Der aktuelle Ohrenkuss erklärt den „Anfang der Welt“

Cover des Ohrenkuss No 36; Foto: Hanna Witte, Grafik: Maya Hässig, Köln/Ohrenkuss.

Cover des Ohrenkuss No 36; Foto: Hanna Witte, Grafik: Maya Hässig, Köln/Ohrenkuss.

Die neue Ausgabe des Magazins „Ohrenkuss… da rein, da raus“ ist da!

Diesmal dreht es sich um etwas ganz Elementares. Der Titel des Märzheftes: „Anfang der Welt“. Und, soviel sei verraten, wieder ist den Autorinnen und Autoren, der Redaktion, eine Überraschung gelungen. Der März-Titel des Magazins, so heißt es in der Presseankündigung, „steht damit für das Entstehen des großen Ganzen, das wir Welt nennen, und unserer eigenen kleinen Welt, die mit der Geburt beginnt.“

Wer Ohrenkuss schon kennt, weiß um die wunderbaren, manchmal zunächst seltsam anmutenden, jedoch mit ihren Erklärungen wahrlich direkt zum Kern der Dinge und Geschehnisse vorstoßende kleine Artikel oder Gedichte.

Auch diesmal, schlägt man das Cover mit dem glänzenden schwarzen Kreis auf, an welchem vorbei man wie aus einem imaginären Raumschiff auf die Erde zu blicken scheint, fesseln einen abermals schon die ersten Texte der Autorinnen und Autoren mit Down-Syndrom. Sie bewegen sich diesmal beinahe magisch „zwischen den beiden Polen der Mensch- und Welt-Werdung. Zu danken ist zu einem nicht geringem Teil der eindrucksvollen Bebilderung des Magazins durch die die Kölner Fotografin Hanna Witte. Diese lässt den März-Ohrenkuss „wie ein Ausstellungs- und Denkraum“ wirken, „durch den die Leserschaft Wort für Wort und Bild für Bild schreitet wie durch ein echtes Museum.

Wie üblich hat sich das Ohrenkuss-Redaktions-Team durch den Gang durch zwei Ausstellungen die nötigen Anregungen für ihre Texte verschafft. Die Autorinnen und Autoren haben mehrmals die fantastische Ausstellung „Haux Haux“ von Ernesto Neto im Arp Museum im Bahnhof Rolandseck, um der Entstehung von Universum, Welt und Leben auf die Spur zu kommen. Und in der Bonner Ausstellung „Outer Space. Faszination Weltraum“ in der Bundeskunsthalle haben sich Antworten auf Fragen zum Weltraum, zum Urknall und zum Leben im All finden lassen.

Erst Adam und Eva – oder doch Affen?

Zur Entstehung des Universums hat das Ohrenkuss-Team unterschiedliche Ansichten. „Blau war die Welt“, diktierte Anna-Lisa Plettenberg (S. 07), Tobias Wolf setzt dem auf Seite 08 entgegen: „Also, am Anfang war die Erde ein Feuerball.“ Robert Petkewitz wiederum sagt: „Adam und Eva zu erst.

Foto: Hanna Witte, Grafik: Maya Hässig, Köln.

Foto: Hanna Witte, Grafik: Maya Hässig, Köln.

Alles cool.“ Doch Julia Bertmann holt ein bisschen weiter aus: „Zuerst kamen die Dinosaurier, dann kamen die Affen, dann die Urzeit-Menschen und dann wir.“ Wer zuerst nach dem Anfang kam, weiß auch Marley Thelen nicht so genau, aber eins ganz gewiss: „Die Stimmung war gut.“ Robert Petkewitz hat selbst per Email geschrieben: „Der Anfang der Welt. Gott Hat Die Welt Er Schfen. Zuerst Die Tiere und Mänschen Adam und Eva Zu Erst. Alles Cool.“ Cool all das, in der Tat!

In der Pressemeldung steht zu lesen: „Die Entwicklung des Menschen nehmen die Ohrenkuss-Autorinnen und Autoren in einem eigenen Kapitel in den Blick. „Ich war früher ein Affenmensch“, meint Maximilian Kurth mit Blick auf die Menschheitsgeschichte. Und Daniel Rauers berichtet, dass unsere Urahnen Adam und Eva nur deshalb aus dem Paradies geworfen wurden, weil sie verbotene Äpfel gegessen hatten. Ein Kapitel über den Anfang des eigenen, menschlichen Lebens verbindet das Große mit dem Kleinen. Verena Elisabeth Turin sagt: „Der Anfang des Lebens ist wunderschön.“ Und Katja Sothmann schreibt: „Wie meine Mama mit mir schwanger war ab da Beginnt mein leben.“

Und auch um „Das Weltall und das Down-Syndrom“ geht es im aktuellen Heft.

„Um Zellen und Chromosomen geht es in den Texten der Autorinnen und Autoren auch. Und wie der Weltraum und der Urknall sich mit dem Leben im All und auf der Erde verbinden, zeigen die Absätze über die Bonner „Outer Space“-Schau. Darin schreibt Angela Fritzen den Satz: „DAS DOWN-SYNDROM IST EIN ALIEN.“

Auch darauf sei unbedingt hingewiesen: „TOUCHDOWN – Ausstellung zum Down-Syndrom“

„Ob das mit dem Alien stimmt, können Ohrenkuss-Fans erfahren auch in Kürze in einer besonderen Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle (29.10.2016 bis 12.02.2017). Ohrenkuss ist dabei!

Die Schau mit dem Titel „TOUCHDOWN“ entsteht in Kooperation mit der Ohrenkuss-Herausgeberin, der gemeinnützigen downtown-Werkstatt für Kultur und Wissenschaft. Denn „TOUCHDOWN 21“ ist auch der Titel eines aktuellen partizipativen Forschungsprojektes, das Material und Wissen über das Down-Syndrom sammelt, analysiert und kuratiert und im Internet auf TOUCHDOWN 21 für alle in klarer Sprache zugänglich macht.“

Über Ohrenkuss

Das Magazin „Ohrenkuss …da rein, da raus“ erscheint seit 1998 zweimal im Jahr und veröffentlicht ausschließlich Texte, die Menschen mit Down-Syndrom selbst verfasst haben. So kann die Leserschaft von Ohrenkuss direkt daran teilhaben, wie Menschen mit dieser geistigen Behinderung ihre Umgebung wahrnehmen und was sie wirklich denken. Das Magazin ist in einer besonderen Optik gestaltet und veröffentlicht viele Fotos der Autoren, die sie in ungewöhnlichen oder alltäglichen Situationen zeigen.

Es darf auch für Ohrenkuss oder andere Projekte der downdown-Werkstatt gespendet werden

„Ohrenkuss …da rein, da raus“ ist ein Projekt der downtown-Werkstatt für Kultur und Wissenschaft, die seit Januar 2013 eine gemeinnützige GmbH ist. Das heißt: Wer möchte, kann jetzt auch für Ohrenkuss oder andere Projekte der downtown-Werkstatt spenden und bekommt dafür im Gegenzug Spendenquittungen.

Erfrischend und wunderbar kommt der neue Ohrenkuss wieder daher. Staunenswert allemal. Und neue Horizonte öffnend. Unsere manchmal doch sehr eingefahrenen Blicke schärfend und aufs Wesentliche? lenkend. Der Ohrenkuss geht ein weiteres Mal … da rein, da raus und hinterlässt dabei gewiss ordentlich durchlüftete Denkwelten. „Der Anfang der Welt“ – da kann einen wirklich viel durch den Kopf gehen. Dem Ohrenkuss sei Dank!

COUNTERPUNCH – John Pilger: Ein Weltkrieg hat begonnen – Brecht das Schweigen!

Lese- und Nachdenkempfehlung:

Die Propagandaschau

Wohl kaum ein Artikel passt besser zu Ostern, als dieser Aufsatz von John Pilger, der den Zusammenhang von Propaganda und Krieg auf den Punkt bringt. Seine Erkenntnisse zum „Versagen“ der Medien im Vorfeld des Irakkkrieg haben allgemeine Gültigkeit und sind die Basis unseres Blogs.

„Alle sagten: hätten die Journa­listen und die Sender ihren Job gemacht und die Propa­ganda bezüglich Saddam Husseins Massen­ver­nich­tungs­waffen hinter­fragt, hätte man die Lügen von George W. Bush und Tony Blair nicht durch Journa­listen verstärkt und nach­geplap­pert, die Invasion in den Irak wäre mög­licher­weise nicht passiert und Hundert­tausende Männer, Frauen und Kinder wären heute noch am Leben.“

Man muss diesen Gedanken nur zu Ende denken, um zu erkennen, dass es ohne Irak- und Syrienkrieg, ohne die „Intervention“ in Libyen oder Afghanistan auch keinen Terror und keine massenhaften Flüchtlinge in Europa gäbe. Das ist der Grund warum wir die Verantwortlichen in den Staats- und Konzernmedien, die eben nicht

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Karfreitagsgedenken für die von Nazi-Schergen in der Dortmunder Bittermark ermordeten Zwangsarbeiter

Am Mahnmal in der Bittermark wurden Kränze für die von Nazi-Schergen ermordeten Zwangsarbeiter niedergelegt; Fotos: C.-D. Stille

Am Mahnmal in der Bittermark wurden Kränze für die von Nazi-Schergen ermordeten Zwangsarbeiter niedergelegt; Fotos: C.-D. Stille

Am Karfreitag fand in der Bittermark das traditionelle Gedenken an die 280 bis 300 Menschen statt, die dort und in einem nahen Park in Dortmund von Nazi-Schergen getötet worden waren. Noch in den letzten Dortmunder Kriegstagen, Ostern 1945, vom 7. März bis 12. April, wurden Zwangsarbeiter aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Jugoslawien, Polen und der Sowjetunion und deutsche Widerstandskämpfer, die aus dem Hörder Gestapokeller und der Steinwache in den Rombergpark und in die Bittermark verbracht und dort per Genickschuss ermordet.

Kranzniederlegung und Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf

Ostermarsch-Urgestein Willi Hoffmeister (Mitte), der am Karfreitag seinen 83. Geburtstag beging, mit den Teilnehmern des Karfreitagsgedenkens Martin (links) und IG-Metaller Ulli Schnabel (rechts) am Aufstieg zur Bittermark.

Ostermarsch-Urgestein Willi Hoffmeister (Mitte), der am Karfreitag seinen 83. Geburtstag beging, mit den Teilnehmern des Karfreitagsgedenkens Martin (links) und IG-Metaller Ulli Schnabel (rechts) am Aufstieg zur Bittermark.

Bei Dauerregen hatten sich am Nachmittag zirka 1000 Menschen auf der Wiese vor dem Mahnmal in der Bittermark zum gemeinsamen Karfreitagsgedenken eingefunden. Am Mahnmal und in der Krypta wurden Kränze niedergelegt.

Der Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf startet.

Der Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf startet.

Allein mehrere hundert Teilnehmer nahmen zuvor am Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf teil, welcher über sieben Kilometer vom Stadtion Rote Erde bis zur Bittermark führte. Dessen Teilnehmer absolvierten den Lauf wandernd, laufend oder per Rad. Auf diese Weise wurde an Heinrich Czerkus – 1933 für die KPD im Dortmunder Stadtrat – erinnert, der als Vereinswart bei Borussia Dortmund tätig gewesen war. Auch ihn ermordete die Gestapo wegen seiner Widerstandstätigkeit gegen das faschistische Hitler-Regime.

Oberbürgermeister Ullrich Sierau pflanzte mit den Ehrengästen einen Korbiniansapfelbaum

Der Korbiniansapfelbaum wird gepflanzt.

Der Korbiniansapfelbaum wird gepflanzt.

Eine Viertelstunde vor Beginn der Gedenkveranstaltung ist auf der Wiese vor dem Mahnmal ein Korbiniansapfelbaum gepflanzt worden. Die Apfelsorte „Korbiniansapfel“ entstand 1944 im Konzentrationslager Dachau aus einer Sämlingsauslese des Häftlings und Pfarrers Korbinian Aigner. Er säte mehrere Apfelkerne zwischen den Baracken aus und nahm die jungen Pflänzchen mit, als das Lager zu Kriegsende verlegt werden sollte. Er konnte fliehen und pflanzte die drei Sämlinge in seinen Garten. Aigner nannte die Äpfel „KZ-Äpfel“. Eine der drei Sorten, „KZ3“, wurde später Pfarrer Aigner zu Ehren in „Korbiniansapfel“ umbenannt. An der Pflanzung des Baumes beteiligten sich neben Oberbürgermeister Ullrich Sierau u.a. auch die Ehrengäste des diesjährigen Karfreitagsgedenkens der Generalkonsul Frankreichs, Vincent Muller, der Vizekonsul des Generalkonsulats Russlands, Andrej Seikow, Madame Godard (Präsidentin des Ex-F.N.D.T) sowie Gisa Marschewski und Ernst Söder.

Oberbürgermeister Sierau: Erinnerung an diese Verbrechen darf nie verblassen

Die Moderation der Veranstaltung oblag den BotschaferInnen für den Frieden. Zunächst richtete Oberbürgermeister Ullrich Sierau seine Worte an die Anwesenden. Eingangs schilderte Sierau die grausamen Geschehnisse in der Bittermark und Hörde, die nun mehr als 70 Jahre zurückliegen. Er drückte seine Fassungslosigkeit über „die menschenverachtenden Taten“ aus: „Der Krieg, der Zweite Weltkrieg, der hier in Dortmund offiziell am 13. April um 16.30 Uhr endete – da war man offensichtlich damals auch sehr genau – galt für Deutschland zu diesem Zeitpunkt bereits als verloren.“

Sierau beklagte, dass damals keiner der Täter wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord verurteilt wurde. „Sie wurden überwiegend freigesprochen.“ Das sei „ein Schlag ins Gesicht der Opfer und ihrer Angehörigen. Aber vor allem ist es eines, es ist beschämend!“

Die Erinnerung an diese Verbrechen bezeichnete Sierau als ein Zeichen des Respekts gegenüber den Ermordeten und Hinterbliebenen. „Das darf nie verblassen.“

OB Sierau hob die internationale Bedeutung der Gedenkstätte Bittermark hervor. Und bedachte den Besuch der Mitglieder des Verbandes französischer Zwangs- und Arbeitsdeportierten mit Lob: Es sei eine besondere Ehre Dortmund. Sie „reichten und reichen“ uns die Hand als Geste der Versöhnung.

Ausdrücklich verlieh Ullrich Sierau seiner Freude darüber Ausdruck, dass Personen nun wieder mit dabei seien, die zuletzt aus gesundheitlichen Gründen nicht hatten nach Dortmund kommen können. Ebenso grüßte der erste Mann der Stadt Dortmund die Eheleute Karl-Heinz und Régine Hessling als Vertreterin der „Association des prisonniers de guerre Hemer et Dortmund“.

Die Mitglieder sind Angehörige von französischen und belgischen Kriegsgefangenen, ab 1940 im Stalag VI A in Hemer und im Stalag VI D in Dortmund registriert gewesen waren.

Ullrich Sierau würdigte die vielfältige Erinnerungsarbeit in Sachen Geschichtsaufarbeitung und das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Dortmund. Der OB gab bekannt, dass ihm von Madame Godard die goldene Ehrenmedaille am Blauen Bande der Verbundenheit des ehemaligen Verbandes der Zwangs- und Arbeitsdeportierten verliehen worden sei. Das würdige „unser aller Engagement gegen das Vergessen“, so der OB. Diese Ehrung habe er, Sierau, stellvertretend für alle Dortmunderinnen und Dortmunder entgegengenommen, die Erinnerungsarbeit leisten.

Der Redner äußerte seine Besorgnis über einen derzeit ein europaweit zu beobachtenden „Ruck nach Rechts“. Die Zivilgesellschaft sei aufgefordert, klare Grenzen zu ziehen, was Rassismus und Fremdenfeindlichkeit betrifft. Den rechtsextremistischen und „vermeintlichen bürgerlichen Kräften“ dürfe kein Raum gelassen werden. Nicht weggeschaut werden dürfe, wenn „in unserem Land vor Flüchtlingsheimen demonstriert wird und Menschen angegriffen werden. Oder sogar um ihr Leben fürchten müssen“.

Madame Godard ehrte die Anwesenden mit ihrer auf Deutsch gehaltenen Ansprache: „Der Friede ist kein Geschenk der Natur“

Nach Sierau sprach Madame Godard, die ihre Rede auf Deutsch hielt, „um die Anwesenden zu ehren“, wie sie sagte. Die Aufgabe ihrer Organisation sei das Gedenken an die Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkrieges zu bewahren. Mittlerweile führten die Nachfahren dieser einstigen Zwangsarbeiter die Erinnerungsarbeit fort. „Wir sind die Erben der Leiden, die unsere Väter erleiden mussten, deshalb engagieren wir uns, um die Erinnerung an das“ zu bewahren.

Madame Godard bekundete ihre Dankbarkeit dafür, dass „dieser Ort des Gedenkens, der uns vereint, erhalten bleibt“.

Vor dem Mahnmal in der Bittermark.

Vor dem Mahnmal in der Bittermark.

„Wir sind gekommen, um den jungen Generationen zu beweisen, dass  die Freundschaft zwischen den Völkern immer möglich ist. Dass es genügt die Freundschaft zu wollen und zu pflegen. Ich will die jungen Leute auch dafür sensibilisieren, dass sie sich Tag für Tag bewusst machen: Der Friede ist kein Geschenk der Natur, man muss ihn sich erarbeiten, wie im letzten Jahr Präsident Chaize gesagt hat.“

Sie dankte den Dortmundern für alles, was sie bisher getan haben und was sie noch tun werden.

Ernst Söder erwartet ein Verbot aller neofaschistischen Vereinigungen und der NPD

Ernst Söder, Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache und Internationales Rombergpark-Kommittee, zitierte Bettina Wegners Text „Die Mahnung an der Wand“, um damit zu auszudrücken, dass Soldaten stets das Wort Nein zum Krieg fehlte. Söder würdigte die Karfreitags-Toten. Deren Tod sei unser Vermächtnis, heute in ihrem Sinne tätig zu sein. Unbedingt müsse gegen den erstarkenden Neofaschismus Stellung bezogen werden. Denn Faschismus „ist keine Gesinnung, Faschismus ist die als Ideologie herunter gebrochene Form des Verbrechens.“ Nichts in diese Richtung gehendes dürfe verniedlicht werden. „Wir müssen wachsam sein.“

Dann wurde Söder noch klarer: „Wir erwarten ein Verbot aller neofaschistischer Vereinigung, das Verbot der NPD und ein staatliches Vorgehen gegen den rechten Terror. Und nicht sein Deckeln durch Verfassungsschutzbehörden.“ Endlich müsse auch die Justiz beginnt, „ihr Verhältnis zu Freiheit und Demokratie auch geistig zu ordnen.“

Das diesjährige Karfreitagsgedenken in der Bittermark endete mit einem Vortrag und klang mit dem Lied „Die Moorsoldaten“ aus

Prof. Dr. Ulrich Herbert von der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg hielt schließlich noch einen sehr ausführlichen Vortrag (er kann hier in ganzer Länge nachgelesen werden) über die blutigen Verbrechen der Nazi-Schergen in der letzten Kriegsphase 1945 vor dem Untergang der Hitler-Diktatur.

Posaunenchöre Dortmund.

Posaunenchöre Dortmund.

Musikalisch begleitet wurde das Karfreitagsgedenken in der Bittermark Posaunenchören aus Dortmund unter Leitung von Andreas Schneider. Es sang der Kinderchor der Chorakademie am Konzerthaus Dortmund e. V. unter der Leitung von Bianca Kloda.

Die Veranstaltung klang mit dem Lied „Die Moorsoldaten“ aus. Einige der Anwesenden sangen das 1933 von Häftlingen des Konzentrationslagers Börgermoor bei Papenburg geschaffene Lied mit.

In Dortmund wurde über das Rollenverständnis von Romni diskutiert

Das Thema einer Diskussionsveranstaltung in der Auslandsgesellschaft Dortmund diese Woche; Fotos: C.-D. Stille

Das Thema einer Diskussionsveranstaltung in der Auslandsgesellschaft Dortmund diese Woche; Fotos: C.-D. Stille

Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus fand am vergangenen Dienstag eine Diskussionsveranstaltung in Kooperation des Planerladen e.V. mit der Auslandsgesellschaft NRW in deren Sitz in Dortmund statt. Der Titel: „Das Rollenverständnis von Frauen und Mädchen bei Roma“.

Romni im Mittelpunkt

Die weiblichen Familienmitglieder heißen auf Romanes Romni. Konkret sollte folgenden Fragen nachgegangen werden: Welche Rolle kommt der Frau in traditionell lebenden Roma-Familien zu? Inwiefern spielt die Sicherung der Ethnie dabei eine Rolle? Welche Bilder existieren in der Mehrheitsgesellschaft und wie passen diese zur Realität? Speziell war vorgesehen gewesen auch über das Foto – und Interviewprojekt „Romni“ von Tabea Hahn und Anna Merten (Bericht dazu. Quelle: Nordstadtblogger). Die beiden Frauen hatten Vertrauen zu in Dortmunder Nordstadt lebenden Romni aufgebaut, diese interviewt und Fotos von ihnen in traditioneller Kleidung gemacht. Leider standen sie am Dienstagabend krankheitsbedingt nicht zur Verfügung. Wenngleich die Abwesenheit der Macherinnen des Romni-Projektes ein Manko darstellte, vermittelte die Podiumsdiskussion dennoch interessante Aspekte aus dem Leben der Romni.

Die Gäste und ihr Hintergrund

Moderatorin Ismeta Stojković im Gespräch mit Leon Berisa (links).

Moderatorin Ismeta Stojković im Gespräch mit Leon Berisa (links).

Podiumsgäste waren Livia Costica (rumänische Nordstadtbewohnerin) und Leon Berisa, Schüler (Projekt JUROMA). Die Moderation hatte die gebürtige Serbin Ismeta Stojković aus Köln (Rom e.V.) übernommen. Livia Costica, die früher in Rumänien einen Marktstand betrieb, lebt seit 2007 in Dortmund hat vier Kinder und acht Enkelkinder. Sie hat die deutsche Sprache gelernt und Hilfsangebote – etwa von der AWO – angenommen. Momentan ist sie als Putzfrau tätig. Für sie, das erwähnte sie mehrfach, war traditionelle bunte Roma-Mode mit ihren langen Röcken nie eine Option. Andere Romni hat sie hier in Dortmund angesprochen. Ihnen sogar eigne Kleidung angeboten. Sie lehnten ab. Wie sich im Verlaufe der Veranstaltung herausstellte, geht es diesen Romni offenbar um die Bewahrung ihrer Identität. Vielleicht befürchten sie eine Assimilation.

Frau Costica ist dies einerlei. Ob eine Romni Hosen trägt oder einen Minirock, bzw. die westlichen Frauen in Jeans und bauchfrei herumgehen – da ist sie tolerant.

Livia Costica stammt aus Rumänien. Sie lebt seit 2007 in Dortmund.

Livia Costica stammt aus Rumänien. Sie lebt seit 2007 in Dortmund.

Costica stammt vom Lande und hat nur einen niedrigen Schulabschluss. Die Kinder und Enkelkinder strebten aber durchaus höhere Schulabschlüsse an.

Das passt nun schon gar nicht zu den üblichen Klischees, die in den Medien verbreitet, von der Mehrheitsgesellschaft unhinterfragt für bare Münze genommen und sich im Verein mit über die Jahrhunderte als Ressentiments offenbar nicht ausrotten lassen.

Auch bei Ismeta Stojković und ihrer Familie wurde und wird Bildung groß geschrieben. Schon in Jugoslawien, das, wie später ein Veterinär aus dem Publikum zu berichten wusste, seinerzeit „viel für Roma tat“, sei das unter vielen Roma so gewesen. Die studierte Philologin – seit 2001 in Deutschland – hat hier einen schwierigen Weg hinter sich und „bittere Erfahrungen“ wegstecken müssen. Nicht anerkannte Diplome und die deutsche Bürokratie machten es ihr schwer. Über einen Kontakt zu einer anderen Serbin kam sie schließlich auf eine erfolgreiche Spur. Heute leistet sie wichtige gesellschaftliche Arbeit bei Rom e.V. in Köln und begleitet Roma auf ihren ersten Wegen hierzulande. Eine Arbeit, die sie ausfüllt und glücklich macht.

Leon Berisa beim Projekt JUROMA mit ähnlichen beratenden Tätigkeiten für SchülerInnen und Jugendliche sowie für deren Integration im Einsatz. In seiner aus dem Kosovo kommenden Familie haben es ebenfalls viele zu hohen Bildungsabschlüssen gebracht. Schon die Mutter hat Jura studiert. Seine Schwester ist sogar weiter aufgestiegen als der älteste Bruder.

Aber freilich – das wurde auch deutlich – haben bei den Familien die Jungen schon in der Regel mehr Freiheiten als ihre Schwester. Sie dürfen länger ausbleiben als diese. Sie gelten eben als diejenigen, die die Familientraditionen fortführen sollen. Klar, so Livia Costica, wollten die Väter Söhne. Käme aber ein Mädchen, seien auch diese herzlich willkommen. Mit 18 Jahren heiraten die Mädchen meistens und bekämen dann selbst Kinder.

Die Verschiedenheit der Roma

Im zweiten Teil des Abends ließ sich aus Reaktionen des Publikums – darunter auch einige Lehrerinnen, welche in ihren Klassen Romakinder unterrichten – so etwas wie eine gewisse Enttäuschung heraushören. Denn die auf dem Podium sitzenden Romni entsprechen eben so gar nicht den üblichen Klischees über Roma. Ismeta Stojković ging freundlich lächelnd auf die Wortmeldungen ein. Reaktionen dieser Natur ist sie gewohnt. Sie erklärt, dass die Community der Roma sehr unterschiedlich ist. Was allein schon mit dem unterschiedlichen Herkunftsländern und oft auch mit verschiedenen Religionen in Zusammenhang stehe, welche die jeweiligen Roma angehören. In Europa lebten, schätzte die Kölnerin, um die 15 Millionen Roma. Da stoße man schon auf Unterschiede. Manchmal schon in der Aussprache des Romanes.

Später sollte abermals der Veterinär aus dem Publikum einwerfen: Auch in Deutschland seien ja die Menschen sehr unterschiedlich. Wenn man nur einmal die Bayern mit den Norddeutschen vergleiche. Da gebe es dann auch zuweilen Animositäten. Da stimmte ein junger Mann, auch er ist nebenbei bemerkt in der Sozialarbeit tätig, zu: „Oder es geht eben zu wie zwischen den Fans von BVB und Schalke.“ Diskrepanzen blieben also nicht aus.

Zum anderen, so Stojković weiter, übe auch die Aufnahmegesellschaft auf die zugewanderten Roma ein nicht unerheblichen Einfluss aus und bewirke allmähliche Veränderungen bei ihnen. Bildung mache viel aus und die gesellschaftlichen Verhältnisse in denen man lebe. Bestimmte Erscheinungen seien so gar nicht romaspezifisch. Inzwischen ginge auch die Anzahl der Kinder zurück. Im Durchschnitt betrage sie nur noch zwei. Kinder pro Familie. Zum ersten Mal erlebten Roma etwa aus Bulgarien oder Rumänien – wo sie meist schweren Diskriminierungen unterliegen – in Deutschland eine für sie ungewohnte Herzlichkeit. Was wiederum positive Effekte nach sich zöge.

Sie selbst erlebe in ihrer Schularbeit in Köln, dass es viel bringe den Roma auf Augenhöhe zu begegnen. Es brauche aber Geduld und Zuversicht.

Vieles, bestätigte Leon Berisa, laufe über die Kinder. Wenn die Kinder zufrieden und glücklich seien, erzählten sie es den Eltern und die fassten dann auch Vertrauen. Schließlich wollten sie ja auch, dass ihre Sprösslinge weiterkämen.

Die Sprache ist der Türöffner“

Ismeta Stojković ergänzte: Rom e.V. begleite die Kinder nun bereits ab der Einschulung. Eltern würden mit wichtigen Formularen an Adresse rund um die Schularbeit versorgt. Das nähmen die Eltern an. Hausbesuche würden gemacht. Eine Sprechstunde für Eltern findet regelmäßig statt. Auf dem Schulhof steht ein Mediator zur Verfügung. Helfern wie Ismeta Stojković und Leon Berisa versetzt die Kenntnis der Sprache der Eltern und Kinder in die Lage Vertrauen zu ihnen aufzubauen.

Stojković: „Die Sprache ist der Türöffner.“ Die Eltern merkten, dass sie als Roma respektiert werden. So gelänge es sie zu motivieren. Gefühlvoll müsse da vorgegangen werden und individuell auf die Menschen eingegangen werden.

Ein zarter Wandel

Das Rollenverständnis gerade der Romni stellte sich bei dieser Podiumsdiskussion als ganz unterschiedlich ausgeprägt heraus. Traditionell müsse davon ausgegangen werden, dass die aus Bulgarien und Rumänien zu uns gekommenen Roma sehr bildungsfern sind. Während die Roma, die damals beispielsweise als Gastarbeiter in den Raum Düsseldorf-Köln (heute lebten ca. 6000 bis 8000 da) gezogen waren, gut ausgebildet und zum Geld verdienen für die Familie daheim gekommen waren. Heute ziehe es die Roma wegen der Armut, der nicht selten unerträglichen Diskriminierung in ihren Heimatländern (meist seien sie schon dort mehrfach und ohne Erfolg umgezogen, um dieser zu entgehen) nach Deutschland.

Wie bei anderen Völkern – ja selbst in Deutschland ist es ja nicht so lange damit her – schreite inzwischen auch bei den Romni die Emanzipierung langsam voran. Die Zahl der Roma-Aktivistinnen steige an. Aber der Fortschritt ist eben auch hier eine Schnecke. Wenn Integration der Roma schlecht oder nicht gelänge, habe das manchmal auch mit schlechten Erfahrungen zu tun, die sie gemacht hätten. Und da ist es wohl mit den bunten Kleidern ebenso wie mit den in den Köpfen der Romni und ihrer Väter und Ehemänner noch immer tief verwurzelten Traditionen. Die habe man vermutlich Angst aufzugeben, weil befürchtet werde, die eigne Identität zu verlieren. Niemand kann eben so leicht aus der Haut. Mancher nie .Oft ein Teufelskreis, den zu durchbrechen nicht einfach ist. Ismeta Stojković aber gab sich betreffs des Standes der Weiterentwicklungsphase, gerade der Romni, und der zukünftigen Fortschritte, die die zu uns gekommenen Roma insgesamt hoffnungsvoll.

Die Töchter der Roma, stellte Livia Costica auf eine absichtlich dahin gelenkte Frage aus dem Publikum, klar, seien in der Regel so selbstbewusst den Mann zu heiraten, den sie auch liebten. Sie jedenfalls könne ihrer Tochter nicht damit kommen, sie solle den oder den Nachbarn heiraten. Dies geschehe eher noch auf den Dörfern der Roma-Herkunftsländer. Auch Scheidungen würden eigentlich in der Regel problemlos von den Familien akzeptiert.

Freilich begegneten einen immer einmal Romni, mit langen Haaren und langen bunten Röcken und Blusen, die eben den gängigen Klischees entsprächen. So wie sie im Magazin zum Romni-Projekt abgebildet sind. Und der Veterinär wiederum, der einst auf einen Vorstandsposten bei einer Roma-Vereinigung verzichtete, weil ein anderer Rom ihn nicht als geeignet dafür hielt (weil er ja mit Blut in Verbindung komme – einem Tabu bei manchen Roma), fand wiederum diese traditionelle Kleidung ganz nett. Der Tiermediziner meinte, diese langen Röcke gingen womöglich auch auf die Zeit der Roma während ihres Lebens im Osmanischen Reiches zurück und seien im Zusammenhang mit den Vorschriften des Koran zu sehen. Sei es drum: Wenn jemand damit die Tradition bewahren möchte, warum nicht? Jeder nach seiner Facon. Apropos Tabus: Die werden sich vielleicht auch noch nach und nach abschleifen. Da war man sich sicher. Warum sollte nicht irgendwann auch ein Rom oder eine Romni Polizist bzw. Polizistin werden?

Niemals soziale Probleme auf eine Minderheit projizieren

Vieles im Leben, machte zum Schluss der Veranstaltung die Moderatorin noch einmal geltend, habe in erster Linie mit der Sozialisation der Menschen zu tun. Ob sie nun Roma oder anderer Abkunft seien. Und wenn Roma hierher nach Deutschland kämen, dann habe das mehrheitlich nicht damit zu tun, dass „sie unser Sozialsystem berauben wollten“. Es sei vielmehr so, dass allein schon die Möglichkeit, ein bescheidenes Leben hier zu führen für Roma quasi eine Art von Luxus darstellt, den sie in ihrem Heimatland nie erreichen könnten. Es müsse unbedingt vermieden werden, nahmen die Besucher dieser Veranstaltung mit nachhause, soziale Probleme auf eine Minderheit zu projizieren.

ARD und ZDF blenden Frage nach den Ursachen des Terrors in Brüssel komplett aus

Ja, wo wohl die Ursachen des Terrors zu suchen sind? Man könnte Jürgen Todenhöfer oder Dr. Michael Lüders („Wer den Wind sät“) fragen.

Die Propagandaschau

ardzdfAm 9. Februar 2016 geschah in Bad Aibling ein schweres Zugunglück mit 11 Toten und 85 Verletzten. Es gab in den deutschen Medien wohl nicht eine einzige Nachrichten- oder Sondersendung, in der nicht nach den Ursachen gefragt wurde. Im Gegenteil: gerade diese Frage stand logischerweise im Fokus der Berichterstattung.

Heute starben in Brüssel vermutlich 20 Menschen und mindestens weitere 100 wurden zum Teil fürchterlich verletzt. In den Hauptnachrichtensendungen sowie in den jeweiligen Sondersendungen von ARD und ZDF wird die Frage nach den Ursachen NICHT EIN EINZIGES MAL gestellt.

ARD_Brennpunkt_Brüssel_22032016 Die totale Verblödung: Statt nach den Ursachen zu fragen, befragt die ARD im „Brennpunkt“ Kinder zu ihren Ängsten

Die Zuschauer bekamen in beiden staatlichen Propagandaanstalten durchweg emotionalisierende Bilder, Interviews und Kommentare vorgesetzt. Dazu durften Bundespräsident, Innenminister und Kanzlerin ihre tiefe Betroffenheit in die Kamera heucheln. Der „Krieg gegen den Terror“ wurde unter anderem von einem französischen Premierminister beschworen, dessen Land seit Jahrzehnten…

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Cars of Hope #Wuppertal 20.03.2016: Tag 1 in #Idomeni

#Idomeni

Cars of Hope

Heute sind wir in Idomeni angekommen. Kurz davor haben wir in einer Tankstelle in Polykastro angehalten. Diese Tankstelle liegt auf der E75, etwa 20 Kilometer vor Idomeni. Auf dem Gelände der Tankstelle leben viele Geflüchtete in Zelten unter sehr harten Bedingungen.

20160320_145717.jpgAls wir schließlich in Idomeni ankamen, waren alle aus unserer Gruppe zunächst sehr still. Die Zustände dort sind katastrophal und wir mussten die Eindrücke erstmal verarbeiten. Das Camp grenzt direkt an den Grenzzaun zu Mazedonien (FYROM). Hinter dem Zaun hat die mazedonische (FYROM) Armee ein martialisches Aufgebot aufgefahren, inklusive mehrerer gepanzerter Fahrzeuge. Hubschrauber kreisen permanent über den Köpfen der gefüchteten Menschen. Ein eiskaltes Europa nimmt die Menschen hier in Empfang.

Im Camp ist eine Struktur entstanden, wo neben freiwilligen Helfer*Innen auch einige NGOs wie z.B. Ärzte Ohne Grenzen aktiv sind. Heute waren ihre Ärzte u.a. damit beschäftigt, eine Gruppe von Geflüchteten zu behandeln, die gestern Abend versucht hatte, über…

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Flüchtlingsplan EU-Türkei ist zweiter Todesstoß für Europa. Der dritte wird tödlich sein

Kein Mensch ist illegal; Foto: Stille

Kein Mensch ist illegal; Foto: Stille

Die Europäische Union ist im Grunde genommen doch längst klinisch tot. Die sogenannten politischen Eliten dieses bröckelnden europäischen Hauses haben es nur noch nicht gemerkt. Oder sie versuchen den so oder so kommenden Zusammenbruch noch irgendwie hinauszuschieben, indem sie verbissen eine Runde um die andere im Hamsterrad drehen. Angetrieben alle von jeweils egoistischen Interessen. Das Ding muss ja früher oder später auseinander fliegen! Die Europäische Idee ist pervertiert. Sie wir in ihr Gegenteil verkehrt! Durch die Vertreter einer geschichtsvergessenen agierenden Politikerriege, die sich seit Jahren von der Finanzmafia am Nasenring durch die Manege ziehen lässt. Und so gepresst den Neoliberalismus zur anscheinend allein seligmachenden Ideologie erhoben hat. Die dabei freigesetzten Kräfte lassen die Gesellschaften in zwei Teile zerbersten. Und die Schere zwischen den beiden Segmenten – Arm und Reich – klafft immer weiter auf. Und absurd genug: statt Armutsbremsen wurden Schuldenbremsen eingeführt.

Die EU starb bereits im vergangenen Sommer

Gestorben war für mich EU samt zugrunde liegender europäischen Idee gewissermaßen bereits, als man im vergangenen Sommer nach dem Referendum in Griechenland so erpresserisch mit der linken Tsipras-Regierung umsprang. Eigentlich schon viel früher. Ich schrieb damals (hier):

„Dass man aber nun auch noch einem tief in Not geratenem Mitgliedsland wie Griechenland, das bei weitem nicht nur selbst Schuld an seiner Misere hat – wie oft der Eindruck erweckt wird – schlägt dem Fass den Boden aus! Auf welche Werte will sich die EU des Jahres 2015 denn künftig überhaupt noch glaubwürdig berufen?  Ich schreibe es offen hinaus: Indem man einem Mitgliedsland Solidarität und nötige Unterstützung schroff, im Ton überheblich und auf arrogante Weise verweigert, hat man der EU, dem dahinter stehenden Europäischen Gedanken den vielleicht entscheidenden Todesstoß versetzt.“

Aber nimmt einen das Wunder? Der EU mangelt es an Entscheidendem: An Solidarität! Da war man früher ehrlicher. Das Ding hieß EWG: Europäische Wirtschaftgemeinschaft.

Am Umgang mit Flüchtlingen wird das glasklar deutlich. Statt Fluchtursachen endlich zu bekämpfen, will man die Geflüchteten aus den Augen und aus dem Sinn haben. Sah die Bundesregierung betreffs der einst im letzten Jahr in Budapest gestrandeten Menschen noch eine humanitäre Katastrophe herauf dräuen, sind Regierungssprecher Seibert (hier) die Geflüchteten im Matsch von Idomeni nun nicht einmal ein paar Krokodilstränen wert. So what …

Der vorletzte Todesstoß für die EU?

Politik ist ein schmutziges Geschäft. Dies gab mir einst einmal ein Tscheche im Riesengebirge mit auf den Weg. Nie stimmte dieser Satz so wie in diesen Tagen!

Nun ist der sogenannte „türkische „Merkel Plan“ – „eine Showveranstaltung auf hohem Niveau“ nannte das Jens Berger auf den NachDenkSeiten unter Dach und Fach. Für die EU rapid schnell in Sack und Tüten gebracht worden. Der letzte Todesstoß für die EU? Dass dieser Plan gar nicht so türkisch oder stark auf Merkel zurückgeht, hat Jens Berger im Gegensatz zu unseren Leitmedien öffentlich gemacht. Der Plan wurde demnach am 4. Oktober 2015 (sic!) im Kern von der European Stability Initiative (ESI) fertiggestellt, Sei es drum.

Nun ist der Plan in der Welt. Und ab heute soll er umgesetzt werden.

Pro Asyl spricht von einem irrsinnigen 1:1 Deal:

„Für jeden syrischen Bootsflüchtling, den die Türkei zurücknimmt, darf ein anderer syrischer Flüchtling per Resettlement legal nach Europa ausreisen. Dieser bizarre Ansatz wird von der EU-Kommission weiterhin vertreten. Also nur wenn ein syrischer Schutzsuchender sein Leben bei der Überfahrt riskiert und dann per Schnellverfahren zurückverfrachtet wird, entsteht ein Resettlement-Platz für einen anderen Schutzsuchenden aus Syrien. Von diesem Irrsinn abgesehen: Für die anderen Bootsflüchtlinge – beispielsweise aus Afghanistan, dem Irak, dem Irak oder Eritrea – gibt es keine legalen Wege.“

Friedensnobelpreisträgerin“ in staatlichen Menschenhandel verwickelt

In der Tat schlimm! Wohin sind wir gekommen? Staatlicher Menschenhandel! Wohl bemerkt: mit dem Segen der „Friedensnobelpreisträgerin“ Europa. Am entscheidenden Hebel in Sachen 1:1 Deal sitzt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Der autokratisch agierende, immer mehr zum Diktator tendierende starke Mann der Türkei, welcher die Kurden im eigenen Land zusammenkartätschen lässt – die Bundesregierung verbeißt sich Kritik – unliebige Journalisten einknasten und kritische Zeitungen mal eben unter Staatskontrolle stellen lässt. Ein gefährlicher Deal der EU mit der Erdogan-Türkei, die durch eine unverantworliche Politik erhebliche Schuld am Wiederaufkommen des Terrors in eigenem Lande trägt.

Wenn das man nicht das Ende der EU ist, dann weiß ich nicht. Wollen wir ein solches Europa? Ein Europa, wo nur noch von Obergrenzen statt Menschen, die unsere Hilfe brauchen, die Rede ist. Apropos Menschen: Glaub denn irgendwer, durch das neue Flüchtlingsregime würden die grundlegenden Probleme gelöst? Die Flüchtenden werden neue – wahrscheinlich gefährlichere – Routen nehmen, um ihre Ziele zu erreichen. Es dürfte wieder mehr Tote geben. Und die Flüchtlinge – werden sie weniger werden? Nichts ist gut. Wer kann mir die europäischen Werte nennen, die noch gelten?

Europa muss neu begründet werden

Und die Rechtspopulisten in Europa werden auch mit dieser Schweinerei an den Flüchtenden keineswegs zufrieden sein und noch Abschottung fordern. Der Ökonom Heiner Flassbeck könnte mit seiner Befürchtung einer trüben Zukunft recht behalten: „Die Nationalisten werden Europa den Todesstoß geben.“ Es wäre dann der dritte und endgültig tödliche.

Dieses Europa jedoch mit seinen geschichtsvergessenen, unverantwortlichen politischen Eliten an der Spitze, die ohne jegliche Visionen von einer Katastrophe in die andere stolpern, hat diesen Todesstoß förmlich herausgefordert. Sehenden Auges!

Europa muss neu begründet werden. Von Unten. Es muss ein Europa der Menschen, der Gerechtigkeit und der Solidarität sein. Ansonsten können wir es lassen.

Um Fluchtursachen junger Afrikaner ging es bei einer Veranstaltung in Dortmund

Ein Grußwort hielt Dr. Klaus Gelmroth von der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft; Fotos: C.-D. Stille

Ein Grußwort hielt Dr. Klaus Gelmroth von der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft; Fotos: C.-D. Stille

In gedrängt vollem Großen Saal der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund sollte es am vergangenem Mittwoch um „Fluchtursachen von jungen

Afrikanern“ gehen. Dr. Klaus Gelmroth, Vorsitzender der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft, bat einleitend die Dortmunder Mitbürger die „Freunde aus Afrika nett und freundlich aufzunehmen“, damit sie sich hier heimisch fühlen können. Er gab zu bedenken, dass viele von diesem Kontinent Geflüchtete unter Traumata leiden.

Dr. Kajo Schukalla sprach über Fluchtursachen

In einem ersten Input-Beitrag vermittelte der Koordinator des Ghana Forums NRW und menschenrechtlich für die Gesellschaft für Völker engagierte Dr. Kajo Schukalla einen übersichtlichen Einblick zum Thema Entwicklungsprojekte. Von Afrika und über die von dort Flüchtenden würde „von etwas schlicht gestrickten Mitmenschen und auch von den Medien oft ein Schreckgespenst an die Wand gemalt“. Als die gravierendsten Fluchtgründe benannte der Referent Menschenrechtsverletzungen, Landraub (Land Grabbing), Armut, den Klimawandel, Geschlechterproblematiken, Perspektivlosigkeit und fehlende Religionsfreiheit. Schukalla wies daraufhin, dass allein in den letzten fünf Jahren weltweit 15 Konflikte ausgebrochen sind. Entsprechend hoch ist die Zahl der Geflüchteten. Mittlerweile ist deren Zahl auf über 60 Millionen angewachsen. Allein 35 Millionen Binnenflüchtlinge gebe es. Dr. Schukalla zeigte anhand einer Karte innerafrikanische Wander- und Fluchtrouten auf. Und wies auf die in der Kolonialzeit willkürlich gezogenen Ländergrenzen hin. Was heute bekanntlich noch etliche Konflikte zwischen Ethnien begünstigt. Land Grabbing, erklärte Schukalla, werde leicht möglich, weil in Afrika zumeist keine Kataster existierten. Vertreibung von Menschen und Entzug der Existenzgrundlagen sein die Folge. Die Fläche, welche afrikanischen Bauern in den vergangenen Jahren enteignet wurde, entspreche ca. ein Drittel der Agrarflächen in der EU.

Afrika, ausgenutzt als „Menschenreservoir“ und ausgebeutet wegen seiner Rohstoffe

Serge Palasie, vormals bei Eine Welt Netz NRW, nun Promotor für Flucht, Migration und Entwicklung überschrieb seinen Vortrag mit der Frage „Was haben volle Flüchtlingsboote mit der Geschichte von Sklavenhandel und Kolonialismus zu tun?“ Darin sprach er über akzeptierte Geflüchtete und welche, die hier oft scheel angesehen würden: die sogenannten Wirtschaftsflüchtlinge. Denen also, denen hier meist vorgeworfen wird, sie hätten ihre Misere selbst verschuldet und wollten sich nun in Deutschland nur ins „gemachte Netz“ setzen. Doch so einfach sei es nicht. Palasie stellte klar, keine „historische Schuldzuweisungen“ machen zu wollen. Er richtete seinen Blick auf die Zeit, da Afrika ins Interesse der Kolonialmächte rückte. Anfangs habe es durchaus noch eine „gewisse Kooperation auf Augenhöhe“ der Europäer, zunächst der Portugiesen, etwa mit dem Kongo gegeben. Später habe der seinerzeitige Papst den Spaniern erlaubt den arabischen-asiatischen Markt zu erschließen – jedoch über den Westen. So seien sie auf Amerika gestoßen und „das Übel für den afrikanischen Kontinent“ habe seinen Lauf genommen. Hart arbeitende Arbeitskräfte wurde bald benötigt. Die Sklaverei begann. Afrika diente als „Menschenreservoir“. Wohl an die 60 Millionen Menschen seien vom afrikanischen Kontinent geraubt worden, um sie zu versklaven. Davon erreichten nur 12 Millionen Amerika. All das hinterließ Spuren. Verdient hätten Kolonialherren und deren Gewährsleute in Afrika. Die Ware Mensch ist dann freilich später abgelöst worden. Von fossilen Brennstoffen und wichtigen Rohstoffen. Die sich anschließende Kolonialzeit schwächte Afrika ebenfalls stark. Nach dem Erlangen der Unabhängigkeit ist bei den meisten afrikanischer Staaten bis heute kaum eine nachhaltige Industrialisierung gelungen. Der Veredlungsprozess , so Palasie, von Rohstoffen aus afrikanischer Erde fände noch immer zumeist außerhalb Afrikas statt.

Wie ein Zuhörer einwarf, ist das vom Westen so gewollt. Denn damit sei eben großes Geld zu verdienen. Als ebenso verwerflich bezeichnete der Herr den Druck Europas auf die afrikanischen Länder. Ein fairer Handel fände nicht statt. Allein der Export von Hühnern und selbst von Tomaten aus der EU nach Ghana ruiniere die dortigen Bauern. Beides könne dort billiger angeboten werden als gleichwertige ghanaischen Produkte.Der von dem Mann aus dem Publikum damals in Ghana angebaute Mais sei dem US-amerikanischen einzig deshalb unterlegen gewesen, weil dieser hätte billiger angeboten werden können. Ghana habe u.a. wegen dem Hühnerexport unlängst bei der EU protestiert. Europa habe den Protest mit Verweis auf Reglement der Welthandelsorganisation (WTO) abgebügelt.

Bemerkenswert: Als die afrikanische Länder unabhängig wurden, haben Arbeitskräfte in Europa rund 50 mal mehr verdient als in Afrika. 2010 hat sich der Betrag verdoppelt! Sechzig Jahre Unabhängigkeit haben also nichts zum Besseren gewandelt. Serge Palasie wies auch auf die Zäsur hin, die nach dem Zusammenbruch sozialistischer Systeme um 1990 herum in Afrika einsetzte. Die einzelnen afrikanischen Staaten waren bis dahin entweder vom Westen oder von sozialistischen Staaten unterstützt worden. Der Kampf der Systeme hatte negative wie gute Seiten. Jedes wollte besser als das andere sein. Afrikanischen Staaten wurden so jeweils von einem der Systeme protegiert und geschützt.

Palasie verglich das auch mit dem geteilten Deutschland und der Situation nach dem Beitritt der DDR zur BRD. Als das „Wettrennen der Systeme“ vorbei war, habe der Kapitalismus ungeniert sein wahres Gesicht zeigen und Sozialabbau betreiben können. Das anscheinend bessere Gegenmodell war ja erledigt.

Die Menschen hierzulande, merkte Serge Palasie an, die nun angesichts der Flüchtlingskrise die Nase über die zu uns flüchtenden Menschen rümpften, hätten nie begriffen, worauf sich unser Wohlstand zu großen Teilen überhaupt gründet: nämlich wesentlich auf die Ausbeutung anderer Völker. Wer also hier sage, so Palasie: „Die Afrikaner hätten es nicht auf die Reihe gekriegt, weil sie faul unterm Baum sitzen und die Frauen arbeiten lassen. Und dann kommen die zu uns ins gemachte Nest“, der springe eben einfach entschieden zu kurz.

Gesprächsrunde

Konkret um die Situation von Geflüchteten drehte es sich in einer von Karin Herzog geleiteten Gesprächsrunde. Daran beteiligt war der aus Nigeria stammende Sadik über Ghana nach Libyen und das Mittelmeer nach Griechenland geflüchtet. Sein Bruder starb dabei. 52 Leute waren in seinem Boot. Zirka 40 Menschen überlebten die Überfahrt. Sadik arbeitet seit vier Jahren in Deutschland. Er arbeitet für (1,50 Euro) in einem Dortmunder Flüchtlingsheim. Er ist nur geduldet. Die deutsche Sprache beherrscht er nicht. Was bei einigen Zuhörern Verwunderung auslöste, dürfte konkret mit seinem Aufenthaltsstatus zusammenhängen.

Sadik lebt seit vier Jahren in Dortmund, bekommt aber keine Arbeitserlaubnis

Allerdings wurde Sadik im Rahmen der Veranstaltung darauf aufmerksam gemacht, dass es in Dortmund auch Vereine gebe, welche kostenlos Deutschunterricht erteilen. Da dürfte sich also etwas anbahnen. Im Anschluss an die Veranstaltung wurden bereits entsprechende Absprachen mit Sadik getroffen.

Es wurde deutlich, dass in den Herkunftsländern der Flüchtlinge ein zu goldiges Bild von Deutschland gezeichnet wird. Gemischte Gefühle hat Sadik nun hier: Einerseits fühlt er sich akzeptiert, andererseits macht ihm die Dauer seines Aufenthalts Sorge und das ihm noch immer eine Arbeitserlaubnis verwehrt wird. Denn er sieht andere Leute, die noch nicht so lange hier sind und denen bereits erlaubt wird zu arbeiten. Manchmal frage er sich resigniert, ob seine Benachteiligung nicht womöglich mit seiner Hautfarbe in Zusammenhang steht. Deutschland entspricht nicht seinen ursprünglichen Vorstellungen. Obwohl er seine Zukunft nicht allzu positiv sieht, hofft er dennoch weiter auf ein normales Arbeitsverhältnis. Die Ursachen seiner Flucht: Perspektivlosigkeit in seiner Heimat.

Noah flüchtete vor gefährlicher Ausländerfeindlichkeit in Griechenland und fühlt sich hier gut aufgenommen

Noah (20) dagegen ist ebenfalls vier Jahre in Deutschland. Allerdings spricht der in Griechenland geborene sehr gut Deutsch. Noah lernte die Sprache in der Schule von den Lehrern und Mitschülern beim Fachabitur. Er kam nach Deutschland, weil ihm die Bedrohung durch Rechtsradikale Ausländern gegenüber in Griechenland zu gefährlich geworden war. Von den Deutschen findet er sich gut aufgenommen. Noah erzählte, er sei weitgehend ohne spezielle Vorstellungen nach Deutschland gekommen.

Von der Arbeit mit Flüchtlingen in Dortmund berichteten Kossi Logovie und Kevin Matuke

Neben Moderatorin Karin Herzog nahmen schließlich noch Kossi Logovie (Diakonie Phönix-Haus) und Kevin Matuke (Integrationsrat Dortmund) Platz. Kossie Logovie berichtete über die Situation im Phönix-Haus. Afrikanische neu zugewanderte Menschen sind dort in der Minderheit. Sie dürfen entgegen den Syrern keine staatliche finanzierten Sprachkurse bzw. Wohnung in Anspruch nehmen. Araber und Afrikaner gingen im Haus stets getrennte Wege, so Kossie Logovie. Die Afrikaner sehen sich benachteiligt. Konflikte blieben nicht aus. Kossi Logovie versucht Spannungen durch das Organisieren von Fußballspielen abzubauen. Aufgefallen sei ihm, dass die Afrikaner früh aus dem Hause gingen und erst abends zurückkehrten. Sie seien eben immer auf der Suche „nach der Zukunft“.

Kevin Matuke lobte die Stadt Dortmund, die inzwischen die Anliegen auch afrikanischer Zuwanderer sehr ernst nehme. Er strich heraus, dass auch unsere Lebensweise und Kaufgewohnheiten hier in Deutschland einen nicht geringen Einfluss auf die Lebenswelten von Afrikanern ausübe. Eine Änderung unseres Verhaltens könnte Fluchtursachen vermindern helfen. Ein wichtiger Schritt könne auch ein Stopp deutschen Waffenexporte nach Afrika oder anderswohin sein.

Die Ausführungen der beiden Referenten ergänzte Matuke dahingehend, indem er anmerkte, dass die Fluchtursachen einen langen Anlaufweg hatten. Seit Jahrzehnten schon hätten Fluchtbewegungen vorausgesehen werden können. Die Gründe für eine Flucht seien oft dieselben gewesen in der Geschichte: Der Wunsch nach einem besseren Leben. Kevin Matuke: Millionen Deutsche seien doch auch schon in Krisenzeiten aus Deutschland etwa nach Amerika ausgewandert. In Zeiten der Hungerkrise verließen Iren scharenweise ihr Land.

Gleichermaßen sprach Matuke die Auswirkungen von Korruption als einen weiteren Fluchtgrund der Menschen in afrikanischen Ländern an. Letztlich trügen auch rosige Medienberichte dazu bei, Leute auf dem afrikanischen Kontinent zur Flucht zu ermuntern. Des Weiteren kritisierte Matuke, dass hier lebende Afrikaner bei Heimatbesuchen das Leben im Westen beschönigten. Oder die Leute wollten Kritisches über den Westen einfach nicht glauben.

Die Stadt Dortmund müsse in der Flüchtlingsarbeit stark engagierte Vereine trotz großer Anstrengungen noch mehr zu unterstützen.

Auf Nachfrage von Karin Herzog erwähnte Herr Matuke, dass in Dortmund momentan 5000 Geflüchtete ein Bleiberecht haben. Davon sind 893 Afrikaner, 1288 stammen aus Syrien.

Der Abend klang musikalisch und mit Gesprächen bei leckeren afrikanischen Spezialitäten aus

Den informativen Abend, veranstaltet vom Verein Junger Deutsch-Afrikaner e.V. , dem Planerladen e.V. und der Deutsch-Afrikanische Gesellschaft, beschloss ein musikalischer Part. Douglas Osei begleitete Noah (Gesang) auf dem Flügel. Im Eingangsbereich des Saals wurden leckere afrikanische

Musikalischer Ausklang: Am Flügel: Douglas Osei, Gesang: Noah.

Musikalischer Ausklang: Am Flügel: Douglas Osei, Gesang: Noah.

Spezialitäten zum Verzehr angeboten. Chefredakteurin Veye Tatah verteilte die neueste Ausgaben des Magazins „Africa Positive“ und warb für den gleichnamigen hoch engagieren Verein, der seinen Sitz im Fritz-Henßler-Haus hat.

Robert F. Kennedy Jr.: Warum die Araber uns in Syrien nicht wollen

Unbedingt empfohlen:

Die Propagandaschau

Es ist ein bemerkenswerter Beitrag, der die seit 5 Jahren andauernde Kriegspropaganda über den Krieg in Syrien in den westlichen Medien entlarvt und er kommt mitten aus dem US-amerikanischen Establishment: Robert F. Kennedy Jr.’s „Warum die Araber uns in Syrien nicht wollen“ erschien am 22. Februar auf Politico und nicht etwa in der New York Times. Auch die europäische Ausgabe von Politico hat den Artikel im Original veröffentlicht, aber wie bereits angekündigt hat es Springer – trotz eines Joint Ventures mit Politico – nicht für nötig erachtet, eine deutsche Übersetzung – beispielsweise in der „Welt“ – zu veröffentlichen.

Das haben nun die Nachdenkseiten übernommen und wer den Artikel noch nicht im Original gelesen hat, der sollte sich jetzt die Zeit nehmen und die Hintergründe, die auch schon von anderen publik gemacht wurden, mit dem abgleichen, was die Lügenjournaille schon heute Abend wieder in ARD und ZDF erzählen wird…

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Warum…

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Streitgespräch: „…raus aus dem Euro?“ mit den Professoren Bontrup und Höpner in Dortmund

Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Moderator Peter Rath-Sangkhakorn (v. links nach rechts); Fotos: C.-D. Stille

Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Moderator Peter Rath-Sangkhakorn (v. links nach rechts); Fotos: C.-D. Stille

Die EU liegt mit schwerer Krise danieder. In der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund gab es am Dienstag unter dem Titel „… raus aus dem Euro? – Die Plan-B-Diskussion und die Frage nach einer sozialverträglichen Auflösung der Euro-Zone“ ein Streitgespräch mit Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup (Diplom-Ökonom) und Prof. Dr. Martin Höpner ((Politikwissenschaftler und Germanist) statt.

Veranstalter des Streitgesprächs waren DGB, Attac und der Nachdenktreff, vertreten durch Peter Rath-Sangkhakorn.

Prof. Dr. Höpner sieht in der Belebung des früher unbeliebten Europäischen Währungssystems eine Lösung

Peter Rath-Sangkhakorn und Prof. Dr. Martin Höpner (von links nach rechts).

Peter Rath-Sangkhakorn und Prof. Dr. Martin Höpner (von links nach rechts).

Martin Höpner ging der Frage nach, ob es wohl gelingen könne, die Euro-Krise zu lösen ohne den Euro zu verlassen. Diese definierte Höpner als eine private und öffentliche Verschuldungskrise. Aus Sicht der südeuropäischen EU-Länder als Konjunktur- und Stagnations- bzw. gar Schrumpfungskrise. Wären das die einzigen Symptome der Eurokrise, dann hätten (progressive Kräfte keine Schwierigkeiten „eine stimmige Antwort zu formulieren“. Schulden würden garantiert und mithilfe transnationale Transfers könnten im Süden Investitionen finanziert werden. Dazu müsste das Europäische Parlament mehr Rechte erhalten. Vielleicht in Richtung des Mottos „Europa neu begründen“ nach den Vorstellungen des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufkakis.

Alles stelle sich jedoch viel komplexer und schlimmer dar. Und zwar in Gestalt einer Wettbewerbs- und Leistungsbilanzkrise. Eine Währungsunion funktioniere nur, „wenn sich die Teilnehmer in die Lage versetzen ihre Lohn- und Preisauftriebe zu synchronisieren.“ Ganz einfach, weil in einer Währungsunion keine nationalen Währungen existieren, die man auf- und abwerten könne. Höpner: „Diese notwendige Sychronisation hat nicht stattgefunden.“ Nominallöhne und Preise sind in Südeuropa „übergeschossen“, während der Norden der Eurozone „mit Deutschland als Speerspitze“ (Stichwort „Exportweltmeister“) gezielt dahinter zurückgeblieben ist.

Ein Dilemma: „Eine Wirtschaft wird bei fallenden Preisen nicht wachsen. Und wenn sie doch wächst, werden garantiert die Preise nicht fallen.“ Eine Lösung könnte die Verhandlung der Euroländer unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Brüssel eines „transnationalen Pakts“, eines „imaginären Sozialpakts“, sein. Die Nord- könnten den Südländern Transfers und Investitionshilfen gewähren.

Niemand müsste den Euro verlassen. Eine Verwirklichung steht nicht erwarten. Die EZB ist für Höpner nicht das Problem. Vielmehr ist es Deutschlands „radikalisierte Überexportorientierung“. Eine Inflationierung Deutschlands sei jedoch nicht einmal mit Gewerkschaften wie der IG Metall zu machen. Was im Gegenzug bedeute, dass Deutschland seine europäischen Partner mit diesem Problem alleine lasse. Wie die sogenannten Institutionen mit Griechenland umspringen, dass sei ein „beispielloses zynisches Experiment“ mit den Folgen Verarmung, Deindustrialisierung, Entdemokratisierung und Zerstörung von Tarifautonomie. Damit müsse Schluss sein. Höpner, bei der Einführung des Euro noch enthusiastischer Befürworter des Euro, heute: „Die Einführung des Euro war eine grausige Fehlentscheidung“. Ein besser auf Europa passendes, flexibles Währungsregime favorisiert Höpner. Die Finanzmärkten müsste außen vor bleiben. Das aber werde „nie mit dem merkantilistischen Deutschland in dieser Währungsunion klappen“, meint Höpner. Er zieht das einst unbeliebte Europäische Währungssystem (EWS) – aktiv zwischen 1979 und 1998 – für heute als eine Lösung in Betracht.

Prof. Heinz-J. Bontrup: Endlich mit der verfehlten Austeritäts-“ und neoliberalen Wirtschaftspolitik brechen

Für Heinz-J. Bontrup ist der Euro eine Erfolgsgeschichte. Dass der eine Weichwährung würde, hätten Viele befürchtet. Es sei nicht eingetreten: „Der Euro ist stabil“. Bontrup gefallen allerdings die enormen deutschen Exportüberschüsse ebenfalls nicht. Dass es jedoch so sei, liegt für ihn „an der deutschen wirtschaftlichen Performance“. „Wir sind eben so gut und so stark“. Bontrup zeigte sich froh darüber, dass wir nun einmal kein Griechenland sind. Für ihn hängt das mit der menschlichen Arbeit zusammen: „Da ist der deutsche Michel nun einmal verdammt gut.“ Eine Währungs- und Eurokrise gibt es für ihn nicht. Jedoch eine „massive, tiefe europäische Wirtschaftskrise“. Die EU als Wirtschaft befände sich „in der Tat in Auflösung und im Verfall“. Die Ursache läge in dem Kapitalismus immanenten widersprüchlichen System zwischen Kapital und Arbeit sowie auch innerhalb der Klassen.

Neoliberale Politik habe „Riesenverwerfungen“ in der Gesellschaft gezeitigt. Die wahre Ursache für die Krise in der EU sieht Bontrup in der verfehlten neoliberalen Wirtschaftspolitik. Von Beginn des Euro an sei es bis dato nicht gelungen die tiefe Dichotomie zwischen Geld- und Fiskalpolitik aufzuheben. Mit der „unsäglichen Austeritäts-“ und neoliberalen Wirtschaftspolitik müsse gebrochen werden. Dass das Schuldner-Gläubiger-Verhältnis aus den Fugen gekommen sei – darin stimmte er mit seinem Kollegen Höpner überein. Heinz Bontrup kritisierte die nicht demokratisch legitimierte EU-Kommission. Die fahre eine Politik, welche den EU-Verfall beschleunigt. Alternativen hingegen gebe es immer. Nötig sind seiner Meinung nach im Sinne eines „Linkskeynesianismus“ eine expansive Lohnpolitik, eine Arbeitszeitverkürzung und „ein gezielter Kapitalschnitt bei den Reichen und Vermögenden“. Des Weiteren fordert Heinz Bontrup eine Demokratisierung der Wirtschaft. Die Rückkehr zu nationalen Währungen hält Bontrup für katastrophal. Ohnehin würde wieder D-Mark dominieren. Schwere Verwerfungen wären die Folge.

Streit und kluge Fragen aus dem Publikum

Im Anschluss an die Eingangsbeiträge entspann sich eine rege Diskussion mit dem Publikum, das kluge Fragen zu stellen wusste. Und die Professoren gerieten in einigen Punkten tatsächlich in Streit. So zweifelte Dr. Höpner Heinz-J. Bontrups Narrativ, wonach der deutsche Leistungsbilanzüberschuss daherkomme, weil deutsche Arbeiter tüchtiger seien als ihre europäischen Kollegen, heftig an. Bontrup ließ der Kritik ein dreifaches trotziges „Doch!“ folgen. Die enormen Ungleichgewichte zwischen den Ländern, konterte Martin Höpner wiederum, schüfen enorme Probleme. Kontrovers vorgetragene Argumente flogen hin und her. Bontrup mahnte ein solidarisches anstelle eines „neoliberal verkommenen Europa“ an. Höpke ging damit d’accord.

Prof. Bontrup: „Eine Euro-Auflösung ist keine Lösung.“ Sie brächte allein schon für Griechenland, das Europa eiskalt habe über die Klinge springen lassen, riesige Aufwendungen wegen der Ablösung der Euro-Verbindlichkeiten (die letztlich nicht zu stemmen sein würden) mit sich und zögen weitere schmerzhafte Entbehrungen mit sich. Große Sorgen bereitet Bontrup die derzeit destabile Verfassung Europas. Auch politisch – vor dem Hintergrund der Flüchtlingstragödie – bis in die einzelnen Länder seien enorme rechtsradikale Verwerfungen vorauszusehen. Die AfD ist für ihn nur eine Erscheinung in diesem Zusammenhang. Wer glaube die Rechtspopulisten zögen 2017 nicht in den Bundestag ein, so Heinz Bontrup, sei naiv. Eine Euro-Auflösung dürfte die Lage zusätzlich politisch destabilisieren, von der rechte Kräfte wohl profitieren würden. „Das wäre das endgültige politische Ende Europas.“

Heinz-J. Bontrup klagte über eine in weiten Teilen schmutzig und borniert zu nennende Politik und das grausame ökonomischen Nichtwissen vieler „sogenannter“ Volksvertreter. Die glaubten tatsächlich daran, dass ein staatlicher Haushalt einem privaten gleichzusetzen sei. Schuldenbremse im Grundgesetz und schwarze Null seien fürchterliche Ergebnisse dessen.

Fazit

Ein spannendes Streitgespräch, gar nicht arg professoraler Art war das zwischen Heinz-J. Bontrup und Martin Höpke in der Auslandsgesellschaft ausgetragene. Und wie vom Publikum angemerkt waren die beiden sich zivilisiert die Klingen kreuzenden Herren auf dem Podium im Kern gar nicht einmal so weit auseinander. Festgestellt wurde ebenso deutlich: Die von Vielen gewünschten einfachen Lösungen gibt es nicht. Der Vorhang zu und alle Fragen offen, also? Nicht ganz, so der Eindruck. Aber Aufmerken, dass brachten die Professoren herüber, ist dringend angesagt. Vielleicht steht es für Europa schon nach zwölf? Wir haben sinngemäß mit Nietzsche gesprochen schon zu lange in den Abgrund hineingeschaut. Längst schaut er in uns zurück. Raus aus dem Euro ist aber gewiss keine Lösung.