Das Grundgesetz muss auch für Flüchtlinge gelten

Heinz Ratz  (hier bei einem  WDR-Interview 2014) engagiert sich schon lange für die Belange von Flüchtlingen; Foto: C.-D. Stille

Heinz Ratz (hier bei einem WDR-Interview 2014) engagiert sich schon lange für die Belange von Flüchtlingen; Foto: C.-D. Stille

Der Misshandlungsskandal in NRW-Flüchtlingsheimen schlägt hierzulande derzeit hohe Wellen. Die zuständige Polizei ermittelte umgehend. Medien berichten. Politiker äußern sich. Empörung macht sich breit. Auch Verwunderung. Verwunderung? Kann die Öffentlichkeit aber wirklich darüber verwundert sein, dass solch ein Misshandlungsskandal – der einen an den Abu-Ghuraib-Folterskandal denken läßt – geschehen konnte? Nun einmal Butter bei die Fische: Selbstverständlich nicht! Wenn sich jetzt darüber gewundert wird, so ist das Naivität oder Uninformiertheit geschuldet. Auch ist m. E. eine Portion Heuchelei im Spiele. Rundheraus: Probleme in diesem Bereich waren geradezu programmiert.

Auslöser Asylkompromiss

Nicht zuletzt wurden die Vereinbarungen, die aus dem sogenannten Asylkompromiss von 1993 resultierten, dazu genutzt die Zahl der nach Deutschland kommenden Asylsuchenden abzusenken. Was ja auch, zynisch ausgedrückt, funktionierte. Im Zuge dessen wurden allerorten Asylheime geschlossen, dementsprechend viele Heimplätze abgebaut. Nun, da Flüchtlingszahlen aus den uns bekannten Gründen seit einiger Zeit wieder ansteigt, reichen die Heimkapazitäten vielerorts einfach nicht mehr aus. Laut Claudia Roth sind derzeit weltweit 50 Millionen Menschen auf der Flucht.

Hoheitliche Aufgaben sollten nicht von Privaten wahrgenommen werden

Dass private Sicherheitsdienste in Flüchtlingsunterkünften eingesetzt werden ist an sich schon zu kritisieren, zumal die von denen übernommenen Tätigkeiten schlicht hoheitliche Aufgaben sind bzw. eigentlich sein sollten. Warum werden sie dennoch an Private vergeben? Einerseits weil den staatlichen Einrichtungen Personal fehlen dürfte. Andererseits, weil Bund, Länder und Gemeinden Geld „sparen“ sollen, respektive müssen.

Ein Geschäft wie jedes andere?

Nicht umsonst werden Ausschreibungen betreffs privater Sicherheitsfirmen offenbar an die jeweils günstigsten Anbieter vergeben. Wie kommt ein solches günstiges Angebot zustande? Gewiss auch über Billiglöhne. Und da rutschen dann wohl auch schon einmal Sicherheitsfirmen (im vorliegendem Falle über Subunternehmen) mit hinein, die nicht das fachlich beste Personal aufbieten. Nicht selten dürften sich unter dem auch Muskelpakete befinden, die mehr oder weniger rechts angehaucht sind.

Im vorliegendem Fall waren beim Subunternehmen sogar Vorbestrafte tätig. Kontrolle durch den Staat erfolgt offenbar so gut wie nicht. Was vielleicht erklär- aber nicht entschuldbar ist. Auch seriöse Privatsicherheitsdienste übernehmen die Asylbewerberheime gewiss nicht aus purer Menschenliebe. Es ist ein Geschäft wie jedes andere auch. Nur speziell mit Menschen. Die oft traumatisiert sind. Höchstwahrscheinlich ein sehr lukratives Geschäft. Bedenkt man, dass diese Betreiberfirmen vom Staat dafür pro Bett zwischen 800 und 1000 Euro erhalten.

European Homecare gerät nicht das erste Mal ins Zwielicht

Neben Malteser Hilfsdienst, dem Deutschen Roten Kreuz mit der Zuständigkeit für Verpflegung, Reinigung, Betreuung und Sicherheit in den NRW-Asylunterkünften steht auch das nun in die Kritik geratene Essener Privatunternehmen European Homecare als Betreiber zur Verfügung. European Homecare geriet nicht das erste Mal ins Zwielicht. Spiegel Online schreibt: „Doch European Homecare fällt nicht zum ersten Mal auf. Im Jahr 2003 geriet das Unternehmen in Österreich in die Schlagzeilen, nachdem im Flüchtlingslager Traiskirchen bei Wien ein Tschetschene nach einer Massenschlägerei an seinen Kopfverletzungen gestorben war.“ Zur Tätigkeit von European Homecare auch ein Beitrag von „No Racism“.

Zum aktuellen Fall in Deutschland hat das Unternehmen auf seiner Website eine Stellungnahme veröffentlicht. Man sei „betroffen und schockiert“ heißt es u.a. dort.

Wie auch immer: Ich finde, Flüchtlingsbetreuung darf kein Geschäft sein. Private haben da nichts verloren. Hoheitliche Aufgaben sollten auch von staatlichen Stellen wahrgenommen werden.

Wer hinsah, hätte die Gefahr schlimmer Auswüchse auch früher erahnen können

Verwunderung über die nun bekanntgewordenen Misshandlungen gegenüber Flüchtlingen ist zurückzuweisen. Wer hinsah, hätte die Gefahr schlimmer Auswüchse auch früher erahnen können.

Im Jahr 2011 fragte ich den  für die Rechte der Flüchtlinge stark engagierten Heinz Ratz für Readers Edition:

Kann man generell sagen, wo die Lager am schlimmsten sind?

Ratz: „Nein. Dies hängt von deren Betreibern ab. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sind die engsten gesetzlichen Rahmen gesteckt. Aber furchtbare Lager gibt es überall. Viele der Einrichtungen sind privatisiert. Und die privaten Unternehmer sind natürlich die Schlimmsten. Wenn das nicht die Caritas oder die Arbeiterwohlfahrt macht, oder die Heime städtisch sind…Die privaten Unternehmer holen das raus, was sie nur können.“

Meine nächste Frage lautete: Steckt da ein Sinn dahinter, die Bedingungen so schlecht als möglich zu gestalten, eine Art “Vergrämungs”-Politik?

Ratz darauf: „Sicherlich ein bisschen der, dass man den Flüchtlingen zeigen möchte, sie sind nicht willkommen. Es ist besser wenn sie wieder gehen. Eigentlich.“

Andere Unterbringungsmöglichkeiten ins Auge fassen

Wie das u.a. auch Interview mit Heinz Ratz aus dem Jahre 2011 zeigt, traten manche Probleme schon damals zutage. Nicht selten machte die Politik die Augen davor zu. Nun schreiben wir das Jahr 2014 und der Misshandlungsskandal in NRW schreckt auf, schlägt hohe Wellen. Die Empörung gerät rasch zu Heuchelei. Jedenfalls wenn sich nicht bald etwas Gravierendes ändert. Die Gesellschaft ist aufgefordert dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge – Schutzbefohlene, die nicht selten mit schwere Traumatisierungen zu uns kommen –  menschenwürdig untergebracht und behandelt werden. Und zwar möglichst nicht in Großunterkünften. Denn dort kommt es oft auch zu Konflikten der Untergebrachten untereinander. Es müssen andere Möglichkeiten der Unterbringung in Erwägung gezogen werden. Beispielsweise die in Wohnungen.

Krokodilstränen

Die jetzt ob des schlimmen Vorfalls in NRW geweinten Tränen sind als Krokodilstränen zu bezeichnen. Ertönte ein Alarmruf doch bereits vor zwei Wochen. Die Dortmunder Ordnungsdezernentin Diane Jägers (CDU) hatte da ernste Zweifel an der ordnungsgemäßen Unterbringung  neuer Flüchtlinge in NRW angemeldet. Erstaufnahme-Einrichtungen für Asylbewerber seien hoffnungslos überfüllt, das System stehe vor dem Kollaps, berichtete die WAZ. Innenminister Ralf Jäger (SPD) rüffelte die Dortmund Dezernentin von Düsseldorf aus ab. Heute ist Herr Jäger in Erklärungsnöten. Das Unternehmen European Homecare, redet er sich die Geschichte schön, liefere „überwiegend seriöse Arbeit“. Man werde „in einen kritischen Dialog treten“. Na dann, viel Glück, Herr Minister.

Eigentlich ist es ganz einfach

Was, wollte ich 2011 von Heinz Ratz wissen, empfindest Du als das Dringlichste, was zwecks Verbesserung der Lage von Flüchtlingen hier zu tun wäre?

Heinz Ratz darauf: „Also ich sage immer, man soll sich einfach nur an das Grundgesetz halten. Da steht drin, dass jeder unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, seinem Geschlecht gleichbehandelt wird. Also man sollte den Flüchtlingen den gleichen Mindeststandart geben wie jeder Deutsche ihn auch besitzt und haben möchte.“

Ist es also nicht eigentlich ganz einfach? Ja. Aber augenscheinlich stellt es sich als das Einfache dar, das schwer zu machen ist. Weil man es vielleicht gar nicht will? Reißen wir uns endlich am Riemen! 50 Millionen Menschen sind momentan weltweit auf der Flucht. Und es ist nicht so, dass wir im Westen gar nichts mit den Ursachen für Flucht und Vertreibung zu tun haben. Dass die Flüchtlingszahlen gestiegen sind, war abzusehen. Der bekanntgewordene Misshandlungsskandal muss dazu führen, unseren Umgang mit Flüchtlingen nicht nur zu überdenken. Sondern ihn dahingehend zu verändern, das Humanität im Vordergrund steht.

Mehr über die aktuellen Aktivitäten von Heinz Ratz

Dortmunder Oberbürgermeister will nicht zum „Kippen-Kaiser“ gekrönt werden

Die Aktivisten vom Forum Rauchfrei kritisieren bereits seit einiger Zeit die Stadt Dortmund. Weil die ihrer Meinung nach über die Stadtfirma Westfalenhallen Dortmund  GmbH, die die Tabakmesse „Inter-tabac“ veranstaltet „der Tabakindustrie hilft, ein Produkt zu vermarkten, an dem allein in Deutschland jährlich mehr als 100.000 vorzeitig sterben“.

Bereits schon einmal dieses Jahr veranstaltete das Forum Rauchfrei Aktionen gegen die Inter-tabac ASIA, die von der fraglichen Stadtfirma organisiert auf Bali stattfinden sollte. Der Protest wirkte: Der zuständige Gouverneur von Bali verbot die Messe. Lesen Sie dazu einen Bericht von mir.

Auch diesmal blieb die Tür zu den Räumen des Oberbürgermeisters verschlossen und Ullrich Sierau unsichtbar; früheres Foto: C. - D. Stille

Auch diesmal blieb die Tür zu den Räumen des Oberbürgermeisters verschlossen und Ullrich Sierau unsichtbar; früheres Foto: C. – D. Stille

Der neuerliche Protest des Forum Rauchfrei richtet sich gegen die in Dortmund veranstaltete Tabakmesse „Inter-tabac“. Am vergangenem Donnerstag wollte die Rauchfrei-Aktivisten den Dortmund Oberbürgermeister Ullrich Sierau im Dortmunder Rathaus zum „Kippen-Kaiser“ krönen. Wie schon einmal bei der Überreichung der Unterschriften aus Deutschland und Indonesien gegen die „Inter-tabac ASIA“ Anfang diesen Jahres, war auch dieses Mal der Oberbürgermeister nicht zugegen, um die „Auszeichnung“ entgegenzunehmen.

Dazu erreichte mich eine Presseerklärung vom Forum Rauchfrei vom 18. September 2014:

Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau will sich nicht zum „Kippen-Kaiser“ krönen lassen

Heute wollte das Forum Rauchfrei den Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau im Rathaus von Dortmund zum „Kippen-Kaiser“ krönen. Bedauerlicherweise war der Oberbürgermeister für das Forum Rauchfrei nicht zu sprechen. Johannes Spatz, Sprecher des Forum Rauchfrei, war empört, dass das Forum Rauchfrei nicht vorher über die Abwesenheit des Oberbürgermeister informiert worden war und auch der stellvertretende Pressesprecher des Rathauses Frank Bußmann sich weigerte, Zigaretten-Krone und Kippenstummel-Reichsapfel entgegenzunehmen.

 

Die Auszeichnung zum Kippen-Kaiser sollte das Engagement des Oberbürgermeisters für die Tabakmesse „Inter-tabac“, mit der die Westfalenhallen Dortmund GmbH im Namen der Stadt der Tabakindustrie hilft, ein Produkt zu vermarkten, an dem allein in Deutschland jährlich mehr als 100.000 Menschen vorzeitig sterben, würdigen.

 

Bußmann trat als hervorragender Vertreter des Oberbürgermeisters auf, da er sich weigerte, auch nur ein einziges Wort zur moralischen und ethischen Verantwortung der Stadt für die Tabakmesse zu sagen. Johannes Spatz erklärte vor der verschlossenen Tür des Arbeitszimmers des Oberbürgermeisters: „Wir möchten den Oberbürgermeister auszeichnen, da er trotz massiver Kritik und trotz des Wissens um die verheerenden Folgen an der Tabakmesse festhält und jegliche Kritik an sich abprallen lässt.

 

Diese beharrliche Ignoranz und Unfähigkeit, Kritik zu ertragen, gab es zuletzt zu Zeiten des Absolutismus. Sierau ist also ein echter Kippen-Kaiser!“

Die „Inter-tabac“ ist inzwischen zu einer riesigen Werbemaschine für Tabakprodukte geworden, ein Großteil der Besucher und Aussteller kommt aus dem Ausland.

 

„Damit ist diese Tabakmesse für die weltweite Zunahme des Tabakkonsums und die dadurch verursachten gesundheitlichen Schäden mit verantwortlich“, so Spatz. Die Westfalenhallen bekennen sich ganz offen zu ihrer Partnerschaft zur Tabakindustrie.

 

„Es ist unerträglich, dass eine ganze Stadt sich dermaßen in den Dienst der Tabakindustrie stellt“, sagt Spatz. Er ist überzeugt, dass die weltweite Kritik an dem Verhalten der Westfalenhallen und des Oberbürgermeisters zunehmen wird und kündigt weiteren Widerstand an. „Das Forum Rauchfrei hat bei mehreren Behörden Anträge auf Akteneinsicht im Zusammenhang mit der Inter-tabac gestellt. Wir sind überzeugt, dass die Tabakmesse rechtswidrig ist und dass einiges vertuscht wurde, damit die Messe überhaupt stattfinden kann“, so Spatz.

 
Belege für den Einsatz des Dortmunder Oberbürgermeisters Ullrich Sierau für die Tabakmesse „Inter-tabac“

 

„Auch zukünftig muss möglichst umfassend gewährleistet sein, den Branchenakteuren die Möglichkeit zu geben, die Produkte zu präsentieren, zu verköstigen und Warenproben weiterzugeben. Welche Maßnahmen eingeleitet werden können, um dies im Rahmen der geänderten Gesetzesänderung sicherzustellen, gilt es im Einzelnen zu prüfen.“
(Ullrich Sierau beantwortet die Bitte um Stellungnahme der Fraktion FDP/Bürgerliste, Sitzung des Rates der Stadt Dortmund am 20.12.2012)

 

„Abschließend erklärte OB Sierau, dass er alles daransetzen werde, um diese für den Messestandort Dortmund wichtige Messe zu erhalten.“
(Aus dem Protokoll der Sitzung des Rates der Stadt Dortmund am 18.07.2013)

 

„Sollte das Gesundheitsministerium bei seiner Haltung bleiben, dass auf der Inter-tabac nicht geraucht werden darf, strebt Sierau auch eine juristische Klärung der Frage an. Das NRW-Gesundheitsministerium hatte zuvor klargestellt, dass für die Westfalenhallen das Nichtraucherschutzgesetz ohne Ausnahmen gelte.“
(Aus der WAZ vom 22.07.2013)

 

„Dortmund freut sich, rund 395 Ausstellern die Gelegenheit bieten zu können, ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot rund um den Tabakgenuss zu präsentieren.“
„Deshalb freue ich mich, dass es uns gelungen ist, gemeinsam mit dem Ministerium für Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen eine gute Regelung für die Inter-tabac im Rahmen des Nichtraucherschutzgesetzes zu vereinbaren.“
(Aus dem Grußwort des Oberbürgermeisters zur Inter-tabac, September 2013)

 

„Deshalb bedanken wir uns noch einmal herzlich bei allen, die sich für die Inter-tabac in Dortmund eingesetzt haben, insbesondere bei der Messe Westfalenhallen Dortmund mit Sabine Loos an der Spitze, Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau und bei NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin.“
(Thomas Schäfer, Geschäftsführer Handelsverband NRW Fachbereich Tabakwaren, in der Beilage der Tabak-Zeitung Nr. 37, 12.09.2014)

 

Deutliche Worte an Oberbürgermeister Sierau

 

„Leider konterkariert die Messe unsere Politik für mehr Tabakkontrolle, Krebsprävention und Vorsorge gegen Herz-Kreislauf-Probleme. Eine solche Werbung für ein Suchtmittel hintergeht insbesondere die sozial Schwächeren die ärmeren und jene, die weniger Bildung genossen haben – all jene, um die wir uns als Sozialdemokraten besonders kümmern.“

„Wenn wir nun einerseits Gesundheitspolitik machen, Präventionsgesetze und uns um die Schwächsten kümmern – andererseits aber jenen Kräften, die aus Gründen der privaten Bereicherung gefährliche Produkte anbieten, die Steigbügel halten, zerstören wir unsere Glaubwürdigkeit von innen heraus.“

Lothar Binding (SPD), Mitglied des Bundestages, in einem Schreiben an OB Sierau vom 03.09.2014

„Unsere Organisation, Oxyromandie, protestiert daher mit Nachdruck dagegen, dass sie von einem Unternehmen veranstaltet wird, das sich im Besitz der Stadt Dortmund befindet.

 

Die direkte Beteiligung eines deutschen Stadtrates an dem, was der Historiker und Professor an der Universität Stanford, Robert Proctor, den „Goldenen Holocaust“ nennt, ist schockierend, darüber hinaus ist es ein Bruch internationaler von Deutschland geschlossener Abkommen, insbesondere des Tabakrahmenübereinkommens. Eine solche Situation ist moralisch und ethisch unerträglich und wir fordern Sie auf, die Westfalenhallen Dortmund GmbH daran zu hindern, diese Messe zu veranstalten.“

Pascal Diethelm, Präsident, Oxyromandie, Schweiz, in einem Schreiben an OB Sierau vom 15.09.2014

„Wir schließen uns daher Kollegen aus aller Welt in dem Protest dagegen an, dass diese Messe von einer Firma veranstaltet wird, die sich im Besitz der Stadt Dortmund befindet, und möchten Sie dringend bitten, etwas zu unternehmen, um die Westfalenhallen Dortmund GmbH daran zu hindern, diese Messe zu veranstalten und Ihren Ruf davor zu bewahren, mit einem gefühllosen und profitzentrierten Ausgestoßenen der Wirtschaft in Verbindung gebracht zu werden.“

Sheila Duffy, Chief Executive, ASH Scotland, Schottland, in einem Schreiben an OB Sierau vom 16.09.2014
Aktionszentrum des Forum Rauchfrei
Müllenhoffstraße 17
10967 Berlin
Tel.: 030 74755922
Email: aktionszentrum@forum-rauchfrei.de

 

Fotos von der versuchten Krönung von Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

Dortmund und die vom Forum Rauchfrei kritisierte Verbindung zur Tabakindustrie – eine unendliche Geschichte? Man wird sehen.

Dortmund: Erstes Roma-Kulturfestival „Djelem Djelem“

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion in der Auslandsgesellschaft Dortmund; Fotos: C. - D. StilleJeder dritte für eine Studie in Deutschland Befragte gab an, Roma nicht als Nachbarn haben zu wollen. Roma klauen. Roma sind schmutzig. Daran denken Viele, wenn sie das Wort Roma hören oder lesen. Wo Roma sind, da sind Probleme, meint mancher. Aber was wissen wir schon über die Roma? Roma sind immerhin in Europa die größte Minderheit. Ihre Zahl wird mit 10 bis 12 Millionen angegeben.

Die Dortmunder Nordstadt ist schon seit Jahrzehnten Integrationsstadtteil

Dortmund ist neben Duisburg u.a. einer der Städte in Nordrhein-Westfalen mit hoher Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien. Unter den Menschen befinden sich auch Roma. Die Dortmunder Nordstadt schon seit Jahrzehnten ein Integrationsstadtteil ist. Nicht zuletzt durch die Medien wird die Diskussion zum Thema Zuwanderung aus Südosteuropa häufig defizitär geführt, ohne auf die Bedürfnisse der Zugewanderten sowie die Ressourcen, die sie mitbringen, einzugehen. Zudem wird häufig über und nicht mit den Menschen geredet. Die gesellschaftliche Folge sind verstärkte Diskriminierung und Ausgrenzung. Das sind die Menschen – besonders die Roma – bereits aus ihren Herkunftsländern gewohnt.

Einwanderer-Kultur(en) sichtbar werden lassen

Nun findet vom 18. September – 21. September 2014 unter der Schirmherrschaft von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das erste Roma-Kulturfestival „DJELEM DJELEM“ in Dortmund statt. „Djelem, Djelem“ ist der Name der internationalen Roma-Hymne. Man kann es mit „Ich gehe“ übersetzen.

Die Veranstaltung war gut besucht.

Die Veranstaltung war gut besucht.

Die Veranstalter AWO UB Dortmund , das Theater im Depot, das Kulturdezernat der Stadt Dortmund, Terno Drom/ MIGoVITA unter Beteiligung der Auslandsgesellschaft NRW, des Quartierbüros Nordstadt und des Planerladens möchten an unterschiedlichen Orten in der Nordstadt Einwanderer-Kultur(en) sichtbar werden lassen und Willkommenskultur fördern.

Podiumsdiskussion

Gestern Abend war zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Roma im Gespräch – Lebensweg und Selbstorganisation“ in den Großen Saal der Auslandsgesellschaft Dortmund geladen. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Auf dem Podium hatten u.a. Platz genommen Sami Dzemailovski (MIGOViTa; Terno Drom e. V.), eine Vertreterin des Freundschaftsvereins der Neuzuwanderer Dortmund e.V., Ismeta Stojkovic (Terno Drom e.V.) und Mirza Demirovic (AWO Streetwork). Die Moderation besorgte Johanna Esch (WDR Funkhaus Europa). Übrigens erwies sich die Moderatorin geradezu prädestiniert für das Thema des Abends. Hatte sie doch an der Universität Dortmund beim Journalistikstudium eine Arbeit über Roma und Sinti verfasst. Kollegen, so Esch, hätten sie damals noch ob der Wahl des Themas belächelt.

Musikalisch stimmte „The Old Bridge“ auf das Thema ein.

Stadtdirektor Jörg Stüdemann: Festival war längst überfällig

Der Dortmunder Stadtdirektor Jörg Stüdemann tritt für würdevolle Behandlung der Zuwanderer ein.

Der Dortmunder Stadtdirektor Jörg Stüdemann tritt für würdevolle Behandlung der Zuwanderer ein.

Dortmunds Stadtdirektor Jörg Stüdemann erinnerte in einer kurzen Ansprache daran, dass Zuwanderer ein große eigne Kultur mitbrächten. Sowie spannende Ergebnisse oder Kenntnisse aus Bulgarien und Rumänien – dem Balkan, von dem man nur träumen könne. All das sei nicht mehr gesehen worden. Eigentlich sei dieses „Festival längst überfällig“ gewesen. In Bezug auf die Zuwanderung käme es darauf an, „Veränderung der Wahrnehmung einzuläuten und einzuleiten“. Dortmund sei immer schon Einwanderer- und Ankunftsstadt gewesen. Stüdemann meinte, wenn wir als Stadtgesellschaft mit 170 bis 180 verschiedenen Nationalitäten würdevoll umgehen wollen, dann sei es notwendig, die Gäste die kommen oder in Zukunft hier leben wollen, würdevoll behandeln. „Und nicht unter fiskalischen, sozialstatistischen, sozialarbeiterischen Wahrnehmungen allein betrachten“. Das Kulturfestival solle zur gegenseitigen Begegnung beitragen. Das Wichtigste solle die Botschaft sein, „dass in Dortmund niemand Sorge haben muss, oder Angst haben muss, wenn er sagt, ich bin Rom. Ich komme von Rumänien, Bulgarien und ich bin Rom. Ich muss nicht sagen, ich bin Bulgare, Rumäne. Ich kann sagen, ich bin Rom und ich bin stolz drauf.“

Stüdemann regte an, auch politisch darauf hin zu wirken, dass Situationen „fürchterlicher Diskriminierung“, die Herkunftsländer in denen Roma leben mit heraufbeschworen haben, sodass Rom und Roma aus diesen Ländern auf die Wanderschaft gegangen sind, einer Veränderung abgestellt würden. Das seien „keine tragfähigen Zustände für die europäische Gemeinschaft. Sie sind zum Teil skandalös.“

Gerda Kieninger): Herkunft, der Glaube oder die Weltsicht eines Menschen nicht ausschlaggebend für das gleichberechtigte Leben aller Menschen in Deutschland

Landtagsabgeordnete Gerda Kieninger für die AWO: Alles Menschen gleich behandeln.

Landtagsabgeordnete Gerda Kieninger für die AWO: Alles Menschen gleich behandeln.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Gerda Kieninger (Arbeiterwohlfahrt) ging es in ihrer Rede darum, dafür zu werben, dass eine über viele Jahrhunderten in Europa lebende, vielfach verfolgte, unterdrückte und – „leider auch und immer noch in Deutschland“ – unterdrückte Minderheit wie die Roma in Dortmund willkommen zu heißen. Wir wüssten, so Kieninger, über keine Minderheit in Europa so wenig wie über die Roma. „Gleichzeitig haben wir gegenüber keiner Bevölkerungsgruppe mehr Vorurteile.“ Dabei seien diese Menschen wie wir Europäer und Teil unserer Gesellschaft und sollten auch genauso behandelt werden. Der Arbeiterwohlfahrt sei wichtig, „dass die Herkunft, der Glaube oder die Weltsicht eines Menschen nicht ausschlaggebend für das gleichberechtigte Leben aller Menschen in Deutschland sein wird.“

Eine Angehörige der Roma aus Rumänien, die nach Spanien gegangen, dort Arbeit gefunden, aber durch die Wirtschaftskrise wieder verloren hatte, erzählte, dass sich nun in Dortmund schon wohlfühle, jedoch durchaus Vorbehalte gegenüber ihr spüre. Beispielsweise in der Form, dass bei vorbeifahrenden Autos die Knöpfe der Türen heruntergedrückt würden. Die Frau wies daraufhin, dass Respekt in der Roma-Kultur eine große Rolle spiele.

Die Sprache der Roma ist Heimat

Ismeta Stojkovic, studierte Philologin, von Rom e.V. aus Köln, schilderte, dass ihre Roma-Herkunft während ihrer Zeit in Jugoslawien eigentlich keine Rolle besondere gespielt habe. Sie habe auch nicht gesagt, dass sie Roma ist. Und keiner habe auch gefragt. Es sei nicht so wichtig gewesen. Später habe sie das bearbeitet. Mitschüler jedoch hätten damals jedoch nie gedacht, dass sie sich zum Studium in Belgrad anmelden würde. Heute sei sie stolz eine Roma zu sein. Bei der Arbeit etwa mit Jugendlichen Roma heute werde sie als Vorbild gesehen: „Auch eine von uns kann es schaffen.“ Da die Roma in Staatsform keine Heimat hätten, sei sozusagen ihre Sprache Romanes die Heimat der Roma. Auf die Frage der Moderatorin Johanna Esch, ob denn der Wunsch nach einem eignen Staat da sei antwortete Ismeta Stojkovic: „Ich wünsche mir so was, aber halte das in jetziger Zeit nicht mehr machbar.“

Moderatorin Johanna (WDR) hat sich an der Uni mit Roma und Sinti befasst.

Moderatorin Johanna (WDR) hat sich an der Uni mit Roma und Sinti befasst.

Dankenswerterweise sprach die Moderatorin die bedauerliche Tatsache an, dass während des Nationalsozialismus in Deutschland 500000 Sinti und Roma ermordet worden waren.

Sami Dzemailovski: „Sichtbarkeit der Roma“ unabdingbar

Sami Dzemailovski  (Bildmitte) hat sich nicht gleich als Roma geoutet.

Sami Dzemailovski (Bildmitte) hat sich nicht gleich als Roma geoutet.

Sami Dzemailovski, der als Siebenjähriger mit seinen Eltern, Gastarbeiter, darauf angesprochen – sie waren damals gar nicht einmal solange nach dem Ende des Krieges – in den 1960er Jahren – nach Westdeutschland gekommen, schilderte, die damaligen Vorbehalte. „Ja, da war doch was. Die Deutschen fahren mit Panzern rum …“ Aber dann, als sie in Westdeutschland waren, sahen sie, dass die Leute Hüte anstelle von Stahlhelmen trugen und auch nicht Panzern herumfuhren. Und beruhigten sich. Sami Dzemailovski erzählte, seine Familie hätte sich anfangs nicht als „Roma geoutet“. Man war eben Jugoslawe.

Die Eltern vergatterten ihn, sagten: „Du bist Mohammedaner.“ Acht, neun Kinder seien sie in der Schule gewesen, die voneinander wussten, dass sie Roma sind. Aber den anderen hätten sie das nicht gesagt. Bis ungefähr 1990 sei das so gewesen. Bis die ersten Flüchtlinge aufgrund der Jugoslawien-Kriege gekommen seien. Die geflüchteten Roma engagierten sich für ihre Rechte. Dzemailovksi: „Wir haben dann nachgezogen.“ Man outete sich. Dzemailovsci findet das auch nötig. So sähen etwa Roma-Jugendliche heute, dass Angehörige ihres Volkes normal arbeiteten, lernten und studierten. Schon jahrzehntelang einen Platz in der deutschen Gesellschaft gefunden hätten, ein Teil der Gesellschaft seien.

Der mit Verve engagierte Sami Dzemailovksi hält die „Sichtbarkeit der Roma“ für unabdingbar. Seine Mutter ist wohl nicht so begeistert, sie halte ihm sein exponiertes Auftreten als Rom öfters vor. Eine Veränderung des Verhaltens der Menschen gegenüber den Roma hält der Mann für möglich. Freilich wüsste er aber auch, dass jahrhundertealte gepflegte Vorurteile nicht von heute auf morgen verschwänden. Er hofft jedoch, dass irgendwann einmal nicht mehr betreffs der Roma nur immer nur ausschließlich von „Armutszuwanderer“ und „Problemfällen“ die Rede sein werde.

Mirza Demirovic – Man versucht zu helfen, wo man kann

Etwa 5000 Menschen aus Bulgarien und Roma leben augenblicklich in Dortmund. Wovon freilich längst nicht alle der Minderheit der Roma angehören. Streetworker Mirza Demirovic berichtete von den Nöten der in Dortmund aus unterschiedlichen Gründen  angelandeten Menschen. Sie auf der Straße leben, eine Stelle zum Schlafen oder auch medizinische Hilfe suchen. Betroffen sind auch Kinder. Kinder, die bürokratisch betrachtet „gar nicht da sind“ und infolgedessen nicht in der Schule untergebracht werden könnten. Oft würde zudem auch gefragt, wo man Deutsch lernen könne. Auch Kinder zeigten sich ausdrücklich lernbegierig. Man versucht in jedem Fall zu helfen, wo man kann.

Die Vertreterin des Freundschaftsvereins der Neuzuwanderer Dortmund e.V., die eine Bulgarin der dortigen türkischen Minderheit mitgebracht hatte, zeigte auf, wie zum Beispiel Frau Hakan sich gerade auch mit ihren Sprachkenntnissen sehr nützlich für die Vereinsarbeit erweisen. Allein schon die Tatsache, dass Zuwanderer oft mehrere Sprachen sprächen erbrächte einen Beweis dafür, dass sie nicht nur als Problemfälle kämen, sondern auch Nützliches für die Aufnahmegesellschaft mitbringen.

Integration ist keine Einbahnstraße

Und eines zeigte die Podiumsdiskussion und die anschließende Frage-Antwort-Runde im Anschluss ebenfalls auf: Integration ist keine Einbahnstraße. Unter der Einbeziehung der Neuzuwanderer und ihrer Vereine mit Empowerment und Selbstorganisation muss sich die Gesellschaft intensiver beschäftigen. Vorbehalten und Berührungsängsten sollten positive Beispiele entgegengestellt. Dortmund stellt sich den Herausforderungen. Längst hat die Stadt, haben entsprechende Hilfsorganisationen Mittel und Wege gefunden, einen vielleicht noch als bescheiden zu bezeichnenden Anfang gemacht, die Sorgen und Nöte – die Wünsche – der Zuwanderer einerseits verstehen zu versuchen und andererseits begonnen, Wege hin zu einer Willkommenskultur gestalten. Fakt ist: Andere Städte schauen bereits auf Dortmund, um vielleicht dort nützliche Anregungen für das künftige eigene Handeln zu finden.

Das erste Roma-Kulturfestival endet am Sonntag mit dem polnischen Film „Papusza“

Noch bis zum kommenden Sonntag wird es im Rahmen des ersten Roma-Kulturfestivals Fortbildungsveranstaltungen für Fachkräfte aus dem sozialen Bereich über Musik, Theater und Film bis hin zum Familienfest auf dem Nordmarkt geben. Mehr Informationen hier. Ein thematischer Filmabend im Sweet Sixteen Kino im Depot wird am Sonntag das Festival abrunden. Zu sehen sein wird der Film „Papusza“ von Joanna Kos-Krause und Kizysztot Krause (Polen 2013).

Schon gestern nach dem Ende der Veranstaltung in der Auslandsgesellschaft Dortmund – bei einem kleinen Imbiss und musikalischer Begleitung von „The Old Bridge“ – sowie diversen persönlichen Gesprächen dürfte ein Wunsch stark im Raume gestanden haben: Möge dieses erste Roma-Kulturfestival in Dortmund keine Eintagsfliege bleiben.

Eckart Spoo beim „NachDenkTreff“: Nicht das Recht auf Informationen nehmen lassen

Eckart Spoo stellt sich nach seinem Referat den Fragen des Publikums; Foto: C.- D. Stille

Eckart Spoo stellt sich nach seinem Referat den Fragen des Publikums; Foto: C.- D. Stille

Egon Bahr schockierte, in dem er vor Schülern ausführte:

„Ich, ein alter Mann, sage euch, dass wir in einer Vorkriegszeit leben.“

Vorkriegszeiten sind zugleich immer auch Hochzeiten der Propaganda. Hier die Guten. Da die Schlechten. Nehmen wir nur den Ukraine-Konflikt: Der Westen ist der Gute. Die Russe, speziell Putin ist der Böse. „Die öffentlich-rechtlichen Anstalten erhalten von uns Milliardenbeträge (siebeneinhalb Milliarden im Jahr), damit
sie uns zutreffend und umfassend informieren. Aber die Informationen, die sie uns aus der Ukraine liefern, sind einseitig, parteiisch, unwahr oder halb wahr, was noch gefährlicher ist“, kritisiert Eckart Spoo.

Zur Person

Der in Berlin lebende Eckart Spoo war früher Redakteur der Frankfurter Rundschau und Vorsitzender der Deutschen Journalisten-Union. Laut Wikipedia 1972 hatte ihn FR-Herausgeber Karl Gerold 1972 entlassen, Spoo klagte erfolgreich auf seine Wiedereinstellung.[1]

1997 schied er aus der Redaktion der FR aus und gründete gemeinsam mit anderen Journalisten

die Zeitschrift Ossietzky, welche er gemeinsam mit anderen Journalisten heraus gibt.

NachDenkTreff

Gestern hielt Spoo unter dem Titel „Aufklärung und Propaganda in neuen Vorkriegszeiten – Die Rolle der Medien im Ukraine-Konflik t und im neuen Wirtschaftskrieg gegen Russland“ ein Referat in den Räumen der Auslandsgesellschaft Dortmund. Es war eine Veranstaltung von NachDenkTreff und Attac Dortmund sowie dem Fachbereich 8 (Medien) von
ver.di . Der Raum war bis auf den letzten Platz voll besetzt.

Einseitige, parteiische unwahr oder halbwahre Informationen

„Die Informationen, die uns die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus der Ukraine liefern“ findet Spoo, „sind einseitig, parteiisch, unwahr oder halbwahr, was noch gefährlicher ist.“ Betreffs der Presse, selbst der so genannten „Qualitätsmedien“, sieht es – nimmt man einmal das „Handelsblatt und die kritischen Artikel von Gabor Steingart aus – nicht besser aus.

Seine Kritik gipfelt in der Sorge, dass das Versagen der Medien letztlich die Demokratie gefährdet, wenn sie anstatt zutreffend und umfassend zu berichten, kritiklos Kriegspropaganda der Bundesregierung und der NATO übernähmen. Mit Blick auf die jüngere Vergangenheit seien der Bombenkrieg der NATO gegen Jugoslawien und später im Irak und in Afghanistan, warnende Beispiele.

Ossietzys und Tucholskys Worte sind aktuell geblieben

Unter dem Titel der Zeitschrift Ossietzky sind dessen Worte zu lesen:

„Der Krieg ist ein besseres Geschäft als der Friede. Ich habe noch niemanden gekannt, der sich zur Stillung seiner Geldgier auf Erhaltung und Förderung des Friedens geworfen hätte. Die beutegierige Canaille hat von eh und je auf Krieg spekuliert.« (Carl von Ossietzky in der Weltbühne vom 8. Dezember 1931)

Nichts ist anders heute. Nichts ist gut. Womit wir wieder beim Ukraine-Konflikt wären.

Leider sind Ossietzky Worte ebenso aktuell geblieben, wie die Kurt Tucholskys;

„Kaufen, was einem die Kartelle vorwerfen; lesen, was einem die Zensoren erlauben; glauben, was einem die Kirche und Partei gebieten. Beinkleider werden zur Zeit mittelweit getragen. Freiheit gar nicht.“

Die Guten und die Bösen

Gleichfalls wie diese Worte stimmig geblieben sind, wird in weiten Teilen der Presse auf alte Muster zurückgegriffen. Mit Blick auf den Ukraine-Konflikt heißt das, so Spoo, was etwa die westlichen Medien tun, werde unter dem Stempel „Aufklärung“ verkauft, was die „Gegenseite, die anderen, die Bösen betreiben – ist  böse Propaganda.“ Soll heißen: „Die wir Putin keinesfalls glauben dürfen. Die politische Sprache ist voll von bösen Wörtern und Gegenwörtern.

Wer der einen Seite als Freiheitskämpfer gilt, gelte  der anderen als Terrorist. So schafft man vor allem durch häufiges Wiederholen ein  tiefsitzendes Freund- bzw. Feindbild.“

Das gelänge auch und gerade mit den Alltagsworten  „drohen“ und „warnen“. „Putin droht. Obama warnt. Täglich mindestens zwei bis dreimal wiederholt.“

Der Medienkonsument werde so entsprechend eingestimmt: Wer droht, von dem ist Böses zu erwarten. Wer warn,t gilt als Guter. Als Freund, dem man vertrauen kann.“

So solle „uns“ weisgemacht werden: „Der eine ist unser Feind. Der andere unser Freund.“

Eckart Spoo: „So einfach funktioniert einseitige, parteiische Meinungsbildung“ Mit Sprache werde Machtpolitik betrieben.

Missliebige russische Journalisten zu Propagandisten?

Der Referent wies auf einen Artikel in der „jungen Welt“ hin, worin darüber berichtet wurde, dass die EU ins Auge fasse, missliebigen russischen Journalisten die Einreise zu verbieten. „Das wäre ein Eingriff in die Pressefreiheit“, so Spoo. „Damit es nicht so aussieht werden diese Journalisten kurzerhand zu Propagandisten erklärt.“

Den Medienkonsumenten werde das als „notwendiger Schutz vor Propaganda“ verkauft. „Propaganda ist ja etwas Böses, das die Bösen uns antun.“

Schon vor hundert Jahren im Ersten Weltkrieg habe der Brite David Lloyd George gesagt, „wenn die Menschen wirklich wüssten, was vorgeht, wäre der Krieg am nächsten Tage zu Ende.“

Nicht blindgläubig in immer neue Kriege hineinziehen lassen

Mit Verweis auf dem der Zeitschrift Ossietzky vorangestelltem Zitat (siehe weiter oben) sagte Eckart Spoo, wenn wir nicht blindgläubig in immer neue Kriege hineingezogen werden wollten, müssten wir uns klarmachen, das wir z. B. „die Waffenindustrie und die mit ihr verbundenen Politiker nicht vertrauensvoll gewähren lassen dürfen“. Spoo zitiert Papst Franziskus:

„Damit das System (das kapitalistische; Eckart Spoo) fortbestehen kann, müssen Kriege geführt werden. Wie es die großen Imperien immer getan haben.“

In den meisten deutschen Medien zitiere man den Papst mit seinen Kapitalismuskritiken kaum mehr. Stattdessen bekämen wir fast tagtäglich „den Pfarrer außer Diensten, Joachim Gauck“ zu hören, „der den Deutschen die Tötungshemmungen nehmen will.“

Lügen und Verdrehungen

„Die beutegierige Canaille“ (Ossietzky) werde sich hüten, uns über ihre wahren Absichten in Kenntnis zu setzen. Und damit sie so weitermachen kann, damit der Krieg nicht schon einen Tag später vorbei sei, müssten die Leute halt mittels Propaganda gewissermaßen bei der Stange gehalten werden. Auch, indem sie „von Informationen der Gegenseite“ abgeschnitten werden. Spoo erinnerte daran, dass das „besonders drastisch in Nazideutschland“ geschehen sei. Das Lügen habe ja schon damit begonnen, dass es beim Kriegslostritt seitens Deutschlands aus Adolf Hitlers Mund geheißen habe,  „seit 5 Uhr 45“ würde „zurückgeschossen“. Spoo: „Das war glatt gelogen. Nicht einmal die Uhrzeit stimmte.“ In Wirklichkeit  sei es 4 Uhr 45 gewesen, als deutsche Schüsse auf die Westerplatte abgegeben wurden.

Hier sei es besonders auf „das Wörtchen zurück angekommen: „als hätte Polen den Krieg begonnen.

Solche Verdrehungen seien charakteristisch für Angriffskriege. Regelmäßig heiße es, man habe sich verteidigen müssen. Verfangen tue das nur, weil keine Informationen der Gegenseite zu den Menschen vordringen könne.

Hörverbot

Die Nazis beispielsweise hätten damals verboten ausländische Sender zu hören. Schwere Strafen drohten bei Verstößen gegen das Verbot.

Die Bevölkerung war auf „Pseudoinformationen, die die Machthaber ihr genehmigten, angewiesen.“

Einfach abgeschaltet

„Heute“, verwies Eckart Spoo auf die Praxis Kiews, „schalten sie einfach die Sender der Gegenseite ab.“

Man müsse inzwischen gar nicht mehr Sendeanlagen in Schutt und Asche zu legen, wie es die Nato mit Jugoslawien seinerzeit in Belgrad gemacht habe.

„Und es geht auch still und leise, wie es damals der deutsche Außenminister Joseph Fischer anstellte“: Nachdem die Fernsehzentrale in Belgrad zerstört wurde und 16 Menschen dabei ums Leben gekommen waren, gelang es den überlebenden Beschäftigten dennoch den Sendebetrieb aufrechtzuerhalten und Bilder zu zeigen, die alle Lügen der Nato-Aggressoren widerlegten. Wonach nur militärische Ziele bombardiert würden, und es sich bei den Opfern nur um einzelne Kollateralschäden handle.“ Schließlich sei das Jugoslawische Fernsehen auf deutsche Initiative von Eutelsat abgeschaltet worden.

Das „Kasseler Friedensforum“ habe damals bei Außenminister Fischer protestiert. „Die Antwort mit dem Absender ‚Auswärtiges Amt, Sonderstab Internationale Friedensbemühungen, westlicher Balkan‘ lautete, Zitat: „Vielen Dank für ihr o. g. Schreiben an Herrn Bundesminister Fischer, der gebeten wurde zu antworten. Ich teile Ihre Ansicht, dass die Gewährleistung objektiver Informationsmöglichkeiten eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit dem Kosovo Konflikt steht. Die Einstellung der Übertragung des staatlichen jugoslawischen Fernsehsenders RTS durch Eutelsat steht dem jedoch nicht entgegen. Dieser Sender dient ausschließlich den Propagandazwecken der jugoslawischen Regierung. Nicht aber der objektiven Information. Mit Blick auf die Information der serbischen Bevölkerung möchte ich Ihnen folgendes mitteilen …“ Es gäbe zahlreiche Informationsquellen für die serbische Bevölkerung. Genannt wurden z.B Deutsche Welle, Voice of Amerika, BBC, Radio Free Europe … [sic!]

Das Grundrecht auf Information nicht nehmen lassen

Eckart Spoo forderte, dass es nicht hinnehmbar sei, das Grundrecht auf Information zu beschneiden. Vor allem dann, wenn uns die eigne Obrigkeit Informationen vorenthalten will. Informationen der Gegenseite seien besonders wertvoll. Weil sie uns kritikfähig machten, Gegenüber der Propaganda unserer Umwelt. Ohne Informationen der Gegenseite könnten wir keine Urteilsfähigkeiten gewinnen. Und erlangten infolgedessen auch keine Entscheidungsfreiheit. Spoo erinnerte an eine alte Volksweisheit, wonach ein Richter dann nur gerecht urteilen kann, wenn er beide Seiten gehört hat. „Ein einseitig informiertes Volk kann seine politischen Rechte nicht sinnvoll wahrnehmen. Demokratische Entscheidungen können so nicht zustande kommen.“

Besonders in Kriegsvorbereitungs- Kriegszeiten sei das bedenklich. Schließlich könnten entsprechend umfassend informierte Menschen noch dem Krieg entgegenwirken.

Verächtlichmachung des Gegners

Als die Nato den Ukraine-Konflikt zuspitzte, sei plötzlich der Begriff „Putinversteher“ aufgetaucht. Dabei sei es eigentlich nur darum gegangen, Diejenigen verächtlich zu machen, die sich bemühten die russische Seite (etwa im Bezug auf das Handeln bezüglich der Krim), zu verstehen. Dabei hätten gerade Journalisten die Aufgabe, zu versuchen die andere Seite zu verstehen, statt diese einseitig zu dämonisieren.

Die Medien könnten zur Verständigung der beiden Seiten, zum Interessenausgleich, zum Frieden, beitragen.

Solche Bemühungen habe Spoo in den vergangenen Monaten kaum wahrgenommen.

Eckart Spoo ließ auch noch einmal die Entwicklung hin zu den westlichen Sanktionen gegen Russland Revue passieren. Schließlich sei diese Entwicklung mit der einseitigen (bis heute unbewiesenen) Schuldzuweisung, Russland sei für den Absturz des Fluges MH17 verantwortlich, aufgebaut worden.

Lügen mit Bildern

Spoo wies daraufhin, wie besonders auch Bilder dazu benutzt werden, die Hetze gegen Russland emotional anzuheizen. So wie mit dem  Bild  von einem Separatisten geschehen, der an der MH17-Absturzstelle anscheinend triumphierend einen Spielzeughasen hochhält – wozu er vom Fotografen aufgefordert worden war -, das wohl die Rücksichtslosigkeit der Separatisten belegen sollte. Dass dieser Mann hinterher den Hasen niederlegte, die Mütze absetzte und sich bekreuzigte, war freilich nicht gezeigt worden.

Spoo erinnerte ebenfalls daran, wie auch der WDR (um die angebliche Invasion der Russen in der Ukraine zu belegen) mit Bildern von russischen Panzern arbeitete, die nicht nur aus dem Jahre 2008 stammten und nicht einmal in der Ukraine, sondern im Kaukasus (!) aufgenommen worden waren. Ein Bild von einem abgeschossenen Hubschrauber war in Syrien und eben nicht – wie von der Tagesschau behauptet – der Ostukraine fotografiert worden.

Verschleiern, verschweigen und Lügen mit Worten

Auch mit Worten werde verschleiert. „Nachdem Truppen aus Westukraine wieder im Osten zugeschlagen hatten, sagte Claus Kleber, ZDF, ‚in diesem Gebiet brachen neue Kämpfe aus‘ – brachen aus.“

Nachdem Faschisten die kommunistischen Abgeordneten aus dem Kiewer Parlament herausgeprügelt hatte, habe dpa berichtet, dort sei es „zu tumultartigen Szenen unter Beteiligung der Kommunisten“[sic!] gekommen.

„Die Tagesschau berichtete, das Gewerkschaftshaus in Odessa sei in Brand geraten“ [sic!] Spoo ergänzend: „Nachdem Faschisten es in Brand gesetzt hatten.“ Nebenbei warf der Referent eine nicht unwichtige Frage ein: Wo blieb eigentlich die Entrüstung der DGB über die Vorgänge in Odessa?

„Das Hetzblatt Nummer 1, die Bild, verbreitete dann die freche Lüge des von niemandem gewählten Übergangsministerpräsidenten Jazenjuk, Moskau habe den Brand gelegt.“

Überdies werde die Rolle der ukrainischen Faschisten  „in der deutschen Ukraine-Berichterstattung systematisch verleugnet.“ Hakenkreuze, „oder Wolfsangelrunen  an der Uniform von antirussischen Kämpfern“ seien  „selten dokumentiert“,  Faschisten  „gebraucht“ worden, um den Protest auf dem Kiewer Maidan eine andere Richtung zu geben.

Auch die Tatsache, dass in der Ukraine von Heute der Nationalist und Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera wieder zum Held stilisiert wird, hinterfragten die tonangebenden deutschen Medien kaum kritisch.

Allenfalls kleinere Medien wie die „junge Welt, die „NachDenkSeiten“ und „Ossietzky“ hätten das schon längst thematisiert. Die große deutsche Leserschaft erfährt davon so gut wie nichts.

Überhaupt, meint Spoo, werde halt mit zweierlei Maß gemessen. Die Angliederung der Krim nach einem Volksentscheid an Russland werde vom Westen als Annexion (was mancher Völkerrechtler, so etwa Reinhard Merkel in der FAZ, nicht so, sondern als Sezession betrachte) und Verstoß gegen das Völkerrecht bezeichnet. Gegen die türkische Besetzung eines Teils Zyperns war dagegen seinerzeit keine Kritik im Westen zu hören gewesen. Ebenfalls nicht wider der Besetzung der Sahara durch Marokko. Kündige Obama dagegen die Bombardierung der IS auf syrischen Hoheitsgebiet an, höre man dagegen keinen Einwand. „Unter Freunden geht man eben über so etwas still und leise hinweg.“

Umwandlung“ der Ukraine, um Russland zu treffen?

Eckart Spoo regte an, darüber zu diskutieren, was die Sanktionen, die „Bestrafungspolitik“ gegenüber Russland eigentlich bezwecken sollten. „Wofür Russland, namentlich Putin eigentlich bestraft werden soll.“

Bei der Diskussion könne gewiss helfen, was man eingangs von Carl von Ossietzky und Papst Franziskus gehört habe, so Spoo.

Spoo erinnerte noch einmal an Ausführungen der US-Staatssekretärin Victoria Nuland („Fuck the EU“) von Anfang diesen Jahres, wonach die US-Regierung über einen längeren Zeitraum 5 Milliarden US-Dollar für den Regimechange in der Ukraine aufgewendet habe. Der Referent zitierte dazu Zbigniew Brzezinski, der schon 1997 betreffs der Ukraine von einem Schachbrett und der geostrategischen Bedeutung des Landes gesprochen habe. Die Ukraine könne zur „Umwandlung“ Russlands beitragen. Wohl haben die USA mit dieser „Umwandlung“ der Ukraine, die Zurückdrängung Russlands und letztlich Sibirien mit den vielen Bodenschätzen als „riesige Beute“ (Spoo) im Auge.

Eckart Spoo: „Die fünf Milliarden wurden also ganz gewiss nicht für die Förderung der Basisdemokratie (in der Ukraine, d. A.) ausgegeben.“ Und: „So etwas wie den Maidan würde man (die USA, d. A.) eigenem Land niemals dulden, die Herrschaft der Straße …“

Der Referent: „Es geht um das ganze große Russland, einschließlich Sibirien (…)“

„Die aufgeblähten Konten der US-Milliardäre suchen nach Anlagemöglichkeiten. Ein paar russische oder ukrainische Oligarchen könnten ja vielleicht auch beteiligt sein … “

Vollmundige Versicherungen an die Adresse der Sowjetunion

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass gerade auf dem Boden der Ukraine ein Manöver mit Nato-Staaten erinnerte daran, dass nicht nur der seinerzeitige Nato-Generalsekretär Wörner, der britischen Außenminister Baker und sein bundesdeutscher Amtskollege Genscher im Rahmen der „sogenannten Wende“ (Spoo) die Sowjetunion bezüglich etwaiger Bedenken gegen ein weiteres Vorrücken der Nato gen Osten beruhigten: „nicht ein Inch“ (so Baker damals) gedenke man dorthin vorzurücken.

Uns sollte nichts wundern

Gegen Ende seines interessanten Vortrags wies Eckhart Spoo noch auf weitere bedenkliche Entwicklungen hin. Das die Bundeswehr eine „Parlamentsarmee“ (vielleicht fällt ja bald der Parlamentsvorbehalt?; siehe NachDenkSeiten; d. A.) sei inzwischen ein Mythos. Etwa über Geheimeinsätze der KSK werde nicht einmal der Bundestag informiert. Nicht einmal dessen Verteidigungsausschuss. Sondern allenfalls ein kleines Gremium. Auch sei es bedenklich, dass die Aufgaben der Bundeswehr den politische Leitlinien der Bundesregierung zufolge auch beinhalte, für die Zugänglichkeit von Rohstoffen und Absatzmärkten einzustehen.

Spoo: „Insofern sollte uns nichts wundern, was die Bundesregierung an Seiten der USA auf diesem Gebiet“ unternimmt.

Wie damit umgehen? Was dagegen tun?

„Nun“, schloss Spoo, „das mag alles schrecklich genug sein. Aber das darf uns nicht daran hindern, uns zu fragen, wie wir damit umgehen wollen.“ Wir sollten überlegen, was doch dagegen tun können.

Von den weitgehend monopolisierten deutschen Medien sei da nichts zu erwarten. Es brauche eine Gegenöffentlichkeit.

Spoo kritisierte den zunehmenden Verfall der Meinungs- und Medienvielfalt. In diesem Zusammenhang wies er auf den Wegfalls konkurrierender Zeitungen, so etwa in Dortmund (z.B. die Westfälische Rundschau; sie bekommt die  Lokalseite  den Ruhrnachrichten  zugeliefert) hin. In Nordrhein-Westfalens Verfassung existiere ein wunderbarer Passus gegen Monopolbildung im Medienbereich. Spoo frage sich, wann Politiker diesen einmal mit Leben zu erfüllen gedächten. Die Monopolbildung hält der frühere FR-Redakteur für „absolut verfassungswidrig“.

Bewegung von unten angestoßen

Vorm gestrigen Publikum versuchte Eckart Spoo eine Bewegung von unten anzustoßen, die die Presse kontrolliert und Fragwürdiges auch dokumentiert. Gegebenen Falls müssten eben auch Chefredakteure konfrontiert und zu öffentlichen Veranstaltungen mit Unterstützung der Gewerkschaften zu Diskussionen eingeladen werden.

Wohl nahezu allen  Anwesenden an diesem  Abend einte die Feststellung, dass der Zustand des deutschen Journalismus bedenklich und so nicht länger hinnehmbar sei. Woraus die unbedingte Entschlossenheit dazu erwuchs, von unten her Veränderung anzustoßen zu wollen (müssen).

Diskussion im Anschluss

In der den  NachDenkTreff abschließendem  Diskussion wurde versucht, zu ergründen, woran des läge, dass Art und Weise wie deutsche Medien heute agierten (so ein Diskutant) fast an Zustände wie in DDR-Zeiten (oder an noch andere vorher) erinnerten. Ein Zuhörer sagte, er habe etwa bei einem Kommentar im Deutschlandfunk wütend auf den Küchentisch gehauen. Weil er  sich dabei an die berüchtigten Kommentare von Karl-Eduard von Schnitzler („Der Schwarze Kanal“, DDR-Fernsehen) erinnert gefühlt habe.

Kritische Einwände in Sachen Presse machte ebenfalls der anwesende Journalist und Antifaschist Ulrich Sander und der hochgeachtete Organisator des Ostermarsches Rhein-Ruhr, Willi Hoffmeister. Dieser erinnerte daran, wie nach einer miesen Berichterstattung der „Blödzeitung“ über Stahlarbeiterproteste kurzerhand diese Zeitung aus den Kiosken gewaltfrei eingesammelt worden sei. Man habe sich dann die Finger daran gewärmt. Hoffmeister: „Wenn ich heute Kleber und Slomka manches Mal im ZDF höre, möchte ich denen auch mal gewaltfrei die Stühle anspitzen.“ Attac-Mann Till Strucksberg rückte dann die Hoffmeister-Kritik doch ein wenig gerade: Immerhin müsse man zugestehen, dass immerhin Marietta Slomka öfters kritisch nachfrage.

Ein leicht vergiftetes Lob kam von einem im Publikum „privat“ anwesenden FAZ-Mannes, der früher die Texte des FR-Redakteurs Eckart Spoo „gerne gelesen habe“. Aber bitteschön: Spoos heutige Ausführungen gehörten aber wohl doch eher in die 1980er Jahre.

Eckart Spoo konterte später: Der Hinweis deute vielleicht daraufhin, dass sich seit 1985 nicht viel geändert habe. Spoo wies daraufhin, dass missliebige Texte in Redaktionen nicht einfach verboten würden. Da reicht manchmal eine hochgezogene Augenbraue des Chefredakteurs. Auch seien die Mitgliedschaften von Redakteuren in Stiftungen und Thinktanks – wie der Journalist Leipziger Uwe Krüger aufgezeigt habe – nicht selten (Stichwort: „Atlantiker) verantwortlich für bestimmte im Blatt vertretene Meinungen. Da ist kein Zwang. Man ordnet sich freiwillig unter. Um vielleicht einfach dabei zu sein. Und das nächste Mal darf man dann vielleicht auch bei Staatsbesuchen von Angela Merkel im Kanzlerflugzeug mitfliegen. Solche Journalisten würden nicht selten aufgebaut. Sie verinnerlichten das „Atlantische“ und kämen dann bevorzugt in hohe Positionen in deutschen Redaktionen. Weil man einfach „ganz auf Linie mit den Eliten“ ist, wie es Uwe Krügers Studie „Meinungsmacht“ sehr gut aufzeigt.

Ein Beispiel dafür, dass im deutschen Journalismus einiges nicht stimme könne, verdeutlichte Spoo anhand des Falls des früheren ZDF-Korrespondenten Ulrich Tilgner. Der hatte kritisiert, dass etwa bei der Afghanistan-Berichterstattung immer mehr Einmischung durch das Militär stattfinde. Er wolle nicht nur noch „für die bunten Bilder“ zuständig sein. Tilgner verließ das ZDF und ging zum Schweizer Fernsehen (mein älterer Bericht dazu).

Ein interessanter NachDenkTreff in Dortmund. Woran nur zu kritisieren war, was dem Referenten nicht anzukreiden ist, dass die Verständlichkeit des Vorgetragenen durch eine miserabel eingestellte Tonverstärkung teilweise erschwert war.

Bundesweite Austrahlung erwünscht

Ja, wir leben in Vorkriegszeiten, in denen Propaganda hier wie da Hochzeiten erlebt. Die Probleme des deutschen Journalismus und der Medien sind inzwischen vielfach erkannt und oft kritisch benannt. So auch gestern wieder in Dortmund. Demokraten kann das nicht kaltlassen. Wird die dankenswerterweise von Eckart Spoo angeregte kritische Bewegung in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften entstehen, Stück für Stück erstarkend, eine dringend nötige Veränderung des Journalismus schaffen? Gar als „Dortmunder Signal“ – wie ich es hier einmal nennen möchte –  eine bundesweite Ausstrahlung entfalten? Zu wünschen wäre es!

Update vom 19. Dezember 2016: Am 15. Dezember 2016 ist Eckart Spoo verstorben. Er wird fehlen. Eine Erinnerung an ihn

https://weltnetz.tv/video/620-spoos-presseschau-luegenpresse-ein-wahres-wort

 

Dortmund: „Bündnis für Umfairteilen“ wird belebt

Auch ver.di-Chef Frank Bsirske (wie hier in Bochum) kämpfte 2013 noch wie ein Löwe für Umfairteilung. Nach der Bundestagswahl wurde auch er wieder ziemlich still;  Foto: C. - D. Stille

Auch ver.di-Chef Frank Bsirske (wie hier in Bochum) kämpfte 2013 noch wie ein Löwe für Umfairteilung. Nach der Bundestagswahl wurde auch er wieder ziemlich still; Foto: C. – D. Stille

Zwei Jahrzehnte neoliberale Politik hinterlassen in Deutschland längst mehr sichtbare als unsichtbare Spuren. Diese folgenreiche Politik trägt die Schuld an der voranschreitende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich. Wie ein Springteufel aus dem Nichts kam das nicht. Schon gar nicht ist ausufernde Armut etwas Gottgegebenes – wenn das denn irgendwer denken sollte.

Deutschlandweit liegt – so konnte man es im letzten Armutsbericht des Paritätischen lesen – auf einem Rekordniveau. Die Ruhrgebietsmetropole Dortmund liegt nach Auswertung der Daten bei den Großstädten inzwischen auf dem letzten Tabellenplatz! Die Armutsquote wurde mit dem bundesweiten Rekordwert von 26, 4 Prozent angegeben. Damit wäre jeder vierte Einwohner arm oder von Armut bedroht.

Reicher Mann und armer Mann

Gleichzeitig nimmt der Reichtum der ohnehin schon sehr Begüterten in Deutschland beständig zu Begegneten sich beispielsweise auf Dortmunds Straßen Vertreter der reichen und der armen Schicht, könnte sich folgende von Bertold Brecht vor vielen Jahrzehnten aufgeschriebene Feststellung als höchst aktuell erweisen:

„Reicher Mann und armer Mann
standen da und sah´n sich an.
Und der Arme sagte bleich:
‚Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.‘ „

Nur in der Realität dürfte dies kaum der Fall sein. Entweder die einen und die anderen laufen aneinander vorbei. Oder wenn es hochkommt, geben die Reichen dem Armen (Bettler) ein paar Münzen in den Hut. Und gehen dann mit einem (besseren?) Gewissen weiter.

Umfairteilen“? Es ist ziemlich still geworden

Vor der letzten Bundestagswahl trommelte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und Organisationen dafür, die gesellschaftlich allmählich als immer unverschämter betrachtete Umverteilung von unten nach oben zu stoppen. Gefordert wurde dagegen ein gerechtes „Umfairteilen“. Auch, indem Reichtum besteuert wird.

Heute ist die Internetseite „Umfairteilen“ sozusagen stehengeblieben: im Jahr 2013. Konkret verwaist. Was geblieben ist, sind die Probleme. Die sichtbare oder auch nicht auf den ersten Blick sichtbare Armut einhergehend mit sich vergrößerndem Reichtum auf der anderen Seite.

Gewerkschaftsbosse erst kämpferisch entschlossen, dann wie schnurrende Katerchen auf’m Bettvorleger

Eine der größten Umfairteilen-Demonstrationen fand 2013 in Dortmunds Nachbarstadt Bochum statt. 12000 Menschen konnten auf die Beine gebracht werden. (Ein Bericht davon hier.) Die deutschen Gewerkschaftsbosse brachten sich kämpferisch-entschlossen ein. Wie z.B. Frank Bsirske (ver.di) in Bochum, wo er vehement ein Umfairteilen forderte.

Nur leider fand man nach der Bundestagswahl nicht nur die Umfairteilen-Seite im Netz verwaist. Auch die zuvorvollmundig tönenden Gewerkschafter wurden verdächtig stiller. Am meisten überraschte damals gewiss Viele, dass der vor der Wahl bissig und entschlossen-kämpferisch auftretende ver.di-Chefs Frank Bsirske betreffs des Koalitionsvertrages zur Großen Koalition sehr wortkarg blieb.

„Vor der Bundestagswahl“, schrieb sich seinerzeit (hier), war Bsirske noch als die Krallen ausfahrender brüllender Gewerkschafts-Löwe auf diverse Bühnen und in die Bütt gesprungen. Nun landete er als schnurrendes Katerchen, als harmloser Bettvorleger, vor dem Bett in welchem vielleicht schon bald Sigmar Gabriel ein bisschen mit Angela Merkel koalieren darf.“

Es gibt Erklärungen dafür. Der damalige stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, kritisierte die Gewerkschaften für ihre unkritische Haltung gegenüber der SPD und der Regierungsbildung mit der Union: „Nur um die Große Koalition nicht zu gefährden“, hätten die Gewerkschaften während der Verhandlungen still gehalten. Als Grund für die „unkritische Haltung“ des DGB (wir erinnern uns an die Ankündigung eines „Heißen Herbstes“ des einstigen DGB Chefs Sommer) benannte der frühere IG-Metall-Funktionär Ernst eine „zu enge Verzahnung“ zwischen den Führungen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie.

Nicht alle Menschen sehen dem Klassenkampf von oben einfach zu

Nichtsdestotrotz finden sich überall in der Gesellschaft – auch in den Parteien, Gewerkschaften und Kirchen – Menschen, die der unverschämten Umverteilung von unten nach oben nicht tatenlos zusehen wollen. So zu denken, heißt ja nicht zuletzt auch praktisch Demokratieleben. Verantwortung zu übernehmen.

Klassenkampf findet so seit Jahrzehnten vor allem von oben her statt. Der Milliardär Warren Buffett drückte das ja betreffs seines Landes bekanntlich so aus: „Wenn in Amerika ein Klassenkampf tobt, ist meine Klasse dabei, ihn zu gewinnen.“ (Quelle: Wikipedia)

Auch wenn wir die Zustände in den USA nicht direkt mit denen in Deutschland vergleichen können, wird immer klarer: Wir sind auf dem Weg dahin.

Bündnis Umfairteilen Dortmund“ wird wieder belebt

In Dortmund haben sich bereits zweimal in diesem JahrMenschen zusammengefunden, die nicht wollen, dass Buffetts Klasse diesen Klassenkampf gewinnt. Nicht etwa aus Neid und weil sie Unternehmern Profite nicht gönnen. Sie sind sich einfach darüber im Klaren, dass eine Gesellschaft, die die Spaltung in Arm und Reich zulässt – indem sie Reichtum nicht gerecht besteuert – letzten Endes zum Untergang verurteilt ist. Mindestens wird die Demokratie schwer darunter leiden und womöglich – wenn sich genügend Verteidiger derselben nicht finden – eines Tags zerbrechen. In vielerlei Hinsicht – das ist kein bloßer Alarmismus – künden die sichtbaren oder verborgenen gesellschaftlichen Missstände davon, dass es bereits fünf nach zwölf ist.

Wir sind das Volk? Dieser Spruch tönte einmal kurz bei der sogenannten Revolution auf, die zum Ende der DDR und dann zu dem führte, was de facto ein Anschluss an die BRD war, aber Wiedervereinigung genannt wird.

Um den Zeitpunkt 1990 herum ist auch zu konstatieren, dass danach fortan – unter Schröder/Fischer noch frecher forciert vorangetrieben – politisch-wirtschaftlich der neoliberale (Holz-)Weg beschritten wurde. Und unter Merkel, nun abermals mit Unterstützung der SPD, weiter forsch beschritten wird.

Die daraus resultierenden, bedenklichen und deshalb zu Sorge Anlass gebenden gesellschaftlichen Zustände sind für diejenigen, welche Augen haben zu sehen, nicht nur in der gesellschaftlichen Spaltung in arm und reich zu besichtigen.

Wir sind das Volk? Mag sein. Aber anderen, die das Geld haben, ist das ziemlich schnuppe, solange sie ihren Schnitt machen können. NachDenkSeiten-Redakteur Jens Berger hat in seinem neuen Buch „Wem gehört Deutschland?“ sehr spannend, interessant, sachlich und unaufgeregt die Vermögensverhältnisse dargelegt. Er spart auch nicht mit Vorschlägen, wie man zu einer gerechteren Gesellschaft kommen könnte.

Bürgerinnen und Bürger wollen für eine gerechtere Gesellschaft wirken

Das aktuelle „Bündnis Umfairteilen“ in Dortmund hat vorsichtig, aber entschlossen solidarisch zusammen zu wirken, Fahrt aufgenommen. In den Räumen des Paritätischen haben sich Bürgerinnen und Bürger erst in dieser Woche wiedergetroffen, die das Ziel eint, vor Ort für eine gerechtere Gesellschaft zu wirken.

Zusammengekommen waren Vertreterinnen und Vertreter aus linken Parteien, von Gewerkschaften, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, von Attac sowie eines regionalen Straßenmagazins. Der in Dortmund und darüber hinaus gesellschaftlich vielseitig engagierte Ingo Meyer (Bundesvorsitzender DUW (Demokratische Unabhängige Wählervereinigung) hat sich für ein Aufleben des „Bündnis Umfairteilen“ in Dortmund stark gemacht. Meyer oblag auch die Moderation des Treffens.

Der Vorschläge, wie mehr Bürgerinnen und Bürger über die Notwendigkeit eines „Umfairteilens“ zu informieren bzw. für die Einforderung einer ins Gesetze gegossenen Umsetzung einer gerechten Umverteilung von unten nach oben, waren viele. Nun gilt es diese zu bündeln und bezüglich ihrer Tauglichkeit hinsichtlich deren Wirkung auf die Öffentlichkeit hin abzuklopfen. Zu den Forderungen des Bündnisses gehört auch die Wiederinkraftsetzung der Vermögenssteuer. Die ist ja bekanntlich im Grundgesetz verankert, wird aber momentan nicht erhoben. Neben der Wiederbelebung der Forderung „Vermögenssteuer Jetzt!“ geht es dem Bündnis auch grundsätzlich darum, anzuregen die Steuerpolitik mit Blick auf mehr Gerechtigkeit zu gestalten.

Flashmobs, Infstände  und andere kreative Aktionen

Genaues ist zwar noch nicht beschlossen. Aber ins Auge gefasst sind das Aufstellen und Betreiben von Infoständen, das Veranstalten von Flashmobs und anderer diverser kreativen Aktionen.

Diskutiert wurde etwa über eine eventuell am Weltspartag zu veranstaltende Aktion in der Dortmunder Innenstadt.

Minuten später sah man das bereits wieder kritisch. Schließlich ist ja gerade die in der Presse und Politik oft fälschlicherweise „Sparpolitik“ genannte, von Bundeskanzlerin Angela Merkel für die ganze EU eingeforderte Austeritätspolitik, verantwortlich für gesellschaftliche Verwerfungen.

Auch, hieß es, hätte ja Meinungsmache dazu geführt, dass Bürgerinnen und Bürger glaubten, diese „Einsparungen“ seien tatsächlich nötig, weil einfach kein Geld da sei.

Weltumfairteilungstag“!

Bald darauf neigte man einem anderen Vorschlag zu, welcher jedoch vom Begriff „Weltspartag“ inspiriert war.

Möglich ist es demnach, dass die Aktionen – oder mehrere – unter der Bezeichnung „Weltumfairteilungstag“ firmieren werden.

Ingo Meyer: Nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen

Das Dortmund Bündnis begibt sich in die Spur und auf die Spuren der Aktionen ins Sachen „Umfairteilen“ des Jahres 2013. Zugegeben, die fanden in Dortmund dazumal eher wenig Zuspruch. Jedenfalls im Vergleich zum „Umfairteilen“ in Bochum mit der machtvollen Abschlusskundgebung vor dem Bergbaumuseum. Aber Moderator Ingo Meyer machte der Runde Mut. Schließlich begännen ja alle Aktionen eher zunächst einmal im Kleinen; „Wir sollten uns nicht von vornherein ins Bockshorn jagen lassen.“

Mit Xavier Naidoo gesprochen, steht fest: „Dieser Weg“ wird kein leichter sein.

Aber das wissen alle bislang Beteiligten am Bündnis Umfairteilen Dortmund.

Gelebte Demokratie

Ein naiven Eindruck machten sie nicht. Einen entschlossenen aber schon. So bedenklich, letztlich die Demokratie gefährdend, wie die (gesellschaftlichen) Zustände sich inzwischen darstellen – dieser Gedanke vereinte alle die zum Treffen erschienen waren – dürfen nicht unwidersprochen bleiben.

Zwei Jahrzehnte neoliberale Politik hinterlassen in Deutschland längst sichtbare Spuren. Auch in Dortmund. Jeder vierte Einwohner dort ist arm oder von Armut bedroht. Solidarisch engagierte Menschen wollen das nicht länger hinnehmen. Was sie zu tun vorhaben ist nicht mehr, aber auch nicht weniger, gelebte Demokratie.

Geschichten, die auf der Straße liegen: „Heimat132“ – Ein Projekt von Peyman Azhari

Martina Plum (rechts) interviewt Peyman Azhari (links) und Mohamad Alkadah (Mitte) anläßlich einer Veranstaltung zum Antikriegstag; Foto: C. - D. Stille

Martina Plum (rechts) interviewt Peyman Azhari (links) und Mohamad Alkadah (Mitte) anläßlich einer Veranstaltung zum Antikriegstag; Foto: C. – D. Stille

Jeder Mensch hat eine Geschichte. Doch zu selten interessieren wir uns dafür. Für das Gegenüber. Für die Nachbarin, den Nachbarn. Oder: für das Leben der Arbeitskollegen. Wir begegnen uns. Auf der Straße. In den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wir rennen aneinander vorbei. Oft genug reden wir sogar aneinander vorbei. In der Dortmunder Nordstadt leben Menschen aus 132 Nationen. Auch die haben freilich ihre oft ganz speziell, eigene Geschichte. Man muss diese Geschichten nur aufheben. Sie lagen quasi auf der Straße!
Der gebürtige Iraner Peyman Azhari hat sich ein Herz gefasst und beschlossen diese Geschichten aufzuheben.

Die persönliche Geschichte als Antrieb

Wie kam der junge Mann darauf? Nicht zuletzt deshalb, weil er selbst eine ganz spezielle Geschichte hat. Und dementsprechend dürfte er ein Draht zu solcherart Geschichten haben.
Der aus der wohlhabenden Mittelschicht stammende Iraner – die Familie: drei Kinder, Vater, Mutter – ist bereits seit vielen Jahren in Deutschland. Über Nacht war die Familie damals  im ersten Golfkrieg mit einem kleinen Fiat über die Türkei nach Deutschland geflohen. Peyman war damals gerade einmal vier Jahre alt. Kurz nach der Ankunft in Deutschland erlebten die Azharis erst einmal viele Schwierigkeiten und ernteten manches Mal auch Unverständnis darüber, was die Fluchtgründe anging. Peyman Azhari sagte kürzlich auf einer Veranstaltung zum Antikriegstag, sein Vater sei nie richtig hier in Deutschland angekommen. Zu groß war der Schmerz über den Verlust der Heimat, der Wohnung und der eigenen Firma. Angekommen in der BRD hatte die Familie zunächst in nur einem Zimmer wohnen müssen. Anders sein Sohn. Wird Peyman heute über seine neue Heimat Dortmund befragt, so erklärt er, sich hier in gut aufgenommen zu fühlen. Tolle Menschen habe er kennengelernt. Ein Studium sei ihm ermöglicht worden. Inzwischen ist Peyman Azhari Fotokünstler.

Sich sensibel fotografisch der Frage nähern: Wie sieht die Heimat der in der Nordstadt lebenden Menschen 132 verschiedenen Nationen aus?

Vor diesem privaten wie persönlichen Hintergrund entstand die Idee, sich fotografisch der Frage anzunähern: Wie sieht die Heimat der in der Dortmunder Nordstadt lebenden aus 132 verschiedenen stammenden Menschen aus?
Zusammen mit der Auslandsgesellschaft wurde das Projekt „Heimat132“ gestartet.
Azhari begibt sich sooft er kann mit einem Fahrrad, Fotoausrüstung, Notiz und Schreibstift auf Pirsch durch die Dortmunder Nordstadt, um diese Geschichten einzufangen konservieren.
Vorgenommen hatte er sich, von April bis September 2014 Menschen unterschiedlicher Nationen und Kulturen z.B. zuhause, bei der Arbeit, bei Familienfeiern oder kulturellen Ereignissen zu treffen und jeweils für eine Stunde in ihrer Heimat, der Nordstadt, zu begleiten.
Der Fotokünstler geht bei seiner Dokumentation äußerst sensibel vor. Dabei helfen ihm die Erfahrungen seiner Biografie ungemein.
Menschen aus über 40 Nationen hat Peyman Azhari unterdessen getroffen. Aus Ländern Europas, Afrikas und Asien stammen sie.

Bildband soll im November erscheinen

Als Ziel dieses überaus lobenswerten und überdies interessanten Projektes ist angepeilt, den kulturellen Reichtum dieses in den Nachrichten oft nur als sozialer Brennpunkt dargestellten Stadtteils der Ruhrgebietsmetropole zu präsentieren und ihm gleichzeitig das Gefühl des Fremden, Problematischen zu nehmen. Schon im November soll aus dem zusammengetragenen Fotomaterial ein Bildband entstehen.
Nicht zuletzt möchte der Autor sicherlich auch darstellen, welche Chancen ein solcher meist nur als sozialer Brennpunkt betrachteter Stadtteil für Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen ihre Heimat verlassen haben bzw. aufgrund von unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben mussten und nun in der Dortmunder Nordstadt ihren Lebensmittelpunkt haben oder dort arbeiten – neben Schwierigkeiten – auch bereithält.

Wer möchte dabei sein?

Einige Nationalitäten und die Geschichten dieser  Menschen dazu  fehlen Fotokünstler Azhari in seiner Sammlung noch. Er ist unermüdlich im Einsatz, sie auf der Straße zu entdecken und sozusagen aufzuheben. Wer Interesse hat, kann sich aber durchaus auch selbst beim Künstler melden. Voraussetzung ist natürlich, dass Sie in der Nordstadt leben oder arbeiten.

Folgende Fragen sind von Interesse:

Was ist Ihre Geschichte? Wie sieht Ihre Heimat aus? Wie sind Sie hier her gekommen? Was bedeutet Heimat für Sie? Was vermissen Sie aus der alten Heimat? Was fehlt Ihnen hier, damit Sie sich hier heimisch fühlen?

Melden können sich Interessenten bitte direkt bei Peyman Azhari (heimat@peymanazhari.com) oder bei
Martina Plum, Auslandsgesellschaft Deutschland in der Steinstr. 48 in 44147 Dortmund.

Sobald der avisierte Bildband von Peyman Azhari erschienen ist, werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle eine Rezension darüber vorfinden.

Hier noch ein Link zu einem Beitrag der WDR-Lokalzeit Dortmund zu Peyman Azharis Projekt.

Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag in Dortmund

 

Die Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag in Dortmund war gut besucht; Fotos: C. - D. Stille

Die Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag in Dortmund war gut besucht; Fotos: C. – D. Stille

Gestern war Antikriegstag. Oder wie man es andernorts auch nennt: Weltfriedenstag. Am 1. September vor nunmehr 75 Jahren brachen die deutschen Nationalsozialisten den 2. Weltkrieg vom Zaun.

In vielen Orten fanden Veranstaltungen statt, um den Opfern dieses schrecklichsten aller Kriege zu gedenken. So auch in Dortmund.

Zum achten Mal bereits fand eine derartige Gedenkveranstaltung im Innenhof der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, einer in der Nazizeit berüchtigten Folterstätte der Gestapo mit angeschlossenem Hafttrakt.

In diesem Jahr stand die Gedenkveranstaltung unter dem Motto „Gegen Krieg – Nie wieder Faschismus“

Die Veranstaltung fand vor der Hintergrund der bedauerlichen Tatsache statt, dass die Bundesregierung eine Waffenlieferung an Kriegsparteien beschlossen hatte. Um der Lieferung ein demokratischen Mäntelchen umzuhängen, hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgerechnet am Antikriegstag herabgelassen, das Parlament über die Waffenlieferung debattieren zu lassen. Ohne jeglichen Einfluss auf die bereits beschlossene Sache.

Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende Region Dortmund – Hellweg: „Dass hundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges deutsche Truppen mit und durch die NATO wieder an den Grenzen Russlands stehen, hätte ich mir nie träumen lassen.“

DGB-Vorsitzende Dortmund - Hellweg Jutta Reiter.

DGB-Vorsitzende Dortmund – Hellweg Jutta Reiter.

Nach kurzer Begrüßung durch Martina Plum (Auslandsgesellschaft Dortmund) erfolgte eine musikalische Einstimmung durch die Sängerin und Songwriterin Vanessa Voss.

In der Ansprache äußerte die DGB-Vorsitzende der Region Dortmund Hellweg, Jutta Reiter, die Befürchtung, dass den fürchterlichen Ereignissen des 2. Weltkrieges zu wenig Lehren gezogen wurden. De facto sei zwar die Zahl der kriegerischen Auseinandersetzungen zurückgegangen, entstünde bei ihr ein „gegenteiliger Eindruck“. Jutta Reiter: „Die Kriege werden mehr. Und sie kommen näher. Afrika, Afghanistan, Gaza, Irak, Syrien, Ukraine seien hier als Beispiel mal genannt.“ Reiter gab zu bedenken, welche Gründe für die kriegerischen Auseinandersetzungen auch immer ausschlaggebend seien, sie würden durch militärische Intervention nicht gelöst.

Immer seien die militärischen Intervention zu groß und die humanitären zu klein. Kriege, so die Gewerkschafterin weiter, wären vielfach Zeichen von Hilflosigkeit: „Weder gut gemeint. Noch gut gemacht.“ Oft würden die sozialen Hintergründe von schwelenden Konflikten nicht beachtet oder bewusst übersehen. Aufgrund von „interessensgeleiteter Informationspolitik, Schuldvertuschung, des Untertünchens von Machtinteressen sei oft hinterher“ niemand mehr in der Lage „und zu verstehen, „was in den Krisengebieten wirklich vorgeht und wie komplett sich die Zusammenhänge darstellen.

Heute Freund. Morgen Feind. Heute Terrorist. Morgen Verbündeter“ gegen die Verbrecher des IS. „Krieg ist nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern das Versagen der Politik auf ganzer Linie.“

Niemand von uns, versicherte Jutta Reiter, „sei nicht erschüttert .über den Völkermord der IS-Terroristen. Aber die Frage nach dem Warum scheint auch niemanden genauer zu interessieren. Die DGB-Chefin erinnerte daran, das der Westen eine Mitschuld an der Situation im Nahen Osten trage. Bezüglich der deutschen beschlossenen Waffenlieferungen stellte Jutta Reiter den naiven Glauben mancher infrage, die Waffen könnten irgendwann „wieder eingesammelt werden“.

Als Beispiel für die Fragwürdigkeit solcher Waffenlieferungen führte Reiter den Fall der IS-Terroristen an.

Die hatten ja mit regulären Waffen der irakischen Armee – die die zurückgelassen hatte – Morde an den Jesiden verübt. „Jede Waffe, die wir verkaufen ist potentiell auch auf uns gerichtet und mit dieser Grundannahme im Bewusstsein der Staaten kämen wir vielleicht einer Friedenspolitik schon bedeutend näher. Mit Waffen bringt man Waffen nicht zum schweigen“

Damit würde nur das „Eskalationslevel“ erhöht.

„Hilflose Lösungsversuche statt UN-Einsätze und eine vernünftige EU-Sicherheitspolitik.“

Die DGB-Vorsitzende sagte, wenn die litauische Ministerpräsidentin sage, Russland befinde sich im Krieg gegen die EU, dann sei das nicht nur eine verbale Aufrüstung, sondern eine Vorbereitung darauf, dass die NATO-Strategie gegen Russland sich ändern wird. Russland werde als Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit gesehen. Deshalb erhöhe die NATO ihre Präsenz an der Ostgrenze. „Zurück in die Zukunft?“, fragte Reiter: „Dass hundert Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges deutsche Truppen mit und durch die NATO wieder an den Grenzen Russlands stehen, hätte ich mir nie träumen lassen.“

Die Gewerkschafterin fordert die Aufnahmefähigkeit für Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten hierzulande bedeutet zu erhöhen.

Diese Menschen müssten ein Recht auf Würde haben.

Aus diesem Grund sei an diesem Antikriegstag auch Flucht und Asyl ein Thema der Gedenkveranstaltung „hundert Jahre nach dem 1. Weltkrieg und 75 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs“.

Interview mit Flüchtlingen

Martina Plum (rechts) interviewt Peyman Azhari (links) und Mohamad Alkadah (Mitte)

Martina Plum (rechts) interviewt Peyman Azhari (links) und Mohamad Alkadah (Mitte)

Des Weiteren stellte Martina Plum die Flüchtlinge Peyman Azhari (Iran) und Mohamad Alkadah (Syrien) vor, indem sie ein kleines Interview mit de erzählen beiden jungen Männern führte.

Mohamad erzählte, dass er im Oktober 2013 nach Deutschland gekommen sei. Dank der guten Betreuung seitens der Auslandsgesellschaft und eines ungeheuren Fleißes Mohamad bereits in bemerkenswert gutem Deutsch.

In seinem jungen Leben hat der mutige junge Mann schon dreimal Bekanntschaft mit syrischen Gefängnissen machen müssen. Martina Plum fragte, ob er sich denn all die schrecklichen Nachrichten im Fernsehen anschaue. Mohamad Alkadah sagte er gucke sich das an: „Aber ich glaube nicht alles. Nicht alles was sie sagen, kann man glauben.“

Insgesamt 73 Familienmitglieder habe er bereits in Syrien verloren, erzählte Mohamad.

Jetzt sei er in der Schule, mache seinen Hauptschulabschluss. Werden wolle er Flugzeugmechaniker.

Heimat 123

Dann wandte sich die Moderatorin dem 30-jährigen Peyman zu. Der aus wohlhabender Mittelschicht stammende Iraner – die Familie:vier Kinder, Vater, Mutter – ist bereits seit vielen Jahren in Deutschland. Über Nacht war die Familie im ersten Golfkrieg mit einem kleinen Fiat über die Türkei nach Deutschland geflohen. Peyman war damals gerade einmal vier Jahre alt. Auf Nachfrage erklärte Peyman sich hier in Deutschland gut aufgenommen zu fühlen. Tolle Menschen habe er kennengelernt, ein Studium sei ihm ermöglicht worden. Peyman ist Fotokünstler. Mit ihm zusammen hat die Auslandsgesellschaft das Projekt „Heimat132“ gestartet.

Peyman ist in Dortmund mit dem Fahrrad unterwegs und fotografiert und interviewt Menschen aus 132 Nationen – so viele Kulturen und Nationalitäten leben in der Dortmunder Nordstadt. Es geht um deren persönliche Geschichte.

Die einst im Iran einen gewissen Wohlstand gewohnte Familie hatte zunächst in einem einzigen Zimmer leben müssen.

Peymans Vater, so erzählt dessen Sohn habe den Verlust der Heimat und der Firma bis heute nie verwunden. Peyman Azhari: „Er ist, glaube ich, nie angekommen.“

Über sein Projekt hat Azhari ein Buch geschrieben, das demnächst herauskommen soll.

Nach diesem Interview sang die sympathische Vanessa Voss das gemeinsam mit Flüchtlingen aus Kamerun, Marokko und der Elfenbeinküste Xavier Naidoos „Dieser Weg“ (wird ein schwerer sein) – wie passend auf die Biografien der Flüchtlinge. Berührend.

Frank Siekmann (SLADO): „Hundertdreiundzwanzig Jahre lang hat der Paragraph 175 Homosexuellen das Leben zur Hölle gemacht.“

Schließlich trat noch – last but not least – Frank Siekmann vom Dachverband Schwuler, Lesbischer und Transidenten Vereine und Initiativen in Dortmund e. V. (SLADO) ans Rednerpult

Siekmann erklärte, warum der 1. September für die Lesben und Schwulen ein besonderer Tag ist. Am 1. September 1935 wurde der Paragraph 175, der Homosexualität unter Strafe stellt, gnadenlos verschärft. „Gezielt wurde schwule Männer verfolgt und in Konzentrationslager gesteckt.“ Nur wenige haben diesen Terror überlebt. Frank Siekmann erinnerte daran, dass nach dem Ende der Naziherrschaft und des 2. Weltkrieges dieser Paragraph keineswegs abgeschafft worden sei, sondern auch in der neuen Bundesrepublik bestehen blieb.

Weiter seien schwuler Männer nach diesem Paragraph verfolgt worden. Siekmann: „In der neuen Republik wurden viermal mehr schwule Männer verfolgt als in der Weimarer Republik. Zwischen 1949 und 1969 kam es in Westdeutschland zu 50.000 rechtskräftigen Verurteilungen nach dem Paragraphen 175. Die bis heute ihre Gültigkeit haben. Im Namen des Gesetzes wurden nach 1945 ganze Biografien zerstört.“

Für die Betroffenen hätten allein schon Verdacht schwul zu sein oder ein aufgenommenes Ermittlungsverfahren genügt, um sie ins Unglück zu stürzen. „Das kann man mit Worten nicht wieder gutmachen.“

Bis 1994 habe es (in der BRD) gedauert bis der Paragraph 175 insgesamt aufgehoben worden sei. „Hundertdreiundzwanzig Jahre lang hat der Paragraph 175 Homosexuellen das Leben zur Hölle gemacht.“ Man solle sich einmal vergegenwärtigen, dass mit dieser Aufhebung die Angst der Homosexuellen längst nicht vorbei gewesen sei, „dass die Diskriminierung fortdauerte.“

„Der Bundestag hat sein Bedauern ausgesprochen, dass Homosexuelle nach 1945 verfolgt wurden. Sein Bedauern. Aber nicht mehr. Die Verurteilungen sind weiter rechtskräftig. Es gibt keine Entschädigung für die Opfer. Keine Wiedergutmachung“, so Frank Siekmann. „Vorurteile und Homophobie sind weiterhin vorhanden.“ Die richtige Konsequenz aus der Geschichte des Paragraphen 175 müsse lauten: „Endlich die volle Gleichstellung. Aufklärung an Schulen und Jugendfreizeitstätten. Homo- und Transphobie müssen gesellschaftlich geächtet sein.“

Frank Siekmann berichtete an eine gemeinsam mit anderen Organisationen an eine Samstag vor einer Woche während des Christopher-Street-Day innerhalb eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses durchgeführte Demonstration in Dortmund für ein Verbot der Partei „Die Rechte“. Siekmann: „Ich habe mich gefragt, warum uns die Presse zum Teil ignoriert hat, oder als ‚Gegendemo‘ bezeichnet hat. Die Gegendemo war die Partei „Die Rechte“, die die Wiedereinführung des Paragraphen 175 forderte.“

Kranzniederlegung für die schwulen und lesbischen Opfer der Nazidiktatur und Schweigeminute.Nach der Demo, berichtete Siekmann, habe er eine Mail von einem schwulen Mann bekommen. Der habe ihm geschrieben, die Demo habe ihm Mut gemacht. Es wäre eine andere Stadt gewesen.

.Der niedergelegte Kranz von SLADO

.Der niedergelegte Kranz von SLADO

Anschließend wurde ein Kranz zum Gedenken an die in der Nazizeit verfolgten und hingerichteten Schwulen, Lesben und Transidenten nieder- und eine Schweigeminute und eine Schweigeminute für sie   eingelegt. Das Gedenken galt aber auch ausdrücklich den derzeit verfolgten und getöteten Lesben und Schwulen weltweit.

Noch einmal griff Vanessa Voss in die Saiten ihrer Gitarre und sang ein selbstgeschriebenes Lied: „Lay Your Weapons down“.

Dirk Loose vom Jugendring und ein Wort von Kierkegaard

Dirk Loose vom Jugendring Dortmund

Dirk Loose vom Jugendring Dortmund

Abschließend sprach Dirk Loose vom Jugendring Dortmund. Loose mahnte mit den Worten des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard: „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden.“ Dirk Loose beklagte die vielen Flüchtlinge weltweit. Er kritisierte, dass das Gewehr G36 weltweit zu finden sei. Statt militärischer Rüstung bräuchte es „ein Heer von zivilen Akteuren, die Technologien dorthin brächten, wo sie notwendig sei und Hilfe zur Selbsthilfe.

Die Gedenkveranstaltung klang mit einem weiteren Gesangsbeitrag von Vanessa Voss aus.

Information: Vom 2. bis zum 5. September findet zum vierten Mal in Folge das Dortmunder Friedensfestival am Katharinentor (am Hauptbahnhof) statt.

Dortmund: Impressionen vom Treffen historischer Traktoren auf dem Schultenhof

Hier ein historischer  Framo-Transporter vor der Kulisse des Landgasthauses; Fotos: C. - D. Stille

Hier ein historischer Framo-Transporter vor der Kulisse des Landgasthauses; Fotos: C. – D. Stille

Am 31. August 2014 fand auf dem Schultenhof der Arbeiterwohlfahrt Dortmund ein Traktorentreffen (historische Fahrzeuge statt). Sehen Sie einige Impressionen von diesem Treffen.

Von Traktor per Keilriemen angetriebene Dreschmaschine

Von Traktor per Keilriemen angetriebene Dreschmaschine

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Dieser Mini-Traktor zog natürlich die kleinsten Gäste besonders magisch an.

Dieser Mini-Traktor zog natürlich die kleinsten Gäste besonders magisch an.

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Aufschrift auf Hinterteil des FRAMO: "Nimm dir Zeit und nicht das Leben!". Bleibt aktuell.

Aufschrift auf Hinterteil des FRAMO: „Nimm dir Zeit und nicht das Leben!“. Bleibt aktuell.

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