Kritischer Film: „Die dunkle Seite der Wikipedia“

Die meisten von uns dürften das Online-Lexikon Wikipedia des Öfteren benutzen. Das umfangreiche Nachschlagewerk ist ja an und für sich auch eine schöne Sache. Und noch dazu kostenlos. Wer als Journalist mit Wikipedia arbeitet, wird nach einer gewissen Zeit vorsichtiger Informationen daraus zu benutzen. Beziehungsweise überprüft den dort angebotenen Inhalt. Denn man kann sich nicht immer ausschließlich auf Wikipedia verlassen. Und in manchem Falle unter Umständen auch überhaupt nicht. Am zuverlässigsten sind anscheinend Einträge, welche sich mit naturwissenschaftlichen Themen und Aspekten befassen.

Dem Filmemacher Markus Fiedler – Lehrer von Beruf – hat sich akribisch mit Wikipedia. Er machte nämlich selbst keine gute Erfahrung mit dem Online-Lexikon. Von der Sache her kann jeder an Wikipedia mitarbeiten.

Der „Fall“ Dr. Daniele Ganser

Markus Fiedlers Dokumentarfilm „Die dunkle Seite der Wikipedia“ arbeitet sich besonders am „Fall“ des Wikipedia-Artikels über den Schweizer Historiker und Friedensforschers Dr. Daniele Ganser ab. Denn dieser zeigt beispielhaft, wie es einen ergehen kann, wenn man irgendwie vom Mainstream abweichend unterwegs ist. Daniele Ganser befasst sich neben vielem anderen mit den Vorgängen um 9/11. Und speziell auch um das dritte in New York Gebäude WTC 7, dass obwohl es nicht von einem Flugzeug getroffen wurde einstürzte und sich um das Ereignis herum rankende Ungereimtheiten. Obwohl Ganser wissenschaftlich genau arbeitet und überhaupt keine unbewiesenen Behauptungen über 9/11 aufstellt, sondern nur Ungereimtheiten benennt – wird aus ihm nicht zuletzt durch Eintragungen auf Wikipedia ein „Verschwörungstheoretiker“.

Fiedler machte mit Wikipedia eine ungute Erfahrung. Er hatte im Artikel den Satz „Er greift Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 auf und stellt sie als diskutable wissenschaftliche Erklärungen dar.“ gelesen und war nicht einverstanden damit.

Gegenüber Jens Wernicke sagte er dazu: „Als ich daher versuchte, mit meinem langjährig ungenutzten Wikipediakonto eine Korrektur dieses Satzes zu erwirken, geschah Seltsames: Obwohl ich einen sachlich formulierten Text in die Diskussion zum Artikel Ganser eingestellt hatte, in dem ich auf die genannte und einige weitere Unzulänglichkeiten des Wikipedia-Artikels einging, wurde ich unter fadenscheinigen Begründungen umgehend als Vandale gemeldet und danach recht schnell von einem Admin mit dem Kommentar ‚beratungsresistenter Meta-Account“ gesperrt. Dieses Vorgehen in der Wikipedia war vollkommen regelwidrig und wurde aber auch, wie ich dann herausfand, bereits inflationär bei anderen Benutzern praktiziert. Und zwar ausschließlich bei solchen, die im Ganser-Artikel mehr Sachlichkeit einforderten und nicht über ein langjährig genutztes Wikipedia-Konto verfügten.“

Wikipedia keineswegs seriös und überparteilich

Mittels seiner umfangreichen Recherchen kam Markus Fiedler zu dem Schluss, dass Wikipedia keineswegs durchgängig seriös und überparteilich ist. Und auch bei Themen und Ereignissen die konträr diskutiert werden nicht sachlich – wie es bei wissenschaftlichen Arbeiten sein sollte und auch journalistischer Pflicht entspricht – über verschiedene Standpunkte aufklärt.

Markus Fiedler bescheinigt dem Online-Lexikon „vermachtet-autoritäre, intransparente Strukturen sowie Parteilichkeit bei gesellschaftspolitischen Artikeln“

In einem kürzlich auf den NachDenkSeiten erschienenem Interview, das Jens Wernicke mit Markus Fiedler führte, „bescheinigt“ dieser „dem Online-Lexikon vermachtet-autoritäre, intransparente Strukturen sowie Parteilichkeit bei gesellschaftspolitischen Artikeln – und steht mit dieser Einschätzung alles andere als allein.“

Fiedler fand heraus, dass an dem Artikel immer wieder auffallend Autoren wie „Phi“ und „Kopilot“, der früher auch als „Jesusfreund“ in Erscheinung trat, herumwerkeln. Auch in anderen Artikel treten diese Autoren in Aktion.

Wikipedia hat also eine „dunkle Seite“. Eine Art „tiefer Staat“? Wie funktioniert dieses System Wikipedia?

Den Versuch dies aufzuklären macht der Film „Die dunkel Seite der Wikipedia“. Ken Jebsen sprach darüber mit Markus Fiedler für KenFM.

Der Film ist sehr professionell gemacht und spannend bis zum Schluss. Ich empfehle ihn unbedingt anzuschauen. Vielleicht hilft dieser, dass Wikipedia irgendwann verlässlicher wird?

Die Verlässlichkeit von Wikipedia-Artikeln kann übrigens auf Wikbu überprüft werden. Hier als Beispiel am Eintrag zu Dr. Daniele Ganser.

Update vom 11.11.2015: „Kopilot“ meldet sich

10 Kommentare zu “Kritischer Film: „Die dunkle Seite der Wikipedia“

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