#AlleFuersKlima: 12.000 Menschen – Alt und Jung – demonstrierten in Dortmund für Klimagerechtigkeit

12.000 Menschen für Klimagerechtigkeit auf dem Dortmunder Friedensplatz. Fotos: C. Stille

Global gingen am gestrigen Freitag Millionen Menschen in einen Klimastreik. In Dortmund setzten Jung und Alt ein grandioses Zeichen für den Klimaschutz. Nach Angaben von „Fridays for Future“ Dortmund nahmen 12.000, nach Polizeiangaben 9.000 Menschen, an der beeindruckenden Veranstaltung auf dem Friedensplatz und in der Innenstadt teil. Vom Friedensplatz aus starteten zwei Blöcke in zwei verschiedene Richtungen zu einem Marsch ins Zentrum. Der Kinderblock verblieb auf dem Friedensplatz. Unterwegs gab es verschiedene Aktionen. So bildete sich beim Zusammentreffen der beiden Blöcke in Höhe Reinoldikirche/Kleppingstraße eine gigantische Menschenkette um den halben Wall und es gab einen Sitzstreik. Gefordert wurden nachhaltige Maßnahmen für den Klimaschutz. Das am selben Tag von der Bundesregierung beschlossene Klimapaket, hieß es, sei völlig mutlos und zeige, dass es künftig noch mehr Druck von der Fridays-For-Future-Bewegung auf die Politik brauche.

Auftakt für den Klimastreik war ein ökumenisches Gebet vor St. Reinoldi

Präses Annette Kurschus nannte das Gebet: „Ein starkes Zeichen!“ Mit gemeinsamem Gebet gaben die christlichen Kirchen in Dortmund am Freitag

20.09.2019 Dortmund City – Friday for future Aktion in Dortmund – Christians for future mit Praeses Kurschuss vor der Reinoldikirche – Christen – Kirchen Copyright Stephan Schuetze

den Auftakt zu den Aktionen des ‚Klimastreiks‘. Vor der Stadtkirche St. Reinoldi trafen sich mehrere hundert Christinnen und Christen zum ‚An-Denken‘ und Innehalten, bevor auch sie zum Friedensplatz zogen, um gemeinsam mit mehreren tausend Dortmunderinnen und Dortmundern für Klimaschutz und Klimagerechtigkeit zu demonstrieren. Dort, vor dem Dortmunder Rathaus, begann anschließend die zentrale Kundgebung zum ‚Klimastreik‘, zu der die Bewegung ‚Fridays for Future‘ aufgerufen hatte. Mit dabei bei Gebet und Demonstration war die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dr. Annette Kurschus. Vor St. Reinoldi appellierte sie eindringlich an die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft, jetzt Verantwortung für die Lebensgrundlagen kommender Generationen zu übernehmen und wirksame Entscheidungen für den Klimaschutz zu treffen. Gemeinsam mit Präses Kurschus gestalteten die evangelischen Pfarrer/innen Friedrich Stiller (Umweltbeauftragter des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund), Sandra und Friedrich Laker (Ev. Lydiagemeinde/Pauluskirche, ‚Christians for Future‘) sowie der stellvertretende katholische Stadtdechant Ansgar Schocke den ökumenischen Auftakt vor St. Reinoldi. Ein Bläserkreis unterstützte die gemeinsame Aktion musikalisch. Er spielte Lieder, in die die spontane Gemeinde vor St. Reinoldi einstimmte. Der Evangelische Kirchenkreis Dortmund hatte wie auch die Katholische Stadtkirche zur Teilnahme am Klimastreik und zur Unterstützung der Anliegen von

Die Band Waveland Gang sorgte für Stimmung.

‚Fridays for Future‘ aufgerufen.

Moderatorin Lena Kah.

12.000 TeilnehmerInnen auf dem Friedensplatz. Die goldene Kugel der Friedenssäule blitzte in der Sonne

Bei bestem Wetter füllte sich gegen 12 Uhr der Friedensplatz rasch mit Menschen. 12.000 Teilnehmer auf dem Platz! Bald war das Pflaster nicht mehr zu sehen. Die Friedenssäule mit ihrer goldenen Kugel auf dem Schaft ragte aus der gigantischen Menschenmenge und blitzte in der Sonne. Jung und Alt war vertreten. Darunter Aktivisten von „Fridays for Future“, „Parents 4 Future“ und „Scientists for Future“, sowie GewerkschafterInnen und am Thema Klimaschutz interessierte BürgerInnen.

Die Band „Waveland Gang“ sorgte mit heißen Rhythmen für eine zünftige Einstimmung.

Moderatorin Lena Kah begrüßte die Menschen und informierte über den Ablauf.

Aktivistin Emily wagte einen Ausblick auf den 20.9.2040

Aktivistin Emily.

„An diesen Tag vor 21 Jahren war der Globale Klimastreik“, begann Emily. „An diesem Tag kamen tausende Menschen zusammen. Jung und Alt. Um für ihre Zukunft zu kämpfen. An diesem Tag wurde vielen Menschen die Augen geöffnet. Es gab Veränderungen. Wenn auch langsam. Die Politik hat endlich die Lösung umgesetzt – zumindest fingen sie an. Wir haben die meisten Ziele bis 2030 umgesetzt. Aber was wäre, wenn nicht?“

Jeder Einzelne, könne etwas machen, gab Emily zu bedenken, jeder Einzelne den Planeten retten.

Michaela von „Parents 4 Future“: Nicht vor den Interessen der Konzerne in Schockstarre verfallen

Michaela von „Parents 4 Future“, Mitorganisatorin der Veranstaltung, forderte vehement: „Wir dürfen nicht vor den Interessen der Konzerne in Schockstarre verfallen. Wir müssen alle aktiv werden! Zeigt entschlossen, dass ihr

Michaela von „Parents4Future“.

Veränderung einfordern wollt. Sie lobte, dass kürzlich 12.000 FahrradfahrerInnen zur Automobilausstellung in Frankfurt a.M. die Autobahn blockiert hätten. Und 20.000 Menschen hätten für Klimaschutz auf den Straßen demonstriert. Solche Aktionen, so Michaela, brauche es mehr.

Gigantische Menschenkette von Osten- bis Westentor über den Westenhellweg

Die Veranstaltung war nahezu perfekt organisiert. Kinder und Menschen mit körperlichen Einschränkungen blieben auf dem Friedensplatz, während sich die beeindruckende Menschenmenge auf den Weg in die Innenstadt machte. Unterwegs artikulierten die DemonstrantInnen in den beiden „Demo-Fingern“ laut und unmissverständlich ihre Anliegen. Verdutzt stehenbleibenden PassantInnen rief man zu: „Bürger lasst das Glotzen, reiht euch in die Demo ein!“ Vereinzelt geschah das tatsächlich, während andere kopfschüttelnd dem Demozug nachschauten.

Die beiden „Demo-Finger“ berührten sich schließlich in Höhe der Reinoldikirche/Kleppingstraße auf dem Westenhellweg. Der war nahezu dicht. Es wurde eine gigantische Menschenkette gebildet. Sie reichte von Osten- bis Westentor und von Westen- bis Ostentor über die Einkaufsmeile Westenhellweg. Stauende PassantInnen wuselten um die Menschenkette herum.

Auf dem Westenhellweg bildete sich eine Menschenkette. Künstler Leo Lebendig (mit Hut) ist auch dabei.

Die jungen Leute, zu denen sich begeistert ein Herr mit seinem Rollstuhl und auch der Dortmunder Künstler Leo Lebendig gesellt hatten, hüpften auf der Stelle und skandierten: „Wer nicht hüpft, ist eine Kohle!“, „RWE weg, in den Dreck!“, ,Hambi, Hambi – bleibt, bleibt!“ und sangen, „Armin Laschet, Armin Laschet, schläfst du noch, schläfst du noch?“

Am Rande nahm Dietmar Köster (MdEP, SPD) den entschlossenen Sitzstreik der „Fridays“ offensichtlich wohlwollend in Augenschein.

Wieder zurück auf dem Friedensplatz

Alles verlief friedlich. Die den Demozug begleitenden PolizistInnen hatten nichts zu tun.

Nach den Aktionen der DemonstrantInnen auf dem Westenhellweg fügte sich die Menschenkette zu einem mächtigen Pulk zusammen, der die Kleppingstraße hinauf strebte und sich wieder auf den dann bald wieder pickepacke vollen Friedensplatz verteilte. Abermals spielte eine junge Band zackige Musik, die Jung und Alt zum Wippen und Tanzen animierte.

Wir fordern, dass ernsthaft über Klimaschutz landesweit – auch in Dortmund natürlich – gesprochen wird!“

In weiteren Redebeiträgen wurde kritisiert, dass die Stadt Dortmund ihre sich selbst für 2020 gestellten Klimaziele nicht erreichen würden, wie

Auf dem Westenhellweg.

verkündet worden sei. Das sei kein ehrlicher Umgang mit Klimaschutz: „Wir fordern, dass ernsthaft über Klimaschutz landesweit – auch in Dortmund natürlich – gesprochen wird!“ Man erwarte, dass Unternehmen und Politiker gewissenhaft und mutig endlich in den Klimaschutz einsteigen. „Glaubten die Unternehmer und Politiker, wir lassen uns so einfach abspeisen?“ Politiker nähmen mittlerweile wohl das Wort „Klimaschutz“ in den Mund. Aber nur aus Angst, nicht wiedergewählt zu werden. Und die Unternehmen hätten Angst, dass ihnen die Konsumenten weglaufen. „Nutzt eure Macht, als BürgerInnen dieser Stadt, um Position zu beziehen! Nutzt eure Macht als Konsumenten, euch bewusst für Produkte oder gegen bestimmte Produkte zu entscheiden.

Eine Ansage an die Unternehmen und die Politik in diesem Land und in Dortmund von der Bühne auf dem Friedensplatz herab: „Wir werden es nicht hinnehmen, dass Sie unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder für wirtschaftliche Interessen verkaufen. Wir werden weiter an der Seite von „Fridays-For-Future“ stehen, bis unsere Zukunft gesichert ist.“

Klimawandel auch Grund dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen

Aktivist Uwe von der Seebrücke Dortmund legte plausibel dar, inwieweit die Folgen des Klimawandels zum Grund dafür wird, dass Menschen ihre Heimat verließen.

Jan von der Gewerkschaft ver.di: AktivistInnen und ArbeiternehmerInnen sollten Seite an Seite für mehr Klimaschutz demonstrieren

Vertrauensmann Jan von der Gewerkschaft ver.di meinte, dass, „wenn man momentan politische Debatten verfolgt und das unsägliche Lavieren der Bundesregierung“ zeige sich da deutlich, dass es weiterhin notwendig ist, die Dringlichkeit des Themas Klimaschutz zu unterstreichen und weiter für Klimagerechtigkeit auf die Straße zu gehen.“ Er glaube, dass dafür die Gewerkschaften mit ihren mehreren Millionen Mitgliedern der perfekte Bündnispartner seien.

Er appellierte an die Aktivistinnen und ArbeitnehmerInnen, sie dürften sich nicht spalten lassen, sondern sollten Seite an Seite stehen, um gemeinsam für mehr Klimaschutz zu demonstrieren „und vor allem zu streiken“. In der Geschichte gebe es unzählige Beispiele, „dass streikende Arbeiterinnen und Arbeiter die Verhältnisse ins Wanken bringen und massive Fortschritte erkämpfen konnten“. Der „heutige Tag“ solle als Stein des Anstoßes genommen

Das Orgateam hatte sich Applaus verdient.

werden, um derartige Prozesse wieder in Ganz zu setzen.

Friday-For-Future“: 1,4 Millionen Menschen waren gestern mit uns auf der Straße – Klimapaket der Bundesregierung mutlos und enttäuschend

„Fridays-For-Future“ teilte der Presse mit: „In Deutschland waren wir heute an über 600 Orten vertreten. Mehr als 1,4 Millionen Menschen waren mit uns auf der Straße – damit ist der Druck aus der Bevölkerung in beispiellosen Maßen gewachsen. Der heutige Tag hat gezeigt, wie viel weiter die Gesellschaft beim Klimaschutz im Vergleich zur Bundesregierung ist.

Während der Proteste hat die Bundesregierung ihr Klimapaket vorgestellt. Wir hatten minimale Erwartungen und wurden trotzdem noch enttäuscht. Wir sind fassungslos, wie vehement die Regierung vor so dringend notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zurückschreckt. Das kann nicht die Antwort auf neun Monate Klimastreiks und auf den Weckruf von über 26.000 Scientists For Future sein. Die Mutlosigkeit der Bundesregierung wirft die Frage auf, inwieweit die notwendigen Klimamaßnahmen in dieser Regierung noch möglich sind.

Angesichts des gigantischen Politikversagens des heutigen Tages, setzen wir einerseits auf die Bevölkerung, weiterhin mit uns den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Andererseits erwarten wir, dass diese Koalition in aller Ernsthaftigkeit ihre eigene Handlungsfähigkeit hinterfragt.

Die verkündeten Maßnahmen kommen viel zu spät und ihre Wirkung ist nicht im Ansatz weitreichend genug. Der CO2-Preis wird in den nächsten zwei Jahren nicht greifen und fängt dann auf einem lächerlich niedrigen Niveau an. Auch sonst wurden die großen Treiber der Klimakrise in diesem Land wie die Kohleverstromung schlichtweg ignoriert. Mit dieser Absichtserklärung werden wir den deutschen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen niemals erfüllen. Die politischen Entscheidungen des heutigen Tages sind eine Bankrotterklärung der Bundesregierung – es ist fraglich, welche Botschaften Kanzlerin Angela Merkel nächste Woche auf dem Climate Action Summit in New York zu verkünden gedenkt.“

Fazit

Gestärkt von diesem unglaublich beeindruckendem Klimastreik gingen an diesem Freitag 12.000 Menschen emotional angefasst und voller Hoffnung in den künftigen Erfolg ihres weitergehenden Kampfes für Klimagerechtigkeit in Dortmund ins Wochenende. Enttäuscht merkten die KlimaaktivistInnen an diesem sonnigen Freitag auf dem Friedensplatz zum Schluss nur eines an: Hatte es zunächst geheißen, die VeranstaltungsteilnehmerInnen könnten die Toiletten des nahen Stadthauses nutzen und dort auch ihre Wasserflaschen auffüllen; fanden sie diese dann leider verschlossen vor.

Hinweis: Ein kurzer Film von und via Karsten Wickern auf Twitter fasst den Klimastreik in Dortmund kurz zusammen.

Dortmund: „LickLike-Festival“ am kommenden Sonntag gleich nach dem 1. Klimadialog am Samstag in der Pauluskirche

KünstlerInnen und VeranstalterInnen des LickLike-Festivals: Johannes, Stephan Schwab, Viola Welker, Anna Hauke und Nic Koray (oben v.l.) und unten: Hans Lantzsch,Friedrich Laker und Sabine Laker. Foto: C. Stille

Im Rahmen der Internationalen Woche in Dortmund (29. Juni bis 07. Juli 2019) wird am 7. Juli in und um die Pauluskirche ein Musikfestival mit Kultur- und Kunstmarkt stattfinden. Pfarrer Friedrich Laker wies während eines Pressegespräch daraufhin, dass mit dem LICKLIKE-Sommerfestival erstmals der kürzlich gegründete Verein KULTUR UND LEBEN e.V. öffentlich in Erscheinung tritt.

Das „LickLike-Festival“ hat bereits im vergangenen Jahr stattgefunden, wie Organisator Ulf Schrader erwähnte. LICKLIKE ist eine eigene Wortkreation die sich zusammensetzt aus dem
Wort Lick = ein sich wiederholendes Thema in der Musik und Like = Mögen.

Das Festival möchte Kultur und Leben zusammenbringen. Hochkarätige Musiker und Künstler sind avisiert

Das Festival präsentiert eine Mischung aus Welten, Singer und Songwriter in Verbindung mit Bildender Kunst, Bildung, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Antifaschismus. Im Sinne des eben gegründeten Vereins solle Kultur und Leben zusammengebracht werden. Was sich auch einem Kulturmarkt widerspiegeln wird. Neben kreativen Angeboten ist im Kirchgarten der Pauluskirche auch für Speis‘ und Trank‘ gesorgt. Tolle KünstlerInnen mit sehr unterschiedlichen ausgefallenen Projekten hätten sich angemeldet, fand Ulf Schrader. Zu sehen werden seien Grafiken, Malerei und Aktionskunst wird zu erleben sein. Durchaus auch provokativer Art. Sabine und Friedrich Laker sind als Leiter der Kulturkirche engagiert. Leute, die sich auf dem Markt vorstellen tun das auf eigene Kosten. Auch die Künstler. Die Stadt hat dem Festival

Die Kirchturmspitze der Pauluskirche vom Kirchgarten aus gesehen.

dieses Jahr gerade einmal 4000 Euro zugeschossen. Der Integrationsrat der Stadt Dortmund unterstützt das Festival. Man mache also, sagte Ulf Schrader, Benefiz. Spenden an den Verein KULTUR UND LEBEN sind deshalb erwünscht. In erster Linie gehe es bei diesem Festival freilich um Begegnung und Dialog. Und dabei vorrangig um gesellschaftliche Fragen. KULTUR UND LEBEN als unabhängiger neutraler Verein – auch von der Kirche unabhängig – könne nicht nur beim „LickLike-Festival“ unterstützend tätig werden, da er in der Lage sein wird Förderanträge zu stellen.

Ulf Schrader freue sich auf „hochkarätige Musiker und Künstler“.

Vorgesehen ist, dass das Programm abwechselnd in der Pauluskirche und im Kirchgarten stattfindet.

Anna Hauke will mit ihrer Kunst gegen Tabuisierungen und Schamgefühl angehen

Beim Pressegespräch anwesend war die Künstlerin Anna Hauke, die sich interdisziplinärer Kunst – zwischen Performance, Aktionskunst und Zeichnungen – verschrieben hat. Die Künstlerin hat beispielsweise Plastiken gemacht – eigentlich Seifen, die jedoch aufgrund der Kosmetikverordnung nicht als Seifen gelten dürfen. Sie sind als Abdrücke weiblicher Geschlechtsteile, Vulven, von verschiedenen Frauen entstanden. Anna Hauke hat sie silikoniert, eine Form gefertigt und daraus handgesiedete Seifen gemacht. Die Objekte werden auf dem „LickLike-Festival“ zu erwerben sein. Als Seife wären sie benutzbar. Der Künstlerin ging es bei diesem Projekt darum etwas Tabuisierung und Schamgefühlen etwas entgegenzusetzen. Der

Hintergrund: Anna Hauke ist im streng katholischen Polen aufgewachsen, wo alles was mit Geschlecht und Körper zu tun hat sozusagen ein No-Go ist. Hauke fand das eine tolle Möglichkeit sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen: „Noch dazu sieht es gut aus.“ Und sie duften wunderbar. Es gibt die Plastiken mit Kräuterduft und der Geruchsrichtung Lavendel, Jasmin und Patschuli.

Stephan Schwabs Fotografie und die Spaßagentur „Bureau Hütchen“

Mit dabei am 7. Juli wird auch Stephan Schwab (Fotografie) mit einer Serie von Blumenbuketts sowie zusammen mit einem Kumpel Boris Bromberg, der Illustrator ist, als „Bureau Hütchen“ (Spaßagentur) vertreten sein.

Rentner um Unruhestand Hans Lantzsch wird die Höhepunkte des Festivals im Bild festhalten

Der Rentner im Unruhestand, Hans Lantzsch, früher Prokurist, kam schon während seiner Berufstätigkeit über Prof. Mandel zur Fotografie, die für ihn mehr als ein Hobby geworden ist. Auch Lantsch wird auf dem Festival vertreten sein und es dessen Höhepunkte im Bild festhalten.

Nic Coray sorgt im Duo und mit Band für musikalische Höhepunkte und bringt Menschen im Kirchgarten Achtsamkeit mit der Natur nahe

Auch Nic Coray stellte sich während des Pressegesprächs vor. Sie kommt aus Herdecke vom Hof HerzbergHerdecke, wo sie Tiergestützte Intervention und Umweltpädagogik anbietet. Auf dem „LickLike-Festival wird sie als Nic Coray (Duo) das Festival musikalisch eröffnen. Am Ende der Veranstaltung wird sie zusammen mit der fünfköpfigen NIC KORAY Band das reichhaltige Programm an diesem Sonntag musikalisch ausklingen lassen. Zwischendurch ist Nic Coray im Kirchgarten mit ihrem Stand vertreten. Dort wird sie den Menschen Umweltpädagogik, Achtsamkeit mit der Natur nahebringen und darlegen, was es heißt Nutztiere auf Augenhöhe zu begegnen.

Grafiken, Malereien, Illustrationen und Skulpturen stellt Künstlerin Viola Welker aus

Die Dortmunder bildende Künstlerin Viola Welker, die nebenbei anmerkte – als Anspielung auf Anna Haukes Seifen-Vulven – auch Bilder mit Phallussymbolen (als Fruchtbarkeitsbäume) vorweisen zu können, wird wahrscheinlich mit Grafiken, Malereien, Illustrationen und Skulpturen auf dem Festival am kommenden Sonntag vertreten sein.

Verein KULTUR UND LEBEN möchte die bereits bestehende Vernetzung zwischen Künstlern und Kooperationspartner in Dortmund in breiter Form fortsetzen

Friedrich Laker hob hervor, dass der nichtkirchliche Verein weit in die Zukunft ausgerichtete KULTUR UND LEBEN die schon bestehende gute Vernetzung zwischen Künstlern ganz unterschiedlicher Sparten sowie Kooperationspartnern in der Stadt fördern und damit in „einer breiten Form“ fortsetzen wolle. Dazu gehöre auch Ausstellungen in der Kirche zu präsentieren. Natürlich werde man auch den Erhalt der Pauluskirche als Gebäude (nur ein Förderungsziel des Vereins) im Auge haben. Um dieses als „wichtigen kulturellen und gesellschaftlichen Ort über religiöse Zwecke hinaus“ zu erhalten. Was nicht zuletzt eine Überlebensfrage als Gemeinde sei. Der Verein wolle sich aber auf ganz Dortmund beziehen. Insofern könnten sich

In der Dortmunder Pauluskirche. Foto: C. Stille

KünstlerInnen, die Unterstützung benötigen, an den Verein wenden.

Einen Tag vor dem LickLike-Sommerfestival dazu gut passend: der „1. Klimadialog“ in Dortmund

Dass nun zufällig der „1. Klimadialog“ unter dem Motto „Zukunft ist für alle!“ am 6. Juli – einen Tag vor dem „LickLike-Festival“ – stattfinde, passe sehr gut zu dessen Sinn und Zweck, meinte Pfarrer Friedrich Laker.

Das „LickLike-Festival“ beschließt erstes Halbjahr. Mit dem Musikfestival HALLELUYEH 2019 geht es dann ins zweite Halbjahr 2019

Beim LickLike-Sommerfestival solle auch kräftig gefeiert werden, so wünscht es sich Ulf Schrader. Gleichzeitig wird dieser Termin das Ende des ersten Halbjahres in Sachen Pauluskirche und Kultur quasi einläuten.

Nach den Sommerferien dann geht es in der Pauluskirche wiederum mit einem Musikfestival namens HALLELUYEH 2019 im Rahmen des Hafenspaziergang mit acht Bands hinein ins zweite Halbjahr.

LICKLIKE – Sommerfestival im Rahmen der Internationalen Woche

Singer/Songwriter International

12.00 Uhr: Eröffnung im Kirchgarten
Der kleine Kulturmarkt bietet, neben Speis‘ und Trank‘, interessante
kreative Angebote.
Wechselndes Programm (Pauluskirche/Kirchgarten)

13.00 Uhr: Musikalische Eröffnung mit NIC KORAY (Duo). Die Singer/
Songwriterin ist unterwegs mit Ihrer Gitarre und einem Koffer voller
Songs.

13.30 Uhr: LILOU Indie-Pop. LILOU erzählt berührende Geschichten mit
stimmungsvollen Melodien. Ihr melancholischer Gesang ist angenehm klar,
während ihre Musik insgesamt befreiend wirkt.

14.30 Uhr: URBAIN N’DAKON ist Liedermacher aus Afrika. Gesang,
Klänge der Akustikgitarre und Geschichten von der Elfenbeinküste
laden zum Erholen und Nachdenken ein.

16.00 Uhr: Die NIC KORAY Band erfüllt die Pauluskirche mit kontrastreichen
Stimmungsbildern. Die musikalische Leichtigkeit der 5 Musiker
verbindet sich zuweilen zu orchestral anmutenden Klangerlebnissen.
Das Programm im Kirchgarten wird ebenfalls musikalisch untermalt.

Mit LICKLIKE 2019 präsentiert sich erstmals auch der neu an der Pauluskirche gegründete Förder- und Kulturverein KULTUR UND LEBEN e.V.

Der Eintritt ist frei. Spenden für KULTUR UND LEBEN e.V. sind sehr erwünscht.

Alle Infos auch auf: LickLike 

Facebook & Instagram: „LickLikeLive“

LICKLIKE ist eine eigene Wortkreation die sich zusammensetzt aus dem Wort Lick = ein sich wiederholendes Thema in der Musik und Like = Mögen.

Veranstalter

Pauluskirche und Kultur  in Kooperation mit Kultur & Leben e.V.
Unterstützung von: Integrationsrat der Stadt Dortmund

 

Sonntag, 7.7.2019

PAULUSKIRCHE | Schützenstr. 35

Einlass: 12:00 Uhr | Beginn Programm: 13:00 Uhr

Eintritt: FREI

 

 

Dortmund: Deutsche Stiftung Denkmalschutz überreichte zum Zeichen ihrer Verbundenheit mit St. Reinoldi eine Bronzetafel

Regine Vogt, Karin Lehmann, Michael Küstermann (Mitte vorn), Heike Proske und Susanne Kideys (v.l.n.r). Fotos: C. Stille

Nicht zum ersten Mal erhielt die Stadtkirche St. Reinoldi in Dortmund Unterstützung seitens der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD). Zum Zeichen ihrer Verbundenheit mit St. Reinoldi überreichte die Institution, vertreten durch Karin Lehmann und Regine Vogt (beide Ortskuratorium Bochum-Dortmund der DSD), am Mittwoch in der Stadtkirche eine Bronzetafel. Die 10 mal 17 Zentimeter große Tafel mit einer Dicke von drei Millimeter soll noch rechtzeitig vor dem Deutschen Evangelischen Kirchentag (19. – 23. Juni 2019 in Dortmund) an der seitlichen Außenfassade von St. Reinoldi in Nähe eines renovierten Kirchenfensters angebracht werden.

Im September 2017 erhielt die Reinoldi-Gemeinde einen symbolischen Scheck der Deutschen Stiftung Denkmalschutz – inzwischen sind die mit dem Geld finanzierten Arbeiten abgeschlossen

Karin Lehmann erinnerte rückblickend daran, dass sie am 14. September 2017 an die Reinoldi-Gemeinde einen symbolischen Scheck der Deutschen Stiftung Denkmalschutz über 260 000 Euro für die Renovierungs- und Instandsetzungsarbeiten der Reinoldikirche, „unserer geschätzten Stadtkirche im Herzen Dortmunds“, überreicht hatte. Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen. Vertraglich zwischen der Kirchengemeinde und der DSD festgelegt worden sei damals, dass in Erinnerung an die finanzielle Unterstützung der DSD eine Bronzetafel „gut sichtbar an exponierter Stelle des geförderten Objektes angebracht wird“. Auf der Tafel steht: „Gefördert durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit Hilfe der Glücksspirale.“ Interessant zu erfahren: 9,8 Prozent der Spieleinnahmen von Westlotto fließen in regelmäßig an die DSD.

Karin Lehmann erklärte: „Historische Bau-, Boden-, Gründenkmale zu erhalten, das ist das Ziel und die Aufgabe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.“

Die Stiftung sei die größte private und unabhängige Initiative für den Denkmalschutz in Deutschland, so Lehmann. Sie besteht seit 1985. Bisher sei es gelungen, mehr als 5500 Denkmale in ganz Deutschland durch die Hilfe der DSD zu erhalten.

Karin Lehmann wies darauf hin, dass die Stiftung nicht nur Denkmale erhalten helfe, sondern Denkmale auch erlebbar mache. Etwa beim Tag des offenen Denkmals und während der sogenannten Monumente-Reisen (Monumente ist die Zeitschrift der DSD).

Superintendentin Heike Proske: „Das Engagement der Stiftung macht deutlich, welche historische Bedeutung die Kirchen, besonders aber St. Reinoldi für die Stadt haben“

Heike Proske, Superintendentin des Kirchenkreises Dortmund, bedankte sich herzlich für die Verbundenheit der DSD und deren Unterstützung bei der

St. Reinoldi Dortmund. Foto: Stille

Renovierung von St. Reinoldi. Sie fand, dass passe gerade sehr gut, da die Stadt Dortmund gerade die Reinoldikirche zum Denkmals des Monats Juni benannt habe. Die Reinoldikirche, habe sie in ihrem guten halben Jahr, das sie jetzt hier sei, festgestellt, sei nicht nur fußläufig von vielen Menschen bestens erreichbar und werde tagtäglich von ihnen passiert. Das Gotteshaus diene auch als Identifikationspunkt, an welchem man sich auch verabrede. Wenn der Westenhellweg abends zu bestimmter Zeit die Öffentlichkeit quasi abgebe, nehme diese die Kirche auf. Und innen sei es dann schon mal belebter als draußen. Dank der ganzen Pfarrstelle von Herrn Küstermann und einer landeskirchlich geförderten Pfarrstelle sowie vielen Ehrenamtlichen sei es möglich die Kirche oftmals zu öffnen – sowohl für normale Besuchende als auch sehr viele Veranstaltungen. An die VertreterInnen der DSD gerichtet, sagte Superintendentin Heike Proske: „Das Engagement der Stiftung macht deutlich, welche historische Bedeutung die Kirchen, besonders aber St. Reinoldi für die Stadt haben.“

Pfarrer Michael Küstermann lobte die an einem vollkommen renovierten Fenster vorgenommenen Bauarbeiten als großartige Leistung

Pfarrer Michael Küstermann hat bereits – wie von der DSD gefordert – „einen hervorgehobenen Ort“ für die Anbringung der Bronzetafel (Dübel und Befestigungsschrauben sind praktischerweise bereits mitgeliefert) ins Auge gefasst. Der wird sich also in der Nähe eines der vollkommen renovierten Kirchenfensters befinden. Küstermann sagte, an diesem sei eine großartige Leistung durch Bauarbeiten vollbracht worden. Man habe die Bestätigung bekommen, dass es bis dato nicht bekannt sei, dass es jemals gelungen wäre, ein Fenster dieser Größenordnung zu restaurieren. Das ursprüngliche Fenster von Professor Stockhausen (eingesetzt nach dem Zweiten Weltkrieg) habe nicht mehr restauriert werden können. Nun sei es den Steinmetzen gelungen, die ganze Glasstruktur wieder in eine neue Steinarbeit hineinzubekommen. Es habe einer äußerst filigranen Ausarbeitung bedurft.

Architektin Susanne Kideys: Wiederherstellung des Fensters „ganz hervorragend“ gelungene Arbeit

Die Architektin des Kirchenkreises, Susanne Kideys, berichtete Pfarrer Küstermanns Ausführungen fachlich ergänzend von den Schwierigkeiten und den damit notwendig gewordenen aufwändigen Arbeiten an dem betreffenden Fenster. Die ganze Verglasung habe herausgenommen werden

Das vollkommen renovierte Kirchenfenster in St. Reinoldi.

müssen. Das Maßwerk des Chors war in außergewöhnlichen schlechtem Zustand. Alle Maßwerke (so bezeichnet man in der Architektur die filigrane Arbeit von Steinmetzen in Form von flächigen Gestaltungen von Fenstern) mussten entfernt werden, weil sie viel Ersatzmörtel enthalten hätten. Das Gefüge und die Festigkeit konnte nicht mehr garantiert werden. Die Steinbögen der Fenster waren brüchig, die Windeisen für deren Befestigung korrodiert. Die Fenster mussten aufwändig bearbeitet werden. Das ganze Maßwerk sei dann in einer großen Halle der Firma Megalith Bau-Hammer GmbH in Hagen ausgebreitet und nummeriert ausgebreitet worden. Gemeinsam mit der Denkmalbehörde habe man feststellen müssen, dass 80 – 90 Prozent der Teile wegen fehlender Substanz so nicht hätten wieder eingebaut werden können. Kideys bezeichnete die Wiederherstellung des Fensters seitens der damit betrauten Steinmetze als„ganz hervorragend“ gelungene Arbeit. Spezialisten sagten, so wusste Susanne Kideys zu sagen, dass einen ein Maßwerk in dieser Größenordnung – sei es als Steinmetz oder Denkmalpfleger – wohl nur einmal im Leben begegne.

Susanne Kideys gab darüber hinaus einen Überblick über die gesamten Sanierungsarbeiten. Sie zählte die Neueindeckung des Chorraumes und die Restaurierung der kleinen Dachgauben, der Fassade und der teilweisen Erneuerung der Verglasung auf. Wie bei Sanierungsarbeiten an Bauwerken dieser Art üblich, habe man im Zuge der Arbeiten weitere Schäden der Kirche entdeckt. Nun sei aber alles weitgehend fertig geworden. Insgesamt sind zirka 1,6 Millionen Euro in das Kirchenbauwerk geflossen. Rechtzeitig vor dem Kirchentag sind die letzten Gerüste nun abgebaut.

Nächste große Baumaßnahme in St. Reinoldi – der Bau einer neuen Orgel – beginnt gleich nach dem Kirchentag

Pfarrer Michael Küstermann nannte als nächste große Baumaßnahme den Bau einer neuen Orgel für St. Reinoldi. Sie soll Ende 2020 fertig sein. Die Bauarbeiten sollen unmittelbar nach dem Kirchentag beginnen. 2020 werde man zwölf Jahre Arbeit „als Aufgabe unserer Generation“ an diesem großen Restaurierungsprojekt hinter sich gebracht haben, schätzte Pfarrer Küstermann ein.

13. Nacht der Religionen und Kulturen in der Dortmunder Pauluskirche einmal mehr grandios

Pastor Friedrich Laker begrüßt die Gäste. Fotos: Claus Stille

Einmal mehr gestaltete sich die nun bereits 13. Nacht der Religionen und Kulturen (findet jedes Jahr an Pfingsten statt) in der Pauluskirche in der Dortmunder Nordstadt für die BesucherInnen zu einem unvergesslichen Erlebnis. Pfarrer Friedrich Laker begann seine Begrüßung mit einem interessanten Versprecher, der für Heiterkeit sorgte: „Pfingsten ist ja das Geist des Festes“, merkte den Lapsus und korrigierte sodann: „das Fest des Geistes“. Laker: „Geist des Festes, passt eigentlich auch.“

Pfarrer Friedrich Laker: Der Geist verbindet die Menschen aus verschiedenen Kulturen“

„Die alte Geschichte in der Apostelgeschichte, erzähle, so Laker zum Sinn des Pfingstfestes, „das den entmutigten Jüngern, die sich versammelt hatten voller Angst und Mutlosigkeit, dass sie plötzlich und überraschend etwas erlebten womit sie wirklich nicht rechnen konnten, nämlich, dass der Geist über sie fuhr.“ Es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Sie wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, verstanden aber einander. „Der Geist verbindet die Menschen aus verschiedenen Kulturen. Er braucht eigentlich gar nicht eine bestimmte menschliche Sprache. Oder man könnte sagen, er spricht die verschiedensten Sprachen, aller Lebensarten, aller Lebensformen auf diesem Planeten. Der Geist Gottes verbindet alles im großen Kosmos. Leider wird er von Religionen oft eingezwängt und eingeengt, durch Dogmen, Ideologien – auch von den Kirchen. Eingequetscht in ein bestimmtes Interesse hinein – oft ein Machtinteresse, das dahinter steht.“ Dem versuche seine Kirche entgegenzuwirken, indem man sich von jeglichem Dogma befreie und sich öffne. Es interessiere vielmehr, was die Menschen selber spürten und erführen, wovon sie überzeugt seien auf ihrem Weg. Laker wies auf das große Kunstwerk von Leo Lebendig hinter ihm, der Säule der sechs Weltreligionen, „Flying Column“ (Die Himmelssäule der Weltreligionen) und kündigte zugleich für später ein neues, noch unter einem Tuch verstecktes, Kunstwerk Lebendigs an.

Bahai-Jugendtanzgruppe für „Einheit in Vielfalt“ und Liebe – Gegen Rassismus, Ausgrenzung und Gewalt

Die Jugendtanzgruppe der Bahai.

Eröffnet wurde das Programm von der einmal mehr beeindruckenden Jugendtanzgruppe „Steps To World Peace“ der Bahai. Deren Tänze erzählten höchst professionell und sehr ausdrucksstark ausgeführt Geschichten über Rassismus, Armut, Gewalt, Ausgrenzung sowie Liebe. Es ging darum, wie eine der Tänzerinnen erklärte, „Probleme unsrer heutigen Gesellschaft darzustellen und Lösungsansätze anzubieten.“ Die Bahai-Religion (Ursprung 1844 im Iran), übrigens die jüngste der Weltreligionen, erfahren wir, lege großen Wert auf die Kindererziehung und deshalb zugrunde, dass jedes Kind über Fähigkeiten und Talente verfüge, die mithilfe der Erziehung entfaltet werden könnten. Der Religion gehe es um „Einheit in Vielfalt“ In der Bahai-Religion heißt es dazu:

„Betrachte den Menschen als ein Bergwerk, reich an Edelsteinen von unschätzbaren Werte. Nur die Erziehung kann bewirken, dass es seine Schätze enthüllt und die Menschheit daraus Nutzen zu ziehen vermag.“

Pfarrer Laker stellt den jungen Bahai Fragen zu ihrer Religion.

Jede Religion käme vom selben Gott, informierte eine der Tänzerinnen über die auf den vorangegangenen Religionen aufbauende, die die Menschheit chronologisch aufeinander folgend moralisch erzögen, Religion der Bahai. Bahá’u’lláh, dem Religionsgründer, sagte eine der Tänzerinnen, hätte die Aufgabe verkündet, „die Menschen zu vereinigen“. Pastor Laker:

„Hochinteressant. Zumal wir ja in einer Zeit leben, wo wir immer mehr merken, dass wir diese Einheit weltweit brauchen, die den Frieden bringt.“

Das Zimmaorkestra mit Klezmer-Lidele-Jazz-Klängen mit berührendem Moment

Das Zimmaorkestra.

Der erste musikalische Höhepunkt des Abends in der Pauluskirche wurde vom „Zimmaorkestra“ mit feinen Klezmer-Lidele-Jazz-Klängen bestritten. Besonders berührte die Anwesenden bestimmt der Titel „Der Streifenwagen“. Worin es um die leider bei uns obligatorischen Streifenwägen geht, die zur Sicherheit vor jüdischen Einrichtungen stehen.

Begeisternd und das Publikum von den Kirchenbänken reißend: Die Living Worshippers

Nach „fliegendem“ Umbau kamen die „Living Worshippers“, eine chistlich-afrikanische Gospel-Band mit kamerunischen Wurzeln, ins Spiel, die das Publikum nicht nur zum Mitsingen des Refrains des ersten Titels animierte, sondern auch sonst von den Kirchenbänken zu reißen verstand. Die sympathische Band, November 2014 von Studenten aus Kamerun gegründet, will das Reich Gottes durch Lobpreis und Anbetung kommen lassen. (Video: C.-D.Stille)

Enthüllung des QuALL von und mit dem Künstler Leo Lebendig aus Asseln und Rosen für die Weltreligionen

Enthüllung des QuALL.

Die mit Spannung erwartete Aktion mit dem nicht nur in der Pauluskirche bekannten Künstler Leo Lebendig aus Asseln erregte Aufmerksamkeit und Staunen: Das unter der „Flying Column“ (Himmelssäule der Weltreligionen) – der diesmal das Wort FRIEDE hinzugefügt war – verdeckt gewesene Etwas wurde bald vom schwarzen Tuch befreit. Und da lag nun der mit Sauerstoff gefüllter Gummiball mit der weißen Aufschrift QuALL!

Leo Lebendig dazu: „Das ist natürlich ein Witz, weil das QuALL so klitzeklein ist, dass man es nicht sehen kann. Und das sei schwarz und ohne Licht nicht zu sehen.“  Deshalb habe man es für das Publikum eigens vergrößert und mit dem „Stoff des Lebens, dem Sauerstoff gefüllt“.  (Quall, ein philsophischer Ausdruck für Geist) Im Zusammenhang mit dem QuALL habe ihm das Motto der Asselner Lutherkirche vom Pfingstsonntag gefallen: „Es soll nicht durch Hehr oder Kraft, sondern durch meinen Geist bestehen, spricht der HERR Zebaoth“ (Sach 4,6; LUT).

Leo Lebendig habe mit dem QuALL versucht, „das Klitzekleine, das in uns jeden steckt und in jedem Lebewesen, dieses klitzekleine QuALL, sichtbar zu

Die Religionssymbole bekommen Rosen angeheftet.

machen, um in uns die Gewissheit zu verschaffen, dass wir die Bedingungen für das, was wir gerne alle erleben wollen. Was ich hier in einem Wort diese Jahr in die Friedenssäule gehängt habe – nämlich Frieden. Frieden und Liebe realisieren können.“ Nach der Aufdeckung es QuALL heftete Leo Lebendig an jedes in der Friedenssäule symbolisierte Zeichen der Weltreligionen eine Rose aus seinem Asselner Garten. Ein erhebender Augenblick.

Speisen und Getränke bei herrlichem Wetter im Kirchgarten

In der großen Pause – wie schon zuvor vor dem Einlass zur Veranstaltung konnten die Gäste draußen im Kirchgarten Getränke und leckere türkische Speisen (zubereitet von der Alevitischen Gemeinde e.V. Dortmund) erstehen und bei wundervoll angenehmem Wetter genießen.

Die Begeisterung für das ausgezeichnete Transorient Orchestra ging beinahe ins Frenetische über

Ein ganz besonderen Pfiff (den eine der Instrumentalistinnen in der Tat berückend beherrschte) musikalisch-brillanter Art zauberte das perfekt aufeinander abgestimmte, bestens aufgelegte „Transorient Orchestra“ (Träger des WDR-Jazzpreises 2017 in der Kategorie Musikkulturen) über und in

Das Transorient Orchestra vereint ausgezeichnete, virtous aufspielende Instrumentalisten.

die Köpfe des Publikums im zweiten Programmteil ins Schiff der Pauluskirche. Eine Ausschüttung des, mit Fug und Recht, musikalisch-hoch qualifiziert zu nennenden Geistes der besonderen Art an diesem Pfingstsonntag in der 13. Nacht der Religionen und Kulturen. Zu erleben waren MusikerInnen, welche ihre Instrumente (Gitarrre, Violine, Oud, Sopransaxophon, Flügelhorn, Bass, Darbuka, Schlagzeug) hochgradig perfekt beherrschen. Beifallsstürme auch zwischen den Stücken bei den Soli, nach den Titeln und am Schluss ins beinahe Frenetische übergehend. (Video: C.-D. Stille)

Grandioser Abschluss der 13. Nacht der Religionen und Kulturen mit Imran und Hanif Khan der Saxophonistin Catrin Groth. Abendsegen mit dem Pastorenehepaar Sandran und Friedrich Laker

Den musikalischen Abschluss des grandios zu nennenden, über fünfstündigen und dennoch kurzweiligen, Abends kann der Chronist hier nicht beschreiben, da er die Veranstaltung bereits hatte verlassen müssen (hierzu ein Video via Friedrich Laker/Facebook). Aber gewiss waren Imran Khan, einer der versiertesten jüngeren Sitarspieler der indischen Musik, Hanif Khan, der aus einer

großen indischen Musiker-Dynastie stammend sowie die Saxophonistin Catrin Groth zusammen ein nicht minder enthusiasmierender Act. Hernach war der Abendsegen mit dem Pastorenehepaar Sandra und Friedrich Laker geplant. Muslimische Musiker oder Gesprächspartner waren diesmal nicht mit von der Partie, weil derzeit Ramadan ist.

Noch mehr Fotos von der Veranstaltung

 

Dortmund: Mittelalterliches Fest zum Reformationstag – Zwölf Stunden nonstop Programm

Am 31.10.1517 schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Türe der Schlosskirche zu Wittenberg. Der Thesenanschlag in Wittenberg gilt als Beginn der Reformation. 500 Jahre später – im Luther-Jahr 2017 – wird auf vielfältige Weise daran erinnert. So auch in Dortmund.

Zwölfstündiger „Luther-Marathon“ in der und um die Pauluskirche

Am gestrigen Reformationstag stemmte die Pauluskirche auf der Schützenstraße zu diesem Behufe gar einen zwölfstündigen, sozusagen, Luther-Marathon. Schon vor 12 Uhr waren die Türen zum Kirchgarten aufgetan worden. Rund um die Kirche tummelte sich allerlei Volk zum anberaumten mittelalterlichem Fest in entsprechender Kleidung. Einzelne BesucherInnen aus der Jetztzeit wirkten fast mehr und mehr wie Fremdkörper.   Das Fest stand unter dem Motto:

„Lasset uns versammeln, frey, fröhlich und frohen Mutes!“

Auf dem Markt rund um die Kirche: Handwerker, ein Foltermönch, eine „Weyssagerin“, das Mäuseroulette und ein Schminkstand für Kinder

Mittelalterliches Marktreiben. Fotos: Stille

Die Festbesucher bestaunten wie hinter einem flackerndem Feuer im Kessel von einem Handwerker Leder verarbeitet wurde. Gleich daneben ein Stand mit anregenden Getränken und Mittelchen – hergestellt nach alten Rezepten. Etwas gruselig ging es bei einem Mönch zu, der Waffen und Folterwerkzeuge ausstellte und ohne seine Begeisterung dabei im Geringsten zu verbergen dessen Wirkungsweise erläuterte. Große Kinderaugen wurden gemacht, als ihnen ein mittelalterlich gewandeter Mann zeigte, wie man mit Feuersteinen Funken schlagen kann, um ein Feuer zu entfachen. „Da kannst du in der Schule mal ein kleinen Vortrag halten, wie das geht“, gab der Herr einem begeisterten Jungen mit auf dem Weg, dem das gerade gelungen war. Im Zelt um die Ecke thronte eine „Weyssagerin“ in ihrem von einem Fell belegten Sessel und wartete in ihrem Zelt, aus welchem oben Rauch aus einem Öfchen aufstieg, auf potentielle Kundschaft. Ein Schmied bearbeitete kunstvoll Metall und versetzte eine Besucherin in Erstauen: „Dass es so etwas noch gibt heutzutage!“ Wiederum daneben warteten Schmuckstücke keltischer Art darauf den Besitzer zu wechseln.

An Stand „Mäuseroulette“ verkündete ein Schild vorerst: „Mäusepause“

Gleich gegenüber schminkte eine junge Mittelalterfrau mit feschem grünen Hut Kinder nach deren speziellen Wünschen. „Eine Meerjungfrau? Oder doch etwas anderes?“, fragte sie eine noch schwankende Kleine.

Speis‘ und Trank im Kirchgarten

Die Taverne im Kirchgarten füllte sich Stunde um Stunde mehr mit durstigen BesucherInnen. Besonders angetan zeigten sich nicht wenige von ihnen vom süffigen – der Chronist kann es bestätigen – „Herr Käthe“-Bier, das vom Fass ausgeschenkt wurde, aber auch in Flaschen zum Mitnehmen erhältlich war. Das obergärige Vollbier wird von der Brauerei Thombansen in Lippstadt mit den Zutaten aus den Malzsorten Pilsener, Roggen, Dinkel und Weizen-Eigenrauchmalz

Kinderschminkstand.

hergestellt. Nach einer Rezeptur, welche dem Trunk – die Erklärung der Brauerei – eine für das Mittelalter typische dunkle Bierfarbe und einem Hauch von Raucharoma gibt. „Herr Käthe“, ein für ein Bier ungewöhnlicher Name, ist als kleine Verbeugung vor Luthers Frau Katharina „Käthe“ von Bora gedacht. Die soll ja den Überlieferungen nach im Hause Luther die Hosen angehabt und die Wirtschaft geschmissen haben, weshalb sie von ihrem Mann respektvoll „Herr Käthe“ genannt wurde.

Andere Gäste bevorzugten Kräuterlikör, Apfel- oder roten Glühwein.

Gleich vis-á-vis neben dem Seiteneingang zur Pauluskirche ward mit deftiger Suppe und leckeren Bratwürsten für eine gute Grundlage für den Besuch in der Taverne gesorgt.

Die Mittelalterwelt-Folk-Band bestach durch enorme Professionalität

Um 15 Uhr herum spielte das Ensemble „Triskilian“ zunächst im Freien auf, um dann hernach ein Konzert im Inneren der Kirche zu spielen, das für

Die Mittelalterwelt-Folkband „Triskilian“.

große Begeisterung sorgte. Die professionellen Instrumentalisten waren eigens aus den fernen Städten Aschaffenburg und Heidelberg ins Ruhrgebiet gereist. Und das Publikum war fasziniert von der enormen Professionalität ihres Spiels. Die drei: Dirk Kilian (Gesang, Sackpfeife, Nyckelharpa, Drehleier, Cister, Harfe, Nay), Jule „Sonnenklang“ Bauer ( Gesang, Schalmei, Flöte, Nyckelharpa, Tzouras, Rahmentrommel) und „Herzblutmusikerin“ Christine Hübner (Percussion, Gesang, Rahmentrommel, Darbuka, Riqq, Davul, Daf, Tamburello, Cister) stimmten sich während ihres virtuosen Musizierens fabelhaft und mittels winzig kleiner Gesten bis aufs Feinste aufeinander ab.

Die Zuhörer wurden von „Triskilian“ mit auf eine musikalische Reise in das klangreiche Mittelalter genommen. Die musikalische Zeitreise der Musiker durch verschiedenste Kulturwelten führt von Irland, Schweden, England, Deutschland über Italien und Frankreich bis nach Galizien, Kastilien, Portugal und den vorderen Orient. Auch die Ud oder auch Oud (eine Laute), die Jule Bauer liebevoll als „die Urgroßmutter unserer Gitarren“ bezeichnete, wurde gespielt. Über die Kreuzzüge und den Gewürzhandel, erfuhren die ZuschauerInnen, sei neben anderen auch dieses Instrument wie u.a. auch die Mathematik aus dem Orient in unsere Gefilde gelangt. Besonders unter die Haut ging den BesucherInen gewiss ein von „Triskilian“ dargebotenes Lied der Mystikerin Hildegard von Bingen (1098 – 1179).

Käthes nächtlicher Traum mit dem Blick 500 Jahre weiter in unsere Gegenwart im Theaterstück „Käthes Reformation heute“

Das Ehepaar Luther (links: SandraLaker als Käthe, rechts, rechts: Friedrich Laker als Luther.

Die Triskilians wirkten als Spielleute auch im sich etwas anderen Gottesdienst „Talk to Heaven“ mit. In dessen Rahmen diesmal das Schauspiel „Käthes Reformation heute“ gegeben wurde. In dessen Mittelpunkt Luthers Frau Katharina von Bora (Käthe) steht.

Der plötzlich im Kirchenschiff auftrumpfende Ablassmönch Johann Tetzel wird von Martinus Luther und den Kirchenbesuchern postwendend des Gotteshauses verwiesen. Zum Stück: Im nächtlichem Traum hat „Herr Käthe“ erfahren, wie es um die Welt und die Kirche 500 Jahre nach der Reformation steht: Immense Ausbeutung der Natur durch den Menschen, welche zu schlimmen Naturkatastrophen führt, Kriege, die Flüchtlinge zur Folge haben und unermessliches Tierleid, verursacht durch Massentierhaltung. Unterstützt wurde die Erzählung der Käthe durch Videoeinblendungen.

Käthe (Sandra Laker) spricht sich gegenüber ihrem zunächst skeptischen Doktor Martinus Luther (Friedrich Laker) im Stück dafür aus, Menschen aus allen Kreisen der Bevölkerung in die Reformation einzubeziehen, um diese so zu erweitern und mit allen Kräften zu verteidigen.

Thesenanschlag-Mitmachaktion vor dem Hauptportal der Pauluskirche

Thesenanschlag

Im weiteren Verlauf des Dortmunder Luther-Marathons hatten die Festbesucher nach Luther, Käthe und Melanchthon Gelegenheit vorbereitete Thesen an die Kirchentüre zu schlagen. Viele BesucherInnen nahmen sie wahr und hatten auch im weiteren Verlauf des Abends noch die Möglichkeit das zu tun.

Projektion auf dem Kirchturm: Glauben bewahren und verändern“

Aber schon wartete das nächste Highlight auf die Festbesucher: Von einem gegenüberliegendem Haus auf der Kirchenstraße projizierte ein Beamer gegen 18 Uhr 30 in großen Lettern (die sicher auch von weiter weg zu sehen waren) den Reformationsspruch „Glauben bewahren und verändern“. Auch andere Dortmunder

Einige Thesen.

Kirchengemeinden beteiligten sich an dieser Aktion.

Bis zum Tagesende …

Des Weiteren war noch eine Feuerschau, ein weiterer Auftritt der Mittelalter-Folk-Band „Triskilian“,

Auf den Kirchturm projizierter Spruch.

die Wiederholung des Theaterstücks „Käthes Reformation heute“ und ein zweiter Thesenanschlag vor dem Hauptportal der Pauluskirche geplant.

Flüchtlingshilfe: Für „lösungsorientierte“ Allianzen „Gelingensbedingungen“ schaffen

Das Duo Tobias und Tarek begleiteten den Abend musikalisch; Foto: C.-D. Stille

Das Duo Tobias und Tarek begleiteten den Abend musikalisch; Foto: C.-D. Stille

Flüchtlinge in Deutschland, das beschäftigt unsere Gesellschaft.  „Wir schaffen das“, meint die Bundeskanzlerin. „Nur gemeinsam“,  fügen Evangelische Kirche und Diakonie hinzu.

Diakonie-Präsident und Landtagspräsidentin auf dem Podium

Der Evangelische Kirchenkreis Dortmund gemeinsam mit der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe und der Evangelischen Fachhochschule hatten vergangenen Dienstag zu einer hochkarätig besetzten Veranstaltung über „Erfolgreiche Allianzen in der Flüchtlingsarbeit“ in die Pauluskirche eingeladen.

Viele Menschen interessierte das. Gäste des Abends waren Ulrich Lilie (Präsident der Diakonie Deutschland), Carina Gödecke (Präsidentin des Landtags NRW. Als Vertreter eines Netzwerkes und der Wohlfahrtsverbände waren Uta Schütte-Haermeyer (Diakonie Dortmund), Superintendent i.R. Paul-Gerhard Stamm, Pfarrer Friedrich Stiller, ein Leiter einer Flüchtlingsunterkunft und ein Repräsentant des Flüchtlingsrates NRW mit dabei.

Ulf Schlüter spürte Euphorie: „Jetzt erst recht! Refugees are welcome!“

Superintendent Ulf Schlüter erinnerte in seinem Grußwort daran, worauf das „Wir schaffen das“ der Kanzlerin zurückgeht: Nämlich an das vor nunmehr acht Jahren von Barack Obama versicherte „Yes we can!“.

Schlüter: „Menschen auf der ganzen Welt waren fasziniert. Auf wunderbare Weise.“ Mehr als eine Million Geflüchtete hätten inzwischen „auf der Flucht vor dem mörderischen Bürgerkrieg in Syrien“ und anderen Ländern den gefährlichen Weg nach Deutschland gefunden.

Was auch mit der verheerenden Politik eines George W. Bush im Zusammenhang stehe. Andere Menschen in anderen Ländern wiederum flüchteten vor Hunger, Krankheit und Elend.

Nach Merkels „Wir schaffen das!“ hätten sich hierzulande quasi zwei Blöcke gebildet. Die Einen bezeichneten das Handeln der Kanzlerin als naiv, bei den Anderen – auch in der Kirche – habe eine Euphorie eingesetzt: „Jetzt erst recht! Refugees are welcome!“

Aktive der Flüchtlingshilfe erkennen Grenzen und Rückschläge

Gerade auch hier in Dortmund am Hauptbahnhof, als die Stadt Drehscheibe für Geflüchtete wurde. Auch die Bundeskanzlerin wusste, so Schlüter, es brauche den Einsatz, das Engagement und die Mühen vieler. Und vor allem Investitionen. Sowie politischen klaren Willen, das zu tun.

Aber es gebe eben auch Grenzen und Rückschläge. Die Pauluskirche gehört zur Lydia-Gemeinde. Superintendent Schlüter erklärte den Hintergrund: „Lydia war die erste Christin in Europa.“

Sie lebte in Philippi (Griechenland) und war eine Purpurhändlerin.“ Sie war besonders aufgrund ihrer Gastfreundschaft bekannt und beliebt. Schlüter: „Die Welt wandert schon immer.“

Diakoniepräsident fordert „Lösungsorientierte“ Allianzen für das Land

Gut besucht war die Veranstaltung „Gemeinsam für Flüchtlinge“ in der Pauluskirche.

Diakoniepräsident Ulrich Lilie, der eigens aus Berlin angereist war, stellte klar, niemand könne die entstandene Situation alleine stemmen. Stabile Netzwerke würden gebraucht.

Es sei Zeit für Allianzen. Auch „gegen die, die meinen, sie würden jetzt wieder Recht bekommen“. Ans Werk und die zu klärenden Fragen herangegangen werden müsse mit „großer Sachlichkeit und Sachkunde“.

Auch mit Zuversicht, was hieße „lösungsorientiert“ zu arbeiten. Leute, die uns (Schein-) Lösungen präsentierten, benötige man hingegen nicht. In Berlin, berichtete Lilie, habe man eine bundesweite Allianz geschmiedet – eine „Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat – gegen Intoleranz, Menschenfeindlichkeit und Gewalt“.

Ulrich Lilie zitierte aus dem Aufruf. Wichtigster Punkt: Für alle die in diesem Lande leben – also auch für Flüchtlinge – müsse Grundgesetzartikel 1 gelten: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Des Weiteren müsse dringend eine gemeinsame europäische Lösung her, um die Fluchtursachen zu bekämpfen.

Forderung: Propagandisten von „Nichtlösungen“ wie der AfD entgegentreten

Wer dagegen mit „Nichtlösungen versuche zu reüssieren“, spielte Lilie auf zweistellige Umfragewerte für die AfD an, dem müsse Paroli geboten werden.

Lilie wollte nicht beschönigen, befand jedoch, dass manche von den Medien gezeichnete Bilder hinsichtlich der Flüchtlingssituation schlimmer sind, als die Realität. Der Diakoniepräsident wies auf die nächste Kanzlerrunde am 8. April hin, wo man abermals an einem runden Tisch zusammensitze, um sich auszutauschen.

Selten habe er so einen großen Zusammenhalt – nach dem Motto „Das wollen wir doch mal sehen“ erfahren. Lilie ist überzeugt: „2016 muss das Jahr der Integration werden“.

Großes ehrenamtliches Engagement dürfe nicht bürokratisch behindert werden. Ein Beispiel zum „Haareraufen“ nannte Lilie. Er erfuhr diese Woche in Wesel davon: Da im Jobcenter kein Übersetzer für einen Flüchtling da war, nahm eine Helferin einen Jugendlichen mit, der schon gut Deutsch konnte. Dieser wurde abgelehnt, weil er erst 17 Jahre alt war. „Absurd“, urteilte Lilie.

Warnung: Flüchtlinge nicht gegen andere gesellschaftliche Verlierer ausspielen

Einen sehr wichtigen Punkt benannte der Gast aus Berlin: „Wir müssen aufpassen, dass die Verlierer unsere Gesellschaft, die wir ohnehin schon haben, nicht zusätzlich verlieren.“ Meint: Nicht die Einen gegen die Anderen ausspielen.

Eine Spaltung der Gesellschaft wie in den USA oder anderen Staaten auch Europas müsse dringend aufgehalten werden. Ulrich Lilie machte Mut, indem er vom Projekt der Bundesdiakonie „Wir sind Nachbarn. Alle“ sprach.

„Macht mit, stellt euch nicht abseits! Bringt euch ein, werdet ein Teil des Wir!“

NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD) kritisierte den innerkoalitionären Streit um das Asylpaket II.  Ihre Hauptforderung an die Gesellschaft in dieser schwierigen Zeit: Zuversichtlich und ruhig zu bleiben.

Die Bürger brauchten Orientierung. Und keinesfalls „eine parteipolitische Instrumentalisierung“ der Situation. Weshalb Carina Gödecke sich auch dazu entschlossen hatte, für eine überparteiliche Herangehensweise zu plädieren.

Deshalb sei es auch, lobte Gödecke die Veranstalter, eine gute Entscheidung gewesen, nicht irgendeinen Parteivertreter, sondern eben die Landtagspräsidentin einzuladen. Carina Gödecke regte an: „Wir schaffen das – nur gemeinsam!“, bedeute auch: „Macht mit, stellt euch nicht abseits! Bringt euch ein, werdet ein Teil des Wir!“

Viele Menschen sind bereit, ihren persönlichen Beitrag zu leisten

Die Wirklichkeit zeige, dass doch viele Menschen in dieser Gesellschaft in der momentanen  Situation bereit sind, ihren persönlichen Beitrag zu leisten.

Carina Gödecke wollte auch die europäische Verantwortung nicht außen vor lassen, äußerte allerdings große Sorge über den Zustand der EU und zitierte einen Kommentator, der kürzlich diesbezüglich formuliert hatte: Es sei momentan wenig Union in der Europäischen Union.

Gödecke wagte einen Ausblick und stellte fest, dass trotz bereits unternommenen großen Anstrengungen die finanziellen Mittel für die Flüchtlinge und deren Integration auch in diesem Jahr nicht ausreichen dürften. Hauptsächlich aber müsse es um die „Gelingensbedingungen“ gehen.

Die Ehrenamtlichen gelte es nicht nur zu loben, sondern auch nachhaltig zu unterstützen und manchmal auch darum „sie zu schützen“.  Sowie Grenzen des Ehrenamts zu erkennen und zu respektieren.

Politik muss „Gelingensbedingungen“ schaffen und gegen rechte Hetze eintreten

Politik sei für die Gelingensbedingungen zuständig; aber es würden zusätzlich viele Akteure und das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger benötigt.  Weiter gehe es um die Stärke, welche aus dem Zusammenspiel vieler erwachse. Und um „das solidarische Miteinander“.

Unbedingt habe man sich gegen rechte Hetze zu stellen und Übergriffe auf Flüchtlingsheime zu verhindern, bzw. aufzuklären und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Unverzichtbar sei ein festes Eintreten für die Demokratie und die Freiheitlich Demokratische Grundordnung.

Zu Rechtsextremismus, Hetze, Rassismus und Intoleranz müsse nein sagen, wer sich als Humanist, Christ und Demokrat verstehe.  Bürgerwehren seien abzulehnen. Wir müssten uns am gesunden Menschenverstand verlassen oder an christlicher Grundeinstellung orientieren, mahnte die NRW-Landtagspräsidentin an.

Carina Gödecke setzte dem Motto der Veranstaltung ein entschlossenes „Wir machen das!“ hinzu.

Kritik von Stamm: Ehrenamtliche laufen bei der Stadt vor Wände

Im Anschluss an die Ausführungen der Gäste führte Sabine Damaschke (Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe) Kurzinterviews mit Christina Kaiser, der Leiterin der Übergangseinrichtung Adlerstraße, die aus ihrer Arbeit mit Flüchtlinge berichtete.

Zwanzig hauptamtliche Mitarbeiter werden dort von ca. 100 Freiwilligen unterstützt. Pfarrer Michael Mertins sprach mit Sabine Damaschke u.a. über letztlich mittlerweile zunehmend positiven Einflüsse, die die Flüchtlingsarbeit und die Flüchtlinge selbst auf die evangelische Gemeinde habe.

Obwohl es in Lütgendortmund auch Proteste  gegen Flüchtlingsansiedlung im Ort gegeben hatte. Der pensionierte Superintendent Paul-Gerhard Stamm skizzierte seine vielfältige Arbeit als Koordinator für Ehrenamtliche.

Aber machte sich auch Luft: Bei der Stadt laufe man auch schon mal gegen Wände. Fehlende  Absprachen und lange Vorlaufzeiten machten Probleme.

„Die Stadt macht die Augen zu und schiebt das alles so ein bisschen vor sich her“. Die Stadt könne ja wohl auch nicht so flexibel sein wie sie es sein sollte.  Kritik übte Stamm auch an „Knebelverträgen“ mit den Wohlfahrtsverbänden.

Dies aber wies später  Uta Schütte-Haermeyer, Leiterin des Fachbereichs Flucht und Migration bei der Diakonie Dortmund, ausdrücklich zurück. Es entstand ein umfassendes Bild dieser facettenreichen und keineswegs leichten Arbeit in dem Bereich.

Diakonie: Das Asylpaket II strotzt nur so von populistischen Maßnahmen

Zum Podiumsgespräch stieß zu den Gästen, die zuvor bereits gesprochen hatten, noch Birgit Naujocks vom Flüchtlingsrat NRW hinzu.

Sie strich ihrerseits heraus, wie wichtig  ein gesellschaftliches Miteinander der Menschen sei. Lange sei der Flüchtlingsrat von Land als störender Faktor empfunden worden.

Pfarrer Friedrich Stiller erkannte, dass heute doch viele Menschen zu der Erkenntnis gekommen seien, dass man auch etwas abgeben müsse. Und lobte die gesellschaftliche Wirkungen von Kirchenasyl hin zu mehr Offenheit und der Übernahme von mehr Verantwortung.

Ulrich Lilie regte noch einmal Runde Tische an, die man anstelle von Talkshow-Formaten brauche. Demokratiegefährdend empfindet Lilie, wenn immer mehr Menschen der Eindruck vermittelt wird, nicht an Entscheidungen beteiligt zu werden.

Kritisch merkte er an, dass man die Bundesregierung Dinge wie das Asylpaket II  „durchpeitscht“, ohne dass man gefragt werde. Man habe als Diakonie exakt sechs Stunden Zeit bekommen, sich damit zu beschäftigen und Stellung zu beziehen. Das Asylpaket II strotze nur so von populistischen Maßnahmen.

Wort- und Rückmeldungen aus dem Plenum

Sich anschließende Wort- und Rückmeldungen aus dem Plenum zeigten noch einmal positive Aspekte und das Engagement von Ehrenamtlichen auf. Aber auch Kritisches wurde angemerkt.

Musikalisch wurde die Veranstaltung vom Duo Tarek und Tobias begleitet. Die Gäste erfuhren, dass Tarek erst im letzten Jahr aus Syrien als Flüchtling nach Nordrhein-Westfalen gekommen war.

Auf der Flucht verlor er sein Instrument namens Kanun. Eine Spendenaktion in Witten ermöglichte, dass Tarek zu einem neuen Instrument kommen konnte.

Evangelische Landeskirche Baden: „Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden“

Achtung! Achtung!; Photo: W.R. Wagner via Pixelio.de

Achtung! Achtung!; Photo: W.R. Wagner via Pixelio.de

Dieser Tage sind einige Aufrufe gegen den Militäreinsatz der Bundeswehr in Syrien veröffentlicht worden. Sogar vom Stern-Autor stern-Autor Arno Luik erschien ein kritisches Essay: „Die Schlafwandler rücken aus“. Als Gegensatz zu Stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges, in einer Video-Kolumne tönte: „Wenn Krieg, dann richtig!“ Womöglich noch unter den Eindrücken vom Flüchtlingselend, das er selber besichtigt hatte? Ansonsten scheinen viel zu viele Politiker und Medien voll auf Kriegsmodus eingestimmt sein zu bzw. umgeschaltet zu haben. Da kritische Beiträge noch immer in der Minderzahl sind, möchte ich nach der Veröffentlichung von anderen Aufrufen wider dem Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien heute nun noch eine Stellungnahme der Evangelischen Landeskirche Badens hinzufügen. Ich selbst stieß via den NachDenkSeiten auf dieses Papier. NachDenkSeiten-Herausgeber Albrecht Müller seinerseits über die Zuschrift eines Pfarrers der der Evangelischen Landeskirche Badens. Dieser schrieb an Müller:

„Es ist das erste Mal in der Geschichte der Evangelischen Landeskirche in Baden, dass sich die Kirche gegen einen vom Parlament beschlossenen Bundeswehreinsatz ausspricht. 
Vorausgegangen ist der neu erwachten friedenspolitischen Kompetenz ein zweijähriger friedensethischer Konsultationsprozess in allen Kirchenbezirken Badens, 
der im Jahre 2013 zu einem Beschluss führte und die Landeskirche auf klaren Kurs in Sachen Friedensethik führt: 
Nein zu Militäreinsätzen, ja zu einer internationalen Polizei und die Befürwortung gewaltfreier Alternativen.“

Hier nun zum Papier:

„Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden

Stellungnahme der Ev. Landeskirche in Baden zum geplanten Militäreinsatz in Syrien

Zahlreiche Terroranschläge in Paris, in Ländern des Nahen Ostens und Afrikas verbreiten Schrecken, Angst und Wut. Wir trauern mit den Familien der Opfer. Solidarisch mit ihnen, mit ihren Völkern und allen Menschen guten Willens fordern wir ein Ende von Terror und Gewalt und treten dafür ein, dass alle erdenklichen politischen Mittel eingesetzt werden, um diesem Ziel näher zu kommen. Der Beschluss des Bundeskabinetts zur Beteiligung der Bundeswehr an einem Militäreinsatz in Syrien, um mit Frankreich und anderen Verbündeten den islamistischen Terror zu bekämpfen, erfüllt uns mit Sorge. Er folgt einer Logik, durch militärische Gewalt mehr Sicherheit herzustellen. Uns erscheint dies nicht hilfreich, um den islamistischen Terror einzudämmen und Syrien einem Frieden näher zu bringen.

Es darf nicht vergessen werden, dass die Täter von Paris nicht aus Syrien, sondern aus Frankreich und aus Belgien stammten. Terroristische Anschläge sind kriminelle Akte und müssen wie alle Verbrechen mit polizeilichen Mitteln verfolgt und die Täter vor Gericht gebracht werden. Syrien noch mehr mit militärischer Waffengewalt zu überziehen, wird keinen Terroristen davon abhalten, weitere Attentate zu vollbringen. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass ein solches Vorgehen den Terrorismus bestärkt, da dies den Hass auf den Westen noch steigert. Seit September 2014 wird gegen den Islamischen Staat mit militärischen Mitteln vorgegangen. Doch sie haben keinen Erfolg gebracht. Der Islamische Staat ist eine terroristische Organisation, die sehr unterschiedlich zusammengesetzt ist. Viele ehemalige Kämpfer Saddam Husseins haben sich inzwischen dem IS angeschlossen. Oftmals nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus mangelnder Perspektive.

Der friedensethische Beschluss der badischen Landessynode „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“ vom 24. Oktober 2013 kommt zur Erkenntnis, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden müssen „auf allen Ebenen“. Dabei orientiert er sich an den biblischen Grundaussagen. Das Pauluswort „Lasst Euch nicht vom Bösen überwinden, sondern überwindet das Böse mit Gutem“ (Röm 12,21) ist nicht Ausdruck naiver Weltferne – auf die aktuelle politische Situation übertragen bedeutet es die Aufforderung alle Anstrengungen auf Alternativen zu einem militärischen Vorgehen zu richten, um die Gewaltspirale zu durchbrechen!

Wir treten dafür ein, sorgsam zu prüfen, mit welchen Mitteln Frieden und Freiheit wirklich verteidigt und gesichert werden können und folgen dabei der Resolution der Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 28. November 2015: „Wir setzen uns dafür ein, Terror mit den zivilen Mitteln des Völkerrechts, durch wirtschaftliche Maßnahmen, Sanktionen, den Stopp von Rüstungsexporten in Krisengebiete und in Diktaturen und mit allen erdenklichen Mitteln der Diplomatie, des Gesprächs und des Aufbaus partnerschaftlicher Beziehungen einzudämmen und zu beenden. „ Dies ist eine gemeinsame Aufgabe aller friedliebenden Menschen, aller Staaten und aller Religionsgemeinschaften.

Auch wer den Einsatz von Waffen nicht grundsätzlich ausschließt, wird zu ähnlichen Einschätzungen gelangen. So macht der Friedensbeauftragte der EKD, Bischof Renke Brahms, in seiner Erklärung vom 2. Dezember 2015 deutlich, dass die Entscheidung für den geplanten Militäreinsatz die ethischen Prinzipien nicht erfüllt, welche die EKD in der Friedensdenkschrift 2007 „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ benannt hat. Nach dem Verständnis der EKD Denkschrift darf militärische Gewalt nur als letztes Mittel bei andauernden schwersten Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden. Zwingend muss ein Mandat des UN-Sicherheitsrates vorliegen. Militärisches Eingreifen muss „begründete Aussicht auf Erfolg“ haben und Teil eines „friedens- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzepts“ sein. Dies ist augenscheinlich bei dem Militäreinsatz in Syrien nicht der Fall. Die Versuche, den islamistischen Terror durch Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak zu stoppen, haben eher das Gegenteil bewirkt: sie haben die Gesellschaften in diesen Ländern destabilisiert, den Terror gefördert und große Flüchtlingsströme ausgelöst. So trägt auch die Politik des Westens hier eine Mitverantwortung für die Entwicklungen der letzten Jahre.

Darum rufen wir auf zur Besonnenheit und fordern die politisch Verantwortlichen auf, keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen, sondern genau zu prüfen, welche Instrumente gegen den Terrorismus tatsächlich helfen.

Wir rufen alle friedliebenden Menschen in allen Religionsgemeinschaften auf, die Stimme zu erheben,für friedliche Lösungen zu beten und tatkräftig einzustehen. Wir erinnern an die Friedensbotschaft Jesu, die den Christinnen und Christen den Weg weist. Mit unseren Schwestern und Brüdern aus der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und in vielen Kirchen weltweit sind wir überzeugt: „Frieden kann nicht mit Waffen gewonnen werden“.

Karlsruhe, 03.12.15“

Dortmund: Tatort – Rudelgucken in der Pauluskirche

Der Dortmunder Tatort beginnt in der Pauluskirche; Fotos: C.-D. Stille

In der Dortmunder Pauluskirche: der Tatort beginnt; Fotos: C.-D. Stille

Ich weiß ja nicht wo Sie, werte Leserinnen und Leser, hingehen, um den Dortmunder Tatort zu gucken. In den Keller vielleicht? Gestern lief nun mit und um Tatort-Kommissar Faber der siebte aus Dortmund. Noch immer soll ja der Dortmunder einer der unbeliebtestes Tatorte der ARD sein. Sei’s drum. Für mich hat der was. Nicht nur weil ich sozusagen im „Tatort Dortmund“ lebe. Für mich war gestern Premiere. Den Dortmunder Tatort zuhause schnöde vor der Glotze anzuschauen – das war (für mich und eine Reihe anderer Menschen) einmal! Wo es doch seit dem ersten Dortmunder Tatort eine hochinteressante Alternative zum Anschauen vom heimischen Sofa aus gibt. Nämlich sitzend auf harten Kirchenbänken! Was?, fragen Sie. Ja, das gibt es. Und soviel wie mir bekannt ist, einmalig in Deutschland im Ruhrpott. Geografisch genauer in der einstigen Kohle-, Stahl- und „Bierstadt Nummer 1 in Europa“ – wie es vor über fünfundzwanzig Jahren noch auf Werbeplakaten auf dem Dortmunder Hauptbahnhof, der „Pommesbude mit Gleisanschluss“ (der inzwischen verstorbenen langjährige Oberbürgermeister Günter Samtlebe seinerzeit) – geheißen hatte. Trotz Frühdienstmüdigkeit rappele ich mich also am Sonntagabend fest entschlossen auf. Ich besteige die U-Bahn, wechsle einmal einmal und bin schon da. Sozusagen im Tatort Pauluskirche auf der Dortmunder Schützenstraße. Schließlich ist das Zeigen des Tatorts eine Tat. Und die Kirche der Ort, wo man sie begeht.

Huh, mitten im „sozialen Brennpunkt“

Die Dortmunder Pauluskirche von der Schützenstraße aus gesehen.

Die Dortmunder Pauluskirche von der Schützenstraße aus gesehen.

Gelegen im – oft so genannten „sozialen Brennpunkt“ Nordstadt. Wo ich nebenbei bemerkt selbst vor langem einmal wohnte. Die Kollegen rümpften damals die Nase: „Inne Nordstadt willse ziehen?“ Es war nicht die schlechteste Zeit, die ich dort verbrannte. Die Rolltreppe spuckt mich also auf die abendliche Schützenstraße hinauf. Vieles hat sich längst verändert. „Mein“ Fleischer ist weg. Die Stadtsparkasse, wo ich meinen ersten bundesdeutschen Kredit bekam, noch da. Nun, die Straße ist mehr multikulti geworden. Bunte Tupfer in einem grauen Viertel. Multikulti, ein Wort, dass manche heute mit Verachtung auszusprechen pflegen. Und hinzufügen: „gescheitert“. Aber Deutschland verändert sich nun mal. Wir sind ein Einwanderungsland – mag mancher es auch noch immer nicht wahrhaben wollen. Speisen aller möglichen Herren und Frauen Länder bekommt man auf der Schützenstraße. Das Beerdigungsinstitut ist noch da: Gestorben wird bekanntlich immer. Auch im Tatort. Wohin ich auf dem Weg war. Huh, mitten im „sozialen Brennpunkt“ auf vermeintlich heißem Pflaster. Ein Huh-Gefühl auch: der plötzlich vor mir in den Dortmund Nachthimmel aufragende Turm der Pauluskirche. Wie eine Antenne! Für den Empfang des Tatort-Fernsehfilms.

Wie der Tatort in die Kirche kam

Das Kirchenschiff ist bereits ordentlich gefüllt. Vorn auf der Großleinwand läuft der Weltspiegel. Gemurmel und Flaschenklirren. Letzterem folge ich. Auf der Empore gibt es Bio-Würstchen, alkoholfreie Getränke, Bier und Wein. Eine heimelige Atmosphäre! Wieder unten treffe ich Pfarrer Friedrich Laker. Einer von dreien der Lydia-Gemeinde, zu welcher die Pauluskirche gehört. Friedrich Laker erzählt wie man überhaupt darauf kam den Dortmunder Tatort in der Kirche zu zeigen. Schuld daran ist die verflossenen Fußballweltmeisterschaft. Da gab es schon mal Spiele im Rudel zu gucken im Kirchenschiff. Und als dann der erste Dortmunder Tatort sozusagen ins Haus stand, hatte eine Mitarbeiterin die Idee, diesen in der Pauluskirche zu zeigen. Und es war ad hoc ein Erfolg! Seitdem gibt es jedes mal wenn ein Dortmunder Tatort avisiert ist „Rudelgucken“ in der Kirche. Eine tolle Sache! Und jung und alt sind dabei. Kritik aus der Gemeinde daran habe es bis dato eigentlich nur einmal gegeben. Ausgerechnet von jemanden, der beim „Rudelgucken“ niemals dabei gewesen war. Gewiss, so der hoch engagierte Pfarrer, dürften wenige Gemeindemitglieder ein wenig im Stillen murren – im Wesentlichen tolerierten sie es aber. Man fördere ja mit der Veranstaltung Gemeinschaftssinn und erfülle auch einen gewissen Kulturauftrag. Im weitesten Sinne ja auch Aufgaben von Kirchen. Dazu gehört nicht zuletzt ebenfalls das In-den-Blick-nehmen und Thematisieren von gesellschaftlichen Problemen. Nun also! Dann muss Pfarrer Laker nach vorne, um ein paar organisatorische Ansagen zu machen. Ein Blick ins Publikum des heutigen Abends zeigt, dass die Kirchgemeinde auf einem gutem Weg ist. Da sitzen Leuten aus allen Bevölkerungsgruppen. Ob sie nun Mitglied in der Kirche sind spielt keine Rolle. Viele junge Leute darunter. Ich selbst treffe einen jungen Mann, den ich noch als Auszubildenden kenne. Ich vermute mal, er gehörte bislang nicht zu den typischen Tatort-Guckern, wie ich seit Beginn von dessen allererster Ausstrahlung eines Films aus dieser Reihe der ARD einer bin. Da geht er hin mit seiner Freundin. Beide ein geistiges Getränk in den Händen. Und dann wird der Ton höher gedreht. Das „Zuschauerlicht“ heruntergedimmt. Der bekannte Tatort-Vorspann läuft. Spannung.

Dunkle Ecken, Thrill und freche Sprüche

Hauptkommissar "Vollarschloch" Faber ( Jörg Hartmann) und Kollegin Bönisch (Anna Schudt) in den ersten Filmminuten am Tatort.

Hauptkommissar „Vollarschloch“ Faber ( Jörg Hartmann) und Kollegin Bönisch (Anna Schudt) in den ersten Filmminuten am Tatort.

Freilich auch dieser neue Dortmunder Tatort ist von der Thematik her ziemlich finster. Und ja: er spielt in dunklen Ecken. In denen finstre Typen dunkle Geschäfte treiben, auch wenn dessen Boss im gutem Zwirn steckt. Ecken, die das Stadtmarketing über die Jahre versucht vergessen zu machen. Aber es gibt sie eben doch. Auch anderswo. Was nicht heißt, dass Dortmund nicht auch anders ist und viele tolle Ecken hat und sich diesbezüglich durchaus auch mit anderen Städten in Deutschland messen kann. Und noch dazu der ganz besondere Menschenschlag! Dessen gewohnt Schlagfertigkeit scheint auch oft genug in den zackigen, geerdeten Dialogen der Film-Kriminalisten des Dortmunder Tatorts auf. Manch Lacher ob diverser frecher Sprüche aus dem Munde von dessen Protagonisten ist da aus den Pauluskirch-Bänken zu hören. Schnelle Schnitte treiben das Filmgeschehen voran. Und vor Aufregung fällt irgendwo eine Flasche um. Dabei hatte doch Pfarrer Laker gebeten, auf den empfindlichen Steinboden zu achten. Aber schon wieselt das offenbar schuldige Mädchen eine Reihe hinter mir zum Klo, um Papier zum Säubern zu holen.

Und das macht das besondere beim Tatort-Rudegucken aus: das Gemeinschaftsgefühl. Ganz anders als zuhause zu glotzen mit der Holden oder dem Holden auf dem Sofa! Tatort Kirche. Läuft! Das muss man erlebt haben.

Abgründe – auch persönliche der Kriminalisten – hält der Film wieder zuhauf bereit. Und Thrill – den hat der Film auch. Dass die Flüchtlingsthematik im Tatort mit dem Titel „Kollaps“ eine Rolle spielt, ist sicher Zufall. Jedoch lässt dies angesichts aktueller Entwicklungen eine gewissen Brisanz spürbar werden. Denken doch die Zuschauer beim Schauen dieses Tatorts die ergreifenden Bilder der vergangenen Wochen gewiss unweigerlich mit und somit zusammen mit dem Geschehen im Film, in der eignen Stadt, quasi direkt vor der Tür der Kirche in welcher sie sitzen.

Ein Fressen für die Kritiker

Mit ziemlicher Sicherheit hat dieser Tatort wieder unterschiedliche Reaktionen auch bei den Kritikern diverser Medien ausgelöst. Viele dürften abermals nicht positiv sein. Beispielsweise ist die Kritik von Mattthias Dell im „neuen deutschland“ folgendermaßen überschrieben „Schlechte Laune, tumbe Sprüche“ und darunter:

„Es ist erstaunlich, wie gut auch dieser Tatort mit der Angst des gegenwärtigen Mobs korrespondiert“

Dann bescheinigt Dell dem Dortmund Tatort: „So weit, so gut. Dann aber wird es übel. Oder auch nur üblich, wenn man sich die Darstellung von Menschen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen anschaut, die nicht so aussehen wie die Mehrheit in diesem Land. Der gewöhnliche Reflex wäre zu sagen, dass es doch nur darum geht, die Wirklichkeit abzubilden. Aber die Wirklichkeit im Fernsehen ist naturgemäß eine Konstruktion.“

Ganz großes Kino das Programm von Pauluskirche und Kultur

Auch die Tatort Rudelgucker dürften mit unterschiedlichen Meinungen und Urteilen nachhause gestrebt sein an diesem Sonntagabend. Das soll so sein. Doch geeint haben wird sie wohl eines: Dieses Filmübertragungsangebot seitens der Pauluskirche jeweils für den Dortmunder Tatort ist sozusagen ganz großes Kino. Diese Pauluskirche auf der Dortmund Schützenstraße ist selbst Täter und Tatort zugleich. Und die Taten häufen sich. Gott und Pfarrern wie Friedrich Laker sei Dank! Schaut doch nur das Programm von Pauluskirche und Kultur an! Musentempel und Gotteshaus zugleich. Wo geht so etwas schon so gut zusammen wie hier? Kirche beschreitet hier gottlob neue Wege, ist provokant und lebensnah. So die Eigenauskunft. Und dazu dies: „Erotik-Gottesdienst, Rock-Konzert in der Kirche, Nacht der offenen Kirche mit Tanz und  Weltmusik, BVB-Trauung in Schwarz-Gelb, Single-Brunch, Gottesdienst in einem Fitness-Studio. Neue Wege – das Motto ist Programm.“ Verantwortlich dafür zeichnet die Schwerpunktpfarrstelle der evangelischen Lydiagemeinde in der Dortmunder Nordstadt und seine Inhaber, das Pfarr-Ehepaar Sandra und Friedrich Laker, das bereits seit fast 10 Jahren das etwas andere kirchliche Programm zusammen mit vielen Ehrenamtlichen aufstellt. Provozierend und lebensnah, einladend und weltoffen“ möchte man sein. „Die breite Vielfalt der Angebote von Offener Kirche, Meditation, Erlebnisgottesdienst, Gesprächsabende, Nacht der Religionen bis hin zur Kulturkirche bietet für fast jeden etwas. Hier verändert sich Kirche, wird spannend, berührt und bewegt. Einfach mal reinschauen und ausprobieren.“

Hut ab und weiter so! Wie, Kirche ist tot? Diese jedenfalls nicht. Sie liegt mitten im „sozialen Brennpunkt“ der Stadt Dortmund.  In diesem wirkt sie über Konfessionen und Menschen aus verschiedenen Nationen hinweg und gemeinsam mit ihnen zusammen.  Die Austrahlung all dessen geht weit über den Stadtteil hinaus. Ob Gläubige unterschiedlicher Konfession, Atheisten, Zweifler und Philosophen – allen bietet sich in der Pauluskirche  ein Podium. Alle sind angesprochen.

Zurück an den Tatort

Ich bekenne: Ich bin zum Täter – na ja: Mittäter – geworden. Und als solchen zieht es mich hoffentlich schon bald wieder dorthin. Zum Schluss trete ich wieder aus der Kirche hinaus auf die Schützenstraße hinaus. Ich strebe zur U-Bahnstation. Die Rolltreppe „baggert“ mich zurück  in die Dortmunder Unterwelt. Voll mit schönen Eindrücken trotz des düsteren Tatorts rausche ich mit der Metro nach Hause. Und komme erst dort an, der sogenannte Polittalker  Günther Jauch mit der   Sendung und wohl auch mit seinem Latein  am  Ende ist. Wie ich im Netz lese, ist mir da einiges an Widerlichem erspart geblieben.

Wo gehen Sie demnächst hin zum Dortmunder Tatort gucken? Ich weiß es schon jetzt wo. Wie Sie sich denken können …