mit der Berichterstattung über die IALANA – Medientagung

Lügen die Medien? – Das Kompendium der Medienkritik von Jens Wernicke. Mediennutzer greift zu diesem Buch!

Um den deutschen Journalismus steht es nicht gerade zum Besten. Doch wohl bemerkt: den deutschen Journalismus gibt es ja so nicht. Noch immer gibt es einige Perlen. Dennoch: Früher – möchte ich mit Loriot anmerken – war mehr Lametta. Will sagen: Die Konturen waren klarer. Nicht nur im Journalismus. Auch in der Politik. Links und rechts, fortschrittlich und konservativ waren als Linie in Presseorganen und der Politik klarer und kenntlicher für Leser und Wähler. Heute haben wir hin und wieder den Eindruck – und dieser täuscht durchaus nicht immer – mehr Gleichklang in der journalistischen Berichterstattung. Weshalb manchen Menschen der böse belastete Begriff Gleichschaltung über die Lippen kommt. Und die Pegida-Bewegung skandierte „Lügenpresse, Lügenpresse!“ Der Begriff wurde zum „Unwort des Jahres 2014“ ausgerufen. Vielleicht auch, um es dessen Gebrauch zu skandalisieren – weil das Wort als NS-belastet gilt? Aber auch Arbeiter- und Soldatenräte benutzten in ihren Reden – darauf verweist Daniela Dahn – den Begriff „Lügenpresse der Bourgeosie“. Wie auch immer: Vernunftbegabte klaren Verstandes werden das Wort ohnehin nur in Ausnahmefällen oder gar nicht benutzen. Sonst setzt man sich rasch der Gefahr aus, diffamiert zu werden.

Werner Rügemer besteht hingegen darauf: „Wir dürfen uns den Begriff ‚Lügenpresse‘ nicht von den Rechten aus der Hand schlagen lassen.“ Warum? „Weil das Wort eben ein eingeführter demokratischer Begriff ist, der ebenso eine linke Tradition hat, an die sich heute, wo die ‚Enteignet Springer!‘-Ruf verdrängt sind, offenbar nur niemand mehr zu erinnern wagt.“

Wohl stimmiger – und kaum in die rechte Ecke zu schieben – ist dann sicher der Begriff „Lückenpresse“. Welchen Ulrich Teusch in seinem Buch  „Lückenpresse – Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten“ verwendete.

Das Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien hat gelitten

Besonders auf dem Höhepunkt der Eskalation der Ukraine-Krise kulminierte der Unmut Vieler. In den Foren der Medien schlugen die Wogen der Kritik an der Berichterstattung hoch. So manche Zeitung, mancher Sender schloss seine Kommentarfunktion unter den jeweiligen Beiträgen. Im Jahr 2014, so ergab eine repräsentative des Medienmagazins ZAPP, hatten 69 Prozent der Befragten an, wenig oder gar kein Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien zu haben, wenn es um die Ukraine ging. ZAPP stellte fest: „Insgesamt ist das Vertrauen in die Medien so schlecht wie lange nicht mehr. Haben im April 2012 noch 40 Prozent der Befragten angegeben, großes oder sehr großes Vertrauen zu den Medien haben, sind es jetzt, im Dezember 2014, nur noch 29 Prozent.“ Auch jenseits der Berichterstattung über die Ukraine-Krise haben nicht wenige LeserInnen den Eindruck gewonnen, der deutsche Journalismus – zuvörderst die Leitmedien – sei zu staatsnah.

Wir alle werden täglich manipuliert

Nun aber mal Butter bei die Fische: „Lügen die Medien?“ – diese Frage trieb den freien Journalisten Jens Wernicke um. Um Antworten zu erhalten reiste Wernicke zwei Jahre durchs Land. Er sprach dabei mit Journalisten, Medienkritikern, Wissenschaftlern, Freigeistern und anderen.

Foto: Christian Evertsbusch, via Pixelio.de

Wernickes Resümee: „Sie alle – und ich bleibe diesbezüglich bei meiner These, die Frage ist falsch gestellt! – antworten auf die Frage „Lügen die Medien?“: sowohl als auch.“ Und weiter: „Auf jene Frage aber, was schiefläuft, erwidern sie, ein jeder auf die ihm oder ihr ganz eigene Art: Wir alle werden tagtäglich manipuliert. Von Medien und Politik, von Kriegstreibern und Industrie.“

Am ersten September erschien bei Westend Jens Wernickes Buch „Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung“.

Jens Wernickes Buch ist ein differenzierender und sachlicher Beitrag, welcher Verständnis für die Komplexität unserer gesellschaftlichen Misere weckt

Ein Buch, das man am liebsten gar nicht wieder zuschlagen möchte, sondern sogleich bis zum Schluss durchlesen möchte! Wernicke ist es gelungen, einen Beitrag zum besseren Verständnis des Metiers Journalismus und der Misere, in welcher er steckt, zu leisten. Und zwar einen differenzierenden und sachlichen Beitrag, der über Einzelfallkritik und Einzelmeinung hinausgeht und ein Verständnis für die Komplexität unserer gesellschaftlich-sozialen Misere zu wecken versteht. Die, so legt uns der Autor ans Herz, „wohl als grundlegende Erosion demokratischer Institutionen und Prozesse skizziert werden muss“.

Wichtiges Kompendium der Medienkritik

Mit Wernickes Buch ist ein wichtiges Kompendium der Medienkritik entstanden, auf das man bestimmt bei entsprechenden Gelegenheiten ab und an immer wieder zurückgreifen wird. Jene Stimmen kommen darin zu Wort, die um die Materie wissen. Weil es gestandene Journalisten, Macher unserer Nachrichten sind, die wissen wie der Hase in ihrem Metier läuft. Darüber geben sie – auch die Forscher und Wissenschaftler – Auskunft,

http://www.youtube.com/watch?v=B1bu7mf4W8A

legen uns ihre Sicht auf die aktuellen Probleme unserer Medienlandschaft dar. Gut, dass darüber hinaus auch Akteure unserer Zivilgesellschaft zu Wort kommen. Die Absicht des Buches, sich wirklich um eine Analyse der vielen Facetten, Sichten und berechtigte Kritiken zu bemühen und „parteiisch für die immer größere Anzahl von Armen und Ausgegrenzten im Lande zu sein, ein Buch, das nicht den im Auftrage der Macht agierenden und propagandierenden ‚Experten‘, sondern jenen, die bereits seit langer Zeit glaubwürdig im Geiste der Gesamtgesellschaft handeln, das Wort erteilt, ist wichtig wie selten zuvor“ (S. 15) ist m.E. vollumfänglich erfüllt.

Jens Wernicke führt dazu den meistzitierten Wissenschaftler der Welt unserer Zeit, Noam Chomsky, der diesen Ansatz „wunderbar auf den Punkt gebracht“ an:

„Jeder mächtige Staat verlässt sich auf Spezialisten, deren Aufgabe es ist, zu zeigen, dass das, was die Starken tun, nobel und gerecht ist, und dass es die Schuld der Schwachen ist, wenn diese leiden. Im Westen nennt man diese Spezialisten ‚Intellektuelle‘, und sie, mit kaum nennenswerten Ausnahmen, erfüllen ihre Aufgabe mit großer Fertigkeit und Selbstgerechtigkeit, egal wie lachhaft ihre Behauptungen sind, in dieser Praxis, die sich bis zu den Ursprüngen aufgezeichneter Geschichte zurückverfolgen lässt.“

Pressefreiheit für die Verleger

Pressefreiheit – erfahren wir – ist quasi in erster Linie ein Privileg der Verleger. Ihnen ist nämlich Tendenzschutz via des Tendenzschutzparagraphen im Arbeitsrecht garantiert. Darunter wird verstanden, dass der Verleger eines Mediums ausdrücklich das Recht hat, die politische Meinung – die Blattlinie – der jeweiligen Publikation zu bestimmen.

Den Antworten von Journalisten – auch im vorliegenden Buch – ist entnehmen, dass sie in der Regel wohl kaum gesagt bekommen, was und wie sie zu schreiben haben. Das wird sicher auch subtiler geregelt. Harald Schumann (früher Spiegel, nun Tagesspiegel) hat da nämlich ganz andere Erfahrungen gemacht (sh. dazu auch weiter unten unter „Stimmen aus dem Buch“). Seiner Meinung nach ist es mit der inneren Pressefreiheit in den Medien nicht weit her.

Viele Journalisten dürften indes ganz von allein wissen, was sie unter ihrem Verleger zu schreiben oder nicht zu schreiben haben. Was an Themen man gerne sieht und welche wohl eher abgelehnt und ein Auftrag, sich damit zu befassen, sicher von der Redaktion gar nicht erst erteilt werden würde. Journalisten haben Familien, die es zu unterhalten gilt. Da überlegt sich der Journalist zweimal, ob er sich in die Nesseln und seine Arbeitsstelle aufs Spiel setzt. Im Buch wird klar, dass Journalisten eine Berufsgruppe sind, die ziemlich unkompliziert gekündigt werden können. Markus Fiedler („Die dunkel Seite der Wikipedia“): „Kein Angestellter ist so leicht auf die Straße zu setzen wie ein Redakteur.“

Stephan Hebel: „Die Nähe zwischen dem Politikbetrieb – der ja nicht unser Partner sein sollte, sondern Gegenstand unserer kritischen Berichterstattung – erscheint mir trotz rühmlicher Ausnahmen viel zu groß“

Auch wenn bestimmte Journalisten in ihrer Berichterstattung eine bestimmte Linie auffällig erkennen lassen – z.B. prowestlich oder russlandkritisch bis russlandfeindlich -, so ist das gewiss nicht selten schon zuvor in ihren Persönlichkeiten angelegt gewesen. Sie sind davon überzeugt. Oder drehen sich aus Karrieregründen in diese Richtung. Es wird höchstens noch verstärkt, indem sie Mitglied etwa in der Atlantikbrücke oder anderen Vereinen und Kreisen werden. Die meisten indes dürfen das schreiben, von dem sie der Überzeugung sind, es wäre richtig so. Manchen von ihnen schmeichelt wohl auch die Nähe zu den Regierenden. Zu viel Regierungsnähe dürfte aber die Vorteile, die daraus zu ziehen sind (bestimmte Informationen vor den Kollegen zu bekommen) durchaus auch ins Nachteil verkehren können. Jedenfalls dürfte Letzereres für Journalisten gelten, welche sich als ehrlicher Vertreter der Vierten Macht verstehen. So sagt Stephan Hebel im Interview mit Jens Wernicke:

„Die Nähe zwischen dem Politikbetrieb – der ja nicht unser Partner sein sollte, sondern Gegenstand unserer kritischen Berichterstattung – erscheint mir trotz rühmlicher Ausnahmen viel zu groß.“

Gegen pauschale Zuschreibungen wie „die Medien lügen“ wehrt sich Hebel jedoch. (S. 83) Wenn die Medien „eine andere Auffassung vertreten als ich und sei es die der Mächtigen, dann kann das auch einer – aus meiner Sicht irrigen – Überzeugung entspringen“. Hebels Meinung: „Es gibt immer noch viel zu viel guten und kritischen Journalismus, auch in den etablierten Medien, als dass man pauschal urteilen könnte.“

Hebel postuliert aber auch:

„Ja, es gibt auch Lügen in den Medien. Wer sie anprangert, sollte sie im konkreten Fall benennen.“ Dies sei besser als ein Pauschalurteil, „weil die betreffenden Journalisten sich dann rechtfertigen müssten“.

Folgende Persönlichkeiten kommen zu Wort

Es äußern sich im Buch die Journalisten im jeweiligen Interview Walter van Rossum, David Goeßmann, Ulrich Teusch, Volker Bräutigam, Ulrich Tilgner, Stephan Hebel, Werner Rügemer und Eckart Spoo. Die Wissenschaftler Noam Chomsky, Daniele Ganser, Rainer Mausfeld, Uwe Krüger, Jörg Becker, Michael Walter, Erich Schmidt-Eenboom, Klaus-Jürgen Bruder und Kurt Gritsch. Sowie mit Maren Müller, Hektor Haarkötter, Sabine Schiffer, Gert Hautsch, Rainer Butenschön, Markus Fiedler und Daniela Dahn wichtige Stimmen aus der Zivilgesellschaft.

Stimmen aus dem Buch

„Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. (…) Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (…) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die mentalen Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen.“

Edward Bernays

„Indoktrination ist keineswegs inkompatibel mit der Demokratie. Vielmehr (…) ihre Essenz. (…) Ohne Knüppel, ohne Kontrolle durch Gewalt (…) muss man das Denken kontrollieren. Dazu greift man zu dem, was in ehrlicheren Zeiten Propaganda genannt wurde.“

Noam Chomsky

„Die Massenmedien im eigentlichen Sinn haben im Wesentlichen die Funktion, die Leute von Wichtigerem fernzuhalten. Sollen die Leute sich mit etwas anderem beschäftigen, Hauptsache, sie stören uns nicht – wobei ‚wir‘ die Leute sind, die das Heft in der Hand halten. Wenn sie sich zum Beispiel für den Profisport interessieren, ist das ganz in Ordnung. Wenn jedermann Sport oder Sexskandale oder die Prominenten und ihre Probleme unglaublich wichtig findet, ist das okay. Es ist egal, wofür die Leute sich interessieren, solange es nichts Wichtiges ist. Die wichtigen Angelegenheiten bleiben den großen Tieren vorbehalten: ‚Wir‘ kümmern uns darum.“

Noam Chomsky

„Wir stecken heute mitten im Informationskrieg. Immer mehr Menschen erkennen das und wachen sozusagen auf. Diese wachen Menschen lehnen Kriegspropaganda ab und versuchen, sich ein eigenes Bild von der Welt und den politischen Ereignissen zu machen, zum Beispiel indem sie verschiedene alternative Medien konsumieren. Es ist heute wichtig zu verstehen, dass die Massenmedien in diesem laufenden Informationskrieg benutzt werden, um die Menschen zu lenken und zu steuern.“

Daniele Ganser

„Die gegenwärtigen Formen repräsentativer Demokratien sind Elitedemokratien, also de facto Wahloligarchien. Seit ihren historischen Anfängen wurde die Idee einer ‚repräsentativen Demokratie‘ mit der Absicht entwickelt, das als irrational, infantil und launenhaft angesehene ‚dumme Volk‘ von politischer Macht und Einfluss fernzuhalten. Die Etablierung einer repräsentativen Demokratie war also explizit dazu gedacht, eine wirkliche Demokratie im Sinne der Ermögli¬chung einer angemessenen Teilhabe, also Partizipation, der Bürger am Gemeinwesen und einer Volkssouveränität zu verhindern. Worum sollten Machteliten auch ein Interesse an wirklicher Demokratie haben, wo eine solche doch ihren Status gefährdete?“

Rainer Mausfeld

„Die deskriptiven Aspekte der tatsächlichen Funktionsweise der Medien innerhalb der Herrschafts- und Machtbeziehungen in kapitalistischen westlichen Demokratien sind seit mehr als hundert Jahren vielfältig untersucht worden, und es gibt zu diesem Thema reiches empirisches Material. Es belegt in geradezu überwältigender Weise, dass die Medien vorrangig dazu dienen, den gesellschaftlichen und ökonomischen Status derer zu stabilisieren, in deren Besitz sie sind oder von denen sie ökonomisch abhängig sind. Das impliziert insbesondere, dass sie die politische Weltsicht der jeweils herrschenden ökonomischen und politischen Eliten vermitteln, sodass natürlich auch die Auswahl und Interpretation von Fakten hierdurch bestimmt ist.“

Rainer Mausfeld

„Gegenwärtig haben die Leitmedien in ihrer Bereitschaft und Willfährigkeit, das Weltbild transatlantischer neoliberaler Eliten zu vermitteln, ganz offensichtlich jedes Maß verloren. Das hat zur Folge, dass die Medien Fakten, die nicht in dieses Weltbild passen, immer hemmungsloser verschweigen oder verzerren. So erschaffen sie medial eine gesellschaftliche und soziale Realität, in der die wichtigsten Fragen gar nicht erst vorkommen und die tatsächlichen Konflikte vernebelt und verschleiert werden.“

Rainer Mausfeld

„Es gibt einen wichtigen Punkt der Pressefreiheit, der in Deutschland fast nie zur Sprache kommt. Und zwar die innere Pressefreiheit in den Redaktionen. Die ist nämlich keineswegs überall gegeben. Ich hab das ja nun am eigenen Leib über viele Jahre beim Spiegel mitgemacht, aber ich weiß es auch aus anderen Redaktionen. Es ist nicht so, dass, wenn der Redakteur oder der Reporter, der eine Sache recherchiert hat und etwas für richtig oder für falsch erkannt hat, dass das dann automatisch auch so im Blatt erscheint. Sondern es kommt immer noch sehr häufig vor, dass Kollegen, die hervorragende Arbeit gemacht haben und die hervorragend schreiben und recherchieren, nicht das schreiben dürfen und können, was eigentlich der Wahrheit entspricht. Sondern es wird zurechtgebogen, kleingemacht, zurechtgekürzt, wenn es den jeweiligen Gesinnungen, Absichten und Interessen ihrer Vorgesetzten nicht entspricht.“

Harald Schumann

„Es gibt häufig politische und wirtschaftliche Interessen von Chefredakteuren und Verlegern. Und die werden von oben nach unten durchgestellt und viele Kollegen werden gezwungen, sich dem zu beugen. (…) Ich durfte (beim Spiegel) zu allen Themen der politischen Ökonomie de facto nicht schreiben. (…) Zu kritisch, zu links, nicht angepasst genug. Das wurde nicht begründet, sondern, wenn ich die Themen vorschlug, bekam ich die Aufträge nicht, da konnte ich gar nicht erst anfangen. (…) Das muss man wirklich sagen: Das ist in der deutschen Presse gang und gäbe, dass Chefredakteure oder Ressortleiter ihren Untergebenen sagen, was sie zu denken haben, dass Vorgaben gemacht werden, was sie recherchieren dürfen und was nicht, und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden, überhaupt kritische Journalisten zu werden, weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen.“

Harald Schumann

„Was die institutionelle Implementierung auf Grundlage der Agenda 2010 anging, kann man das sicherlich sagen, ja. Allerdings denke ich, dass nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung, insbesondere im Milieu der klassischen Arbeiterschaft, den propagierten Reformvisionen gegenüber skeptisch oder ablehnend blieben. Der Erfolg des Reformmarketings bestand hier eher darin, durch die symbolische Destruktion des traditionellen Sozialstaatsmodells dessen Befürwortern die Gegenwehr massiv erschwert zu haben. (…) Es ging nicht nur darum, Akzeptanz für Reformen hervorzurufen, sondern im ganz konkreten Sinne darum, neue Sichtweisen auf das Soziale zu schaffen und die Bürger durch die Kraft der bildgewaltigen ‚erzieherischen‘ Botschaften der PR-Kampagnen in ökonomisch aktive und eigenverantwortliche Subjekte zu verwandeln.“

Michael Walter

„Ohne Zweifel kommt im Reformdiskurs, über den wir hier sprechen, eine überhebliche, ja arrogante Haltung der Eliten gegenüber den vermeintlich ‚einfachen Leuten‘, insbesondere der klassischen Arbeiterschaft, zum Ausdruck. Die gesamte Debatte ist von einem deutlichen ‚Klassismus‘ durchzogen. Das bereits angesprochene Aktivierungsdogma, das Ende der 1990er Jahre zum Leitbild der Reformer wurde, beruht ja auf einem grundsätzlich negativen Menschenbild, das in aller Deutlichkeit bereits in Roman Herzogs berühmter ‚Ruck-Rede‘ artikuliert wurde, die zu einem programmatischen Bezugspunkt für die Reformdebatte und auch die Reforminitiativen geworden ist: Der Mensch ist von sich aus ein träges Wesen, dessen Antriebskräfte durch den, wie Herzog es formuliert, ‚überbordenden Sozialstaat‘ über die Jahre erlahmt sind. Daher bedarf es einer entschiedenen Aktivierung von außen – wie eben beispielsweise durch die sogenannten Hartz-Gesetze –, um diese eingeübte Trägheit in ökonomisch produktive Eigeninitiative zu verwandeln.“

Michael Walter

„Die Frage ist, ob wir tatsächlich dieser Form der sofort erkennbaren, direkten Staatszensur ausgesetzt sind. Ich denke nicht. (…) Nach den Recherchen rund um die Wikipedia bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir jedoch eine weiche, nicht direkt fühlbare Staatszensur in Deutschland haben. Offensichtlich wird diese beispielsweise dadurch, dass eine überwiegend mit Steuergeldern finanzierte Stiftung wie die Amadeu Antonio Stiftung den Auftrag des Gesetzgebers bekommt, digitale soziale Medien, in diesem Falle Facebook, auf ‚Hate Speech‘, also Hassreden beziehungsweise volksverhetzende Reden, hin zu untersuchen und diese dann zu zensieren.“

Markus Fiedler

„Jeder Journalist, Autor und Redakteur hat doch auch eine Familie zu ernähren. Und jeder weiß: Wenn er zu viel nachforscht in Themenbereichen, die unbequem für die herrschenden Eliten sind, dann ist er seinen Job los. Will man das? Nein! Also macht man weiter mit Themen, die nicht so problematisch sind. Oder man grölt mit der Masse. Aber nur so lange, bis ein Leitmedium eine andere Richtung vorgibt, dann grölt man halt anders. Die Bevölkerung wird so allerdings nicht informiert. Das Resultat ist eher Desinformation, denn Entscheidendes fehlt und soll das ja auch.“

Markus Fiedler

„Der Tendenzschutzparagraph schränkt in den Medienunternehmen die sowieso völlig unzureichende Mitbestimmung von Betriebsräten und Gewerkschaften noch weiter ein. Kein Angestellter ist so leicht auf die Straße zu setzen wie ein Redakteur. Das macht ihn nicht gerade wehrhaft, wenn es darum geht, wie es im unverbindlichen Ehrenkodex des Deutschen Presserats heißt, seine ‚publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen‘ wahrzunehmen.“

Rainer Butenschön

„Um es kurz zu machen: Innere Pressefreiheit gibt es nicht. Macht und Ohnmacht sind im Medienbetrieb auf verschiedene Rollen verteilt. Das gilt es im Interesse der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht länger zu ignorieren.“

Rainer Butenschön

„Wir sollten sagen, was ist, wir sollten mit Kritik an den derzeitigen Zuständen nicht sparen. Wir sollten darauf drängen, in den Massenmedien endlich mehr Demokratie zu wagen. Wir sollten dazu entsprechende Initiativen entwickeln und versuchen, diese organisiert etwa über Gewerkschaften und Volksentscheide durchzusetzen. Wir sollten uns dabei bewusst sein, dass wir gegen mächtige Gegner antreten und dass wir die heiligste ihrer heiligen Kühe infrage stellen: Ihr uneingeschränktes Verfügungsrecht über ihr privates Eigentum und also die Produktionsmittel.“

Rainer Butenschön

„Die Initiative Nachrichtenaufklärung möchte darauf aufmerksam machen, dass viele Themen medial unter den Tisch fallen, die gesellschaftlich relevant sind und eine Mehrheit der Bevölkerung eigentlich angehen würden. Mit den ‚Top Ten der vergessenen Nachrichten‘ beleuchten wir jedes Jahr zehn dieser vernachlässigten und ignorierten Themen etwas näher und versuchen, sie in den Medien doch noch auf die Agenda zu heben.“

Hektor Haarkötter

„Wollte man etwas differenzieren, würde man sagen, dass es persönliche und institutionelle Gründe für die Vernachlässigung von Themen in den Medien gibt. Zu den persönlichen Gründen zählt beispielsweise die Komplexität mancher Stoffe, beispielsweise bei wissenschaftlichen Themen. Arbeitsverdichtung und Zeitdruck führen auch dazu, dass nicht nachhaltig recherchiert und berichtet werden kann, das heißt, Themen und Geschichten werden nur ereignisorientiert beleuchtet, aber nicht weiterverfolgt. Zu den institutionellen Gründen für Themenvernachlässigung zählt der politische Tendenzschutz von Medienhäusern, also dass bestimmte Geschichten nicht erzählt werden, weil sie politisch oder ideologisch nicht ins Bild einer Redaktion oder eines Verlegers passen. In der Medien- und Kommunikationswissenschaft sprechen wir hier vom ‚News Bias‘, also der expliziten oder impliziten Unausgewogenheit journalistischer Darstellung.“

Hektor Haarkötter

„Diese fehlende Distanz führt dazu, dass ein verengtes Spektrum an Perspektiven und Meinungen entsteht. Auffassungen, die im Politikbetrieb oder im Mainstream der Wirtschaftswissenschaft marginalisiert sind, kommen auch in der Berichterstattung viel zu selten zum Tragen – als wäre es nicht Aufgabe des Journalismus, gerade auch diesen Auffassungen in Abgrenzung zu den vorherrschenden Interessen Raum in der öffentlichen Debatte zu verschaffen. So versagen die Medien viel zu oft an der Aufgabe, eines der Lebenselixiere der Demokratie zu fördern: das Denken in Alternativen.“

Stephan Hebel

„Der leitende Mitarbeiter der Organisation Gehlen und später des BND Kurt Weiß hatte die Parole ausgegeben, dass die schlechte nachrichtendienstliche Erfolgsbilanz durch gute Pressearbeit wettzumachen sei. Methodisch ging der Dienst dabei nach einem ‚Do ut des‘-Prinzip vor: Den stets informationshungrigen Medienvertretern wurden Geheimdiensterkenntnisse zugespielt, für die sie sich mit einer wohlwollenden Berichterstattung bedankten.“

Erich Schmidt-Eenboom

„Für die Geschichte bis zum Ende des Kalten Kriegs galt, dass nahezu alle Leitmedien mehr oder weniger stark von Vertrauensjournalisten des BND durchsetzt waren. Auch bei meinen gegenwärtigen Arbeiten stoße ich immer wieder auf neue Fälle von Symbiosen des Dienstes mit Journalisten in der Altbundesrepublik. Auf der anderen Seite stand häufig das Bemühen der Dienste, missliebige Journalisten zu diffamieren, auszuspähen und zu observieren. Ich habe es am eigenen Leibe erfahren und damit die Initialzündung für einen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags geliefert. In dessen Vorfeld hat es der BND 2005 noch einmal unternommen, meinen Kollegen Andreas Förster über einen Agenten aus Leipzig auszuforschen, nachdem ich mit Förster ans Tageslicht gebracht hatte, dass der BND mich von 1994 bis 1996 bespitzelt hatte. Die einhellige Verurteilung der rechtswidrigen Maßnahmen des BND gegen Journalisten über alle Bundestagsparteien hinweg in den Abschlussberichten hat dann dafür gesorgt, dass der Dienst seither – zumindest soweit man weiß – auf eine systematische Ausspähung von Medienvertretern verzichtet.“

Erich Schmidt-Eenboom

„Zur NS-Publizistik gehörten nämlich auch mehrere Medien des Außenministeriums und das von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels herausgegebene Edel-Magazin Das Reich. Und mit viel größeren Auflagen für das breite Publikum zudem die fünf von Goebbels lizensierten ‚Reichszeitungen‘, die sich schon vor 1933 für Hitler eingesetzt hatten: die damaligen bürgerlichen Qualitätsmedien Frankfurter Zeitung, Berliner Börsen-Zeitung, Kölnische Zeitung, Deutsche Allgemeine Zeitung und Neues Wiener Tageblatt. Sie wurden von den Nazis gefördert, um auf Dauer auch die ‚normalen‘ Bürger auf Linie zu halten. Diese Medien repräsentierten NS-Deutschland dann auch in den von der Wehrmacht besetzten Staaten; sie wurden dort mit Genehmigung von Goebbels und des Oberkommandos der Wehrmacht verkauft und erhöhten ihre Auflage damit noch weiter. Aus diesen Medien wurden die meisten der führenden Journalisten der nach 1945 lizenzierten Medien rekrutiert.“

Werner Rügemer

„In der Tat sind viele PR-Agenturen inzwischen übermächtig geworden und lenken als ein gewichtiger Akteur die Geschicke der Welt aus dem Hintergrund mit. Konkret beherrschen vier gigantische PR-Verbundsysteme die gesamte Welt von Werbung, Public Relations, Medien und Consulting. Im Grunde kann jeder sie für jeden denkbaren Zweck anheuern: einen Präsidenten stürzen, die blutige Niederschlagung eines Aufstandes aus den Medien heraushalten, einen von langer Hand beabsichtigten und geplanten Krieg endlich lostreten, indem man ihn auf manipulativste Art und Weise der Bevölkerung ‚schmackhaft‘ macht, und so weiter.“

Jörg Becker

„Die PR-Industrie missbraucht die Massenmedien bereits seit Jahrzehnten für ihre sehr spezifischen Eigeninteressen. Nach empirischen Studien von Barbara Baerns und René Grossenbacher kann als gesichert gelten, dass PR-Firmen, Pressestellen von Unternehmen und Lobbygruppen die Medienberichterstattung weitgehend bestimmen. Nahezu zwei Drittel aller in den Medien verbreiteten Meldungen sind nicht selbständig recherchiert, sondern stammen aus Pressestellen von privaten und öffentlichen Institutionen oder PR-Agenturen und werden den Redaktionen von sogenannten Medienservices als fertige Artikel ‚häppchengerecht‘ feilgeboten. 80 Prozent aller Nachrichten in den Medien stützen sich auf lediglich eine einzige Quelle, die sich bei weiteren Recherchen dann als eben jene Pressestelle entpuppt, die die Meldung in Umlauf gebracht hat.“

Jörg Becker

„Es ist nicht einfach, die vorgefertigten Textbausteine in Pressemitteilungen und aus Briefings nicht einfach nachzubeten. Das Wording ist darin meist schon vorgegeben, und das ist ganz entscheidend für die Wahrnehmung eines Sachverhalts. So können Sie einen Attentäter etwa als ‚Terroristen‘, ‚Fanatiker‘, ‚Spinner‘, ‚Rebellen‘ oder ‚Freiheitskämpfer‘ bezeichnen und werfen damit jedes Mal ein gänzlich anderes Licht auf ein und dieselbe Tat, auf ein und denselben Sachverhalt. So wird in der Syrien-Berichterstattung beispielsweise zu oft kritiklos die Bezeichnung ‚Rebell‘ übernommen, obwohl nicht ersichtlich ist, worin sich die Islamisten der Al-Nusra-Front von jenen des sogenannten Islamischen Staates unterscheiden sollen. Die vorgenommene Unterscheidung dient dem Interesse von NATO, USA, EU und anderen, das darin besteht, die Gegner Assads mit dem Begriff ‚Terrorist‘ zu verschonen. Das aber ist nichts anderes als durch die Anwendung doppelter Standards organisierte, reine Manipulation, denn in bestimmten anderen Ländern würde man bewaffnete Aufständische auch nicht als Bürgerrechtsaktivisten verharmlosen.“

Sabine Schiffer

„Objektiv und ‚von außen‘ betrachtet laufen Lücken und Lügen am Ende – also in ihrer Funktion, ihrer Wirkung – auf das Gleiche hinaus. Verschwiegene Information, unten gehaltene Information, künstlich hochgespielte Information, dominante Narrative und so weiter – das alles verzerrt die Wirklichkeit, trägt letztlich zu einem unwahren Bild bei.“

Ulrich Teusch

„Vielleicht sollten wir tatsächlich vom Vorwurf des Lügens zum Entscheidenden kommen. Nämlich dazu, dass die Presse für die Macht und die Mächtigen Partei ergreift und ihrem selbstgestellten Auftrag, als ‚vierte Gewalt‘ die drei anderen Gewalten zu kontrollieren und damit Demokratie erst zu ermöglichen, längst nicht mehr gerecht wird.“

Klaus-Jürgen Bruder

„Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von taz bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.“

Peter Scholl-Latour

„Massenmedien waren stets Teil des Spiels und also Sprachrohr für den vorherrschenden Konsens unter den Eliten. In aller Regel wirkten sie dabei als Brandbeschleuniger. Und wenn leitende Herren der Branche auch heute noch gerne ‚Objektivität‘, ‚Unabhängigkeit‘ und ‚Überparteilichkeit‘ als Ethos der Zunft proklamieren, dann lügen sie zwar nicht unmittelbar, zeigen aber ein erschreckendes Maß an Reflexionsunfähigkeit und sprechen der Realität mittelbar Hohn. Das ist nicht polemisch gemeint, sondern eine Beschreibung des gängigen Berufsprofils.“

Walter van Rossum

„Jeder Handtaschendieb hat einen Anspruch auf ein detailliertes Protokoll seiner Untat. Wenn es in den fast schon grotesken Wirren des Syrienkriegs zu einem Giftgasanschlag kommt, dann haben unsere Qualitätsjournalisten allerdings keinerlei Mühe damit, binnen Sekunden den Täter zu ermitteln und ein Urteil zu sprechen. Das ist billigster Erregungsjournalismus, der wahrhaft erschütternde Ausmaße angenommen hat.“

Walter van Rossum

„Der moderne Mensch hat inzwischen scheinbar gelernt, dass man ‚Ja‘ sagen muss zu all diesen Zwängen, dass man sich an ihre Spitze setzen muss, um sie ‚mit Überzeugung‘ ausführen zu können und so selbst weiterzukommen. Im Gegensatz zu früheren Herrschaftssystemen ist der bürgerliche Mensch inzwischen mit seiner eigenen Unterdrückung regelrecht identifiziert. Und dass der Journalismus dabei die letzte Bastion unkontrollierter Freiheit sein soll, nur weil das in irgendwelchen Gesetzen steht, mutet doch ziemlich phantastisch an.“

Walter van Rossum

„Die NATO hat nicht aus humanitären Gründen oder gar aus Altruismus in den Kosovo-Konflikt eingegriffen. Letzteres sollte offensichtlich sein, wurde jedoch von vielen Kriegsbefürwortern ausgeblendet. Doch auch die behaupteten humanitären Motive waren nicht zutreffend. Mitte April 1999 sagte der NATO-Oberkommandierende Wesley Clark gegenüber der BBC, man habe die Operationen nach den Weisungen der politischen Führung ausgeführt, sie seien nicht geplant gewesen als Mittel, die ethnischen Säuberungen aufzuhalten. Später hat Clark den wahren Grund für das Eingreifen genannt, indem er zugab, dass der Angriff ein entscheidender Präzedenzfall für das 21. Jahrhundert war: Die ‚Out-of-Area-Strategie‘, die Wandlung der NATO vom Verteidigungsbündnis zur globalen Interventionsmacht, war bereits in den frühen 1990er Jahren vorbereitet und rechtzeitig zum fünfzigsten Geburtstag des Bündnisses am 24. April 1999 umgesetzt worden.“

Kurt Gritsch

„Man kann natürlich auch dem Idealismus der ‚freien Presse‘ folgen. Das ist die Grundhaltung, die uns anerzogen worden ist. Sie macht jedoch keinen Sinn. Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse enden ja nicht auf wunderbare Weise an den Toren der Medienunternehmen und Rundfunkanstalten.“

David Goeßmann

„Darüber hinaus findet offensichtlich in Hintergrundkreisen, elitären Vereinen, Think Tanks, exklusiven Konferenzen und an anderen Orten vertraulicher Begegnung ein Abgleich der Perspektiven statt. Dieser lässt Journalisten oft zu Politiker-Verstehern werden, die die Fragen des Publikums nicht mehr stellen, die Rücksichten nehmen und sich für das Gelingen einer bestimmten Politik mitverantwortlich fühlen. Eine solche ‚Verantwortungsverschwörung‘, wie ich es zugespitzt nenne, sah man in jüngster Zeit bei Themen wie Ukraine und Russland, Griechenland und Schuldenkrise sowie bei der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘: Journalisten im Gleichklang mit der Regierung gemeinsam gegen Putin, Syriza, Pegida, oft ohne ernsthaft die Perspektiven und Interessen dieser Herausforderer unseres Establishments zu spiegeln und die Gültigkeit ihrer Argumente zu erörtern.“

Uwe Krüger

„Und dass es hierzulande eine Lügenpresse gibt, sollte spätestens nach Günter Wallraffs Recherchen bei der BILD-Zeitung allgemein bekannt sein. Diese Zeitung, die auflagenstärkste im Lande, steht nicht allein so hässlich auf grüner Flur. Denn ihre Tendenz ist die aller Blätter des Springer-Konzerns, und die publizistischen Interessen der zehn größten Pressekonzerne, denen weit mehr als die Hälfte aller Zeitungen, Zeitschriften und Kommerzsender in Deutschland gehören, unterscheiden sich, wenn überhaupt, auch nur gering voneinander.“

Eckart Spoo

„Wenn eine Gruppe von Medien wider besseres Wissen häufig unwahre Darstellungen veröffentlicht, wenn Texte auf Deutsch gesagt Lügen sind, dann ist der Begriff Lügenpresse auch angemessen. Wenn Medien sich zum Forum machen, auf dem Politiker oder andere Magnaten unwidersprochen Unwahrheiten verbreiten dürfen, obwohl bekannt ist, dass es sich um Unwahrheiten handelt, dann darf von Lügenpresse gesprochen werden.“

Volker Bräutigam

„Zeitungen werden eingestellt, Lokalredaktionen verschwinden, Jobs werden ausgelagert, und so weiter. Es gibt inzwischen ein Heer von sogenannten freien Journalisten, die ihre Dienste anbieten. Die wenigsten davon freiwillig, würde ich meinen. Folglich werden die angestellten Redakteurinnen und Redakteure erpressbar, die Tarifverträge verlieren an Wirkung. Jeder weiß: Wenn ich entlassen werde, finde ich kaum wieder eine vergleichbare Stelle. Wer wagt es da schon, gegen die politische Linie des Verlegers oder seines Chefredakteurs aufzumucken?“

Gert Hautsch

„Nur eine umfassend und wahrheitsgemäß informierte Gesellschaft ist in der Lage, demokratisch, bewusst und angemessen Entscheidungen über das tägliche Leben zu treffen. Von Propaganda beeinflusste Rezipienten werden hingegen zum Spielball diverser Interessen, die nur schwer zu durchschauen sind. Das fängt beim täglichen Verbraucherverhalten an und endet bei der Wahl einer politischen Partei. Dazwischen liegen manipulierte Zustimmungen zu militärischen Einsätzen, zu Massenüberwachung, undemokratischen Gesetzen, zu Kürzungen im Sozialbereich und unpopulären Eingriffen in Verbraucherrechte oder individuelle Lebensentwürfe.“

Maren Müller

„Mein Unmut über die Kritik an meiner Berichterstattung war auch deshalb so groß, weil ich mich schon länger in den Möglichkeiten beschnitten fühlte, als für die Afghanistanberichterstattung verantwortlicher Korrespondent das Scheitern des Westens und auch Deutschlands in Afghanistan aufzuzeigen. So wurde ich regelmäßig nach Bagdad geschickt, wenn ein Kollege aus Mainz in Afghanistan affirmative Berichte über den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch fertigte. Dass ich später vom deutschen Botschafter in Kabul erfuhr, mein Telefon sei in der fraglichen Zeit abgehört worden, und dass ich den Polizisten, der wegen der Verfolgungsjagd ausgezeichnet wurde, nicht interviewen durfte, bestätigte meine Einschätzung. Erst später erfuhr ich, dass ich im Auswärtigen Amt in Berlin als nicht vertrauenswürdig und damit als nicht zu unterstützender Journalist gewertet wurde.“

Ulrich Tilgner

„Das Auswärtige Amt, das neben dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundeskanzleramt die Hauptverantwortung für das deutsche Afghanistan-Desaster trägt, fördert vor allem Journalisten, die die Hintergründe des Scheiterns von Entwicklungspolitik aussparen, und zeichnet eher solche Kolleginnen und Kollegen aus, die geneigt sind, westlichen Interventionen positive Aspekte abzugewinnen.“

Ulrich Tilgner

„Die Vorwürfe von Buchautoren wie Albrecht Müller, Harald Schumann, Uwe Krüger, Ulrich Teusch, Walter van Rossum oder Uli Gellermann werden einfach ignoriert. Die von all diesen Kritikern angesprochenen Schmerzzonen bleiben tabuisiert: die Folgen der Rücksicht auf die Interessen der Medieneigentümer und Anzeigenkunden, der Mangel an Zeit und Geld für Recherchen und der Rückgriff auf PR-Agenturen, die Existenz ‚diskreter Fabriken der Desinformation‘ (Peter Scholl-Latour), die Disziplinierung durch Zeitverträge, der Zusammenhang von Karriere und Selbstzensur, die besseren Honorare für Beiträge, die den Mächtigen gefallen, Hofberichterstattung in Folge allzu enger Kontakte mit Politikern, der Mainstream als Parteinahme für die Elite, zu der man selbst gehört, die Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung, redaktionelle Vorgaben und Anpassungsdruck als Ursache für die Tendenz zu Selbstgleichschaltung, Meinungshomogenität durch Ausgrenzung allzu deutlicher Abweichler. Indem die selbsternannten Leitmedien bei ihrer Selbstreflexion diese Fragen weitgehend aussparen, belegen sie freiwillig den Hauptvorwurf gegen sie: Lügen durch Weglassen.“

Daniela Dahn

„Die großen Zeitungen, Privatsender und Internetplattformen sind Waren, die sich verkaufen und Werbekunden bei Laune halten müssen. Mindestens so große Gefahren wie durch die oben benannten Strukturen drohen von dieser Seite. ‚Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein‘, schrieb Karl Marx 1842 in der Rheinischen Zeitung. ‚Deine Freiheit ist nicht meine Freiheit, ruft die Presse dem Gewerbe zu.‘ Doch die Freiheit des Gewerbes hat gesiegt, Medien unterliegen der totalen Kommerzialisierung.“

Daniela Dahn

„Die kommenden Jahre werden es zeigen: Wird die »politische und wirtschaftliche Macht« gemäß Altschulls »Gesetz« die Kontrolle über die Nachrichten behalten – oder werden »unkontrollierte« Nachrichten das politische und ökonomische Machtgefüge verändern?“

Mit Gewinn zu lesen

Es ist den LeserInnen sehr zu empfehlen, das Buch vorurteilsfrei und aufmerksam zu lesen. Schon nach der Lektüre der ersten Seiten wird man feststellen, die Situation in welcher sich der Journalismus befindet sehr komplex ist. Und Jens Wernicke lässt uns erkennen wie vielfältig die Probleme und Fallstricke welchen sich Journalisten bei der täglichen Arbeit gegenübersehen sind. Das Buch – verspreche ich – ließt man Gewinn.

Jens Wernicke: „Eine ‚vierte Gewalt‘ gibt es nicht und gab es in diesem Sinne wohl noch nie“

In seinem Resümee (S. 338) macht uns Jens Wernicke darauf aufmerksam, dass der moderne Medienbetrieb auch insofern als desolat bezeichnet werden müsse, „weil ein Großteil der durch ihn verbreiteten Meldungen gar nicht mehr aus eigener Arbeit resultiert, sondern von PR-Firmen, Pressestellen großer Firmengruppen und Lobbygruppen übernommen wird: Zwei Drittel aller Meldungen, die in den Medien verbreitet werden, stammen heutzutage aus externen Quellen, und etwa 80 Prozent sämtlicher Nachrichten lassen sich auf eine einzige Quelle zurückführen“.

Jens Wernicke dürfte manche Illusion zerstören, wenn er erkennt, „die Mainstreammedien“ fielen „als Kontrollinstanz der Großen und Mächtigen weitesgehend aus“. Und sein Urteil fällt sogar noch einen Tacken härter aus: „Eine ‚vierte Gewalt‘ gibt es nicht und gab es in diesem Sinne wohl noch nie.“ Denn, schaue man sich die Fakten an, werde umso klarer, „dass nicht etwa die Medien im Sinne der Bevölkerung die Politik kontrollieren, sondern dass eine Clique aus Reichen und Mächtigen mittels der Medien die Bevölkerung – und somit auch die Politik kontrolliere. Wohl ganz in dem Sinne, wie es der „Urvater der Propaganda, Edward Bernays, bereits vor fast hundert Jahren, im Jahre 1928“ erkannt hatte (hier).

Daniela Dahn sieht in alternativen Medien eine Gegenöffentlichkeit, welche qualifiziert und so permanent gegenhalten, „dass diese Stimmen weder durch Diffamieren noch durch Ignorieren aus der Welt zu schaffen sind“

Auf die Frage, was wir tun könnten, was not täte, antwortet die Schriftstellerin und Publizistin Daniela Dahn als letzte im Reigen (S. 331) der für das Buch Wernickes befragten Persönlichkeiten: „Eigentlich müsste diese Art von Journalismus, der durch Weglassen und permanente Wiederholung unbewiesener Behauptungen verzerrt, als umstritten gelten. Das nötige Bewusstsein dafür wird sich nur durchsetzen, wenn alternative Medien – nicht zu verwechseln mit den sogenannten alternativen Fakten – gegenhalten. So qualifiziert und so permanent, dass diese Stimmen weder durch Diffamieren noch durch Ignorieren aus der Welt zu schaffen sind.“

Diesbezüglich sollten auch wir LeserInnen uns angesprochen fühlen. Schließlich steht es um den deutschen Journalismus nicht zum Besten. Wenngleich auch Ausnahmen die Regel bestätigen. Der nötige Wandel im Journalismus muss vehement eingefordert werden. Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen. Selbst wenn es beim Kampf von David gegen Goliath bleibt: Immer mehr Menschen stemmen sich in Foren und Briefen an Medien durchaus mit Sachverstand gegen Berichterstattungen, die ihnen eine Zumutung sind. Alle Meinungsäußerungen können nicht ewig abgeschaltet und somit verschwiegen werden. Die Zugriffe auf alternative und kritische Medien – wie etwa die NachDenkSeiten (denen übrigens Autor Wernicke in seinem Schlusswort „für viele Jahre guter und wichtiger Arbeit sowie Zusammenarbeit“ dankt) steigern sich.  Eckart Spoos Wunsch war es, dass sich die alternativen Medien zu einer breiten Gegenöffentlichkeit verbünden – zumindest aber vernetzen und eng zusammenarbeiten mögen.  Mediennutzer greift zu diesem Buch!

Lügen die Medien?

Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung.

von Jens Wernicke

Umfang: 360 Seiten

ISBN 978-3-86489-188-5; Ladenpreis: EUR (D) 18,00 / (A) 18,50

Jens WernickeFoto via Rubikon

Jens Wernicke, Jahrgang 1977, arbeitete lange als Gewerkschaftssekretär und in der Politik. Inzwischen ist er freier Journalist und Geschäftsführer der Initiative zur Demokratisierung der Meinungsbildung gGmbH, der Trägergesellschaft des „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“. Zuletzt erschien von ihm „Netzwerk der Macht – Bertelsmann. Der medial-politische Komplex aus Gütersloh“ im BdWi-Verlag. In 2017 erscheinen von ihm „Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung“ im Westend-Verlag sowie „Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ als Mitherausgeber im Promedia-Verlag.

Quelle Video: KenFM/YouTube

Kenntnisreich und fesselnd geschrieben: Dr. Michael Lüders „Wer den Wind sät“

Buchcover via CH Beck Verlag.

Buchcover via CH Beck Verlag.

Wir als Menschen werden und können nie alles wissen. Aber wir können uns immerhin schlau machen. Also uns informieren. Dann kämen wir beispielsweise – nehmen wir Hochaktuelles – relativ schnell darauf, warum derzeit so viele Flüchtlinge auf dem Weg zu uns oder in andere westeuropäische Länder sind. Die „besorgten Bürger“ einmal ausgenommen. Die sehen ja offenbar nur die Flüchtlinge auf uns zukommen. Die Ursachen nehmen sie nicht in den Blick. Und wenn sie es denn täten, akzeptierten sie es nicht: ihr Weltbild bekäme wohl Risse …

Bei Wikipedia steht zu lesen: „In seinem berühmten Text, der Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? von 1784 schreibt Kant:

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“[1]

Kenntnisreich und fesselnd geschrieben

Gesetzt den Fall, wir strebten an, uns aus unserer selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien, rate ich, sich der Leitung von Dr. Michael Lüders anzuvertrauen. Respektive unbedingt zur Lektüre seines neuesten Buches „Wer den Wind sät – Was westliche Politik im Orient anrichtet“ zu greifen.

Ob dieses hochinteressante, fesselnd geschriebene und zu kenntnisreichen Informationen verhelfende Sachbuch vom US-amerikanischen Politologen Andrew B. Denison (Transatlantic Networks) gelesen worden ist, scheint zumindest fraglich. Denn Denison bügelte in der gestrigen Phoenix-Runde Kritik an dem Vorgehen seines Landes im arabischen Raum gewissermaßen als die ewige Leier eines Antiamerikanismus ab. Läse Denison aber Lüders Buch, verstünde er welche Verantwortung die Politik seines Landes für die Destabilisierung der Welt und speziell im Nahen und Mittleren Osten trägt. Aber zugeben täte er es wohl gleich den „besorgten Bürgern“ nicht. Stichwort: eigenes Weltbild, dass im Sinne des Amerikanischen Imperiums zusammen gedacht ist.

Sündenfall Mossadegh

Immerhin können wir nach Lektüre des Buches von Lüders Mister Denison soweit beruhigen: Die USA sind nun nicht an allem Unheil in der Welt (allein) schuld. Sondern wie im Falle des Sturzes der ersten demokratischen Regierung des Iran in 1950er Jahren unter Premier Mossadegh war es Großbritannien – dessen Ölfirmen von Mossadegh verstaatlicht worden waren – das dabei voranschritt, erst später beim schmutzigen Komplott eingestiegen. Der Sündenfall nach 1945!

Inzwischen zugängliche CIA Dokumente – Dr. Lüders hat sie eingesehen-, belegen, wie der Sturz Mossadeghs durch Großbritannien und die USA geplant wurde.

In der Sendung „Titel Thesen Temperamente“ sagte Dr. Michael Lüders kürzlich über Mossadegh: „Er war ein Bewunderer gerade der amerikanischen Demokratie“, namentlich von Abraham Lincoln. Das alles nützte ihm aber nichts, denn es galt als unbotmäßig, dass ein Staatschef in einem Land der Dritten Welt sich anmaßte, gegen westliche Wirtschaftsinteressen politisch vorzugehen.“

Herr, die Not ist groß!/Die ich rief, die Geister/werd ich nun nicht los“

Lüders skizziert samt wichtigen Hintergründen 60 Jahre westliche Politik und deren teils schwerwiegenden Fehler. Heraus kommt u.a., dass die Entstehung der Taliban (via vorausgehender US-amerikanischer Unterstützung der Mudschaheddin ) in Afghanistan, von Al Quaida bis hin zur Entstehung des Islamischen Staates ohne eine unmittelbare Täterschaft (bzw. ein Gewährenlassen) ohne US-amerikanische Politik nicht möglich gewesen wäre. Diktatoren , mit denen die USA zuvor bestens und zwar nach dem Motto „Er mag ja ein Hurensohn sein, aber er ist unser Hurensohn“ zusammengearbeitet hätten. würden von Washington immer erst dann ins Visier genommen, wenn sie nicht mehr nach dem Willen und den Interessen Washingtons tanzen wollten. Dann bezeichne man sie als die „Bösen“ – ja sie bekämen das vernichtende Prädikat „Hitler“ verpasst. Dann kommen die USA, um Demokratie zu bringen. Meist fehle der Plan, wie es nach dem Regimewechsel weitergehen solle. Alles erinnert dann immer an eine Stelle in Goethes „Zauberlehrling“: Herr, die Not ist groß!/Die ich rief, die Geister/werd ich nun nicht los.“

Nicht nur Blechschäden

Das alles sind keine bloßen Ausrutscher mit Blechschäden. Nebenbei bemerkt sind die USA laut einer Studie, auf welche der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser einmal hinwies, höchstwahrscheinlich für den Tot von 20 bis 30 Millionen Menschen durch Kriege und Konflikte in der ganzen Welt verantwortlich.

Und die blutige Spur westlicher Politik, auch EU-Politik begleitet von Menschenrechtsheuchelei und dem Gerede von hehren Werten zieht sich bis hin zu den Ereignissen in der Ukraine.

Büchse der Pandora geöffnet

Dem ARD-Kulturmagazin „ttt“ sagte Lüders: „Einer der größten Fehler, die die Amerikaner gemacht haben nach dem Sturz von Saddam Hussein, war, dass sie die Armee aufgelöst haben, die Geheimdienste und die Baath Partei von Saddam Hussein. Damit waren über Nacht Hunderttausende Sunniten arbeitslos, die dann in den Untergrund gegangen sind und sich heute den Reihen des Islamischen Staates wiederfinden. Man hat gewissermaßen die Büchse der Pandora geöffnet, und jetzt ist man nicht mehr in der Lage, diese Geister, die man da gerufen hat, wieder kontrollieren zu können.“

Lesen!

Wo wir wieder bei den zu uns strömenden Flüchtlingen wären. Aufgemerkt? Mehr sei hier nicht verraten. Lesen! Dieses Sachbuch von Dr. Michael Lüders möchte ich unbedingt zur Lektüre empfehlen. Jedenfalls denen, die frei nach Immanuel Kant den Ausgang aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit suchen. Damit sind gewiss nicht alles Probleme gelöst – wie auch?! – aber die Leserinnen und Leser wissen zumindest woher sie rühren. Das ist nicht nichts. Im Gegenteil. Es ertüchtigt womöglich auch zu eigenem Handeln.

http://www.youtube.com/watch?v=syygOaRlwNE

Zwecks Einstimmung auf das Buch empfehle ich zusätzlich ein Video mit einer Aufzeichnung eines Vortrags von Michael Lüders über sein Buch an der Deutsch-Amerikanischen Akademie in Heidelberg (via SWR-Teleakademie).

Berlin: Dr. Daniele Ganser hält Vortrag zum Thema Regime Change in der Ukraine

http://www.youtube.com/watch?v=PH3FnTXqGCw

Veranstaltungstipp für Berlin!  Der Schweizer Friedensforscher Dr. Daniele Ganser ist am Sonntag den 10. Mai zu Gast in Berlin und hält einen Vortrag zum Thema Regime Change in der Ukraine

Soeben erreichte mich eine PRESSEMITTEILUNG von gestern mit Hinweis auf einen gewiss interessanten Vortrag des Schweizer Historikers und Friedensforschers Dr. Daniele Ganser:

Free21 „Credible news mounted on paper“ präsentiert:

 

Regierungen werden abgewählt oder gestürzt. Was auf den ersten Blick wie „gelebte Demokratie“ erscheint, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung jedoch oft als von anderen Staaten und deren Geheimdiensten forcierter Regime Change, der auf die bessere Durchsetzbarkeit eigener außen- und geopolitischer Interessen abzielt.

Besonders eindrücklich lässt sich diese Strategie anhand der Ereignisse und jüngsten Entwicklungen in der Ukraine hinterfragen und analysieren. Begann die Destabilisierung dieses Landes bereits lange vor der Majdan-Revolte?

 

Zuvor hatten die USA – wie die EU-Beauftragte der US-Regierung, Victoria Nuland, im Dezember 2013 erklärte – bereits mehr als fünf Milliarden Dollar in den gewünschten Staatsstreich investiert und wurde der Oppositionelle Witali Klitschko, der die Eskalation vor Ort massiv befeuerte, von der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung überhaupt erst aufgebaut.

 

Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser zeichnet die Geschehnisse nach und kontextualisiert sie anhand früherer Ereignisse in Iran, Kuba, Chile etc. Er prüft dabei die Aussage des ehemaligen CIA-Mitarbeiters Ray McGovern, der öffentlich bekundete, es handele sich in der Ukraine um einen vom Westen gesponserten Putsch, auf ihren Wahrheitsgehalt.

 

Die „Geschehnisse hinter den Geschehnissen“ aufzudecken und zu verstehen, ist auch deshalb von immenser Wichtigkeit, weil der Krieg in der Ukraine inzwischen eine globale Gewaltspirale in Gang gesetzt hat, die einen Krieg zwischen Russland und der NATO zunehmend denkbar erscheinen lässt.

Daniele Ganser (Dr. phil.) ist Schweizer Historiker, spezialisiert auf Zeitgeschichte seit 1945 und Internationale Politik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Friedensforschung, Geostrategie, verdeckte Kriegsführung, Ressourcenkämpfe und Wirtschaftspolitik. Er unterrichtet an der Universität St. Gallen (HSG) zur Geschichte und Zukunft von Energiesystemen und an der Universität Basel im Nachdiplomstudium Konfliktanalysen zum globalen Kampf ums Erdöl. Er leitet das Swiss Institute for Peace and Energy Research (SIPER) in Basel.

Anbei das Interview, das RT Deutsch mit Daniele Ganser in Berlin führte:

http://www.youtube.com/watch?v=KzrJ1OGMiAU

Mehr Info: Free21 / Daniele Ganser

Der Eintritt beträgt 10 € – Karten gibt es über den Online VVK des Babylon Kino oder an der Abendkasse  in der Rosa Luxemburgstr. 30

Information (vom 11.Mai) : In Kürze wird ein Beitrag von KenFM über den  Vortrag von Dr. Daniele Ganser im Berliner Babylon veröffentlicht. Demnächst darüber mehr hier auf meinem Blog.

Hier nochmals  ein Beitrag von mir zu Free21.