Europaabgeordneter Sven Giegold referierte in Dortmund: „Wer die EU vorschnell verdammt, macht aus meiner Sicht einen schweren Fehler“

Till Strucksberg (Attac-Regionalgruppe Dortmund), Sven (Giegold, MdEP), Birgit Weinbrenner (Ev. Akademie Villigst) und Klaus Wegener Präsident Auslandsgesellschaft NRW e.V.) Foto (v.l.n.r): Claus Stille

Die EU ist vielfach in der Krise. Ein Rechtsruck geht durch Europa. Antieuropäische Populisten und Fremdenfeindlichkeit haben in vielen Mitgliedsländern Oberwasser. Wirtschaftliche und soziale Ungleichheit verstärken die breite Unzufriedenheit mit der EU. Das gefährdet zunehmend die größten Errungenschaften des Projekts Europa: Das Zusammenwachsen des Kontinents und den Frieden. Darüber zu sprechen war Sven Giegold, Europaabgeordneter aus NRW und Sprecher der deutschen Grünen im EU-Parlament sowie Obmann der grünen Fraktion im Ausschuss für Wirtschafts- und Finanzpolitik, am Dienstag dieser Woche in die Auslandsgesellschaft NRW nach Dortmund gekommen.

Sven Giegold sieht keine Alternative zur EU

Schon nach wenigen Worten seines Referates wurde klar: Giegold, seit 2009 Abgeordneter im Europäischen Parlament, verkennt nicht was schief und unglücklich läuft in der EU. Jedoch tritt er Kritikern, welche zur EU nur noch sagen: „Hau wech den Scheiß“, vehement entgegen. Seine schwer wegzuwischenden Argumente: Auch in den Nationalstaaten laufe so manches falsch. Zudem wären diese oftmals gar nicht in der Lage große Herausforderungen – Giegold führte als Beispiel den Klimaschutz an – allein zu stemmen.

Bittere Fragen, die in der europäischen Politik schwer zu lösen sind

Zunächst sprach Sven Giegold in den letzten Jahren erfolgten Rechtsruck in der EU und auch hier in Deutschland an. Diese Rechtsparteien, so der Politiker, „werben dafür das Europäische Projekt zurück abzuwickeln“. Gründe dafür seien große, bittere Fragen, die in der europäischen Politik schwer zu lösen sind. Die Menschen zu recht zweifeln ließen. Das erste sei, das Europa ja ganz bewusst – wie in den Europäischen Verträgen zu lesen – nicht „als Zugewinngemeinschaft im wirtschaftlichen Sinne, sondern als Wertegemeinschaft“ gegründet worden sein. „In den letzten Jahren“, schätzte Sven Giegold ein, „ist es in Europa an die Grundwerte gegangen“. Als Beispiele führte er Ungarn unter Viktor Orban an, „der Wahlkampf mit antisemitischen Ressentiments“ und gegen Flüchtlinge gemacht habe sowie dafür sorge, dass die Presse in die Hände von Leuten gelange, die ihm politisch nahestehen. Des Weiteren sei die Steueroase Malta ein Problem, „wo nach wir vor zwei korrupte Minister im Amt sind“. Zypern hänge „massiv am Schwarzgeld aus Russland“. Auch die Morde an Journalisten in Malta und der Slowakei seien bedenkliche Anzeichen.

Wo es knirscht in der EU: die Euro- und die Flüchtlingskrise

Giegold nannte als einschneidendes Problem auch das Handeln von EU-Staaten in der Flüchtlingskrise. Das habe auch ein schlechtes Licht auf Deutschland geworfen. Jahrelang hätten die EU-Außenstaaten Ländern wie Deutschland die Flüchtlinge vom Hals gehalten. Deren Sorgen habe Berlin jedoch nicht hören wollen. Dann seien 2015 die Türen geöffnet worden. Giegold: „Deutschland entdeckte seine Liebe zur Solidarität.“ Berlin habe erwartet, dass andere Staaten die Flüchtlinge nach einem Verteilungsschlüssel übernehmen, „ohne dass es dazu eine europaweite Debatte gab“. Unterdessen sei Deutschland längst wieder umgeschwenkt und dafür die Flüchtlinge an den Außengrenzen der EU abzuwehren. „Das Gegenteil von dem was Menschenwürde eigentlich bedeute“, skandalisierte Sven Giegold. Das Handeln Deutschlands – den anderen Staaten Flüchtlinge sozusagen aufzwingen zu wollen – habe zu enormen Spannungen in der EU geführt. Die Euro-Krise sei das dritte große Thema, „wo es knirscht“. Es fehle an einer gemeinsamen Steuerpolitik. In der Praxis führe das zum Dumping. „Andere Länder empfinden, dass sie für eine Krise zahlen mussten, die sie gar nicht bestellt hatten.“ Stichwort: Kredite an Griechenland, Portugal, Spanien und Irland.

Die Länder wiederum, welche die Kredite empfingen, hätten harte Auflagen erfüllen müssen. Die Lasten landeten einseitig bei den ärmeren Bevölkerungsschichten, erinnerte Sven Giegold. „Was dort zu einem enormen Unwohlsein geführt hat.“

Der Unmut über die aufscheinenden Probleme in Europa wächst

Viele Leute bezweifelten heute, dass es ihnen besser als früher gehe. Das ursprünglich Versprechen der EU auf eine Erhöhung des Wohlstandes bröckele, merkte der Grünen-Politiker an. Der Unmut in Europa über die aufscheinenden Probleme dort wüchsen. Und diese dürften, da zeigte Giegold sicher, bei den Europawahlen im nächsten Jahr zu entsprechenden Reaktionen führen.

Die unerträgliche Arroganz Deutschlands

Deutschland schrieb Sven Giegold ins Stammbuch. Übel sei es, wenn derjenige, der gestärkt aus einer Krise hervorgegangen ist – wie eben der einstige „kranke Mann Europas“, Deutschland – in Brüssel, in den Medien „immer noch erzählt, ihr seid blöd und wir Deutschen wissen wie es geht und ihr müsst alle nur so werden wie wir und euch mal am Riemen reißen, dann wird’s schon“.

„Diese Schäuble-Art, diese Reden im Bundestag – Sie müssen sich mal anhören, wie das etwa in Italien ankommt“, erklärte Giegold und schickte hinterher: „Dieses Besetzen von Plätzen mit Handtüchern, dass hat man uns ja noch irgendwie nachgesehen, aber diese politische Arroganz ist unerträglich.“

Europas Einfluss oft zu gering

Der Referent wies auf die derzeit schwelenden schweren Konflikte in der Welt und das Thema Frieden hin: „Wie soll ein einzelner Staat dazu beitragen, dass es etwas friedlicher zugeht auf der Welt?“ Syrien etwa sei das klassische Beispiel, was passiert, wenn Europa keinen Einfluss ausübe. Ganz andere Mächte seien da am Start gewesen. Giegold nannte Russland, Saudi-Arabien und den Iran. Diese Aufzählung stieß bei einigen Zuhörern auf Unmut: Hätten nicht in erster Linie die USA genannt werden müssen? Ein Herr wandte ein: „Das ist ein geopolitischer Krieg!“ Giegold meinte die USA erwähnt zu haben. Hatte er aber nicht.

Was also wäre zu tun?

Den Rechtspopulisten könne man nicht nur entgegentreten mit Rationalität. Man müsse zunächst einmal sagen was man an Europa habe und bisher erreicht habe im positiven Sinne. Als gutes Beispiel führte Sven Giegold „zuspitzend“ eine Million „Erasmus-Babys“ an,

dadurch, dass Studierende heute international mobil seien. Sowie vier Millionen „Erasmus-Großeltern“, wo Familien über Grenzen hinweg Bande geknüpft hätten. Giegold: „Das ist ein unglaublicher Beitrag zur Völkerverständigung, der es viel viel schwerer macht wieder aufeinander loszugehen.“ Dennoch müsse zugegeben werden, dass „Europa in vielerlei Hinsicht inperfekt ist“. Als große Errungenschaft bezeichnete Giegold die europäische Gerichtsbarkeit (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte).

Eine europäisches Steuersystem bauen, für „dass alle ihren Beitrag leisten“ gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung

Für soziale Gerechtigkeit und mehr Solidarität in Europa sorgen könnte man, so Giegold, indem man ein Steuersystem baue, „dass dafür stehe, dass alle ihren Beitrag leisten“. Denn im Moment sei es ja so, dass die EU sehr viele Möglichkeiten bietet Steuern zu vermeiden oder zu hinterziehen: „Tausend Milliarden Euro gehen uns jährlich durch die Finanzkriminalität verloren.“

Es brauche einen europäischen Mindeststeuersatz.

Sven Giegold: Eine Trennung zwischen dem Geld der Mächtigen und der demokratischen Politik herstellen!

Im 19. Jahrhundert sei es gelungen „eine relative Trennung zwischen Kirche und Staat“ zu erreichen. „Eine absolute Voraussetzung für die Demokratisierung und Rechtsstaat“, erinnerte Giegold. Nun im 21. Jahrhundert stelle „sich die Frage ob es uns gelingt eine Trennung zwischen dem Geld der Mächtigen und der demokratischen Politik herzustellen“. Und Sven Giegold überzeugt: „Wenn wir das nicht schaffen, verlieren wir als demokratische Rechtsstaaten jeden Respekt vor den Bürgerinnen und Bürgern.“

Die europäische Einigung zu verdammen, wäre ein großer Fehler, meinte der Grünen-

Zusammenfassend, fand Sven Giegold, die europäische Einigung sei eine enorme Errungenschaft. „Und jeder der sie es vorschnell wegen Unzufriedenheit über Punkte verdammt, macht aus meiner Sicht einen schweren Fehler. In Europa laufen viele Dinge schief, genauso wie in Berlin, in NRW, in Dortmund – aber dass wir das haben ist die Voraussetzung dafür, dass wir demokratische Kontrolle zurückgewinnen. Deshalb lohnt es sich darüber zu streiten welche Richtung diese EU nimmt und ob sie demokratischer, solidarischer und ökologischer wird.“

Die sich an den Vortrag anschließende Frage- und Diskussionsrunde ließ noch einmal klarwerden, wie kritisch diese EU und ihr derzeitiges Erscheinungsbild von verschiedenen Köpfen im Saale mittlerweile bedacht und gesehen wird. Von Menschen übrigens, die gewiss keine EU-Gegner, sondern vielmehr sehr unzufrieden mit dem Ist-Zustand dieser Gemeinschaft sind. Dementsprechend kontrovers verlief dann auch die Diskussion. Till Strucksberg (Attac Dortmund) ging u.a. auf die vielen Visionen ein, die Giegold geäußert hatte – „die muss man auch haben“ – und beklagte, dass erreichten Erfolge bei den Protesten gegen TTIP und CETA nun wieder im Sande verliefen. Das Investitionsschutzabkommen EU etwa mit Japan rufe so gut wie keine Resonanz hervor, obwohl nun wieder in Geheimen verhandelt werde. Strucksberg meinte, er benötige „Nachhilfe“ von Sven Giegold wie etwa die von ihm geforderte einheitliche Besteuerung in der EU erreicht werden solle – selbst wenn die Grünen oder der fortschrittliche Teil der Abgeordneten einmal die Mehrheit im EU-Parlament haben sollte -, wenn doch alle 27 EU-Staaten zustimmen müssten. Eine Zuhörerin empfand das Vorgetragene als zu negativ. Ein Herr entgegnete: „So ist der momentane Zustand halt.“

Sven Giegold nahm sich viel Zeit für die Beantwortung der komplexen Fragen aus dem Publikum, welche eine komplexe Befassung damit notwendig machte.

Die interessante Veranstaltung – getragen von der Attac-Regionalgruppe Dortmund, dem DGB Dortmund-Hellweg sowie der Evangelischen Akademie Villigst – reizte die von Auslandsgesellschaft vorgesehenen Schlusszeit reichlich aus. Referent Giegold hatte, indem er die Vorzüge des Europäischen Projekts gegen deren nicht wenige, nicht weg zu retuschierenden Fehler, standhaft und im Brustton der Überzeugung verteidigte, sozusagen einen Ritt auf der Rasierklinge gewagt. Den Gesichtern so mancher Menschen im Publikum war abzulesen, wie aus deren Äußerungen in der Diskussion und den Gesprächen nach der Veranstaltung herauszuhören war, dass man aufgewühlt, wenig überzeugt oder gar enttäuscht nachhause gehen würde. Wie lautete noch einmal das Thema des Vortrags? „Europa gerecht umsteuern“! Dagegen dürfte gewissn keiner der Anwesenden gewesen sein. Ganz im Gegenteil. Nur der Glaube an die Umsetzung dieser hehren Worte fehlt wohl Vielen. Bliebe freilich noch die Hoffnung. Die stirbt bekanntlich zuletzt.

Was Sven Giegold dazu meint, stand in der Einladung zur Veranstaltung:

„Europa braucht mutige Verteidiger und konsequente Reformen. Wir wollen in Gemeinschaftsprojekte investieren, die Europa ökologisch, sozial und wirtschaftlich nach vorne bringen. Das kann Europa leicht bezahlen, wenn wir konsequent gegen Steuerdumping und Wirtschaftskriminalität vorgehen. Dafür braucht es an wichtigen Stellen mehr Europa. Doch mehr Europa wird nur breite Unterstützung finden, wenn Europa demokratischer und sozialer wird. Dazu gilt es, die Macht einflussreicher Lobbygruppen einzuschränken und die EU insgesamt transparenter, bürgernäher und solidarischer zu machen.“

DiEM25-Mitglieder entschieden mit „überwältigender Mehrheit“: Bewegung bleiben, aber Beteiligung an Wahlen

Als die GriechInnen „Oxi“, nein, zu den europäischen „Reformen“ gesagt hatten und darob von den „Institutionen“ noch schlimmer gedemütigt worden waren, schrieb ich: Europa ist gestorben (dazu u.a. hier). Europa meint selbstverständlich immer explizit die Europäische Union. Aber eigentlich begann der Sterbeprozess des oft als das großes Europäische Projekt, gar als Garant eines immer währenden Friedens in Europa bezeichnet wird, bereits vor längerer Zeit. Was natürlich auch mit der Fehlkonstruktion des Euros sowie mit den konkreten Auswirkungen dessen in Zusammenhang steht. Die Finanzkrise tat ein Übriges. Der Umgang mit dem Zustrom Geflüchteter, die Tatsache, dass das Mittelmeer zu einem Friedhof werden konnte und die EU zu einer Festung ausgebaut wird macht den Zustand der EU nicht besser.

Tot oder nicht tot oder nur weiter dahinsiechend – wie also weiter mit der EU? Fakt ist: so kann es nicht bleiben. Auf die Parteien in den EU-Staaten ist da wohl wenig Hoffnung zu setzen. Ein Driften nach Rechts ist zu konstatieren. Zuletzt in Österreich.

Es gibt mehrere Pläne von außerhalb der auch noch intransparent handelnden Eliten, die EU nicht über die Klippe springen zu lassen. Dafür jedoch müsste die EU jedoch entschieden verändert werden: Ja, sogar eine Neugründung erfahren.  Die vom ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis initierte DiEM25 (Democracy in Europe Movement 2025) ist eine davon. Und zwar eine linke paneuropäische politische Bewegung. Sie wurde am 9. Februar 2016 vom ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis in der Volksbühne Berlin vorgestellt (Wikipedia). Das Manifest von DiEM25 finden Sie hier. Den YouTube-Kanal hier.

Nun haben die Mitglieder von DiEM25 mit einem überwältigenden ‚Ja‘ dafür gestimmt, dass sich DiEM25 an Wahlen (auch nationalen) beteiligen so. Hier via DiEM25 das Ergebnis im Detail.

DiEM25 teilt mit:

„Diese Abstimmung mit einer Wahlbeteiligung von 72,98 % ist das Resultat eines gewaltigen Meinungsbildungsprozesses von monatelangen internen Debatten, hunderten von Änderungen und Verbesserungsvorschlägen von Mitgliedern weltweit, zwei Facebook Live Chats, einer Fragen-Antworten-Veröffentlichung und verschiedenen Artikeln. Dank an alle, die mit abgestimmt haben. Entscheidend ist, dass sich damit unsere Bewegung nicht in eine politische Partei verwandeln wird – vielmehr haben wir jetzt beide Möglichkeiten! Die heutige Entscheidung ist der Auftrag unserer Mitglieder, eine ‘Wahlplattform’ aufzubauen, mit der wir künftige Wahlen bestreiten können. Die Mitglieder von DiEM25 müssen sich nicht unseren Wahlkampagnen anschließen, wenn ihnen das lieber ist… aber jedes DiEM25 Mitglied wird sich weiterhin daran beteiligen, die Politik von DiEM25 in Europa zu gestalten!“

Wie geht es jetzt weiter?

DiEM25 führt weiter aus:

„Während das Establishment Politiker festsetzt in Katalonien und Künstler in Serbien, und wegschaut, wenn die Reichen Steuern hinterziehen, arbeiten wir weiter an Bündnissen mit progressiven politischen Akteuren auf allen Ebenen – national, kommunal und regional – um unsere Vorschläge zum Europäischen New Deal an die Wahlurnen zu bringen. Dazu gehören Razem in Polen, The Alternative in Dänemark, Tschechien, (wo zwei unserer Mitglieder kürzlich ins Parlament gewählt wurden) und progressive PolitikerInnen in Italien, Frankreich, Spanien, Kroatien und weiteren.Aber jetzt, bestärkt durch diese grundlegende Entscheidung unserer Mitglieder, sind wir auch so stabil, potenziell in Grundsatzfragen gegen politische Parteien anzutreten, mit denen keine Bündnisse möglich oder erwünscht sind.Wie immer werden das unsere Mitglieder entscheiden. Demnächst geht es um Fragen wie Wahlbeteiligung in welchen Ländern, mit welchem Programm und welchen Verbündeten – wenn du mitabstimmen willst, registrier dich einfach.

Europa zurückholen

„In diesen schwierigen Zeiten haben wir soeben ein Stück Hoffnung gewonnen“, ist sich DiEM25 sicher, „– wir holen uns Europa zurück!“

Die Hoffnung ist groß, dass die EU vom Holzweg des Neoliberalismus abgebracht und zu einem sozialen Europa der Menschen gestaltet werden kann. Es ist geradezu eine Notwendigkeit, wenn dieses Europa nicht über die Klippen gehen soll. Dass es sinngemäß mit Nietzsche gesprochen schon viel zu lange an einem Abgrund steht, in welchen es blickt – und dieser längst zurückblickt – sollte inzwischen immer mehr Europäerinnen und Europäern dämmern. Von den sogenannten Eliten, die in der EU dürfte keine Rettung zu erwarten sein: im Gegenteil. Diese Eliten sind schwach, lobbygesteuert und oft inkompetent. Und Visionen haben sie nicht. Weshalb sie zum Arzt sollten.

DiEM25 und die Menschen, welche die Bewegung mit Leben erfüllen, haben einen steinigen Weg vor sich. Ob er letztlich von Erfolg gekrönt sein wird, ist von einem langem Atem abhängig, der dazu nötig ist.

Von Vorteil kann sein, dass DiEM25 eine Bewegung bleiben und keine Partei werden will. So haben es mit Mitglieder entschieden. Gibt es eine Alternative zum ambitionierten Vorhaben von DiEM25? Kaum. Denn zu wareten bis der Karren gegen die täglich näher kommende Wand kracht, wäre verantwortungslos. Und der Schaden unfassbar hoch.

Vergangene Woche hatte Yanis Varoufakis zudem im Namen von DiEM 25 im Zentrum eines der aktuellen europäischen Krisenherde, in Barcelona, eine Pressekonferenz zur Katalonien-Krise gegeben. Er kritisierte dort den Umgang der EU mit dieser Krise als „heuchlerisch und inkohärent“. Es sei nicht hinnehmbar, so Varoufakis, dass eine demokratische EU die Kriminalisierung einer friedlichen Unabhängigkeitsbewegung toleriere. An die katalanische Regierung gewandt sagte er aber auch, dass Unabhängigkeit nicht einfach auf Grundlage knapper Mehrheiten von regionalen Autoritäten proklamiert werden könne.

Weitere Links zu DiEM25 hier und hier.

Was ist DiEM25?

DiEM25 ist eine europaweite, grenzüberschreitende Bewegung
von Demokraten. Wir glauben, dass die Europäische Union
dabei ist zu zerfallen. Die Europäer verlieren ihren Glauben
an die Möglichkeit, europäische Lösungen für europäische
Probleme zu finden. Zur gleichen Zeit wie das Vertrauen in
die EU schwindet, sehen wir einen Anstieg von
Menschenverachtung, Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus.

Wenn diese Entwicklung nicht beendet wird, befürchten wir
eine Rückkehr zu den 1930er Jahren. Deshalb sind wir trotz
unserer unterschiedlichen politischen Traditionen zusammen
gekommen, – Grüne, radikale und liberale Linke, – um die EU
zu reparieren. Die EU muss wieder eine Gemeinschaft für
gemeinsamen Wohlstand, Frieden und Solidarität für alle
Europäer werden. Wir müssen schnell handeln, bevor die
EU zerfällt.

Am Montag in Dortmund: Steffen Stierle referiert an der Auslandsgesellschaft zum Thema „Ist die EU noch demokratisch veränderbar? Und wenn – Wie kann das geschehen?“

Bekommen wir eine soziale und demokratischere EU hin, oder fliegt uns das Ding um die Ohren?; Foto: lupo via pixelio.de

Bekommen wir eine soziale und demokratischere EU hin, oder fliegt uns das Ding um die Ohren?; Foto: lupo via pixelio.de

Es ist alles andere als Schwarzmalerei, wenn man offen ausspricht, dass sich die Europäische Union in sehr schlechter – ja bedenklicher, in ihrer Existenz bedrohender – Verfassung befindet. Wir müssen der Realität ins Auge schauen. Die EU kann zerbrechen. Wie der Euro scheitern kann. Nur wann, ist die Frage. Einen Grund dafür nannte Prof. Klaus Bade als er in der Reihe „Wir schaffen das?!“, die sich der Geflüchtetenproblematik befasst, an der Fachhochschule Dortmund referierte: „Es habe sich gezeigt, dass die EU keine Wertegemeinschaft ist. Diese sei „schlicht und einfach eine Interessengemeinschaft“, in der Egoismus der einzelnen Nationalstaaten vorherrscht. Bade: „Daran kann die EU noch immer zerbrechen.“ (Dazu mein Bericht.)

Auf eine interessante Veranstaltung mit dem Thema „Ist die EU noch demokratisch veränderbar? Und wenn – Wie kann das geschehen?“ möchte ich hiermit aufmerksam machen. In einer Pressemitteilung informierte Attac Dortmund über die monatlichen Veranstaltung von Attac, DGB und Nachdenktreff. Am morgigen Montag ab 19 Uhr in der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund wird demzufolge diesmal Steffen Stierle zu Gast sein.

Zitat aus der Pressemitteilung

„Zwischen dem Versuch, die EU grundlegend zu reformieren,  bis zur Forderung,  aus der EU und der gemeinsamen Währung auszusteigen – das Feld der Europa-Debatte ist groß. Auf dem Hintergrund der Griechenland-Krise wurde die Frage eines „Grexit“ aufgeworfen und gefragt, ob eine linke, soziale, fortschrittliche Politik unter dem Euro-Regime überhaupt möglich ist.Inzwischen sind Initiativen wie Plan-B (Lafontaine/Mélenchon) und DiEM 25 (Varoufakis) oder „Euroexit“ gegen Sozialabbau entstanden. Vor allem im Gewerkschaftsbereich ist die Initiative „Europa neu begründen“ aktiv. Besonders mit dem „Brexit“ stellt sich verschärft die Frage eines Paradigmenwechsels in der Euro- und Europa-Debatte.“

Zum Referenten

Steffen Stierle ist Ökonom mit Schwerpunkt auf Politische Ökonomie der Europäischen Integration, Attac-Aktivist und Mitinitiator des Europäischen

Der Referent. Foto: via Attac

Der Referent. Foto: via Attac

Lexit-Netzwerkes und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag. Der Eintritt zu der Veranstaltung mit dem Titel „Exit, Neustart, Reform?  Alternativen und Diskussionen über die Krise der EU und das Euro-Regime“  ist frei.

Ort und Zeit der Veranstaltung

Montag, der 21.11., ab 19 Uhr in der Auslandsgesellschaft, Steinstr. 48, Nordausgang Hauptbahnhof Dortmund unweit des Cinestar.

In Dortmund diskutiert: „Wege zu einem sozialen und demokratischen Europa – gegen die Europäische Union durchsetzen!“

Bekommen wir ein soziale und demokratischere EU hin, oder fliegt und das Ding um die Ohren?; Foto: lupo via pixelio.de

Bekommen wir ein soziale und demokratischere EU hin, oder fliegt und das Ding um die Ohren?; Foto: lupo via pixelio.de

Europa, genauer: die Europäische Union, ist nach der Finanzmarktkrise und erst richtig betreffs der Reaktionen auf die große Zahl der Geflüchteten und dem unterschiedlichen Umgang mit ihnen in schwerer Krise befindlich. Zornig über den erpresserischen Umgang der „Institutionen“ mit der im letzten Jahr gewählten griechischen Regierung unter Führung von Alexis Tsipras – erst recht, nachdem die Griechen in einem Referendum „Oxi“, nein, zu den europäischen „Reformen“ gesagt hatten und darob noch schlimmer gedemütigt worden waren, schrieb ich: Europa ist gestorben. Tot. Aber eigentlich begann der Sterbeprozess des oft als das großes Europäische Projekt, gar als Garant eines immer währenden Friedens in Europa bezeichnet ward, bereits vor längerer Zeit. Was natürlich auch mit der Fehlkonstruktion des Euros sowie mit den konkreten Auswirkungen dessen in Zusammenhang steht. Tot oder nicht tot oder nur weiter dahinsiechend – wie also weiter mit der EU?

Diskussion in Dortmund: Wie zu einem sozialen und demokratischen Europa kommen?

Die Partei DIE LINKE Dortmund hatte am vergangenen Freitag zu einer Diskussionsveranstaltung ins Dietrich-Keuning-Haus eingeladen, wobei es genau um dieses Thema gehen sollte. Die Veranstaltung trug den Titel „Wege zu einem sozialen und demokratischen Europa – gegen die Europäische Union durchsetzen!“

Hierzu trugen ihre Standpunkte vor und diskutierten Andrej Hunko (MdB DIE LINKE),
Michael Aggelidis, Alexis Passadakis (Attac) sowie Anja Böttcher (Hellas-Solidarität). Katharina Schwabedissen (Blockupy), Martin Nees (ver.di Landesbezirk NRW) und Christian Leye (Mitglied des Landesvorstandes DIE LINKE NRW) hatten leider absagen müssen.

Input 1: Fragen also über Fragen

Dr. Bernd Tenbensel (Mitglied des Kreisvorstandes DIE LINKE, Dortmund) eröffnete den Reigen mit dem ersten Inputreferat. „Für viele“, so hub er an, „sei die EU ja zum Synonym geworden für Beschneidung von sozialen und demokratischen Rechten, für viele auch für Verelendung.“ Womit er auf die Situation der Menschen in Griechenland anspielte. Welche Alternative stelle sich? Die zwischen rechtspopulistischer Abschottung und autoritären Neoliberalismus? „Brauchen wir gegen diese Tendenzen nicht ganz offensichtlich eine transnationale Antwort? Muss die gesellschaftliche Linke nicht internationalistischer handeln als bisher?“ Alternativen gebe es, doch es fehle an einer gesellschaftlichen Dynamik für eine Linkswende, so Dr. Tenbensel. Die Bedingungen seien „von starken nationalen Ungleichzeitigkeiten geprägt“. Unterschiedliche Initiativen versuchten eine europäischen Demokratiebewegung anzustoßen. Tenbensel nannte die bekanntesten DiEM25 (Gallionsfigur ist Yanis Varoufakis), Alter Summit und Blockupy. Die Frage: Wie können sie sich verknüpfen? Wie könnte eine Massenbewegung daraus werden.

Also: „Was tun?“ Keinesfalls, stellte Tenbensel klar, könne es um einen „nationalistischen Rückfall“ gehen.

Könnten Dezentralisierung und Europäisierung in Einklang gebracht werden? Wie könnte es gelingen, demokratischen Gegeninstitutionen aufzubauen? Wäre eine Organisation in räteähnlichen Versammlungen vom Vierteln bis hin zur europäischen Ebene aufzubauen?

Fragen also über Fragen.

Input 2: Mit basisdemokratischen Gegenstrukturen zur EU arbeiten

Ein zweiter Input kam von Wolf Stammnitz (DIE LINKE Dortmund, Sachkundiger Bürger im Dortmunder Stadtrat und europapolitischer Sprecher). Stammnitz: wie die Verursacher der Eurokrise sie überwinden wollen oder können, sei derzeit nicht absehbar – eine Illusion darüber müsse man sich aber nicht machen. Da die „europäischen Eliten die Folgen der Krise nicht selber auslöffeln wollten, sei also nur mit einer weiteren Flucht nach vorne „in noch autoritäreres Durchregieren von Brüssel aus in die Nationalstaaten – wie das z. B. die es im Fünf-Präsidenten-Bericht skizziert ist und die Verschärfung des Standortwettbewerbs – zu rechnen. Der Zerfall der EU in ein Europa der zwei Geschwindigkeiten (Schäuble-Lamers-Papier) sei quasi schon länger miteinkalkuliert. Das bedeutet ein Kerneuropa unter Führung von Deutschland. Keine erfreulichen Aussichten also, befürchtet Stammnitz, für ein „sozialeres und demokratischeres Europa“.

Es hieße für die Völker Europas entweder „diese reaktionäre Krisenlösung passiv zu erdulden oder aber die Krise auszunutzen, um an allen möglichen Ecken und Fronten um unsere Rechte und Lebensbedingungen zu kämpfen“.

„ Um zur möglichst breiten Mobilisierung für das Europa der Menschen und nicht der Banken zu kommen, wollen wir LINKE in Dortmund und der Region und wohl auch im Land die bestehenden Initiativen und Bewegungen für ein Europa von unten unterstützen und stärken, sowie soweit möglich auf eine Vernetzung zu arbeiten.“ Erstrebenswert wäre seiner Meinung auch der Ausbau der Genossenschaftsbewegung. Es gehe „politisch um basisdemokratischen Gegenstrukturen“ zur EU. Auch um „zivilen Ungehorsam gegen staatliche Überwachung“. Sowie gegen Privatisierung der Stadträume (Stichwort: PPP). Und u.a. gegen Sozialabbau und Rentenkürzungen.

Hellas-Solidarität

Anja Böttcher berichtete über die Arbeit der Hellas-Solidarität Bochum. Inzwischen, konstatierte sie, regiere die Tsipras-Regierung eigentlich gar nicht mehr. Sie setzte sozusagen nur durch, was die Troika und die Bundesregierung Athen „reindiktiert“. Man mache zusammen mit vielen Menschen aus Griechenland Öffentlichkeitsarbeit, um die deutsche Bevölkerung darüber ins Bild zu setzen, was eigentlich in Griechenland los sei. Griechenland stecke tief in einem Prozess in welchen „wir noch nicht ganz so weit sind“. Eine Abwicklung „sozialer Demokratie“ finde statt.

Andrej Hunko: Selbst die EU-Eliten haben große Sorge, der Laden könnte auseinander fliegen

Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE, schärfte den Blick auf Europa. Zunächst einmal müsse man definieren, was das sei, die EU. „Die EU ist ein Zusammenschluss von 28 Staaten mit einem bestimmten Institutionengefüge (Europäische Kommission, Europäischer Rat, Europäisches Parlament, Europäischer Gerichtshof, Europäische Zentralbank) basierend auf bestimmten Grundlagenverträgen.“

All das sei weder die europäische Integration noch Europa. So wie EU sich neoliberal entwickelt habe es immer Kritik gegeben. Die LINKE (vorher die PDS) „hatte immer recht gehabt“ (in ihrer Breite). Die Kritik Maastricher Verträge, an der Einführung des Euro (Gregor Gysi hatte seinerzeit im Bundestag dargelegt, warum der Euro nicht funktionieren werde können) habe sachlich gestimmt. Die Volksabstimmungen über einen europäischen Verfassungsvertrag mit Ablehnungen in Frankreich und den Niederlanden wegen dessen neoliberalen Charakters. Die Linken (die PDS, Attac) hätten dieses Nein damals unterstützt. Die EU-Eliten hätten das ignoriert und den gleichen Vertrag textgleich nur ohne Verfassungssymbolik (unter maßgeblichen Druck der BRD) umgewandelt in den Lissabon-Vertrag.

Jetzt sei man an in der EU einer Stelle, wo die inneren Widersprüche zu ganz großen Problemen führen. Auch herrschenden Eliten in der EU hätten mittlerweile große Sorge, ob das Projekt überhaupt noch „sozusagen zusammenhaltbar ist“. Hunko erwähnte, vor zwei Monaten mit Jean-Claude Juncker gesprochen zu haben, der ihm gesagt habe, wenn wir nicht endlich eine soziale Säule aufbauen, dann fliegt uns der Laden auseinander.

Andrej Hunko schätzt das freilich zwar auch „zum Teil als Rhetorik“ ein. Dennoch sei mit Händen zu greifen, dass es in der EU Kräfte gibt, die eine soziale Dimension für geboten halten. Ansonsten würde die EU in Südeuropa und auch im Osten eher zunehmend als Bedrohung wahrgenommen. Die Meinungsverschiedenheiten der EU-Länder in der Flüchtlingskrise, die mangelnde Solidarität untereinander sind für Hunko eher ein Symptom als die Ursache der gegenwärtigen Krise. Und Ausdruck dafür, dass es schon lange keine Kooperation mehr gebe. Auch der EU-Türkei-Deal sei kein Projekt der europäischen Staatschefs gewesen, sondern ein Merkel-Erdogan-Deal.

Hunkos Fazit: Die emanzipatorischen Kräfte und die Linken in Europa sollten an den konkreten Widersprüchen ansetzen, die offen zutage liegen.

Konkrete Druckpunkte ermöglichen Mobilisierung. Die EU neu begründen – aber wie?

Alexis Passadakis erinnerte aus Sicht von Attac daran, dass die Begriffe, wenn z.B. wenn von Europa gesprochen , aber die EU gemeint werde, „unscharf sind“. Für Attac, von Gründung an global engagiert, gebe es „keine eindeutige, festgelegte Positionierung betreffs der Zukunft des europäischen Integrationsprozesses. Allerdings hält Passadakis „eine Flexibilisierung und Dezentralisierung, verbunden mit einer Demokratisierung“ für sinnvoll. Wenn man sich anschaue, welche Druckpunkte es gegen diesen Institutionenapparat gibt, dann ist der Druckpunkt eigentlich die Handelspolitik: TTIP, CETA und TiSA. Die europäisch organisierte Kampagne dagegen sei beispiellos.

Einige Ansichten von Netzwerken findet Passadakis allerdings etwas naiv. Manche meinten, die EU müsse demokratisch nur so aufgestellt werden wie in den Nationalstaaten üblich. Dies nannte Passadakis, anspielend auf Texte des Philosophen Jürgen Habermas, „habermasianisch“. Alexis Passadakis hält das nicht für möglich. Was in den europäischen Nationalstaaten in zirka 200 Jahren entstanden ist, dürfte seines Erachtens nicht einfach Richtung Brüssel und einen Raum von 500 Millionen Menschen „hochskalierbar“ sein. Es brauche ganz andere, neue Modelle. „Deshalb“, so der Attacie weiter, „die EU neu begründen!“ Was natürlich sehr, sehr schwierig sei: „Und wer soll das tun und wie?“

Protest gegen TTIP und auch gegen TiSA gibt es. Wie aber kann man die Proteste zusammenführen? Foto: C.-D.Stille

Protest gegen TTIP und auch gegen TiSA gibt es. Wie aber kann man die Proteste zusammenführen? Foto: C.-D.Stille

Kein Ansatzpunkt sei allerdings „darauf zu warten“. Das Phänomen der Ungleichzeitigkeit, so glaubt Passadakis, werde immer da sein. „Es wird kein Moment geben in einem Raum von 500 Millionen Menschen in 28 Mitgliedsstaaten, wo alle, die sozial bewegt sind, aufstehen und sagen wir wollen jetzt etwas anderes.“ Die Mitgliedsstaaten blieben halt weiter das Terrain, wo sich die Leute organisieren. Es habe die Bewegungen Podemos in Spanien und Syriza in Griechenland gegeben und jetzt gebe es eben jetzt die grandiose Bewegung „Nuit debout“ in Frankreich. Auf eine Gleichzeitigkeit dürfe nicht gewartet werden. Man müsse seine Strategien angesichts der Ungleichzeitigkeit auswählen, dennoch aber versuchen, Dinge zu koordinieren. Wie bei TTIP. „Wir sind momentan in einer Phase der autoritären Transformation.“ Wie weit die gehen kann sei noch nicht absehbar. Positiv stimmt ihn in Bezug auf die BRD, dass in den letzten Jahren sehr viele Menschen auf der Straße waren – so viele nicht wie in den letzten 25 Jahren. Es könne davon ausgehen werden, dass letztlich eine Million Leute in Deutschland irgendwie in diese Protestbewegungen involviert sind. Zuletzt hätten immerhin 5000 Menschen gegen den Drohnenkrieg in Ramstein protestiert. Andere gingen gegen Nazis und „komische Vereine wie PEGIDA und HOGESA“ auf die Straße.

Das Problem sei, dass all das sich bislang nicht zusammenfüge zu einem gemeinsamen antineoliberalen – oder überhaupt einem politischen – Projekt. „Dennoch“, machte der Aktivist Mut, „lassen sich gesellschaftliche Koordinaten verschieben.“

Und gab er bedenken: „Die deutsche Frage ist wieder aufgeworfen“. Nicht etwa wie 1914 oder 1933. Die deutschen Eliten wollten in Europa die dominierende Rolle spielen.

Fazit: Konkrete Druckpunkte gebe es. Dann könne auch mobilisiert werden. Eigentlich gehe es darum die Leute zu mobilisieren, die eigentlich schon zusammen sind. Verstünde man es diese konkreten Druckkampagnen zu einem antineoliberalen Projekt zu verbinden, dann wäre man schon sehr weit. Allerdings fehle es der gesellschaftliche Linken EU-weit an Kraft und Möglichkeiten, um auch in „subalterne Schichten“ vorzudringen, um eben auch ein solidarische Ökonomie auf die Beine zu stellen.

Demokratische Souveränität und nach dem Prinzip zwei Schritte vor, einen zurück

Michael Aggelidis hatte kürzlich die letzte große Demonstration mit etwa einer Million beteiligten Menschen in Paris gegen die Arbeitsmarkt“reformen“ besucht und berichtete davon. Das Medienecho in Deutschland darauf kritisierte Aggelidis scharf. So hatte etwa die Tagesschau von gerade einmal 75.000 Demonstrationsteilnehmerin gesprochen. Aus welchen Gründen auch immer, die deutschen Medien berichteten nicht korrekt. Die Stimmung dort sei unbeschreiblich gewesen.

Betreffs Griechenlands kritisierte Aggelidis die (erpresste) Umschwenkpolitik der Regierung Tsipras. Längst unterstütze die NRW-LINKE die Linksabspaltung von Syriza. Giorgos Chondros, für welchen Aggelidis kurz arbeitete, hält er für einen anständigen Genossen. Doch momentan schicke ihn Athen verstärkt nach Deutschland um die jetzige Politik „gutzuerklären“. Aber wie könnte man das – wo sogar der Präsidentenpalast auf der Privatisierungsliste der Institutionen stehen?!

Auch Michael Aggelidis erkenne diese Ungleichzeitigkeit in der EU. Allerdings könnten diese Institutionen mit Spanien (wo es bald Wahlen gibt) und die linke Podemos gute Chancen habe und in Portugal, wo bereits linke Kräfte in der Regierung sind, nicht so umspringen wie mit Griechenland. Die Leisetreterei dieser Institutionen gegenüber den beiden Ländern habe mit der schweren Krise der EU zu tun und sei deshalb einfach Kalkül. „Die müssen einfach befürchten, dass ihnen der Laden auseinander fliegt.“

Aggelidis sieht Deutschland als der Hegemon, ein Begriff mit dem zuvor Alexis Passadakis noch gehadert hatte, in Europa. Allein schon durch die deutsche exzessive Exportpolitik und die dabei entstehenden Ungleichgewichte zum Schaden anderer Länder. Problematisch sei es, dass es da „ein Amalgam“ mit Gewerkschaften wie etwa der IG Metall gebe, die ja sich ja nicht zu Unrecht von dieser Exportpolitik den Erhalt der Arbeitsplätze ihrer Mitglieder versprechen. Wie solle man die in Proteste einbeziehen, wo die die verwandt und verschwägert mit dieser Exportindustrie sind? Von ihnen sei keine Solidarität mit Kollegen in Portugal und Spanien zu erwarten. Ein Dilemma.

In Italien gebe es Investmentbanker, die sagten: ihr müsst den Euro verlassen, sonst habt ihr in zehn Jahren keine verarbeitenden Industrie mehr und seid die verlängerte Werkbank der Deutschen. Aggelidis empfiehlt Griechenland den Austritt aus Euro und EU. Das führe nicht zum Weltuntergang. Hier in Deutschland müsse die Debatte aber anders geführt werden.

Er sprach von einer „demokratischen Souveränität“. Da sei kein reaktionärer Vorgang, beschwor Aggelidis. Als Linke wolle man nicht zurück zum Nationalstaat. In Deutschland sei das anders. In Spanien oder Portugal jedoch sei es aber nicht schlimm, demokratische Legitimationen wieder zurück auf den Nationalstaat zu bekommen. Aggelidis beharrte darauf, kein Antieuropäer zu sein. Gegen die EU in ihrer jetzigen Verfasstheit, wo die europäischen „Völker versklavt“ werden und gegen die Fehlkonstruktion Euro aber ist er. Es müsse werde nach dem Prinzip zwei Schritte vor, einen zurück gearbeitet werden müssen. „Wie müssen wieder zurück zum Nationalstaat. Das ist keine reaktionäre Diskussion die wir führen. Das müssen wir klarmachen.“

Diese letzte Formulierung stieß allerdings bei den Mitdiskutanten auf Kritik.

Das Einfache, das schwer zu machen ist

Die interessante Podiumsdiskussion in Dortmund und die Fragen der Anwesenden Gäste legte die momentane Krise in welcher sich die EU befindet schmerzlich offen. Problemen wurden benannt. Lösungsansätze versucht zu skizzieren. Konkrete Lösungen hatte gewiss niemand aus der Diskussion erwartet. Aber eines wurde klar: Es steht schlecht um Europa und die EU. Wenngleich beides freilich nicht das Gleiche ist. Wir brauchen mehr Trennschärfe. Sowie Mut, etwas anzustoßen. Und es müssen die Menschen, die sich jetzt schon vielfältig, kritisch geworden, engagieren, zusammenbracht werden. Nichts anderes im Prinzip riet kürzlich in Dortmund wenige Gehminuten vom Dietrich-Keuning-Haus entfernt in der Auslandsgesellschaft NRW Fabian Scheidler („Das Ende der Megamaschine“): Es gelte die ausgebeuteten Menschen dieser Welt zusammenzubringen. Beispielsweise die Arbeiter in den Koltanminen des Kongo und die prekär bezahlten und was den Arbeitsaufwand angeht, die gestressten Menschen in unseren Krankenhäusern. Das im Grunde Einfache, das schwer zu machen ist.

Wie hieß gleich noch der Titel der Diskussionsveranstaltung: „Wege zu einem sozialen und demokratischen Europa- gegen die Europäische Union durchsetzen!“ Diese Wege sind zum Teil und auf vielen Blättern skizziert. Sie müssen jedoch gegangen werden. Denn, dass die Krise sich noch zuspitzen wird – niemand weiß zwar genau wie – steht zu befürchten. Mit jedem Tag des Zuwartens wird ein Eingreifen schwieriger bis es eines Tages vielleicht fast unmöglich sein wird. Ein Eric Hobsbawm konnte einmal im Stern sagen: „Es wird Blut fließen, viel Blut“.

Streitgespräch: „…raus aus dem Euro?“ mit den Professoren Bontrup und Höpner in Dortmund

Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Moderator Peter Rath-Sangkhakorn (v. links nach rechts); Fotos: C.-D. Stille

Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Moderator Peter Rath-Sangkhakorn (v. links nach rechts); Fotos: C.-D. Stille

Die EU liegt mit schwerer Krise danieder. In der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund gab es am Dienstag unter dem Titel „… raus aus dem Euro? – Die Plan-B-Diskussion und die Frage nach einer sozialverträglichen Auflösung der Euro-Zone“ ein Streitgespräch mit Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup (Diplom-Ökonom) und Prof. Dr. Martin Höpner ((Politikwissenschaftler und Germanist) statt.

Veranstalter des Streitgesprächs waren DGB, Attac und der Nachdenktreff, vertreten durch Peter Rath-Sangkhakorn.

Prof. Dr. Höpner sieht in der Belebung des früher unbeliebten Europäischen Währungssystems eine Lösung

Peter Rath-Sangkhakorn und Prof. Dr. Martin Höpner (von links nach rechts).

Peter Rath-Sangkhakorn und Prof. Dr. Martin Höpner (von links nach rechts).

Martin Höpner ging der Frage nach, ob es wohl gelingen könne, die Euro-Krise zu lösen ohne den Euro zu verlassen. Diese definierte Höpner als eine private und öffentliche Verschuldungskrise. Aus Sicht der südeuropäischen EU-Länder als Konjunktur- und Stagnations- bzw. gar Schrumpfungskrise. Wären das die einzigen Symptome der Eurokrise, dann hätten (progressive Kräfte keine Schwierigkeiten „eine stimmige Antwort zu formulieren“. Schulden würden garantiert und mithilfe transnationale Transfers könnten im Süden Investitionen finanziert werden. Dazu müsste das Europäische Parlament mehr Rechte erhalten. Vielleicht in Richtung des Mottos „Europa neu begründen“ nach den Vorstellungen des griechischen Ex-Finanzministers Yanis Varoufkakis.

Alles stelle sich jedoch viel komplexer und schlimmer dar. Und zwar in Gestalt einer Wettbewerbs- und Leistungsbilanzkrise. Eine Währungsunion funktioniere nur, „wenn sich die Teilnehmer in die Lage versetzen ihre Lohn- und Preisauftriebe zu synchronisieren.“ Ganz einfach, weil in einer Währungsunion keine nationalen Währungen existieren, die man auf- und abwerten könne. Höpner: „Diese notwendige Sychronisation hat nicht stattgefunden.“ Nominallöhne und Preise sind in Südeuropa „übergeschossen“, während der Norden der Eurozone „mit Deutschland als Speerspitze“ (Stichwort „Exportweltmeister“) gezielt dahinter zurückgeblieben ist.

Ein Dilemma: „Eine Wirtschaft wird bei fallenden Preisen nicht wachsen. Und wenn sie doch wächst, werden garantiert die Preise nicht fallen.“ Eine Lösung könnte die Verhandlung der Euroländer unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Brüssel eines „transnationalen Pakts“, eines „imaginären Sozialpakts“, sein. Die Nord- könnten den Südländern Transfers und Investitionshilfen gewähren.

Niemand müsste den Euro verlassen. Eine Verwirklichung steht nicht erwarten. Die EZB ist für Höpner nicht das Problem. Vielmehr ist es Deutschlands „radikalisierte Überexportorientierung“. Eine Inflationierung Deutschlands sei jedoch nicht einmal mit Gewerkschaften wie der IG Metall zu machen. Was im Gegenzug bedeute, dass Deutschland seine europäischen Partner mit diesem Problem alleine lasse. Wie die sogenannten Institutionen mit Griechenland umspringen, dass sei ein „beispielloses zynisches Experiment“ mit den Folgen Verarmung, Deindustrialisierung, Entdemokratisierung und Zerstörung von Tarifautonomie. Damit müsse Schluss sein. Höpner, bei der Einführung des Euro noch enthusiastischer Befürworter des Euro, heute: „Die Einführung des Euro war eine grausige Fehlentscheidung“. Ein besser auf Europa passendes, flexibles Währungsregime favorisiert Höpner. Die Finanzmärkten müsste außen vor bleiben. Das aber werde „nie mit dem merkantilistischen Deutschland in dieser Währungsunion klappen“, meint Höpner. Er zieht das einst unbeliebte Europäische Währungssystem (EWS) – aktiv zwischen 1979 und 1998 – für heute als eine Lösung in Betracht.

Prof. Heinz-J. Bontrup: Endlich mit der verfehlten Austeritäts-“ und neoliberalen Wirtschaftspolitik brechen

Für Heinz-J. Bontrup ist der Euro eine Erfolgsgeschichte. Dass der eine Weichwährung würde, hätten Viele befürchtet. Es sei nicht eingetreten: „Der Euro ist stabil“. Bontrup gefallen allerdings die enormen deutschen Exportüberschüsse ebenfalls nicht. Dass es jedoch so sei, liegt für ihn „an der deutschen wirtschaftlichen Performance“. „Wir sind eben so gut und so stark“. Bontrup zeigte sich froh darüber, dass wir nun einmal kein Griechenland sind. Für ihn hängt das mit der menschlichen Arbeit zusammen: „Da ist der deutsche Michel nun einmal verdammt gut.“ Eine Währungs- und Eurokrise gibt es für ihn nicht. Jedoch eine „massive, tiefe europäische Wirtschaftskrise“. Die EU als Wirtschaft befände sich „in der Tat in Auflösung und im Verfall“. Die Ursache läge in dem Kapitalismus immanenten widersprüchlichen System zwischen Kapital und Arbeit sowie auch innerhalb der Klassen.

Neoliberale Politik habe „Riesenverwerfungen“ in der Gesellschaft gezeitigt. Die wahre Ursache für die Krise in der EU sieht Bontrup in der verfehlten neoliberalen Wirtschaftspolitik. Von Beginn des Euro an sei es bis dato nicht gelungen die tiefe Dichotomie zwischen Geld- und Fiskalpolitik aufzuheben. Mit der „unsäglichen Austeritäts-“ und neoliberalen Wirtschaftspolitik müsse gebrochen werden. Dass das Schuldner-Gläubiger-Verhältnis aus den Fugen gekommen sei – darin stimmte er mit seinem Kollegen Höpner überein. Heinz Bontrup kritisierte die nicht demokratisch legitimierte EU-Kommission. Die fahre eine Politik, welche den EU-Verfall beschleunigt. Alternativen hingegen gebe es immer. Nötig sind seiner Meinung nach im Sinne eines „Linkskeynesianismus“ eine expansive Lohnpolitik, eine Arbeitszeitverkürzung und „ein gezielter Kapitalschnitt bei den Reichen und Vermögenden“. Des Weiteren fordert Heinz Bontrup eine Demokratisierung der Wirtschaft. Die Rückkehr zu nationalen Währungen hält Bontrup für katastrophal. Ohnehin würde wieder D-Mark dominieren. Schwere Verwerfungen wären die Folge.

Streit und kluge Fragen aus dem Publikum

Im Anschluss an die Eingangsbeiträge entspann sich eine rege Diskussion mit dem Publikum, das kluge Fragen zu stellen wusste. Und die Professoren gerieten in einigen Punkten tatsächlich in Streit. So zweifelte Dr. Höpner Heinz-J. Bontrups Narrativ, wonach der deutsche Leistungsbilanzüberschuss daherkomme, weil deutsche Arbeiter tüchtiger seien als ihre europäischen Kollegen, heftig an. Bontrup ließ der Kritik ein dreifaches trotziges „Doch!“ folgen. Die enormen Ungleichgewichte zwischen den Ländern, konterte Martin Höpner wiederum, schüfen enorme Probleme. Kontrovers vorgetragene Argumente flogen hin und her. Bontrup mahnte ein solidarisches anstelle eines „neoliberal verkommenen Europa“ an. Höpke ging damit d’accord.

Prof. Bontrup: „Eine Euro-Auflösung ist keine Lösung.“ Sie brächte allein schon für Griechenland, das Europa eiskalt habe über die Klinge springen lassen, riesige Aufwendungen wegen der Ablösung der Euro-Verbindlichkeiten (die letztlich nicht zu stemmen sein würden) mit sich und zögen weitere schmerzhafte Entbehrungen mit sich. Große Sorgen bereitet Bontrup die derzeit destabile Verfassung Europas. Auch politisch – vor dem Hintergrund der Flüchtlingstragödie – bis in die einzelnen Länder seien enorme rechtsradikale Verwerfungen vorauszusehen. Die AfD ist für ihn nur eine Erscheinung in diesem Zusammenhang. Wer glaube die Rechtspopulisten zögen 2017 nicht in den Bundestag ein, so Heinz Bontrup, sei naiv. Eine Euro-Auflösung dürfte die Lage zusätzlich politisch destabilisieren, von der rechte Kräfte wohl profitieren würden. „Das wäre das endgültige politische Ende Europas.“

Heinz-J. Bontrup klagte über eine in weiten Teilen schmutzig und borniert zu nennende Politik und das grausame ökonomischen Nichtwissen vieler „sogenannter“ Volksvertreter. Die glaubten tatsächlich daran, dass ein staatlicher Haushalt einem privaten gleichzusetzen sei. Schuldenbremse im Grundgesetz und schwarze Null seien fürchterliche Ergebnisse dessen.

Fazit

Ein spannendes Streitgespräch, gar nicht arg professoraler Art war das zwischen Heinz-J. Bontrup und Martin Höpke in der Auslandsgesellschaft ausgetragene. Und wie vom Publikum angemerkt waren die beiden sich zivilisiert die Klingen kreuzenden Herren auf dem Podium im Kern gar nicht einmal so weit auseinander. Festgestellt wurde ebenso deutlich: Die von Vielen gewünschten einfachen Lösungen gibt es nicht. Der Vorhang zu und alle Fragen offen, also? Nicht ganz, so der Eindruck. Aber Aufmerken, dass brachten die Professoren herüber, ist dringend angesagt. Vielleicht steht es für Europa schon nach zwölf? Wir haben sinngemäß mit Nietzsche gesprochen schon zu lange in den Abgrund hineingeschaut. Längst schaut er in uns zurück. Raus aus dem Euro ist aber gewiss keine Lösung.

Dortmund: „Raus aus dem Euro?“ – Ein Streitgespräch mit den Professoren Heinz-J. Bontrup und Martin Höpner

In Dortmund wird heute um den Euro gestritten. Foto: C.-D. Stille

In Dortmund wird heute um den Euro gestritten. Foto: C.-D. Stille

Die EU steckt in einer schweren Krise. Ein Scheitern des Europäischen Projektes ist durchaus denkbar. Und scheitert die EU, mahnte des Öfteren u.a. der Ökonom Heiner Flassbeck, könnte einige Zeit später auch der Euro folgen und sozusagen den Bach hinunter gehen. Zur Euro-Debatte findet heute in der Auslandsgesellschaft NRW in Dortmund unter dem Titel „Raus aus dem Euro?“ ein Streitgespräch mit Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup und Prof. Dr. Martin Höpner statt.

Die Veranstalter es Streitgesprächs, DGB, Attac und Nachdenktreff, verlautbarten dazu (weitere Informationen auch auf dortmund initiativ):

„Die EU hat sich gerne als Friedensprojekt der europäischen Völker dargestellt. Die Hoffnungen in die EU und den Euro waren groß. Wurden in der Nachkriegszeit in den Nationalstaaten Demokratie und Sozialstaat auf- und ausgebaut, so baut das Euro-System diese Schritt für Schritt ab. Immer deutlicher entwickeln sich in der EU zwei Pole, die unübersehbare Zeichen einer Desintegration zwischen Zentrum und Peripherie sind. Die EU ist zu einem Synonym für Zwietracht und Verfall geworden.

Professor Heinz-J. Bontrup während eines früheren Vortrags an der Auslandsgesellschaft in Dortmund; Foto: Claus-D. Stille

Professor Heinz-J. Bontrup während eines früheren Vortrags an der Auslandsgesellschaft in Dortmund; Foto: Claus-D. Stille

Auf dem Hintergrund der Griechenland-Krise wurde die Frage eines „Grexit“ aufgeworfen und die Frage gestellt, ob „ein linke Euro“ möglich ist. Inzwischen sind Initiativen wie Plan-B (Lafontaine/Mélenchon) und DiEM 25 (Yanis Varoufakis) oder „Euroexit“ gegen Sozialabbau entstanden. Die vor allem von Gewerkschaftern getragene Initiative „Europa neu begründen“ plant in diesem Jahr eine größere Konferenz.

Mit einem Streitgespräch zwischen Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup (Sprecher der Memorandum-Gruppe) und Prof. Dr. Martin Höpner wollen wir Sachinformationen und Orientierungshilfen in der aktuellen Debatte um die Zukunft des Euro geben.“

Das dürfte ein sehr interessanter Abend in Dortmund werden, an dem sicher auch kontrovers diskutiert werden wird. Interessenten erreichen den Veranstaltungsort verkehrsgünstig mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch mit dem Auto

Die Veranstaltung soll von 19:00 bis 21:30 Uhr dauern. Ort: Auslandsgesellschaft NRW Dortmund, Steinstr. 48 (Nordausgang Hauptbahnhof, neben Cinestar, dort auch Parkplätze im Parkhaus). Eintritt frei!

Flassbeck_-_66_starke_Thesen_zum_Euro__zur_Wirtschaftspolitik_und_zum_deutschen_WesenHat sich auch Gedanken um den Euro gemacht: Heiner Flassbeck.

Dortmund: Cécile Rimboud von Gauche revolutionnaire über den Front National und die politische Situation in Frankreich

Cécile Rimboud (Bildmitte) referierte in Dortmund über den Front National und die aktuelle politische Situation in Frankreich; Fotos (4): Claus Stille

Cécile Rimboud (Bildmitte) referierte in Dortmund über den Front National und die aktuelle politische Situation in Frankreich; Fotos (4): Claus Stille

Der Ökonom Heiner Flassbeck lebt in Frankreich. Einst war er Finanzstaatsekretär unter Minister Oskar Lafontaine, dann Chefökonom der UNCTAD. In Vorträgen und in Presseveröffentlichungen warnte er mehrfach vor der nicht unrealistischen Gefahr, die Chefin des Front National, Marine Le Pen, könnte aus den Präsidentschaftswahlen Frankreichs 2017 als Siegerin hervorgehen (dazu hier und hier). Am vergangenen Freitag war in Dortmund aus berufenem Mund etwas über das Wesen des rechtspopulistischen Front National zu erfahren. Die Dortmunder Linksjugend [’solid] hatte nämlich Cécile Rimbaud, die  Frankreich aktiv in der Gauche révolutionnaire arbeitet, eingeladen.

Der Front National: früher offen faschistisch – heute eher rechtspopulistisch

Die seit zehn Jahren in Paris aktive Cécile Rimboud (26)  berichtete über den Kampf gegen die rechtspopulistische Partei Front National und die aktuelle Situation in Frankreich.
Die Dortmunder Linksjugend dazu im Vorfeld:

„Der Front National (FN) gehört seit den 1980ern zu den stärksten Rechtsparteien Westeuropas. Die früher offen faschistische Partei tritt heute eher rechtspopulistisch auf und hat damit große Wahlerfolge. Bei den Regionalwahlen Ende 2015 wählten 27% FN. Die Partei profitiert von antimuslimischer Stimmung und treibt diese weiter an. Die herrschenden Parteien schaffen es nicht eine Alternative für Mehrheit der Bevölkerung zu sein. Sie betreiben eine Armutspolitik und beteiligen sich selber am Abbau demokratischer Rechte.
Wir wollen diskutieren, welche Lehren wir aus den Erfahrungen in Frankreich für die Auseinandersetzung mit der AfD ziehen können.“

Auf der sehr gut besuchten Veranstaltung im Büro der Linkspartei in der Dortmunder Schwanenstraße wurde seitens der Versammlungsleiterin vom Podium aus zunächst eingeschätzt, dass die AfD momentan – entgegen auch mancher Meinung in der LINKEn – nicht als faschistisch, wohl aber als „rechtspopulistisch mit in Teilen faschistischen Zügen“ einschätzen müsste.

Cécile Rimboud: Das Programm der AfD entspricht eher der Agenda des  FN unter Jean-Marie Le Pen

Die Referentin notiert sich die Fragen der jungen Leute.

Die Referentin notiert sich die Fragen der jungen Leute.

Cécile Rimboud, die in Englisch referierte und ins Deutsche übersetzt wurde, hielt den Zeitpunkt für diese Veranstaltung für gut ausgewählt. Zumal derzeit in Europa nahezu überall rechte Kräfte einen Aufstieg erlebten. Die Aktivistin ist der Meinung, dass es zwischen dem FN, der bei den Regionalwahlen 2015 um die 27 Prozent holte und der AfD, die beim Umfragen zuletzt bei 13 Prozent lag, einen großen Unterschied gebe. Man müsse sich jedoch genau anschauen, wie die hohen Zahlen beim FN zustande gekommen seien. Der FN habe knapp 6 Millionen Stimmen geholt. Was als ein Rekordergebnis gelten kann. Schon einmal habe es in Vergangenheit solch Situation gegeben. Und man habe gemeint, der Faschismus stehe vor der Tür. Indes das trat nicht ein. Cécile Rimboud  glaube auch aktuell nicht an diesen den Eintritt dieses Falls. Schließlich sei die hoch erscheinende Zahl von 27 Prozent im Verhältnis zur Wahlbeteiligung zu betrachten. Es müsse von 15 Prozent der Wahlberechtigten ausgegangen werden. Die FN-Wählerschaft bestehe vorwiegend aus Bürgerinnen und Bürgern vom Land. Unter Jugendlichen und Arbeitern erhalte der FN dagegen kaum Unterstützung. Im zweiten Wahlgang zu den letzten Regionalwahlen habe sich schließlich die Befürchtung, der FN könne ein oder zwei Regionen übernehmen nicht bestätigt. Wenngleich die Partei nun einige Regionalräte stelle.

Viele Menschen seien im Gegensatz zum ersten Wahlgang beim zweiten zahlreicher an die Urnen geströmt, um den FN zu verhindern. Zustrom erhalte der FN vor allem, weil er sich – seitdem Marine Le Pen Parteichefin ist – verstärkt als soziale und Kümmererpartei darstelle. Und vorgebe die Interessen von Armen und Arbeitern zu vertreten. Sowie als Antiestablishment-Partei stets gegen die Brüsseler Bürokratie wettere. Dagegen, meinte der Gast aus Paris, entspreche das Programm der AfD eher dem FN unter dem Vater von Marine, Jean-Marie Le Pen, eher dem früheren Vorsitzenden der Partei. Der FN habe sich den heutigen neoliberalen Bedingungen immer stärker angepasst. Selbst die alte Forderung, aus dem Euro wieder auszutreten und den Franc wieder einzuführen, höre man kaum noch vom FN. Vielmehr wolle Le Pen wohl sozusagen den Cameron machen und Sonderbedingungen für Paris aushandeln. Da inzwischen auch rechtskonservative Parteien auf rassistische Inhalte setzen, konzentriere sich der FN nun stärker auf soziale Fragen. Inzwischen verträten ja etwa die Gaullisten Themen, wie Grenzschließungen und die Abwehr von Migranten, die einst dem FN zuzuordnen waren. Infolgedessen greift der FN auf andere Themen zu und biete sich als Protestpartei an. Neuerdings werden sogar Fotos von ausländische aussehenden Menschen auf Plakate gedruckt, um den Eindruck von Fremdenfeindlichkeit vergessen zu machen.

Der Front National muss demaskiert werden: In Wahrheit steht er auf der Seite der Kapitalisten

„Der FN bleibt vom Kern her reaktionär“, führte die Referentin weiter aus. Etwa beim letzten Bahnstreik heuchelte die Partei Verständnis für die Lohnforderungen der SNCF-Beschäftigten, erklärte jedoch das Streiken quasi für böse. Wie passe das zusammen? Diese Diskrepanzen vermeintlichem Anspruch und wirklichem Tun strenge sich Gauche révolutionnaire an, gegenüber der Öffentlichkeit, sichtbar zu machen. Der FN müsse demaskiert werden. In Wahrheit stehe dieser nämlich auf der Seite der Kapitalisten. Hinter dessen sozialen Forderungen stehe im Grunde außer purer Propaganda nichts. Der FN spricht gegen das Streikrecht und hat nicht nur für den von Präsident Hollande verhängten Ausnahmezustand gestimmt, sondern unterstützt gar Forderungen diesen für dauerhaft in der Verfassung zu verankern. Werden FN-Leute in Stadträte gewählt, bedienten diese zuerst ihr eigenes Klientel. Und erhöhten die Gehälter ihrer Freunde im Verwaltungsapparat. Auf kommunaler Ebene betreibt der FN auch Sozialabbau. Das einst kostenlose Kantinenessen einer Gemeinde wurde kostenpflichtig gemacht, die kostenlose Verpflegung armer Kinder abgeschafft.

In einer anderen Stadt ließ der FN-Bürgermeister Hightech-Überwachungskameras im Rathaues installieren, die sogar den Inhalt der von Mitarbeitern geschriebenen SMS oder Whatsapp-Nachrichten erfassen könnten.

Die soziale Situation in Frankreich macht die Stärke des Front National aus

Es kamen überdies jüngst Skandale, die FN-Führung betreffend, heraus. Marine Le Pen etwa hat Fehler bei ihrer Steuererklärung gemacht. Nun muss sie 355 000 Euro Strafe zahlen. Als Aktivisten müssten sie Wählerinnen und Wählern immer wieder geduldig erklären, so der Gast aus Paris, dass der FN deren Interessen tatsächlich überhaupt nicht vertrete. Die anderen Parteien versäumten das nämlich. Die verpassten der Partei im Grunde nur das Prädikat „böse“. Die soziale Situation in Frankreich mache die Stärke des Front National aus. Die Sozialistische Partei und Präsident Hollande hätten u.a. mit Kürzungen im Öffentlichen Dienst und Einschränkungen beim Arbeitslosengeld sowie dem Propagieren von Rassismus zu Verschlechterungen beigetragen. Cécile Rimboud: „Menschen werden gegeneinander ausgespielt. Eine große relevante Opposition, die dagegen antritt, gibt es nicht. Das ist schrecklich.“

Gauche révolutionnäire ruft zur Gründung einer neuen linken Partei auf

Das Infoblatt des Gauche revolutionnaire.

Das Infoblatt des Gauche revolutionnaire.

Die Front Le Gauche (Linksfront) hatte bereits vor dem ersten Wahlgang erklärt in der zweiten Runde die Sozialisten (PS), die Regierungspartei, zu unterstützen. Cécile Rimboud  zeigte sich davon überzeugt, dass, wenn es in Frankreich eine wirklich starke linke Kraft gäbe, der Front National viel weniger an Zulauf erhielte.

Aus dem Grund ruft Gauche révolutionnaire zur Gründung einer neuen linken Partei auf. Die müsse sich gegen die zunehmende Spaltung der Gesellschaft und gegen Rassismus engagieren. Der FN wende sich immer, wenn es Widerstand gegen Sozialabbau aufflamme, letztlich gegen die Interessen der davon Betroffenen.

Massenbewegung gegen geplante Verschlechterungen im Arbeitsrecht könnte den AfN schwächen

Zum Schlüssel, den FN zu schwächen, könne der Kampf der gegen ein Gesetzesvorhaben der Regierung werden, das Arbeitsrecht sehr beschneiden soll, meint Cécile Rimboud. Dagegen läuft momentan eine Massenbewegung in Frankreich, die mit einer Online-Petition begonnen habe, welche schon 650 000  Menschen unterschrieben haben. Der AfN habe nämlich dazu bis jetzt keine Entgegnung gefunden.

Die mögliche neue linke Partei hätte eine demokratische sozialistische Gesellschaft ins Werk zu setzen. Mit dem Ziel, die Spaltung innerhalb der Bevölkerung zu überwinde. Eine gerechtere Gesellschaft, in der kein Oben und Unten mehr existiert.

Kluge Fragen kluger junger Leute im Anschluss

Auf dem Vortrag folgte eine Fragerunde. Von den anwesenden klugen und gut informierten jungen Leuten sind sehr kluge Fragen gestellt worden. Eine der Antworten aus dem Mund des Gastes aus Frankreich darauf: „Immer wenn der FN stark in Umfragen war, dann in Zeiten von verstärkten Klassenkämpfen.“ Ergo: Nehmen die Klassenkämpfe zu, schwächt dies den FN. Gehen die Klassenkämpfe zurück, schnellen die Werte der Rechtspopulisten wieder in die Höhe. Die Kommunisten (PCF), beklagte der Gast, hätten sich oft an Bündnissen beteiligt, dann allerdings die Oppositionspolitik zugunsten von Regierungsbeteiligungen aufgegeben. Das habe auch dem FN dazu verholfen, sich als einzige Oppositionspartei zu gerieren. Weil habe glaubhaft gemacht werden können, dass man sich nicht an irgendwelchen Hinterzimmergesprächen beteilige.

Ob es zur Bildung von linken Bündnissen komme, hänge davon ab, ob die ins Auge gefassten Arbeitsrechtsverschärfungen durchkämen.

Cécile Rimboud: FN hat keine Chance bei den Präsidentschaftswahlen 2017.

Marine Le Pen räumt Rimboud  keine Chance bei den Präsidentschaftswahlen 2017: „Der FN schafft das nicht.“ Es sei denn, es komme zu großen Klassenauseinandersetzungen. Und die Gewerkschaften würden extrem geschwächt. Auch müsse bedacht werden, dass alle Umfragen vor der letzten Regionalwahl mit vorhergesagten hohen FN-Werten am Ende nur in die Irre geführt hätten.

Das Bild, so antwortete die Referentin auf eine weitere Frage, des FN habe sich nur gewandelt, weil er fast alles tue, um Wahlen zu gewinnen. Dafür ist ihm sogar ein Migrant auf dem Wahlplakat gerade gut genug.

Die Lage in den Banlieues und die Angst vor islamistischen Terrorismus oder den Einfluss dessen auf Proteste und Demonstrationen wollte Cécile Rimboud nicht dramatisieren.

Einer der jungen Teilnehmer der Veranstaltung beklagte die europaweite Schwäche linker Kräfte. Und wollte sogar deren – letztlich doch selbstverschuldeten – sinkenden politischen Einfluss auf die Gesellschaften auf lange Sicht nicht ausschließen. Gerade die vor dem Hintergrund der Fluchtbewegungen in unsere Länder und den in diesem Kontext nun aufbrechenden Diskussionen, wollte ein weiterer junger Mann als Momentum sehen. Das Linke jetzt unbedingt nutzen sollten, um an Einfluss zu gewinnen, um Veränderungen anzustoßen. Gewerkschaften sollten mit ins Boot geholt und europäisch gedacht werden. Werde die AfD stark und komme gar in Regierungen, müssten Gewerkschaften und Linke möglicherweise mit einer Unterdrückung rechnen, befürchtete ein anderer Diskussionsteilnehmer.

Aufruf zum Finale der interessanten Veranstaltung: „Werdet politisch aktiv, wenn ihr es nicht schon seid!“

Der "Werbeblock" am Ende der Veranstaltung für kommende Aktionen in Dortmund.

Der „Werbeblock“ am Ende der Veranstaltung für kommende Aktionen in Dortmund.

„Wenn man als linke Partei die Möglichkeit hat Leute auf die Straße zu bringen, dass aber nicht tut, sei das kriminell , aber wenn man aber eine rechte Partei hat, die Leute auf die Straße bringt und man nicht dagegen auf die Straße geht, dann ist das noch krimineller“, merkte Cécile Rimboud  an und rief diejenigen auf die es noch nicht sind: „Werdet politische aktiv!“ Den Gästen der interessanten Veranstaltung in Dortmund brauchte man das gewiss nicht zu sagen. Aber Vielen in unserer Gesellschaft muss man das zurufen. Und vielleicht noch hinterdrein: Bleibt nicht länger Schlafschafe oder Sofademokraten! Man könnte es auch so sagen: Wer nicht handelt, wird behandelt.“ Der Ausspruch stammt zwar von Rainer Barzel, einem einst strammen CDU-Mann und als Oppositionsführer bissig-bösen Widersachers des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Willy Brandts, dessen Sachbuch so heißt. Aber ist er deshalb gleich weniger wahr?

Um noch einmal auf den eingangs erwähnten Heiner Flassbeck zurückzukommen: Sicherlich wäre auch der froh, wenn Cécile Rimbouds Einschätzung 2017 einträfe und der FN und Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2017 keine Chance hätten. Doch beim derzeitigen bedenklichen und von Tag zu Tag immer bedenklicher werdendem Zustand der EU und dem Fall der immer so hoch gehaltenen europäischen Werte wird es einem doch mulmig. Was ist, wenn die EU zerbricht und etwas später – wie Heiner Flassbeck befürchtet auch noch der Euro fällt? Rechte und nationalistische Bewegungen würden noch rapider Zulauf erhalten fröhliche Urständ feiern!

Aber wir wollen keine Schwarzmalerei betreiben. Wir Europäer (und Demokraten!) sollten tun – zu was Cécile Rimboud in Dortmund zum Abschied aufrief: Politisch aktiv werden. Wer nicht kämpft, hat bekanntlich schon verloren.

„Sex“ haben die Leute – aber „Geld“ brauchen sie dringend. Professor Albrecht Goeschel hat einen Plan „gegen den EU-Imperialismus“


Wenn Geld auf Bäumen wüchse ...; Photo: Denise via Pixelio.de

Wenn Geld auf Bäumen wüchse …; Photo: Denise via Pixelio.de

Dieser Tage „flatterte“ mal wieder ein köstlich zu nennender Text von Prof. Albrecht Goeschel elektrisch in mein E-Mailfach. Mit der freundlichen Genehmigung des Professors gebe ich diesen Beitrag gerne an meine Leserinnen und Leser weiter. Als amüsante Wochenendlektüre sozusagen. Aber auch zur Anregung des Nachdenkapparates. Wie bereits im Titel zu ersehen: Prof. Goeschel hat einen Plan. Ich musste da irgendwie an die „Olsenbande“ denken.

Albrecht Goeschel*
„Geld für Alle“ : Plan C gegen den EU-Imperialismus

Kurz vorab: Es gibt mittlerweile schon Leute, die begriffen haben, dass man diese EU und diesen Euro nicht „verbessern“ kann – weder mit einem Plan A noch mit einem Plan B. Leider, leider haben diese Leute aber keine Vorstellung davon, was die EU-People dazu bringen könnte, das Konzernlager Europa mitsamt seinen sogenannten Regierungen nebst Parlamentsanhängseln „löschen“ zu wollen Aber dazu kommt jetzt was.

1. „Sex für Alle“: Protestpopulismus der 1960er

Das treibende und das verbindenden Moment der internationalen politisch-kulturellen Revolte der 1960er, von Berkeley bis Berlin, war die mit den politische Protestthemen (Vietnam, Segregation, Schahregime, Kolonialismus
etc.) unauflöslich verknüpfte Hoffnung und Erfahrung sexueller Befreiung: „Sex für Alle“. Keine Demo, kein Sit-in; keine Uni-Besetzung; kein Vietnam-Kongress ohne reichlich Geschlechtsverkehr zur wechselseitigen Belohnung.

Selbstredend hatte der unvergessene Herbert Marcuse mit seiner Warnung vor
der „repressiven Entsublimierung“ so was von Recht: Protest-Demos von
einst – mittlerweile verkommen zur Love-Parade; Parlamentsverein der sexuellen Beliebigkeit – mittlerweile mutiert zum Kriegstreiberverband Oliv-Grün.

Und: Das hat sich ja schon einmal so ähnlich ereignet: Die revolutionäre marx-
freudianische Sexpol-Bewegung der dreißiger Jahre (Wilhelm Reich) wurde
dann ganz locker von der national-sozialistischen Kraft-durch-Freude (hierzu:
Dagmar Herzog) gekapert: Lustgewinn ja – aber nur für Arier(innen).

Trotz alledem: Auch diese offenen Türen mussten noch eingetreten werden und „Sex für Alle“ war in einer bestimmten Phase revolutionär, populistisch,
alltagsumstürzlerisch. Auch wenn am Ende nur der ordinäre Hauswirt an die WG lieber vermietete als an das Spießerpaar, weil „Einer hat immer Kohle“ halt besser ist als „Immer nur einer hat Kohle“ – es lebt sich seitdem ohne Zweifel
in etlichen Ländern oder Regionen leichter.

2. „Geld für Alle“: Protestpopulismus der 2015er ?

Es ist ja schon sehr bemerkenswert, dass der vulgär-keynesianische Ökonomenhaufen (Attac, LINKE, Memo etc.) zu den immer unverschämteren Versuchen des Politischen Systems, das Bargeld zu verbieten, nichts weiß und noch weniger will. Schon mal gehört ? „Geld“ ist im Kapitalismus auch Zahlungsmittel – aber vor allem: „Wertform“ (Karl Marx). Es sind die sogenannten Verschwörungstheoretiker und Querfrontmedien, die immerhin einen Zwangsararbeitscharakter des Bargeldverbotes erkannt haben. Lohnarbeit, für die es kein Bargeld mehr gibt, ist Arbeitsdienst – bislang gibt es den erst im SGB II – Ghetto, aber dank Flüchtlingsschwemme wird das Volumen kosten- und damit
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wertloser „Gutschein“-Arbeitsbereitschaft ganz enorm zunehmen. Die Flüchtlingsunterkünfte als Trainingszentren für Fresspakete und Kleiderspenden
statt Bargeld. Die Millionen „Gutmenschen“, die in den vergangenen Monaten Abermillionen von kostenlosen Arbeitsstunden für das Berliner Putsch-Regime geleistet haben, die Dummerle, haben ökonomisch gesehen sogar noch eigenes „Geld“ zum Rackern mitgebracht.

Aber vergessen wir die Vulgär-Keynesianer: Kümmern wir uns wieder ums
„Geld“ als solches. Mit der Errichtung des Hartz IV – Regelsatzregimes in Deutschland, mit den Abermillionen Jugendarbeitslosen im EU-Süden, mit den Millionen Bachelor-Simulanten und –Simulantinnen in Europa und jetzt mit
den Millionen Flüchtlingen und ihren Millionen Kostenloshelfern ist wohl der kritische Punkt erreicht, an dem es zwar einerseits das Politische System wagen kann, das Bargeld zu kassieren, an dem aber andererseits schon so viel nützliche Arbeit außerhalb des Lohnsystems geleistet wird (Hausarbeit, Pflegearbeit, Lernarbeit, Eigenarbeit, Freiwilligarbeit usw.), dass „Lohnarbeit“, noch dazu als „Niedriglohn-Arbeit“, zur eigentlichen Zwangsform von Arbeit geworden ist. Der Bargeld-Coup wäre so gesehen nicht der Übergang von Arbeit auf dem kapitalistischen Arbeitsmarkt in ein Stadium der Arbeit in virtuellen Arbeitslagern, sondern die Formanpassung wertlos gewordener abstrakter Arbeit an eine fiktiv gewordene Selbstverwertung des Kapitals. Müsste man mal genauer auffieseln…

Erreicht ist aber auch der kritische Punkt für den EU-Imperialismus: Wenn
für Millionen und Abermillionen von Habenichtsen und Habenichtsinnen in
Europa, einschließlich der Kapitalismus-Glaubensgemeinschaften im sogenannten „MOE“ (Mittel- und Osteuropa mit seiner ziemlich ekelhaften Nach-Versailleshistorie, seinen US-Foltershops und seiner Vorliebe für NATO-Manöver) die Lohnarbeits-Nummer nicht mehr reicht – dann ist es an der Zeit,
„Geld für Alle“ – heißt: „Bedingungsloses Grundeinkommen“ statt „Bargeldabschaffung“ zu fordern. Die (jungen) Leute brauchen die Kohle wirklich!

Natürlich kommt bei so was sofort das Genöhle der „gewerkschaftsnahen“
Wissenschaftler(innen) – die wurden aber schon in den 1960er Jahren zu Recht
als opportunistische Dünnbrettbohrer(innen) verhöhnt. Und das Gehetze irgendwelcher IG-Metallbonzen aus dem VW-Porsche-Himmel wollen wir uns lieber gar nicht vorstellen. Diese Exportprinzen sollen sich lieber um ihre Abgas-Werte kümmern.

3. Wer zahlt ?

Also: „Sex“ haben die Leute – aber „Geld“ brauchen sie dringend. Solange es
keine längst fällige gesamtgesellschaftlich abgestimmte Produktion und
Konsumtion gibt, bleibt nur die europanationale, d.h. in jedem der Ego-Staaten
vorgetragene Forderung nach BGE („Bedingungsloses Grundeinkommen“).
-3-
Zahlen muss das der „Kapitalismus“, der einfach nicht aufhören und aus der
Weltgeschichte wieder verschwinden will. Heißt: Steuern auf Vermögen,
Abschreibungen, Gewinne und natürlich – zur Freude der Geldfratzen (v.
Guttenberg & Co): Erbschaften.

Ja, damit wir das nicht vergessen: „BGE“ ist nur soviel wert, wie durch genügend gemeinwirtschaftliche Daseinsvorsorge (Wasser, Energie, Bildung,
Gesundheit und Pflege, Einkaufen, Wohnung, Verkehr, Kommunikation etc.)
nicht mit unverschämten Preisen wieder alles kaputt gemacht werden kann.
Heißt in Deutschland z.B.: Schluss mit dem Gabriel seinen miesen Privatisierungstricks, die er als „Investitionen“ verkauft – eine besonders perfide
Variante des heiß geliebten „Keynesianismus“.

Also: Sollen es doch die „Überflüssigen“ europanational, d.h. jeweils in ihrem
nationalen EU-Pferch mit dem „BGE“ probieren. Die Lohnarbeitsgläubigen können ruhig mitmachen – ist eine Art „Versicherung“ für wenn sie rausgeflogen sind bei ihrem tollen Job.

Das wäre ein „Plan C“.

Prof. Albrecht Goeschel
Gast-Professor Staatliche Universität Rostov
Präsidiumsmitglied
Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale Verona
http://www.prof-goeschel.com
mail@prof-goeschel.com

Alle Rechte beim Verfasser

Buchtipp: Albert F. Reiterer Denkwende – Zur „Schlacht um den Euro“, erschienen bei pad

Wie geht es weiter?, Photo: I-vista via Pixelio.de

Wie geht es weiter?, Photo: I-vista via Pixelio.de

Das „Griechenland-Problem“ lenkt ab. Soll ablenken? Von einer Misere der Europäischen Union überhaupt. Es ist kein Alarmismus, zu behaupten: Die EU befindet sich in einer schweren Krise. Sie kann schon bald so scheitern, dass das eigentlich großartige europäische Projekt dahin ist. Der Euro ebenso. Beides hängt zusammen. Gewissermaßen ist der Euro der eigentliche Sargnagel, am Projekt EU. EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft; der Verf.) war m.E. der ehrlichere Begriff. EU tönt unverdächtiger. Klar, wir Europäer haben die Vorteile von Freizügigkeit und Reisefreiheit ohne Grenzkontrollen. Nicht zu verachten. Wohl vermutlich eher ein süße Dreingabe, gedacht für die Masse der Menschen, damit sie alles andere ohne großes Murren schlucken. Mehr denn je dient und nützt die EU aber der Wirtschaft. Das walte Hugo!

Albert F. Reiterer: „Der Euro ist ein höchst effektives Instrument der Gesellschaftsspaltung.“

Anton F. Reiterer erinnert uns eingangs seiner aktuellen Veröffentlichung „Denkwende – Zur Schlacht um den Euro“ daran, dass alles so gedacht gewesen war: „Euro und WU (Währungsunion; der Autor) wurden als Automatismus einer neoliberalen Zentrum-Peripherie-Struktur in Europa entworfen. Das sollte ständige politische Eingriff zu Gunsten des Großkapitals und der Finanz-Oligarchie überflüssig machen. Alle, die lesen können und wollen, können dies in der Debatte seit Anfang der 1970er nach verfolgen, im Werner- und Tindemans-Plan, im Delors-Bericht, auch im gescheiterten EWS der Prägung von Helmut Schmidt und V. Giscard d‘ Estaing. Der Kern ist: Nicht mehr Abwertungen mit ihrer vergleichsweise schonenden Verteilung der Lasten sollen zum Ausgleich von Produktivitäts-Differenzen zwischen den Starken und den Schwachen eingesetzt werden. An ihre Stelle soll die ‚Innere Abwertung‘ treten, der sinkende Lebensstandart ausschließlich für die Arbeitenden.“ (S. 5/6)

Es gab bekanntlich Experten, die rechtzeitig vor den Folgen der Einführung des Euro warnten, koordinierte man nicht gleichzeitig auch die Sozial- ,Finanz- und Steuerpolitiken der Euro-Länder. Man könnte sagen, die Todesursache trug der Euro sozusagen bereits bei seiner Geburt in seinen Genen.

Reiterer macht den Euro in seiner Wirkung kenntlich: „Der Euro ist ein höchst effektives Instrument der Gesellschaftsspaltung.“

Mit dem Euro in der Falle

Reiterer schreibt von einer „Euro-Falle“. Und in der säßen nicht nur Länder wie Griechenland (Tsipras scheiterte u.a. an ihr), sondern auch wir „in den Ländern des Zentrums, zumindest, soweit wir nicht der Oberschicht und den wenigen Gewinnern aus der Politik des Imperiums angehören“. Reiterer erinnert süffisant daran, dass Deutschland ironischerweise „zu seinem Glück gezwungen werden“ musste. Den Kohl wollte ja zunächst die Währungsunion gar nicht. Doch der französische Präsident Mitterand „stellte Kohl vor die Wahl: deutsche Einigung und WU, oder keines von beiden.“ Kohl schluckte die vermeintliche Kröte. Vermeintlich deshalb, weil Deutschland heute der Hauptprofiteur der WU ist. Frankreich schadet sie eher. Es konnte eine Struktur entstehen, „welche es der deutschen Politik ermöglicht, ihren Willen brutal durchzusetzen.“ (S. 11) Nichts anderes erleben wir im Umgang mit Griechenland. Was ein Volker Kauder (CDU) forderte ist längst bittere Realität: Es wird Deutsch gesprochen in Europa.

Zum Inhalt

Reiterer beschäftigt sich im Kapitel 2 „Denkumkehr – Die „gute“ EU, der Euro und die Folgen auch kritisch mit dem Buch „Nur Deutschland kann den Euro retten. Der letzte Akt beginnt“ von Heiner Flassbeck und Costas Lapavitsas sowie einer Vorbemerkung darin, geschrieben von Ex-Finanzminister Oskar Lafontaine. Sowie mit „Die Konservativen, Sozialdemokraten und Piketty / „Refeudalisierung“? Finanzialisierung: Die Rückkehr des Kapitals – Aus Anlass einer Arbeiter von Piketty/Zucman.

Überhaupt die Sozialdemokraten: Sie tragen nicht wenig Schuld an der derzeitigen Misere. Und da darf man dann auch nicht von den Gewerkschaften schweigen. Gerade in Deutschland, wo sie traditionell eng mit der SPD verbunden sind. Was die Crux ist. In der Zeit Der Schröder-Fischer-Regierung hatten sie bekanntlich deshalb Beißhemmung und verkauften viel von ihrer Seele. Professor Reiterer rät am Schluss seines Büchleins: „Die Gewerkschaften brauchen auf der einen Seite eine Partei, die allgemeinpolitisch in ihrem Interesse handelt. Aber sie dürfen sich von einer solchen Partei nicht abhängig machen, sie müssen Autonomie bewahren.“

Das europäische Volksvertretung, ein „Pseudo-Parlament“

Überhaupt zeichnet der Autor und im Unterkapitel „Und die Gewerkschaften?“

„Das Zentralproblem repräsentativer Demokratie. Das seltsame Gewand der Frage darf uns nicht darüber hinweg täuschen. Vor allem ist es das Hauptproblem der unteren Schichten in der Demokratie. Denn die Vertreter der Mittel- und Oberschichten treten nicht in eine andee Lebenswelt über, wenn sie z.B. Abgeordnete werden. Wohl aber trifft dies für die Abgeordneten zu, die selbst aus den unteren oder den Mittelschichten knapp darüber kommen. Sie werden nicht nur in eine materiell radikal veränderte Lage versetzt: Sie verdienen nu z. B. das Vierfache des mittleren Einkommens. Sie treten auch in eine Berufs- und Lebenswelt ein, die mit der ihren, bisher gewohnten, nichts mehr zu tun hat.“

Auch das Europaparlament – Albert F. Reiterer benennt es als das, was es real ist: als „Pseudo-Parlament“ – wird entsprechend beleuchtet.

Das Imperium mit Demokratiedefiziten

Die EU erscheint (neben dem US-amerikanischem) als Imperium (mit gravierenden Demokratiedefiziten): Die „wichtigste Ausprägung des nachnationalen Staates, die gegenwärtig erkennbar ist“. In diesem Brüsseler Imperium herrsche die „Allmacht des Marktes und der Finanzoligarchie“. Dass das in der Tat so ist, kann man beim griechischen Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis – wenn er über die „Verhandlungen“ im Nachhinein Bericht erstattet. Überhaupt macht der Umgang mit Griechenland deutlich, dass sogar nicht nur von „Institutionen“, sondern auch von den mächtigen europäischen Eliten Demokratie wohl eher als störend empfunden wird.

Fraglos braucht es in Sachen Europa und Euro eine „Denkwende“. Mir sagt das Buch: Wir sollten uns von dem Griechenland-Problem nicht ablenken lassen. Zum Aufwachen sollte es uns bringen! Es ist m. E. kein Alarmismus, zu behaupten: Die EU und der Euro befinden sich in einer schweren Krise. Mir scheint ziemlich sicher: EU und Euro könnten in den nächsten Jahren zerstört und am Ende sein. Eine Neugründung der EU, die nicht nur der Wirtschaft und der Finanzoligarchie zu Vorteilen verhilft, sondern die sozial, gerecht und solidarisch mit ihren Mitgliedern ist, scheint nötig.

Tabula rasa machen

Dafür müsste jedoch erst einmal Tabula rasa gemacht werden. So lese ich es Reiterers Zeilen. In „Politische Konsequenzen“ – aus der Griechenland-Misere – (S. 58) notiert Reiterer an die Adresse der Linken: „Raus aus dem Imperium! Vielleicht sollten wir weniger erratische Marxisten sein, eher konsquente. (…) Man kann die EU nicht in ein soziales Europa verwandeln. Man muss den alten Staat zerschlagen, man muss die Eurozone zerschlagen, man muss die EU zerschlagen.“

Doch vor diesem – wohl unumgänglichen, wenn das Imperium sich nicht selbst den Garaus macht – Schritt muss freilich erst einmal die „Denkwende“ oder, wie es auf Seite 9 der Broschüre steht: eine „Denkumkehr“ erfolgen.

Dann denken Sie mal schön, liebe Leserinnen und Leser. Und lesen Sie – ich empfehle es dringend – als „Denkhilfe“ Reiterers Broschüre! Eine weitere, wieder wie gewohnt liebevoll von Peter Rath-Sanghakorn redaktionell betreute Veröffentlichung im Rahmen des für äußerst lobenswerten pad-Projektes „Ökonomisches Alphabetisierungsprogramm“. Die wachsende Anzahl dieser Veröffentlichungen leisten – jede für sich – einen nicht unerheblichen Beitrag im Sinne des von Immanuel Kantschen „Sapere aude“ .

Albert F. Reiterer: Denkwende. Zur Schlacht um den Euro. pad-Verlag, Bergkamen 2015, 76 Seiten, 5 Euro (für jede Broschüre Staffelpreis ab fünf Exemplaren 4,50 Euro, ab zehn Exemplaren 4 Euro).

Bezug: pad-Verlag, Am Schlehdorn 6, 59192 Bergkamen, E-Mail: pad-Verlag@gmx.net