Die strafende Stadt – Bestrafen der Armen

Einleitende Worte (Claus Stille)

Der Autor Loïc Wacquant hat den Strafrechtsstaat in den USA einer gründlichen Analyse unterzogen. Damit gewinne man, schreibt er auf Seite 41, „unentbehrliches Material für eine historische Anthropologie der sich derzeit vollziehenden Erfindung des Neoliberalismus, denn seit dem Bruch Mitte der 1970er Jahre war Amerika der theoretische und praktische Motor der Entwicklung und weltweiten Ausbreitung eines politischen Projektes, dessen Ziel es ist, alle menschliche Tätigkeit der Vormundschaft des Marktes zu unterstellen“. Das bedeutet eben auch die Menschen in „Würdige“ und „Unwürdige“ einzuteilen. Will sagen: Nützliche und überflüssige Menschen. Millionen Menschen dümpeln in den USA von prekärem Job zu prekärem Job.

Wieder andere landen wegen der eingeführten „Nulltoleranz“ schon wegen Bagatelldelikten im Gefängnis. Neben dem die Menschen drückenden und unter Kontrolle stellenden und bei Verstössen gegen die Auflagen sanktionierendem System des workfare kommt für einen Teil der Überflüssigen ein anderes in Anwendung, das prisonfare. Der Autor spricht von einer „Gefängnisbulimie“. Seit den 1970er Jahren stieg die Zahl der in den USA Inhaftierten stetig an. Nach der Reform des Sozialstaats in der Amtszeit des Präsidenten Bill Clinton im Jahre 1996 bei der die Ärmsten der Armen noch einmal tiefe Einschnitte hinnehmen mussten, erfolgte überdies eine Verschärfung des Strafrechts. Sicherheitsfirmen hatten Hochkonjunktur. Private Gefängnisse – geradezu ein regelrechter Gefängnisinkomplex entstand – hatten sozusagen Hochkonjunktur.

Wacquant nimmt den Leser mit auf eine Reise des Grauens  in das „US-amerikanische Gefängnis-Archipel“. Gefangene werden zwischen den einzelnen Bundesstaaten hin und her verschoben. Die Anstalten seien, notiert der Autor, nicht selten bist zum Bersten überfüllt. Einmal ist davon die Rede, wie Neuankömmlinge vor Gefängnissen mit Bussen sogar hin- und hergekarrt werden (müssen), bis endlich wieder Plätze im Knast frei werden. Die frischen Gefangenen dürfen dabei die Busse auch bei brütender Hitze nicht verlassen. Nicht selten sind sie gezwungen darin zu urinieren. In ihrer Platznot griff New York sogar auf Gefängnislastkähne zurück. Unmenschliche Zustände, die den Leser tief beeindrucken, ja: im Innersten bedrücken dürften! Diese Zustände bedenkend, dämmert einen an mancher Buchstelle, woher das kommen mag, dass Gefangene der USA in Guantánamo und anderso wie Vieh oder noch schlimmer behandelt werden. Manches mal möchte man ob des Beschriebenen angewidert und wütend das Buch sinken lassen. Doch nur Mut: Wir sollten diese Zustände und die „Denke“ die sich hinter diesem menschenunwürdigen System steht unbedingt zur Kenntnis nehmen. All dies hat auch mit der Geschichte der USA zu tun, wie Wacquant ausführt. Gewiss auch mit der Sklaverei und der Rassentrennung.

Scheinlösungen, der Einfluss der Medien und intellektueller Schwindel

Uns Europäer sollte vor allem schwer zu denken geben, wieso einige unserer Regierungen (und von denen ausgerechnet auch noch sozialistisch, sozialdemokratisch geführte wie die von Lionel Jospin (Frankreich), Tony Blair (Großbritannien) und BRD (Schröder) Anleihen beim US-amerikanischen workfare und prisonfare genommen haben. Gewiss hat dies mit neoliberalen Einflüsterungen seitens Kapital und Großkonzernen zu tun. Wacquant geht besonders auf das Beispiel Frankreich bezogen sehr genau darauf ein. Dabei kommt ihm (und uns) zugute, dass er sowohl in den USA als auch in Frankreich forscht. Hauptsächlich dort, konstatiert er, sei diese US-amerikanische Nulltoleranz-Politik und Wegsperrmentalität stark abgekupfert worden. Auch andere westeuropäische Politiker seien regelmäßig in die USA gepilgert um sich von diesem System überzeugen zu lassen und in der Heimat schließlich als Heilmittel zu preisen. Dabei entbehren diese US-amerikanischen Heilmittel, erfahren wir, hauptsächlich die angeblichen Erfolge auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung meist jeder wissenschaftlichen Untermauerung. (…)

Quelle: Aus meiner Rezension des Buches „Bestrafen der Armen“ von Loïc Wacquant.

Das Buch kam mir dieser Tage wieder in den Sinn als ich den Artikel „Die strafende Stadt“ von Laurenz Lurk (Gewerkschaftsforum.de) zu Gesicht bekam. So schlimm, wie es Wacquant beschrieben hat, ist es hierzulande (noch) nicht.

Wir müssen aber begreifen, dass bestimmte Politiker die Anregungen, wie man mit Menschen verfährt, die quasi für die Gesellschaft nicht von Nutzen sind, weil das neoliberale System sie nicht mehr braucht, aus den USA oder Großbritannien bekommen haben. Bedenkenswert: Daraus resultierende Maßnahmen wurden meist von sozialdemokratischen Regierungen ins Werk gesetzt.

Ein Teil dieser ausgegrenzten, aus einer früheren Normalität herausgeworfenen Menschen stören diejenigen, die noch drin sind und meinen, sie betreffe die Not und die Armut der anderen Menschen nicht. Sie wollen diese Armut und deren Bild in ihrer Stadt deshalb auch nicht sehen.

Da greifen manche Städte quasi zu Vergrämungsmaßnahmen. Vergrämung – der Begriff kam mir erstmals zu Ohren, als es darum ging, dafür zu sorgen, dass Tauben von bestimmten Orten in der Stadt vergrämt – heißt vertrieben – werden sollten. Ist es nicht zynisch, den Begriff „Vergrämungsmaßnahmen“ auf Tauben. Menschen zu beziehen? Ja, freilich! Aber es gibt tatsächlich Städte die zu Maßnahmen greifen, um Menschen, die aus dem System gefallen sind zu vertreiben. Wie störende Tauben. Teils mit perfiden Methoden. Ist das nicht eine Vergrämung? Rücksicht braucht man auf diese Menschen so wieso kaum zu nehmen. Sie sind eh keine Wähler (mehr). Weil sie wissen, für sie tut ohnehin keine Partei etwas – außer vielleicht ein paar wohlklingende Worte fallen zu lassen, die nichts kosten, da sie ohnehin nie in Taten umgestzt werden. Diese Menschen stören. Sie sollen weg und möglichst nicht das Straßenbild verunzieren.

Laurenz Nurk hat aufgeschrieben, wie sich das für ihn in Dortmund darstellt. Apropos Dortmund: Ich hörte vor einigen Jahren einen leitenden Mitarbeiter des Ordnungsamtes bezüglich des Klientiels seiner Mitarbeiter*innen sagen: „Wir haben es hauptsächlich mit Abschaum zu tun“. Das schockte mich. Das sagte ein verantwortlicher Mensch in einer von einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister geführten Stadt über Mitmenschen! Der Stadt, die einst „Herzkammer der SPD“ genannt wurde.

Die strafende Stadt

Gastbeitrag Laurenz Nurk (Gewerkschaftsforum.de)

Dortmund war über Jahrzehnte die Hauptstadt der bundesdeutschen Naziszene. In der Stadt gab und gibt es eine gefährliche Meute, die von den Sicherheits- und Verfassungsbehörden systematisch aufgepäppelt wurde und dann im mörderischen NSU-Sumpf mündete. Die Polizei nahm nach dem Mord an Mehmet Kubaşık nicht die Mitglieder der rechten Gruppen in der Stadt ins Visier, sondern ermittelte bei den nach Fahndersprech genannten „Döner-Morden“ vorrangig gegen die Opferfamilie.

Seit dieser Zeit wurden parallel dazu Polizei- und Ordnungskräfte systematisch aus- und aufgerüstet, allerdings für den Einsatz gegen den ärmeren Teil der Bevölkerung in der Stadt.

Eine Stadt, in der in einem Stadtteil 124 Straßen und Plätze von der Polizei als „gefährlich und verrufen“ eingeordnet und die Beamten mit Sonderrechten dort ausgestattet wurden.

Eine Stadt, in der aus dem Kampf gegen Drogen und Armut der Kampf gegen Drogenkonsumenten und Arme wurde und in der die Übergriffe von Polizei- und Ordnungskräfte auf wehrlose Bewohner stetig angestiegen ist.

Eine Stadt, die ein Ort von Sandkastenspielen und Experimentierfeld der aktuellen Polizeigesetze wurde, bei denen die Freiheitsrechte der Einwohner und Besucher massiv mit den Füßen getreten werden.

Eine Stadt, in der im Rahmen der neuen, sogenannten Strategischen Fahndung, mit ihren anlasslosen Kontrollen die Polizei berechtigt ist, wie vormals in der Nordstadt, nun auch in der City „Personen ohne konkreten Verdacht anzuhalten, nach ihrer Identität zu befragen sowie Fahrzeuge und mitgeführte Sachen in Augenschein zu nehmen“ und damit das gelinde gesagt, angespannte Verhältnis zwischen Einwohnern und Polizei- und Ordnungskräften weiter zu verschärfen. Die neuen Polizeigesetze bieten dafür eine Steilvorlage.Die Auswirkungen der „Agenda 2010“ die von der rot-grünen Bundesregierung Anfang des Jahrhunderts auf den Weg gebracht wurde, haben der politischen Kultur und dem sozialen Klima im Land dauerhaft geschadet.

Der Arbeitsmarkt wurde dereguliert, der Sozialstaat demontiert, eine Steuerpolitik betrieben, die den Reichen mehr Reichtum und den Armen mehr Armut gebracht und auch der Mittelschicht deutlich gemacht hat, dass ihr Abstieg jederzeit möglich ist. Damit reagieren die Stärkeren ihre Abstiegsängste, Enttäuschung und ihre Ohnmacht an den Schwächeren ab. Begleitet wird das Ganze von dem Misstrauen gegenüber den Mitmenschen und wenn man sieht, dass der Staat überall ein Sicherheitsproblem entdeckt, das mit martialischen Einsätzen der Sicherheitskräfte entschärft werden muss, dann wird die gefühlte Bedrohung real erlebt und nach dem noch stärkeren Staat gerufen.

Dabei ist es erforderlich, denen, die nichts mehr haben als strafender und disziplinierender Staat entgegen zu treten und den Menschen mit Abstiegsängsten sowie denen mit großen Vermögen einen starken Staat zu demonstrieren.

Dieser Prozess hat sich mittlerweile auch in die Kommunen verlagert.

Da ist es schon erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit eine einzelne Person, hier der Polizeipräsident Gregor Lange, gelernter Verfassungsschützer mit SPD-Parteibuch, eine „strategische Fahndung anordnet, bei der Personen ohne konkreten Verdacht angehalten, nach ihrer Identität zu befragt sowie Fahrzeuge und mitgeführte Sachen in Augenschein genommen werden können“. Betroffen ist der größte Teil der Innenstadt plus angrenzende Bereiche. Bereits im Sommer 2021 ordnete er in der Zeit von Mitte Juni bis Mitte Juli eine strategische Fahndung in der Dortmunder Nordstadt an. Grund dafür war eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei größeren Personengruppen, bei der Molotowcocktails und „weitere gefährliche Gegenstände eingesetzt“ worden seien.  Durch „den konsequenten Kontrolldruck konnten weitere Auseinandersetzungen verhindert werden. Im Rahmen der 1.723 Personenkontrollen konnten Strukturen von handelnden Personen der Auseinandersetzung aufgehellt werden. Die Polizisten nahmen in der Nordstadt 21 Personen fest und fertigten 187 Strafanzeigen sowie 98 Ordnungswidrigkeitenanzeigen an“. Der Polizeipräsident weiter: „Nach einer langen Zeit der Einschränkungen freuen wir uns alle auf die wieder erlangte Freiheit. Wir werden alles daransetzen, dass diese herbeigesehnte Normalität nicht von Straftätern ausgenutzt wird. Wir werden so ein Verhalten nicht tolerieren. Deshalb habe ich die strategische Fahndung angeordnet, um all denen ein klares Signal zu senden, die hier Straftaten begehen wollen. Mit der Anordnung der strategischen Fahndung nehmen wir unseren Auftrag wahr, alle rechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen um alle Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen“.

Die Neufassung des Polizeigesetzes NRW Ende 2018 ermöglicht es der Polizei, neue Wege bei der Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität zu gehen. Es erlaubt die strategische Fahndung der Polizei nach § 12a PolG NRW – Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen (strategische Fahndung):

„(1) Die Polizei darf im öffentlichen Verkehrsraum

  • zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne des 8 Absatz 3 und zur Verhütung von terroristischen Straftaten nach § 8 Absatz 4,
  • zur Verhütung gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität oder
  • zur Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts

Personen anhalten und befragen sowie die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 treffen. Fahrzeuge und mitgeführte Sachen dürfen in Augenschein genommen werden. Die Polizei darf verlangen, dass mitgeführte Sachen sowie Fahrzeuge einschließlich an und in ihnen befindlicher Räume und Behältnisse geöffnet werden; im Übrigen ist die Durchsuchung von Personen, mitgeführten Sachen und Fahrzeugen unter den Voraussetzungen der §§ 39 und 40 zulässig.

Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in diesem Gebiet Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen werden sollen und die Maßnahme zur Verhütung dieser Straftaten erforderlich und verhältnismäßig im Sinne von § 2 ist.

(2) Die Maßnahme ist schriftlich zu beantragen und bedarf der schriftlichen Anordnung durch die Behördenleitung oder deren Vertretung. Umfasst das festgelegte Gebiet die Zuständigkeit mehrerer Behörden, so trifft die Anordnung das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste. Die Anordnung ist zeitlich und örtlich auf den in Absatz 1 genannten Zweck zu beschränken. Sie darf die Dauer von 28 Tagen nicht überschreiten. Eine Verlängerung um jeweils bis zu weiteren 28 Tagen ist zulässig, soweit die Voraussetzungen für eine Anordnung weiterhin vorliegen…“

Verschärfung der Polizeigesetze

In fast allen Bundesländern wurden in den letzten 4 Jahren die Polizeigesetze verschärft. Man muss dies als ein politisches Handlungsziel sehen, dass die präventive Gefahrenabwehr, die in den Polizeigesetzen der Länder geregelt ist, nun auf der Bundesebene einheitlich gestaltet werden soll. Hatte man doch genau diese föderalen Strukturen deshalb aufgebaut, weil im deutschen Faschismus eine ungeheuer große zentralisierte Machtkonzentration geschaffen wurde, was man Ende der 1940er Jahre noch vermeiden wollte.

Heute wird wieder angestrebt, unter dem Deckmantel sich ähnelnder neuer Landespolizeigesetze und so mit einem faktisch bundesweiten Polizeigesetz eine neue Zentralisierung der Staatsmacht zu konstruieren.

Bei der Verschärfung der Polizeigesetze der Länder richtet sich das Hauptaugenmerk gar nicht so sehr auf die vorgebliche Strafverfolgung, die schon einheitlich in der Strafprozessordnung geregelt ist, sondern auf den Bereich der präventiven Gefahrenabwehr, die in neue Polizeigesetze gegossen, dann so etwas hervorbringt:

  • Das präventive Polizeirecht soll eine Gefahr schon dann abwehren, bevor der Schaden eintritt. Das kehrt den bisherigen Grundsatz um, dass ein Eingriff erst dann erfolgen darf, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt. Hier wird die Schwierigkeit entstehen, zu entscheiden, bei welchen Szenarien eine Gefahr droht und welche Maßnahmen gerechtfertigt sind.
  • Alle neuen Polizeigesetze haben sich die Vorfeldkategorie der drohenden Gefahr zu eigen gemacht und daran vielfältige Eingriffe wie Telefonüberwachung oder On-line-Durchsuchungen geknüpft. Hier steht die Quellen-Kommunikationsüberwachung (TKU) im Vordergrund, wobei die „Staatstrojaner“ direkt an der Quelle die Geräte beeinflussen. Gemeinsam mit der Online-Durchsuchung wird der Nutzer vollkommen durchleuchtet und man erhält ein allumfassendes Persönlichkeitsprofil.
  • Die Videoüberwachung ist ein weiteres, gemeinsames Element der neuen Gesetze, es sollen dabei nicht nur die bekannten Örtlichkeiten mit erhöhter Zahl an Straftaten überwacht werden, sondern auch solche Orte, bei denen nach der polizeilichen Prognose zukünftig erhöhte Straftatenzahlen erwartet werden können. Das gleiche Prinzip soll auch bei großflächigen, verdachtsunabhängigen Kontrollen angewandt werden, wenn abstrakt eine Erwartung bestimmter Straftaten besteht, dann sind auch ohne konkreten Verdacht Personen zu durchsuchen, eine typische Einfallstür für das Racial Profiling.
  • Die Strafprozessordnung legt fest, dass jemand, der eine Straftat begeht, nach einem Prozess von einem Gericht verurteilt wird. Das Polizeirecht aber fragt nicht nach Beweisen, sondern nach der Gefahrenlage. Die festgehaltene Person muss nicht wie bisher spätestens am Tag nach der Festsetzung den polizeilichen Gewahrsam verlassen, auch hier wird neuerdings das Prinzip der Präventivhaft eingeführt. In den einzelnen Bundesländern ist die Dauer dieser Haft unterschiedlich geregelt werden, benannt werden Haftzeiträume von einem bis zu drei Monaten.
  • Bisher war der Platzverweis die gängige Maßnahme, Menschen von einem bestimmten Ort zu entfernen. Das soll dahingehend umgekehrt werden, dass die Polizei ermächtigt wird, Personen dazu zu verdonnern, sich nicht von einem bestimmten Platz zu entfernen. Die Befugnisse gehen so weit, auch Kontaktverbote zu bestimmten Personen oder Gruppen auszusprechen. Dieser Hausarrest soll die Person von ihrem sozialen und politischen Umfeld isolieren, wenn nötig, auch mit der elektronischen Fußfessel.

Die neuen Polizeigesetze stärken die Befugnisse der Polizei ungemein, sie wird mit einer riesigen Machtfülle ausgestattet. Der einst positiv besetzte Begriff der Prävention bekommt nun eine ganz neue, unheimliche Bedeutung und die Zahl der Menschen, die in eine konfliktträchtige Konfrontation mit der Staatsmacht geraten, wird ansteigen.

Das Verhältnis zwischen Einwohnern und Polizei- und Ordnungskräften ist aber seit Jahren schon gelinde gesagt angespannt. Die Steigerung der Kosten für Personaleinsatz, für Auf- und Ausrüstung geht gleichzeitig mit einer Steigerung der Konfrontationszenen einher.

124 Straßen und Plätze in der Dortmunder Nordstadt gelten laut Polizei als „gefährliche und verrufene Orte“

Aus der Antwort der NRW-Landesregierung auf eine Anfrage aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass 124 Straßen und Plätze in der Dortmunder Nordstadt als „gefährliche und verrufene Orte“ gelten. Festgelegt wird diese Kennzeichnung von der jeweiligen örtlichen Polizeibehörde, im Fall Dortmund vom Polizeipräsidenten.

Für die Polizei ergeben sich durch diese Kennzeichnung einige Vorteile, so dürfen Polizisten dort vorbeugend gegen verdächtige Personen vorgehen. Nach Paragraf 12 des Polizeigesetzes NRW dürfen Polizisten auch die Identität von Personen feststellen, die sich an einem Ort aufhalten, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

  • dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,
  • sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen

oder sich dort gesuchte Straftäter verbergen.

Normalerweise braucht die Polizei einen Anlass, um Personen zu kontrollieren, z.B. weil sich diese verdächtig verhalten oder ihre Beschreibung zu einer gesuchten Person passt. Diese Voraussetzung fehlt aber an Orten, die als „gefährlich und verrufen“ gelten, und ein Zusammenhang mit der zu kontrollierenden Person unterstellt wird. Dass dies in der Dortmunder Nordstadt schon seit einem Jahr mit der Einführung des Instruments der „Strategischen Fahndung“ möglich ist, macht die Sache nicht besser, sondern verstärkt die Vorwürfe von Willkürmaßnahmen und „Racial Profiling“ noch weiter.

Für die Polizei ist die Einstufung von Straßen und Plätzen der Dortmunder Nordstadt als „gefährliche und verrufene Orte“ mit den damit erweiterten polizeilichen Möglichkeiten eine willkommene Gelegenheit, bei ihrer permanenten, öffentlichkeitswirksamen Präsentation sinkender Zahlen der Kriminalitätsstatistik in der Nordstadt zu glänzen. Sie meint sogar, schon mit der Identitätsfeststellung sei eine sehr umfangreiche Ermittlungsarbeit verbunden, bei der viele Akteure und Einheiten, beispielsweise die Ermittlungskommission Nordstadt, die Schwerpunktstaatsanwaltschaft und der polizeiliche Schwerpunktdienst Nord, viele Puzzleteile zusammentragen, Strukturen klären und schon im Vorfeld einer möglichen Straftat eingreifen können.

Wie das in der Praxis geschieht, zeigen die Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.

Einwohner unter Generalverdacht

Es wird immer mal wieder die seit Jahren schon ständige Präsenz der Ordnungskräfte im Alltagsbild der Nordstadt erhöht und zwar so, dass sich die Einwohner der Nordstadt ständig einschränken müssen und sich unter Beobachtung gestellt fühlen:

  • Die Nutzer des Nordmarktes müssen sich gefallen lassen, dass immer wieder Personenkontrollen bei ihnen durchgeführt werden, bei denen Einzelpersonen von bis zu 6 Ordnungskräften umringt sind, Befragungen ausgesetzt werden und Platzverweise bekommen. Als friedliche Nutzer der Sitzbänke, werden sie mal vom südlichen, mal vom westlichen Teil des Platzes verjagt und förmlich weg gehetzt. Ganze Teile des Nordmarktes werden ohne Grund geräumt, die Sitzbänke sind leer, nur so.
  • Demonstratives Befahren des Nordmarktes von Polizei und Ordnungsamt sind Alltag. Die sogenannten Problemgruppen werden auf Trapp gehalten. Der Nordmarkt als letzter Rückzugsraum soll für sie unattraktiv gemacht werden, ihr Unerwünscht sein überhaupt soll demonstriert werden.
  • Das Abriegeln ganzer Quartiere mit Personenkontrollen, keiner kommt rein, keiner geht raus, soll die Tatkraft der Ordnungskräfte unter Beweis stellen. Dazu gehört auch das martialische Auftreten von Polizei und Ordnungskräften und das öffentlichkeitswirksame Zelebrieren von Durchsuchungen mutmaßlicher Dealer. Hier werden elementare Grundrechte der Nordstadtbewohner verletzt.
  • Es gibt immer wieder Schwerpunkteinsätze der Ordnungs- und Polizeikräfte in der Nordstadt mit besonderem Fokus auf dem Nordmarkt und der näheren Umgebung. Als Grund dafür wird genannt, dass nach „überwiegend regelkonformen Verhalten“ der unterschiedlichen Nutzergruppen (Drogenkonsumenten, Alkohol trinkende Menschen, Zuwanderer aus Südosteuropa) sich das „Verhalten zunehmend verschlechtert“ hätte. Bei so viel Bemühen, um eine Verhaltensänderung herbei zu führen und die vollkommene Rückendeckung durch die Politik, schießen die Ordnungskräfte schnell über ihr gesetztes Ziel hinaus.
  • Da schaukeln sich Stresssituationen zwischen Ordnungskräften und alten Menschen hoch zu einem Katz- und Mausspiel, wie das Beispiel der 78 –jährigen Frau zeigt, der förmlich aufgelauert wurde, um ihr immer wieder Ordnungswidrigkeiten vorzuwerfen. Die Vorwürfe lauten: einen Hund verbotswidrig unangeleint ausgeführt zu haben. Geahndet wurde dieses Vergehen mehrfach: z.B. Kassenzeichen 5414301_ _ mit 48,50 Euro und Kassenzeichen 5450317_ _ mit 73,50 Euro. Ihr 16 Jahre alter Hund, alterserlahmt, war jedes Mal ohne Leine hinter der Frau her zu ihrer Stammsitzbank auf dem Spielplatz getrottet. Als sie das Tier einige Zeit später ordnungsgemäß angeleint auf dem Bürgersteig führte, wurde dem Hund vorgeworfen, einen Unfall verursacht zu haben und ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro – Kassenzeichen 2260055_ _- auferlegt. Der Grund: Sie hatte gegen die Ordnungsverfügung verstoßen, „ihren Hund mit mehr als der erlaubten 1,50 m Leinenlänge geführt zu haben, so dass der Hund ca. 3 Meter in Richtung Straße laufen konnte.“ Die Frau muss ihre kleine Altersrente mit der Grundsicherung aufstocken.
  • Um die angeblichen Regelverstöße auf dem Nordmarkt zu unterbinden, kann der Nordstadtbewohner beobachten, wie Ordnungskräfte mit Hinweis-Tafeln auf rumänisch und bulgarisch ausgestattet über den Platz laufen. Falls die Angesprochenen des Lesens nicht mächtig sind, zücken sie Piktogramm-Tafeln. Die Darstellung von sich in der Öffentlichkeit entleerenden Menschen ist entwürdigend.
  • Selbst auf den Bürgersteigen werden Platzverweise ausgesprochen. Die Personenansammlungen auf den Gehwegen der Mallinckrodtstraße wurden durch die Ordnungskräfte aufgelöst. Fußgänger aus den schrittfahrenden Bullis der Ordnungskräfte angesprochen und gemaßregelt und junge Migranten Personenkontrollen unterworfen, denen eine öffentlichkeitswirksame Körperdurchsuchung vorausging. Was hatten die Jugendlichen verbrochen? Sie sind schneller als üblich gegangen – also scheinbar geflüchtet.
  • Nachdem vor einigen Jahren schon die drogenabhängigen Menschen aus der Innenstadt verdrängt wurden und sich nicht mehr im öffentlichen Raum treffen können, da ihr letzter Treffpunkt auf dem Nordmarkt systematisch zerschlagen wurde, sind viele von ihnen völlig aus dem öffentlichen Bild verschwunden. Sie mussten sich dem Verfolgungsdruck beugen. Kommt es zu größeren Ansammlungen, wie manchmal auf dem Nordmarkt, dem Schleswiger Platz oder der Heroldwiese, wird sofort der Verfolgungsdruck wieder erhöht. Die Menschen sind dann den Drogenfahndern und Strafverfolgern mit den immer neuen Grundrechte einschränkenden Fahndungsmethoden, die das Betäubungsmittelgesetz und die Rechtsprechung mehr oder weniger bieten, ausgesetzt.
  • Schon seit einigen Jahren ist man in der Dortmunder Nordstadt nicht mehr im „Kampf den Drogen“, sondern kämpft jetzt angeblich gegen die Dealer und die Drogenkriminalität. Die Polizei will dem Drogenhandel in einem Verbund aus Bürgern, Stadt, Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei den Nährboden entziehen. Bei der Polizei wurden die verschiedenen Kommissariate und Einheiten besser vernetzt. Die Mitarbeiter der Wache Nord, der Schwerpunkteinheit Nordstadt, zivile Einsatztrupps und Beamte des Rauschgiftkommissariats, sowie Stadt und Polizei gehen gemeinsam vor und nutzen repressive Maßnahmen der Polizei parallel zu ordnungsrechtlichen-, baurechtlichen- und gewerberechtlichen Maßnahmen der Stadt.
  • Nach dem die Sperrbezirksverordnung seit Mai 2011 gilt, wurden Hunderte von Anzeigen gegen Prostituierte, die ihren Drogenkonsum so finanzieren müssen, ausgesprochen – einzelne Frauen erhielten mehr als 20 Anzeigen. Im Verbund mit typischen Drogendelikten wurden Frauen zu Haftstrafen von mehreren Monaten bis hin zu vier Jahren verurteilt. Im Durchschnitt sind rund 20 Frauen, die in der Nordstadt als Prostituierte arbeiten, inhaftiert.
  • Die praktische Handhabe des Betäubungsmittelgesetzes bietet den Strafverfolgern mittlerweile eine Vielzahl von erlaubten und nicht erlaubten Mitteln, wie Funkzellen-Auswertungen, elektronische Auswertung von Datenströmen, Trojanereinschleusung, Zugriff auf ausländische Server, Handy-Überwachungen, Bewegungsbilder, Wanzeneinsatz, Positionsbestimmung per GPS, IMSI-Catcher (Geräte zum Auslesen von Handys), Observationen, Innenraum-Überwachungen, heimliche Durchsuchungen, Strukturermittlungsverfahren, Video-Überwachungen, Finanzermittlungen, Verfallsanordnungen von Geld und Wertsachen, Einsatz von V-Leuten, vorgefertigte Sperrerklärungen zur Aktenunterdrückung und vieles mehr. Hierbei sind nicht mehr die Staatsanwälte und Richter die Herren des Verfahrens, sondern der Zoll und die Polizei. Bei ihren konspirativen Aktionen entziehen sie sich weitgehend der Kontrolle. Die „Bekämpfung der Drogenkriminalität“ rechtfertigt für sie all das, was sie machen und wie sie es machen.
  • Schon im Juni 2014 wurde bekannt, dass die Überwachung mit „stiller SMS“ erheblich zugenommen hat. Schon damals war Dortmund Spitzenreiter in NRW: Unglaubliche, knapp 30.000-mal wurde diese umstrittene Methode in Dortmund im Jahr 2013 angewandt – wie viele Handy- Anschlüsse damit erreicht wurden, liegt im Dunkeln. Weder das Innenministerium in Düsseldorf noch der Polizeipräsident in Dortmund äußern sich dazu. Die Partei Piraten in Dortmund geht nach einer großen Anfrage allerdings davon aus, dass vom Polizeipräsidium Dortmund vom 01.01. bis zum 20.03.2014 allein 20.512 „stille SMS“ entsandt wurden.
  • Die Stadtverwaltung ist sehr daran interessiert, dass innerhalb des Walls bzw. rund um die Konsummeile Hellweg Armut nicht sichtbar wird. Auch hier geht es um Vertreibung, damit die Konsumenten ohne schlechtes Gewissen die Kassen der Geschäftsleute klingeln lassen. Damit dies ungestört gewährleistet ist, kommt es immer wieder vor, dass obdachlose Menschen mit einem Bußgeld überzogen werden. So geschehen zuletzt, als ein Mann an einem Kiosk am Wall übernachtete und von Mitarbeitern des Ordnungsamts aufgeweckt wurde. Man verpasste ihm ein Knöllchen wegen „Lagern und Campieren“ in Höhe von 20 Euro, zu überweisen innerhalb von 7 Werktagen. Geht das Geld bei der Stadt nicht ein, droht dem Mann eine Ersatzfreiheitsstrafe. Erst nach massivem öffentlichem Druck wurde diese Praxis eingestellt.
  • An einem Sommerabend gegen 21.00 Uhr taucht in der Münsterstraße in Höhe des „Nordpol“ ein bulliger junger Mann mit Hooligan-Outfit auf, wirft sich unvermittelt auf einen jungen schwarzen Mann und schlägt ihn zu Boden. Drei junge Leute mischen sich ein und wollen dem Überfallenen helfen. Da gibt der Angreifer sich als Zivilpolizist aus und eine junge Frau, die sich ebenfalls als Zivilpolizistin ausgibt, kommt dazu. Der junge Mann am Boden wird weiter geschlagen und dann verhaftet. Die drei jungen Leute, die dem Opfer helfen wollten, fahren zum Polizeipräsidium, um eine Anzeige gegen den Zivilpolizisten zu stellen. Während die Anzeige aufgenommen wird, klingelt das Telefon im Polizeipräsidium. Nach dem Telefonat wird dem jungen Mann vorgeworfen, sich in einen Konflikt zwischen dem schwarzen jungen Mann und den Zivilpolizisten eingemischt und versucht zu haben, den Verhafteten zu befreien. Es wurde Anzeige erstattet. Gegen den jungen Mann, der wegen Gefangenenbefreiung angezeigt war, wurde im November 2014 verhandelt. Er wurde freigesprochen. Der Richter und der Staatsanwalt lobten ihn noch für seine mutige und uneigennützige Hilfe für das Opfer dieser Polizeiaktion. Das Verfahren gegen den prügelnden Zivilpolizisten wurde schon vorher eingestellt!
  • In Anlehnung an das neue NRW-Polizeigesetz hat der Dortmunder Polizeipräsident aktuell auch weitergehende Videobeobachtungen in der Münsterstraße ins Spiel gebracht und dafür viel Beifall erhalten. Dem Polizeipräsidenten reicht das jedoch alles noch nicht, er droht: „Wir wollen weitere Verbesserungen für die Nordstadt erzielen und auf keinen Fall bei dem Erreichten stehen bleiben.“
  • Im Kampf gegen die „Clan-Kriminalität“ werden fragwürdige Durchsuchungen
    durch Polizei im Verbund mit Zoll, Ordnungs- und Gesundheitsbehörde durchgeführt. Kritiker weisen darauf hin, dass die Polizei hier eigentlich nicht tätig werden darf. Bei genau einer solchen Aktion soll ein Beamter eine schwangere Frau geschlagen, gewürgt und bedroht haben. Dieser Übergriff macht deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern die „Körperverletzung im Amt“ ein strukturelles Problem der Polizei geworden ist, die für den einzelnen Beamten meistens ohne Folgen bleibt, weil die Anzeigebereitschaft gering und Beweisführung bei dem Geschädigten schwerlich ist. Erstmalig konnten die Übergriffe, hier gegen die schwangere Frau, dokumentiert werden, was normalerweise für den Ausgang des Verfahrens ungeheuer wichtig ist. Geholfen hat der Frau das aber nicht, gegen den Schläger in Uniform wurde das Verfahren eingestellt.
Obdachlose Menschen geraten schnell in die Mühlen der Ordnungsbehörden

Das folgende Beispiel zeigt, dass sich am Vorgehen der Stadt Dortmund trotz vielfacher Proteste nichts geändert hat.

Seit Mitte Februar 2021 ist der Stadt Dortmund bekannt, dass obdachlose Menschen ein Lager an der Sporthalle Nord in der Nähe eines Städtischen Kindergartens eingerichtet haben. Da sich der Bereich, in dem das Lager errichtet wurde nicht im öffentlichen Raum befindet, konnte das Ordnungsamt keine weiteren Maßnahmen wie Platzverweise aussprechen oder gar eine Räumung durchsetzen, weil Maßnahmen nur über die Ausübung des Hausrechts (z.B. Hausverbote) durchgesetzt werden können. Weil die Durchsetzung von Hausverboten Polizeisache ist, wurde diese um Amtshilfe gebeten und sie sprach den dort angetroffenen campierenden Leuten Platzverweise aus. Die Entsorgung Dortmund wurde beauftragt die Folien, Matratzen, Decken und teilweise auch Lebensmittel als Müll zu verbringen. Die Maßnahme war jedoch nicht nachhaltig, schon einen Tag später wurden dort 3 Personen schlafend angetroffen. Die Stadt Dortmund forderte die Polizei erneut auf, Platzverweise inklusive Anzeigen auszusprechen und veranlasste, dort eine Absperrung durch Bauzäune anzubringen, um eine weitere Nutzung der Fläche zu verhindern.

Beim Umgang mit den „Problemgruppen“ klebt die Stadt Dortmund seit Jahrzehnten immer an dem gleichen Konzept, das eigentlich gar keins ist, denn mit ihren Ordnungskräften und der Polizei die marginalisierten, kriminalisierten und stigmatisierten Menschen immer nur zu vertreiben und ständig in Bewegung zu halten, jegliches Niederlassen und Ausruhen zu verhindern, ist schlicht nur widerwärtig.

Kontrollen der Einhaltung von Corona-Maßnahmen lassen Situationen eskalieren

Für ausgeschlafene Einwohner in der Stadt Dortmund ist es nichts neues und langjährige reale Praxis, dass obdachlose Menschen mit Ordnungswidrigkeiten drangsaliert werden und saftige Bußgelder zahlen müssen.

Im Rahmen der Kontrollen der Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus wurden obdachlose Menschen systematisch von Polizei und Angestellten des Ordnungsamtes, in fast immer in bis zu 10 Personen umfassenden Einsatztrupps von der Kaufmeile verjagt und mit Bußgeldern überzogen. Auf Ansprache reagieren die Einsatzkräfte äußerst gereizt bis aggressiv und verbieten unrechtmäßig Video- und Fotoaufnahmen von ihrem Handeln.

Widerstand gegen Übergriffe bzw. Rechtsmittel gegen Bußgelder einzulegen ist für die armen Betroffenen keine Lösungsmöglichkeit. Niemand wehrt sich gegen die Bußgelder und der Verwaltungsablauf nimmt schnell Fahrt auf. Die obdachlosen Menschen werden bei Nichtzahlung des Bußgeldes direkt von der Straße für Wochen, manchmal für Monate ins Gefängnis zur Erzwingung gebracht. In der Regel sind bei der Entlassung die Bußgelder noch nicht einmal abgesessen, sondern bestehen weiterhin und oben drauf drohen weitere Vollstreckungen und Gefängnisaufenthalte.

Das Vorgehen der Ordnungskräfte und Behörden im Rahmen der Kontrollen der „Corona- Maßnahmen“ gegen einen obdachlosen Mann, der auf den Rollstuhl angewiesen ist und für das Treffen draußen mit Bekannten in die Mühlen der Ordnungsbehörden geriet, wurde kürzlich endlich einmal in größerer Öffentlichkeit diskutiert. Dies wurde allerdings erst dadurch möglich, dass das Amtsgericht Dortmund ein sensationelles Urteil fällte und die Erzwingungshaft gegen den Mann abgelehnt hatte.

Der Mann hatte im vergangenen Jahr vom Ordnungsamt mehrere Ordnungsgelder wegen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung und wegen Bettelns erhalten. In relativ kurzer Zeit kamen insgesamt 7.325 Euro plus Verfahrenskosten zusammen, aus insgesamt 17 Delikten, von jeweils 25 Euro bis zu 2.200 Euro Bußgeld. Als der Mann nicht zahlte, wollte die Stadt Dortmund ihn ins Gefängnis schicken, um ihn zur Zahlung zu zwingen. Die Behörde stellte Anträge auf Erzwingungshaft.

Die Anträge auf Erzwingungshaft hat das Amtsgericht Dortmund im Dezember 2021 abgelehnt und war in seiner Begründung klar und deutlich: „Sinn und Zweck der Erzwingungshaft ist es, einen Zahlungsunwilligen – nicht Unfähigen – zur Zahlung einer Geldbuße zu zwingen.“ Der Betroffene verfüge „über keinerlei Einkommen“ und „lebt ‚von der Hand in den Mund‘“. Es sei „nicht ersichtlich, inwieweit der Betroffene denn seine Lebensführung bei derart hohen Geldbußen und derart bescheidenen Lebensverhältnissen noch einschränken können soll.“

Das Gericht kritisierte auch die konkrete Vorgehensweise des Ordnungsamtes. Bei der Ahndung der Verstöße „ist das Bußgeld in schematischer Anwendung teilweise enorm erhöht worden, was sogar zur Festsetzung eines einzelnen Bußgeldes in Höhe von 2.200,00 Euro geführt hat. Die offensichtlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen sind dabei nicht berücksichtigt worden.“ Es sei aber „Sache der Bußgeldbehörde schon bei der Ahndung der Ordnungswidrigkeit nur solche Geldbußen festzusetzen, die unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch einen angemessenen Sanktionscharakter haben.“ Die Erzwingungshaft soll „ausdrücklich gerade nicht den Zahlungsunfähigen treffen“.

Das Gericht stellte explizit fest, dass eine Erzwingungshaft nicht als Ersatzfreiheitsstrafe missbraucht werden dürfe oder Gerichte das tun dürfen. Deshalb würden sich Rechtsdezernent und Rechtsamt gegenüber Obdachlosen rechtswidrig verhalten.

Kriminelle Personen, Gruppenstrukturen und Zusammenhänge entdecken

In der Kriminalitätsstatistik für die Nordstadt geht die Zahl der Straftaten kontinuierlich Jahr für Jahr zurück, sie haben den niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht. Gleichzeitig werden die ordnungspolitischen Maßnahmen im Stadtteil hochgefahren. Polizei und Ordnungskräfte sehen da einen seltsamen Zusammenhang. Sie meinen im Ernst, dass sie mit der ständigen Präsenz, kontinuierlichem Druckaufbau, Gängelung von „Problemgruppen“ und freiheitseinschränkenden Maßnahmen Straftaten verhindern würden. Die Strategische Fahndung, als vorläufiger Höhepunkt der umstrittenen Polizeiarbeit in der Stadt, so glaubt die Dortmunder Polizei, sei das Mittel überhaupt für das „Sinken der Kriminalitätszahlen und für ein deutlich verbessertes Sicherheitsgefühl der Bürger“.

Strafen im Zusammenhang mit sozialen Ungleichheiten

Anstelle des polizeilichen Eigenlobs sollte jedoch vielmehr das Strafen in Zusammenhang mit sozialen Ungleichheiten gesetzt werden. Dann wird schnell deutlich, dass die Straftatenraten in der Stadt umso höher liegen, je größer die Einkommensunterschiede in der Stadtgesellschaft sind und arme Menschen immer härtere Strafen erfahren als reiche und schon für Bagatelldelikte drakonische Bestrafungen erfahren.

Die Versuche der zunehmend autoritär auftretenden Stadt, mit Polizei und Ordnungskräften die angeblich entstandenen Kontrollverluste mittels verschärften Strafrechts wieder herzustellen, führen in die Sackgasse. Um die Ruhe in der Stadt zu wahren, muss die Dosis immer wieder erhöht, die Überwachung noch umfassender, die Polizeigesetze verschärft und zur Durchsetzung des Gewaltmonopols weiter aufgerüstet werden.

Überlegt werden sollte, ob eine Lösung nicht in etwas Besserem als dem Strafrecht bestehen könnte. Es könnte beispielsweise eine frühe Konfliktlösung im und durch das soziale Umfeld von Schädigern und Geschädigten gesucht werden, die sich an Wiedergutmachung und Entschuldigung orientiert. Bekannt geworden ist das Konzept der „Restorativen Justice“ nach dem insbesondere das Opfer an der Suche nach alternativen Formen der Konfliktlösung beteiligt wird. Das Konzept könnte eine Alternative zu gängigen gerichtlichen Strafverfahren darstellen oder auch gesellschaftliche Initiativen außerhalb des Staatssystems entwickeln. Untersuchungen ergaben, dass dadurch der Rückfall reduziert und die Zufriedenheit der am Konflikt Beteiligten erhöht werden kann.

Bei der Alternative zur strafenden, autoritären Stadt muss es um eine Politik gehen, die auf allen Gebieten gegen den sozialen Ausschluss des einzelnen Menschen gerichtet ist. So eine Politik umzusetzen kommt im realen Neoliberalismus schon der Quadratur des Kreises gleich.

Quellen: Stadt Dortmund, WAZ, Lorenz Böllinger, Martin Lemke, zeit-online, monitor.de, tagesspiegel.de
Bild: 123rf cco

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Literatur-Empfehlung: „Das Bestrafen der Armen“ Von Loïc Wacqant

Tanz der Toten vor der Air Base Ramstein – Die Atombomben schweben über unseren Köpfen

Gastartikel von Pascal Luig

Vom 19. bis 26. Juni ist es wieder soweit, die Kampagne Stopp Air Base Ramstein veranstaltet ihre alljährliche Aktionswoche. Neben einem einwöchigen Friedenscamp wird es eine große Demonstration am 25. Juni vor der Air Base Ramstein unter dem Motto „Tanz der Toten“ geben. Die Kampagne wendet sich gegen Aufrüstung, fordert eine Beendigung aller Waffenlieferungen, Rückkehr zu Verhandlungen und Diplomatie sowie die Schließung der Air Base Ramstein, verbunden mit einem Prozess der Konversion. Angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine wird sich mancher Leser fragen, wieso mit Blick auf die momentane Bedrohung gegen eine militärische Einrichtung der US-Amerikaner sowie der NATO demonstriert wird. „Die Amerikaner sind da, die NATO ist da, wir sind dadurch eigentlich auch geschützt“ [1], fasst es der Bürgermeister Ralf Hechler von Ramstein-Miesenbach zusammen. Aber entspricht dies auch den Tatsachen? Von Pascal Luig *[*]

Die Rolle der Air Base Ramstein

Fakt ist, dass die zentrale Rolle der Air Base Ramstein in diesem Konflikt von der Öffentlichkeit bisher weitestgehend unbemerkt blieb. Die Militärbasis ist das größte Luftdrehkreuz der US-Streitkräfte außerhalb der USA. Hierüber werden schon jetzt fast alle Personen- und Frachttransporte der US-Streitkräfte während der Ukraine-Krise abgewickelt. Auf der Base befinden sich aber auch wichtige Kommandozentralen, die für den militärischen Flugverkehr von USA und NATO über Europa zuständig sind. Das integrierte Hauptquartier der U.S. Air Forces in Europe kann innerhalb von nur wenigen Stunden Luftangriffe in ganz Europa, einschließlich Russlands, organisieren. Dem AIRCOM Ramstein unterstehen die Luftwaffen aller NATO-Staaten. Eine Befehlszentrale für das sogenannte Raketenabwehrschild der USA und der NATO ist in das AIRCOM integriert. Das Abwehrschild wurde noch vor dem Ukraine-Krieg ausgebaut. Bereits unter Präsident Obama wurde die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen beschlossen. Auf Kriegsschiffen sowie in Rumänien und Polen wurde das Aegis-Kampfsystem, das auch Atomraketen abschießen kann, stationiert. Das Abwehrschild soll die russischen Interkontinentalraketen über Europa abfangen. Das Kampfsystem wird vom Hersteller Lockheed Martin als „ein risikoloses System für die Bedrohungen von heute – ein evolutionäres System für die Bedrohungen von morgen“ [2] angepriesen. Der Zeitraum zwischen der ersten Ortung des Ziels und dem Start der Abfangrakete beträgt unter 15 Sekunden. Dieser technische Fortschritt soll den Einsatz der nuklear bestückten Raketen von russischer Seite quasi unmöglich machen, weil die russischen Raketen ihr Ziel niemals erreichen würden.

Trügerische Sicherheit

Soweit die Theorie. In der Realität stellt sich schnell heraus, dass die trügerische Sicherheit, einen Atomkrieg zu überleben, von den Waffenherstellern, den Militärs und der Politik konstruiert ist. Ein Raketenabwehrsystem ist fehleranfällig und hat niemals eine hundertprozentige Erfolgsquote, die Raketen abzufangen. Zwar gibt es quasi keine Tests des in Ramstein beheimateten Raketenabwehrschildes unter realen Bedingungen, aber aus den Erfahrungen mit anderen Abwehrsystemen, wie dem Patriot-System der NATO oder dem Iron Dome in Israel, können Voraussagen getroffen werden. Die Wahrscheinlichkeit, einen Atomsprengkopf mit einer Abfangrakete zu treffen, beziffern Friedensforscher deshalb auf höchstens 50 Prozent, vielleicht aber auch viel weniger. [3] Die Verteidigung gegen eine ganze Armada angreifender Raketen gilt derzeit als technisch unmöglich. [4] Weltweit gibt es ungefähr 12.700 atomare Sprengköpfe, wovon Russland ca. 6.000 besitzt. Die Annahme, wenn auch nur ein Bruchteil dieser Raketen gestartet wird, ein nukleares Szenario zu überleben, erweist sich somit als eine Lüge. In dem Szenario ist der nukleare Winter, der durch die nicht abgefangenen Atomraketen ausgelöst wird, nicht einmal einberechnet.

Raketenabwehr unter Idealbedingungen

Dies sind natürlich alles Mutmaßungen, da es glücklicherweise bisher zu keinem Einsatz unter realen Bedingungen gekommen ist. Spielen wir also vorsorglich gedanklich das Szenario durch, das Abwehrsystem würde wie gewünscht funktionieren und alle Raketen abfangen. In diesem Falle würden tausende mit Plutonium bestückte Atomraketen hauptsächlich über Europa pulverisiert werden. [5] Plutonium zählt aber zu den giftigsten Substanzen der Welt. Die tödliche Dosis liegt bei 20 bis 60 Milligramm, bereits 80 Millionstel Gramm reichen aus, um mit hoher Wahrscheinlichkeit Lungenkrebs auszulösen. [6] Jede Atombombe besteht aber aus mehreren Kilogramm Plutonium. Es lässt sich leicht ausmalen, was mit der Menschheit passiert, wenn sich diese in der Atmosphäre pulverisieren und über den Erdball verteilen.

In diesem Krieg können wir alle nur verlieren

Die Air Base Ramstein wäre aus den oben genannten Gründen ein Primärziel [7] im Falle eines Atomkrieges. Diese aus geostrategischen Interessen provozierte Krise kann also zu einem militärischen Konflikt führen, bei dem nicht nur die Menschen in der Ukraine, sondern wir alle verlieren.

Eine mögliche nukleare Auseinandersetzung ist derzeit wahrscheinlicher als zu Zeiten des Kalten Krieges. Damals waren die Brücken der Diplomatie nicht überall fragil, es gab ein Rotes Telefon und internationale Verträge, die z.B. die Stationierung von Mittelstreckenraketen untersagten. Die Direktorin der nationalen Nachrichtendienste, Avril Haines, geht davon aus, dass Putin nur Atomwaffen einsetzt, wenn es eine existenzielle Bedrohung für Russland gibt. Dies gelte für den Fall, „wenn er den Eindruck hat, dass er den Krieg in der Ukraine verliert […]“. [8] Angesichts der vom Westen ausgesprochenen Losung, dass Putin diesen Krieg keinesfalls gewinnen darf und der Ruf nach Verhandlungen im Getöse nach Waffenlieferungen nicht einmal mehr in Erwägung gezogen wird, wäre der Weg in die letzten Tage der Menschheit vorgezeichnet.

Deshalb ist es notwendig, diesem Wahnsinn besonnen und deeskalierend entgegenzuwirken. Da dies von Politik und Medien leider kaum zu erwarten ist, ist es umso wichtiger, dass von der Bevölkerung ein Zeichen des Friedens gesetzt wird. Darum protestiert die Kampagne Stopp Air Base Ramstein vom 19. bis 26. Juni. Informationen zu Friedenscamp, Demonstration und der gesamten Aktionswoche finden sich auf http://www.stoppramstein.de. Nur wenn wir mit vielen gemeinsam für den Frieden demonstrieren, können wir das Kriegsgeheule von Politik und Medien stoppen.


[«*] Pascal Luig ist Historiker und Politikwissenschaftler und über viele Jahre in der Friedensbewegung aktiv. Er ist einer der Initiatoren der 2015 gegründeten Stopp Air Base Ramstein Kampagne. Seit 2018 ist er Geschäftsführer der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative – Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss).


Fußnoten:

[«1] https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/kaiserslautern/ramstein-buergermeister-ralf-hechler-zum-ukraine-krieg-und-der-air-base-100.html
[«2] https://www.lockheedmartin.com/content/dam/lockheed-martin/rms/documents/aegis/Aegis-trifold.pdf
[«3] https://www.deutschlandfunk.de/was-bringt-der-nukleare-raketenabwehrschirm-der-nato-100.html
[«4] https://de.wikipedia.org/wiki/National_Missile_Defense
[«5] https://www.heise.de/tp/features/Raketenabwehrschild-Sicherheitsberaterin-auf-Kaffeefahrt-6661571.html
[«6] https://rp-online.de/politik/so-gefaehrlich-ist-plutonium_aid-13558897
[«7] Neben den in Büchel gelagerten Atombomben.
[«8] https://www.nachdenkseiten.de/?p=83870

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

NATO-oliv-Habeck wird Deutschland ruinieren

Der untauglichste Wirtschaftsminister aller Zeiten erweist sich nur als „nützlicher Idiot“ der USA – und tGareibt Deutschland in die Armut

Gastbeitrag  von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Ich will Sie nicht vergackeiern“ schleimt Robert Habeck vor hundert Raffinerie-Arbeitern im brandenburgischen Schwedt. Beflissen berichtet die Tagesschau [1], wie der Grüne Minister für Wirtschaft und Umweltschutz hier einen auf ehrliche Haut macht. Selbstverständlich – wir leben schließlich in einer Informationsdiktatur – schweigt sich die wichtigste TV-Nachrichtensendung der Republik jedoch darüber aus, dass Habeck im Auftrag des „Paten“ in Washington das Gegenteil von dem tut, was er sagt: Er verkauft seine Zuhörer für dumm. Er drängt die deutsche Wirtschaft in den Abgrund. Von charakterlosen Journalisten hochgejubelt, besticht der „Superminister“ leider nur mit fachlicher Ahnungslosigkeit und großer Klappe. Ein anonym gebliebener Parteifreund: „Er hält sich für Gottes Geschenk an die Menschheit“. [2] Ja dann …! Dann ist unser reicher und mächtiger Wohlfahrtsstaat wohl bald beim Teufel.

Der ehemalige Schweizer Geheimdienstoffizier und NATO-Berater Jacques Baud erachtet regierende Politiker vom Schlage des Habeck als ein in Kriegszeiten schwerwiegendes Problem des “Wertewestens”:

„… ich glaube, an dem Beispiel der Ukrainekrise sieht man, dass die europäische Führungsebene nicht besser ist als das, was wir in den USA haben. Wahrscheinlich eher noch schlimmer … dass wir Leute haben, die ohne jede Grundlage Entscheidungen treffen, und das ist extrem gefährlich.“ [3]

Tagesschau-Journalismus und Ehrgefühl schließen sich mittlerweile aus. Die ARD-aktuell-Redakteure bringen Gossen-Propaganda. Andere Blickrichtungen aufs Weltgeschehen als die Washington und Berlin genehmen werden nicht geduldet. Daher unser Begriff „Informationsdiktatur“. Nicht Experten wie Baud kommen zu Wort, auch kein Willy Wimmer (CDU), vormals Staatssekretär im Kabinett Kohl:

„Erreicht wurde zugunsten der USA eine Reduzierung des EU-Potentials als Konkurrenz, vor allem bei Deutschland, das verarmen wird.“ [4]

Auch die Altersweisheit eines Klaus von Dohnanyi schafft es nicht in die Tagesschau-Nachrichten:

„Für Kriege gibt es immer Geld … Alles begann Ende Dezember 2013 mit dem Besuch der US-Außenpolitikerin Victoria Nuland auf dem Maidan in Kiew. Damit drohte der Ukraine das Schicksal von Jugoslawien, Irak, Libyen, Syrien, Afghanistan: blutige Machtergreifung, Zerstörung, Krieg.“ [5]

Jederzeit hingegen finden faschistoide Russenhasser und Kriegshetzer wie der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk mediale Aufmerksamkeit, eine Knallcharge, die wegen ihrer gülletriefenden Beschimpfung deutscher Politiker [6] längst hätte heimgeschickt werden müssen. Die Tagesschau wittert Gemeinsamkeiten und hält ihm eilends das Mikrophon hin. In der verworrenen Gedankenwelt dieser Marktschreier wird gegen alle Erfahrung und Vernunft argumentiert und gehandelt. Die andere Seite, die Vladimir Putins oder Gerhard Schröders, sind zu entmenschlichen und zu beseitigen. Weil „Russland diesen Krieg nicht gewinnen darf“. Ein Naturgesetz? Wo steht das geschrieben? In den Programmrichtlinien der öffentlich-rechtlichen-Rundfunkanstalten jedenfalls nicht.

Ethikfreie Gesinnungstäter

Habeck, Baerbock, Strack-ZimmermannRobert Habeck mit Moderator Aladin Al Mafaalani nach dem Talk im DKH. Noch unbescholten. Foto: C. Stille

und Kanzler Scholz liefern sich einen Wettstreit um die dümmste und gefährlichste politische Aufwartung. Sie versuchen, Deutschland im Auftrag Washingtons zumindest ökonomisch Selbstmord begehen zu lassen. Dem Marionetten-Regime in Kiew Waffen zur Verlängerung des Krieges liefern ist o.k., Öl und Gas aus Russland kaufen ist nicht o.k. Nach diesem neudeutschen Glaubenssatz gelten weder ukrainische Menschenleben etwas noch die vitalen Interessen der deutschen Bevölkerung. [7] Von der friedenspolitischen Tradition, keine Rüstungsgüter in Spannungsgebiete zu liefern, schon gar nicht an Kriegsparteien, haben wir uns zu verabschieden. Habeck und Konsorten wollen es so. Das „Geschenk Gottes an die Menschheit“ sagt unverblümt, was seine ethikfreie Sache ist:

„Mit den Waffen, die auch ich, Robert Habeck, in die Ukraine geschickt habe, werden also höchstwahrscheinlich Menschen getötet. Die Entscheidung war trotzdem, gemessen an den Alternativen, notwendig.“ [8]

Seit Kindesbeinen haben wir gelernt, dass Konflikte nicht mit Schlägereien gelöst werden. Habeck aber behauptet, Töten sei „notwendig“. Der Gedanke, dass es sich bei den meisten Getöteten um „befreundete“ und längst erschöpfte ukrainischen Soldaten handelt [9], bewegt ihn offenbar nicht. Parole: Weitersterben! Und wie es ohne Gas und Öl aus Russland in Deutschland weitergehen soll, muss er uns auch nicht verraten, wo er doch selbst keinen blassen Schimmer davon hat. [10]

Habeck, der NATO-oliv-Grüne, zeigt sich immerhin leidensfähig: Er meint, nicht ins Gehör, sondern in eine rückwärtige, weiter südlich gelegene Körperöffnung seines amerikanischen Kriegsherrn hineinkriechen zu müssen. Tief! Tiefer! Das kommentiert er bei einem USA-Besuch so:

„… Je stärker Deutschland dient, umso größer ist seine Rolle“. [11]

Und wenn der Dienst in servilen Kriegsdienst entartet, dann findet Habeck das eben alternativlos. Mitte März hatte er noch erklärt:

„Wir können nicht in einen Krieg mit Russland ziehen. Wir können keinen Dritten Weltkrieg riskieren.“ [12]

Anfang Mai dann seine verbale Volte:

„Ich habe keine Angst vor einem Dritten Weltkrieg“. [13]

Wir glauben ihm. Angst vor dem Weltkrieg wäre ein Nachweis von Intelligenz und Empathie. Man möchte auf den Einwurf seines Parteigenossen Fischer zurückgreifen: „Mit Verlaub, Sie sind ein …“. Habeck ist ein unappetitlicher Aufschneider, unfähig, durchdachte und verantwortungsbewusste Entscheidungen in angespannten Krisenzeiten zu fällen. Der dritte Weltkrieg – Schlachtfeld Mitteleuropa – wäre eine Menschheitskatastrophe. Sogar US-amerikanische Experten warnen in ihren Analysen des Ukraine-Konflikts:

„USA und NATO haben … in großem Maße dazu beigetragen, eine Krise auszulösen … die zum Dritten Weltkrieg führen könnte. Das wäre das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Und wenn die Menschen nicht anfangen, sich auch der Diplomatie zu bedienen, werden wir in den Dritten Weltkrieg stolpern … [14]

Habeck und seine Grünen-Entourage propagieren statt Frieden die Eskalation der Gewalt, gegen die Interessen breiter Teile der Bevölkerung.

Fatale Fehlbesetzung

Habeck, der waffenschiebende US-Lakai, ist auch als „Superminister“ fatal. Er wollte partout das Doppelamt eines Wirtschafts- und Klimaschutz-Ministers – und hat sich übernommen. Maulheldentum, fehlende ökonomische Kompetenz, Mangel an selbstkritischem Bewusstsein plus Vetterleswirtschaft prägen seinen Regierungsstil. Kaum im Amt, versorgte er zum Beispiel seine Kumpel mit lukrativen Pöstchen. Typisch dafür: die Schwippschwager-Affäre „Graichen/Kellner“. [15]

Kurz vor der Bundestagswahl 2021 sagte Habeck zur ungewöhnlichen Inflationsrate von damals immerhin schon 4,1 Prozent:

„Die Preissteigerungen liegen im Rahmen des Erwartbaren.“ [16]

Als soziale Gegenmaßnahme versprach Habeck eine „sofortige“ Erhöhung des Mindestlohnes und eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze mit einem Sofortzuschlag von 100 Euro. [17] Das war vor der Wahl. Nach der Wahl reichte es nur noch für eine mickrige Mindestlohn-Erhöhung um 1,25 auf 12 Euro, jedoch erst ab Oktober 2022; die Hartz IV Regelsätze dagegen bleiben unverändert.

Die Ärmsten der Gesellschaft leiden aber am meisten unter der Inflation. Die beträgt durchschnittlich bereits 7,5 Prozent, bei Lebensmitteln 8,6 Prozent und bei Energie sogar 35,3 Prozent. [18] Sozialhilfe-Empfänger sollen zwar eine Einmalzahlung von 200 Euro bekommen, allerdings erst am 1. Juli. Aufs Jahr gerechnet sind das monatlich nur rund 17 Euro. Damit lässt sich nicht einmal die Hälfte der Preissteigerungen für Lebensmittel auffangen, der Preisauftrieb geht aber weiter. Schon jetzt muss der Sozialhilfebezieher mit 5 Euro täglich für drei Mahlzeiten auskommen.[19]

Dazu schweigt der werte Wirtschaftsminister Habeck. Es macht halt mehr Spaß, im gepanzerten First-Class-Dienstwagen zu Aufschneider-Partys zu gondeln, als sich um Bedürftige zu kümmern. [20]

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren (und) Schaden von ihm wenden … werde“.

Auch Habeck hat zu diesem Spruch die Hand gehoben. Der Amtseid hat allerdings nur deklamatorischen Wert. Ihn zu brechen ist nicht strafbar. [21]

Die EU hat bisher 770 Sanktionen über Russland verfügt, die USA mehr als 1000. [22] Für einen erklecklichen Teil hat auch Habeck gestimmt. Als Folge dieses Sanktionsregimes werden wir gigantische volkswirtschaftliche Schäden hinnehmen müssen. Habeck stört das nicht:

„Es ist viel Mühe darauf verwendet worden, die Sanktionen so zu formatieren, dass sie möglichst scharf in Russland wirkten und möglichst wenig die deutsche Wirtschaft treffen … ein gewisser Schaden wird natürlich immer bleiben“  [23], [24]

tönte er am 23. Februar. Zweieinhalb Monate später sehen wir, was aus den großmäuligen Ansagen geworden ist. Russland zeigt sich von den Sanktionen unbeeindruckt, der Rubel hat an Wert gewonnen. Die russische Wirtschaft wird nicht „ruiniert“ (Baerbock), sie wird vielmehr zielstrebig konvertiert und auf eine Zukunft außerhalb des schrumpfenden Einflussbereichs der USA ausgerichtet. Hingegen ist mehr als ein Drittel der ukrainischen Infrastruktur bereits zerstört (Brücken, Eisenbahnlinien, Straßen, Tanklager); der Wiederaufbau des Staates wird mindestens 600 Milliarden Euro kosten. Nicht die ukrainischen Oligarchen werden diese Unsumme aufbringen, sondern die EU soll/will dafür einstehen [25], konkret: hauptsächlich der deutsche Steuerzahler. Geht das in die Köpfe?

Massenflucht und Folgekosten

Der grüne Doppelminister Habeck lag mit seiner Einschätzung von Anbeginn daneben: Es bleibt nicht nur bei einem „gewissen Schaden für uns“, sondern wir steuern auf eine Katastrophe zu. In der Ukraine haben bereits fast ein Drittel der Erwerbstätigen ihre Arbeitsplätze verloren. [26] Fünf Millionen Ukrainer sind schon geflüchtet, 600 000 nach Deutschland. Die Zahlen werden steigen. Und sie steigen, je länger sich der Krieg dank der westlichen Waffenlieferungen und Milliardengeschenke noch hinzieht.

Eine Schätzung der Kosten für die Grundversorgung aller geflüchteten Ukrainer beläuft sich auf 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Für Deutschland werden circa 3 Milliarden Euro erwartet. Die Bundesländer rechnen allerdings bereits mit 10 Milliarden Euro. [27], [28] Das Ende ist damit noch längst nicht erreicht. Wegen des Bruchs einiger Lieferketten und des Wegfalls wichtiger Rohstoffe aus Russland sowie wegen der drastischen Kostensteigerungen für Energie werden Stützungsmaßnahmen unumgänglich: mindestens 100 Milliarden Euro, wenn nicht reihenweise Unternehmen pleite und hunderttausende Arbeitsplätze verloren gehen sollen.

Was fällt dem fürs wirtschaftliche Wohlergehen zuständigen Superminister Habeck dazu ein? Dieses:

„Wir werden uns aber natürlich selbst schaden. Das ist ja völlig klar. Der Sinn von Sanktionen ist, dass eine Gesellschaft, in diesem Fall die europäische Gesellschaft, Lasten trägt. Die Wirtschaft, die Verbraucher, die Konsumenten. Alle werden einen Beitrag leisten müssen. [29]

„Ja da legst di nieder und stehst nimmer auf“, sagt der Bayer. Das kommt davon, wenn man Grüne wählt und zu Ministern macht. Schauen wir mal, was Habeck zu den Sanktionsfolgen noch zu sagen wusste:

„Richtig ist selbstverständlich, dass höhere Verbraucherpreise und gerade auch höhere Preise an der Zapfsäule die Menschen sehr unterschiedlich belasten. Menschen, die weniger Geld haben, werden proportional stärker belastet, es sei denn, man gleicht das politisch aus.“ [30]

Tja. Es sei denn. Es war bloß bisher nicht. Die Kraftstoff-Preise sind um weitere 70 Prozent gestiegen. Für „politischen Ausgleich“ zu sorgen hatten Herr Minister leider noch keine Zeit. Zu regeln wären im Schnitt 700 Euro Mehrkosten pro Haushalt. [31] Vorgesehen ist zwar eine einmalige Energiekosten-Hilfe von 300 Euro für Arbeitnehmer, die soll aber versteuert werden. Leer ausgehen werden die Rentner, obwohl sie mehrheitlich – Stichwort „Altersarmut“ – eine Energiekosten-Unterstützung besonders dringend bräuchten. Bomben und Panzer für die Ukraine haben demgegenüber Vorrang. Man kann halt nicht alles auf einmal finanzieren.

Viele Mitmenschen heizen ihre Wohnungen noch mit Öl und sind überhaupt nicht in der Lage, von jetzt auf gleich auf Wärmepumpe umzustellen. Für einen 4-Personen-Haushalt und bescheidene 2000 Liter Ölverbrauch entstehen jährlich schon jetzt weitere Mehrkosten von 2000 Euro, Tendenz rasant steigend. Kommt das von Habeck und Baerbock unterstützte Ölembargo der EU gegen Russland tatsächlich zustande, dann werden die Preise geradezu explodieren.

Dabei ist es erst wenige Wochen her, dass Habeck die Idee mit dem Ölembargo noch überhaupt nicht witzig fand. Sein Durchblick reichte allerdings nicht weit. Der EU-Boykott von russischem Öl könne bewirken,

„dass die europäische Wirtschaft wankt, richtig eine schwere Rezession erleidet, und wir damit die anderen Sanktionen gar nicht mehr durchhalten können.“ [32]

Schwere soziale Schäden einer Rezession? Egal. Aber wegen „richtig schwerer Rezession“ die Sanktionspolitik gegen Russland nicht mehr durchhalten können, das geht gar nicht. Ist der Mann noch bei Trost?

Seine Besorgnis, die EU würde nach einem Schuss ins eigene Knie Russland nicht mehr richtig trietzen können, hat Habeck inzwischen überwunden. Auch er ist jetzt für den EU-Ölboykott. Und das, obwohl er weiß, dass trotz der drastischen Verteuerung des Öls der Gaspreis weiter daran gekoppelt bleibt, sich Gas also ebenfalls exorbitant verteuert und dann Matthäi am Letzten ist. Und obwohl er wissen müsste, dass Russland aufgrund des EU-Boykotts zwar etwas weniger Öl exportieren wird, dafür aber höhere Preise verlangen kann. Russland dürfte laut dem US-Informationsdienstleister Bloomberg schon jetzt sogar Rekordeinnahmen mit seinen reduzierten Energieexporten erzielen. [33] Ein echtes „Win-Win“ für Moskau, wie der gebildete Ostfriese sagt. Das russische Öl ist nicht per EU-Boykott aus dem Markt zu werfen:

„Es ist unmöglich, die Herkunft von Rohöl, einschließlich des russischen, zu identifizieren, wenn es anderswo raffiniert und als ein Produkt aus diesem Land weiterverkauft wird“,

sagte Shell-Chef Ben van Beurden. [34] Träumt der Grüne Habeck also nur den Traum seiner Parteifreunde weiter [35], mittels einschneidender Verteuerung des Ölpreises den CO2-Ausstoß zugunsten des Klimaschutzes zu verringern? Träumt er das unter der Daunendecke „Freiheit für die Ukraine“?

Mach ´nen Diener, Robert

„Bückling für Deutschland“ machen, das kann er. Im Golf-Scheichtum Katar suchte Habeck nach teurem Flüssiggas als Ersatz für das wesentlich billigere und ökologisch bessere „Russengas“ aus der Pipeline. Vor dem Emir Al Thani, einem Sklavenhalter und Menschenrechtsverächter der Extraklasse, machte er einen so tiefen Diener, dass sein Kopf fast auf Ebene des Hinterns lag. Der Videoclip mit dieser Szene ist eine arge Peinlichkeit. Doch auf die ARD-aktuell war Verlass: Sie zeigte nicht die originalen Zappelbilder, sondern nur eine überarbeite Version, in der  Habeck dem allmächtigen Herrscher noch aufs Kinn sieht und nicht schon auf die Füße. [36],[37]

Aus der „Energiepartnerschaft“ zwischen Katar und Deutschland wird wahrscheinlich aber nichts, der gewünschte Vertragsabschluss droht zu platzen. [38] Habeck kann seinen Tunnelblick weiterhin auf das Null-Gas/Null-Öl/Null-Kohle-Ziel richten. Bis es erreicht ist, will er die deutsche Energielücke mit dem teureren, schmutzigeren und kalorienärmeren Fracking-Gas aus USA füllen lassen:

„Alle Schritte, die wir gehen, verlangen eine enorme gemeinsame Kraftanstrengung aller Akteure und sie bedeuten auch Kosten, die sowohl die Wirtschaft wie auch die Verbraucher spüren. Aber sie sind notwendig, wenn wir nicht länger von Russland erpressbar sein wollen.“

Das freut den Ami. Denn für den wollen wir gerne erpressbar sein. Der importierte im April eine Extraportion russisches Öl [39] und freut sich darüber, wie stumpfsinnig die Berliner Polit-Mollusken ihm trotzdem parieren und selber Sanktionsdisziplin wahren.

Russland ist jetzt auch auf den Geschmack gekommen, sanktioniert nun seinerseits deutsche Gasversorger und schickt kein Gas mehr durch Polen nach Deutschland. [40] Wir brauchen füglich neue Gaslieferverträge, und die werden garantiert noch teurer als alle bisherigen. Durchhalteminister Habeck hat´s geschnallt: „Damit diese Preise erbracht werden können, braucht es finanzielle Garantien, und die werden wir geben.“

Schön schön. Bloß, dass man Gas mit Geld bezahlt und nicht mit Garantien. Neuerdings in Rubel, weil die Russen nicht noch einmal ihre Auslandskonten beklauen lassen wollen. Habeck-Minister gibt es in Moskau nämlich nicht. Solche Typen sitzen dort höchstens in der Poststelle.

Quellen:  

[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/raffinerie-schwedt-habeck-101.html

[2] https://www.focus.de/politik/deutschland/biografin-erklaert-methode-habeck-fuer-seinen-gegner-mag-es-sich-wie-noetigung-anfuehlen_id_24293361.html

[3] https://www.nachdenkseiten.de/?p=83221

[4] https://seniora.org/politik-wirtschaft/dringend-was-ist-um-die-ukraine-los-ergebnisse-des-kuestenfunks

[5] https://twitter.com/i/status/1521334491494686722

[6] https://www.heise.de/tp/features/Arschloch-Leberwurst-Putin-Versteher-Die-Top-Ten-der-Andrij-Melnyk-Attacken-7081189.html

[7] https://qpress.de/2022/05/11/putin-kann-der-eu-bei-russland-sanktionen-helfen/

[8] https://www.rnd.de/politik/waffen-fuer-ukraine-habeck-kritisiert-promis-fuer-brief-an-kanzler-scholz-2C2SR2M5TVC7BO6BG7OYQSTVYQ.html

[9] https://www.digitaljournal.com/world/ukraine-seeks-to-stall-relentless-russian-onslaught-in-donbas/article

[10] https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/519291/Gefaehrlicher-Blindflug-Habeck-hat-keinen-Plan-wie-es-nach-einem-OEl-Embargo-weitergehen-soll

[11] https://www.focus.de/politik/deutschland/besuch-in-den-usa-habeck-sieht-deutschland-in-einer-dienenden-fuehrungsrolle_id_61552626.html

[12] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/habeck-lemke-101.html

[13] https://www.presseportal.de/pm/9377/5212964

[14] https://scheerpost.com/2022/03/25/ted-postol-what-you-really-need-to-know-about-the-threat-of-nuclear-war/

[15] https://taz.de/Wirtschafts–und-Klimaministerium/!5822657/

[16] https://www.sueddeutsche.de/politik/inflation-parteien-bundestagswahlkampf-1.5340364

[17] https://www.derwesten.de/politik/hartz-4-satz-erhoehung-2022-robert-habeck-regelsatz-inflation-id234306787.html

[18] https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/_inhalt.html

[19] https://www.kreiszeitung.de/politik/gesund-leben-mit-hartz-4-iv-bezieher-empfaenger-allgii-viel-rat-und-wenig-hilfe-aus-der-spd-91499903.html

[20] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/flottenmanagement/bundesregierung-das-sind-die-neuen-und-alten-dienstwagen-der-minister/28066820.html

[21] https://www.bundestag.de/resource/blob/824992/ecff38ec4faf0149accb69f4720878cd/WD-7-142-20-pdf-data.pdf

[22] https://de.statista.com/themen/9109/sanktionen-gegen-russland/#topicHeader__wrapper

[23] https://www.wallstreet-online.de/nachricht/15092545-habeck-rechnet-folgen-sanktionen-deutschland

[24] https://freier-einblick.de/2022/02/24/habeck-sanktionen-gegen-russland-werden-auch-deutschland-treffen/

[25] https://www.tagesschau.de/inland/von-der-leyen-417.html

[26] https://www.n-tv.de/ticker/Nach-Berechnungen-der-UNO-fast-ein-Drittel-aller-Arbeitsplaetze-in-der-Ukraine-verloren-article23324650.html

[27] https://www.cgdev.org/article/new-analysis-hosting-ukrainian-refugees-could-cost-nations-around-world-estimated-30-billion

[28] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ukraine-krieg-streit-um-fluechtlingskosten-die-ministerpraesidenten-sind-auf-180-/28235334.html

[29] https://sciencefiles.org/2022/05/03/habecks-haerten-sanktionen-zur-schaedigung-der-eigenen-wirtschaft-bettelarm-aber-gluecklich/

[30] https://www.rnd.de/politik/benzinpreis-robert-habeck-wirft-kritikern-unehrlichkeit-vor-P36WHXITHNHYLNI4UZ3DV7POLU.html

[31] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73902/umfrage/pkw-kraftstoffverbrauch-der-privaten-haushalte-in-deutschland/

[32] https://www.boerse-frankfurt.de/nachrichten/05d4a804-363d-4744-83c7-cf7622aec3ee

[33] https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/usa-importieren-mehr-russisches-oel-und-heben-sanktionen-fuer-russische-duengemittel-auf/

[34] https://www.businessinsider.de/wirtschaft/shell-chef-sagt-es-gaebe-kein-system-um-russisches-oel-zurueckzuverfolgen-das-in-anderen-laendern-raffiniert-wurde-a/

[35] https://www.freethewords.com/2022/05/04/gruene-juchzen-benzinpreis-von-drei-euro-rueckt-in-greifbare-naehe/

[36] https://www.wochenblick.at/politik/ard-bildmanipulation-minister-habeck-ploetzlich-auf-augenhoehe-mit-katar-scheich/

[37] https://aktuelle-nachrichten.app/ard-bildmanipulation-minister-habeck-ploetzlich-auf-augenhoehe-mit-katar-scheich/

[38] https://www.tichyseinblick.de/meinungen/habeck-de-industrialisierung-schreitet-voran/

[39] https://krass-und-konkret.de/politik-wirtschaft/usa-importieren-mehr-russisches-oel-und-heben-sanktionen-fuer-russische-duengemittel-auf/

[40] https://www.n-tv.de/wirtschaft/der_boersen_tag/Neue-Vertraege-fuer-Gazprom-Germania-Toechter-kein-Gas-mehr-ueber-Jamal-article23327854.html

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Hinweis: Das ist ein Gastbeitrag

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Volker Bräutigam (links) und Friedrich Klinkhammer. Foto: C. Stile

#ichkannnichtmehr – Das Portal meinungsvielfalt.jetzt

Der Journalismus ist mindestens seit 2014 gewaltig auf den Hund gekommen. Ja, Sie erinnern sich richtig: Das war die Zeit des vom Westen unterstützen Maidan-Putsches in Kiew – der Beginn der Ukraine-Krise. Schon damals verloren viele Leserinnen und Leser das Vertrauen in die Medien. Dabei mag die Krise des Journalismus durchaus auch schon früher begonnen haben. Journalismus erfüllte – zumindest der der Konzern- und öffentlich-rechtlichen Medien nicht mehr die Kriterien, welche als Auftrag an die sogenannte Vierte Macht in der Gesellschaft gestellt werden. Nämlich bezüglich der Regierenden und Mächtigen als watchdog aufzutreten und offen zu machen, wenn die Demokratie in Gefahr ist – wenn etwas falsch im Staate läuft. Stattdessen erlebten wir vielfach, dass Medien Regierungspropaganda machten. Ihren traurigen Höhepunkt erlebte diese Propaganda in der Corona-Krise. Und jetzt im Ukraine-Krieg haben die Medien noch einmal ein Zahn zugelegt. Unerträglich!

Schon damals 2014 habe ich mich gefragt, ob es denn nicht in den Medien Journalisten gibt, die bei dieser Art von „Journalismus“ ein verstärktes Bauchgrimmen verspüren. Mit Sicherheit gab und gibt es die. Doch, sich diesbezüglich aus dem Fenster zu lehnen und öffentlich Kritik zu üben, dürften Hemmnisse entgegenstehen. Man musste gewiss mit Herabsetzung oder gar Jobverlust rechnen, wenn man nicht – wie das in DDR hieß – auf Linie war.

Da fällt mir was ein. Zu DDR-Zeiten arbeitete ich an einem Theater. Und in der Freizeit schrieb ich als Volkskorrespondent für eine Bezirkszeitung der SED. Heute wird mir der Begriff Volkskorrespondent oft vorgeworfen und ich werde diffamiert. Dabei hieß das nichts anderes, als jemand zu sein, der als ehrenamtlicher Journalist Artikel (also als jemand aus dem Volk) für die Zeitung berichtet. Für die einzelnen Artikel gab es eine geringes Honorar. Heute, da der Begriff „Volk“ ja offenbar verpönt ist, wird als Volkskorrespondent irgendwie von machen Zeitgenossen gleich mit „völkisch“ assoziert. Und es gibt Leute, die dahinter gleich einen mehr oder weniger verkappten AfDler oder gar Reichsbürger vermuten. Tja, was soll ich sagen: Gegen Unwissen oder Dummheit ist kaum erfolgreich anzugehen. Dietrich Bonhoeffer meinte: „Dummheit ist der gefährlichere Feind des Guten.“

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit.

Nun ja: Wissen ist eine Holpflicht.

Doch, warum kam ich darauf?

Der todunglückliche Kulturredakteur

Wenn wir im Theater Schauspiel-Premieren hatten kam meist ein Journalist von der Kulturredaktion SED-Bezirkszeitung, für die auch ich als Volkskorrespondent schrieb, als Rezensent. Ein sympathischer junger Mann, der eigentlich hatte Schauspiel studieren wollen, aber an der Schauspielschule nicht angenommen worden war. Während ausgelassener Premierenfeiern kamen wir oft angeregt ins Gespräch. Und er ließ dabei manchmal seinen Kummer darüber, dass er in seiner Tätigkeit als Journalist nicht so konnte, wie er gerne gewollt hätte. Ich konnte ihm das nachfühlen, ihn verstehen.

Am Ende waren wir oft ziemlich mit diversen alkoholischen Getränken abgefüllt. Und man ging – wie auch immer – auseinander, um sich dann bei der nächsten Premierenfeier wieder zu treffen. Der Mann war todunglücklich, liebte aber den Beruf des Journalisten. Er brannte für guten Journalismus.

Dass es in der demokratischen BRD Journalisten mit ähnlichen Schicksalen gab, war zwar nicht auszuschließen – aber ein Ausweg daraus erschien wir damals immerhin möglich. Heute bin ich da sehr im Zweifel. Die Zeiten sind nicht danach. Und Arbeitsplätze als Journalisten liegen nicht auf der Straße.

Wer würde da als Journalist schon kritisch aufmucken? Einmal vielleicht. Dann aber würden er zum Chefredakteur bestellt. Schließlich wird er lieber auf Linie gehen. War da nicht die frisch gegründete Familie und das auf Jahre hinaus abzuzahlenden Reihenhaus?

Dass es dennoch Journalistinnen und Journalisten gibt, die sagen: Ich kann nicht mehr. Ich kann das nicht mehr mitmachen, freut mich und ziehe meinen imaginären Hut tief vor ihnen. Respekt!

Jetzt gibt es ein Plattform, wo diese Journalisten zu Wort kommen können. Wenn sie wollen, natürlich auch anonym.

Es trägt den Namen meinungsvielfalt.jetzt.
Über

Diese Webseite zeigt, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mehr Meinungsvielfalt, Pluralität und Aus­gewogen­heit in ihren Programmen wünschen. Wir schätzen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als eine Säule unserer gesellschaftlichen Kommunikation und sind von seinen Grundsätzen und dem Programmauftrag überzeugt. Beides sehen wir in Gefahr. Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk Bestand haben möchte, muss er zu seinen Grundsätzen zurückkehren.

 

Die veröffentlichten Zuschriften geben die persönlichen Meinungen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus verschiedenen öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten wieder. Diese müssen sich nicht mit den Meinungen der Heraus­geber dieser Plattform decken.

Pro Person ist ein Statement zulässig oder anders ausgedrückt: jedes anonyme Statement entspricht einem Menschen, der sich nicht mehr traut, seine Meinung offen kundzutun.

Auszüge aus dem Medienstaatsvertrag (Betonungen hinzugefügt)

Quelle: Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland (Medienstaatsvertrag) vom 14.-28.04.2020, in Kraft getreten am 07.11.2020

§ 3 Allgemeine Grundsätze

Die in der ARD zusammen­geschlossenen Landes­rundfunk­anstalten, das ZDF, das Deutschland­radio und alle Veranstalter bundesweit ausgerichteter privater Rundfunk­programme haben in ihren Angeboten die Würde des Menschen zu achten und zu schützen; die sittlichen und religiösen Überzeugungen der Bevölkerung sind zu achten. Die Angebote sollen dazu beitragen, die Achtung vor Leben, Freiheit und körperlicher Unversehrtheit, vor Glauben und Meinungen anderer zu stärken. (…)

§ 26 Auftrag

(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungs­bildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. (…)
(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunk­anstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Bericht­erstattung, die Meinungs­vielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

§ 51 Programmgrundsätze

Für die Rundfunk­programme gilt die verfassungs­mäßige Ordnung. Die Rundfunk­programme haben die Würde des Menschen sowie die sittlichen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen anderer zu achten. Sie sollen die Zusammen­gehörigkeit im vereinten Deutschland sowie die internationale Verständigung fördern und auf ein diskriminierungs­freies Miteinander hinwirken. Die Vorschriften der allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre sind einzuhalten.

#ichkannnichtmehr

Mit seinem Offenen Brief „Ich kann nicht mehr“ hat Ole Skambraks am 5. Oktober 2021 für große Aufmerksamkeit gesorgt: Mehrere Millionen Menschen lasen den Text, es folgten Übersetzungen in andere Sprachen und #ichkannnichtmehr wurde bei Twitter einer der wichtigsten Hashtags.

Er beschreibt detailliert, wie sich die Redaktionsarbeit bei seinem Arbeitgeber und die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den vergangenen eineinhalb Jahren verändert hat: „Faktenchecker“ und ein angeblicher „wissenschaftlicher Konsens“ ersetzen den offenen Meinungsaustausch, Kritik am Corona-Kurs der Regierung wird als „rechts“ diskreditiert.

In den Statuten und Medienstaatsverträgen sind Dinge wie „Ausgewogenheit“, „gesellschaftlicher Zusammenhalt“ und „Diversität“ in der Berichterstattung verankert. Praktiziert wird das genaue Gegenteil. Einen wahrhaftigen Diskurs und Austausch, in dem sich alle Teile der Gesellschaft wiederfinden, gibt es nicht.

Ole Skambraks, 05.10.2021

Er hat den Eindruck, dass jegliche Informationen, Beweise oder Diskussionen, die im Gegensatz zum offiziellen Narrativ stehen, unterbunden werden. Auch qualifizierte Kritiker würden diskreditiert und diffamiert.

Die deutlichsten KritikerInnen müssen mit Hausdurchsuchungen, Strafverfolgung, Kontosperrung, Versetzung oder Entlassung rechnen, bis hin zur Einweisung in die Psychiatrie. Auch wenn es sich um Meinungen handelt, deren Positionen man nicht teilt – in einem Rechtsstaat darf es so etwas nicht geben.

Ole Skambraks, 05.10.2021

Den offenen Brief beendet Ole Skambraks mit dem Wunsch, dass die Debatten sich wieder öffnen und in Achtsamkeit, Respekt und Verständnis für unterschiedliche Perspektiven geführt werden. Sein persönlicher Ausblick:

Diese Zeilen schreibend komme ich mir vor wie ein Ketzer; jemand, der Hochverrat begeht und mit Strafe rechnen muss. Vielleicht ist es gar nicht so. Vielleicht riskiere ich hiermit gar nicht meinen Job und Meinungsfreiheit und Pluralismus sind nicht gefährdet. Ich wünsche es mir sehr und freue mich über einen konstruktiven Austausch mit Kolleginnen und Kollegen.

Ole Skambraks, 05.10.2021

Am 8. Oktober 2021 wurde Ole Skambraks vom Dienst beim SWR freigestellt. Am 27. Oktober 2021 wurde ihm dort die fristlose Kündigung aus­gesprochen.

Ole Skambraks

studierte

  • Politikwissenschaften und Französisch an der Queen Mary University, London
  • Medienmanagement an der ESCP Business School, Paris

arbeitete als

  • Moderator, Reporter und Autor bei Radio France Internationale
  • Onlineredakteur und Community Manager bei cafebabel.com
  • Sendungsmanager der Morgenshow bei MDR Sputnik
  • Redakteur bei WDR Funkhaus Europa / Cosmo
  • bis Oktober 2021 Redakteur im Programm-Management / Sounddesign bei SWR 2

    Statement Ole Skambraks

    „Ich kann nicht mehr schweigen. Ich kann nicht mehr wortlos hinnehmen, was seit nunmehr anderthalb Jahren bei meinem Arbeitgeber, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk passiert“, schrieb Ole Skambraks in seinem Offenen Brief. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ARD, ZDF, ORF und Deutschlandradio sehen die Praktiken und die Bericht­erstattung ihrer Arbeitgeber ebenso kritisch, trauen sich aber aus Sorge um ihren Job nicht, ihre Meinung zu äußern.
    Hier bekommen sie eine Stimme.

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Diese Webseite zeigt, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mehr Meinungs­vielfalt, Pluralität und Aus­gewogen­heit in ihren Programmen wünschen. Wir schätzen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als eine Säule unserer gesellschaftlichen Kommunikation und sind von seinen Grundsätzen und dem Programm­auftrag überzeugt. Beides sehen wir in Gefahr.

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Statements

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Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ARD, ZDF, ORF und Deutschland­radio sehen die Praktiken und die Bericht­erstattung ihrer Arbeitgeber kritisch, trauen sich aber aus Sorge um ihren Job nicht, ihre Meinung zu äußern. Pro Person ist ein Statement zulässig. Jedes anonyme Statement entspricht also einem Menschen, der sich nicht mehr traut, seine Meinung offen kundzutun.

Quelle: meinungsvielfalt.jetzt!

Wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk relevant bleiben will, muss er sich auf seine Aufgaben besinnen !Was sind das für Zeiten?

Es gab in jüngster Vergangenheit immer wieder Prominente, die dem Öffentlich-Rechtlichen wohlgesonnen sind

Ich war der absolute Hörfunk-Fan.

Ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich schäme,…

Aus meiner Sicht sind die öffentlich-rechtlichen Medien in der Corona-Krise zum verlängerten Arm, zum Sprachrohr der Regierungen geworden.

Möge hier etwas angestoßen worden sein, das Kreise zieht und Veränderungen bewirkt. Es gibt zwar eine Medienvielfalt, die aber oft bei genauerem Hinschauen eine Medieneinfalt ist. Meinungseinfalt statt Meinungsvielfalt

Dass zeigt sich nicht nur am Einfluss weniger Nachrichtenagenturen auf die Berichterstattung. Denn etwa 60 Prozent aller Berichte sind eins-zu-eins von den Agenturen übernommen worden oder basieren auf Material von Agenturen. Eine besondere Rolle spielen dabei die französische AFP und die deutsche Presseagentur dpa.

Beitragsbild: via Pixelio.de Christian Evertsbusch

Anbei:

 

„Der Kult“. Von Gunnar Kaiser. Rezension

Kürzlich traf ich einen alten Kollegen. Bereits etwas länger in Rente als ich in unserem Stadtbezirk auf unserer Einkaufs- und Gastromeile. Natürlich kam es nach einem Dialog über dies und jenes auch auf Corona. Die Impfung betreffend sagte der Kollege. „Ich hab die Dritte. Ich habe meine Pflicht getan.“ Pflicht? Schließlich gab es zu diesem Zeitpunkt keine Impflicht – nur für das Pflege- und Krankenhauspersonal – und einige Zeit fiel ein Gesetz zur allgemeinen Impflicht im Bundestag erfreulicherweise durch. Als der Kollege und ich sich Minuten später trennten, fiel mir ein, dass mir Monate vorher, als für ein Teilabschnitt der Einkaufstraße einige Zeit eine Maskenpflicht galt, jemand drohte (ich hatte die Maske abgesetzt, als ich am Ende des Teilabschnitts angekommen war) mir jemand, wenn ich die Maske nicht sofort wieder aufzöge, sorge er dafür, dass ich in der Kieferabteilung landete …

Zwei Jahre Corona-Krise – was hat das mit uns gemacht bzw. was machte man mit uns? Und viel wichtiger: Warum ließen sich die meisten von uns das alles größtenteils ohne Weiteres mit uns machen? Wir erlebten ein Abgleiten ins Autoritäre. Mit Aussicht auf Totalitarismus?

Setzte das ein Kult ins Werk – übel, propagandistisch und teils hetzerisch vom Journalismus begleite, der in dieser Zeit Sinn und Zweck arg verfehlte?

Darum und breitgefächert um vieles andere mehr geht es in Gunnar Kaisers äußerst empfehlenswertem Buch „Der Kult“.

Kaiser ist Philosoph, Schriftsteller und einstiger Lehrer (sein Ausscheiden aus dem Lehrerberuf steht auch mit der Corona-Krise in Zusammenhang) mit erfolgreichem You Tube – Kanal. Da muss es einen selbstverständlich nicht verwundern, dass es in seinem Buch auch sehr philosophisch zugeht, indem er nicht nur viele andere Philosophen und Autoren zitiert und durch seine eigenen philosophischen Gedanken – lohnend für den Leser – ergänzt.

Im Vorwort „Eine Impfung des Geistes“ schreibt Kaiser (in Anspielung auf Kafkas „Der Prozess“):

„Jemand musste Gunnar K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hatte, wurde er eines Morgens verhaftet. Doch bald schon erkannte er, dass er nicht der Einzige war. Unzählige hatte man eingesperrt und ihrer Freiheit beraubt. Und die Zeit ihrer Knechtschaft schien nicht enden zu wollen. Wer die Agenten der Festnahme waren, was ihre Anklage und was ihre Motive, zeigte sich denen, die es wissen wollten, nach und nach immer deutlicher. Doch eines konnte K. nicht begreifen: Warum rebelliert denn niemand? Warum lassen die Menschen all das mit sich machen? Mehr noch: Warum sind so viele geradezu verliebt in ihre schönen neuen Fesseln? Denn das Erstaunliche: Die Bande, in die die Menschen geschlagen sind, sind bloß eingebildet, es sind Ketten des Geistes. Gerade diese Tatsache aber verleiht ihnen ihre überwältigende Macht. Und doch liegt darin auch die Möglichkeit der Befreiung. Um zu verstehen, warum wir diese Möglichkeit nicht ergreifen, müssen wir also fragen, warum wir die Ketten unseres Geistes nicht ablegen wollen … selbst nachdem so erschreckend sichtbar geworden ist, dass unsere Gefangenschaft niemals gerechtfertigt war und ihre Folgen mörderisch sind.“

Es ist ein Kult!

Was ihm zum Schreiben dieses für uns so wichtigen Buches gekommen ist, dazu schreibt Gunnar Kaiser:

„Angesichts der horrenden Folgen, die in der Krise entstanden sind, können wir, ohne aus dem Haus zu gehen, die Entlarvung der Welt auf unserer Suche nach der geistigen Situation der Zeit nur bewerkstelligen, indem wir fragen: Warum sind so viele plötzlich so fügsam? Warum tun gute Menschen Böses? Wie gelingt es, die Menschen zu Mittätern zu machen? Wo ist der gesunde Menschenverstand geblieben? Während der Großen Einschließung 2020/21 wurde mir bewusst: Antworten auf all die Fragen nach den Entstehungsbedingungen der menschlichen Destruktivität erhalten wir nur, wenn wir erkennen: Es ist ein Kult! Denn ein Virus geht um in der Welt – ein Virus des Geistes. Es verwandelt die Menschen, die es befällt, in Anhänger eines lebensfeindlichen Weltuntergangskults, der blind für seine eigenen Taten ist. Wie funktioniert dieser Kult? Wer ist sein Gott, wer seine Priester? Warum verlangt er seinen Anhängern so viel ab? Und wozu ist er künftig noch in der Lage? Das Virus ist der unheilige Geist des Kults, mit dem es ihm gelingt, sich unbemerkt in den Köpfen der Menschen festzusetzen und ihre Steuerung zu übernehmen. Nur wenn wir seine Wirkungsweise verstehen und uns philosophisch gegen die Viralität des Bösen wappnen, können wir ein Leben in der Gemeinschaft freier und selbstbestimmter Menschen bewahren, für das es sich zu leben lohnt.“(S.17)

Wehret den Anfängen“

Und Seiten weiter lesen wir: „Sicherlich: Wer hier nicht aufschreit und »Wehret den Anfängen« ruft, kann nicht länger für sich in Anspruch nehmen, er sei gegen die Aufopferung des Individuums für das Gemeinwohl. Gegen Anpassung, Autoritätshörigkeit und Konformismus. Gegen Autokratie und Kontrollstaat, gegen einen Polizeistaat, der bloß nach law and order vorgeht. Gegen Propaganda, Zensur und eine Verengung der Debatte. Gegen Diffamierung, Hetze, Diskriminierung und die Ausgrenzung Andersdenkender. Und doch scheint das Eis nicht zu brechen.“ (S.28)

Je weiter die Zeit voranschreitet müssen wir erkennen (und im Schneckentempo tun es sogar einige Mainstream-Medien), dass in der Pandemie-Bekämpfung einiges schief, gefährlich schief gelaufen ist und dem Zweck er kontraproduktiv entgegenstand. Warum ist man in Politik und Wissenschaft so zaghaft, Irrtümer zuzugeben? Dazu gibt Kaiser zu bedenken:

„Zum Verdrängen des Offensichtlichen gehören hierbei manchmal zwei. Zum einen der, dem der Mut fehlt, seiner Intuition zu folgen und das Offensichtliche auszusprechen. Zum anderen derjenige, der ein Klima erzeugt, in dem Kritik von Vornherein undenkbar ist, und selbst dann, wenn das Augenscheinliche unleugbar vor ihm steht, Realitätsverweigerung betreibt. Über die Natur dieses Klimas, die unsere Gesellschaft noch immer lähmt, soll im Folgenden nachgedacht werden. Um den anderen großen Dänen, Hans Christian Andersen, zu zitieren:

»›Aber er hat ja nichts an!‹ sagte endlich ein kleines Kind. ›Herr Gott, hört des Unschuldigen Stimme!‹ sagte der Vater; und der Eine zischelte dem Andern zu, was das Kind gesagt hatte. ›Aber er hat ja nichts an!‹ rief zuletzt das ganze Volk. Das ergriff den Kaiser, denn es schien ihm, sie hätten Recht; aber er dachte bei sich: ›Nun muß ich die Prozession aushalten.‹ Und die Kammerherren gingen noch straffer und trugen die Schleppe, die gar nicht da war.« (S.28)

Haben wir es betreffs des Umgangs mit der Corona-Pandemie mit einer „Rhinozeritis“ zu tun?

„In seinem Theaterstück Die Nashörner aus dem Jahr 1957 beschreibt der französisch-rumänische Dramatiker Eugène Ionesco, wie sich Menschen nach und nach in Nashörner verwandeln. Die »Rhinozeritis« greift um sich. Es handelt sich um eine imaginäre Epidemie, die alle Bewohner einer Stadt in Furcht und Schrecken versetzt und zu Nashörnern werden lässt. Diejenigen, die sich verwandelt haben, schließen sich wie selbstverständlich der durch die Straßen preschenden Nashornherde an – sei es aufgrund einer Herdenmentalität, aus Opportunismus oder aber aus Angst. Warnungen einzelner Protagonisten vermögen den Verwandelten nicht Einhalt zu gebieten; sie verschlimmern vielmehr die Situation der Warner. Nur wenige sind es, die diese Verwandlung überhaupt wahrnehmen. Und nur ein Einziger widersteht letztlich der Massenpsychose. Während sich auch die Figur des Intellektuellen (genannt der »Logiker«) in ein Tier verwandelt, bleibt am Ende der Protagonist Behringer, der für seine untätige Träumerei zuvor verspottet wurde, der einzige Nicht-Verwandelte, der sagt: »Ein Mann, der zum Nashorn wird, ist zweifellos abnormal.« Zuerst beginnen sich die Menschen allmählich an das zu gewöhnen, was sie zuvor abgestoßen hat, dann, als die Bewegung gigantische Dimensionen annimmt, kommt es zu einer großen Wandlung der Gleichförmigkeit: Die »Masse« hat sich der Neuen Normalität der Nashornifizierung ergeben“.

Gunnar Kaiser hält den Gedanken, dass wir es gut zwei Jahre lang mit dem „ersten globalen Echtzeit-Milgram-Experiment des 21. Jahrhundert“ (S.62) zu tun haben könnten wohl nicht für ganz abwegig. (Zum Milgram-Experiment hier)

Tiefschürfend analysierend fragt Kaiser, wie dieser Kult überhaupt entstehen konnte und vermutet, dass einigen auch schon vor dem inneren Auge sichtbar wird, wohin er hinführen könnte. Und Kaiser fragt auch, warum wir augenscheinlich so wenig immunisiert gegen all das sind, dem man uns aussetzt: „Hatten wir nicht Romane wie Die Welle oder Heinrich Manns Der Untertan als Schullektüre, sind nicht Gustave Le Bons Psychologie der Massen und Elias Canettis Masse und Macht feste Bestandteile der geisteswissenschaftlichen Ausbildung? Warum ist es uns jetzt nicht möglich, uns aus diesem kulturellen Schatz zu bedienen, ihn anzuwenden, ihn fruchtbar zu machen?“ (S.92)

Und beim Lesen mögen wir uns dazu selbst intensiv befragen.

Schmerzlich wirft der Autor auch die Frage auf, wieso die Intellektuellen, welche sonst zu allem jedem einen Senf parat hatte, den sie meinten dazu gegen zu können und zu müssen. Warum versagten sie hier in erschreckender Weise? Gunnar Kaiser hat (S.105) dankenswerterweise auch über „Gründe und Motive der Kollaboration der Intellektuellen (bezüglich des Kultes; C.S.) schreibend nachgedacht.

Kaiser zitiert etwa Milosz Matuschek (S.176): »Aus dem Kreis der Intellektuellen vernimmt man gerade nichts, was wesentlich von der offiziellen Wahrheit des großen Pandemie-Orchesters abweicht. Wir erleben gerade eine Selbstverzwergung, eine Bankrotterklärung des Denkens. Eine grassierende intellektuelle Verwahrlosung.«

Und so setzt sich fort, was einmal in die Welt kam – und das Böse kann geschehen“

Interessanter Verweis auf den Philosophen Watzlawick: „Bereits der Philosoph Paul Watzlawick hat auf die jedes planmäßige Handeln rechtfertigende und sich gegen Einwände abschottende Methode hingewiesen, die Elefanten in einer Großstadt durch In-die-HändeKlatschen vertreiben zu wollen und das Ausbleiben der Elefanten als Wirkung ebendieses Handelns zu deuten. Es steht zu befürchten, dass die Kultlogik es auf Dauer verhindern wird, dass das Bewältigungsverhalten sich zugunsten einer Einsicht in den Wahnsinn, der der eigenen Methode innewohnt, abschwächen wird, und dass es vergebliche Liebesmüh ist, die Kultisten zu fragen, wo die Elefanten auch in Ländern, in denen die Menschen kaum geklatscht haben, geblieben sind … Und so setzt sich fort, was einmal in die Welt kam – und das Böse kann geschehen.“ Dazu: Ein Mann klatscht alle zehn Sekunden in die Hände. Nach dem Grund für dieses merkwürdige Verhalten befragt, erklärt er: „Um die Elefanten zu verscheuchen.“ „Elefanten? Aber es sind hier doch gar keine Elefanten!“ Darauf er: „Na, also! Sehen Sie?“

aus „Anleitung zum Unglücklichsein“ von Paul Watzlawick

Eine philosophische Reise“ (Rubikon)

Grandios geschrieben, dieses Buch. Viel Philosophie. Aber immer lesbar und verständlich. Von der Sorte Bücher und zu diesem, uns seit zwei Jahren bewegendem Thema darf es ruhig mehr geben. Nicht nur von Gunnar Kaiser, dem für dieses mit hohem Gewinn zu lesenden Buch Dank auszusprechen ist.

Ein weiteres zum Denken Anlass gebendes Zitat, das der Buchautor verwendet hat:

»Diese Welt, wie sie jetzt ist, will sterben, sie will zugrunde gehen, und sie wird es.«

»Und was wird dabei aus uns?« fragte ich.

»Aus uns? Oh, vielleicht gehen wir mit zugrunde. Totschlagen kann man ja auch unsereinen. Nur daß wir damit nicht erledigt sind. Um das, was von uns bleibt, oder um die von uns, die es überleben, wird der Wille der Zukunft sich sammeln. Der Wille der Menschheit wird sich zeigen, den unser Europa eine Zeitlang mit seinem Jahrmarkt von Technik und Wissenschaft überschrien hat. Und dann wird sich zeigen, daß der Wille der Menschheit nie und nirgends gleich ist mit dem der heutigen Gemeinschaften, der Staaten und Völker, der Vereine und Kirchen. Sondern das, was die Natur mit dem Menschen will, steht in den einzelnen geschrieben, in dir und mir. Es stand in Jesus, es stand in Nietzsche. Für diese allein wichtigen Strömungen – die natürlich jeden Tag anders aussehen können, wird Raum sein, wenn die heutigen Gemeinschaften zusammenbrechen.«

Hermann Hesse, Demian

Gunnar Kaiser schreibt in diesem Buch

GEGEN DIE SPALTUNG

GEGEN DEN GEHORSAM

GEGEN DIE EINSAMKEIT

an.

Parallelstrukturen aufbauen nach einer Taktik von Václav Havel

Zuletzt ermuntert uns Kaiser eine von Václav Havel (späterer Präsident der Tschechoslowakei) zu Zeiten seiner Dissidenz empfohlene Taktik aufzugreifen: Nämlich den Aufbau von sogenannten „Parallelstrukturen“ ins Augen zu fassen und Stück für Stück umzusetzen.

Eine von Václav Havel, politischer Dissident unter der kommunistischen Sowjetherrschaft und später Präsident der Tschechoslowakei, empfohlene Taktik ist der Aufbau sogenannter »Parallelstrukturen«. Schließlich ist unsere Gesellschaft wohl zu sehr geschädigt, dass selbst eine Rückkehr zum alten Normal kaum denkbar ist, ohne schweres Bauchgrimmen hervorzurufen. Schließlich machte das alte Normal möglich, wessen wir in zwei Jahren erdulden mussten.

Kaiser: „Vor allem aber bedarf es des Handelns möglichst vieler Menschen, um ein vollständiges Abgleiten in den Wahnsinn des Totalitarismus zu verhindern.“

Tacheles: „Bis es so weit ist, müssen wir die Möglichkeit ergreifen, durch selbstständiges und eigenverantwortliches Handeln zu beweisen, dass wir in der Lage sind, die Freiheit zu gebrauchen, zu der wir verdammt sind, und uns mit anderen zusammenzuschließen, sodass wir in Refugien des Geistes dem Zugriff des Kults entkommen können und als hoffnungsvoll Handelnde darauf harren, dass der Wahn ein Ende hat.“

Also! Haben wir im Sinne von Kants Sapere Aude den Mut, uns unseres eigenen Verstands zu bedienen.

Der Rubikon Verlag zum Buch

Warum tun gute Menschen Böses? Weshalb werden so viele zu fügsamen Dienern des Unrechts? Und warum rebellieren sie nicht, wenn man ihnen die Freiheit nimmt? Antworten auf diese Fragen erhalten wir, wenn wir erkennen: Es geht tatsächlich ein Virus um — ein verheerendes Virus des Geistes. Ein Virus, das die Menschen zu Anhängern eines Weltuntergangskultes macht, das sie in ängstliche Sklaven verwandelt und ihre Werte ins Lebensfeindliche verkehrt. Wie funktioniert dieser Kult und woher kommt er? Wer ist sein Gott, wer sind seine Priester? Nur wenn wir die Wirkweise dieses Kultes verstehen und uns philosophisch gegen ihn immunisieren, können wir uns ein Leben bewahren, für das es sich zu leben lohnt. Auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage »Wie konnte all das bloß geschehen?« nimmt Gunnar Kaiser uns mit auf eine philosophische Reise ins Dickicht der Kultideologie, ins Innerste einer vergifteten Gesellschaft.

Der Kult

Über die Viralität des Bösen

Buch (Taschenbuch)

20,00 € inkl. gesetzl. MwSt.

Versandkostenfrei

ISBN 978-3-96789-029-7

1. Auflage 2022 © Rubikon-Betriebsgesellschaft mbH, München 2022

Lektorat: Susanne George

Konzept und Gestaltung: Buchgut, Berlin

„Kultur ist Frieden, Frieden braucht Kultur“. Weiterer offener Brief von friedensengagierten Menschen kann mitgezeichnet werden

Offener Brief an den Bundespräsidenten Deutschlands Frank-Walter Steinmeier, an den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und die amtierende Bundesregierung sowie an die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Luise Amtsberg.

Der Offene Brief ist auch bei Petitionen.com veröffentlicht. Hier können Sie ihn zeichnen und/oder weiterverbreiten.

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir Kultur- und Kunstschaffenden sowie Freunde und Sympathisanten, wenden uns mit diesem offenen Brief besorgt und bestürzt an die Politik und Öffentlichkeit, denn wir spüren, dass die Demokratie und freiheitliche Gesellschaft unseres Landes in eine gefährliche Schieflage gerät. Indikator dafür ist die schockierende Eskalation von Diskriminierung und Herabwürdigung russischsprachiger Bürger in unserem Lande, deren Spirale sich praktisch täglich weiter ins Uferlose schraubt.
So, wie wir Bestürzung über die, durch die russische Strategie forcierte Eskalation des jahrelangen Ukrainekonfliktes empfinden, fühlen wir nun gleichsam Scham über die deutsche Reaktion auf diesen Krieg, die in einem bisher nie gekannten Ausmaß an Empörung ihre Blüten schlägt. Russland kann und muss diesen militärischen Konflikt beenden. Das wollen auch wir!

Aber es liegt auf der Hand, dass die bisherigen deutschen und europäischen Reaktionsexzesse das Gegenteil provozieren, mindestens jedenfalls dazu beitragen, eine Befriedung zu verzögern, statt sie herbeizuführen.

Viele russisch-deutsche Vereinigungen, die zur Förderung der wirtschaftlichen, humanitären und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern gegründet wurden, stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Deutsch-europäische Firmen, die mit Handel einen wichtigen Beitrag für gutnachbarliche Beziehungen leisteten, werden von deutscher Seite in den Ruin befohlen. Mit völlig ungebremster Sanktionierung Russlands werden billigend auch Inflation und der Niedergang deutscher Wirtschaft und damit deutschen Wohlstandes in Kauf genommen, während das Waffengeschäft brummt und die Rüstungslobby sich die Hände reibt. Wie kann das sein?
Verstörende Signale empfangen wir aber auch aus der kulturellen Landschaft: Russischen Weltstars wie der Opernsängerin Anna Netrebko und dem Dirigenten Valery Gergiev wurden die Verträge gekündigt, weil sie sich nicht “ausreichend” gegen ihre Heimat positionierten. Im europäischen Deutschland des 21. Jahrhunderts – in dem die Rede- und Meinungsfreiheit für alle Bürger durch das Grundgesetz garantiert ist – werden verdienstvolle Kulturschaffende buchstäblich gezwungen, zu politischen Ereignissen verordnete Partei zu ergreifen. Wenn sie sich weigern, werden sie entlassen.

In europäischen Schulen werden Werke russischer Klassiker wie Puschkin oder Tolstoi aus den Lehrplänen gestrichen. Aufführungen von russischen Komponisten und Theaterstücke russischer Autoren werden verboten oder in vorauseilendem Gehorsam „vermieden“. Menschen werden bedroht, beleidigt, gedemütigt, ihr Eigentum wird verwüstet, sie werden in den sozialen Medien beschimpft und offen aufgefordert, Deutschland zu verlassen. In Lebensmittelgeschäften und Restaurants wird Russen die Bedienung verweigert. Und die Medien verwenden das Wort “Russe” bereits als Synonym für „Aggressor“ und schüren damit den ethnischen Hass.
Solcherlei muss dringend gestoppt werden!

“Die Menschen vermeiden es bereits, auf der Straße Russisch zu sprechen. Das macht mir große Sorgen. Es gibt Fälle von Angriffen auf russische Geschäfte, russischsprachige Kinder werden in den Schulen schikaniert. So etwas können wir nicht dulden”, sagte auch Reem Alabali-Radovan, Staatsministerin für Migration und Integration, sowie Antirassismus-Beauftragte der Bundesregierung.

Nach Angaben des deutschen Bundeskriminalamtes werden im Land der Dichter und Denker jede Woche mindestens 200 Straftaten gegen russischsprachige Bürger begangen.

Für kritisch denkende und kulturinteressierte Europäer sind auch Entscheidungen, wie die des Weltverbandes der internationalen Musikwettbewerbe, den internationalen Tschaikowsky-Wettbewerb aus seinen Reihen zu streichen, vollkommen unerklärbar. Denn es handelt sich dabei nicht nur um einen der weltweit bedeutendsten klassischen Musikwettbewerbe, sondern auch um einen weltumfassenden Vermittler humanistischer Werte, dessen Bedeutung weit über die Grenzen des Landes hinausreicht. Als beispielsweise mitten im kalten Krieg der herausragende amerikanische Pianist Van Cliburn den Wettbewerb in Moskau gewann, war dies ein friedensstiftender Akt durch die Kunst. Von Gideon Kremer bis Dimitri Schostakovitsch sind viele bedeutende Künstler untrennbar mit dem Tschaikowski-Wettbewerb verbunden.

Entscheidungen, solche hochkarätigen kulturellen Brücken niederzureißen, werden sich wohl nicht auf die Entwicklung der Kultur in Russland auswirken, ganz sicher aber auf die unsere.

Wir wollen nicht hinnehmen, dass gerade die Kultur, als eines der höchsten menschlichen Güter, stranguliert, missbraucht und ihrer friedenstiftenden und völkerverbindenden Kräfte beraubt wird!

Was ist der nächste Schritt des “kulturellen Europa”? Öffentliche Verbrennung von Büchern russischer Herkunft auf den großen Plätzen der Städte? Wohin will die deutsche Politik die Spirale noch schrauben?

Und wo bleiben hingegen die politisch klugen, die diplomatischen, die humanistischen Ideen, mit denen der kriegerische Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, unter zunehmender Beteiligung des Westens, beendet werden kann? Im Sinne und Interesse aller Völker Europas und der Welt?!

Es muss unser aller Interesse sein, das Verbindende zwischen Russen und Ukrainern zu fördern, anstatt zu ihrer vollkommenen und unversöhnlichen Entzweiung beizutragen.

Wir, die Unterzeichnenden, fordern ein sofortiges Umdenken der deutschen Politik und deutscher Medien, um der ausufernden Russophobie in Deutschland und Europa entgegenzuwirken.

Wir ersuchen den Bundespräsidenten und das Bundesverfassungsgericht, die Verletzungen des Menschenrechtes auf Meinungs- und Anschauungsfreiheit zur Kenntnis zu nehmen, zu unterbinden und rechtschaffene Bürger vor Hassattacken zu schützen.

Wir fordern, dass Behörden und sonstige staatlichen Stellen es unterlassen, ethnischen Hass gegen Russen, alles Russische und Russland Zugewandte zu schüren.

Stattdessen müssen alle möglichen Maßnahmen gegen Verhetzung und kriminelle Vorkommnisse ergriffen werden, um weiterhin dem Austausch von Kulturen und den ihnen innewohnenden friedenstiftenden Kräften Raum zu geben.

Frieden beginnt in uns. Frieden ist keine Einbahnstraße aber Krieg ist immer Sackgasse! Frieden muss für die Völker gemacht werden – nicht gegen sie. Hier auf Facebook wird der offene Brief von Tino Eisbrenner verlesen.

Kultur ist Frieden – Frieden braucht Kultur.

Erstunterzeichner:

  • Tino Eisbrenner (Musiker, Lyriker) Friedensgesellschaft Musik statt Krieg e.V.
  • Dr. Matthias Oehme Eulenspiegel Verlag
  • Owe Schattauer (Rapper) Druschba-Global
  • Sebastian Köpcke (Graphiker)
  • Claudia Opitz (Kinderbuchautorin)
  • Marc Johne edition bodoni
  • Dr. Wolfgang Bittner (Schriftsteller)
  • Dirk Zöllner (Musiker, Autor)
  • Renate Schoof (Schriftstellerin)
  • Heiner Sylvester (Regisseur, Dokumentarfilmer)
  • Dr. Klaus Gehrcke
  • Gina Pietsch (Sängerin, Schauspielerin, Autorin)
  • Martina Würzburg (Konferenzdolmetscherin)
  • Frank Schumann (Verleger)
  • Mario Kedzierski
  • Peter Misch
  • Dr. Annekathrin Thyrolf (Humboldt Universität Berlin)
  • Christine Rädi Wieland Schiller (Diplomstaatswissenschaftler)
  • Friederike Schlegel (Theaterpädagogin, Ernst-Busch-Chor Berlin)
  • Cornelia Günther (Diplomdolmetscherin)
  • Ronny Matthes (Komponist, Pianist, Verlagsinhaber)
  • Kathrin Schülein (Theaterleiterin)
  • Claudia Stauß (Bühnenmeisterin)
  • Henry Marek
  • Dr. Eva Ruppert Bad Homburg v.d.H.
  • Meigl Hoffmann (Kabarettist)
  • Volker Külow (Politiker)

IPPNW: Im Sturm den Friedenskurs halten, Hamburger Erklärung

Prolog zur Hamburger IPPNW-Erklärung

Düstere Zeiten. Sind wir schon im dritten Weltkrieg? Mag sein. Schlimm genug, der Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine hat einen Krieg entfacht. Menschen finden den Tod. Menschen werden schwer verletzt. Städte und Dörfer werden schwer beschädigt. Wer es wissen will, kann erfahren, dass dieser Krieg nicht erst am 24. Februar 2022 begann. Jeder Krieg hat eine Vorgeschichte. So auch dieser. Im Grunde genommen begann er mit dem vom Westen – hauptsächlich den USA – unterstützten Maidan-Putsch 2014. Aber auch schon davor lassen sich Anzeichen entdecken, dass sich da etwas Unheilvolles zusammenbraute. Darauf soll hier jetzt nicht eingegangen werden. Das lässt sich anderswo lesen.

Dieser Krieg aber läuft nun. Anscheinend unaufhaltbar weiter und weiter. Ich frage mich nun täglich, warum von keiner Initiative zu hören und zu lesen ist, die sich das Ziel gesetzt hat zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Was gewiss nicht einfach ist. Aber versucht muss es doch werden!

Wie sagte Helmut Schmidt einst so richtig: »Lieber 100 Stunden umsonst verhandeln, als eine Minute schießen«

Und wäre nicht Deutschland angesichts seiner auf ihm lastenden Geschichte mit Verantwortung scher an zwei Weltkriegen nicht prädestiniert diese Vermittlerrolle zu übernehmen? Selbstverständlich!

Was aber riechen wir stattdessen: 1914!

Weil eben das Gegenteil geschieht. Da wird einseitig auf Russland eingeschlagen, nahezu alle noch vorhandenen Brücken zwischen unseren beiden Nationen abgebrochen, und die Ukraine soll mit schweren Waffen ausgerüstet werden? Wir haben zum Unglück eine (grüne! [sic!]) Außenministerin, die von einem Journalisten kürzlich als „Handgranate ohne Splint“ bezeichnet worden war. Das trifft es! Eine Politikerin, die offenbar keine Ahnung von Diplomatie hat und noch dazu jegliches Fingerspitzengefühl vermissen lässt.

Die seinerzeit wegweisende Ost- und Entspannungspolitik der Regierung Brandt wird verdammt und zum Fehler erklärt. Von politischen Schwergewichten wie Brandt, Schmidt und anderen – ja selbst Kohl muss hier mit benannt werden – ist weit und breit keine Sicht mehr. Was nicht nur für Deutschland sondern traurigerweise für die gesamte EU gilt. Alle agieren quasi als Kolonien der USA. Und anscheinend kriegsgeile Politiker würden, hat man den Eindruck, eher heute als morgen gen Moskau ausrücken lassen – denn selbst wären sie wohl zu feige dazu an die Front zu ziehen.

Von der unsäglichen Presse, die augenscheinlich von jeglicher Geschichtskenntnis ungetrübt gegen Russland hetzt und Russland nicht nur in jeder Hinsicht einseitig sich dabei hauptsächlich ukrainischer Propaganda bedienend, niederschreibt und diffamiert, ganz zu schweigen. Sie agiert gleich wie in der Corona-Krise als Antreiber der Politik. Pazifisten und Friedensbewegten wird die Pest an den Hals gewünscht. Gleichgerichtet im Grunde sind unsere Medien. Um das böse andere Wort nicht zu gebrauchen. Aus eigenem Antrieb gleichgerichtet, wie zu vermuten steht. Was m.E. viel schlimmer ist, als wären sie von irgendwem dazu gezwungen. Diejenigen, die kriegsgeil den Stift erheben, sind offenbar „Haltungsjournalisten“, wie man das heute nennt. Aus gut bestalltem Haushalten stammend. Wer sonst kann es sich heute noch leisten, Journalist zu werden? Und gewiss hier und grün angehaucht.

Neulich bezeichnete Jürgen Todenhöfer die Grünen auf einer Demonstration m.E. zu Recht als Kriegspartei.

Was also machen? Wir müssen wieder auf einen Friedenskurs einschwenken! Dazu gibt es keine Alternative.

FLYING COLUMN des Dortmunder Künstlers Leo Lebendig, darin die Friedensbotschaft. Foto: C. Stille

Die IPPNW (Die Organisation IPPNW (Abkürzung für International Physicians for the Prevention of Nuclear War; Name der deutschen Sektion IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V.) ist ein internationaler Zusammenschluss von Human-, Tier- und Zahnärzten, die sich unter anderem vor allem für die Abrüstung atomarer Waffen einsetzt.) hat diesbezüglich zum Jahreskongress 2022 eine „Hamburger Erklärung“ abgegeben

Claus Stille

IPPNW-Pressemitteilung vom 02.05.2022

Im Sturm den Friedenskurs halten, Hamburger Erklärung

Friedensnobelpreisträger-Organisation IPPNW verabschiedet Resolution zum Jahreskongress 2022

02.05.2022 Die deutsche Sektion der Internationalen Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) forderte die Bundesregierung am Wochenende bei ihrem Jahreskongress in Hamburg dazu auf, die Anstrengungen für eine Waffenruhe in der Ukraine ins Zentrum des politischen Handelns zu stellen. Anstatt Waffen zu liefern und aufzurüsten, müssten diplomatische Wege für einen Waffenstillstand, Friedensverhandlungen und perspektivisch eine neue pan-europäische Sicherheitsarchitektur geschaffen werden. „Der russischen Regierung Brücken zu bauen, bedeutet kein Einverständnis mit ihrem Tun. Wir müssen vielmehr einen Ausweg aus einer Situation finden, die sonst eine europäische, wenn nicht gar eine globale atomare Eskalation zur Folge haben könnte“, hieß es in der verabschiedeten Resolution.

„Es ist schwer auszuhalten, dass sich noch kein Verhandlungsdurchbruch abzeichnet. Aber eines ist klar: In einen globalen Rüstungswettlauf einzutreten, manövriert uns in eine Eskalationsspirale, die für die Welt in einen Atomkrieg enden könnte. Aufrüstung schafft keinen nachhaltigen Frieden, sondern bindet finanzielle Ressourcen, die wir nicht bezahlen können und intellektuelle Ressourcen, die wir an anderer Stelle benötigen. Der Kampf gegen den Klimawandel müsste als verloren abgeschrieben werden. Deshalb müssen wir eine andere Lösung finden. Das ist nicht naiv. Es ist einfach ohne Alternative“, unterstreicht der IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Lars Pohlmeier.
 
In diesem Sinne forderten die Mediziner*innen auf Ihrem Jahreskongress einen sofortigen Verzicht der NATO und Russlands auf einen Erstschlag von Atomwaffen sowie einen Waffenstillstand und Verhandlungen über den Status der Ostukraine und der Krim. Um einen Atomkrieg zu verhindern sei internationale Diplomatie und sofortige Deeskalation die einzige Option. Auch diplomatische und zivilgesellschaftliche Kontakte auf allen Ebenen müssten erhalten bleiben, um Lösungen im Sinne der Friedenslogik, Konfliktanalyse und zivile Konfliktbearbeitung zu ermöglichen.
 
In der Resolution heißt es abschließend: „Der Krieg in Europa ist eine Mahnung, an unsere eigenen internationalen Wurzeln zu denken. Wir sind im Kern zuallererst eine internationale Friedensorganisation, die blockübergreifend für die Verhütung eines Atomkrieges arbeitet. Wir streiten gemeinsam dafür, angesichts der unvorstellbar grausamen humanitären Folgen eines möglichen Atomwaffeneinsatzes deren Einsatz zu verhindern. Weiterhin gilt: Dies ist nur durch die kontrollierte Abschaffung aller Atomwaffen zu erreichen.“

Hier finden Sie die gesamte Resolution: www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/Resolution_Im_Sturm_den_Friedenskurs_halten.pdf

Quelle: Pressemitteilung IPPNW

Epilog

Arno Luik schreibt in seinem Beitrag „Der 27. Februar 2022, oder: Ich kenne keine Parteien mehr“ auf dem NachDenkSeiten vom 3. Mai 2022:

„Und so blicke ich heute auf die Welt, wie vor einigen Jahren der alte und weise Historiker Eric Hobsbawm im Gespräch mit mir sie ausmalte“:

Alles ist möglich. Inflation, Deflation, Hyperinflation. Wie reagieren die Menschen, wenn alle Sicherheiten verschwinden, sie aus ihrem Leben hinausgeworfen, ihre Lebensentwürfe brutal zerstört werden? Meine geschichtliche Erfahrung sagt mir, dass wir uns – ich kann das nicht ausschließen – auf eine Tragödie zubewegen. Es wird Blut fließen, mehr als das, viel Blut, das Leid der Menschen wird zunehmen, auch die Zahl der Flüchtlinge. Und noch etwas möchte ich nicht ausschließen: einen Krieg, der dann zum Weltkrieg werden würde.“

Da fällt mir jetzt – ca. 3000 von einem offenbar irre gewordenen Deutschland ein, dass das äußerst interessante und wichtige Buch „Das Zeitalter der Extreme“ – bislang noch nicht einmal halb gelesen – zuhause in Griffnähe meines Schreibtisches liegt! Ich muss es unbedingt weiterlesen. Wenn ich nämlich Pech habe, dann lebe ich bald in der von Eric Hobsbawm ausgemalten Welt. In der Vorzeit sind wir ja schon mittendrin. Wie lautet ein Fluch der Chinesen: „Mögest du in interessanten Zeiten leben.“ Nun haben wir den Salat …

Hier das Interview, das Arno Luik einst für den Stern mit dem weisen Historiker Eric Hobsbawm in London führte.

Claus Stille

Anbei:

Susann Witt-Stahl im Gespräch.