Gastbeitrag von Dr. Moustapha Diallo – Das Verwirrspiel mit dem Wort „Rasse“ oder: Alte Reflexe gegen neue Fragen

Von Dr. Moustapha Diallo*

Wenn Forderungen nach einer Anpassung der Sprache an den heutigen Bewusstseinsstand ge­stellt werden, erheben sich immer Stimmen, die altbekannten Argumentationsmustern folgen. Man vermischt Sachverhalte, verkürzt die Darstellung der Gegner und leugnet oder bagatelli­siert das Problem. So ist es beim N-Wort und ähnlich diskriminierenden Begriffen; so ist es auch in der aktuellen Debatte um das widersinnige Konstrukt „Rasse“ im Grundgesetz.

Ein anschauliches Beispiel ist der Kommentar von Ulrich Reitz (Focus vom 16.06.2020), der das Verwirrspiel auf die Spitze treibt, indem er falsche Behauptungen aneinander reiht und alle Register der Irreführung zieht, bis zu der wahnwitzigen Unterstellung eines politischen Kalküls. An diesem Spiel beteiligt sich auch ein Jura-Professor und zeigt, wie groß der Klä­rungsbedarf ist.

Irreführende Behauptungen von Herrn Reitz

Zunächst ist das mittlerweile gängige Schlagwort der political correctness zu erwähnen, mit dem Reitz die Forderung bagatellisiert. Dass diese Einordnung falsch ist, wird später deutlich. Zum Versuch, die Legitimität der Diskussion in Frage zu stellen, gehört die Behauptung, der „Begriff der Rasse ist so lange umstritten, wie es ihn gibt“. Zu diesem Zweck konstruiert der Autor einen Disput zwischen zwei Granden der deutschen Geistesgeschichte, in dem Johann Gottfried Herder dem Rassenkonzept Immanuel Kants „heftig widersprochen“ haben soll. Mehr ist diesbezüglich nicht zu erfahren. An anderer Stelle wird eine von Kants rassistischen Äußerungen zitiert. Hierzu ist festzuhalten, dass Herders Wahrnehmung der Afrikaner genau­so eurozentrisch war: „Lasset uns also den ‚N.‘, da ihm in der Organisation seines Klimas kein edleres Geschenk werden konnte, bedauern, aber nicht verachten“. Als Beispiel für eine kontroverse Debatte um den Begriff „Rasse“ taugt Herder also nicht, denn er dachte rassis­tisch.

Reitz und Thüsing: Ein anderer Begriff würde Rassismus nicht beseitigen

Ein weiterer Versuch, die Forderung nach einer Anpassung zu diskreditieren, ist der plumpe Hinweis, dass die Ersetzung des Terminus „Rasse“ den Rassismus nicht beseitigt. In das glei­che Horn bläst Professor Gregor Thüsing und spricht von „Gesetzeskosmetik“, wenn man „nur den Wortlaut ändern will und nichts in der Sache“ (Welt vom 16.06.2020). Als ob irgendjemand fordert, dass man das Wort „Rasse“ beseitigt und nichts gegen Rassismus tun will! Bei solchen Verkürzungen drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob die Autoren gezielt Verwirrung stiften wollen oder wirklich nicht verstanden haben, worum es geht. Reitz fragt sogar polemisch durchsichtig, warum man das deutsche Grundgesetz ändern müsse, nur weil die USA ein Rassismus-Problem haben. Er müsste besser wissen, dass das nicht der Grund für die Forderung ist. Sol­che populistischen Verdrehungen sind der Sache unwürdig.

Für Reitz wie für Thüsing steht auch fest, dass das Wort „bewusst und überlegt“ in der Verfas­sung steht. Thüsing bezeichnet die Forderung gar als „sprachliche Selbstgerechtigkeit“! Zum einen ist es mehr als unwahrscheinlich, dass die Autoren des Grundgesetzes das heutige Pro­blembewusstsein hatten, denn die Einsicht in den Widersinn des Begriffs ist selbst heute noch nicht jedem klar, wie die aktuelle Debatte zeigt. Es ist eine absurde Idealisierung zu suggerie­ren, dass die Väter des Grundgesetzes unfehlbar waren und wissen konnten, welche Entwick­lung des Sprachbewusstseins wir heute erreichen würden. Das beste Beispiel für die Fehlbar­keit ist Konrad Adenauers Bedauern über das Ende der deutschen Kolonisation. Er war eben ein Kind seiner Zeit. Um es noch deutlicher zu machen: Wenn die Väter des Grundgesetzes das heutige Problembewusstsein gehabt hätten, dann hätten sie die intrinsische Unzulänglich­keit der Wortwahl festgestellt. Man kann nicht von Gleichheit sprechen und ein Wort benut­zen, das die Ungleichheit nicht nur absolut setzt, sondern vor allem herbeiredet.

Würden die Väter des Grundgesetzes heute an dem Wort „Rasse“ festhalten?

Wenn das Wort „Rasse“ auf den Menschen nicht anwendbar ist und eine unbestreitbar aus­grenzende Funktion hat, dann ist seine Benutzung die Fortschreibung des menschenverachten­den Gedankens, und zwar wider besseres Wissen und trotz Alternativen, und das können die Väter des Grundgesetzes nicht gewollt haben. Es geht also mitnichten um eine überflüssige Streichung oder gar um eine Änderung des Grundgesetzes, wie die Autoren bewusst aufbau­schen, sondern – im Gegenteil – um eine Verbesserung der Formulierung, um eine Formulie­rung, die sinnstiftend und dem heutigen Erkenntnisstand gemäß ist. Demnach ist es unredlich zu behaupten, „das klare Bekenntnis des Grundgesetzes gegen den Rassismus“ würde durch die sprachliche Korrektur „verloren gehen“.

Statt einer Sakralisierung des Grundgesetzes, die einfältig ist, und einer Verunglimpfung der Forderung nach einer Änderung jenes Wortlautes als „sprachliche Selbstgerechtigkeit“, wäre eine sachliche Betrachtung wünschenswert. In diesem Sinne ist es unangemessen, die Nei­gung mancher Politiker zur Einsicht in den Widersinn als politisches Kalkül zu diffamieren. Es ist, übrigens, wenig souverän, auf die Abwehr hinzuweisen, die eine solche Forderung in den USA hervorrufen würde, wie Reitz und Thüsing es tun. Hier müsste man fragen, ob man in Deutschland keine Erneuerung vornehmen sollte, nur weil die USA es nicht täten?

Es gilt, einfach und endlich zu erkennen, dass der Begriff „Rasse“ in Bezug auf Menschen keinen Sinn ergibt und etwas nahelegt, was es nicht gibt und als Ideologie zu bekämpfen ist; dass die sprachliche Korrektur eine Verbesserung darstellt; dass es im Sinne aller sein sollte, die menschenverachtende Denkweise nicht festzuschreiben. Damit würde man den unbrauch­baren Begriff denjenigen überlassen, die an überholten Konstrukten festhalten und sich durch deren Verwendung entlarven. Dies würde das Grundgesetz zu dem machen, was es ist: Ein ge­sellschaftsstrukturierender Vertrag, der nicht für alle Zeit und bis in den kleinsten Buchstaben gültig sein kann, wie die politischen Eingriffe zeigen, und ein Vertrag, der keine vermeidbare Unzulänglichkeit enthalten sollte, auch keine sprachliche.

Dr. Moustapha Diallo: Literaturwissenschaftler, Publizist (Hg. „Visionäre Afrikas“)

*Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigungs des Autors.

Protest gegen Schließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof an drei davon bedrohten Standorten in Dortmund

Fachbereichsleiterin Handel bei ver.di Silke Zimmer spricht vor dem Eingang zu Galeria Kaufhof. Fotos (16): C. Stille

Die Geschäftsführungen von Galeria Karstadt Kaufhof sowie Karstadt Sports haben die Liste der zur Schließung vorgesehenen Kaufhäuser veröffentlicht. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte die Betriebsräte der 22 von Schließungen bedrohten NRW-Häuser für vergangenen Freitag nach Dortmund eingeladen.

Auf einer gemeinsamen Sitzung sollte ein Austausch über die aktuelle Situation stattfinden und das weitere Vorgehen gesprochen werden. Die Veranstaltung wurde gegen 14 Uhr für eine Protestveranstaltung in der Dortmunder Innenstadt unterbrochen. Die Betriebsräte zogen gemeinsam in die Innenstadt zu den drei betroffenen Dortmunder Häusern, um sich in kurzen Redebeiträgen für den Erhalt der Filialen einzusetzen.

Zwischenkundgebungen an den drei von Schließung bedrohten Kaufhausstandorten in Dortmund

Der Demozug führte vom Freizeitzentrum West (FZW) in der Ritterstraße über die Rheinische Straße auf den Westenhellweg, der Dortmunder Einkaufsmeile. Zwischenstopps erfolgten an den Kaufhäusern Galeria Kaufhof und Karstadt. Um dann zwecks einer Abschlusskundgebung vor Karstadt Sports zu enden. Dort bildeten die Demonstrierenden unter den Augen zahlreicher Passanten eine Menschenbrücke zwischen Karstadt und Karstadt-Sporthaus.

Gewerkschaft ver.di fordert politische Verantwortliche auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die die dramatische Situation für die Beschäftigten und ihre Familien abzuwenden

Die Fachbereichsleiterin der Gewerkschaft ver.di für den Handel in NRW, Silke Zimmer, hatte im Vorfeld der Demonstration deutlich gemacht: „Die von Schließung betroffenen Beschäftigten sind in ihrer Existenz bedroht. ver.di wird sich in den nächsten Wochen und Monaten weiter für den Erhalt der Häuser und Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen einsetzen. Hier fordern wir die Unterstützung aller politisch Verantwortlichen, dass gemeinsam alle Möglichkeiten, Chancen und Wege, um diese dramatische Situation für die Beschäftigten und ihre Familien abzuwenden, ausgeschöpft werden.“

Zu den Hintergründen

Galeria Karstadt Kaufhof gehört der Signa-Holding des Immobilien-Investors Réne Benko. Der österreichische Milliardär hatte im Zuge der Zusammenlegung von Karstadt und Kaufhof in den vergangenen Monaten gut eine halbe Milliarde Euro in das Unternehmen investiert und kürzlich noch einmal 140 Millionen Euro für Liquidität nachgeschossen. Von Benko lägen „weitere Zusagen für eine sehr umfangreiche Unterstützung“ vor, hatte es seitens des Insolvenzverwalters Frank Kebekus noch im April geheißen. Ein Kahlschlag betreffs der Beschäftigten war ausgeschlossen worden. Auf Staatsgeld wollte das Unternehmen verzichten. Zum 1. Juli muss der Sanierungsplan stehen, sonst würde der Warenhauskonzern in ein reguläres Insolvenzverfahren laufen.

Silke Zimmer: „Wenn das Warenhaus stirbt, dann stirbt auch der umliegende Einzelhandel!“

Den ersten Halt machte der Demonstrationszug bei sengender Hitze am Kaufhaus Galeria Kaufhof.

Silke Zimmer von der Gewerkschaft ver.di sagte dort: „Wenn das Unternehmen sich mit seinen Vorstellungen durchsetzt, werden von 42 Filialen in Nordrhein-Westfalen 18 geschlossen. Das ist jede zweite Filiale.“ Dass hier in Dortmund gleich drei Standorte geschlossen werden sollten, sei unbegreiflich – in einer Stadt wo fast 600.000 Menschen leben. Ein vor Ort tätiger Betriebsrat richtete ein paar Worte an die vor der Kaufhaustür versammelten. Viele Mitarbeiter*innen, so der Betriebsrat, seien dreißig oder gar vierzig Jahre bei Kaufhof beschäftigt und hätten gerne dort gearbeitet. Man wisse aber nun nicht wie es weitergehe. Man hoffe

Solidarisch: Michael Vogt von der Katholischen Stadtkirche.

auf die Unterstützung aller Bürger*innen, und das Dortmunder Standorte erhalten werden können. Sonst müsse mit „einem Sterben auf Raten“ gerechnet werden. Silke Zimmer sagte an den Insolvenzverwalter gerichtet: „Herr Kebekus, die Beschäftigten bei Karstadt Kaufhof Galeria Karstadt Sports nehmen Sie beim Wort. Wenn 18 Häuser von von 42 in NRW geschlossen werden sollen – wenn das kein Kahlschlag ist!“ Zimmer gab weiter zu bedenken: „Wenn das Warenhaus stirbt, dann stirbt auch der umliegende Einzelhandel!“ Die Kaufhaus-Mitarbeiter*innen hätten jahrelang auf Gehalt verzichtet, während sich die Manager die Taschen vollgemacht hätten, skandalisierte die Gewerkschafterin. Nun sollten die Beschäftigten die Suppe auslöffeln. Man fordere ein Zukunftskonzept für die Warenhäuser.

Zimmer bekräftigte gegenüber den Menschen in den betroffenen Städten: „Die Stadt gehört keinen Herrn Benko, gehört keiner Familie Otto von ECE. Die Stadt gehört ihnen!“

Michael Vogt, Pastor in der Katholischen Stadtkirche, sagte den von Kündigung bedrohten Beschäftigten ein paar solidarische Worte. Es sei wichtig, dass „der Mensch Urheber, Mittelpunkt und Ziel allen Wirtschaftens ist und bleibt“, wie es im Zweiten Vatikanischen Konzil gesagt worden sei.

Vor Karstadt sagte Pfarrer Friedrich Stiller: „Ihr habt das Recht auf eine Perspektive“

Betriebsrat Gerhard Löpke spricht.

Am zweiten Stopp der Protestierenden vor Karstadt-Kaufhaus auf dem Westenhellweg ergriff Betriebsrat Gerhard Löpke das Wort. Man habe im letzten Monat gerade in diesem Warenhaus „den letzten Nagel reingehauen und frisch renoviert.“ Seit letzter Woche Freitag hätten alle einen Schock, weil man die Mitteilung von der Schließung bekommen habe. Es könne nicht sein, dass man als Spielball für die Vermieter benutzt werde. Das werde sich die Belegschaft nicht gefallen lassen. Solidarisch mit den Forderungen der Beschäftigten erklärte sich vor diesem Karstadt-Standort auch der Theologe Friedrich Stiller: „Ihr habt das Recht auf eine Perspektive.“

Des Weiteren solidarische Grüße überbrachte die OB-Kandidatin der Grünen, Daniela Schneckenburger sowie Utz Kowalewski, der für die DIE LINKE für den Posten des Dortmunder Oberbürgermeisters kandidiert.

Schneckenburger nannte die Schließungspläne einen Skandal. „Eine Schneise der Verwüstung“ würde die Schließung von drei Warenhäusern in die Dortmunder Innenstadt schlagen.

Grüne OB-Kandidatin Daniela Schneckenburger skandalisierte die Schließungspläne.

Kowalewski sagte an die Adresse der Demonstranten: „Das ist eine Riesensauerei, was die mit euch veranstalten.“ Und an abwesenden Immobilien-Investor René Benko gerichtet: „Schämen Sie sich, Herr Benko!“

Der OB-Kandidat der SPD, Thomas Westphal, der ebenfalls an der Demonstration teilnahm, hatte schon am Vormittag im FZW zu den Betriebsräten gesprochen.

Auf der Abschlusskundgebung beschied Thomas Kutschaty: „Dass, was wir jetzt erleben, hat nichts mehr mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, dass ist asoziale Marktwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen!“

Auf der Abschlusskundgebung vor Karstadt Sports bekundeten die Betriebsräte und die „Sportis“ kräftig: „Wir sind hier, wie sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!“

Eine Betriebsrätin Monika von Karstadt Sports beschrieb die Situation aus Sicht der Beschäftigten: „Meine Kollegen sind deprimiert und wütend.“

OB-Kandidat der Partei DIE LINKE, Utz Kowalewski (rechts mit Mikro): „Stehen an eurer Seite!“

Am Mikrofon: SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty.

Thomas Kutschaty, Fraktionschef der SPD im Landtag von Nordrhein-Westfalen hatte eigens die Landtagssitzung sausen lassen, um sich in Dortmund solidarisch mit den Karstadt-Galeria-Kaufhof-Beschäftigten zu zeigen. Seit 140 Jahren sei Karstadt in unseren Städten präsent, erinnerte Kutschaty. Groß und stark sei das Unternehmen im Zeichen des Wirtschaftswunders und der Sozialen Marktwirtschaft geworden. Kutschaty: „Dass, was wir jetzt erleben hat nichts mehr mit sozialer Marktwirtschaft zu tun, dass ist asoziale Marktwirtschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen!“

Jahrelang sei es gut gegangen. Dann seien dubiose Manager und Hedgefonds gekommen und hätten dieses Unternehmen ruiniert: „Da wurden Gebäude verkauft und zu Wucherpreisen wieder zurückerstattet. Gewinne haben andere gemacht, die Beschäftigten mussten die Opfer bringen. Das ist eine Schweinerei!“ Noch sei nichts verloren, meinte Kutschaty hoffnungsvoll. Gemeinsam mit den Beschäftigten kämpfe man um jeden Arbeitsplatz. Die gesamte Bevölkerung sei nun aufgefordert, Solidarität zu zeigen.

Nach Beendigung der Abschlusskundgebung zogen die Betriebsräte wieder zurück zum FZW, um die Beratungen fortzusetzen.

 

IALANA fordert klare Stellungnahme und politische Schritte der Bundesregierung gegen die Pläne der israelischen Regierung, weite Teile des besetzten palästinensischen Westjordanlands zu annektieren

IALANA Rundbrief
Presseerklärung

Die neugebildete Koalitionsregierung unter Benjamin Netanjahu und Benjamin Gantz hält an den schon vorher von Netanjahu verkündeten Plänen fest, alle 128 Siedlungen und das Jordantal, den fruchtbarsten Teil Palästinas, zu annektieren. Das Wahlergebnis zeigt, dass diese Annexionspläne von dem größten Teil der nichtarabischen Bevölkerung Israels geteilt werden. Voraussetzung für diesen radikalen Schritt war die Zustimmung der USA, die US-Außenminister Pompeo am 25. April gegeben hat. Andere Regierungen sind offenbar nicht konsultiert worden, vor allem nicht die betroffenen Palästinenser.

Jede Annexion fremden Territoriums ist ein schwerer Verstoß gegen internationales Recht und daher illegal. Die Vereinten Nationen haben nie die Annexion Jerusalems und der Golan-Höhen anerkannt, der Internationale Gerichtshof hat die Annexion in seinem Gutachten zur Mauer von 2004 ausdrücklich als rechtswidrig und nichtig bezeichnet. Daran ändert auch nichts, dass US-Präsident Trump die Völkerrechtswidrigkeit der israelischen Besatzungs- und Siedlungspolitik bestreitet und die syrischen Golan-Höhen und Ostjerusalem als integralen Teil Israels anerkennt. Beides ist nach internationalem Recht irrelevant und selbst ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht. Dies gilt auch für den sog. Nah-Ost-Plan der Trump-Administration, der auf der weitgehenden Enteignung und Annexion palästinensischen Territoriums aufbaut. Er zerstört damit endgültig die Zwei-Staaten-Lösung, die entsprechend zahlloser UNO-Resolutionen immer noch die Grundlage der internationalen Palästinapolitik bildet. Das Ziel eines palästinensischen Staates neben Israel, das seit der UNO-Resolution 181 aus dem Jahr 1947 immer noch gültig ist, wird aufgegeben und eine von den Palästinensern geplante Hauptstadt Ost-Jerusalem illusorisch. Für einen Staat Palästina mit eigenen Grenzen bleibt kein Territorium übrig. Die Reste Palästinas werden ohne eigene Selbstbestimmung und Souveränität faktisch der israelischen Willkür ausgeliefert – eine neue Art von Kolonie.

Ein Prozess der Zerstörung, Enteignung und Kolonisierung hat sich durch die Jahrzehnte vor allen Augen in den besetzten Gebieten vollzogen, ohne dass die internationale Gemeinschaft dagegen erkennbaren Widerstand geleistet hätte. Insbesondere die deutsche Bundesregierung hat nicht nur weitgehend geschwiegen, sondern im Rahmen der EU aktiv Initiativen verhindert, die Israel zum Stopp der Siedlungs- und Aufhebung der Besatzungspolitik bewegen sollten. Ihre gelegentliche und vorsichtige „Kritik“ konnten die israelischen Regierungen eher als Unterstützung denn als Ablehnung ihrer Politik auffassen. Zudem hat die Bundesrepublik Palästina die Anerkennung als Staat in der UNO verweigert, obwohl es über alle Merkmale eines Staates verfügt und von über 2/3 der Mitgliedstaaten in der UNO anerkannt wird. Sie hat sogar im jüngsten Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag , in dem es um die Klage gegen Israel wegen schwerer Kriegsverbrechen im Krieg gegen Gaza 2014 und Menschenrechtsverstößen in den besetzten Gebieten geht, versucht, das Verfahren zu verhindern. Allerdings vergeblich, da die Generalanklägerin Fatou Bensouda die Rechtssprechungskompetenz des Gerichtshofs über Palästina ausführlich begründet und anerkannt hat.

Die Situation ist dramatisch. Netanjahu will unbedingt die Annexion bis zu den nächsten Wahlen in den USA unter der Präsidentschaft von Trump durchführen und hat den 1. Juli als Termin festgesetzt. Es bleibt wenig Zeit, in der die internationale Gemeinschaft ihr ständiges Bekenntnis zum Internationalen Recht durch wirksame Maßnahmen unter Beweis stellen kann. Die Staaten können nicht den Widerspruch begründen, Russland wegen des Anschlusses der Krim mit Sanktionen zu belegen, Israel aber bei der Zerstörung der staatlichen Existenz eines Volkes durch die Annexion ihres Territoriums gewähren zu lassen. Insbesondere die Bundesregierung muss ihre Verantwortung, die sie immer nicht nur gegenüber Israel sondern auch gegenüber den Palästinensern betont hat, wahrnehmen und ihre legitimen Rechte schützen.

Sie kann sich dabei auf internationale Kritik stützen, die sogar aus Israel selbst kommt. 56 ehemalige Knesset-Abgeordnete haben die Annexion als einen „tödlichen Schlag für eine Friedensmöglichkeit und die Schaffung eines Apartheid-Staates“ abgelehnt. 300 ehemalige Generäle und Offiziere der israelischen Armee und Chefs des Mossad haben ebenfalls die Pläne der Regierung scharf kritisiert. In Großbritannien haben sich 127 ehemalige und gegenwärtige Parlamentarier aller Parteien an die britische Regierung gewandt und  Premier Minister Johnson aufgefordert, die Illegalität der Annexionen zu rügen und „ernsthafte Konsequenzen inklusive Sanktionen“ anzukündigen.

Die Deutsche Sektion der International Association of Lawyers against Nuclear Armement (IALANA) schließt sich dieser Kritik an und fordert die Bundesregierung auf, ihren Verpflichtungen aus dem Internationalen Recht nachzukommen und alles zu unternehmen, dass Israel von seinen Annexionsplänen Abstand nimmt. Insbesondere sollte sie auf die Aussetzung des EU-Israel Assoziierungsabkommens dringen, solange Israel nicht die in Art. Zwei des Abkommens geforderte Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts garantiert. Dazu gehört, jegliche Handels- und Wirtschaftsbeziehungen mit den illegalen israelischen Siedlungen zu untersagen und sicherzustellen, dass keine Geschäftsbeziehungen mit israelischen Unternehmen in den besetzten Gebieten unterhalten werden. Desgleichen sollte jeder Waffenhandel untersagt und die militärische Kooperation mit Israel gestoppt werden. Die Bundesregierung sollte sich für die strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen in Gaza und dem besetzten Westjordanland einsetzen, statt zu versuchen, das Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verhindern. Dazu fordern wir, dass die Bundesregierung endlich den Staat Palästina völkerrechtlich anerkennt. Die Bundesregierung darf sich nicht mehr hinter der verbrecherischen Geschichte der Nazi-Herrschaft verstecken und aus falsch verstandener Verantwortung zum Komplizen einer offen völkerrechtswidrigen Politik machen. Sie muss gegen die Annexion Stellung beziehen und ein Ende der seit Jahrzehnte dauernden illegalen Besatzung fordern.

Otto Jäckel (Vorsitzender der IALANA). Foto: C. Stille.

RA Otto Jäckel     Prof. Dr. Norman Paech
Vorsitzender         Wissenschaftlicher Beirat

Quelle: IALANA-Presseerklärung

„Die Lehre vom Kollaps“ von Dmitry Orlov (Rezension)

Wer von uns nur halbwegs helle im Kopfe ist, dürfte es längst schon durchgeholt haben, dass wir so wie wir leben und handeln eigentlich nicht mehr weitermachen können. Anzeichen dafür gibt des Des Längeren. Frühestens sicher seit dem 1972 veröffentlichten Bericht des Club of Rome mit dem Titel Die Grenzen des Wachstums.

In unseren Tagen rüttelte uns vielleicht die Fridays-for-Future-Bewegung in aller Welt abermals auf. Und deren Ikone Greta Thunberg mit ihrer emotionalen Entrüstung “How dare you?” – „Wie könnt ihr es wagen?“ Wo sie in ihrer Rede Politikern aus aller Welt komplettes Versagen beim Klimaschutz vorwarf.

Derzeit gibt uns die Corona-Krise zu denken. Aber auch die Möglichkeit einer großen Weltwirtschaftskrise und vielleicht der Zusammenbruch des Finanzkapitalismus. Schlimmer als bei der letzten Finanzkrise. Diese Gefahr zeichnete sich längst vor der Corona-Krise ab. Nur werden uns die Regierenden und die hinter ihnen stehenden wirklich Mächtigen auftischen, die schweren zu befürchtenden Folgen wie hohe Arbeitslosigkeit, Verarmung großer Bevölkerungsteile und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Verwerfungen seien auf die Corona-Krise zurückzuführen.

Wie schlimm also kann es kommen? Bereits 2013 veröffentlichte Dmitry Orlov „Die Lehre vom Kollaps“.

Der Journalist und Mitgründer der taz, Mathias Bröckers hat das Buch übersetzt. Jetzt kommt es also in einer Kurzfassung auf Deutsch in einer Ko-Produktion der edition Zeitpunkt, Solothurn und des Westend Verlags, Frankfurt bei fiftyfifty, einem Imprint des Westend Verlags heraus.

„Krisen“, schreiben die Herausgeber im Vorwort, „kommen immer unerwartet. Das liegt in der Natur der Sache. Zu ihrer Überwindung muss man improvisieren.“

Sie geben zu bedenken: „Krisen sind zwar nicht zu verhindern, aber man kann sie verstehen.“ Das sei „Ansatz des russisch-amerikanischen Autors Dmitry Orlov“.

Uns schreiben sie: „Dass die Lehre vom Zusammenbruch zu einer Zeit erscheint, in der die gesamte Welt durch eine Pandemie in einen nie da gewesenen Erstarrungszustand geraten ist, ist vielleicht ein glücklicher Zufall – nicht nur für den Verlag, sondern vor allem für die Leser und die Gesellschaft als Ganzes. Nur wenn wir verstehen, können wir vorausschauen.“

Corona habe bereits deutlich gemacht, so die Herausgeber Bröckers und Christoph Pfluger, „dass sich die Rede vom Kollaps nicht um dystopische Science-Fiction dreht und auch nicht um paranoide Schwarzmalerei von ‚Preppern‘, sondern dass es real werden und sehr schnell gehen kann“.

Sie stellen fest: „Der Zusammenbruch als eine Kaskade aufeinanderfolgender Krisen wird auch in Post-Corona-Zeiten ein Thema bleiben.“

Der Vorstellung, „dass auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen ein auf ewigen Wachstum basierendes Wirtschafts- und Finanzsystem dauerhaft existieren kann“, wird eine Absage erteilt.

„Für einen solchen Realismus öffnet „Die Lehre vom Kollaps“ Augen“, schreiben Bröckers und Pfluger, „und zeigt die fünf aufeinanderfolgenden und ineinandergreifenden Phasen, in denen ein Zusammenbruch erfolgt.“

Und weiter: „Dass dieser ‚Crash‘ nicht langsam und allmählich vonstatten gehen wird, sondern zügig und rasch, diese Einschätzung übernimmt Dmitry Orlov von einem Experten, dies schon in der Antike beobachtet hat, dem Philosophen Seneca:

„Es wäre ein gewisser Trost für die Schwäche unseres Selbst und unserer Werke, wenn alle Dinge so langsam vergingen, wie sie entstehen; aber das Wachstum ist langsam, der Weg zum Ruin aber ist schnell.“

„Wer dieses Buch gelesen hat, weiss wenigstens, woran wir sind“, sind sich die Herausgeber sicher. Als Leser, dieses Buches, dass ich sozusagen verschlungen habe, bestätige ich das.

Doch keine Bange, verehrte Leser*innen, schrecken Sie nun nicht gleich zurück. Das Buch ist kein Weltuntergangsbuch. Wenngleich es mögliche dystopische Aussichten durchaus in den Fokus nimmt. Dennoch ist der Inhalt sehr ernst und unbedingt ernst gemeint. In dem Sinne, dass wir uns selbst ernsthaft mit der Problematik befassen sollten. Ein kleines Licht am Ende eines Tunnels lässt immerhin schon mal der Untertitel des Buches aufglimmen: „Die fünf Stufen des Zusammenbruchs und wie wir sie überleben“

Themen, die im Buch diskutiert werden, steht in der Einführung (S.12), drehten sich darum, Wege zu finden, das gegenwärtige System durch alternative Mittel aufrechtzuerhalten. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass radikale Vereinfachungen in einer Reihe von kontrollierten Schritten erreichen könnten. Denn das „wäre so, als würde man eine Abbruchmannschaft bitten, ein Gebäude Stein für Stein, ein Stockwerk nach dem anderen abzureißen, statt dem Standartverfahren zu folgen – nämlich sprengen, Schutt wegschaffen, eine neue Baugrube graben und ein Fundament gießen“.

Heißt quasi nichts anderes als Tabula rasa im eigentlich (lateinischen) Wortsinne zu machen: Die Tafel zu säubern, um sie wieder zu beschreiben.

Wie eine schwere Finanzkrise von einigen Experten bereits seit Jahren befürchtet wurde; diese jedoch niemand seriös hat vorausdatieren können – verhält es sich mit dem Zusammenbruch, welchen der Autor Dmitry Orlov in seinem Buch beschreibt: Den Zeitpunkt des Eintritts eines Kollapses weiß freilich auch er nicht zu stimmen.

Er führt zu diesem Behufe das Beispiel einer maroden Brücke an. „Der Stahlbeton bröckelt ab, es fehlen Teile und rostige Bewehrungsstäbe scheinen durch. Der Inspektor erklärt sie für statisch mangelhaft. Diese Brücke wird irgendwann zusammenbrechen, aber zu welchem Zeitpunkt? Das kann dir niemand sagen – weder der Inspektor noch sonst jemand. (S.20)“

Doch Orlov weißt bezüglich des Katastrophenmoments auf das Sandhaufen-Experiment hin: „Wenn man immer wieder Sand auf die Spitze eines Sandhaufens gibt, rutscht er an einem bestimmten Punkt, nachdem er seinen Schüttwinkel überschritten hat, in einer Lawine nach unten; aber wann? Keine Mathematik kann den genauen Zeitpunkt vorhersagen.“

Im Folgenden – ab Buchseite 22 – benennt der Autor die Phasen des Zusammenbruchs:

Stufe 1: Finanzieller Zusammenbruch.

Stufe 2: Kommerzieller Zusammenbruch.

Stufe 3: Politischer Zusammenbruch.

Stufe 4: Sozialer Zusammenbruch.

Stufe 5: Kultureller Zusammenbruch.

Nichts mehr wird also dann noch so sein wie es einmal war. Die Auswirkungen ganz kurz zusammengefasst: Der Glaube an „business as usual“, an den Markt, der angeblich alles richtet, daran, dass die Regierung für uns sorgt, dass unser Volk für sorgt – all das gehe, so Orlov, gehe verloren.

Das Schlimmste aber – so sehe ich es – dürfte der kulturelle Zusammenbruch in all seinen Auswirkungen darstellen. Der Glaube an Menschlichkeit geht verloren. Mitgefühl, Gastfreundschaft und Nächstenliebe bleiben auf der Strecke.

Dabei musste ich an eine Rede des Schauspielers Armin Rohde denken, die er anlässlich einer Protestveranstaltung gegen eine ins Augen gefasste Theaterschließung in Wuppertal gehalten hatte. Darin hob der die Bedeutung einer funktionierenden Kultur für eine Gesellschaft hervor. Anscheinend, so Rohde damals, dächten zunächst manche Menschen ein Theater zu schließen und ein paar Kindergärten oder Schwimmbäder zuzumachen sei irgendwie verkraftbar angesichts einer Stadt mit leeren Kassen. Dann stellte er aber eine düsteres Szenario in Aussicht: „Am Ende rennen die Leute mit Knüppeln durch die Straßen der Stadt und schlagen sich die Köpfe ein.“

In den folgenden Kapiteln des Buches führt Dmitry Orlof deutlich aus, was die erwähnten Stufen im einzelnen, exakt erörtert mittels Unterkapiteln, bedeuten für eine Gesellschaft.

Im Kapitel „Der Charme der Anarchie“ (S.77) schreibt der Autor: „Angesichts des politischen Zusammenbruchs kann man durchaus erwarten, dass sich die guten Menschen fast aller Nationen in ihren Häusern verkriechen und sich wie domestizierte Tiere zusammentreiben lassen, denn ihre größte Angst ist nicht der Despotismus, sondern die Anarchie! Fürchtest du dich vor Anarchie? Oder fürchtest du dich mehr vor der Anarchie? Auch wenn du mich seltsam findest: ich habe viel mehr Angst, einer brutalen und unflexiblen Befehlskette unterworfen zu werden, als vor Anarchie (die einfach das Fehlen von Hierarchie bedeutet).“

Zustimmung! Wenn die Menschen Angst vor Anarchie haben, dann kommt das daher, dass dieses Wort halt negativ besetzt ist und eigentlich die Wenigsten wissen, was darunter wirklich zu verstehen ist. Der Begriff, so Orlov, werde allgemein als Verunglimpfung von Dingen verwendet, die unorganisiert und chaotisch erscheinen. Nicht selten würden Anarchisten auch mit kommunistischen Revolutionären verwechselt.

Um sich dem Thema Anarchie zu nähern, empfiehlt Orlov die Sichtweise eines Naturforschers (S.79):

„Beachte, dass die Natur die Anarchie die vorherrschende Form der Zusammenarbeit zwischen Tieren ist, während hierarchische Organisation relativ selten und in Umfang und Dauer begrenzt ist.“ Angeführt wird zu diesem Behufe der russische Gelehrte und Anarchietheoretiker Fürst Peter Kropotkin der überzeugend über dieses Thema geschrieben habe. Er habe festgestellt, dass Tiere, die die meiste Zeit ihres Lebens als Einzelgänger verbrächten, eher die Ausnahme seien. Die Regel sei das Leben in kooperierenden Gruppen. Es sei festgestellt worden: (…) „gesellige, kooperative Tiere gedeihen, Einzelgänger ehe nicht (S.80)“.

In Tiergesellschaften, so habe Kropotkin festgestellt, gehe es vor allem anarchisch, ohne Hierarchie zu. (…)“es gibt keine Gefreiten, Korporale, Unteroffiziere, Leutnants, Hauptmänner, Majore oder Generäle unter den Spezies, die sich auf dem Planeten Erde entwickelt haben – mit Ausnahme des bewaffneten Pavians mit Militärstiefeln (wenn du eine Tiere siehst, das Militärstiefel trägt und ein Gewehr – verstecken!).“

Tiergesellschaften seien – heißt es auf S.81 – seien weitgehend egalitär. „Selbst die Bienenkönigin oder die Termitenkönigin hat keine Befehlsgewalt; sie ist lediglich das Fortpflanzungsorgan des Volkes, sie gibt keine Befehle und befolgt auch keine.“

Alles in allem ein interessantes Kapitel.

Dmitry Orlov macht uns nichts vor. Wären in einer globalisierten Welt die Stufen eins und zwei (siehe weiter oben) einmal in Gang gesetzt, sei diese Dynamik nicht mehr aufzuhalten. Orlov legt die Mechanismen der einzelnen Stufen des Zusammenbruchs dar. Aber er erklärt gleichzeitig auch wie sie zu beeinflussen sind. In dem Sinne das Buch tatsächlich – wie angekündigt – keine Beschreibung eine reinen Untergangs ohne einen Hoffnungsschimmer.

In seinem Nachwort zum Buch rät Orlov nicht automatisch jedem zu vertrauen, auch wenn derjenige ebenfalls „seinen Orlov“ gelesen hat und auf gleicher Wellenlänge mit einem selber liegt. Orlov:

„Die richtige Antwort ist, dass du selbstständig denken und selbstständig handeln solltest und, wenn das für dich funktioniert, lernen solltest, dir selbst zu vertrauen. Wenn du damit weit genug gehst, wirst du dem, was in den Augen von Politikern und offiziellen Pädagogen, die uns bestimmte Gedanken in den Kopf setzen und uns dazu bringen wollen, nach ihren Erwartungen zu handeln, etwas Seltenes und Gefährliches ist: eine Person, die zu eigenständigem Denken fähig ist. Auf dem Weg dorthin wirst du zweifellos erkennen, dass du deine neuen Kräfte vor denen geheim halten musst, die dein Vertrauen noch nicht verdient haben.“

Mögen auch einige Kapitel in diesem Buch düstere Gedanken vor dem inneren Auge der Leser*innen aufkommen lassen – das lässt sich bei einer ehrlichen Betrachtung des Themas Zusammenbruch nun einmal nicht vermeiden – es lohnt sich zu diesem Buch zu greifen und sich nach dessen Lektüre eigene Gedanken zu machen. Frei nach Kant: Sapere aude! Habe den Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.

 

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Dmitry Orlov

Die Lehre vom Kollaps. Die fünf Stufen des Zusammenbruchs und wie wir sie überleben“

Erscheinungstermin: 22. Juni 2020

Umfang: 144 Seiten

ISBN 978-3-94677-8816-5

Ladenpreis: EUR (D) 15,00 €

Wie es *innen aussieht, geht niemand was an. Milena Preradovic fragt Doro Wilke vom Verein Deutsche Sprache: „Wie falsch ist die gerechte Sprache?“

Kurz nachdem ich 1989 aus der DDR in die BRD gekommen, war und mich wieder (nebenberuflich) journalistisch betätigte, bekam ich es erstmals mit gendergerechter Sprache bzw. gendergerechter Schreibweise zu tun. Es wurde dann immer die männliche und die weibliche Berufsbezeichnung gesprochen bzw. geschrieben: Beispielsweise Politikerinnen und Politiker. Damit hatte ich kein Problem. Wenngleich dadurch auch Texte länger wurden. Mit Gleichberechtigung hatte ich sowieso kein Problem. Die wurde in der DDR gelebt.

Später wurde es dann üblich, dass man das sogenannte Binnen-I verwendete. Zum Beispiel schrieb man dann: LehrerInnen, PolizistInnen. Auch daran gewöhnte ich mich. Obwohl es geschrieben im Schriftbild natürlich auch etwas merkwürdig anmutete. Nun ja.

Ich glaube letztes Jahr führte das Blog Nordstadtblogger.de, für das ich tätig bin, das sogenannte Gendersternchen ein. Beispiel: Schauspieler*innen, Sexarbeiter*innen. Nun ja. Auch das übernahm ich mit *innerem Murren.

Doch ich stutzte – es war bei den Fridays-For-Future-Demos. Da hörte man eine Aktivistin, oder Aktivisten plötzlich sagen: Liebe Schüler innen… sagen. Es wurde also das Gendersternchen in der Sprache benutzt. Ich war verdattert. Verstand aber dann. Na ja.

In diesem Jahr nun stutze ich wieder: bei Anne Will etwa und bei anderen Fernsehmenschen in ARD und ZDF oder 3sat. Politiker*innen wurde da gesagt oder Mitarbeiter*innen und Künstler*innen. Es war jeweils anfangs noch zu hören, wie sich die das Aussprechenden noch etwas dabei gewissermaßen stolpernd schwer damit taten.

Seitdem sich das quasi eingebürgert hat (wer eigentlich ordnet so etwas an?), macht mein Herz jedes Mal einen Stolperer. Ich fremdele damit. Und denke: wie es *innen aussieht, geht niemand etwas an. Manchmal denke ich auch schmunzelnd dabei daran, wie es wohl in den Politikerinnen und besonders in den Journalistinnen innen aussieht. Zuweilen tun sich da mir in meiner Phantasie Abgründe auf.

Und immer befällt mich die Befürchtung, eines Tages könnte diese Schreibweise auch in die Literatur Einzug halten. Wie soll man dann noch Freude am Lesen eines Romans haben?

Die Journalistin Milena Preradovic hat in ihrer Sendung Punkt.Preradovic (eine Sendereihe, die ich nur empfehlen kann) die Problematik Gendersprache aufgegriffen:

„Gendersprache vs. Grammatik. An Unis, in Kommunen, bei ARD und ZDF, die Gendersprache breitet sich momentan rasant aus. Aber viele der neuen, gerechten Wörter sind schlicht falsch. Zumindest nach der geltenden Grammatik. Das sagt Doro Wilke vom Verein Deutsche Sprache. Außerdem führe Gendersprache nicht zu Gleichbehandlung, sondern diskriminiere andere Minderheiten.“

Der Verein Deutsche Sprache mit Sitz in Dortmund fordert mit der Unterschriftenaktion „Schluss mit dem Gender-Unfug!“

Die Genderei hat zweifelsohne mit der sogenannten Political Correctness / Politische Korrektheit zu tun. Und ist gewiss gut gemeint. Doch – wie wir wissen – ist gut meint nicht immer gut getan. Bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) heißt es etwa:

„Immer wieder werden neue Sprachreglementierungen gefordert und begründet. Doch nicht selten führt die vermeintlich „politische Korrektheit“ der Sprache zu Unklarheit, Widersprüchen und neuen Verständigungsproblemen.“

Beitragsbild: Andrea Damm via Pixelio.de

Gastbeitrag von Dr. Urbain N’Dakon: Schwarz-weiße Überlegungen

Urbain N‘ Dakon beim LickLike-Festival in Dortmund 2019 mit seinem Musikerkollegen aus Togo. Foto: Hans Lantzsch

Was hat ein weißer Rassist für ein Problem mit der schwarzen Hautfarbe? Warum hasst der weiße Rassist den schwarzen Mitmenschen? Warum ist für ihn die Farbe der Haut so wichtig, dass er bereit ist, für dieses biologische Merkmal zu kämpfen, womöglich zu töten? Wer Rassismus nicht versteht, liegt in seinen Bemühungen ständig daneben.

Die Geschichtswissenschaft lehrt uns, dass die ersten Bewohner*innen Europas Schwarzafrikaner*innen waren, deren Organismus sich der extremen Kälte, insbesondere der letzten Eiszeit anpassen musste, so dass bei ihnen das nicht mehr benötigte Melanin verlorenging und damit auch die ursprüngliche Farbe der Haut. Veränderungen an den Augen und Haaren sind nach dieser Erkenntnis auch eine Auswirkung dieses langen Anpassungsprozesses. Die derart veränderten Afrikaner*innen hatten dann Kinder mit „noch schwarzen“ Afrikaner*innen, diese hatten wiederum Kinder mit Weißen und die Kinder welche mit „nicht ganz weißen“ usw… So entstanden nach der Lesart, die uns die Geschichtswissenschaft erlaubt, die vielfältigen Variationen in der Hautfarbe, wie wir sie heute kennen. Die logische Konsequenz ist dann festzustellen, dass alle bisher bekannten Hautfarben, die Töchter, Enkelinnen und Urenkelinnen der schwarzen sind. Ein Weißer ist deshalb nichts Anderes als ein weißer Afrikaner, der seit Jahrtausenden nicht mehr in Afrika lebt, also einer, der mit den heutigen Afrikanern wie mit allen anderen Menschen dasselbe genetische Material teilt.

Wie ist dann der Hass zu erklären?

Wie ist dann dieser Hass des weißen Rassisten gegen die schwarze Hautfarbe zu erklären, wenn er selbst der späte Nachfahr von Schwarzafrikanern ist?

Eine Erklärung: Der weiße Rassist ist ein Mensch, der eine Wut in sich trägt, die ursprüngliche Hautfarbe verloren zu haben. Doch statt gegen die Natur richtet sich seine Wut gegen diejenigen, die diese Hautfarbe offensichtlich noch tragen. Der Hass gegen die Träger der schwarzen Hautfarbe ist also ein Selbsthass vor dem Hintergrund eines erlittenen Verlustes, der sich heute wie eine Art Urschmerz darstellt. Die akribisch von Pseudowissenschaftler*innen zusammengebastellte Ideologie einer vermeintlich nachgewiesenen Überlegenheit der weißen „Rasse“ hat die Funktion, die als Verlust empfundene Veränderung zu kompensieren und erträglicher zu machen. Deshalb wird seit Jahrhunderten immer noch nicht aufgehört, wissenschaftliche Nachweise für die „Unterlegenheit schwarzer Menschen“ zu sammeln. Dieser systematische Selbstbetrug ist zur Basis der Kultur geworden und wird tradiert an weitere Generationen weitergegeben. So sehr, dass es für einen weißen Rassisten das Selbstverständlichste der Welt ist, diese Ideologie zu übernehmen und Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu hassen.

Das aufwendige Aufrechterhalten der rassistischen Ideologie

Es ist nicht leicht, diese trügerische und inzwischen zum Monstrum emporgereifte Ideologie der weißen Überlegenheit aufrechtzuerhalten. Es ist für jeden normalen Menschen offenkundig, dass sie auf wackeligen Füßen steht. Der Rassist muss sie also ausdrücklich, absichtlich und aufwendig pflegen, um sie aufrecht zu erhalten, weil er sich für ein Kulturgut hält. Der große Aufwand, den er betreibt, beeindruckt und täuscht darüber hinweg, dass der Rassist eigentlich nicht 100% von seiner Ideologie überzeugt ist. Tief in seiner Psyche ist immer noch die Stimme der Vernunft, die ihm zuflüstert, dass er sich etwas vormacht. Tritt ein Mensch mit schwarzer Hautfarbe in sein Blickfeld, fällt das ideologische Gebäude wie ein Kartenhaus komplett in sich zusammen. Die Wunde reisst wieder auf. Und der Rassist wird noch wütender, noch aggressiver. Aus gutem Grunde, denn der aus seiner Sicht so lebensnotwendige Selbstbetrug wird unmöglich, wenn er seine ursprüngliche Hautfarbe immer wieder vor den Augen hat. Der Verlust wird noch präsenter und schmerzhafter, der schuldige Schwarze muss entfernt werden. Mit dem Rassismus haben wir es also mit einer hoch pathologischen Erscheinung zu tun.

Und wie steht der Rassist zu Afrika?

Kehren wir zum Ausgangspunkt unserer Überlegung zurück, fällt uns wieder ein, dass die Geschichtswissenschaft den afrikanischen Kontinent als „die Wiege der Menschheit“ bezeichnet. Um es einfach zu halten spreche ich von dem Elternhaus aller Menschen. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Umstand nicht mehr ändern wird. Wie können wir dann die Tatsache deuten, dass ein Mensch, der das Elternhaus verlassen hat und nun ganz woanders wohnt, seine Zeit und Energie darin investiert, Strategien und Pläne zu schmieden, um die Ressourcen aus seinem Elternhaus auszuplündern und in sein neues Wohnhaus zu tragen? Schlimmer noch: den tödlichen Müll aus seiner industriellen Aktivität in das Elternhaus zurückzutragen und damit seine noch im Elternhaus lebenden Brüder und Schwestern, zu vergiften und systematisch umzubringen? Der weisse Rassist hat sich darin spezialisiert, eine unerschöpfliche Bandbreite tödlicher Produkte für sein ursprüngliches Elternhaus herzustellen und zu vertreiben (giftige Industrieprodukte, giftige Zigaretten, giftige Medikamente, giftige Treibstoffe, Waffen, Kriege und Rebellionen usw…). Wir merken: Auch zu seinem ursprünglichen Elternhaus pflegt der weiße Rassist ein gestörtes, hoch pathologisches Verhältnis. Traditionelle Kulturen würden hier von einem verlorenen, einem unwürdigen oder gar von einem der Verdammnis geweihten Sohn sprechen. Wie schafft es denn der weiße Rassist, kein schlechtes Gewissen zu haben? Durch die kontinuierliche Pflege seines ideologischen Gebäudes, zu dem er vor etwa 60 Jahren eine neue Strategie hinzufügte: Eine offizielle Politik der „Entwicklungshilfe“ an seine im Vaterhaus gebliebenen Brüder und Schwestern.

Ein Ausweg?

Urbain N’Dakon (rechts) im Kirchgarten der Dortmunder Pauluskirche. Foto: C. Stille

Die große Frage: Kann der weiße Rassist von seinem gestörten Verhältnis zur schwarzen Hautfarbe und zum schwarzen Kontinent befreit werden? Genauso wie ein kranker Mensch nur geheilt werden kann, wenn er sich als einen solchen wahrnimmt und sich ehrlich einer Behandlung unterzieht, müsste der weiße Rassist bereit sein, der Wahrheit ins Auge zu sehen und seine krankmachende Ideologie aufzugeben. Dass es aber keine leichte Aufgabe ist, merken wir, wenn wir daran denken: Er ist dermaßen mit seiner Ideologie identifiziert, dass er das Gefühl hat, er müsste sterben, wenn er sie aufgeben würde. Ein Patient, der davon überzeugt ist, durch eine Behandlung sein Leben zu verlieren, akzeptiert natürlich keine Behandlung. Die Befreiung vom Rassismus entpuppt sich hier deshalb als Herkules-Aufgabe, die nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe lösbar wäre. Ziel müsste sein, den Rassisten zu lehren, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben statt andere zu hassen, sich mit seinem früheren Erscheinungsbild zu versöhnen, die bestehende Mannigfaltigkeit der Hautfarben als Sieg der Überlebensfähigkeit des Menschen zu feiern und nicht als Bedrohung zu sehen.

Quelle: Dr. Urbain N’Dakon via Facebook mit freundlicher Genehmigung des Autors

Zum Autor, dem Wissenschaftler und Künstler, Dr. Urbain N’Dakon lesen Sie bitte hier etwas.

Im folgenden Streaming-Video lernen Sie, liebe Leser*innen den Gastautor – zusammen mit musikalischen Mitstreitern – als Musiker und Sänger kennen

Gastbeitrag: Tagesschau-Stil: … ´s sind ja bloß Chinesen. Die Beijing-Berichterstattung strotzt vor feindseliger Arroganz und hat rassistische und antikommunistische Anklänge

Gastbeitrag von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Die Tagesschau ist ein äußerst wirksames Instrument der Indoktrination. USA-, NATO- und EU-affin, obendrein obszön regierungsfromm, bildet sie deren Politik nur kritik- und distanzlos ab. Für die gewöhnliche Meinungsmache reicht das auch. Bei der Berichterstattung über die Volksrepublik China gibt es aber oft noch ein Extra: Die Redaktion beschallt ihre bis zu 11 Millionen deutschsprachigen Kunden mit aggressiven Nebentönen. Die Arroganz dahinter wirkt wie inspiriert von der „Hunnenrede“ Kaiser Wilhelms II. (1900): “Pardon wird nicht gegeben…, daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen!“

Respekt und Sympathien für das fernöstliche Milliardenvolk, Deutschlands wichtigsten Handelspartner, werden gezielt verödet. Demnächst finden in Hongkong Regionalwahlen statt; wir dürfen uns auf ein Tagesschau-Festival der antikommunistischen und chinafeindlichen Propaganda gefasst machen.

Hongkong ist seit Beginn der „Regenschirm-Proteste“ wieder beliebtes Thema in den Medien der “Westlichen Wertegemeinschaft”: Klagen über Einflussnahmen der Regierung in Beijing auf ihr Sonderverwaltungsgebiet Hongkong prägen seit Monaten die Berichterstattung. Reichlich parteiisch sind auch die Filmreportagen über Zusammenstöße gewalttätiger „Demonstranten“ mit den Ordnungskräften. Die Randalierer haben allerdings schon mal Flughafenhallen, U-Bahnstationen und zahllose Nahverkehrs-Installationen verwüstet und blockieren immer wieder wichtige Transportwege. Die Polizei setzt im Gegenzug Tränengas ein und versucht, die Rädelsführer zu fassen. Zeitweise wirkt Hongkong wie ein Schlachtfeld.

Die Folge: Die Produktivität sank rapide, die Umsätze im Einzelhandel brachen ein, die Tourismuswirtschaft schrumpfte, Messen fielen aus – all dies schon lange vor der Corona-Pandemie. Effekt: Das Bruttoinlandprodukt sank 2019 um 4,82 Prozent. Der Warenexport ging um 4,1 Prozent zurück, der stärkste Abtrag seit der Welt-Finanzkrise 2008/2009. (1,2)

Der Zusammenhang zwischen dem Bedeutungsverlust der Insel als internationaler Handelsplatz und den gewaltsamen Umtrieben der vom Westen teilfinanzierten und fallweise angeleiteten „Regenschirm-Revolutionäre“ (3,4,5) wird in unseren Fernsehnachrichten jedoch großzügig ignoriert. Stattdessen erlauben sich Tagesschau &Co., was bei vergleichbaren Gewaltexzessen in Deutschland – siehe Berichterstattung über die Begleiterscheinungen des G-20-Gipfels in Hamburg – absolut undenkbar wäre: lebhaft beifällige Töne über die ferngesteuerten Urheber der Straßenschlachten unter ihren ach so friedlichen Regenschirmen. (6)

Die Propagandamethode ist bekannt: Mache aus aggressiven Randalierern demokratiesuchende Opponenten; bezeichne das Einschreiten der Sicherheitskräfte als ungerechtfertigte Gewaltanwendung von Staatsbütteln. Der Ruf unserer Politiker und regierungsfrommen Journalisten nach „mehr Demokratie“ und „Wahrung der Menschenrechte“ ist eine sich selbst rechtfertigende Form von Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Unsere Gralshüter der Freiheit gehen dabei allerdings nie so weit, die wirtschaftlichen Interessen ihres Geldadels zu gefährden. (7)

Zum Repertoire antichinesischer Agitation gehören unangemessene öffentliche Kritik, schulmeisterliche Belehrungen und Zurechtweisungen. Beim Adressaten bewirken sie bestenfalls gar nichts. Sie nützen aber seiner legitimen – und erst recht der illegitimen – innerstaatlichen Opposition. Vom Ausland unterstützte chinesische Dissidenten, die aus Sicht der regierenden Kommunisten die Stabilität des Landes gefährden, werden in der westlichen Berichterstattung hofiert. (8) Kommt es in China zu Kundgebungen gegen die Regierung (wie bei den Unruhen in Tibet vor der Olympiade 2008) oder bekämpft sie interne dschihadistischen Gefahren (in Xinjiang), dann ergreift Deutschland reflexartig Partei gegen Beijing.

Wie das vonstatten geht, hat erstaunlicherweise die den Grünen als Inkassostelle für Staatsknete dienende Heinrich-Böll-Stiftung (!) kritisch untersucht und schon anno 2010 in einer Studie über 3000 Berichte in deutschen Mainstreammedien (inkl. Tagesschau) dargelegt. (9) Auszüge:

„… bei der Analyse aller identifizierten Beiträge zu China (werden) in einer Vielzahl von Medienbeiträgen … bestimmte offensichtlich gesellschaftlich inhärente Vorstellungen und Klischees über das Land unreflektiert kolportiert. Dabei prägen normativ abwertende Bilder von China … den Diskurs, Insgesamt lässt sich hier … von einer fortlaufenden Verbreitung existierender Stereotypen durch die Medien sprechen … Es besteht die Gefahr einer Verfestigung dieser zumeist extrem versimplifizierten und verkürzenden Klischees in der deutschen Öffentlichkeit durch die Menge an Beiträgen, die diese Eindrücke verbreiten.“

Die Verfasser rieten an, von einem „denunzierenden Bild der chinesischen Gesellschaft“ abzusehen und sich zu „mehr Respekt in der Berichterstattung über den Anderen durchzuringen.“ Das heiße nicht, dass chinesische Positionen von Kritik ausgenommen werden sollten.

Der Soziologe Jörg Kronauer, Autor des Blogs German Foreign Policy, resümierte: „Kritik ist etwas anderes als Denunziation. Jahre nach der Veröffentlichung der Studie muss man, wie die Lektüre der einschlägigen Medien zeigt, allerdings konstatieren: Ihre Empfehlungen sind zwar gut gewesen, gefruchtet aber haben sie nicht.“ (10)

In den aktuellen internationalen Kampagnen gegen China geht es um zwei Themen: die Umtriebe in Hongkong und die angebliche „Schuld“ Beijings am Ausbruch der Corona-Pandemie. (11) Letztere sei „mutmaßlich“ auf Fehler eines Hochsicherheits-Biolabors in Wuhan in der Provinz Hubei zurückzuführen. Was dazu zu sagen ist, hat die chinesische Botschaft in Berlin dem Chefredakteur der BILD-Zeitung ins Stammbuch geschrieben. (12)

Den Vorwurf fehlender Objektivität und Sachlichkeit hätte die Tagesschau getrost auch auf sich beziehen können. Die ARD unterhält zwar in Berlin ein „Hauptstadt-Studio“ mit sage und schreibe 75 journalistischen Mitarbeitern. (13) Dass dort jemals der Botschafter der VR China in Deutschland zu Gast gewesen oder von den ARD-Leuten in seinem Amtssitz um die Sichtweise seiner Regierung gebeten worden wäre, ist allerdings nicht erinnerlich. Wohl aber, dass sich die Tagesschau stets darauf beschränkt, ähnlich wie BILD die absurden Schuldzuweisungen des US-Präsidenten Trump (14) zu verbreiten – ohne klaren Hinweis auf die Haltlosigkeit der Äußerungen dieses Psychopathen.

„Seit Wochen schon führt US-Präsident Donald Trump seine sehr eigene Auseinandersetzung mit der chinesischen Führung über den Ursprung des Corona-Virus. Während Trump dabei auch seine eigenen Motive haben mag, ist er mit der Forderung nach mehr Transparenz nicht alleine. Auch die Bundesregierung schloss sich dieser Position nun an.“  (15)

Bockmist-Journalismus.

Größere politische Tragweite hat die Hongkong-Invektive: Sie richtet sich gegen den Beschluss des Nationalen Volkskongresses, seinen Ständigen Ausschuss mit der Ausarbeitung eines „Hongkong-Sicherheitsgesetzes” zu beauftragen. (16) Tenor der diesbezüglichen Berichte: Beijing wolle sich für seine Einmischung in die Selbstverwaltung Hongkongs eine Grundlage außerhalb gültiger internationaler Abkommen verschaffen. Nach den tatsächlichen Motiven und Absichten der chinesischen Regierung wurde jedoch nicht gefragt. Ignoriert wurde zudem das Vertragsfundament, auf dem das neue Gesetz ruhen wird. Stattdessen dieser Schmäh:

„Schon im Vorfeld der Abstimmung verbot (sic!) sich die kommunistische Führung jegliche Einmischung.“ (ebd.)

Das beabsichtigte Gesetz soll Beijings Staatsorganen die Strafverfolgung von Terrorismus, Subversion und Separatismus sowie von Aktivitäten ausländischer Streitkräfte ermöglichen, falls die sich in Hongkong einmischen. Der westliche Kampagnenjournalismus überging in seinen Meldungen, dass das Gesetz auf Übertretungen und politische Verbrechen abzielt, die auch nach deutschem Strafrecht und in aller Welt ganz selbstverständlich verfolgt und geahndet werden: Hochverrat, Landesverrat, Landfriedensbruch, Bildung einer terroristischen Vereinigung, Nötigung von Verfassungsorganen, Hasskriminalität, Volksverhetzung etc. (17)

Man sollte meinen, ein ARD-Korrespondent in der Volksrepublik China sei in der Lage und willens, das sachlich zu reportieren. Doch Stefan Wurzel, für ARD und Deutschlandfunk tätiger Hörfunkjournalist, konnte schon sechs Tage vor dem Beschluss des Nationalen Volkskongresses in Beijing sein antichinesisches Wässerle nicht mehr halten:

“Hongkong-Sicherheitsgesetz zeigt Charakter der Führung in China” (18)

urteilte er und ließ das deutschsprachige Publikum wissen, wie böse doch diese chinesischen Kommunisten schon bisher waren, immer noch sind und auch in Zukunft sein werden. Nun denn, sein Audiobeitrag war als Kommentar ausgewiesen; wir haben Meinungsfreiheit, und deshalb durfte auch der Wurzel die Wurzeln seines Denkens bloßlegen. Es erübrigt sich, hier zu untersuchen, inwieweit er mit seinen abfälligen und gehässigen Sprüchen die Grenze zur verbotenen Hetze überschritt.

Zwei Wochen später publizierte ARD-aktuell einen Wurzel-Beitrag auf tagesschau.de, der allerdings zumindest partiell als AgitProp einzuordnen ist:

“Sie (gemeint sind Demonstranten) protestierten auch gegen das von Chinas Führung geplante „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong, mit dem die Autonomie der Stadt nach Ansicht der meisten Verfassungsrechtler außerhalb Chinas weiter ausgehöhlt wird”. (19)

„Die meisten Verfassungsrechtler außerhalb Chinas“: Liebe Tagesschauer, wenigstens zwei oder drei Namen aus den Abertausenden internationaler Verfassungsrechtler, konkrete Angaben nebst Kompetenz und Quelle, hätten hier schon geschmückt. Wir nehmen allerdings an, dass Wurzels Bewertung gar nicht von namhaften Verfassungsrechtlern stammt, sondern auf dem eigenen Mist gewachsen ist. Ein sehr gebräuchliches journalistisches Mätzchen: eine bloße Behauptung einfach als Gutachten anonymer Experten ausgeben und ihr damit unverdientes Gewicht verleihen.

Bemerkenswert, dass die Redaktion ARD-aktuell ihm das durchgehen ließ. Immerhin stellte sie seine schräge Behauptung zumindest indirekt richtig. Sie zitiert in einem durchaus lesenswerten Artikel einen Hongkonger „Aktivisten“ namens Joseph Cheng im Wortlaut:

„Für viele andere Mitglieder des prodemokratischen Lagers in Hongkong ist die Sache klar: Chinas Vorhaben sei eine Serie von Maßnahmen, die das Ende des Prinzips ‚ein Land, zwei Systeme‘ einläuten sollen. Aber, sagt Cheng: ‚Wir müssen zugeben, dass dies legal ist.‘(20)

Fürs simple Nachlesen im Vertrag über die Autonomie Hongkongs nach dem Wechsel aus britischer Kolonialherrschaft in chinesische Eigenverwaltung und für eine darauf Bezug nehmende, konsistente Berichterstattung reicht es bei ARD-aktuell eben einfach nicht. The Basic Law heißt das fragliche bei den Vereinten Nationen hinterlegte Dokument, ausgefertigt im Jahr 1997. Die entscheidende Passage:

„Für den Fall, dass der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses beschließt, dass aufgrund von Unruhen in der Sonderverwaltungsregion Hongkong, die die nationale Einheit oder Sicherheit gefährden und außerhalb der Kontrolle der Regierung der Region liegen, … kann die zentrale Volksregierung eine Anordnung erlassen, die die einschlägigen nationalen Gesetze in der Region anwendet.”(21)

Die selbstzerstörerischen Krawalle in Hongkong, von außen geschürt in der Absicht, Beijing zu schaden und einen Umsturz herbeizuführen, sind nun mal Fakt. Die Antwort des Nationalen Volkskongresses, Beijing zum Eingreifen in Hongkong zu bevollmächtigen, falls die Behörden der Insel mit den dortigen Rechtsbrüchen nicht selbst fertig werden, ist vertrags- und rechtskonform, auch aus internationaler Sicht. Das jedoch verschweigt die Tagesschau. Sie bevorzugt die antichinesische Meinungsmache.

Journalistische Wachsamkeit ist immer und überall geboten, auch gegenüber China, keine Frage. Aber einerseits gewalttätige Rowdies und ihre kriminellen Umtriebe (Brandstiftung und schwere Körperverletzung inbegriffen) als „politische Opposition“ und „Demokratiebewegung“ zu beweihräuchern und andererseits die legitimen Gegenreaktionen der zuständigen Regierung hysterisch als freiheitsverletzend anzuprangern, obwohl Beijing eben erst einen Gesetzentwurf anvisiert, das ist mehr als unredlich.

Weit mehr journalistische Aufmerksamkeit müsste der Möglichkeit gelten, dass Beijing den Hongkong-Vertrag mit Großbritannien suspendiert. Denn Premier Boris Johnson hat angekündigt, rund 3 Millionen Bürger Hongkongs als “Auslandsbriten“ anzuerkennen und sie mit entsprechenden Pässen samt Einreiseerlaubnis nach Großbritannien auszustatten, inklusive die Option, die volle Staatsbürgerschaft in der neuen Heimat zu erwerben. (22) Wenn er das wahr macht, wäre jeder zwanzigste Brite ethnischer Chinese.

Die Gefahr liegt nahe, dass die Verantwortlichen in Beijing Johnsons Publicity-Vorstoß als Vertragsbruch betrachten und die Autonomie Hongkongs schon jetzt beenden, obwohl das vertraglich eigentlich erst vom Jahr 2047 an passieren darf. Bis dahin ist Hongkong zwar formal ein Teil der Volksrepublik China, kann sich aber nach dem Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ weitestgehend selbst verwalten. (23)

Statt eine zwar kritische, jedoch um Objektivität bemühte Berichterstattung zu organisieren, pflegt die ARD-aktuell ein sehr spezielles Verständnis vom Rundfunkstaatsvertrag, der im Paragraph 11 klipp und klar vorschreibt:

“…die Sendungen sollen … der Verständigung unter den Völkern dienen und auf ein diskriminierungsfreies Miteinander hinwirken“ (24)

Das hält die ARD-aktuell nicht davon ab, verächtlich und desinformativ über Beijing herzuziehen. Neben dem Shanghai-Korrespondenten Wurzel glänzt auch die Beijing-ARD-Korrespondentin Tamara Anthony mit Verbreitung gehässiger Stereotype und unsachlicher Unterstellungen:

„China strotzt nach der Corona-Pandemie vor Selbstbewusstsein … die Antwort der EU auf bisherige Übergriffe von China: Viele Worte, keine Taten … Der EU-China-Gipfel im September findet unter deutscher Ratspräsidentschaft statt. Dort wird sich zeigen, ob Deutschland klare Kante zeigt … Langfristig kann der Westen kein Interesse haben an einer Weltordnung chinesischer Prägung.“ (25)

Kaiser Willem Zwo lässt grüßen. (26) Die Tagesschau ignoriert übrigens wie auch weite Teile des Berliner Regierungs- und Parlamentsbetriebes eine seit 20 Jahren gültige „Deutsch-Chinesische Vereinbarung zum Austausch und der Zusammenarbeit im Rechtsbereich“. (27) Darin haben sich beide Staaten bereiterklärt, „durch den gegenseitigen Austausch die nützlichen Erfahrungen der anderen Seite zu studieren und sich diese zu Nutzen zu machen”.

Wer solche Verträge abschließt, handelt unanständig, wenn er danach immer noch lautstark an die Öffentlichkeit geht und den Partner diskreditiert, ohne ihn vorher zu kontaktieren. In diesem Sinne unentschuldbar sind auch die unsachlichen und fallweise dummdreisten Redebeiträge in der Bundestagsdebatte (!) über den Beschluss des chinesischen Nationalen Volkskongresses. (28)

Stefan Liebich, Die Linke:

„Wir sollten als Bundestag reagieren. Man darf erwarten, dass die Bundesregierung auf die Einhaltung völkerrechtlich bindender Verträge drängt. Da sollten wirtschaftliche Interessen Angela Merkel und Heiko Maas nicht verstummen lassen.“ (ebd.)

Auf was will er denn hinaus, dieser „Oppositions“politiker der Linkspartei? Er mault rum, wenn der Heiko ausnahmsweise mal die Klappe hält? Reicht es denn nicht, dass Maas sich eben erst zu den Gewaltexzessen in den USA ausließ? Sein Zwei-Satz-Kommentar, unnachahmlich in Inhalt, Stil und Prägnanz:

„Covid-19 bedroht nicht nur Leben, Gesundheit und Wohlstand, gerade der Schwächsten. Das Virus nährt (sic!) auch Rassismus und Antisemitismus weltweit”. (29)

Und trotzdem verlangt Liebich von dieser Type noch was über Hongkong?

Wir hoffen doch ohnedies schon, dass bald ein kombinierter Impfstoff gegen Corona, Rassismus, Antisemitismus und versuchte Volksverblödung auf den Markt kommt. Vor ministeriellen, parlamentarischen und journalistischen Dummschwätzern wird er uns allerdings auch nicht schützen. Gegen die ist bekanntlich kein Kraut gewachsen.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/322360/umfrage/wachstum-des-bruttoinlandsprodukts-bip-in-hongkong/
(2) https://www.censtatd.gov.hk/press_release/pressReleaseDetail.jsp?charsetID=1&pressRID=4606
(3) https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/proteste-in-hongkong-die-verschwoerung-der-usa-16329988.html
(4) https://www.srf.ch/news/international/unruhen-in-hongkong-genuegend-beweise-dass-die-usa-hinter-den-protesten-stecken
(5) https://www.neues-deutschland.de/artikel/1125687.joshua-wong-werben-um-druck-auf-peking.html
(6) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-306265.html
(7) https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/blogs/Hilbig_Sven/menschenrechte_als_versprechen.pdf
(8) https://www.chinadailyhk.com/articles/77/119/110/1566031119892.html
(9) https://www.boell.de/sites/default/files/Endf_Studie_China-Berichterstattung.pdf  S.12
(10) Jörg Kronauer, Der Rivale, Konkret Texte 76, 2019 S. 260
(11) https://www.tagesschau.de/faktenfinder/coronavirus-wuhan-labor-101.html
(12) http://de.china-embassy.org/det/sgyw/t1770161.htm
(13) https://www.ard.de/home/die-ard/fakten/ARD_Hauptstadtstudio/552650/index.html
(14) https://www.handelsblatt.com/politik/international/coronavirus-trump-droht-china-mit-konsequenzen-und-nennt-kritik-an-eigener-politik-hexenjagd/25753312.html?ticket=ST-1644039-MGarCPGezAVNhgEWaC9X-ap1
(15) https://www.tagesschau.de/inland/china-corona-117.html
(16) https://www.tagesschau.de/ausland/china-volkskongress-beschluesse-101.html
(17)  https://www.bbc.com/news/world-asia-china-52829176
(18) https://www.tagesschau.de/multimedia/audio/audio-90175.html
(19) https://www.tagesschau.de/ausland/tiananmen-gedenken-103.html
(20) https://www.tagesschau.de/ausland/hongkong-sicherheitsgesetz-105.html
(21) https://www.basiclaw.gov.hk/en/basiclawtext/images/basiclaw_full_text_en.pdf
(22) https://www.tagesschau.de/ausland/hongkong-grossbritannien-einwanderungsangebot-101.html
(23) https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/hongkong-node/sonderstatus-hongkong/2239262
(24) https://www.ard.de/home/die-ard/fakten/Programmgrundsaetze/554870/index.html
(25) https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-708197.html
(26)  https://www.wilhelm-der-zweite.de/kaiser/kritik_hunnenrede.php
(27) https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF/Themenseiten/EuropaUndInternationaleZusammenarbeit/Deutsch_Chinesische%20_Vereinbarung_zu_dem_Austausch_und_der_Zusammenarbeit_im_Rechtsbereich.pdf?__blob=publicationFile&v=3
(28) https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19164.pdf#P.20425
29) https://twitter.com/HeikoMaas/status/1268070832087150592.

 Das Autoren-Team: 

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Friedhelm Klinkhammer, Jahrgang 1944, Jurist. 1975 bis 2008 Mitarbeiter des NDR, zeitweise Vorsitzender des NDR-Gesamtpersonalrats und des ver.di-Betriebsverbandes sowie Referent einer Funkhausdirektorin.

Volker Bräutigam, Jahrgang 1941, Redakteur. 1975 bis 1996 Mitarbeiter des NDR, zunächst in der Tagesschau, von 1992 an in der Kulturredaktion für N3. Danach Lehrauftrag an der Fu-Jen-Universität in Taipeh.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert:

„I can’t breathe“, sagt Journalist Ralph T. Niemeyer und fragt: Quo vadis Deutschland? Er findet: Es ist Zeit für den Maskenfall

„Der Weltuntergang ging mal wieder schief, scheint es“, schreibt der Journalist Ralph T. Niemeyer zu seinem aktuellen Video auf You Tube. Und weiter: „Nach einem geplatztem Weltuntergang muss man völlig umdenken. Politik und Wirtschaft zögen an einem Strang, heißt es immer, aber die Frage ist, wer am anderen Ende ‚dranhängt?! Ein Plädoyer für ein neues, soziales, nachhaltiges und friedliches Wirtschaftssystem!“

Ralph T. Niemeyer blickt auf eine langjährige Arbeit als Journalist zurück. Aus seinen Erfahrungen und Begegnungen mit Politikerin speist sich das, was er hier zu sagen hat.

„I can’t breathe“, sagt er und: „Es Zeit, Zeit für den Maskenfall.“ Interessante Gedanken und Vorschläge betreffs einer neuen Gesellschaft bekommen wir hier zu hören und zu bedenken. Viele von uns dürften wissen, dass es mit dem die Gesellschaft zerstörenden Neoliberalismus so nicht weitergehen kann.

Ist die Corona-Krise eine Chance, endlich einen Wandel ins Werk zu setzen? Nötig jedenfalls ist dieser dringend.

Zu Gast bei Keuninghaus to go: Die neue Intendantin des Schauspiels Dortmund, Julia Wissert

Für Stammgäste vom „Talk im DKH“ wie mich – einer im Laufe der Zeit immer beliebter gewordenen Veranstaltungsreihe des Dortmunder Dietrich-

Autor Aladin El-Mafaalani im Gespräch mit Julia Wissert. Archivbild: Claus Stille

Keuning-Hauses, ist es schmerzlich, dass der Talk aufgrund der Corona-Krise derzeit mit Publikum nicht durchführbar ist. Aber immerhin hatten die Veranstalter die Idee „Keuninghaus to go“ online anzubieten.

Diesmal zu Gast die Regisseurin und neue Intendantin des Dortmunder Schauspielhauses, Julia Wissert. Sie ist die Nachfolgerin von Kay Voges, der

Moderatorin Julia Wissert beim Talk im DKH. Archivbild: Claus Stille

zum Direktor des Volkstheaters Wien berufen wurde und kürzlich verabschiedet worden war.

Wirklich eines der interessantesten Gespräch bisher. Moderator Aladin El Mafaalani sprach mit Julia Wissert über die Erfahrungen einer PoC (Person of Colour) und eines Arbeiterkindes auf dem Weg zur Intendantin, über ihr erstes Mal in der „Gelben Wand“ bei BVB, über Rassismus und Möglichkeiten, ihn im Theater zu thematisieren.

Wissert erzählt, dass sie eigentlich nur zum Theater gekommen sei, weil man sie in der Straßenbahn angesprochen und gefragt hatte, ob sie eine Regie-Hospitanz am Theater machen wolle …

Ein interessantes Gespräch, wie bereits angemerkt. Meinen Leser*innen unbedingt empfohlen!

Quelle: Keuninghaus to go/You Tube/Kamera & Postproduktion: Dennis Treu Sascha Bisley

Wiederentdeckt – Loic Wacquant: Bestrafen der Armen. Zur neoliberalen Regierung der sozialen Unsicherheit

Der Autor hat den Strafrechtsstaat in den USA einer gründlichen Analyse unterzogen. Damit gewinne man, schreibt er auf Seite 41, „unentbehrliches Material für eine historische Anthropologie der sich derzeit vollziehenden Erfindung des Neoliberalismus, denn seit dem Bruch Mitte der 1970er Jahre war Amerika der theoretische und praktische Motor der Entwicklung und weltweiten Ausbreitung eines politischen Projektes, dessen Ziel es ist, alle menschliche Tätigkeit der Vormundschaft des Marktes zu unterstellen“. Das bedeutet eben auch die Menschen in „Würdige“ und „Unwürdige“ einzuteilen. Will sagen: Nützliche und überflüssige Menschen. Millionen Menschen dümpeln in den USA von prekärem Job zu prekärem Job.

 

Wieder andere landen wegen der eingeführten „Nulltoleranz“ schon wegen Bagatelldelikten im Gefängnis. Neben dem die Menschen drückenden und unter Kontrolle stellenden und bei Verstössen gegen die Auflagen sanktionierendem System des workfare kommt für einen Teil der Überflüssigen ein anderes in Anwendung, das prisonfare. Der Autor spricht von einer „Gefängnisbulimie“. Seit den 1970er Jahren stieg die Zahl der in den USA Inhaftierten stetig an. Nach der Reform des Sozialstaats in der Amtszeit des Präsidenten Bill Clinton im Jahre 1996 bei der die Ärmsten der Armen noch einmal tiefe Einschnitte hinnehmen mussten, erfolgte überdies eine Verschärfung des Strafrechts. Sicherheitsfirmen hatten Hochkonjunktur. Private Gefängnisse – geradezu ein regelrechter Gefängnisinkomplex entstand – hatten sozusagen Hochkonjunktur.

 

Wacquant nimmt den Leser mit auf eine Reise des Grauens  in das „US-amerikanische Gefängnis-Archipel“. Gefangene werden zwischen den einzelnen Bundesstaaten hin und her verschoben. Die Anstalten seien, notiert der Autor, nicht selten bist zum Bersten überfüllt. Einmal ist davon die Rede, wie Neuankömmlinge vor Gefängnissen mit Bussen sogar hin- und hergekarrt werden (müssen), bis endlich wieder Plätze im Knast frei werden. Die frischen Gefangenen dürfen dabei die Busse auch bei brütender Hitze nicht verlassen. Nicht selten sind sie gezwungen darin zu urinieren. In ihrer Platznot griff New York sogar auf Gefängnislastkähne zurück. Unmenschliche Zustände, die den Leser tief beeindrucken, ja: im Innersten bedrücken dürften! Diese Zustände bedenkend, dämmert einen an mancher Buchstelle, woher das kommen mag, dass Gefangene der USA in Guantánamo und anderso wie Vieh oder noch schlimmer behandelt werden. Manches mal möchte man ob des Beschriebenen angewidert und wütend das Buch sinken lassen. Doch nur Mut: Wir sollten diese Zustände und die „Denke“ die sich hinter diesem menschenunwürdigen System steht unbedingt zur Kenntnis nehmen. All dies hat auch mit der Geschichte der USA zu tun, wie Wacquant ausführt. Gewiss auch mit der Sklaverei und der Rassentrennung.

 

Scheinlösungen, der Einfluss der Medien und intellektueller Schwindel

Uns Europäer sollte vor allem schwer zu denken geben, wieso einige unserer Regierungen (und von denen ausgerechnet auch noch sozialistisch, sozialdemokratisch geführte wie die von Lionel Jospin (Frankreich), Tony Blair (Großbritannien) und BRD (Schröder) Anleihen beim US-amerikanischen workfare und prisonfare genommen haben. Gewiss hat dies mit neoliberalen Einflüsterungen seitens Kapital und Großkonzernen zu tun. Wacquant geht besonders auf das Beispiel Frankreich bezogen sehr genau darauf ein. Dabei kommt ihm (und uns) zugute, dass er sowohl in den USA als auch in Frankreich forscht. Hauptsächlich dort, konstatiert er, sei diese US-amerikanische Nulltoleranz-Politik und Wegsperrmentalität stark abgekupfert worden. Auch andere westeuropäische Politiker seien regelmäßig in die USA gepilgert um sich von diesem System überzeugen zu lassen und in der Heimat schließlich als Heilmittel zu preisen. Dabei entbehren diese US-amerikanischen Heilmittel, erfahren wir, hauptsächlich die angeblichen Erfolge auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung meist jeder wissenschaftlichen Untermauerung.

Rückgänge von Kriminalität – so etwa die der Stadt New York betreffend, welche dem Bürgermeister Rudolph Guiliani zugeschrieben werden – hätten ganz andere Ursachen. Das Wegsperren sei viel mehr politisch gewollt. Auch gauckelten gewisse Fernsehsendungen die Notwendigkeit und Nützlichkeit dessen tagtäglich vor. Es werde damit auch ein bei den Zuschauern vorhandener Voyeurismus bedient. Denen würden Schreckensszenarien präsentiert. Immer wieder auch über der angeblich an jeder Ecke lauernden Gefahr durch Kinderschänder. Ehemalige Straftäter werden in den USA in manchen Bundesstaaten für jedermann öffentlich gemacht. Förmliche Hetzjagden finden statt. Dabei hat die medial und durch manche Law-and-order-Politiker heraufbeschworene Gefahr überhaupt nichts mit der Wirklichkeit zutun. Längst schwappt Ähnliches nach Europa über. Auch Theorien, wie die, dass jede noch so kleine Tat, etwa ein von jemanden zerschlagenes Fenster (Broken-Windows-Theorie) automatisch weitere, sogar schlimmere, Verbrechen auslöse. Dazu zählt auch die Ausweitung des Nehmens von DNA-Proben auch von Tätern, welche keine Sexualstraftaten begangen haben.

Äußerst bedenklich ist, dass derlei Theorien (offenbar auch gegen den Rat von hiesigen Wissenschaftlern, die es aus Praxisstudien besser wissen) aus den USA nach Westeuropa importiert werden! Loïc Wacquant schreibt auf Seite 273

„In Wirklichkeit sind die vier Hauptsätze der neuen Sicherheitsbibel ‚made in USA‘, die nun überall in Westeuropa Verbreitung findet, bar jeder wissenschaftlichen Gültigkeit, und ihre praktische Wirksamkeit beruht auf einem kollektiven Glauben, der jeder realen Grundlage entbehrt. Aber dergestalt miteinander verknüpft, funktionieren sie als weltweite Abschussrampe für einen intellektuellen Schwindel und eine Übung in politischen Taschenspielertricks, die, indem sie einem extensiven Polizeiaktivismus eine pseudo-akademische Beglaubigung erteilen, massiv zur Legitimierung der Wende zum strafrechtlichen Management der sozialen Unsicherheit beitragen, die der Staat durch seinen sozialen und ökonomischen Rückzug allerorts erzeugt“.

Ein Sozialstaubsauger (!), der den menschlichen Abfall beseitigt

Dazu gehört trauigerweise, was Wacquant auf Seite 278 im Hinblick auf die Verhältnisse in Frankreich („Wegsperr-Verirrung á la francaise“) sagt:

„Doch der Einsatz des Gefängnisses als eine Art Sozialstaubsauger, der den menschlichen Abfall der derzeitigen ökonomischen Transformation beseitigt und die Schlacke der Marktgesellschaft – die kleinen Gelegenheitsgauner, die Arbeits- und Mittellosen, die Obdachlosen und die Immigranten ohne Papiere, die Drogenabhänigen, Behinderten und psychisch Kranken, die durch die Maschen des ausgleierten Netzes von Gesundheitswesen und sozialer Sicherheit gefallen sind, sowie Jugendliche aus den Unterschichten, die durch die Normalisierung der prekären Lohnarbeit zu einem Leben mit marginalen Jobs und Durchwursteln bestimmt sind- aus dem öffentlichen Raum entfernt, ist eine Verirrung im strengen Sinne des Wortes, eine „abberration“, wie sie das Wörterbuch der Académie francaise aus dem Jahre 1835 definiert: eine“geistige Verwirrung“ und ein „Irrtum“, politisch wie strafrechtlich.“

Das Regieren mit der sozialen Unsicherheit: letzten Endes demokratiezersetzend

Zum Ende kommt der Autor mit „Theoretischer Schlusspunkt: Ein Abriss des neoliberalen Staates“. Wir erfahren noch einmal wie soziale Unsicherheiten dem neoliberalen System sozusagen zuarbeiten. Wie „workfare“ und „prisonfare“ dabei ihren jeweiligen perfiden Zweck erfüllen und zusammenkommen (ab Seite 293), sowie welche „theoretische (Nach-)Wirkungen dabei zu konstatieren sind. Und wie mit dieser sozialen Unsicherheit regiert wird, um die Überflüssigen in der Gesellschaft zu binden, aus dem Gesichtsfeld der Gesellschaft zu vertreiben, sie irgendwie zu vernutzen oder im Gefängnis wegzusperren mittelles eines rigorosen Strafrechtsstaates. Viele Menschen kommen aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus. Nicht Wenige stolpern von „workfare“- ins „prisonfare“-System.

So oder so geraten sie zwischen eine Art von Mühlsteinen, werden psychisch und physisch zermalmt. Mehrmals im Buch muss man sich fragen: Warum machen die Menschen das eigentlich mit? Wieso begehren sie nicht zu Millionen auf? Das neoliberale System fördert die Schwächung des Staates (in den USA ohnehin von jeher nicht gut angesehen). Jedoch – und das scheinen selbst manche Linke nicht zu bemerken: Der Staat wird vor allem betreffs einer gerechten Sozialpolitik amputiert und seiner Mittel beraubt, die etwa der Bekämpfung von Wirtschaftsverbrechen dienen. Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise ist das beste Beispiel: Wer von den daran Schuldigen wurde für Millionen in die Armut gestürzte Menschen zur Rechenschaft gezogen? Das staatliche Gewaltmonopol wird allerdings da und dann verschärft, wenn es um das Niederhalten eventuell aufbegehrenden Massen von Armen geht. Sogar können sich manche Politiker den Einsatz der Armee zur „Aufstandsbekämpfung“ denken.

Das Buch zeichnet ein düsteres Bild von der Realität. Es ist nichts daran erfunden. Es ist immer da. Nur nicht alle von uns wollen oder können es sehen. Wir alle jedoch sollten nicht wegsehen, sondern uns unsere Gedanken machen und Schlüsse daraus ziehen. Das vom Autor nach gründlichen Forschungen gefertigte Bild denkt in den vergangenen zwei Jahrzehnten neoliberalistischen Wütens zutage getretene Erscheinungen zusammen, die auf den ersten Blick nicht zusammengehören zu scheinen. Derregulierungen spielen eine Rolle und das Ausufern prekärer Tätigkeiten.

Das Schwächen oder gar Zerstören von von Sozialsystemen gehört ebenfalls dazu. Besonders ein Rollback zugunsten einer straffixierten Wende in der Strafrechtspolitik muss uns zu denken geben. Das Gefängnis, müssen wir nach der Lektüre von Wacquants Buch erkennen, ist wie schon einmal in längst vergangenen Zeiten – seitens herrschender Politik, von populistischer Begleitung bestimmter Medien sekundiert, gewollt – zur Aufgabe zurückkehrt Teile der Bevölkerung oder problematische Räume in unserer Gesellschaft zu zähmen, die sich der neu entstehenden Wirtschafts- und Moralordnung nicht fügen wollen. Sollten wir nicht endlich aufmerken? Warum, das schreibt Wacquant auf Seite 316: „Die Einführung des neuen Regierens mit der sozialen Unsicherheit offenbart letzten Endes, dass der Neoliberalismus seinem Wesen nach demokratiezersetzend ist.“

Lektüre des Buches regt zum Nachdenken an

Das Buch sei möglichst vielen Menschen ans Herz gelegt und hiermit mit Hintersinn – nämlich den, endlich erkennen zu mögen, um endlich, um mit dem verstorbenen Stéphane Hessel zu sprechen von einem „Empört euch!“ zu einem Handelt!, zu kommen. Gewiss ist dieses auf einer wissenschaftliche Studie basierende, dementsprechend verfasste Werk Wacquants nicht zu lesen, ohne, dass es im Hirnskasten knackt. Dennoch: Ich verspreche, die Leserinnen und Leser werden nach der Lektüre nachzudenken zu beginnen. Die vorliegende Sozialstudie gibt nämlich erschreckende Kunde von gegenwärtigen gesellschaftlichen Zuständen. Das Buch zeichnet ein eigentlich unsere Gesellschaft aufschrecken müssendes Bild von einem neuem Regime sozialer Ungleichheit. Und entdeckt uns die Folgen von Globalisierung, Deregulierung und Sozialabbau die der Siegeszug eines eiskalten Neoliberalismus im Verlaufe von zwei Jahrzehnten mit sich gebracht hat und weiter mit sich bringen wird. Sind das Vorboten einer Regierung der sozialen Unsicherheit? Bei einem Blick auf teils düsterer gesellschaftlichen Zustände derzeit, beschleicht einen als Leser dieses Buches fast der Verdacht, ein solches Regieren sei längst auf den Weg gebracht. Der Verlag Barbara Budrich nennt „Bestrafen der Armen“ zu Recht ein mutiges Buch. Kein Buch für schwache Nerven. Aber nötig! Wird es auch seinen Leserinnen und Lesern zu Mut verhelfen, die Dinge so nicht länger hinzunehmen? Die Studie Professor Wacquants enthält genügend Handfestes, um dem Neoliberalismus die Maske vom Gesicht zu reißen, um dessen ihm zugrundeliegende menschenverachtende Ideologie kenntlich zu machen.

Das Buch

Loic Wacquant: Bestrafen der Armen. Zur neuen Regierung der sozialen Unsicherheit. Verlag Barbara Budrich (Opladen – Berlin – Toronto) 2013, 2. durchgesehene Auflage (Aus dem Französischen von Hella Beister). 359 Seiten, Karton, ISBN 978-3-8474-0121-6,eBook: 978-3-8474-0378-4 ,39,90 € (D), , 49,90 sFr (CH), 40,10 € (A)

Originaltitel: Punir les pauvres.

Der Autor:

Loïc Wacquant – Professor für Soziologie an der University of California, Berkeley und Wissenschaftler am Centre de sociologie européenne, Paris unterstützt mit dem Kernelement Partizipation demokratische Vorgehensweisen und nimmt mit der Gleichzeitigkeit lokaler und globaler Bezüge auch den entscheidenden Aspekt der generationalen Gerechtigkeit in den Blick.

Verlag Barbara Budrich – Stauffenbergstr. 7 – D-51379 Leverkusen-Oplad