„Umstritten. Ein journalistisches Gütesiegel“ von Marcus Klöckner (Hg.) – Rezension

Offenbar ist eine Verwünschung ausgesprochen worden. «„Mögest du in interessanten Zeiten leben.” ist ein mittlerweile recht bekanntes chinesisches Sprichwort, um genau zu sein, eine Verwünschung; denn „interessant” wird eine Zeit meist erst im Rückblick: Kriege, Krisen, Umstürze, Veränderungen beispielsweise machen Zeiten „interessant.” Der US-Politiker Robert F. Kennedysagte 1966 bei einer Ansprache in Kapstadt:

Es gibt einen chinesischen Fluch, der da lautet: ‘Möge er in interessanten Zeiten leben!’ Ob wir es wollen oder nicht – wir leben in interessanten Zeiten…“
(„There is a Chinese curse which says, ‘May he live in interesting times.’ Like it or not, we live in interesting times…“)« Quelle: Ostasieninstitut.

Umstritten“ – Ein Stempel für diejenigen, die es sich herausnehmen, eine eigene Meinung zu vertreten

Interessant an dieser Verwünschung ist, dass sie nur ganz bestimmte Leute trifft. Nämlich diejenigen, welche es sich hierzulande herausnehmen, eine eigene Meinung zu vertreten. In dem Maße,wie man ihnen das übelnimmt – weil diese Meinung bestimmten Narrativen zuwiderläuft – verpasst man ihnen den Stempel «umstritten«.

Dann nützt den zu «Umstrittenen« erklärten Menschen auch kein schnelles Pferd mehr. Der Stempel pappt ihnen an. Und dafür, dass er sichtbar ist, wird gesorgt. Wagen diese Menschen dann doch einmal aus irgendeinem Fenster zu schauen, um etwas in einer bestimmten Angelegenheit oder Sache anzumerken, bekommen sie sogleich aufs Dach. Sie werden möglichst mittels einer zur schlimmen Mode gewordenen Cancel Culture aus dem öffentlichen Diskurs diffamiert und ausgegliedert. Kommt man einmal doch nicht umhin sie zu nennen oder ist es ihnen doch gelungen, irgendwo öffentlich zu erscheinen oder aufzutreten, dann heißt es in den Medien, „die umstrittene“, „der umstrittene Soundso“ …

Dann wissen die Medienkonsumenten (wenn sie es nicht eh schon wissen), was sie von der betreffenden Person zu halten haben. Vielleicht haben die Leute auch schon vorher im Nicht-Lexikon Wikipedia (der vielleicht bei manch wissenschaftlichen Einträgen vertraut werden kann) nachgeschaut und über jemanden gelesen: Herr X gilt betreffs seiner Äußerungen und seiner auf Portalen, die für die Verbreitung von «Verschwörungsideologien« bekannt sind, veröffentlichten Texte, als «umstritten«.

Wem das so ergeht, kann als Person ziemlich rasch „erledigt“ sein. Hatte so jemand eine gewisse Reputation, so dürfte diese schnell perdu sein oder dessen Stellung womöglich zusätzlich noch einer Kündigung seitens des Arbeitgebers anheimfallen. Wer noch mehr Pech hat, dem kündigt die Hausbank eventuell gar das Bankkonto. Ja, die betroffenen Menschen leben wahrlich in „interessanten Zeiten“. Das ist nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Unterschiedliche Zeitgenossen „die sich in politisch schwierigen Zeiten ein demokratisches Ur-Recht herausgenommen und verteidigt haben: das Recht auf eine eigene Position.“

Der Journalist und Bestsellerautor Marcus Klöckner hat nun beim Verlag FiftyFifty einen Band herausgegeben, welcher jenen gewidmet ist, „die sich in politisch schwierigen Zeiten ein demokratisches Ur-Recht herausgenommen und verteidigt haben: das Recht auf eine eigene Position.“ Weiter heißt es zum Buch:

„So unterschiedliche Personen wie Patrik Baab, Daniele Ganser, Ulrike Guérot, Stefan Homburg, Michael Meyen, Albrecht Müller, Friedrich Pürner stehen beispielhaft dafür.“

Für die Herausgabe des m.E. sehr wichtigen Buches, zumal es dafür sorgt, dass den „Umstrittenen“ ein Stück weit Gerechtigkeit widerfährt und die ihnen angetane Unbill nicht vergessen wird, gebührt dem Verlag und Marcus Klöckner Lob und Anerkennung.

Der Begriff «umstritten« verkommt zur Waffe, die gegen unliebsame Meinungsabweichler eingesetzt wird“

«“Umstritten“ – so bezeichnen „Qualitätsmedien“ heutzutage kritische Denker, die auf die Realitäts- und Sinnbrüche in Politik und Berichterstattung hinweisen. Mit dieser Formulierung sollen Kritiker an den vorherrschenden „Wahrheiten“ mundtot gemacht werden. Längst aber haben viele Bürger die Masche durchschaut. „Umstritten“ zu sein, ist als ein Prädikatssiegel für Demokraten zu verstehen. Wer heutzutage vom Polit- und Medienmainstream niedergemacht wird, muss sehr viel richtig gemacht haben. Gut, dass es „die Umstrittenen“ gibt«, so der schreibt der Verlags.

Marcus Klöckner in seiner Einleitung: „Ob Mediennutzer eine Person, um die es in der Berichterstattung geht, als «umstritten« betrachten oder nicht, soll ihnen selbst überlassen bleiben. Doch innerhalb einer weltanschaulich kontaminierten «Berichterstattung« verkommt der Begriff «umstritten« zur Waffe, die gegen unliebsame Meinungsabweichler eingesetzt wird.“

Er führt als ein Beispiel an: „Wie oft ist etwa in Medien von umstrittenen Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht zu lesen? Wohl die meisten Bürger in Deutschland wissen, wer Wagenknecht ist. Dass sie von einigen heftig kritisiert und von anderen bewundert wird, ist kein Geheimnis. Wenn ihr zum X. Mal der Begriff «umstritten« angeklebt wird, dann hat das einen Grund: Einige Journalisten wollen Stimmung machen. Sie wollen Wagenknecht negativ rahmen. Ist etwa Olaf Scholz nicht umstritten? Allein schon, wenn man an Cum-Ex denkt. Müsste nicht konsequenterweise in jedem Medienbericht stehen: der «umstrittene« Kanzler? Ist Baerbock nicht umstritten? Müsste nicht in jedem Beitrag stehen: die umstrittene Außenministerin? Welcher Politiker ist schon nicht umstritten?“

Auf darauf folgenden Seite gibt Klöckner zu bedenken: „Gelebter Pluralismus, der für jede gesunde Demokratie konstitutiv ist, wird zum Störfaktor bei der Festzementierung von angeblichen unumstößlichen Wahrheiten. Demokratieverständnis? Sechs. Setzen.

Außenministerin Annalena Baerbock sagte im September dieses Jahres die folgenden Worte:

«Deutschland ist eine Demokratie. Punkt. Es gibt bei uns Meinungsfreiheit, alle können immer und überall sagen, was sie wollen. Wer das wie Chrupalla verkennt, hat den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht verstanden – oder will es einfach nicht.«

Die Aussage korrespondiert auf erwartbare Weise mit einer Politik, der die Entdifferenzierung der Realität alles andere als fremd ist: Alle können alles sagen. Aber ansonsten hält die Aussage einer Realitätsprüfung nicht stand. Zu einer Demokratie gehört, dass jeder alles sagen kann. Nicht zu einer Demokratie gehört, dass Persönlichkeiten, die vom Mainstream abweichende Ansichten vertreten, öffentlich niedergemacht, mit Hass und Hetze überzogen werden und dass deren berufliche Existenz in Gefahr gerät. Den Realitätscheck besteht auch nicht die Aussage, dass alle überall alles sagen können. Richtig ist; Ein Bürger kann sich auf eine Parkbank oder an den Stammtisch setzen und sagen, was er denkt (wobei das mit dem Sitzen auf einer Parkbank während der Corona-Zeit …).“

Professor Dr. Stefan Homburg lässt sich von angeblichen Experten nicht diktieren, was er zu denken hat

Der Journalist Patrick Reiter hat mit Professor Dr. Stefan Homburg gesprochen. Dem waren etliche Ungereimtheiten im Rahmen der Coronapolitik aufgestoßen. Und er hielt mit seiner Kritik nicht hinter dem Berge. Dadurch wurde der frühere akademische Überflieger zu einer «umstrittenen« Person. Sie veränderte dessen Leben. Einstige Verdienste – er beriet u.a. auch Regierende – wurden in den Hintergrund verdrängt. Als vielgefragter,, weil wirklicher Experte galt er etwas in Talkrunden und in der Presse. Plötzlich wehte ihm ein eisiger Wind entgegen. Unterkriegen aber ließ sich Stefan Homburg nicht: „Als aufgeklärter Bürger lasse ich mir nicht von angeblichen Experten diktieren, wie ich zu denken habe, sondern bilde mir eine eigene Ansicht und verbreite sie.«

Und das tat der Finanzwissenschaftler fortan und tut es bis heute. Sehr oft auf Twitter (jetzt X). Inzwischen hat Homburg dort 132.992 Follower. Er hat das Buch Corona-Getwitter. Chronik einer Wissenschafts-, Medien- und Politikkrise“ veröffentlicht.

Der Beitrag von Patrick Reitler ist sehr aufschlussreich.

Der „Fall“ Dr. Daniele Ganser

Der NachDenkSeiten-Redakteur Tobias Riegel hat sich mit dem „Fall“ Dr. Daniele Ganser beschäftigt. Medien bezeichnen den Historiker und Friedensforscher unaufhörlich als als «umstritten«. Riegel schreibt: „Er hat sich diesen Titel bereits Anfang der 2000er Jahre durch kritische Veröffentlichungen etwa zu «Gladio«-Gruppen der NATO und durch die entsprechenden Reaktionen auf seine Texte vonseiten transatlantischer Meinungsmacher «verdient«. Zu Gladio hat Ganser im Westend Verlag das Buch „Nato-Geheimarmeen in Europa. Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung“ veröffentlicht.

Im Vorfeld von Gansers Auftritten im März 2023 wurde in zahlreichen Orten eine Hetzkampagne gegen ihn betrieben.

In Dortmund und Nürnberg waren seine Auftritte zunächst verwehrt worden, wurden jedoch dann per Gerichtsurteil schließlich genehmigt. Dortmunds Oberbürgermeister entblödete sich nicht, nachdem die Stadt bereits vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Klatsche erhalten hatte, Einspruch zusätzlich noch vorm Oberverwaltungsgericht zu erheben. Und prompt kassierte er die zweite Klatsche. Ich bekam das hier in Dortmund quasi aus nächster Nähe mit. Die Medien hetzten fleißig. Hier beispielsweise ein Artikel des Dortmunder Mediums „Nordstadtblogger“. Dort heißt es: „Der geplante Auftritt von Dr. Daniele Ganser in der Westfalenhalle 2 – dort, wo auch der Stadtrat während des Rathausumbaus tagt – schlägt in der Politik hohe Wellen. Denn der Historiker ist hoch umstritten und gilt als Verschwörungsideologe.“ Beiträge von mir dazu finden Sie hier, hier und hier.

Das Diffamieren von Dr. Daniele Ganser zeitigt glücklicherweise einen Bumerangeffekt. Riegel resümiert: Soweit man es als Außenstehender beurteilen kann, konnten die Kampagnen Ganser bisher nicht kleinkriegen – im Gegenteil: Vielleicht haben sie ihn einfach nur noch bekannter gemacht, was ein Zeichen dafür wäre, dass sich bestimmte Mechanismen der Diffamierung und der Meinungsmache abgenutzt haben. Das Beispiel des Prominenten Ganser ist allerdings nicht einfach übertragbar. Außerdem sollte die Wirkung auch abgenutzter Meinungsmache auf weniger informierte Zeitgenossen nach wie vor nicht unterschätzt werden.“

Die Causa Patrik Baab

Overton-Redakteur Roberto J. De Lapuente nahm sich die Causa Patrik Baab vor. (S.42)

Der Journalist hatte zu Recherchezwecken für ein Buch eine Reise in die Ostukraine unternommen. Ein Jahr zuvor war er in der Westukraine gewesen. Zu Zeit von Baabs zweiter Reise fanden in den Oblasten Donezk und Lugansk Wahlen statt – was Baab allerdings erst kurz vorher in Moskau erfahren hatte. „De Lapuente verdeutlicht“, schreibt Marcus Klöckner: „Baab sah sich in der Ukraine nicht nur den Gefahren von zwei Fronten ausgesetzt. Plötzlich musste er sich gegen Angriffe von der »Heimatfront« wehren.“ Das m.E. journalistisch fragwürdige Portal t-online.de (es gehört der Firma Ströer, einem Unternehmen für Außen- und Onlinewerbung) veröffentlichte aus der Feder des bereits mit anderen Diffamierungen aufgefallenen Lars Wienand einen Bericht, der den Eindruck entstehen ließ, Baab könnte Wahlbeobachter in den der Ukraine abtrünnig gewordenen Oblasten gewesen sein. Was nicht der Fall war. Wienand, so Baab hätte das leicht recherchieren können. Der Westen bezeichnete diese Urnengänge als „Scheinwahlen“. Lars Wienand ist offenbar ein „Sitzjournalist“, wie Patrik Baab, der schon an vielen Orten mit Konflikten und Kriegen in der Welt vor Ort war, um zu berichten, „Kollegen“ bezeichnet, die lediglich vorm Computer sitzen und „recherchieren“. Dem Journalisten Baab gingen aufgrund der t-online-Diffamierungen zunächst zwei Lehraufträge verloren. Baab ist nicht naiv. Und weiß wie leicht man in etwas hineingeraten kann. De Lapuente: „Es ist ein bisschen so, wie der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal es einst ausdrückte: «Das ganze Unglück der Menschen kommt daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.« Der Journalist weiß, wenn er nicht auf seinem Zimmer bleibt, kann er unglücklich enden.“ Lars Wienand, nehme ich mal an, kann so etwas wohl nicht passieren. Es sei denn sein Stuhl kippt um.

De Lapuente: „Die Causa Baab zeigt, dass Journalismus ein Delikt darstellt in diesen postfaktischen Tagen. Aber nur dann, wenn er mit allen Sorgfaltspflichten ausgeführt wird. (Hinweis auf Patrik Baabs Buch „Auf beiden Seiten der Front“)

Interview mit dem «umstrittenen« Kommunikationswissenschaftler Michael Meyen

Der einstige SWR-Mitarbeiter Ole Skambraks (nach seinem kritischen offenen Brief «Ich kann nicht mehr« (dazu u.a. hier) zur Corona-Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gekündigt) interviewte für das Buch den Kommunikationswissenschaftler Professor Michael Meyen. Meyen, geboren auf der Insel Rügen 1967, studierte noch zu DDR-Zeiten am „Roten Kloster“ in Leipzig, arbeitete dann als Journalist und erhielt 2002 eine Anstellung als Professor für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.

Herausgeber Marcus Klöcker: „Gegen Meyen läuft ein Disziplinarverfahren, er wurde zur Befragungen vor den Verfassungsschutz eingeladen. Skamraks Auseinandersetzung mit dem Fall Meyen macht transparent, was in unserem Land mittlerweile passiert. Meyens «Vergehen« besteht darin, dass er sich mit den Mitteln seiner Wissenschaftsdisziplin einer fundierten, herrschaftskonzentrierten Medienkritik bedient. Das schmeckt einigen nicht. Deshalb soll er – zu diesem Schluss ist zu kommen – fertiggemacht werden.“ (S. 53)

Die gleich «doppelt umstrittene« Ulrike Guérot

Vom österreichischen Schriftsteller und Journalisten Jan David Zimmermann stammt der Beitrag über die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot. Marcus Klöckern: „Sie hinterfragte die Maßnahmenpolitik und kritisierte dann auch noch das vorherrschende Narrativ zum Krieg in der Ukraine. Der Medienmainstream sah rot und plötzlich erhob der Trierer Politikwissenschaftler Markus Lind Plagiatsvorwürfe in der FAZ. Darauf kündigte der Arbeitgeber Guérots, die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ihre Stelle als Professorin. Jan David Zimmermann zeigt auf, warum Guérot gleich als «doppelt umstritten« gilt. (S.70)

Jan David Zimmermann schreibt abschließend: „Nicht nur in rechtsextremistischen Foren, sondern auch im ansonsten so aufgeklärten bürgerlichen Mainstream zeigt sich deutlich, dass man auch im Jahr 2023 gerne noch Jagd auf rothaarige Frauen macht, die man der Hexerei bezichtigt und die sich mit dem Satan verbündet haben. Auch wenn es sich um Positionen der Mitte handeln.“ (S.78)

Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Friedrich Pürner, den einstigen Leiter eines Gesundheitsamtes als «höchst umstritten«

Die Journalistin und einstige Kolumnistin für das Satiremagazin «Eulenspiegel» Anke Behrend trug einen Text zum Fall Dr. Friedrich Pürner, ehemaliger Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg im Bayrischen Regierungsbezirk Schwaben, bei.

Die Süddeutsche Zeitung hatte Pürner als «höchst umstritten« bezeichnet. Pürner äußerte Kritik an der Corona-Politik und wurde versetzt, weil er nicht daran dachte sich verbiegen zu lassen. Obwohl er massive berufliche Konsequenzen befürchten musste.

Zuletzt war von Pürner zu hören, dass er bei den Wahlen zum Europäischen Parlament für die kürzlich gegründete Partei von Sahra Wagenknecht, BSW, kandidieren wird.

Der scharfsinnige Denker Albrecht Müller

Ein interessantes Interview hat Marcus Klöckner mit dem Gründer und Herausgeber der NachDenkSeiten Albrecht Müller geführt. Klöckner kennzeichnet Albrecht Müller (85) so: Er sei ein „noch ein scharfsinniger Denker.“.

„Zu seinem Tagesgeschäft gehört es, Politik und Medien grundlegend kritisch zu hinterfragen.“

Klöckner weiter: „Die Bezeichnung «umstritten«, so Müller im Interview, «kommt von jenen, die sich an einen Wust von Denkfehlern, Vorurteilen und falschen Beobachtungen« angepasst haben.“

Analyse der skandalösen Lanz-Sendung, wo selbst vom Moderator gegen Ulrike Guérot geschossen wurde

Zum Ausgang des Buches, liebe Leserinnen und Leser, finden sie eine Analyse jener skandalösen Lanz-Sendung, zu der Ulrike Guérot eingeladen war. Marcus Klöckner: „An ihr lässt sich exemplarisch ablesen, was passiert, wenn eine Person, die als «umstritten« gilt, doch einmal Zugang zu einer Debattenplattform des Mainstreams bekommt.

Guérot sah sich Angriffen nicht nur durch die Gäste Marie-Agnes Strack-Zimmern und Fritz Pleitgen (das ist ein Fehler im Buch, es muss Frederik Pleitgen heißen; C.S.) ausgesetzt, sie musste sich auch gegen den Moderator wehren. Wer die «Wahrheiten« des Mainstreams anzweifelt, soll sich eben nicht durchsetzen dürfen.“

Die Lanz-Sendung ist vom Verlag für das hier besprochene Buch transkribiert worden.

Zwar kann man diese Sendung vom 2.6.2022 noch auf You Tube nachschauen – ich empfehle meinen Lesern aber dennoch die Transkription zu lesen, weil hier m.E. deutlicher hervorsticht, wie widerlich die Angriffe gegen Ulrike Guérot – die sich allerdings, soweit man sie überhaupt zu Worte kommen ließ, nach Kräften zur Wehr gesetzt hat – gewesen sind.

Dank an alle, die dieses wichtige Buch realisiert haben! Es zeigt auf «Umstritten« ist: Ein journalistisches Gütesiegel.

Lesen, unbedingt!

Zum Buch

MARCUS KLÖCKNER

Marcus Klöckner studierte Soziologie, Medienwissenschaften und Amerikanistik an der Philipps-Universität in Marburg. Herrschafts- und Medienkritik kennzeichnen seine Arbeit als Journalist und Bestsellerautor. Mit seinem Buch „‚Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen‘ – Das Corona-Unrecht und seine Täter“ setzt sich Klöckner für die Aufarbeitung der Coronapolitik ein. Bei Westend veröffentlichte Klöckner unter anderem als Autor „Sabotierte Wirklichkeit: Wenn Journalismus zur Glaubenslehre wird“ sowie als Mitherausgeber den Klassiker der Soziologie, „Die Machtelite“, von Charles W. Mills.


ISBN/GTIN978-3-946778-47-9

Produktart. Taschenbuch

Einbandart Kartoniert, Paperback

Verlag

fifty-fifty Verlag

ErscheinungsortFrankfurt

Erscheinungsjahr2024

Erscheinungsdatum15.01.2024

Seiten192 Seiten

SpracheDeutsch

MasseBreite 131 mm, Höhe 211 mm, Dicke 19 mm

Artikel-Nr.54635120

Erschienen am 15.01.2024

20,00 Euro

Morgen 18:00 Uhr Livestream von der 20-Jahr-Feier der NachDenkSeiten

Die NachDenkSeiten feiern morgen, am Samstag, den 9. Dezember um 18:00 Uhr in Bad Bergzabern das 20-jährige Bestehen der Nachdenkseiten. Die Festrede hält Sahra Wagenknecht. – Geplant ist eine direkte Übertragung ab 18:00 Uhr. Wir hoffen, dass alles klappt. Hier ist der Link. Viel Vergnügen und auch sonst ein schönes Wochenende.

Quelle: NachDenkSeiten

Dritte Was-Tun NRW! – Konferenz in Hagen hatte das Thema Behindertenpolitik

Vergangenen Sonnabend fand die dritte Was-tun NRW!-Konferenz in Hagen statt. Lesen Sie meinen Bericht von der zweiten Konferenz hier. Mehr zu Was-Tun NRW auf deren Website.

„Was tun NRW!“ ist laut Selbstauskunft „eine außerparlamentarische Sammlungsbewegung von in der Partei Die Linke tätigen Funktionsträgern, darunter Kreissprecherinnen beziehungsweise Kreissprechern, kommunalen Mandatsträgern und Mitgliedern von Sprecher*innenräten von Landesarbeitsgemeinschaften.“

„Viele von uns“, heißt es weiter, „sind in der SL NRW (Sozialistische Linke; C.S.) organisiert. Bei uns wirken aber auch noch ehemalige Mitglieder der Partei Die Linke mit, welche in kommunalen Parlamenten tätig waren beziehungsweise jetzt parteilos sind. Auch haupt- und ehrenamtliche Gewerkschaftsmitglieder arbeiten bei uns mit.“

Weiter: „Unsere Intention ist es, uns aktiv für eine neue starke linke politische Kraft in Deutschland und NRW zu engagieren.

Themenschwerpunkte unserer Arbeit sind Soziales, Friedenspolitik und eine Umweltschutzpolitik, welche nicht zu Lasten der Lohnabhängigen, Erwerbslosen und des Mittelstandes erfolgt.

Sahra Wagenknecht und ihren politischen Ansätzen stehen wir in diesem Kontext sehr positiv gegenüber.“

Ich verfolgte die 3. Was-Tun-Konferenz via Zoom. Ingo Meyer informierte am vergangenen Sonntag auf Facebook: „Dennis Friedel Heiermann referierte hochinformativ zum Thema Behindertenpolitik. Dank an ihn dafür. Ein für eine soziale Bewegung außerordentlich wichtiges Themenfeld! Wir haben wieder neue Mitstreiter gewonnen und blicken in dieem Zusammenhang gespannt, optimistisch und durchaus auch offensiv in die Zukunft! Denn wir sind gekommen und nun da, um zu bleiben! Wir waren uns in diesem Zusammenhang einig, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und seine Parteigründungsvorbereitungen wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen und außerparlamentarisch aktiv zu unterstützen. Denn wir wollen dazu beitragen, dass es anders und somit besser – sozialer und friedlicher – wird in Nordrhein-Westfalen, Deutschland und der EU!“ (…)

Ingo Meyer Foto: Archiv C. Stille.

Dennis Friedel Heiermanns interessantes Referat befasste sich mit dem Thema Behindertenpolitik

Dennis Friedel Heiermann warf eingangs seines Referats zunächst einen Blick in die Vergangenheit. Er sprach über medizinische Menschenversuche im Dritten Reich. Als ein schreckliches Beispiel nannte er die Städtische Nervenklinik für Kinder und Jugendliche Wiesengrund. Er erwähnte auch den Pathologen Berthold Ostertag, welcher medizinische Versuche an Hirnen von Kindern unternahm. Er wurde nach 1945 Leiter der Neuropathologischen Abteilung der Universitätsnervenklinik Tübingen und erhielt später in der BRD das Große Bundesverdienstkreuz (!). 

Und Heiermann sprach darüber, dass wahrlich nicht alle damaligen NS-Täter juristisch zur Verantwortung gezogen wurden. Die meisten Naziärzte seien unbehelligt geblieben. Manche seien in der Adenauer-BRD sogar wieder zu Amt und Würden gekommen.

Auf Versuche von Naziärzten konnte nach 1945 weiter zugegriffen werden. Auch medizinische Menschenversuche wären im Grunde weiter möglich gewesen. Ein entsprechendes Gesetz sei in der BRD erst 1978 (!) außer Kraft gesetzt worden. Jedoch hätte man es nicht für nichtig erklärt. Was heiße, es könne im schlimmsten Falle auch wieder in Kraft gesetzt werden. Wisse man, welche Regierung ins Amt käme? Heiermann findet das mehr als bedenklich. Zumal in wir uns in fragwürdigen Zeiten befänden, in welchen man schon einiges erlebt hätte, was derartige Bedenken durchaus nähre.

Heiermann Referat brachte trotz durchaus erreichter Erfolge in der Behindertenpolitik etliche weiter bestehende Defizite und Ungerechtigkeiten zutage. Beispielsweise bemühe sich die Bundesregierung nicht um Opferentschädigung oder ein Gedenktag für entsprechende Opfer des Nationalsozialismus.

Nicht vermittelt werden manche Behinderte auf den offenen Arbeitsmarkt. Obwohl es ein Recht darauf gibt. Allerdings könnten sich große Konzerne davon für lächerliche 720 Euro von einer Pflicht der Einstellung freikaufen.

Menschen, welche in Behindertenwerkstätten arbeiteten erhielten zumeist einen kleinen Lohn von 250 Euro bei acht Stunden Arbeitszeit.

Frauen mit Behinderung seien doppelt diskriminiert, denn sie seien durch die Bewältigung des Haushalts zusätzlich belastet.

Auch fehle es an bezahlbaren Wohnungen.

So manche Behinderten trauten sich aus Angst vor einer möglicher Herunterstufung nicht einen neuen Antrag zu stellen.

Dennis Friedel Heiermann (sh. Foto via Facebook) räumte ein, dass manche gesetzliche Regelungen auf dem Papier zwar ganz super aussähen, in der Praxis aber weiter so manche Defizite bestünden.

Auch die finanziellen Entschädigungen bzw. Zulagen für Begleiter von Behinderten seien eher bescheiden.

Behindertenpolitik werde – obwohl in den bestehenden Parteien durchaus berücksichtigt – vielfach stiefmütterlich und unzureichend behandelt.

Da sei noch viel Luft nach oben.

Behindertenpolitik, forderte der Referent, müsse eigentlich eines der Schwerpunktthemen der Parteien sein.

Er verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass das in der Partei von Sahra Wagenknecht – die Gründung ist für Januar 2024 vorgesehen – der Fall sein werde.

Beitragsbild: C. Stille

Wagenknechts neue Partei – Linke auf Reformkurs?

Der Imperialismus wütet, die Zeit drängt, viele Menschen hoffen auf die angekündigte Partei um Sahra Wagenknecht. Doch die ersten Verlautbarungen sind entmutigend: Statt einer politischen und wirtschaftlichen Analyse, wie man sie von Linken erwarten würde, gibt es nur reformerische Floskeln.

Von Susan Bonath

Es ist unbestritten: Die Ampelregierung treibt mit ihrer desaströsen, mit moralistischen Plattitüden verteidigten Wirtschaftspolitik immer mehr Menschen und Kleinbetriebe im Eiltempo in den Ruin. Mit immensen Waffenlieferungen und ihrer stoischen Weigerung, zu verhandeln, befeuert sie Kriege und die Gefahr ihrer Eskalation. Man möchte meinen, sie will Deutschland und die gesamte EU wie keine andere Bundesregierung zuvor zur (kriegerischen) Kolonie der USA machen. Viele Menschen sind verzweifelt und spüren instinktiv: Keine Altpartei wird an der Misere Grundlegendes verändern.

Viele Wähler greifen nach Strohhalmen. Wenigstens das Schlimmste will man verhindern, wenn auch nur mit dem geringsten Übel, zuweilen nach dem Motto: Jeder selbst erklärte Gegner der Regierung ist mein Freund. Selbst die Linke, die sich eigentlich besonders für die Probleme der „kleinen Leute“ einsetzen sollte, fällt als Regierungsgegner weitgehend aus. In dieses Loch platzte nun das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“, aus dem sich Anfang nächsten Jahres eine Partei formieren will. Ist das nun ein Hoffnungsschimmer oder doch nur wieder ein geringstes Übel, diesmal ein wenig sozial motiviert?

Keine ernsthafte Analyse

Mit einigen Inhalten der Bundespressekonferenz, bei der die Linken-Politiker Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali, Christian Leye und Lukas Schön sowie der Unternehmer und Millionär Ralf Suikat das Vereinskonzept vorstellten, hat sich RT-DE-Autorin Dagmar Henn bereits auseinandergesetzt.

Auch wenn ich nicht alle Schlüsse darin teile, möchte ich nichts wiederholen, sondern vielmehr auf ein meines Erachtens nach grundlegendes Problem des Vorhabens eingehen: die fehlende politische und wirtschaftliche Analyse, die für ein vom Selbstverständnis linkes Bündnis unabdingbar sein sollte. Denn um zu wissen, wie man etwas ändern könnte, müsste man erst einmal klären, woher die Probleme rühren.

Statt hier in die Tiefe zu gehen, finden sich im unter anderem auf der Plattform NachDenkSeiten veröffentlichten Gründungsmanifest des Vereins um Wagenknecht sehr viele, im Kern sozialkonservative, teils widersprüchliche und außerordentlich unklare Phrasen, die man von der SPD schon kennt.

Da heißt es beispielsweise: „Statt Leistung zu belohnen, wurde von den Fleißigen zu den oberen Zehntausend umverteilt.“ Das klingt wie ein Loblied auf die Lohnarbeit – oder besser: auf niemals murrende, alles ertragende und eisern schuftende Lohnarbeiter. Was ist mit den aufstockenden Minijobbern, den vielen Ehrenamtlichen, den Kranken und Alten, den Abgerutschten und Haltlosen, die sich auf dem Arbeitsmarkt nicht durchsetzen können und mangels Gehalt keine Lohnsteuer zahlen? Sind diese Menschen alle „faul“? Diese Plattitüden kennt man von viele Altparteien und auch der AfD zur Genüge.

Monopole aus dem Nichts?

Aber kommen wir zum Punkt in diesem Manifest namens „Wirtschaftiche Vernunft“. Abgesehen davon, dass bereits der Begriff „Vernunft“ individuell beliebig auslegbar ist, heißt es hier zum Beispiel:

„Von Konzernen beeinflusste und gekaufte Politik und das Versagen der Kartellbehörden haben eine Marktwirtschaft geschaffen, in der viele Märkte nicht mehr funktionieren.“

Hier wäre es politisch aktiven Linken durchaus zuzumuten, sich zu fragen: Wie soll ein Markt denn eigentlich „funktionieren“? Dahinter scheint die neoliberale Idee zu stecken, dass ein Markt von sich aus paradiesische Zustände für alle erzeuge, schlicht indem er „alles regelt“, solange die Politik nur nicht zu stark eingreift. Oder umgekehrt vielleicht: Die Politik könne mit „guten“ Eingriffen alle Probleme des Marktes beheben.

Ferner müsste ein linkes Bündnis darüber nachdenken, wie es überhaupt dazu kommt, dass Konzerne die Politik beeinflussen und kaufen. Dazu erst einmal ein weiteres Zitat aus dem Manifest des Vereins:

„Es sind marktbeherrschende Großunternehmen, übermächtige Finanzkonzerne wie Blackrock und übergriffige Digitalmonopolisten wie Amazon, Alphabet, Facebook, Microsoft und Apple entstanden, die allen anderen Marktteilnehmern ihren Tribut auferlegen, Wettbewerb untergraben und die Demokratie zerstören.“

Als Erstes sei dazu gesagt: Eine kapitalistische Wirtschaft kann schon deshalb nicht demokratisch funktionieren, weil die Unternehmen Privatpersonen gehören, die bestimmen, was die Angestellten zu tun und lassen haben. Wer als Lohnabhängiger bei Rheinmetall ein Problem damit hat, Rüstungsgüter herzustellen, darf schließlich nicht einfach auf Traktoren umstellen. Produziert wird eben, was Profit bringt. Hinter jedem Werkstor und hinter jeder Bürotür ist es vorbei mit aller Demokratie.

Zweitens tut der Verein so, als sei es just politischen Fehlern geschuldet, dass große Unternehmen zu globalen Monopolen herangewachsen sind, die nun eine ungeheure Macht über Regierungen, kleinere Konkurrenten und Bürger ausüben – ganz so, als hätte der Markt damit rein gar nichts zu tun.

Die Mär vom „Marktversagen“

Nun ist es aber so, dass Marktteilnehmer miteinander konkurrieren. Sie müssen einander überbieten. Auf der einen Seite befeuert das natürlich den technologischen Fortschritt. Auf der anderen Seite gewinnt aber immer das stärkste, in der Regel reichste und technologisch fortschrittlichste Unternehmen. Der Rest geht eben unter. Konkurrenz ist darauf ausgelegt, Konkurrenten zu beseitigen.

Mit anderen Worten: Die Tendenz zur Monopolisierung liegt im System Kapitalismus selbst begründet. Der Markt mit seinem Dauerwettbewerb produziert ganz ohne politisches Zutun nicht nur Innovation, sondern auch mächtige Monopole, die selbstverständlich den Wettbewerb ausschalten. Diesen Trend können politische Eingriffe bestenfalls aufhalten, aber eben nicht beseitigen. Ein linkes Bündnis müsste das wissen. Doch es kehrt das Prinzip von Ursache und Wirkung mal eben um und schreibt weiter:

„Zu einem beachtlichen Teil ist die aktuelle Inflation auch Ergebnis eines durch zu große wirtschaftliche Macht verursachten Marktversagens. Wir streben eine innovative Wirtschaft mit fairem Wettbewerb, gut bezahlten sicheren Arbeitsplätzen, einem hohen Anteil industrieller Wertschöpfung, einem gerechten Steuersystem und einem starken Mittelstand an.“

Als Übeltäter wird also erneut ein ominöses Marktversagen herangezogen, das ein „fairer Wettbewerb“ beheben könne. Abgesehen davon, dass Kapitalmarkt und fairer Wettbewerb einander ausschließen und die mittelständischen Unternehmen gegen Großkonzerne ohnehin kaum eine Chance haben, lautet die „Lösung“ des Vereins wie folgt:

„Dafür wollen wir Marktmacht begrenzen und marktbeherrschende Großkonzerne entflechten. Wo Monopole unvermeidlich sind, müssen die Aufgaben gemeinnützigen Anbietern übertragen werden.“

Monopole enteignen oder nicht?

Wie die Politik die Riesenkonzerne entflechten soll, bleibt genauso schleierhaft wie: An welche „gemeinnützigen Anbieter“ denkt der Verein dabei? Und soll dann weiterhin mit Profit produziert werden, den die Eigentümer leistungslos erhalten? Denn würde man das ernst nehmen, müsste man die Großaktionäre radikal enteignen. Davon ist kein Wort zu lesen, stattdessen heißt es:

„Die deutsche Industrie ist das Rückgrat unseres Wohlstands und muss erhalten bleiben. Wir brauchen wieder mehr Zukunftstechnologien made in Germany, mehr hidden champions und nicht weniger.“

Zur Begriffserklärung: Als „Hidden Champions“ werden mittelständische Unternehmer bezeichnet, die es in wirtschaftlichen Nischen zu Weltruhm bringen.

Offensichtlich will der Verein also nicht etwa den Kapitalismus besonders zügeln, sondern irgendwie zurück zur Wirtschaftswunder-Nachkriegsära mit ihrem Boom der deutschen Industrie. Das Problem: Die wirtschaftlichen Bedingungen sind heute vollkommen andere als damals. Die Aufarbeitung dieser Geschichte könnte Inhalt einer Analyse sein, um zu erforschen, wie und ob man heute dahinkommen könnte.

Soziale Marktwirtschaft ist nicht beliebig wiederholbar

Nach einer solchen Analyse sucht man in dem Papier und auch sonst wo im Umfeld von Wagenknecht vergeblich. Um darauf historisch einzugehen: Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschten ganz spezielle Bedingungen im besiegten Deutschland. Die Zerstörung war groß, die Industrie lag am Boden, es herrschten Hunger und Obdachlosigkeit, viele Menschen hatten von Krieg und Faschismus die Nase voll. Und weil der Faschismus auf den Füßen der kapitalistischen Ordnung gestanden hatte, von einigen Großindustriellen und Banken sogar eifrig gesponsert worden war, genoss auch der Kapitalismus kein hohes Ansehen in der Bevölkerung.

Darauf mussten die alliierten Westmächte in der BRD reagieren. Selbst die CDU propagierte damals Wünsche, die heute schreiend als „Sozialismus“ abgewatscht würden. Unter Ludwig Erhard entstand im Westen die sogenannte „soziale Marktwirtschaft“ nach John Maynard Keynes. Anders hätte die Politik die Massen wohl nicht zum Mitmachen animieren und den Wiederaufbau so florieren lassen können.

Es herrschte Wirtschaftsaufschwung, dem man mit guten Löhnen, weiteren sozialen Zugeständnissen und jeder Menge Gastarbeiter für Tätigkeiten, zu denen Deutsche meistens nicht bereit waren, zu einem regelrechten Höhenflug verhalf. Ein Aufschwung braucht eben Kaufkraft. Außerdem musste die BRD dem Ostblock, insbesondere der DDR imponieren.

Doch drei Jahrzehnte später war das Land aufgebaut, die Bedürfnisse waren gedeckt, die Ölkrise rollte an, die deutsche Wirtschaft und mit ihr die Steuerzuflüsse in die Staatskassen begann zu stagnieren.Die soziale Marktwirtschaft schien ausgedient zu haben, die Neoliberalen gewannen an Einfluss. Man versuchte es auf ihre Tour: Sozialabbau und mehr Marktfreiheit – ein Teufelskreis, in dem Deutschland bis heute steckt.

Deutlich wird: So ein Konstrukt von „sozialer Marktwirtschaft“ ist nicht einfach beliebig wiederholbar, sondern braucht ganz bestimmte wirtschaftliche Bedingungen, um der kapitalistischen Prämisse „Maximalprofit für Unternehmenseigner“ gerecht zu werden. Und es braucht die Zustimmung der Großindustriellen. Die gab es damals, heute ist das Gegenteil der Fall.

Härtere Bandagen nötig

Fehlt also die Zustimmung aus der Industrie, müsste die Politik schon härtere Bandagen aufziehen als damals, und dies in einem völlig anderen Rahmen. Denn wie vom Verein durchaus kritisiert, hat sich das Kapital global monopolisiert. Die deutsche Industrie hängt stark am internationalen Finanzkapital mit Sitz vor allem in den USA. Die Politik hat viel weniger Einfluss auf die großen Konzerne, die andersherum genug Geld haben, um die Politik zu kaufen.

Aber von härteren Bandagen gegenüber dem Großkapital ist der Verein um Wagenknecht sehr weit entfernt. Man träumt von den 1960er-Aufschwungsjahren, will dahin zurück, sagt aber nicht, wie.

Stattdessen erklärt der Verein den Menschen, was sie eh schon zur Genüge spüren: Die Energiekonzerne machen Reibach mit hohen Preisen, während große Teile der Bevölkerung nicht wissen, wovon sie das bezahlen sollen. Die Lebensmittel sind so teuer wie nie und die Löhne immer weniger wert. Millionen Alte leben mit Hungerrenten, die Kinderarmut wächst, während sich die Vermögen ganz oben konzentrieren.

Es mangelt an Ehrlichkeit

Nun kann man freilich nicht verlangen, dass Wagenknecht und Kollegen den perfekten Plan parat halten, um all die Missstände zu beseitigen und den Kriegskurs der Bundesregierung zu stoppen. Einen solchen hat wohl keiner und kann auch niemand haben. Was man aber erwarten hätte können, wäre Ehrlichkeit.

Gemeint ist jene Ehrlichkeit, die alle größeren Parteien in Deutschland seit Jahrzehnten vermissen lassen. Die Ehrlichkeit zum Beispiel, zu sagen: So und so sind die Verhältnisse, wir glauben, das liegt an diesen und jenen Ursachen. Wir würden erst einmal dies oder das probieren für bestimmte Ziele, wir wissen aber nicht, ob uns das gelingen kann. Diese Ehrlichkeit ist wohl das, was viele Wähler am meisten vermissen – vor allem bei Parteien, die vorgeben, sich für die „kleinen Leute“ einzusetzen. Doch genau dies fehlt.

Stattdessen gibt es wieder nur Seichtes: ein Manifest mit reformerischen Fantasien, das in Sachen Systemanalyse nicht einmal das Niveau des Linken-Parteiprogramms erreicht. Das ist schwach, viel zu schwach angesichts des weltweit wütenden westlichen Imperialismus, der den Globus und das Leben von Milliarden in ein Inferno zu verwandeln droht.

Möglicherweise steckt die Absicht dahinter, nicht zu viele potenzielle Wähler durch Radikalität zu vergraulen. Aber vielleicht wird es am Ende genau dies sein, was sie verschreckt, denn die Zeit drängt. Das wird man wohl erst in einigen Monaten oder Jahren sagen können. Doch dann könnte es zu spät sein.

Quelle: RT DE

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Beitragsbild: Dr. Sahra Wagenknecht; Foto: C. Stille

Von der „Was tun! NRW“ Konferenz in Dortmund

„Was tun NRW!“ ist laut Selbstauskunft eine außerparlamentarische Sammlungsbewegung von in der Partei Die Linke tätigen Funktionsträgern, darunter Kreissprecherinnen beziehungsweise Kreissprechern, kommunalen Mandatsträgern und Mitgliedern von Sprecher*innenräten von Landesarbeitsgemeinschaften. „Viele von uns“, heißt es weiter, „sind in der SL NRW (Sozialistische Linke; C.S.) organisiert. Bei uns wirken aber auch noch ehemalige Mitglieder der Partei Die Linke mit, welche in kommunalen Parlamenten tätig waren beziehungsweise jetzt parteilos sind. Auch haupt- und ehrenamtliche Gewerkschaftsmitglieder arbeiten bei uns mit.

Unsere Intention ist es, uns aktiv für eine neue starke linke politische Kraft in Deutschland und NRW zu engagieren.

Themenschwerpunkte unserer Arbeit sind Soziales, Friedenspolitik und eine Umweltschutzpolitik, welche nicht zu Lasten der Lohnabhängigen, Erwerbslosen und des Mittelstandes erfolgt.

Sahra Wagenknecht und ihren politischen Ansätzen stehen wir in diesem Kontext sehr positiv gegenüber.“

So stand es in der Einladung zur am vergangenen Samstag stattgefunden habenden „NRW-weiten Was tun! – Konferenz“ im Bürgerhaus Pulsschlag in Dortmund zu lesen.

Wer „Was tun NRW!“ ist

Auf der Website von „Was tun NRW!“ stellt man sich so vor: „Wir sind ein politischer Zusammenschluss in Nordrhein-Westfalen, der sich aktiv für die dauerhafte Existenz einer starken linken, sozial- und friedenspolitisch orientierten politischen Kraft einsetzt. Eine optimistische sowie zukunftsorientierte Kraft, welche unter anderem Persönlichkeiten wie Sahra Wagenknecht verbunden ist. Und die sich natürlich auch für in einen in einem sozialen Kontext eingebetteten Umweltschutz, Antifaschismus und eine gerechte Kommunalpolitik ganz konkret vor Ort mit Mut und Menschlichkeit engagiert.“

Über die Veranstaltung

Die Eröffnung und Begrüßung des Treffens hatte Ingo Meyer übernommen.


Evelyne Sukup (li), Ingo Meyer (Mitte; Moderation) und Dennis Deutges (re; Technik)

Es gehe darum, im außerparlamentarischen Bereich wieder eine starke linke Kraft zu etablieren, erklärte er. Meyer beklagte den politischen Einflussverlust der Partei DIE LINKE. Man sehe gerade in Arbeitervierteln und dort wo besonders viele Erwerbslose und arme Menschen leben, dass die AfD hauptsächlich da zunehmend an Stimmen gewinne.

Meyer gab aber zu verstehen, man dürfe nicht den Fehler machen das den Menschen, die die AfD wählen, anzulasten und sie zu beschimpfen. Denn es gebe unter der AfD-Wählern viele Menschen, die diese Partei aus Protest wählten, aber gar nicht wüssten, was diese Partei will und dass sie vorallem auch neoliberale Programmpunkte der AfD gar nicht kennen.

Ingo Meyers Appell: „Diese Menschen müssen wir wieder erreichen und sie dazu bringen sich wieder links zu engagieren bzw. links zu wählen“.

Was man nur tun könne, wenn man den Menschen zuhört und auf sie zugeht.

Der Politiker beklagte, es gebe in der Partei DIE LINKE zunehmende Tendenzen diese Menschen abzustempeln und auch ganz oben im Karl-Liebknecht-Haus höre man Meinungen, der Art, es habe gar keinen Sinn diese Menschen erreichen zu wollen.

Bei denen, die so dächten, handele es sich meist um sogenannte Lifestyle-Linke bzw. Pseudolinke – wie das etwa auch Sahra Wagenknecht bereits kritisiert hat. Man wolle sozusagen „grüner als die Grünen“ sein.

Ingo Meyer: DIE LINKE ist für mich „ein totes Pferd“

Ingo Meyer vertritt die Meinung, dass die Partei DIE LINKE zunehmend darin versagt, wirklich linke Politik – im traditionellen Sinne – für die Benachteiligten in dieser Gesellschaft zu machen.

Meyer: „Ich persönlich bin der Auffassung, dass es tatsächlich zu einer neuen Partei kommen wird. Und, dass es auch wichtig und notwendig ist, dass dies geschieht.“ DIE LINKE sei für ihn inzwischen „ein totes Pferd“. Weshalb so einige schon aus der Partei ausgetreten seien.

Er machte den Vorschlag mit anderen Bewegungen, die ähnliche Positionen vertreten, zusammenzuarbeiten. Als Beispiele nannte Meyer „Die Unbeugsamen“, oder auch die Aufstehen-Bewegung, die es ja noch immer gebe.

Es gehe allerdings darum menschlich miteinander zu diskutieren und sich solidarisch zu verhalten.

Moralinsaure Argumentationen und Menschen betreffs ihrer kritischen, anderen Meinung als rechtsoffen, böse oder gar als zu Nazi bezeichnen seien kontraproduktiv und müssten konsequent abgelehnt werden.

Eine solche fragwürdige Art der Diskussionskultur erlebe man zunehmend auch in der Linkspartei.

Es sei auch ein Unding, dass man mittlerweile als rechts gelte, wenn man sich für Frieden und für eine Verhandlungslösung betreffs der Beendigung des Ukraine-Kriegs einsetze, skandalisierte Ingo Meyer als „Infamie“. Dies dürfe nicht unwidersprochen bleiben.

Gedanken zur Friedenspolitik von Isabelle Casell

Ein Referat in Sachen Friedenspolitik von Isabelle Casell brachte Ingo Meyer dann zu Gehör, weil die Referentin verhindert war.

Unter anderen machte Casell darin deutlich, dass es eine Friedenspolitik nur mit und nicht unter Ausschluss Russlands geben könne. Sie wies daraufhin, dass auch gesehen werden müsse, dass Europa nicht nur aus den EU-Mitgliedsstaaten, sondern aus 40 Staaten bestehe. Die Europäische Union leide unter einen Mangel an Demokratie, Legitimität und Transparenz. Es gebe keine klare Gewaltentrennung von Exekutive, Legislative und Judikative. Das Europäische Parlament müsse das gesetzliche Vorschlags- und Mitentscheidungsrecht in allen Politikfeldern erhalten. Auch das exklusive Recht die Kommission und ihre einzelnen Mitglieder zu wählen und abzuwählen. Nötig sei die Demokratisierung aller Bereiche. Das Festhalten an Völkerrecht und Grundgesetz müsse Grundlage politischen Handelns sein. Die zunehmende Militarisierung der EU, so Casell, sei mit großer Sorge zu betrachten.

Auch spricht sie sich für eine gerechte Umverteilungs- und Steuerpolitik aus. Nötig seien Kürzungen des Militärhaushalts. Sowie ein Stopp der Produktion von Kriegswaffen. Ein Ende von Rüstungsexporten fordert Casell ebenfalls. Sie kritisierte, dass sich das Recht des Stärkeren in der Politik immer mehr durchsetze.

Sie fordert eine umfassende und objektive Medienberichterstattung. Geschehnisse müssten mindesten von drei Seiten betrachtet werden. Desgleichen wendet sie sich gegen Zensur- und Abhörmaßnahmen.

Robert Schwedt zu Sozialpolitik, allgemeiner „relativer Armut“ und der skandalösen Kinderarmut im Lande

Robert Schwedt befasste sich in seinem interessanten Vortrag mit Sozialpolitik und der skandalös hohen Kinderarmut hierzulande. Er macht anhand von Beispielen deutlich, was „relative Armut“ in einem der reichsten Länder der Welt, was Deutschland ja ist, für die einzelnen Menschen bedeutet. Was ja auch mit Vereinsamung verbunden ist, weil man sich oft gar nicht mehr mit Freunden und Bekannten treffen könne. Dass führt überdies zu Scham. Jeder Cent muss ja mehrmals umgedreht werden. Man habe etwa 17 Prozent Armut in Deutschland. Jeder fünfte Mensch hierzulande sei von Armut betroffen, jedes vierte Kind arm!

Im Nachklapp ergänzt Robert Schwedt heute und präzisiert auf der „Was tun NRW!“-Facebook-Seite: «Ich war am Samstag auf einem Treffen der „Was tun NRW“ Gruppe und habe ein Referat zum Thema Armut, mit dem Schwerpunkt Familienarmut gehalten.

Auf dem Treffen gab es drei Schwerpunktthemen, Frieden, Ökologie und Armut.

Als ich das Ganze noch mal Revue passieren habe lassen, habe ich gemerkt, dass wir alle zu kleinteilig gedacht haben und den Hauptschuldigen nicht benannt haben, das möchte ich jetzt nachholen.

Die Gier des Kapitals wird nicht durch den Besitz gestillt, sondern durch den Erwerb!

Daher treibt es uns in immer neue Kriege um im ersten Schritt an den Waffen und im zweiten Schritt durch den Aufbau Profite zu erzielen.

Es schickt auch nicht seine Kinder in den Krieg, sondern unsere, um für seine Gier zu sterben.

Das Kapital durchwühlt unsere Welt auf der Suche nach der letzten Schaufel verwertbaren Dreck und zerstört damit unsere Lebensgrundlage und die unserer Kinder und merkt nicht einmal, dass es sich damit selbst das Wasser abgräbt, da es von seiner Gier geblendet ist.

Es erzeugt Armut um sich an dieser zu bereichern und geht dabei nicht nur sprichwörtlich, sondern ganz real über Leichen, denn, Armut tötet und diese Toten nimmt das Kapital in kauf um seine unersättliche Gier zu stillen.

Somit muss man das Kapital und dem ihn hörigen Regierungen als Feind der Menschheit ansehen, da sie uns in immer neue Kriege treiben unsere Umwelt zerstören und uns in Armut verkommen lassen und uns dann noch einreden wollen, das wir kollektiv an all dem Schuld sind.

Nein, nicht wir sind schuld, sondern die unstillbare Gier des Kapitals ist es, die die Schuld trägt!«

Grußwort von Dr. Alexander Neu

Ein Grußwort hielt Dr. Alexander Neu (Ex-MdB der Linksfraktion). Die Videoübertragung über das Internet, über welche er zugeschaltet wurde, war nicht stabil. Aber schließlich gelang es den Vortrag von Neu über Smartphone und und Saalmikrofon dem Auditorium zu Gehör zu bringen.

Neu sagte, der Bedarf an einer neuen Partei wachse. Zu viele Parteien im Bundestag „seien auf Linie“. Die Politik der Partei der DIE LINKE sei quasi zunehmend unbefriedigend. Da fehle es einfach an zufassender Oppositionspolitik.

Alexander Neu sprach sich gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine sowie für Friedensverhandlungen aus. Die Ukraine habe sicher das Recht sich gegen den Krieg Russlands zur Wehr zu setzen. Für einen Siegfrieden sei er nicht und machte deshalb geltend, dass auch die ukrainische Regierung eine Verantwortung für ihre Menschen und der eigenen Gesellschaft gegenüber trüge und eigentlich alles unternehmen müsse, um noch mehr Tote zu vermeiden.

Er wies zustimmend auf die Friedensüberlegungen von Ex-General Kujat, Peter Brandt und anderen in den entsprechenden Papieren hin, denen man nachgehen und diese unterstützen solle. Hart schalt er die „Sofastrategen von Grünen, über FDP bis SPD und CDU (Kiesewetter!)“, die vorm Fernseher säßen „und die Ukraine auffordern bis zum letzten Mann, bis zur letzten Maus zu kämpfen“. Das zeuge von reinem Russenhass.

Dr. Neu mahnte eine vernünftige Sozialpolitik an. Es brauche eine Partei, die Contra gibt gegen die jetzige Politik der Ampel.

Wer erlebten eine Außenpolitik in der Tradition des Kuschens, des Abtauchens und der Abhängigkeit von US-Politik, beklagte Dr. Alexander Neu.

Überlegungen zu Umweltschutz und Energiesicherheit

Interessante Überlegungen waren zum Themenbereich „Sozialverträglicher Umweltschutz“ von den Referenten Thomas Strobel und Hans Baur zu vernehmen. Dabei ging es um Fragen des Energiebedarfs.

Hans Baur beim Vortrag.

Austausch der Vernetzungsgruppen

Im Anschluss wurden Arbeitsgruppen zu den Themen Frieden, Kinderarmut, und Umweltpolitik gebildet. Es kam zu lebhaften und engagierten Diskussionen. Ein Austausch mit den als Gäste anwesenden Vernetzungsgruppen schloss das interessante Treffen ab. Bleibt noch zu erwähnen, dass an der Veranstaltung auch einige völlig parteiunabgängige Linke teilgenommen haben.

Evelyne Sukup, Ingo Meyer und Dennis Deutges (v.l.n.r) Foto via Facebook Oliver Gericke

Vom Charakter dieses Krieges

Von Ulrich Sander

Unter den vielen Kritiken an der jüngsten Bundestagsrede von Sahra Wagenknecht sticht die der beiden Vorsitzenden der Partei DIELINKE hervor, die völlig deplatziert war. In Diktaturen benennen die Führer die Parlamentsabgeordneten. In Demokratien werden sie vom Volk gewählt. Ich habe Sahra Wagenknecht gewählt, sie stand auf meinem Wahlzettel. Sie hält derzeit Reden, die ich sehr billige. Was ich nicht billige, ist die Art und Weise, wie die beiden Vorsitzenden damit umgehen. Sie wollen Sahra Wagenknecht das Wort verbieten, die Parlamentsfraktion schurigeln. Abgeordnete sind jedoch nicht der Führung, sondern den Wählern verpflichtet – und ihrem Gewissen. Zum Inhalt von Sahra Wagenknechts Reden vom Krieg gegen Russland, den u. a. Deutschland führt, ist zu sagen: Es gibt ihn, diesen Krieg, auch wenn Russland die Ukraine angegriffen hat. Es sei darauf verwiesen, dass es mehrere Arten von Krieg gibt, in diesem Fall meinte Sahra Wagenknecht den deutschen Wirtschaftskrieg, der laut Außenministerin Baerbock Russland »ruinieren« soll. Derzeit ruiniert er mehr die deutsche Wirtschaft als den russischen Staat.

Der zum russischen Angriffskrieg gesteigerte Schießkrieg begann am 24. Februar 2022, und er steigerte den faktischen Krieg der Ukraine gegen das eigene Volk in den ukrainischen Ostgebieten. Zudem ging ihm eine Art Emser Depesche voraus. Das war jenes von Bismarck gefälschte Dokument, das 1870 die französische Seite, also den französischen Präsidenten, zum Angriff auf Deutschland verleitete. Das Ergebnis ist bekannt. Die vielen Emser Depeschen des Westens, der Nato, die Präsident Putin zu seiner unsäglichen »militärischen Spezialoperation« verleiteten, wurden dutzendweise von US-Präsident Joe Biden auf den Weg gebracht. Schon monatelang gibt es bereits den gewandelten Krieg in der Ukraine. Der Westen führte auf dem Gebiet der Ukraine seinen Krieg gegen Russland – mit Waffen, Truppenaufmärschen an den Grenzen und der Ausbildung von Soldaten. Und wir alle haben darunter zu leiden, besonders die Ukrainer. Ich hoffe, so appellierte ich an die Vorsitzenden der LINKEN, die Partei wird sich endlich in die Bewegung gegen den Krieg einreihen, gegen den Schießkrieg und gegen den Wirtschaftskrieg. Gegen die Leiden auch unserer Bevölkerung, die im Kriegswinter frieren soll und nicht genug zu essen haben wird. Bitte gehen Sie gegen die Regierung des Krieges und nicht gegen jene Menschen vor, die den Krieg bekämpfen.

Karl Marx schrieb über den Deutsch-Französischen Krieg, der durch die Emser Depesche ausgelöst wurde: »Eine Arbeitermassenversammlung in Braunschweig hat am 16. Juli 1870 sich mit dem Pariser Manifest vollständig einverstanden erklärt, jeden Gedanken eines nationalen Gegensatzes gegen Frankreich von sich gewiesen und Beschlüsse gefasst, worin es heißt: ›Wir sind Gegner aller Kriege, aber vor allem dynastischer Kriege (…) Mit tiefem Kummer und Schmerz sehn wir uns hineingenötigt in einen Verteidigungskrieg als ein unvermeidliches Übel; aber gleichzeitig rufen wir die gesamte denkende Arbeiterklasse auf, die Wiederholung eines solch ungeheuren sozialen Unglücks unmöglich zu machen, indem sie für die Völker selbst die Macht verlangt, über Krieg und Frieden zu entscheiden und sie so zu Herren ihrer eignen Geschicke zu machen.‹« (Marx: Erste Adresse des Generalrates über den Deutsch-Französischen Krieg 1870 in: MEAWIII, S. 485-487 – Das Pariser Manifest gegen den Krieg Frankreichs gegen Deutschland wurde von den Pariser Mitgliedern der Internationalen Arbeiterassoziation verfasst.)

Für heute heißt es für uns: Die Verteidigung der Ukraine gegen Russland ist legitim, aber der Krieg der Nato gegen Russland ist es nicht. Die Ukraine und Russland sollten einen Waffenstillstand vereinbaren, doch die USA verbieten dies der Ukraine. Es ist aber erforderlich, dass »die Völker selbst die Macht (haben), über Krieg und Frieden zu entscheiden und sie so zu Herren ihrer eignen Geschicke« werden. Die linken Abgeordneten haben die Pflicht, entsprechend dem Mehrheitswillen der Bevölkerung die Beteiligung am Krieg und die Waffenlieferungen abzulehnen, ebenso die Sanktionen, die vor allem uns selbst schaden.

Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat festgestellt, dass die Lieferung schwerer Waffen und die Ausbildung von am Krieg teilnehmenden ausländischen Soldaten auf unserem Territorium bedeutet: Deutschland ist Kriegspartei. Dies wird auch unterstrichen dadurch, dass in Ramstein – in Deutschland! – neuerdings ein Nato-Generalstab unter USA-Führung die Kriegsbeteiligung gegen Russland koordiniert.

Er denkt wohl an solche Kommandozentralen wie in Ramstein, der Kanzler Scholz, der »Alleingänge« laut Medien ablehnt. Und wenn dann der Befehl aus Ramstein kommt, schlägt er die Hacken zusammen!? Am 12. September 2022 sahen Kriegstreiber in den Medien (z. B. Tagesspiegel) die Zeit gekommen, Putin den Rest zu geben, denn er schwächelt ja immens. Das müsse so geschehen: Deutschland entwaffnet die Bundeswehr in großen Teilen vorübergehend, schafft alle Waffen in die Ukraine, um den Endsieg gegen Russland und seine Dynastie zu sichern. Das sei nicht fahrlässig, denn Putin ist so geschwächt, dass er über lange Zeit keinen großen Landkrieg gegen die Nato führen kann. Auch Deutschland bleibe sicher.

Das sind tolle Strategen, diese Medienleute! Und wenn Putin so ist, wie immer gesagt wird? Wenn er wild um sich schlägt, z. B. atomar? Er warnte ja, seine Drohung mit Atomwaffen sei »kein Bluff«. Oder er wird als unfähig abgesetzt, und was für eine abenteuerliche Type kommt dann dran im Kreml? Oder glaubt man nun, dass die Ukraine, z. B. mit Bundeswehrwaffen, bis Wladiwostok durchmarschieren könnte?

Ein weiterer wissenschaftlicher Dienst eines Parlaments muss hier noch zitiert werden. Expertenberichte aus den USA verweisen auf einen Report des wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses vom März 2022 und folgern: Groß ist die Entschlossenheit der US-Regierung, den Krieg zu nutzen, um Russland mürbe zu machen (Quelle: Renewed Great Power Competition: Implications for Defense – Issues for Congress. Updated March 10, 2022). Das Hauptziel der USA bestehe darin, »ein neues oder erneuertes Schwergewicht« auf das Niederringen von China und Russland zu legen. Den beiden Ländern wird eine Fülle von US-Maßnahmen angedroht, darunter mehr Atomwaffen zu produzieren, die globale US-Militärbelegung zu erhöhen und den Ukrainekrieg zu nutzen, »um die USA und die Nato zu stärken, um eine russische Aggression in Europa zu kontern«. Der Angriff auf die Ukraine soll als Alibi für die neue Besetzung Europas durch US-Truppen hergenommen werden. Als Antwort auf Russlands Angriff auf die Ukraine im späten Februar 2022 »haben die USA zusätzliche Army- und Navy-Einheiten bei Nato-Verbündeten in Europa stationiert«. Der Punkt ist, dass die USA mit aller Kraft die Auseinandersetzung mit China und Russland suchen, solange sie sich noch in der Vorhand wähnen, die Jahr für Jahr schwindet. Sie steuern bewusst auf Kriege zu und wollen dazu ihre »Fähigkeiten für high end conventional warfare« stärken, für eine »Kriegführung auf breiter Front, mit hoher Intensität, technologisch hoch entwickelten Waffen gegen Gegner mit ähnlich hoch entwickelter Waffentechnik«. Die Ukraine ist das ideale Exerzierfeld für dieses »Training«.

Ich meine, der aktuelle Ukrainekrieg begann als ein imperialistischer Akt von Putin-Russland und wird heute vor allem als Abnutzungskrieg der westlichen Imperialisten gegen Russland und zur Festigung der US-Vormacht in Europa geführt. Und nun dreht Putin wieder an der Eskalationsspirale, indem er eine Teilmobilmachung vornimmt und mit »allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln« droht, »um Russland zu schützen. Das sei »kein Bluff«. Die Erklärung aus dem US-Kongress ist aber auch keiner.

Der Beitrag erschien auch in Ossietzky – Zweiwochenschrift für Politik / Kultur / Wirtschaft und wird hier mit freundlicher Genehmigung des Autors gespiegelt.
Bildbearbeitung: L.N.

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

„Gibt es überhaupt noch eine Arbeiterklasse?“ von Werner Seppmann. Rezension

Auch in Teilen der Linken wird wieder über die klassengesellschaftlichen Verhältnisse diskutiert. Auch über die Arbeiterklasse, von der man sich vor Jahren schon „theoretisch“ verabschiedet hatte, ist wieder ein Thema. Unübersehbare Widerspruchstendenzen haben zu einer neuen Nachdenklichkeit auch bei Gesellschaftswissenschaftlern geführt, die, statt realitätswidrig von klassenneutralen „postindustriellen Verhältnissen“ zu sprechen, wieder die Klassenstrukturen in den Blick genommen haben und auch die Existenz eines konfliktgeprägten Lohnarbeiterbewußtseins nicht mehr ignorieren, dessen Konturen in überraschender Deutlichkeit bei einer Mehrheit von den Interessenwidersprüchen von Arbeit und Kapital geprägt sind.

Natürlich ist der Titel dieser Veröffentlichung rhetorisch gemeint

Dennoch hat er einen plausiblen Hintergrund, denn selbst in linken Kreisen wurde lange Zeit, wenn von der Arbeiterklasse die Rede war, die Frage gestellt, ob es sie überhaupt noch gäbe. In dieser Reaktion spiegelte sich vorrangig die Erfahrung wieder, dass von der Arbeiterklasse als politisch relevanten Faktor in den letzten Jahrzehnten tatsächlich nicht besonders viel zu sehen war. Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil durch die neoliberalen Umgestaltungswellen immer größere Teile der Lohnabhängigen in Bedrängnis geraten waren. Die sozialen Widerspruchsentwicklungen eskalierten und in neuer Intensität wurden klassengesellschaftliche Benachteiligungen wieder sichtbar. Viele der in den prosperitären Nachkriegsjahren von den Lohnabhängigen erkämpften sozialpolitischen Errungenschaften standen zur Disposition. In Folge dieser Entwicklung verallgemeinerte sich ein gesellschaftliches Klima der Verunsicherung, denn die Gefahren eines sozialen Abstiegs erreichen mittlerweile soziale Kreise (unter anderem auch qualifizierte Facharbeiterschichten), die sich noch vor wenigen Jahren „in Sicherheit“ wähnten und mit gedämpften Optimismus in die Zukunft schauten. Ein – nach sozialwissenschaftlicher Mehrheitsmeinung – angeblich „befriedetes soziales System“ entwickelte sich zur „Risikogesellschaft“, weil Erwerbsarbeit „zunehmend weniger Menschen Sicherheit, Status und Prestige sowie die Möglichkeit einer verläßlichen Lebensplanung“ gewährt.
(aus der Einleitung „Die Unvermeidlichkeit der Klassenfrage)

INHALT: Die Unvermeidlichkeit der Klassen­frage /Grund­lagen der Klassentheorie / Arbeiterklassen konkret / Mythos Dienstleistungsgesellschaft / Macht und Gegen­macht / Computer und Klassenkampf / Dialektik des Widerspruchsbewußtseins / Postindustrielle Zustände oder industrielle Arbeitsgesellschaft / Der Computer als Herrschaftsinstru­ment / Entfremdung und Emanzipation / Über den Autor

In dieser, dem vom kleinen, aber feinen pad-Verlags (Redaktion: Peter Rath-Sangkhakorn) herausgegebenen Broschüre hat sich Werner Seppmann noch einmal mit der Frage auseinandergesetzt: Wie lässt sich die Arbeiterklasse objektiv bestimmen? Wie tritt sie uns heute konkret entgegen?
Wer eine marxistische fundierte Klassentheorie sucht, kommt um diese Broschüre nicht herum. Seppmann argumentiert ebenso bündig wie kenntnisreich gegen den milieutheoretischen Ansatz, den er vor allem im Umkreis der Rosa-Luxemburg-Stiftung verortet. Dabei bezieht er sich positiv auf das Buch von Bernd Riexinger, Neue Klassenpolitik. «Weil die Milieutheorie nur beschreibend und nicht analytisch verfährt, verfehlt sie die entscheidenden Fragen … Besonders jene nach den Machtverhältnissen. Da … ihre Desorientierungen [aber] gebetsmühlenartig wiederholt werden, stellt sich die Frage, in welcher Weise das Klassenverständnis dadurch präjudiziert wird.»

Die Arbeiterklasse vor Augen

Man ertappt sich ja öfters beim Hören oder Lesen des Begriffs „Arbeiterklasse“ dabei, zu denken oder zu sagen: Na ja, eine richtige Arbeiterklasse gibt es ja längst nicht mehr. Früher während meiner Lehrzeit zwecks Ausbildung zum Elektromonteur beim VEB Starkstrom-Anlagenbau Leipzig-Halle, dessen praktischen Teil ich in den Leuna-Werken „Walter Ulbricht“ absolvierte hatte ich die Arbeiterklasse tausendfach vor Augen: Sie entstieg in Form einer nahezu amorphen grauen Masse morgens früh die aus der Umgebung Leunas – Halle, Leipzig, Merseburg etc. – kommend den entsetzlich verqualmten Personenzügen der Deutschen Reichsbahn oder etlichen Kraftomnibussen. Nach ihrer größtenteils schweren Arbeitszeit kippten sich viele von ihnen auf den Bahnsteigen oder am Busbahnhof noch ein paar „Wackelmänner“ (kleine Schnapsfläschen) oder eine Flaschenbier hinter die Binde. Dann ging es wieder zurück in die jeweiligen Heimatorte. Die graue oder blaue (manche Arbeiter kamen gleich mit Blaumann zur Arbeit) Masse ergoss sich durch die Werkstore und schlurfte noch müde unter den unzählbaren Rohrbrücken entlang (aus manchen tropften Flüssigkeiten – man hoffte, dass es keine Säure oder sonstiges giftiges Zeug war und wich den Tropfen nach Möglichkeit aus – zu den diversen großen Blöcken, worin sich die Umkleiden und Duschen befanden. Nachdem ich während dieser Zeit irgendwann den großartigen Stummfilm „Metropolis“ vom Fritz Lang gesehen hatte, erinnerten mich die dort gezeigten Massen tatsächlich an die Arbeiter-Massen, die tagtäglich in die Leuna-Werke und wieder herausströmten, deren Teil ich eine Zeitlang war …

Noch immer hat die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter einen Umfang von mehr als 9 Millionen

Auf Seite 23ff der Broschüre schreibt Seppmann unter der Kapitelüberschrift „Arbeiterklasse konkret“: „Zunächst bleibt in Kontrast zu verbreiteten sozialwissenschaftlichen Mythenbildern über eine ’sterbende Arbeiterklasse‘ festzustellen, dass die unmittelbar im produktiven Sektor Tätigen, immer noch ein Viertel aller Beschäftigten ausmachen. Selbst nach den fragwürdigen Kriterien der bürgerlichen Sozialstatistik hat die Klasse der Arbeiterinnen und Arbeiter immer noch einen Umfang von mehr als 9 Millionen, auch wenn nicht alle im Blaumann herumlaufen.“ Wer hätte das gedacht!

Und weiter: „Wenn wir die heutige Arbeiterklasse und ihre Handlungsbedingungen verstehen wollen, reicht eine bloß strukturtheoretische Rückversicherung nicht aus. Die Analyse muss soziologisch konkret werden – oder um pointiert zu sagen: Klassentheoretische Erörterungen, in denen beispielsweise das Problemfeld Computer und Digitalisierung, also die Bedeutung der neuen Technologien für die Arbeiterklasse, ihrer Zusammensetzung und ökonomischen Funktionalität, sowie ihrer Arbeits- und Handlungsbedingungen kaum vorkommen, reden über alles mögliche, nur nicht über die heutige Arbeiterklasse und die sie prägenden Beschäftigungsformen.“

Der Computer als Herrschaftsinstru­ment“

Nichts bewege die arbeitenden Menschen tiefer, so der Autor (S.25), „als die vom Computereinsatz bewirkten und zu erwartenden Veränderungen.“

„Eine verbreitete Sorgen kulminiert in der Frage welche Konsequenzen der Computer für ihre Zukunft hat: „Werden meine Qualifikationen noch gebraucht und welche berufliche Perspektive habe ich, wenn immer mehr Menschen von elektronischen Maschinen verdrängt werden?“

Dazu später in der Broschüre im Kapitel „Der Computer als Herrschaftsinstru­ment“ (S.64) wird es diesbezüglich konkreter.

Etwa hier (S.67): „Die Softwareverkäufer sagen es offen, dass mit der Digitalisierung nicht nur die Kontrolle in der Arbeitswelt effektiver organisiert werden, sondern auch höhere Leistungen aus den Arbeitenden herausgepresst werden können. Der Computer ist also kein neutrales ‚Werkzeug‘, sondern, wie jede kapitalistische geprägte Maschine ‚zugleich ein Beherrschungs- und Ausbeutungsmittel (Marx)“.

Das Industrieproletariat als die global am stärksten wachsenden Klasse

Werner Seppmann merkt an (S.26): „Faktisch ist heute das Industrieproletariat die global am stärksten wachsende Klasse. Zwar ist der weltweite Block abhängig Beschäftigter (einschließlich eines großen Anteil Arbeitsuchender) nicht mit der globalen Arbeiterklasse identisch, aber es veranschaulicht doch den Entwicklungstrend, dass er zwischen 1980 und 2015 von 1,2 auf 4,4 Milliarden Menschen angewachsen ist.“

Macht und Gegenmacht“ und knirschende Sandkörner

Im Kapitel „Macht und Gegen­macht“ (S.34) macht Seppmann auf „viele Formen des Widerspruchs zwischen den Interessen sozialer Gruppen und dem Kapital und Arbeit“ aufmerksam. Er verweist mit Leonhard Frank auf Folgendes hin: „Aber als Widerspruchsfaktor spielen die industriell Beschäftigten aufgrund ihrer sozio-struktuellen Stellung immer noch, wie es Leonhard Frank treffend ausgedrückt hat, prinzipiell die Rolle ‚knirschender Sandkörner im Räderwerk des jeweils Bestehenden‘ – auch wenn uns heute die Vorstellung Schwierigkeit bereitet, dass zweifelsfrei ‚die Sandkörner siegen werden‘, wie es bei Frank weiter heißt. Dennoch sind die Arbeitenden, vor allem in den Großbetrieben, ein entscheidender Machtfaktor, auch wenn gegenwärtig die Arbeiterklasse ein schlafender Riese ist.“

Entfremdung und Emanzipation“

Auch das Schlusskapitel „Entfremdung und Emanzipation“ (S.69) lässt aufmerken: „Immer weiter haben sich die Bereiche der Arbeitswelt ausgedehnt, in denen die Arbeitsabläufe keinen Ruhepunkt und kein Innehalten mehr kennen und die Fremdbestimmung universal geworden ist. Weil die Leistungserwartung permanent wächst, muss häufig über die Grenze des Zumutbaren hinaus gearbeitet werden.“

Oder hier, wo ich an meinen eigenen Vater denken musste, der als einst vormals selbstständiger Fleischermeister in den 1960er Jahren – freilich in der sozialistischen Produktion in der DDR und ohne Computer benutzen zu müssen – hatte im Schlachthof sozusagen wie am Fließband hatte ziemlichen Druck quasi Akkord arbeiten müssen:

„Stimuliert wird der instrumentalisierte Selbstzwang durch die Angst vor dem Scheitern: Es grassiert die Sorge, nicht mehr mithalten zu können, denn die Erfahrung ist allgegenwärtig, dass ‚Minderleister‘ schnell aussortiert werden. Es gilt durch die Digitalisierungseffekte, faktisch durch die immer engeren Netze von Erfassung und Leistungsstimulation, dass die informationstechnologische Optimierung der Arbeitsprozesse eine verlustreiche Selbstoptimierung der Arbeitenden erzwingt. Dadurch sind die Ausbeutungsprozesse zunehmend durch den Verzehrt der physischen, vor allem aber auch psychischen Substanz der Arbeitenden, auch um den Preis der Zerrüttung ihrer personalen Stabilität, geprägt.“

Und weiter: „Für das Individuum bedeutet diese Zwangsanordnung, kaum noch ohne psychische Defekte durchs Leben zu kommen, oft durch permanente Überbelastung niedergeschlagen und erschöpft zu sein, unter Angstzuständen und Ungewißheiten zu leiden!

Mein Vater wurde schließlich von einer Depression erfasst gepeinigt und nahm sich 1967 das Leben.

Fremdbestimmung und Entfremdung als zentrale Dimension der Lohnarbeiterexistenz im Kontext der „neuen Klassendiskussion“ innerhalb der LINKEN unterbelichtet

Walter Seppmann moniert auf der vorletzten Seite der interessanten Broschüre, dass „Fremdbestimmung und Entfremdung als zentrale Dimension der Lohnarbeiterexistenz … im Kontext der ‚Neuen Klassendiskussion‘ innerhalb der LINKEN jedoch unterbelichtet, wenn jedoch nicht sogar unthematisiert“ geblieben seien.

Seppmann: „Weil der Linken insgesamt die Vorstelung eines besseren Morgens abhanden gekommen ist, mangelt es auch an einem Gegenwartsverständnis, in dem solche elementaren Komplexe überhaupt noch eine Rolle spielen. Es wird darüber geschwiegen, dass immer noch, so wie die alten auf die ’neuen Formen‘ der Lohnarbeiterexistenz mit Leid und dem Verzicht auf Lebenszufriedenheit verbunden ist. Um diesen Zustand zu erfassen, wäre ein entwickeltes Verständnis der gesellschaftlichen Entfremdungsverhältnisse unverzichtbar.“

Da fühlt man sich sogleich ein wenig an Sahra Wagenknechts in ihrem neuen Buch „Die Selbstgerechten“ geäußerten Kritik an ihrer Partei erinnert. Einer Partei, die sich inzwischen gerne als Lifestyle-Linke im urbanen, „woken“ Milieu umtut und sich offenbar dort wohl wie Bolle fühlt. Dabei jedoch die Mitmenschen vergessend und vernachlässigend, für die eine linke Partei da sein und sich engagieren sollte.

Die empfehlenswerte Broschüre mit einer exzellenden Sozialstrukturanalyse auf Seite 71 so: „Repräsentativ für die digital überformten Beschäftigungssysteme sind die Höllen der Callcenter oder die Arbeitshetze in den Logistikunternehmen der ‚Internetökonomie‘. Immer öfter manifestiert sich die Sorge der Beschäftigten, den ständig steigenden Leistungsansprüchen nicht mehr genügen zu können und zu scheitern: Überforderung ist in der ’schönen neuen Arbeitswelt‘ der Computer zur beständigen Begleiterscheinung geworden.“

Werner Seppmann:

Gibt es überhaupt noch eine Arbeiterklasse?

Sozialstrukturanalyse und politische Handlungs­perspektive.

Bergkamen: pad-Verlag, 2021. 77 S., 6 Euro; pad-verlag@gmx.net

Zum Autor

Werner Seppmann, Jg.  1950. Nach Berufstätigkeit Studium der Sozialwissenschaften und Philosophie. Langjährige Zusammenarbeit mit Leo Kofler. Vorstandsmitglied und zeitweiliger Vorsitzender der Marx-Engels-Stiftung,  Wuppertal. Langjähriger Mitherausgeber der Marxistischen Blätter. Zusammen mit Ekkehard Lieberam Leitung des Projekts Klassenanalyse@BRD im Rahmen der Marx-Engels-Stiftung.
Zahlreiche Publikationen zur Sozialstrukturanalyse, Marxismusforschung, Ideologie-Theorie, Kritischen Gesellschaftstheorie, Klassenanalyse und Kultursoziologie.

Nachruf der SDAJ

Am 12. Mai 2021 verstarb der marxistische Soziologe Werner Seppmann. Mit ihm stirbt einer der produktivsten marxistischen Soziologen der Bundesrepublik.
Geboren wurde er 1950 im Ruhrgebiet, lehrte zunächst das Bäckerhandwerk und kam über den zweiten Bildungsweg zum Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften in Bochum. Eine akademische Karriere war ihm, wie vielen anderen marxistischen Wissenschaftlern in der BRD, verwehrt. Er war Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei, Mitherausgeber und Autor der Marxistischen Blätter und jungen Welt.

Neben der kritischen Auseinandersetzung mit Theoretikern wie Althusser war die Analyse der gegenwärtigen Arbeiterklasse und die empirisch-theoretische Untermauerung ihres Machtpotenzial Schwerpunkt seiner Arbeit. Dem Abgesang auf die Arbeiterklasse als revolutionäres Subjekt setzte er seine historisch-materialistische Analyse der Klassen- und Machtverhältnisse entgegen.
Werner Seppmann und seine Arbeiten werden der deutschen Arbeiterbewegung schmerzlich fehlen. Wir drücken seiner Familie und Freunden unser Beileid aus.

Quelle: SDAJ

Ekkehard Lieberam: „Am Krankenbett der Linkspartei – Therapie: Mehr Marx als Murks“. Soeben erschienen im pad-Verlag

Ob wir den Werdegang einer Partei (beginnend von 1989) als SED-PDS (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – Partei des Demokratischen Sozialismus) über (1990), in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) umbenannt und dann im Juli 2005 sich den Namen Die Linkspartei.PDS (Kurzbezeichnung Die Linke.PDS) gegeben habend, sowie ab dem 16. Juni 2007 schließlich im Zuge der Fusion mit der WASG zur Partei Die Linke geworden – mit dem Gedicht „Wahrnehmung“ (1949) von Bertold Brecht in Verbindung setzen können, bin ich mir nicht sicher:

Die Mühen der Berge haben wir hinter uns, vor uns liegen die Mühen der Ebenen“

Die „systemgerecht rundgelutschten“ Grünen machten es vor

Fakt ist: neue Parteien haben es nicht einfach im jahrzehntelang mehr oder weniger gefestigten bundesdeutschen Parteiensystem. Erst recht wenn es sich um eine sich links im Parteienspektrum verortende Partei handelt. Vor der PDS und der späteren Die Linke haben das die Grünen zu spüren bekommen. Was bekamen die Dresche! Und das nicht nur, weil manche von ihnen – als sie es endlich ins Parlament geschafft hatten – Blumentöpfe mit zu ihren Abgeordnetenplätzen brachten oder im Plenum Pullover strickten. Nicht nur schlug ihnen Ablehnung und sogar Hass von den etablierten Parteien entgegen – auch bei den Meinung machenden Medien (obgleich die damals – verglichen mit heute – ziemlich pluralistisch verfasst waren) hatten sie so gute wie keine Schnitte. Erst durch einen Marsch durch die Institutionen (Rudi Dutschke) – den dieser gewiss anders gemeint hatte – kamen sie den Parlamenten an. Rückblickend könnte man heute bitterböse sagen: damit gingen sie dem System – sicher ohne dies zu ahnen – auf den Leim. Später bildeten sie dann zusammen mit der SPD unter Bundeskanzler (Koch) Gerhard Schröder als Kellner die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene (Schröder: „In einer rot-grünen Konstellation muss klar sein: Der Größere ist Koch, der Kleinere ist Kellner.“)

1999 dann führten sie mit „Koch“ Gerhard Schröder einen (wie Schröder heute freimütig zugibt) völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Sie waren also angekommen: Arrivierte im System. Im Sinne der (wirklich) Herrschenden. Das goutierten auch die ihnen einst überwiegend ablehnend gegenübergestanden habenden Medien. Weiterhin verbrachen die Grünen zusammen mit der SPD dann auch noch die Agenda 2010 samt des schlimme Auswirkungen zu Folge habenden Hartz-IV.

Auf der IALANA-Medienkonferenz 2018 in Kassel sprach Dr. Günther Rager (ehemals TU Dortmund) aus diesen und anderen Grünen von den „systemgerecht rundgelutschten Grünen“. Dieses Rundlutschen drohe auch Parteien anderer politischen Färbung. Das sei im System so angelegt. Und es habe noch immer funktioniert.

Nun also auch DIE LINKE?

Droht diese Rundlutschen nun auch der Partei Die Linke? Oder ist es gar schon in vollem Gange? Beide Fragen beantworte ich mit einem Ja.

Ekkehard Lieberam ist schon des Längeren alarmiert („Der Kniefall von Thüringen“, „Was ist denn eigentlich bei der Linkspartei los?“.

Soeben kam seine Veröffentlichung „Am Krankenbett der Linkspartei – Therapie: Mehr Marx als Murks“ im pad-Verlag heraus.

Lieberam: Bislang hat die Linkspartei keinen gesellschaftlichen Aufschwung zustande bringen können

Lieberam findet, dass Die Linke „mit einer zunehmenden rechtspopulistischen und antidemokratischen Bewegung konfrontiert“ ist, „aber auch mit einem im Sinne der Herrschenden funktionierenden parlamentarischen Regierungssystem. Ekkehard Lieberams hartes Urteil: Bislang habe die Partei keinen gesellschaftlichen Aufschwung zustande bringen können.

Der pad-Verlag (Redaktion: Peter Rath-Sangkhakorn) zitiert seinen Autor:

„Konfrontiert über mehr als zehn Jahre hinweg mit der enormen Integrationskraft des parlamentarischen Regierungssystems in der Bundesrepublik ist die Linkspartei mittlerweile auch eine Institution der Vertreterdemokratie mit Gebrauchswert für das Kapital geworden und nur noch begrenzt eine Kampforganisation des Klassenwiderstandes. Als Regierungspartei hat sie direkten Anteil an der Durchsetzung der neoliberalen Politik und verklärt gar geringe Verbesserungen als linke Politikgestaltung. Regierungsbeteiligungen erwiesen sich als Integrationsfallen.“

Wer muss bei diesen Sätzen nicht an die Grünen denken? War deren Entwicklung (deren Rundlutschung durch das System der Herrschenden) nicht Warnung genug? Offenbar nicht.

Ekkehard Lieberams Sorge um die weitere Entwicklung der Linkspartei und der gesellschaftlichen Entdemokratisierung

„Neben politischen Intrigen“, konstatiert der pad-Verlag, „und politischen Scharmützeln ihrer gewerbsmäßigen Parlamentarier dominieren ‚flügelübergreifend‘ Illusionen eines Politikwechsels ohne gesellschaftlichen Systemwechsel.“ Die Veröffentlichung sei „in Sorge um die weitere Entwicklung der Linkspartei und der gesellschaftlichen Entdemokratisierung“ entstanden.

Machtkampf zwischen Parteiführung und Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei

Im Kapitel „Mobbing und Orientierungskrise im Glaubenskrieg“ (S. 7) erinnert Lieberam daran, dass seit der Bundestagswahl 2017 „in der Linkspartei auf neue Weise“ rumore: „Katja nervt Sahra und Sahra wehrt sich.“

Der Autor spielt auf den Machtkampf zwischen der Führung der Linkspartei (Katja Kipping, Bernd Riexinger) sowie Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch (Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag) an. Wobei es u.a. um einen Glaubenskrieg um die Flüchtlingsfrage gehe und die umstrittene Losung „offene Grenzen für alle“.

Was gewiss in keiner Weise ein „Zickenkrieg“ ist. Eher geht um eine als naiv zu bezeichnende Einstellung Kippings und die realistischere Sicht Wagenknechts in dieser Frage.

Der Partei DIE LINKE fehle offenbar Glaubwürdigkeit und Prinzipienfestigkeit, meint Lieberam

Die Frage, warum DIE LINKE selbst bisher keinen gesellschaftlichen Aufbruch zustande gebracht hat, beantwortet Ekkehard Lieberam (S. 15) so: „Offenbar fehlen ihr die politischen Voraussetzungen: Glaubwürdigkeit und Prinzipienfestigkeit. Die Losung ‚mehr Ramelow wagen‘ ist mit Linksblinken und Systemkritik schlecht vereinbar.“

Und, gibt Lieberam seinen LeserInnen zu bedenken: „Mit der Position, der Ruf nach `offenen Grenzen für alle‘ sei die ‚Kernfrage linker Politik‘, isoliert man sich von den sozialen und politischen Proteststimmungen der Prekarisierten.“

Lieberams Einschätzung ist nicht von der Hand zu weisen: „Man kann nicht Regierungspartei (oder Regierungspartei im Wartestand) sein und zugleich erwarten, dass einem geglaubt wird, wenn man bekundet, die Grundlagen der kapitalistischen Produktionsweise beseitigen zu wollen.“

Und sehr richtig: „Als Regierungspartei erweckt eine Partei gegenüber dem werktätigen Volk nun einmal den Eindruck: ‚Es gilt das gebrochene Wort.’“

Interessanter Blick in die deutsche sozialistische Parteiengeschichte

Viele, die Linkspartei beschäftigende Probleme verdeutlicht Lieberam mit einem Blick in die deutsche sozialistische Parteiengeschichte im Kapitel „Kurze Geschichte der Klasse ‚für sich selbst’“ (S. 19), welche ähnliche Vorgänge kenne.

Linkspartei ist auf schlechtem Weg und droht sich zu zerlegen

Lieberams Erkenntnis daraus: „Die Linkspartei ist auf dem schlechten Weg, sich zu zerlegen. Sie ist vor allem auf dem Weg, sich in den im 20. Jahrhundert entstandenen Parteienstaat einzurichten.“ Sie sei dabei „zu einer systemkonformen Parlamentspartei“ zu werden, „die sich in das parlamentarische Regierungssystem einordnet, das nicht zuletzt die Funktion hat, die Klassenkonflikte zu verschleiern und zu befrieden.“

Wobei wir wieder bei Prof. Dr. Rager wären: Die Partei ist dabei, sich mehr und mehr systemkonform rundlutschen zu lassen.

Den Zwängen und Versuchungen des parlamentarischen Systems ausgesetzt

Ekkehard Lieberam begleitet das Wirken von PDS und Linkspartei außerhalb und im Bundestag sehr ausführlich und führt dabei auch viele positive Beispiele ihres politischen Wirkens an. Sehr deutlich wird das Auf und Ab der Partei klar. Auch die gemachten Fehler werden einer gründlichen Analyse unterzogen. Der Autor bescheinigt der Partei (S. 52), dass es in ihr „viele klassenbewusste Linke“ gebe: „Die Crux ist: Da sie (die Linkspartei; C.S) politisch erfolgreicher ist als die PDS, ist sie den Zwängen und Versuchungen des parlamentarischen Regierungssystems auch stärker ausgesetzt.“

Das bemerkten auch die Wähler, die sie einst wählten (S. 53): „Zum einen hat die Linkspartei auf Landesebene mittlerweile den Übergang von der Oppositionspartei zur Regierungspartei vollzogen. Unterschiede zwischen einer Reihe ihrer Landespolitiker ‚in Regierungsverantwortung‘ und den Politikern der anderen Parteien sind kaum noch zu erkennen. Auf Bundesebene verharrt die Linkspartei im Zustand einer Regierungspartei im Wartestand.“

Dabei sei es fraglich, ob sich „auf absehbare Zeit überhaupt eine rechnerische Mehrheit“ für Rot-Rot-Grün“ ergebe „und dann die Linkspartei als Preis für einige Minister tatsächlich Hartz IV und“ Bundeswehreinsätze „in aller Welt akzeptiert, ist ungewiss“.

Lieberam sieht das Beispiel Thüringen keinesfalls als ein „Meilenstein linker Politik“

Noch einmal kommt Ekkehard Lieberam auf den „Kniefall von Thüringen“ zurück (S.55): „Für die Verfechter einer gerechten und differenzierenden Debatte über den ersten Sozialismusanlauf auf deutschem Boden war die Haltung von Bodo Ramelow (Ministerpräsidenten von Thüringen, C.S.) eine Kapitulation, die mit der abgewogenen Bewertung der DDR im Erfurter Programm unvereinbar ist. Im Vorfeld der Thüringer Wahlen von 2019 ist zu fragen: Hat Bodo Ramelow mit dieser Kapitulation den Weg für eine bessere Politik freigemacht?“

Susanne Henning-Wellsow, Landes- und Fraktionsvorsitzende der Linkspartei in Thüringen habe nämlich genau das angekündigt, „dass die Landesregierung ein ‚Meilenstein linker Politik‘ werde“ (S.55).

Lieberam: „Belege dafür in der Bilanz der Landesregierung nach drei Jahren finden sich nicht.“

Begehrlichkeiten und mögliche Abhängigkeiten

Der Autor referiert auch die Entwicklung der Entschädigungen, Aufwandsentschädigungen bzw. Diäten an Abgeordnete (ab S.57). Im Deutschen Reichstag (1906), erfahren wir, hätten die Diäten 3000 Mark pro Jahr ausgemacht, in der Weimarer Nationalversammlung monatlich 1000 Mark. Seit dem 1. Juli 2018 beliefen sich die Diäten für Bundestagsabgeordnete 9780,25 Euro, dazu käme ab 1. Januar 2019 einen Kostenpauschale von 4418,69 Euro.

Die staatlichen Ausgaben auf Bundesebene für Parlamentsarbeit (Bundestag), einschließlich der Verwaltungskosten, belaufen sich jährlich etwa 950 Millionen Euro, dazu käme die jährliche staatliche Parteienfinanzierung auf Bundesebene (vorwiegend für Wahlen) auf maximal 165 Millionen Euro (2017) und die Höhe staatlicher Zuschüsse für die Stiftungen der Parteien auf 581 Millionen Euro.

All das schafft freilich neben Begehrlichkeiten womöglich auf Abhängigkeiten.

Parteien als Sammlungsbewegungen an die Grenze gekommen?

Linke Parteien sind derzeit weit und breit in der Krise. In der EU macht sich ein Rechtstrend breit. Wie also dagegen angehen? Auf Seite 72 zitiert Lieberam Andreas Wehr, der frage, „ob nicht das Modell einer Partei als Sammlungsbewegung ans seine Grenzen angekommen ist und in Ländern wie Belgien, Frankreich und den Niederlanden „in der letzten Zeit sozialistische Richtungsparteien mit eindeutigem Profil beeindruckende Erfolge erzielt (haben)“

Lieberam sieht das auch so: „Diese Parteien haben deutlich gemacht, dass Klassenpolitik dann erfolgreich ist, wenn sie in Distanz zu den Regierenden geht und sich auf wenige Themen konzentriert: Kampf um ein neues Normalarbeitsverhältnis, Reichensteuer, konzentrierte Arbeit im Gesundheitssektor oder in der Wohnungsfrage.“

Sammlungsbewegung Aufstehen als Chance

Als Einstimmung auf das letzte Kapitel „Aufstehen, um Klassenmachtverhältnnisse zu ändern“ (ab S. 73) seiner Veröffentlichung zitiert Ekkehard Lieberam Franz Mehring (aus der „Der neue Reichstag“, 1907): „Die Mobilisierung der Massen ist die einzige Waffe, der auf Dauer keine Macht der Erde widerstehen kann.“

Lieberam reflektiert darin die Sammlungsbewegung Aufstehen, initiiert von Sahra Wagenknecht. Er erwähnt eine Veröffentlichung , die nach deren Start im „neuen deutschland“ erschienen war. Darin habe der nd-Redakteur Uwe Kalbe über der Sammlungsbewegung bescheinigt, sie zeuge von „Kreativität“ und „verdiene Respekt statt Hochmut“. Doch „gleich rechts daneben war eine Bild zu sehen, das eine ganz andere Botschaft übermittelte: Abgebildet war eine knallrote Tassen mit tiefbraunen Inhalt, Kaffee ohne Milch. Auf der Tasse stand ‚Aufgestanden‘, offensichtlich ein Bild, dass die Nähe zum ‚Nationalsozialismus‘ suggerieren wollte.“

Das habe der nd-Leser Michael Zock aus Leipzig „verleumderisch und geschmacklos“ bezeichnet.

Angesichts solcher Niedertracht in der LINKEN fragt sich Lieberam, ob „zwischen beiden Führungsgruppen dennoch ein sachlicher Gedankenaustausch über den Weg dem Kampfes für soziale Gerechtigkeit und eine friedliche Außenpolitik der Bundesrepublik, ein politisches Miteinander noch möglich sind“ sei offen.

„Zuschauer- und Stellvertreterdemokratie“, so Lieberam auf S. 80, der letzten Seite seiner Arbeit, „haben sich als kompatibel mit der Klassenherrschaft erwiesen.“

„Linke Parteien, die ihre politische Energie in Parlamentsarbeit und permanenten Wahlkämpfen erschöpfen und sich im allgemeinen Politikbetrieb einrichten, haben Anteil an dieser Entwicklung“, schätzt der Autor und schreibt ihnen ins Stammbuch: „Sie sind insofern nicht die Lösung, sondern Teil des Problems.“

Geschichtlichen Erfahrungen zufolge, könne die Parteienfrage „von links nicht willkürlich, sondern erst dann neu gestellt werden, wenn Hunderttausende dies fordern und Millionen dies wollen, was eine Debatte schon heute über den Typus einer Partei, wie sie von den Lohnarbeitern im 21. Jahrhundert gebraucht wird, unbedingt einschließt“.

Lieberam findet unbedingt, dass ein Aufbruch für einen politischen Richtungswechsel nach einer neuen außerparlamentarischen Opposition, nach politischer Auseinandersetzung „im Handgemenge“ verlange.

Lieberam realistisch: „Bedenken, was da alles geschehen kann oder schief laufen kann, bringen nichts.“

Die Sammlungsbewegung Aufstehen, so schätzt der Autor ein, „weist in die richtige Richtung“. Und beschließt seine Veröffentlichung so: „Ohne eine kraftvolle spontane Massenbewegung nach dem Vorbild der Gelbwesten in Frankreich wird das allerdings nichts werden.“

DIE LINKE vom Krankbett in den Orkus oder mit mehr Marx als Murx in die Zukunft?

Die Broschüre ist sehr zur Lektüre zu empfehlen. Zumal wir alle vergesslich sind, ist es äußerst Augen öffnend, sozialistische Parteiengeschichte etwas nachzuvollziehen und vor allem: die Entwicklung hin Linkspartei, ausgehend von der SED-PDS, noch einmal Revue passieren zu lassen. Nicht zuletzt ums Schlüsse darauf im Hier und Heute für die Zukunft daraus zu ziehen. Gelingt es also der schon ziemlich rundgelutschten Linkspartei die Mühen der Ebene doch noch zeitnah zu bewältigen, oder geht die Reise vom Krankenbett schnurstracks in den Orkus, wo bereits so viel Versuche, linke Politik für die Massen zu machen, vor sich hin rotten?

Ekkehard Lieberam hat die Linkspartei am Krankenbett besucht, er empfiehlt ihr als Therapie „Mehr Marx als Murks“. Warum, dass hat der Autor aufgeschrieben.

Ekkehard Lieberam

Am Krankenbett der Linkspartei – Therapie: Mehr Marx als Murks

pad-Verlag

Mail: pad-verlag@gmx.net

Preis: 5, 00 Euro

AUFSTEHEN gestern in Bochum: Grandios mit Uraufführung der Neuversion von „Aufstehn“ mit den BOTS. Ins Schwarze treffende Reden von Sahra Wagenknecht und Sevim Dagdelen

Überwältigend! Schon vor 19 Uhr gestern, der Anfangszeit der AUFSTEHEN-Veranstaltung in Bochum stehen hunderte Menschen Schlange vor dem Jahrhunderthaus auf der Alleestraße 80. Laut Veranstalter hatten sich über tausend Menschen angemeldet, um teilzunehmen. Vielen davon habe man wieder absagen müssen wird Jochen Bauer später berichten. Die Parkplätze rund um das Gewerkschaftshaus waren rappelvoll. Am Einlass ging es etwas chaotisch zu: So mancher hatte sich angemeldet – die Namen fanden sich jedoch nicht auf den ausliegenden Listen und auf den ausgedruckten Namensaufklebern. Aber auch das bekam man in den Griff. Kurzerhand beschriftete man per Hand Aufkleber. Stative, Kameras wohin das Auge blickte. Weltnetz.TV ist auch vertreten. Von den Veranstaltern war ein Lifestream vorbereitet. Auf der Wandfläche hinter dem Podium im Saal auf der Wand eine Projektion: „aufstehen für eine neue soziale Demokratie“

Hunderte Menschen standen vor dem Jahrhunderthaus Schlange und begehrten Einlass

Als die Uhrzeiger auf 19 Uhr rückten, ging praktisch schon kein Apfel mehr zu Boden. Volle Hütte also, wie Jochen Bauer, von den Veranstaltern feststellte. Ein Kommentar von Moritz Müller auf Facebook:

„Wir stehen heute in Bochum mit Hunderten Menschen auf. Die Sitzplätze reichen ohnehin seit 1,5 Stunden vor Beginn nicht. Hunderte stehen hier auf, weil sie sich mit einer Politik, die die soziale Katastrophe dieser Jahre produziert, nicht mehr abfinden. Starkes Zeichen. So voll war das Jahrhunderthunderthaus noch nie. Mit einer langen Schlange vor dem Gebäude. Das macht Lust auf das gemeinsame Aufstehen.“

Sevim Dagdelen begrüßte die Aufgestandenen mit einem „Glück auf!“

Sevim Dagdelen. Fotos: Claus Stille

Sevim Dagdelen, MdB DIE LINKE, aus Bochum, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Partei, begrüßte die AUFSTEHEN-Gemeinde. Sie kritisierte unzumutbare Zustände in Deutschland, die sich weiter zuspitzende gesellschaftliche Situation.“Im rasanten Tempo werden die Armen immer zahlreicher in diesem Land und die Reichen werden immer reicher.“ Fünfzehn Millionen Menschen seien in Deutschland mittlerweile von Armut betroffen. Die Zahl der Armutsrentner stiege. Dagdelen rief dazu auf bei der Aktion des von dem Journalisten initiierten Akten #unten in der Wochenzeitung „Freitag“ mitzumachen. Sevim Dagdelen: „Wir stehen auf gegen eine rassistische Hetze und die Spaltung der Gesellschaft auf.“ Wie im Ruhrgebiet üblich schloss Dagdelen ihre Rede mit „Glück auf!“

Talkrunde mit Prof. Andreas Nölke, Susi Neuman, Ralf Köpke und Jochen Bauer

Im Anschluss gab es eine kleine Talkrunde mit Prof. Andreas Nölke, Susi Neumann, die mit Bravorufen empfangen wurde und Ralf Köpke (DGB) und Jochen Bauer (siehe MOVENOW.TV-Video). In der Runde ging es um die Frage, warum die linken Parteien nicht

Talkrunde.

vom prekären Zustand der Gesellschaft profitieren und stattdessen ein Rechtsruck zu konstatieren sei. Man bräuchte eine Änderung des Wirtschaftsmodells, eine Abkehr von der Austeriätspolitik und müsse Abstand vom deutschen „Exportismus“, wie Prof. Andreas Nölke sagte. Gewohnt Tachels und ihr Herz dabei auf der Zunge tragend redete Susi Neumann. Sie redete über ihre Erlebnisse im Alltag und über ihre Gespräche mit unterschiedlichen Menschen und rief dazu auf, den Menschen Mut zuzusprechen, sich bei AUFSTEHEN zu beteiligen und andere dafür zu begeistern. Gewerkschafter Köpke sprach darüber wie man Menschen, die nach Rechts abgedriftet sind (15 Prozent der Gewerkschafter hätten AfD gewählt). Diese Menschen müsse man mit Eins-zu-eins-Gespräche versuchen wieder per Überzeugung zurückzuholen. AUFSTEHEN könne dazu beitragen die gesellschaftlichen Koordinaten von rechts wieder in Richtung links zu verschieben.

Ein kleinen Eklat gab es dann auch noch: Ganz hinten war ein Herr aufgestanden, der

mit lauten „Schröder, Schröder“-Rufen auf sich aufmerksam machte. Er stellte die berechtigte Frage warum denn die Gewerkschaften seinerzeit der AGENDA-Politik – speziell Hartz IV – nicht vehement entgegengetreten seien. Das Fass konnte dann im Zusammenhang nicht aufgemacht werden: man sei nicht da, um Gewerkschaftsbashing zu machen.

Begeisternde, engagierte und ermunternde Rede von Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknecht.

Unterdessen war Sahra Wagenknecht unter starken Willkommensbeifall eingetroffen. Wagenknecht zeigte sich begeistert und hoffnungsvoll, dass seit dem 4. September inzwischen 175 000 bei AUFSTEHEN dabei sind.

AUFSTEHEN sei nötig, sagte sie, weil die LINKE so schwach ist. Die Parteien überhaupt müssten von außen über AUFSTEHEN Druck bekommen. Endlich hätten auch Menschen wieder eine Stimme, die weder in einer Partei seien und vielfach nicht einmal mehr WählerInnen sind. Was das politische Berlin tagtäglich abliefere sei ein Trauerspiel, sagte Wagenknecht. Es müsse deutlich gemacht werden: Eine andere, eine soziale Politik sei möglich. Die Politiker geißelte den Zustand und das Klima in unserer Gesellschaft. Es sei kälter geworden. Hass mache sich breit. Wo käme all das denn her, fragte Sahra Wagenknecht. Da sei doch nicht die AfD schuld. Wer so denke, mache es sich zu einfach. Diese Partei schüre freilich Hass und koche ihr Süppchen auf diesem Zustand der Gesellschaft. Doch diesen hätte die Politik der letzten Jahrzehnte erst herbeigeführt. Hass und Intoleranz kämen aus dem Inneren unserer Gesellschaft, stellte Wagenknecht unmissverständlich fest. Aus der Härte, aus der Kälte, diese Demütigungen, die unsere Gesellschaft heute kennzeichne, entstehen wiederum Rohheit. Viele Menschen seien darüber richtig krank geworden. Eine Gesellschaft doch krank, empörte sich die LINKE-Politikerin, auf ein Handelsblatt-Artikel Bezug nehmend, wo über die

Eigenkapitalrendite deutscher Krankenhäuser und wie man diese steigern könne geschrieben worden war.

Die derzeitige Politik sei nicht alternativlos. Politische Entscheidungen könnten doch wieder verändert werden. Das sei der Sinn von AUFSTEHEN. Man müsse das Rückgrat haben, diese Gesellschaft zu verändern. Nur wer die soziale Spaltung stoppe, zeigte sich Wagenknecht sicher, werde auch den Rechtstrend stoppen. AUFSTEHEN sei eine Bewegung von der man noch viel hören werde, sagte Wagenknecht hoffnungsvoll.

Schließlich der Höhepunkt des Abends: Die Uraufführung der Neuversion des BOTS-Kulthits „Aufstehn“

Die BOTS in Aktion.

Die Älteren werden sich noch daran erinnern. 1979 wurden „Aufstehn“ und „Was wollen wir trinken“ DIE Bots-Kult-Hits bei „Rock gegen Rechts“ mit

40.000 Menschen auf dem Frankfurter Rebstockgelände; am Ende konnte das NPD-Deutschland-Treffen verboten werden. Fortan wurde es bei Streiks, Anti-AKW-Demos und Friedenskundgebungen millionenfach gesungen. 2006/7 traf die holländische Rockgruppe mit der Krebserkrankung ihres Sängers Hans Sanders ein schwerer Schlag. Dieser nahm vor seinem Tod „Aufstehn“ neu auf und arbeitete seinen späteren Nachfolger Rik Polman ein.

Die Bots haben nun der Sammlungsbewegung Aufstehen ihre Sicht mit einer politisch-lyrisch aktualisierten Version „geschenkt“. (Newversion, Musik: Sanders, Text: Diether Dehm, Sanders).

Fazit

Grandiose AUFSTEHEN – Veranstaltung mit Uraufführung der aktualisierten Version des Bots-Kultsongs „Aufsteh’n“ im Jahrhunderthaus Bochum. Mit Sevim Dağdelen, eines Podiumsgesprächs mit Gewerkschaftern, darunter die einmal mehr Tacheles redenden Susi Neumann. Sahra Wagenknecht hielt

Volle Hütte: Über 800 Menschen standen auf im Bochumer Jahrhunderthaus.

eine engagierte, aufrüttelnde und mitreißende Rede, in welcher sie die Probleme unseres Landes und seiner Gesellschaft tiefschürfend und mit Empörung auf den Punkt brachte. Stehende Ovationen. Da hieß es im wahrsten Sinne des Wortes AUFSTEHEN. Dann traten die Bots mit ihrer Neuversion von „Aufstehn“ auf – über 800 Menschen, Sevim Dagdelen schrieb von 1000 Menschen – rissen sie emotional mit. Mit Diether Dehm zusammen sangen sie „Weiches Wasser bricht den Stein“ und „Was wollen wir trinken“. Wie bereits bemerkt: Grandios!

Hinweis: Die Aufzeichnung es Lifestreams von gestern unbedingt anschauen!

Bots-Kult-Hit „Aufstehn“ mit aktualisierter Version für Sammlungsbewegung Aufstehen. Ur-Aufführung am 14. November im Jahrhunderthaus Bochum u.a. mit Sahra Wagenknecht

Die Älteren werden sich noch dran erinnern. 1979 wurden „Aufstehn“ und „Was wollen wir trinken“ DIE Bots-Kult-Hits bei „Rock gegen Rechts“ mit 40.000 Menschen auf dem Frankfurter Rebstockgelände; am Ende konnte das NPD-Deutschland-Treffen verboten werden. Fortan wurde es bei Streiks, Anti-AKW-Demos und Friedenskundgebungen millionenfach gesungen. 2006/7 traf die holländische Rockgruppe mit der Krebserkrankung ihres Sängers Hans Sanders ein schwerer Schlag. Dieser nahm vor seinem Tod „Aufstehn“ neu auf und arbeitete seinen späteren Nachfolger Rik Polman ein.

Die Bots haben nun der Sammlungsbewegung Aufstehen ihre Sicht mit einer politisch-lyrisch aktualisierten Version „geschenkt“. (Newversion, Musik: Sanders, Text: DD, Sanders)

Die Ur-Aufführung dieser New-Version ist für Mittwoch, den 14. November 2018 im Jahrhunderthaus Bochum ab 19:00 Uhr geplant.

Hinweis für diejenigen, die nicht life dabei sein können: Es wird einen Lifestream von der Veranstaltung geben.

Quelle: weltnetz.tv

Über die Bots

 

Ort: Jahrhunderthaus (Gewerkschaftshaus der IG Metall)

Adresse: Alleestraße 80, 44793 Bochum

Telefon: 0211 3677780

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