Vom Albtraum der Faeser-Demokratie

Götzendienst-Polizei überwacht den Diskurs: Es geht nicht mehr um Wahrheit, sondern nur noch um Gefolgschaftstreue oder Verrat

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Nancy Faeser. Ihr Vorname bedeutet „die Begnadete“. Dafür kann sie nichts. Für ihre anmaßende und engstirnige Herrschsucht aber schon. „Ich-kann-mich-nicht-erinnern“-Kanzler Scholz nahm sie trotzdem (deswegen?) in sein Ampel-Ensemble auf. Seither hütet Nancy unser Grundgesetz ein und erweist sich gnadenlos als Fehlbesetzung: als fleischgewordener Widerspruch zum Freiheitsideal unserer Ersatz-Verfassung. Scholz‘ und Faesers SPD liegt im verdienten Trend: Nur noch 15 Prozent erreicht sie im April gemäß „Deutschlandtrend“ des Instituts infratest dimap.

Faeser, die Verfassungsschutz-Ministerin: Wir reden hier nicht von Stilfragen und Petitessen. Sondern vom gänzlich fehlenden Demokratieverständnis einer Politikerin, die nicht einmal versucht, das Grundgesetz „unterm Arm und im Bewusstsein“ zu tragen. Die bürgerlichen Freiheitsrechte interpretiert sie nach Gutdünken. Politische Konkurrenten erklärt sie zu Demokratiefeinden. Widerspruch gegen die Regierungslinie hält sie für etwas, das vom Geheimdienst überwacht und eigentlich verboten gehört. All dies liegt im „Zeitgeist“ und im deutschen Genom: Unter Beifall der Massen mehr und mehr Überwachung, mehr Bevormundung, mehr herbeigepresster mentaler Gleichschritt. Die Historie der Mehrheits-SPD ist dafür beispielhaft.

Faesers manischer Kontrollzwang zeigte sich schon beim Regierungsantritt der Ampelkoalition. Die hatte eigentlich vertraglich vereinbart, „Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht“ abzulehnen. Doch die erste Frau an der Spitze des Innenministeriums wollte trotzdem und will den staatlichen Zugriff auf den privaten Gedankenaustausch.

Noch ist nach geltenden EU-Regeln die Online-Kommunikation vertraulich: Internet-Dienste

dürfen nicht mithören, abhören, speichern oder auf andere Arten abfangen oder überwachen“.

Damit soll bald Schluss sein. Die Chat-Kontrolle und Erniedrigung des Bürgers zum Objekt der Gedankenpolizei könnte auf demokratiefernem Umweg über Brüssel nach Deutschland kommen.

Beweislast-Umkehr

Apropos Demokratieferne: Im Nachgang zur sogenannten „Reichsbürger-Razzia“ stellte Faeser ihr autoritäres Denken in der Talksendung „Maischberger“ unter Beweis. Man wolle bei den „Feinden der Demokratie noch genauer hingucken“. Beispielsweise das Disziplinarrecht für Angestellte im Öffentlichen Dienst so umgestalten, dass es künftig viel einfacher sein werde, Dissidenten zu „entfernen“. Für eine Kündigung reiche dann der bloße Verdacht auf „Demokratiefeindlichkeit“. Faeser:

Da muss man die Möglichkeit haben, jemanden schnell rauszubekommen“.

Betroffenen stehe ja der Rechtsweg offen.

Das stellt eine rechtsstaatsfeindliche Beweislast-Umkehr dar: Nicht mehr muss der öffentliche Arbeitgeber die Schuld seines Bediensteten nachweisen, sondern der Beschuldigte seine Unschuld. Faeser fand das „eine gute Idee“.

Ihren „Chef“, den Kanzler, beeindruckt dieser herrschsüchtige Stil: Er findet seine Genossin

eine großartige Frau, die große Dinge kann“.

Zwei regierende Volljuristen im Umgang mit der Demokratie.

Wer ihrer politischen Agenda entgegentritt, dem wird flugs unterstellt, er mache den Staat verächtlich. Faesers stramme Behauptung:

Ziel der Rechtsextremisten ist es, die freiheitliche Demokratie abzuschaffen.“

Da wollen Welche Faesers weißen Schimmel („freiheitliche“ Demokratie) zum Abdecker bringen? Das geht gar nicht.

Der Regierungspopanz

Historische und aktuelle Fakten sprechen sowieso gegen Faesers maßlose Übertreibung. Die Bundesrepublik ist bis heute nie einer existenziellen Gefährdung seitens der Rechtsextremen ausgesetzt gewesen. Denen war und ist sie viel zu lieb. Sie bot in der unmittelbaren Nachkriegszeit Alt-Nazis und Rechtsextremisten lukrative Unterbringung, Arbeit und Versorgung und ließ sie bis in höchste Ämter aufsteigen.

Auch in späteren Jahren – nach dem Anschluss der DDR an die BRD – war der Rechtsextremismus trotz seiner medialen Präsenz und seiner Hervorhebung in ungezählten politischen Sonntagsreden keine „Gefahr für die Demokratie“. Ein paar nüchterne Zahlen:

Vor mehr als 30 Jahren (1993) hatte der Rechtsextremismus im Nachkriegs-Deutschland seinen personellen Höchststand: 64500. Seither ist er rückläufig, jüngste Zählung: 38800 Rechtsextreme. Das sind gerade mal 0,06 Prozent (!) der rund 67,5 Millionen Erwachsenen. 1992 wurde die bisher höchste Zahl rechtsextremistisch motivierter Morde gemeldet: 32 Fälle. Neuerdings bewegt sich auch die Anzahl solcher Verbrechen nur mehr im einstelligen Bereich.

Welche Konsequenzen zog die Justiz? Seit 1970 wurden 226 rechtsextreme Täter angeklagt. In letzter Instanz wurden sie fast durchweg nicht wegen Mord, sondern „nur“ wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder wegen Totschlags verurteilt. Lediglich 15 Prozent der Angeklagten erhielten „lebenslänglich“.(ebd.)

Morde, gleich aus welchem Motiv, spielen in Deutschland eine absolut marginale Rolle: Jährlich werden 0,3 Morde pro 100 000 Einwohner verübt. Zum Vergleich: In den ach so bewunderten USA sind es 6,81 Morde. Fast 23-mal mehr.

Meinungsmache statt Aktion

Wer angesichts dieser Zahlen glaubt, die rechtsextremistische Szene in Deutschland gefährde unsere Fassaden-Demokratie, hat den Gürtel schon reichlich eng ums Gehirn geschnallt.

Über eine neuere Untersuchung (2023) der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zum Rechtsextremismus berichtete die Tagesschau:

Immer mehr Deutsche teilen laut einer Studie rechtsextreme Einstellungen. Demnach hat sich ihr Anteil im Vergleich zu den Vorjahren praktisch verdreifacht.”

Das ist wegen des willkürlich gewählten und nicht präzise begrenzten Vergleichszeitraums irreführend, es läuft auf propagandistische Panikmache hinaus. Die Studie weist anhand typisch rechtsextremer Denkmuster aus, dass sich derzeit lediglich 6 Prozent der Befragten „eine Diktatur mit einer einzigen starken Partei und einem Führer für Deutschland“ wünschen. Der ganz ähnlichen Frage für eine Studie der Universität Leipzig („Wir sollten einen Führer haben, der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“) hatten anno 2002(!) noch 19 Prozent der Teilnehmer zugestimmt. Legt man diese Zahlen zugrunde, haben sich die rechtsextremistischen Neigungen seither nicht verdreifacht, sondern gedrittelt.

Die FES schreibt zwar 8 Prozent der deutschen Wahlberechtigten ein rechtsextremes Weltbild zu (2023), die parteiunabhängige und damit glaubwürdigere Leipziger „Autoritarismus-Studie“ dokumentiert (2022) dagegen nur 2,7 Prozent. Eine mögliche Erklärung für den krassen Unterschied: Die Friedrich-Ebert-Stiftung wird vom Staat mit mehr als 40 Millionen Euro bezuschusst (Stand 2021: 39,3 Millionen Euro). Wes Brot ich ess‘ … Die von der Tagesschau erwähnte Studie war von Faesers SPD in Auftrag gegeben worden.

und schon bist du Demokratiefeind

71 Prozent der AfD-Wähler haben durchaus kein „geschlossen rechtsextremes Weltbild“. Der mindere Rest wählt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung dies oder das: 29 Prozent AFD, 6 Prozent CDU, 5 Prozent Die Linke, 5 Prozent FDP, 4 Prozent SPD und 2 Prozent Die Grünen.

Beachtenswert an der FES-Studie ist, dass sie die (begründete, berechtigte) Kritik der Bürger an Staat und Gesellschaft unter „demokratiegefährdend“ rubriziert:

Der Anteil potenziell demokratiegefährdender Positionen ist gestiegen. So denken beispielsweise inzwischen 32 Prozent, die Medien und die Politik würden unter einer Decke stecken (2020/21: 24 Prozent). Zudem stimmen in der aktuellen Mitte-Studie mit 30 Prozent fast doppelt so viele Befragte wie noch vor zwei Jahren der Aussage zu: ‚Die regierenden Parteien betrügen das Volk.‘“

Hoppla! Ein mit Millionen Euro Staatsknete gemästeter Sozi-Verein diffamiert hier freihändig die Kritik souveräner Bürger als „potenziell demokratiegefährdend“? Er unterfüttert damit die heuchlerischen Äußerungen der kritikempfindlichen Regierung. Die projiziert aus machtpolitischen Motiven das Gruselbild vom angeblich staatsgefährdenden Rechtsextremismus an alle erreichbaren Wände. Und stößt damit gleich sämtliche Kritiker der Ampel vor den Kopf.

Retourkutsche: Nähme man aggressive Kriegsgeilheit als Merkmal für rechtsextremistische Gesinnung (vor 40 Jahren gehörte das hüben und drüben zum politischen Anstand), so müsste man unzählige Sprüche aus Ministermäulern sofort auf den Index stellen. Übrigens: Im Vorfeld der EU-Wahlen wird ganz ungeniert auch über Bündnisse der „demokratischen“ Parteien mit rechtsextremen Gruppierungen spekuliert. Die Kampagnen gegen den Rechtsextremismus sind daher unaufrichtig bis hinters letzte Komma.

Die beträchtlichen Wahlerfolge der AfD sind ihren parlamentarischen Konkurrenten ein Dorn im Auge. Die AfD hat es trotz ihres unappetitlich „völkischen“ Anteils im Funktionärsapparat geschafft, erhebliche Teile aus den eher konservativen Wählerschichten aller Parteien für sich zu gewinnen. Protestwähler.

Der Platz an den Fleischtöpfen

Die Altparteien fürchten weitere Wählerverluste, gestehen sich jedoch nicht ein, dass sie selbst der AfD die Wähler in die Arme treiben: Die Regierung verpulverte schon mindestens 30 Milliarden Euro für hirnverbrannte Kriegsbeteiligung in der Ukraine, schiebt den dortigen Plutokraten und Neonazis heuer weitere 7 Milliarden in den Rachen, verursacht hierzulande Inflation von beängstigendem Ausmaß, unternimmt andererseits aber nichts Systematisches gegen die zunehmende Armut. Sie delegitimiert und kriminalisiert abweichende Meinungen und findet Appelle für Frieden und Abrüstung strafwürdig.

Aus Angst um ihren Platz an den Fleischtöpfen des Politikbetriebes, der ihnen von AfD und (neuerdings) BSW genommen werden könnte, betreiben sie Feindbildpflege und spalten die Gesellschaft. Wer ihrem Narrativ nicht folgt und eigenständige Ansichten vertritt, wird als „Extremist“, „Verschwörungstheoretiker“, „Putinversteher“, „Corona-Leugner“ oder gar „Antisemit“ etikettiert. Staatlich geschmierte Vorfeldorganisationen wie die olivgrüne „LibMod“ oder „Correctiv“ dienen dieser Art denunziatorischer Meinungsmache.

Staatlich betreutes Demonstrieren

Claas Relotius, Schutzpatron der journalistischen Schmierlappen, dürfte vor Neid erblasst sein, als er las, was sich seine „Correctiv“-Kollegen über das „Wannsee-Treffen“ einiger (nicht nur AfD)-Leute aus den Fingern gesogen hatten. Das Märchen einer gewollten „Zwangsremigration“ lieferte unserem politmedialen Komplex den Anlass, die Massen auf die Straße zu rufen. Die Tagesschau berichtet voller Sympathie:

CDU-Ministerpräsidenten sprechen vom ‚ermutigenden Zeichen‘, der Verfassungsschutz-Chef findet sie ‚erfreulich‘: Für die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gibt es viel Lob.“ 

Wen wundert das? Im Einvernehmen mit den Herrschenden auf die Straße gehen entspricht dem deutschen Untertanengeist: Man nimmt, dankbar für obrigkeitliches Wohlwollen, ein Vollbad in Massenharmonie und ist sich gewiss, zu den Guten zu gehören. Wasserwerfer, Tränengaswolken und Polizeiprügel sind was für „Lumpenpazifisten“ (Sascha Lobo) beziehungsweise „Vulgärpazifisten“ (Habeck). Mögen sich beide rechtsdrehende Schwätzer geohrfeigt fühlen.

Bundesinnenministerin Faeser blieb vorbehalten, zum besagten Wannsee-Treffen einiger rechter Socken von AfD und CDU (ja, Unionschristen waren auch dabei) historische Parallelen zu ziehen: Es wecke

Erinnerungen an die Wannseekonferenz“.

Die unsägliche Relativierung, die in dieser Bezugnahme auf die Geheimkonferenz im Januar 1942 steckt, in der die Spitzen von SS und NSDAP die Massendeportation von Millionen Mitmenschen in osteuropäische Vernichtungslager vorbereiteten, spricht ein Urteil über Faesers Charakter.

Gequatsche vom „starken Staat“

Über den Erfolg ihrer Volksverdummung verkündete Faeser:

Es stimmt mich sehr positiv, dass so viele Menschen in den vergangenen Tagen für die Demokratie auf die Straße gegangen sind.“

Längst hat sie sich darangemacht, der Freiheit der Rede, einem Grundrecht unserer Republik, ein neo-sozialdemokratisches Würgeisen anzulegen (gegen zu viel „Desinformation“). Wer anders denkt und spricht als die Regierung, ist Staatsfeind, es soll ihm an den Kragen gehen. Sozis, Grüne und die oppositionelle Unionsfraktion überbieten sich gegenseitig mit Anregungen zu mehr staatlicher Repression. Sogar eine „Früherkennungseinheit“ soll im Innenministerium gebildet werden.

Diejenigen, die den Staat verhöhnen, müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen.“

Dergleichen stockreaktionäre Sprüche gehen kritischen Zeitgenossen natürlich unter die Haut:

Das klingt gefährlich für Kabarettisten, Journalisten und jeden Bürger, der am Stammtisch seinem Unmut in Worten Ausdruck verleiht, die vom Amtsdeutsch abweichen.

Verfassungsschutzpräsident Haldenwang, Faesers Wachhund am Sperrzaun für erlaubtes Gedankengut, verzichtet gleich auf differenzierende Analyse: Es gehe gegen den „islamistischen Terrorismus“, gegen „Extremismus und Antisemitismus“, um den „Kampf der Systeme“, denn die Demokratie sei in Gefahr. Darin seien sich alle „Parteien der Mitte“ einig.

Attila, der Hunnenkönig, dachte sicher ähnlich demokratisch. Der schweizerische Berlin-Korrespondent der NZZ kommentiert treffend:

Der deutsche Verfassungsschutz passt nicht zu einer liberalen Demokratie – höchste Zeit, ihn abzuschaffen. Deutschland begreift seinen Inlandsgeheimdienst als demokratisches Frühwarnsystem, das weit vor jeder Straftat anschlägt. Damit geht die Bundesrepublik einen autoritären Sonderweg.“

Behördliche Tageslosung: Kusch!

Konkret ist vorgesehen, den Austausch zwischen Verfassungsschutz und kommunalen Behörden zu „verbessern“, um unerwünschte Veranstaltungen noch zügiger erfassen und untersagen zu können. Mit dieser Praxis haben Friedensfreunde, Gegner der NATO, „Coronaleugner“, Regierungskritiker, angeblich „antisemitische“ Intellektuelle oder „prorussische“ Künstler bereits reichlich Erfahrungen gesammelt.

Haldenwang, ganz ungeniert:

Wir dürfen nicht den Fehler machen, im Rechtsextremismus nur auf Gewaltbereitschaft zu achten, denn es geht auch um verbale und mentale Grenzverschiebungen.“

Der Mann bezog sich hier zwar auf den Rechtsextremismus. Aber kein Zweifel: Er und seine Dienstherrin Faeser suchen ein weiteres Einfallstor für staatliche Willkür. Die beschränkt sich nicht auf „Rechtsextremismus“, sie macht vor gar nichts halt. Haldenwang:

Nach den Gesetzen hängt die verfassungsschutzrechtliche Relevanz von Äußerungen als tatsächliche Anhaltspunkte, die eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz eröffnen, nicht davon ab, ob diese strafbar oder illegal sind.“

Seit Anfang April ist für 190000 Bundesbeamte Realität, was Ministerin Faeser bei „Maischberger“ als robusten Umgang mit den Angestellten im öffentlichen Dienst für wünschenswert erklärte (s.o.): Sie können wegen „Extremismus“ gleich von ihrer Behördenleitung aus dem Dienst entfernt werden. Die bestimmt, was extremistisch ist. Das Urteil eines Verwaltungsgerichts muss sie nicht abwarten. Ab sofort können Schnüffelei, Blockwartdenken und Denunziation das Bundesbeamtentum vergiften. Der Deutsche Bundesbeamte sei gewarnt:

Die Götzendienst-Polizei ist auf dem Vormarsch und schnüffelt unter jedem Stein nach dem kleinsten Anzeichen von Dissens. Es geht nicht darum, ob es wahr ist oder nicht, es geht um Loyalität oder Verrat.“

Staatsknete für private Spitzeldienste

Wenn es nach SPD-Faeser und ihrer Grünen-Ministerkollegin Lisa Paus geht, soll schon bald ein Heer privater Spitzel in sogenannten Nicht-Regierungs-Organisationen helfen, die gar zu oppositionellen Geister aufzuspüren. Das zur Bereitstellung von Schmiermitteln in Form von zweihundert Millionen Euro nötige „Demokratie-Förderungsgesetz“ ist bereits in der Mache und wird nur noch von der FDP gebremst. Die Grünen-Familienministerin Paus:

„Wir wollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Hass im Netz auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze vorkommt.“

Vor solchen Regierungsplänen warnen die „Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages“ nachdrücklich und zitieren das Bundesverfassungsgericht:

Der Staat hat grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten. Die Zulässigkeit von Kritik am System ist Teil des Grundrechtestaats. … Die Schwelle zur Rechtsgutverletzung ist … erst dann überschritten, wenn … der Staat dermaßen verunglimpft wird, dass dies zumindest mittelbar geeignet erscheint, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, die Funktionsfähigkeit seiner staatlichen Einrichtungen oder die Friedlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.“

Folgt man dem gedanklich, dann verortet man Verfassungsfeinde auch im Bundeskabinett. Neuester Hammer: Das Bundesinnenministerium verfügte gegen den linken vormaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis wegen dessen geplanter Rede über den Gaza-Krieg ein Einreise- und Äußerungsverbot in Deutschland. Der Bannstrahl traf nicht nur ihn. Das Vorgehen spricht Bände.

Anmerkung der Autoren:

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) während einer Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Beitragsbild: via Pixelio.de/Stefan Erdmann

Das Berliner Kriegskabinett: auf Beutezug

Tagesschau & Co. fragen nicht, warum Deutschland den Krieg in der Ukraine verlängert – Die Absichten hinter Merkels Friedensverrat gelten fort und sollen den Wähler nicht erschüttern.

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Mal ehrlich: Wussten Sie, dass Großbritannien, obwohl auf Seiten der Sieger, noch im Dezember 2006 Kriegskredite aus der Zeit des II. Weltkriegs an die USA zurückzahlte?iKriege werden – eine Binsenweisheit – nicht aus hehren idealistischen Gründen geführt, sondern vorrangig aus ökonomischen Interessen. Auch unserem Berliner Kriegskabinett geht es nicht um Freiheit und Demokratie der Ukrainer, sondern um reiche Beute in deren Land: um Zugriff auf immense Bodenschätze, unter anderem Lithium. Übrigens: Deutschland wird derzeit selbst von der Siegermacht USA besonders stramm gemolken (als US-Vasallii,iii,iv, als Netto-Verlust-Träger der US-Sanktionenv, als Nord Stream-Geschädigtervi; die bekannten 100 Millionen Euro Tribut pro Jahr zur Finanzierung der hiesigen US-Garnisonenvii, viii sind Peanuts dagegen). Aber das steht auf einem anderen Blatt.

ARD-Tagesschau, ZDF-heute und Deutschlandradio-Nachrichten schert es nicht, aus welch tatsächlichen Gründen die Bundesregierung Geld, Waffen, informationelle und logistische Hilfe in die Ukraine pumpt – bis dato mindestens 30 Milliarden Euro (indirekte Kosten wie die Flüchtlingsaufnahme nicht gerechnet). Profunde Kenntnis der Bundesbürger von den politikleitenden Interessen an der deutschen Kriegsbeteiligung ergäbe mit Sicherheit ein anderes, qualifizierteres Meinungsbild dazu, als es die Tagesschau in ihrem „Deutschlandtrend“ vermitteltix: 31 Prozent halten die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine für angemessen, 25 Prozent gehen sie nicht weit genug; eine deutliche Mehrheit ist also für massiven Waffenexport ins Kriegsgebiet.

Dass sich die Bundesregierung nicht nur als gefügiger US-Vasall, sondern auch aus eigenen Stücken, im kommerziellen Interesse ihrer (Rüstungs-)Wirtschaft, zur Kriegspartei machte, spielt im Diskurs über den Ukraine-Krieg leider keine Rolle. („Wir müssen doch den armen Menschen dort helfen“x).

Keiner fragt nach

Ungerührt vom massenhaften Sterben auf dem „Schlachtfeld“ schiebt unser Berliner politisches Funktionsmobiliar weitere Milliarden in die Ukraine. Ungestört von den „Qualitätsmedien“, unbeeindruckt von der impotenten „Vierte Gewalt“-Täterin Tagesschau und deren öffentlich-rechtlichen Komplizen. Kritische Nachfrage nach den wahren Kriegsgründen? Fehlanzeige, obwohl sich die Lage zuhause längst als hochexplosiv erweist: Die Schuldenbremse versagt, die Verbraucherpreise explodieren, Geld für den geordneten Unterhalt und Ausbau der Infrastruktur fehlt. Massiver Sozialabbau droht, das Renten-, Bildungs- und Transportsystem, die Gesundheits- und die Energieversorgung sind in Gefahr. Ganze Wirtschaftsbereiche werden plattgemacht, Bauern rebellieren, das Bruttosozialprodukt schrumpft bedrohlichxi, die Produktivität der Beschäftigten sinkt.xii Die kaltschnäuzige Reaktion darauf:

Die Bundesregierung verdoppelt die Militärhilfe für die Ukraine. Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Kreisen des Haushaltsausschusses erfuhr, einigte sich die Ampelkoalition darauf, die Unterstützung von vier auf acht Milliarden Euro aufzustocken.xiii

Niemand, schon gar nicht das ARD-Hauptstadtstudio, riskiert konsequent die Frage: Was sind die Motive und Ziele dieser desaströsen Politik, die die eigene, die deutsche Bevölkerung sehenden Auges ins Unglück stürzt, während sie das korruptexiv, neonazistischexv, autoritärexvi System in der Ukraine immer noch mit Milliardenbeträgen päppelt? Obwohl Kiews antidemokratisches Regime vor dem Zusammenbruch und einer verheerenden militärischen Niederlage steht? An den demagogischen Schwachsinn, dass Putin sich Westeuropa militärisch vornehme, wenn er erst einmal die Ukraine besiegt habexvii, glauben doch weder Agnes-Marie Strack-Zimmermann noch Boris Pistorius, sondern allenfalls Annalena Baerbock und der dauerbeleidigte, weil nur Beinahe-Landwirtschaftsminister Anton Hofreiter.

Sogar der Russenfresser und Polit-Scharfmacher Michael Roth (SPD), einst gar Staatsminister und derzeit immerhin noch Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, beklagte die Wissenslücke im hiesigen Diskurs: Die Debatte über die Beweggründe und Ziele der deutschen Einmischung in den Ukraine-Konflikt komme zu kurz. Es gehe doch nicht um Nächstenliebe, sondern um „deutsche und europäische Interessen“.xviii

Welche denn konkret, werter Herr Ex-Staatssekretär? Welches Interesse sollten einfache deutsche und andere westeuropäische Mitbürger an der Fortführung des schrecklichen Gemetzels in der Ukraine haben, an dem sich die Plutokraten der westlichen Welt gerade dumm und dämlich verdienen? Was wohl bewog den Wirtschaftsminister Habeck, in Davos für Investitionen in der Ukraine zu werben und staatliche Sicherheitsgarantien dafür zu versprechen? Die seien

„… ein ungeheuer erfolgreicher Schritt, der zeigt, dass wir daran glauben und darauf vertrauen, dass die Ukraine diese schwierige Situation erfolgreich besteht, aber auch, dass deutsche Unternehmen in die Ukraine investieren werden.“ xix, xx

Warum wohl sollten/wollen deutsche Unternehmen in der Ukraine investieren? Sage bitte niemand: „Um dort Arbeitsplätze zu schaffen“.

Kungeln mit Milliardären

Selbst die Tagesschau-Sendung „Wirtschaft vor acht“ lässt wissen, dass die Geschicke der Welt nicht das Ergebnis transparenter demokratischer Entscheidungsprozesse gemäß Volkes Willen sind, sondern dass „die Lenker der Wirtschaft“ im Hinterzimmer darüber befinden:

Alljährlich treffen sich die Spitzen von Staaten, die Lenker der Wirtschaft und sonstige wichtige Persönlichkeiten in den Schweizer Bergen, um die Weltlage zu besprechen … Davos (ist) mehr als eine Ansammlung von Vorträgen und Meinungsaustausch, sondern … der Ort der Vier-Augen-Gespräche (sic!) im ganz kleinen Kreis (sic!) …“xxi

Mit Namen und konkreten Fakten kann ARD-Moderator Markus Gürne hier natürlich nicht dienen. Dass es neben dem „Weltwirtschaftsgipfel“ in Davos auch noch die geheimen Treffen der „Bilderberger“ und der „Trilateralen Kommission“ gibt, auf denen sich die Spitzenpolitiker der Welt von den Multimilliardären „beraten“ lassenxxii, sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt; für die Tagesschau sind sie ja nie und nimmer von nachrichtlichem Interesse.

Unser Thema bleibt das kommerzielle Interesse, das der kollektive Westen mit seiner Kriegsteilnahme in der Ukraine und mit seinem Wirtschaftskrieg gegen Russland verfolgt. Baerbocks Wunsch, „Russland ruinieren“xxiii, spricht die Problematik nur oberflächlich an. Er ist so unqualifiziert wie die Verlautbarung des US-Präsidenten Biden, den demokratisch gewählten Putin stürzen zu wollen.xxiv Russlands Bevölkerung hat längst verstanden: Der kollektive Westen ist auf Unterwerfung ihres Landes aus (zu dem auch die vormals ukrainischen Donbass-Republiken gehörenxxv) und auf das räuberische Ausbeuten seiner Reichtümer.

Subversive Absichten

Im Westen – nicht nur gelegentlich und auf Stammtischniveau – werden gerne Vorstellungen von einer „Dekolonialisierung“ Russlands diskutiert, d.h. Zerschlagung in viele schwache Einzelstaaten. Die lautstärksten Fürsprecher solcher Ideen sind Exil-Russen, deren infame Lobbyarbeitxxvi vom Westen politisch unterstützt und von Abgeordneten des Europäischen Parlamentes sogar materiell gesponsert wird: „Ich werde auf jeden Fall die Namen dieser 34 Staaten lernen“, hieß es auf einem im Europäischen Parlament veranstalteten „Forum der Freien Völker Russlands“.

Auch in den westlichen Staats- und Konzernmedien wird die aktive Schwächung Russlands durch Zerfall diskutiert.xxvii, xxviii Dessen Bürger registrieren das sehr aufmerksam. Es erinnert sie an ihre Erfahrungen mit den Wortbrüchen und der Beutegier des Westens nach dem Zerfall der Sowjetunion, an ihr Elend in der Jelzin-Ära.

Knallbonbons

Genau darauf aber wirken die heute maßgebenden Sozialdemokraten offenkundig hin. Bundeskanzler Olaf Scholz:

Dieser Krieg ist wahrscheinlich so schnell nicht vorbei… (Es ist wichtig), dass wir lange in der Lage sind, das zu tun, was notwendig ist, (nämlich) die Ukraine weiter in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen“.xxix

PureMaulhurerei, nicht einmal eine andeutungsweise logische Beschreibung der vorgeblichen „Notwendigkeit“. Scholz behauptet geschichtsfälschend,

Russland habe 2022 mit seinem Überfall auf die Ukraine ‚alle Verständigung über Frieden und Sicherheit in Europa aufgekündigt‘.“ xxx

Dass Kiew unter maßgeblicher deutscher Anleitung und Mitwirkung (Steinmeiers trügerischer Dealxxxi, Merkels Minsk-II-Betrugxxxii) schon seit 2014 einen Angriffskrieg gegen die Ost-Ukraine führte, auf den Putin nach acht Jahren militärisch reagierte, hatte NATO-Generalsekretär Stoltenberg schon vor einem Jahr preisgegeben. Der Krieg habe nicht erst am 24. Februar 2022 (Einmarsch russischer Truppen im Donbass) begonnen, sondern:

Er begann im Jahr 2014“ (im Original auf Englisch: „… because the war didn’t start in February last year. It started in 2014“).xxxiii 

Dazu Thomas Mayer, Buchautor und vormals Kampagnenleiter der Schweizer Vollgeld-Initiative:

(Stoltenbergs) „Aussage war ein seltenes Versehen. Als Regel galt die millionenfach in den westlichen Medien wiederholte Sprachregelung „unprovozierter völkerrechtswidriger Angriffskrieg“. Das sollte als unumstößliche Tatsache ins öffentliche Bewusstsein eingebrannt werden … So wurde das Völkerrecht für Kriegspropaganda missbraucht. Tatsächlich kann der Kriegseintritt Russlands stringent völkerrechtskonform begründet werden.xxxiv

Doch Kanzler Scholz und erst recht die Qualitätsjournalisten der Staats- und Konzernmedien scheren sich nicht um völkerrechtliche Regeln. Sie ignorieren, dass der Westen bis zuletzt sämtliche Verständigungsangebote Putins zur Vermeidung eines Krieges ausgeschlagen hatte.xxxv Es würde nichts nützen, sie an den Lehrsatz des italienischen Philosophen Nicolò Machiavelli zu erinnern:

Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern, wer dazu nötigt.“xxxvi

Deutschlands Ukraine-Politik ist kriegstreibend. Panzer, Artilleriegeschütze und Raketen sind Angriffswaffen. Granaten aus deutschen Fabriken schaffen keinen Frieden, sondern lassen die Leichenberge in der Ukraine wachsen. Die absurde Debatte im Bundestag über den – am Ende deutlich abgelehnten – Antrag der Unionsfraktion, endlich auch weitreichende „Taurus“-Raketen an Kiew zu liefernxxxvii, beweist allerdings nur, dass die Befürworter einer rationalen, auf Ausgleich mit Russland bedachten Politik keine Mehrheit im Reichstag haben.

Die Euromilliarden, die der Kanzler dem korrupten Präsidenten Selenskyj in die weit geöffneten Taschen schiebt, generieren nicht nur Rekordprofite der deutschen Rüstungswirtschaft; sie bereichern auch einen Machthaber, der per Gesetz jegliche Friedensverhandlungen mit Russland verbieten ließ. Einen egomanen Menschenverächterxxxviii, der bereits mit der Sprache, in der er über Russen herzieht („Tiere“), seine nazistische Gesinnung demonstriert.xxxix, xl

Kriegswillige

Deutschlands Ziele in der Ukraine bleiben unerklärt. Der Kanzler und sein Kabinett (auch der vielgepriesene Verteidigungsminister Pistorius) vermeiden sichtlich, sich konkret zu den Kriegszielen zu äußern. Pistorius räumte zwar ein, dass Deutschland in der Ukraine „Kriegsbeteiligter“ seixli, (was offensichtlich niemanden in den deutschen Redaktionsstuben sonderlich aufregte) welche Absichten damit verfolgt werden, sagte aber auch er nicht. Er betreibt lieber medienwirksame Scharfmacherei:

Deutschland und seine Verbündeten müssen sich mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen. Wir müssen kriegstüchtig werden.“xlii

So redet eben ein Sozialdemokrat der neuen Generation, dessen Abstand zu Willy Brandts friedensstiftender Entspannungspolitik ebenso groß ist wie seine Bereitschaft, das Friedensgebot des Grundgesetzesxliii zu missachten und Verfassungsbruch zu organisieren.

Ohne diplomatische Schnörkel redete auch ein CDU-Abgeordneter daher und geriet damit ins Rampenlicht: Roderich Kiesewetter, Ex-Oberst i.G. (= „im Generalstab“), im Tagesschau-Videoxliv (Zitat ab Min. 08‘28“): 

Aber es hat auch eine extrem wirtschaftliche Frage: Wenn die Ukraine zerfällt, sind die Folgekosten viel größer, als wenn wir jetzt viel stärker reingehen. Und wenn Europa die Energiewende vollziehen will, braucht es eigene Lithium-Vorkommen. Die größten Lithium-Vorkommen in Europa liegen im Donezk-Luhansk-Gebiet … Deswegen will Russland diese auch, um uns abhängig zu machen von der Energiewende, mit Blick auf Elektromotoren. Also, wir haben hier auch ganz andere Ziele noch im Hintergrund.“

Der Mann macht kein Hehl daraus, dass deutsche Wirtschaftsinteressen dem Ukraine-Krieg zugrunde liegen. Es beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit er wissen lässt, dass auch dieser Krieg dem westlichen Kapitalinteresse am Profitmachen dient, gleichgültig, wie viele Menschen dabei draufgehen.

Das gesamte Tagesschau-Interview ist übrigens ein eindrucksvolles Beispiel für die Unfähigkeit vieler Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie stellen keine substantiell interessierenden Fragen, sondern beschränken sich auf die Rolle des simplen Stichwortgebers; sie agieren als animierende Mikrofon-Halter.

Räuberische Gier

Was die westlichen Geldeliten an der Ukraine interessiert und weshalb sie das Land als lohnendes Ausbeutungsopfer im Blick haben, belegen nicht nur die gierigen Aufkäufe ihrer Immobilienhaie.xlv,xlvi,xlvii Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ bewertete schon 2005 den Vorrat an entdeckten Bodenschätzen in der Ukraine mit 7 bis 10 Billionen (!) Dollar. Inzwischen beläuft er sich auf 14,8 Billionen Dollar.xlviii 

Was für ein Pech für die Beutegierigen: 70 Prozent dieses natürlichen Reichtums liegen in den nunmehr russischenxlix Gebieten Donezk und Lugansk sowie im benachbarten Dnipropetrowsk. Ihr Schätzwert: etwa 8 Billionen Dollar.

Bekanntlich ist es hierzulande ganz „normal“, einem verabscheuten Konkurrenten die eigenen (fragwürdigen) Absichten zu unterstellen, besonders, wenn man selbst im Nachteil ist. Es überrascht also nicht, dass man im Westen behauptet/mutmaßt, dieser Reichtum habe „Putin zum Einmarsch in die Ukraine motiviert.“ l, li

Andersherum wird allerdings eher ein Schuh draus. Der Westen ist scharf auf besagte Bodenschätze, er braucht sie:

Europa hat in der Vergangenheit eine beträchtliche Anzahl von Rohstoffen, über die auch die Ukraine verfügt, aus Russland bezogen – neben Öl, Gas und Kohle sowie Eisen und Stahl vor allem wichtige Nichteisenmetalle …“ lii

Eingeräumt (und beklagt) wird, dass die hohe Abhängigkeit von metallenen Rohstoffen (Nickel, Titan, Lithium u.a.) Deutschland als größten westeuropäischen Industriestandort behindert, seine Entwicklung einer „grünen“ Energiewirtschaft voranzutreiben, weil es dabei „von autoritär regierten Ländern“ wie Russland und China abhängig sei.

Kaiser ohne Kleider

Tja. Mit den antirussischen Sanktionen haben sich die westeuropäischen Politiklenker ins eigene Knie geschossen. Den Schmerz, die wirtschaftlichen Folgen, müssen aber wieder die Bürger ertragen, besonders die von Erwerbsarbeit abhängigen.

Sollte Russland, wie sich abzeichnet, Sieger in diesem Krieg bleiben, wird der Rohstoffmangel in Westeuropa zu erheblichen Kostensteigerungen führen und Deutschlands industrielle Wirtschaftskraft weiter schwächen. Sollte wider Erwarten die Ukraine siegen, wäre das zwar für „unsere“ Wirtschaft gut. Die Ukrainer aber müssen so oder so für diesen Krieg bezahlen, gleichgültig, wie er endet. Das Land musste bereits jetzt eine Verdoppelung der Staatsverschuldung hinnehmen (in Relation zum Brutto-Inlandsprodukt der Jahre 2021 bis 2024): von 48 auf 96 Prozent.liii Die Kosten für einen Wiederaufbau bleiben hier außer Betracht. Der unschätzbare Verlust an Menschenleben erst recht.

Möglicherweise, so ein erlaubter Rückschluss, wird auch die Ukraine noch im Jahrhundert danach Kriegskredite an den Wertewesten abstottern müssen. Ob sie überhaupt wieder zahlungsfähig wird, ist allerdings eine andere Frage.

Mit seiner Bemerkung im Tagesschau-„Bericht aus Berlin Extra“liv (ab ca. Min. 09‘04“) hat der unsägliche Unionsabgeordnete Kiesewetter jedenfalls recht:

Unsere Bürgerinnen und Bürger (verdienten) „mehr Orientierung aus der Politik. Ein Bundeskanzler könnte deutlich mehr erklären. Er macht es zu wenig.“

Na klar. Andernfalls stünde dieser Kanzler als politischer Prokurist der Kriegsgewinnler und Profiteure am ukrainischen Massensterben da. Seine „unerträgliche Schweigsamkeit“lv ist Taktik. Der Durchschnitts-Wähler durchschaut das nicht, denn seine Tagesschau besorgt ihm ja nur eine Mattscheibe.

iQuellen:

https://www.welt.de/politik/article705305/Grossbritannien-zahlt-letzte-Rate-seiner-Weltkriegsschulden.html

ii https://www.zdf.de/nachrichten/politik/waffenlieferung-bezahlung-deutschland-ukraine-krieg-100.html

iii https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Allied_Force

iv https://www.bundestag.de/resource/blob/881198/27fd4f597e1d4ee43350aafffc6f9d8c/WD-2-062-21-pdf-data.pdf

v https://www.derstandard.de/story/2000070413391/dreistellige-milliardenverluste-durch-russland-sanktionen-in-europa

vi https://perspektive-online.net/2023/03/nordstream-sprengung-wer-wars-wer-profitiert/

vii https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-05/deutschland-stationierung-nato-soldaten-ausgaben

viii https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/marie-agnes-strack-zimmermann/fragen-antworten/wieviele-militaerstuetzpunkte-hat-die-usa-aktuell-in-deutschland-wieviele-usa-soldaten-sind-in

ix https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3412.html

x https://www.tagesschau.de/spendenkonten/spendenkonten-133.html

xi https://egon-w-kreutzer.de/erwerbstaetigkeit-gestiegen-bip-geschrumpft

xii https://www.businessinsider.de/wirtschaft/produktivitaet-in-deutschland-sinkt-bittere-wahrheit-fuer-wohlstand-und-arbeitszeiten/

xiii https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-krieg-deutschland-militaerhilfe-nato-100.html

xiv https://archive.is/PaQmR

xv https://www.jungewelt.de/artikel/461737.krieg-in-der-ukraine-augen-zu-vor-kiews-nazis.html

xvi https://weltwoche.ch/daily/wolodymyr-selenskyj-hat-in-der-ukraine-praktisch-alle-parteien-verboten-und-konzentriert-seine-medienmacht-kritik-im-westen-fehlanzeige/

xvii https://www.zerohedge.com/geopolitical/end-war-ukraine-expose-its-core-lie

xviii https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/wie-dauerhafte-unterstuetzung-fuer-die-ukraine-aussehen-koennte,TVkoN28

xix https://www.n-tv.de/ticker/Habeck-hofft-auf-Investitionen-deutscher-Unternehmen-in-Ukraine-article24665290.html

xx https://www.welt.de/politik/ausland/video249557656/WEF-Statement-von-Wirtschaftsminister-Robert-Habeck-in-Davos.html

xxi https://www.ardmediathek.de/video/wirtschaft-vor-acht/wirtschaft-vor-acht/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3dpcnRzY2hhZnQgdm9yIGFjaHQvMjAyNC0wMS0xNl8xOS01NS1NRVo

xxii https://www.infosperber.ch/politik/welt/die-geheime-macht-der-bilderberg-gruppe/

xxiii https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-krieg-freitag-101.html#Baerbock-begruesst-Sanktionen-gegen-Putin-und-Lawrow

xxiv https://www.tagesschau.de/ausland/biden-rede-polen-101.html

xxv https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/video-1254814.html

xxvi https://meduza.io/feature/2023/02/03/ya-obyazatelno-vyuchu-nazvaniya-etih-34-gosudarstv

xxvii https://www.politico.eu/article/opinion-russia-benefits-disintegration/

xxviii https://www.telepolis.de/features/Russland-dekolonisieren-Will-der-Westen-die-Russische-Foederation-zerstueckeln-7274966.html

xxix https://www.faz.net/aktuell/ukraine/olaf-scholz-wir-unterstuetzen-die-ukraine-weiter-19373328.html

xxx https://www.n-tv.de/politik/Scholz-sichert-der-Ukraine-weitere-Hilfen-zu-article24589631.html

xxxi https://www.dw.com/de/regierung-und-opposition-unterzeichnen-vereinbarung-zur-krisenlösung/a-17449594

xxxii https://www.wsws.org/de/articles/2022/12/20/merk-d20.html

xxxiii https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/es-begann-2014-wie-die-nato-den-krieg-russlands-in-der-ukraine-sieht-li.317773

xxxiv https://globalbridge.ch/kriegspropaganda-war-der-kriegseintritt-russlands-wirklich-ein-voelkerrechtswidriger-angriffskrieg/

xxxv https://www.swp-berlin.org/publikation/ukraine-im-nato-russland-spannungsfeld

xxxvi https://www.zitate7.de/581/Nicht-wer-zuerst-die-Waffen-ergreift.html

xxxvii https://dserver.bundestag.de/btp/20/20146.pdf

xxxviii https://globalbridge.ch/lachen-oder-weinen-die-heiligsprechung-eines-egomanen-menschenveraechters-und-demokratie-killers-am-wef-in-davos/

xxxix https://web.de/magazine/politik/russland-krieg-ukraine/selenskyj-putin-erkennt-schwaeche-tier-tier-39021610

xl https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-01/wolodymyr-selenskyj-davos-ukraine-unterstuetzung

xli https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/boris-pistorius-deutschland-ist-indirekt-am-ukraine-krieg-beteiligt-18607878.html

xlii https://www.youtube.com/watch?v=J835TJ0j1yY

xliii https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-92846-3_25

xliv https://www.youtube.com/watch?v=Urid8hF54_k

xlv https://de.euronews.com/my-europe/2023/12/11/the-cube-hakt-nach-geruchte-um-landkaufe-der-soros-familie-in-der-ukraine

xlvi https://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/ukraine-landwirtschaft-schwarzerde-monsanto/komplettansicht

xlvii https://www.fr.de/politik/ausverkauf-im-schatten-des-krieges-92565094.html

xlviii https://katapultu-magazin.de/artikel/russische-streitkraefte-kontrollieren-den-grossteil-des-ukrainischen-reichtums

xlix https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/russland-staatsduma-erlaesst-gesetze-zur-integration-besetzter-gebiete

l https://www.gtai.de/de/trade/ukraine/branchen/rohstoffreichtum-der-ukraine-in-gefahr-941166#toc-anchor–1

li https://www.researchgate.net/publication/373712318

lii https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2023-3006/html?lang=de

liii https://de.statista.com/statistik/daten/studie/314581/umfrage/staatsverschuldung-der-ukraine-in-relation-zum-bruttoinlandsprodukt-bip/

liv https://www.youtube.com/watch?v=Urid8hF54_k

lv https://www.focus.de/magazin/archiv/editorial-die-unertraegliche-schweigsamkeit-des-bundeskanzlers_id_87778431.html

Anmerkung der Autoren:

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Beitragsbild. C. Stille

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Staatlich vorangetriebene Zensur und Meinungsterror werden deutsche Staatsräson

Also sprach Kanzler Olaf Scholz: „Diese beste Demokratie, die wir in Deutschland je hatten, die auch eine ist, die wir verteidigen müssen …“ Der wie so oft verkorkste Satz, gesprochen vor zwei Monaten während eines Staatsaktes in Bonn, klingt nur bei oberflächlicher Wahrnehmung dümmlich aufgeblasen. Denn jetzt kommt‘s: „… verteidigen und beschützen auch gegen diejenigen, die sie von innen zu untergraben versuchen“. Kontext: Wer Wühlmaus ist, das befindet die Bundesregierung. So primitiv wie wirkungsvoll: Politiker behaupten etwas als Tatsache und diskriminieren jede Gegenmeinung als demokratiefeindlich. Der hergeholte Vorwurf „Desinformation“ genügt inzwischen, um Zensur zu rechtfertigen. Mit automatischer, vieltausendfacher Nachahmung und Anwendung, in den Behörden, in der Wirtschaft, im Kulturbereich, in den Laufstallmedien – eine „Verhaltensweise ganz nah an den Nazis“. Der Staat und seine zivilen Helfershelfer brauchen keine Beweise mehr, um jemanden als Verfassungsfeind zu brandmarken und fertigzumachen.

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam.

Scholz-Diagnose: „Deutschland, die beste Demokratie, die wir je hatten.“ Ach ja? Deutschland ist im westeuropäischen Vergleich Spitzenreiter bei der Einschränkung bürgerlicher Rechte, speziell der Versammlungsfreiheit und des freien Redens und Schreibens – vom Abbau sozialer Standards ganz abgesehen (Kinderarmut, Altersarmut, Niedriglöhne, Wohnungsnot, Obdachlosigkeit, Bildungsnotstand, und ganz speziell beim Rentenklau). 

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ lauteten Deutschlands Postulate nach seiner Befreiung von der Nazi-Diktatur 1945. Seither gehört es zu unserer staatlich geförderten Selbsttäuschung, die friedliebendste Nation der Welt zu sein. Wir haben – auch dies ist eine deutsche Erfindung – erfolgreich „Vergangenheitsbewältigung“ betrieben. Deshalb gedenken wir u.a. jährlich am 27. Januar (Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee) der rund 6 Millionen ermordeten Juden und räumen den Überlebenden und Nachkommen dieser Glaubensgemeinschaft besondere Rechte ein.

Dass Nazi-Deutschland gleichzeitig (mit der Leningrad-Blockade) eine Million Sowjetmenschen in den Hungertod trieb und die deutsche Soldateska mindestens 15 Millionen sowjetische Zivilisten ermordete, finden wir hingegen bis heute keines Gedenktags wert. Von den drei Millionen Rotarmisten, die unsere Wehrmacht in ihren Gefangenenlagern planmäßig verhungern ließ, und den Tausenden, die sie erschoss, erschlug oder zu Tode quälte, gar nicht weiter zu reden. Das waren ja alles bloß Russen, nicht? Wer wird denn für die schon Umstände machen.

Trotz der vom Grundgesetz vorgegebenen Verpflichtung zur Friedensförderung setzt unser politisches Führungspersonal um Scholz, Pistorius, Habeck und Baerbock auf Krieg gegen Russland – bis zum Endsieg, wie gehabt.

Am deutschen Wesen …

Sozialabbau und Kriegstreiberei bedürfen sorgfältiger journalistischer Politur und ausgefeilter Akzeptanzstrategien. Eine Dreiviertelmehrheit der Bevölkerung muss der Seelenmassage und der Hirnwäsche unterzogen werden, damit sie solches Treiben als demokratischen Austrag hinnimmt. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Zensur, Bezichtigung und Ausgrenzung – die sogenannte Cancel-Culture – ist in vollem Gange. Auch auf diesem Feld ist Deutschland jetzt europäischer Vorreiter.

Nehmen wir den gemäß § 130 StGB strafbewehrten Vorwurf der „Volksverhetzung“, nach dem auch eine „öffentlichen Billigung von Putins Angriffskrieg in der Ukraine“ verfolgt werden kann. Vergleichbare gesetzliche Maulkörbe wird man bei unseren europäischen Nachbarn (noch) vergeblich suchen, trotz hartnäckiger Richtlinien-Vorstöße vonseiten der deutsch präsidierten EU-Kommission gegen „russische Desinformation“.

Hierzulande ruft bereits eine ausländerfeindliche Äußerung oder sonstige „Hassrede“ (neudeutsch: Häjt spietsch) den Staatsanwalt auf den Plan. Dabei ist es noch nicht allzu lange her, dass die „Meinungsfreiheit“ fast unbeschränkte höchstrichterliche Absicherung fand. Anno 2010 erkannte das Bundesverfassungsgericht für Recht: 

Ausländerfeindlichkeit allein ist nicht strafbar. Ausländerfeindliche Meinungen verstoßen zwar gegen die Werte des Grundgesetzes und das Toleranzgebot. Aber das ist noch kein Grund, ihnen den Schutz der Meinungsfreiheit zu entziehen … Die Bürger sind rechtlich nicht gehalten, die Wertsetzungen der Verfassung persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht. Die Bürger sind grundsätzlich auch frei, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen oder die Änderung tragender Prinzipien zu fordern.“

Von solch tatsächlich freiheitlich-demokratischem Denken haben wir uns, der Bundeskanzler vorneweg (s. oben), inzwischen meilenweit entfernt.

In diesem Zusammenhang eine Lese-Empfehlung: In der SPIEGEL-Kolumne

Was müssen die Muslime Robert Habeck beweisen?“

hat Thomas Fischer, vormals Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof, die schwülstige Rede des Vizekanzlers(!) zu Israel und Antisemitismus analytisch so gründlich zertrümmert, dass nur noch Schwatzpulver übrigblieb. Leider sind streitbare Denker, die es noch wagen, sich öffentlich und rechtens mit Regierungspolitikern anzulegen und sie gehörig abzubürsten, inzwischen Rarität.

Journalisten als Büchsenspanner

Unsere Journaille ist als Urheber und Antreiber entlarvt: Sascha Lobo schäumte in Der Spiegel gegen den „deutschen Lumpenpazifismus“, und Clemens Wergin, Chefkorrespondent Außenpolitik der Springer-Zeitung Welt, tat es ihm gleich. Mit „Lumpenpazifsten“ meinten die beiden Herrenreiter offensichtlich die Kriegsgegnerinnen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer. Ihre Schmähung ist eng verwandt mit der Hasstirade des berüchtigten Nazi-Volksgerichtshofpräsidenten Roland Freisler, der den angeklagten Graf Schwerin von Schwanenfeldt mit „Sie sind ja ein schäbiger Lump!“ anschrie.

Es setzt dem dann die Krone auf, dass Der Spiegel und Welt sich anmaßen, für den Umgang mit „Hasstiraden“ im Netz Ratschläge zu erteilen. 

Die Konstruktion „Hassrede im Netz“ war für die SPD-Spitzenkraft Heiko Maas, seinerzeit Bundesjustizminister, der Anstoß für das inzwischen berüchtigte „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, auch Facebook-Gesetz genannt. Begründet wurde es im Jahr 2017 so:  

Die Debattenkultur im Netz ist oft aggressiv, verletzend und nicht selten hasserfüllt. Durch Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte kann jede und jeder aufgrund der Meinung, Hautfarbe oder Herkunft, der Religion, des Geschlechts oder der Sexualität diffamiert werden. Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte, die nicht effektiv bekämpft und verfolgt werden können, bergen eine große Gefahr für das friedliche Zusammenleben einer freien, offenen und demokratischen Gesellschaft.

Auffallend ist: Es finden sich keine gesicherten Daten über die Bedeutsamkeit der behaupteten „Hass-Kultur“ im Netz. Deren Definition ist schwammig, die genannten Zahlen sind spekulativ und lassen darauf schließen, dass „Hasskriminalität“ eine weitaus geringere Bedeutung hat, als ihr beigemessen wird.

Eine 0,2-Prozent-Bagatelle

Der Verdacht erhärtet sich, dass mit dem Gesetz Machtansprüche befriedigt werden. Den Berliner Polit-Darstellern geht es um Kontrolle und ungehinderten Zugriff auf personenbezogene Daten in den sozialen Medien. In der Begründung der Gesetzesvorlage steht nämlich auch dieser (verräterische) Satz:

Nach den Erfahrungen im US-Wahlkampf hat überdies auch in der Bundesrepublik Deutschland die Bekämpfung von strafbaren Falschnachrichten („Fake News“) in sozialen Netzwerken hohe Priorität gewonnen.

Falschnachrichten sind strafbar? Wer bestimmt, was eine strafbare Falschnachricht ist? Bringen der Kanzler und seine Ministerriege nicht tagtäglich Falschnachrichten in Umlauf? Haben nur sie das Recht, nach Belieben Fakten zu leugnen, zu verdrehen, zu erfinden, der Bürger aber nicht? Haben die Mehrheitsparteien die Befugnis, die Farbe der Brillengläser zu bestimmen, durch die wir die Welt zu betrachten haben?

Dass die übertrieben betonte Hasskriminalität keine besondere Gefährdung im Vergleich zu anderen Problemen (z.B. wachsende Armut) der Gesellschaft darstellt, zeigen die statistischen Erhebungen in den „Transparenz-Berichten“ von Facebook, die regelmäßig im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Danach sind unter 10.000 geprüften Inhalten nur zwei als Hassreden zu qualifizieren, ein winziger Anteil von 0,02 Prozent. Es handelt sich dabei jedoch nur um Verstöße gegen Facebook-Regeln, nicht um Straftaten im üblichen Sinne. Das ist schon ein dickes Ding: Die „sozialen“ Netzwerke dürfen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs tatsächlich die Rechte ihrer Nutzer selbstständig begrenzen, ungeachtet des Grundgesetz-Artikels 5 über die Meinungsfreiheit.

Im zweiten Halbjahr 2022 verzeichnete Facebook 125.000 Beschwerden von Privatpersonen und Institutionen wegen anstößiger Texte. In nur knapp einem Drittel der Fälle ging es um typische Ehrdelikte wie Beleidigung oder üble Nachrede. Nur in rund 13,8 Prozent der Beschwerden sah Facebook überhaupt Anlass, gegen die angezeigten Inhalte vorzugehen (Transparenzbericht, S. 28). Viel Lärm um nichts!

Zahlen für den Überblick: Im Jahr 2022 wurden insgesamt 5,63 Millionen Straftaten erfasst. 396.000 wurden per „Tatmittel Internet“ begangen, das sind gerade mal 7 Prozent. Die Fallzahlen der virtuellen Kriminalität sind im Vergleich zur realen Alltagskriminalität gering.

Erst recht spielt die spezielle Straftat „Beleidigung mittels Internets“ (=Hassrede) in den Statistiken der Polizei bzw. des Innenministeriums bloß eine untergeordnete Rolle. Nur rund 17.600 der 236.000 Fälle im Jahr 2022 wurden per Internet begangen, das sind 7,5 Prozent. Gegenüber dem Jahr 2021 wurde eine Zunahme von lediglich 404 Fällen festgestellt. Kleinkram.

Vorgeblich „Hassbekämpfung“

Virtuell begangenes Unrecht lässt sich ebenso wenig wie das Unrecht im realen Alltag mit Überwachung und Strafandrohung verhindern. Die Initiatoren des Gesetzes wussten das natürlich. Doch statt es laufend auf Angemessenheit zu prüfen, schärften sie nach: mit dem „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“. Es sieht nunmehr auch für sogenannte Hassstraftaten eine Meldepflicht vor sowie schwerere Strafen für Drohungen und Beleidigungen. Die Konzerne der sozialen Netzwerke müssen die inkriminierten Inhalte vorab strafrechtlich bewerten und die Daten der Tatverdächtigen dem Bundeskriminalamt übergeben: Personaldaten, E-Mail-Adressen, IP-Adresse.

Der Schutzanspruch der Opfer von Hassverbrechen war schon vor dieser Verschärfung zufriedenstellend geregelt gewesen. Nunmehr aber bekam der Staat umfassende Zugriffsrechte auf die Nutzerdaten, und zwar aufgrund bloßer Text-Vorprüfung durch Internet-Konzerne. Deren gigantische technische Mittel und ohnehin problematische Datensammlungen macht sich der Staat jetzt zunutze für die (polizeiliche) Kontrolle, mit massiven Auswirkungen auf die individuelle Meinungsäußerung. Die parlamentarischen Unterstützer dieses Systems demonstrierten damit fast soviel demokratisches Bewusstsein wie Attila, der Hunnenkönig. Kein Wunder, dass der Datenschutz-Beauftragte Ulrich Kelber „schwerwiegende Grundrechtseingriffe“ diagnostizierte.

Das Schlagwort „Hassbekämpfung“ diente demnach nur der Tarnung anderer Ziele: der Perfektionierung des Überwachungsstaats, der Durchsetzung von Zensur, der Unterwerfung unter die Deutungshoheit der Regierung und der Unangreifbarkeit der „herrschenden Meinung“. Kurz gesagt: dem staatlichen Meinungsterror. Dafür sprechen auch die regelrechten Hasskampagnen gegen Andersdenkende, deren Ausgrenzung und Beleidigung. Das herabwürdigende Etikett „Verschwörungsideologe“ klebt ihnen sogar die Tagesschau auf. Es dient der gesellschaftlichen Ächtung, und Kanzler Scholz schlägt ebenfalls gerne mit dieser verbalen Keule um sich. So erledigt man alle als unangenehm empfundenen Kritiker.

Man macht sie mundtot, indem man ihnen Veranstaltungsräume verweigert, sie beruflich drangsaliert von den öffentlichen Podien verdrängt und ihre wirtschaftliche Basis torpediert. Kritiker beispielsweise der verbrecherischen israelischen Besatzungspolitik in Palästina werden in Bausch und Bogen als Antisemiten beschimpft und gar – beweislos – der Holocaust-Leugnung und des Geschichtsrevisionismus bezichtigt.

„Hass im Netz“ ist entgegen allen Behauptungen kein außergewöhnliches Problem, Hass ist in allen gesellschaftlichen Räumen alltäglich. Es gibt ihn seit Menschengedenken, der Brudermörder Kain ist ein literarischer Beleg. Jedermann kann sich gegen kriminelle Hass-Ausbrüche wehren; Polizei, Staatsanwälte und Richter geben Beistand und Schutz. Politiker, die den „Kampf gegen Hassrede“ ansagen und damit doch nur systematischen Abbau der Meinungsfreiheit meinen, braucht es ganz sicher nicht.

Das gesetzliche Machwerk ist rundum von Übel:

Ohne juristische Kontrolle ist die Abgabe der Verantwortung für die Löschung von Inhalten Dritter an private Firmen nicht mit den internationalen Menschenrechtsbestimmungen vereinbar

schrieb der UNO-Experte Kaye an die Bundesregierung. Ohne Erfolg. Die Berliner Regierung hat sich selbst mit dem Unfehlbarkeitsdogma aller Kritik enthoben. 

Zensur-industrieller Komplex

Der Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke bot unseren regierungsamtlichen Bevormundern den Anlass, eine weitere Einschränkung der Meinungsfreiheit auf den Weg zu bringen. Mit dem „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ und seinen teils unsinnigen Konstruktionen für Straftatbestände passte man sich faktisch den Maßstäben autoritärer Länder an. So soll u.a. die „Billigung von Straftaten“ (§140 StGB) bereits ein Delikt sein, wenn der Täter die Tat noch gar nicht in ihren Einzelheiten kennt.  

Mutmaßlich, weil damit auf längere Sicht das Vertrauen in die sozialen Medien untergraben wird, haben Facebook & Co. gegen diese Zumutungen geklagt. Das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts brachte ihnen einen Teilerfolg, doch nur auf Zeit: Vom Februar an soll der von Deutschland initiierte „Hate speech”-Kontrollwahn in ganz Von-der-Leyen-Europa herrschen.

Das Gesetz nennt sich dann „Digital Services Act (DSA)“. Es soll jederzeit die Löschung und Strafverfolgung „illegaler Inhalte“ ermöglichen, was immer darunter zu verstehen ist. Staatliche Behörden sollen künftig ohne richterlichen Beschluss umfassende Aufzeichnungen über die Online-Aktivitäten einer Person anfordern können. Logisch, dass diese Beliebigkeit zu Lasten der Meinungsfreiheit geht. Selbst der Deutsche Journalistenverband, eine dem Beamtenbund ähnliche Standesorganisation im Gewerkschaftsmäntelchen, hält dieses Machwerk für verfassungswidrig.

Auf den Punkt gebracht hatte es der US-Blogger „Simplicius The Thinker“ (Simplicius, der Denker):  

Die Ironie besteht darin, dass das Gesetz – das als das „ehrgeizigste“ Gesetz dieser Art in der Geschichte bezeichnet wird – von seinen Verfassern als „Schutz“ der freien Meinungsäußerung ausgegeben wird, während es sich gegen „illegale oder hasserfüllte Inhalte“ richtet. Der erste Teil ist nur eine absichtlich irreführende Floskel; die „illegalen“ und „hasserfüllten“ Inhalte sind genau jene freie Meinungsäußerung, die mit dem Gesetz eingeschränkt werden soll … Alle derartigen künstlichen Konstrukte müssen … abgeschafft werden, da (sie)dazu dienen, Anschuldigungen mit dem Stempel der Autorität zu erheben …“ (maschinelle Übersetzung aus dem Amerikanischen).

Aller substanziellen Einwände zum Trotz wurde auch dieses EU-Gesetz durchgedrückt.

Wer kontrolliert die Kontrolleure? Den Deutschen ist es erneut gelungen, mit ihrer Blaupause „Netzwerk-Durchsetzungs-Gesetz” reaktionäre Strukturen auf EUropa zu übertragen. Die intellektuellen Anführer dieses Zensur-industriellen Komplexes mit seinen ökonomischen und militärischen Vormacht-Interessen nutzen ihre effiziente Lobby in Washington, Brüssel und Berlin. Eines ihrer absurden Dogmen: Mehr Selbstzensur führe zu genauerer Berichterstattung.

Das kommt uns doch sehr bekannt vor: Waffen schaffen Frieden! Lüge ist Wahrheit! Unter solchen Parolen sollen wir unseren politischen Vorturnern in den regelbasierten, sozialdemokratisch-grün getünchten Protofaschismus folgen. Man empfiehlt uns die Aufzucht von Feuersalamandern im Keller zum Zwecke der Warmwasserbereitung, stellt ehrenwerte Kritiker und Querdenker vor Gericht, fügt der journalistischen Berufskleidung den Maulkorb hinzu und gibt korrupte Ukronazis als Bereicherung der EU aus. Man führt „hybriden“ Krieg gegen Russland und fährt dafür die deutsche Wirtschaft vor die Wand.

Wir sind die Guten! Und dabei bleibt’s.

Beitragsbild: Cover des Buchs „Zensur“ von Hannes Hofbauer

Migrationspolitik unterm Grünen Scheinheiligen-Schein

„Der Zynismus der westlichen Länder gegenüber der Ukraine“ äußert sich auch in der Bevorzugung von deren Flüchtlingen in Deutschland. Die Maßeinheit „baerbock“ für politisch Bescheuertes ist noch relativ jung, aber nützlich. Anwendungsbeispiel: Wir führen Krieg gegen Russland = 1bae. Stupide Gefühlsrohheit lässt sich damit ebenfalls bemessen. Die Grünen-Trampoline hatte angekündigt, Deutschlands ohnehin dürftige humanitäre Hilfe für Afghanistan zu kürzen – wegen der frauenfeindlichen Politik der Taliban. Noch weniger helfen, obwohl fast 90 Prozent der afghanischen Bevölkerung von Hunger bedroht sind, das empörte den UNO-Koordinator Alakbarov: Die Bereitstellung von Lebensmitteln oder medizinischer Hilfe für Not leidende Menschen dürfe nicht an Bedingungen geknüpft werden. Eine diplomatisch verpackte Maulschelle. Doch wer sagt, dass deutsche Außenpolitik ethisch vertretbar sein muss? „Feministische Außenpolitik“ reicht unserer Ampelregierung schon. Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam.

Aus Afghanistan kommt übrigens das zweitgrößte Kontingent an Asylbewerbern. Womit wir bei unserem Thema wären: Migration nach Deutschland. Ein Arbeitsfeld der Politik, auf dem derzeit so ziemlich alles falsch läuft, was falsch gemacht werden kann.

Die USA und ihre Vasallen haben Afghanistan, Irak, Syrien und viele weitere Länder völkerrechtswidrig überfallen und verwüstet. Deshalb fliehen deren Einwohner. Neuerdings kommt jedoch der mit Abstand größte Zustrom aus der Ukraine. Auch deren Krieg hat der Westen mit voller Absicht mit losgetreten, viele Jahre vor der russischen Invasion. In der Statistik der Asylbewerber sind die Ukrainer allerdings nicht erfasst: Sie müssen kein Asyl beantragen, sie brauchen vorerst überhaupt keinen amtlichen „Aufenthaltstitel“ (zumindest vorerst nicht bis 2. Juni 2024). Zu ihrer Privilegierung später mehr.

Im engen Horizont der deutschen Außenministerin ist kein Platz für die schlichte Logik, dass der Verursacher von Kriegen auch für deren Folgen – Massenflucht – verantwortlich ist. Ihre parlamentarischen Parteigänger behaupten denn auch unverdrossen von sich:

Wir Grüne im Bundestag stehen für Frieden, Abrüstung, kooperative Sicherheit und eine Kultur der militärischen Zurückhaltung … Unsere Politik zielt darauf ab, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Wir fordern, die zivile Krisenprävention ins Zentrum deutscher Außenpolitik zu stellen und sich engagiert für internationale Abrüstung und Rüstungskontrolle einzusetzen … Darüber hinaus lehnen wir Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete ab.

Das ist kein Wahn, keine Selbsttäuschung, sondern Ausdruck absoluter Charakterlosigkeit. Mit solchen Lutschbonbons sollen das Wahlvolk für dumm verkauft und die Friedenswilligen ruhiggestellt werden. Die Grünen-Strategen wissen, wie leicht ihre potenziellen Wähler zu manipulieren sind. Diejenigen, die nicht (mehr) lesen, die keine Zeit fürs Nachdenken haben und eh glauben, das Wichtigste selbst zu wissen; die allenfalls überlegen, ob sie abends erst noch Tagesschau gucken sollen oder lieber gleich ‘nen Softporno bei den Kommerziellen. Ihr unerschütterlicher Aberglaube: Wir sind die Guten. Wir retten die Flüchtlinge und das Klima. Das lassen wir unseren Staat denn auch was kosten, es fehlt uns selbst dabei ja an nichts. „Refugees welcome“, Flüchtlinge willkommen!

Kriegslüsterne Moralapostel

Die Schweizer Sozio- und Ethnologin Verena Tobler-Linder kritisiert den zugrunde liegenden „strukturblinden Moralismus“. Grüne und vermeintlich Linke schnurrten von „deutschen Werten“ und seien zugleich bereit, die Restwelt mit Krieg und Sanktionen zu überziehen. In der Tat, das nachdrückliche „Flüchtlinge willkommen“ ist nichts als weiße Salbe.

Warum man die Massenflucht als globales Problem selbstkritisch zu betrachten habe und welche Lösungsansätze es gebe, ist Gegenstand der Überlegungen Tobler-Linders: „Nachdenken über die zunehmende Einwegmigration: Zur Quadratur des Kreises“. Die Ethnologin fasst unter dem Begriff „Kernkultur“ alle Vorstellungen zusammen, die in einer Gesellschaft als verbindlich gelten. Sie erörtert, was sich integrieren lässt und was nicht. Interkulturelle Konflikte zu ignorieren oder gar zu leugnen, sei keine brauchbare Antwort auf real vorhandene und parteipolitisch genutzte Fremdenfeindlichkeit. Alles zu verstehen, heiße nicht, alles zu akzeptieren. Die Autorin macht auch keine Umwege um Fettnäpfchen wie dieses: „Der Großteil der derzeitigen Kriegsflüchtlinge wurde vom Westen selbst hervorgebracht.“(ebd.)

Man darf sicher sein, dass Annalena Baerbock gescheite Texte wie diesen nicht gelesen hat, auch nie lesen oder gar verstehen wird. Lesen gefährdet die narzisstische Arroganz.

Pure Menschenverachtung

Als Kanzler Scholz und seine Sozen sich noch nicht so richtig trauten, die kriegsgeile Charaktersau rauszulassen, überboten sich Baerbock, Habeck, Hofreiter, Nouripour, Lang und Konsorten bereits gegenseitig mit Forderungen nach schweren Waffen und sonstiger Militärhilfe für die Ukraine. Die Stahlhelmfraktion war von Anbeginn für massive Rüstungsexporte, für zumindest mittelbare Beteiligung am Krieg, für dessen Verlängerung (bis zum Endsieg über Russland?) und für die Inkaufnahme von Millionen Flüchtlingen. Baerbock: Die Ukraine muss gewinnen.“

Ein Ergebnis dieser so realitätsfernen wie menschenverachtenden Politik: Der Frieden in der Ukraine, im Frühjahr 2022 noch möglich, ist in weite Ferne gerückt. „Inkompetenz deutscher Außen- und Sicherheitspolitik“, stellt der Bundeswehr-Generalinspekteur a.D. Harald Kujat fest und fragt:

Was ist denn moralisch höherwertig: Einen Aggressor zu bestrafen oder die Bevölkerung vor diesem Leid und diesen vielen tausenden von Toten zu bewahren? Wenn dieser Krieg jetzt immer weitergeführt wird, weil man eben nicht verhandeln will mit Russland, dann nimmt man damit weitere hunderttausende Tote und die Zerstörung dieses Landes in Kauf – wofür? Für ein Prinzip.

Die Politik der sozialdemokratisch geführten Ampel-Regierung liegt Lichtjahre entfernt von der des Sozialdemokraten Willy Brandt. Der befand angesichts des (Vietnam-)Krieges:

Wir können nicht gleichgültig zusehen, wie sich ein ganzes Volk für eine Sache aufreibt, die mit friedlichen Mitteln hätte gelöst werden können (…) Auf dem falschen Kriegspfad befinden sich diejenigen, die den totalen Volkskrieg heiligsprechen möchten. Das Ziel des totalen Sieges der einen oder der anderen Seite, der eine militärische Vernichtung voraussetzt, ist in Wirklichkeit die Absage an einen Frieden, der diesen Namen verdient.“ (Quelle: Willy Brandt, „Frieden in Europa“, S. Fischer Verlag, S. 88)

Demgegenüber Außenministerin Baerbock:

„…nein, wir verteidigen die Menschen in der Ukraine so, wie wir das können, mit Waffenlieferungen (…) und das heißt vor allem Artillerie, Drohnen (…)“

Vor dem Hintergrund des ukrainischen Leichenbergs profiliert sich diese kindisch-hemmungslose Selbstdarstellerin als mutige Freiheitskämpferin. Sie und ihre Gesinnungsfreunde müssen den Kopf ja nicht hinhalten.

Flüchtlinge erster und dritter Klasse

Seit März vorigen Jahres flohen 3,9 Millionen Ukrainer in die Mitgliedsstaaten der EU. Mindestens 1,1 Millionen kamen nach Deutschland. Nach Angaben des Innenministeriums stammen derzeit acht von zehn Schutzsuchenden aus der Ukraine.

Sie erhalten in Deutschland vom ersten Tag ihres Aufenthalts an das Bürgergeld (vormals Hartz-IV) und alle dazugehörigen Leistungen. Im Vergleich zu ihren Leidensgenossen aus anderen Ländern werden sie damit bewusst bessergestellt. Beispiel:

Eine alleinstehende syrische Schutzsuchende mit Kleinkind bekommt nach den aktuellen Regelsätzen 688 Euro monatliche Unterstützung. Unterbringung in Sammelunterkünften. Keine Krankenversicherung während der ersten eineinhalb Jahre, medizinische Hilfe muss vom Amt genehmigt werden. Keine Arbeitserlaubnis.

Eine alleinstehende Ukrainerin mit Kleinkind bekommt 1000,72 Euro, Kindergeld (gegebenenfalls Unterhaltsvorschuss), Elterngeld, eine Krankenversicherungskarte mit üblichem Leistungsanspruch , Wohngeld, Arbeitserlaubnis.

Die oben genannten Leistungen für „normale“ Asylsuchende liegen also deutlich unter denen für die ukrainischen Flüchtlinge. Nicht nur das, sie unterschreiten auch erheblich das gesetzliche Existenzminimum, das ein menschenwürdiges Leben sicherstellen soll. Im konkreten Beispiel wären das 1092 Euro (eigentlich 1411 Euro, aber 319 Euro für Mietkosten sind abzuziehen).

Angst vor Überfremdung

Trotz der Entwürdigung des nicht-ukrainischen Flüchtlings gibt es wenig Mitleid mit ihm.

Wenn in einem 500-Seelen-Dorf in Mecklenburg-Vorpommern ein Containerlager für 400 Neuankömmlinge errichtet werden soll (…) genügt eigentlich gesunder Menschenverstand, um zu spüren, dass eine solche Überforderung auf Dauer nicht gutgeht. Die Überfremdungsängste sind auch nicht das Produkt (…) von Restbeständen an nazistischem Gedankengut, sondern eine Condition humaine. Da tickt das Dorf in Mecklenburg-Vorpommern nicht anders als eines in den Schweizer Bergen.

Die ärmere einheimische Bevölkerungsschicht sieht die Einwanderung eben nicht mit den Augen eines grünen Besserverdieners, sondern mit denen eines persönlich Betroffenen, der sich von der ausländischen Konkurrenz zu Recht sozial bedroht fühlt und noch mehr Benachteiligung zu befürchten hat, als er ohnehin schon erleidet.

Der Gegensatz zwischen den Zugewanderten und der ansässigen Bevölkerung vertieft sich wegen der materiellen Gleichstellung der ukrainischen Flüchtlinge mit den aufs Bürgergeld angewiesenen Deutschen. Wer von „Staatsknete“ leben muss und vom Angebot der „Tafeln“, trotz aller Arbeitsbereitschaft aber bestenfalls „Prekärer“ bleibt, der fühlt sich zwangsläufig zurückgesetzt. Er lehnt Politiker ab, die sich mehr um die Arbeitsbeschaffungsprobleme ukrainischer Schutzbedürftiger kümmern als um seine. Die verschärfte Konkurrenz um Arbeitsplätze steigert die Existenzängste und erzeugt Feindseligkeit gegen die Konkurrenten aus der Fremde.

Das blenden unsere gutmenschlichen „Volksvertreter“ tunlichst aus und stempeln diesen Teil der Opposition als rechtsextrem ab, als rassistisch, reaktionär, gar als verfassungsfeindlich. Derweil machen sie selbst, populistisch bis zum Überdruss, ein asylbewerberfeindliches Fass nach dem anderen auf. Wohlgemerkt, nicht gegen die Ukrainer, es geht gegen Menschen „aus anderen Ländern“ ohne Aufenthaltstitel, die ohnehin schon unter dem Minimum für menschliche Existenz und Würde gehalten werden. Belege:

CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzender Friedrich Merz: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.

Kanzler Olaf Scholz: „Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland streben, ist im Moment zu hoch.“

Man buhlt mit solchen Äußerungen um die Gunst von Wählern, man lenkt von deren Angst vor Überfremdung ab, man weiß, dass man längst Rechnungen ohne den Wirt macht und dass die ungerechte Mittelverteilung zusätzliche soziale Spannungen hervorruft.

Chaotische Migrationspolitik

Insgesamt 14,7 Milliarden Euro seien bisher für ukrainische Flüchtlinge ausgegeben worden, antworte Staatssekretärin Susanne Baumann auf eine Anfrage von Sahra Wagenknecht.

Die Tagesschau agierte dagegen mit Zahlen und Sachverhalten, die mehr irritieren als informieren:

Zudem übernimmt der Bund die meisten Sozialleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine. Allein in diesem Jahr macht das etwa fünf Milliarden Euro aus. Nochmal gut fünf Milliarden Euro zahlt der Bund für Sozialleistungen für ‚Geflüchtete aus anderen Ländern‘“.

Solche Meldungen erwecken den Eindruck, als seien die Ausgaben für die Ukraine-Flüchtlinge und die für Asylbewerber weitgehend gleich hoch. Steckt dahinter nur die tagesschau-übliche Luschigkeit oder ist das ein Versuch, das Publikum über die drastische Ungleichbehandlung der Schutzsuchenden zu täuschen? Soll verschleiert werden, dass die Flüchtlingsoberklasse der Ukrainer bevorteilt wird und es daneben nach wie vor die Flüchtlingsunterklasse von Menschen aus „anderen Ländern“ gibt? Und soll dabei die chaotische, konzeptionslose Gestaltung und Finanzierung der Migrationspolitik generell hinweggequasselt werden?

Die Gründe für die deutlich besseren Bedingungen der ukrainischen Flüchtlinge diskutierten die Bundestagsabgeordneten bereits vor einem Jahr aufgrund eines in der Tat verdächtig provokant formulierten Antrags der oppositionellen AfD:

„Sozialstaatsmagnet sofort abstellen – Ende des Rechtskreiswechsels für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und Einführung eines strengen Sachleistungsprinzips für Asylbewerber.“

Dahinter wurde der fremdenfeindliche Wunsch von „alle sollen gleich schäbig behandelt werden“ sichtbar. Aber anstatt sich die Jacke sauberzumachen und zumindest aufrichtig zu antworten, klopften sich die Sprecher der Ampelkoalition auf die eigene Schulter und verstiegen sich zu hanebüchen dummdreisten Antworten:

Die Bevorzugung (der Ukrainer) istein Ausdruck der Erfüllung des Art. 1 GG, in dem von der Würde des Menschen die Rede ist.“

Als ob der Grundgesetzartikel 1 nicht generell die „Würde des Menschen“ schütze, aller Menschen also, und nicht nur die Würde der Ukrainer…

Wie abgehoben von der tatsächlichen Volksmeinung diese Parlamentarier einander bekoffern, zeigt der „Deutschlandtrend“ vom 29. September dieses Jahres, eine Meinungsumfrage im Auftrag der ARD. Auf die Frage, ob Deutschland durch die Zuwanderung eher Vorteile oder Nachteile habe, antworteten 64 Prozent, sie sähen eher Nachteile. Zugleich sprachen sich 64 Prozent dafür aus, dass Deutschland weniger Flüchtlinge aufnimmt.

Geld für den Krieg, nicht gegen die Armut

Die Bundesregierung hat bereits gigantische Summen zur Finanzierung und Verlängerung des Krieges in die bis ins Mark korrupte Ukraine gepumpt. Allein der Wert der gelieferten Waffen und Finanzhilfen für militärische Zwecke beträgt 17 Milliarden Euro, von den Mitteln für zivile Zwecke und Schmiergelder nicht zu reden. Das Ende der Fahnenstange ist damit aber immer noch nicht erreicht. Der Haushaltsausschuss hat im Frühjahr die Aufstockung der Waffenhilfe um 12 Milliarden Euro gebilligt. Damit ist der Vorwurf, „für die Ukrainer werfen die da oben das Geld mit vollen Händen zum Fenster raus, aber unsere Nöte kümmern sie nicht“, natürlich garantiert.

Die miese Gesinnung deutscher Regierungspolitiker zeigt sich in den Entscheidungsmotiven. Sie bevorzugten die Ukraine-Flüchtlinge, weil sie Putin-Russland als Feind betrachten. Das spielte eine Rolle beim Geschacher zwischen Bund und Ländern über die Frage, wer denn der Kostenträger für die Aufnahme der Ukrainer sein solle. Dank der ihnen zugestandenen Sonderrolle ist das nun hauptsächlich der Bund. Schutzsuchende Syrer und Afghanen werden dagegen wie der letzte Dreck behandelt. Dabei sind die Fluchtursachen weitgehend identisch, die dafür Verantwortlichen in unserer US-konformen „Westlichen Wertegemeinschaft“ zu suchen. Deutschland ist Mitglied dieses kriegerischen und grausamen Syndikats, es hat beim Völkerrechtsbruch mitgemacht.

Ungeachtet dieser ohnehin schon nicht mehr tilgbaren Schuld beteiligt sich die Bundesregierung nicht nur an den brutalen Sanktionen gegen Syrien, sondern ist einer ihrer eifrigsten Antreiber – mit der Folge, dass 70 Prozent der Bevölkerung hungern und diese Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen. Hier setzt der Wertewesten tatsächlich den Umgang mit dem Hunger als Waffe ein.

Statt sich an der Fremdenfeindlichkeit der AfD abzuarbeiten, sollten unsere bourgeoisen Parlamentarier sich an die eigene Nase fassen und den wahren Verursachern entgegentreten. Karl Marx hat sie schon vor 150 Jahren benannt:

(…) die englische Bourgeoisie hat das irische Elend nicht nur ausgenutzt, um durch die erzwungene Einwanderung der armen Iren die Lage der Arbeiterklasse in England zu verschlechtern, sondern sie hat überdies das Proletariat in zwei feindliche Lager gespalten. Der gewöhnliche englische Arbeiter hasst den irischen als einen Konkurrenten, der die Löhne und den „standard of life”, den Lebensstandard herabdrückt (…) Dieser Antagonismus zwischen den Proletariern in England selbst wird von der Bourgeoisie künstlich geschürt und wachgehalten. Sie weiß, dass diese Spaltung das wahre Geheimnis der Erhaltung ihrer Macht ist.“

Schon Marx wies darauf hin, dass Auswanderung die Armut in den Herkunftsländern vertieft. Deutschland bevorzugt heute trotzdem deren Fachkräfte und saugt damit Talente ab, die in ihrer Heimat dringend gebraucht würden. Auf diese Schadwirkung machen unsere Staats- und Konzernmedien ebenfalls nicht aufmerksam.

Was tun? Das Selbstverständliche zuallererst: die ungeniert offene und die heimliche Finanzierung des Krieges beenden. Umfassende Information tut not, und auf deren Grundlage eine aufrichtige, nach tragfähigen Lösungen suchende Diskussion über die Migration. Mit programmierten Politikern und willfährigen Medienleuten ist das aber nicht zu machen.

Anmerkung der Autoren: Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: publikumskonferenz.de/blog

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender einer Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Beitragsfoto: Claus Stille

„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende. Aber ein Ende ist nicht in Sicht“ Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam (Rezension)

Es war einmal … So fangen Märchen an. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk jedoch ist Realität. «In seinen Anfangsjahren“, heißt es auf dem Buchrücken des hier zu besprechenden Buches, „genoss der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der jungen Bundesrepublik Deutschland beträchtliches Ansehen. Damals galt er noch als elementar für die freie und unabhängige Meinungsbildung einer demokratischen Gesellschaft und ging seiner Aufgabe – öffentlichkeitswirksame Kontrolle der Politik – tatsächlich überzeugend nach.«

Westradio und Westfernsehen – einst ein Korrektiv für mich

Und viele Menschen in der DDR, wo ich geboren wurde und 33 Jahr gelebt habe, konnten das weitgehend nachvollziehen. Denn sie – Außer der Region Dresden (spöttisch für ARD; weil dort im Grunde genommen kein Westfernsehen zu empfangen gewesen war), weshalb man diesbezüglich sarkastisch vom Tal der Ahnungslosen sprach – sahen und hörten via Äther regelmäßig nach Westdeutschland herüber. Denn in der DDR waren die Nachrichten und so manche andere Sendung auch in der Regel mit dröger bis nervender rot gefärbter (obwohl unter der Hand zu hören gewesen war, rote Druckerfarbe werde längst zur Mangelware) Propaganda vollgepfropft. Ergo holte man sich die Nachrichten aus Westradio und Westfernsehen in die DDR-Wohnungen. Und hatte so ein Korrektiv zum mit sozialistischer Ideologie überfrachteten DDR-Funk. Während die 19.30 Uhr begonnene Aktuelle Kamera des DDR-Fernsehens gleichzeitig an ihr Ende gekommen war – flimmerte ab 20 Uhr regelmäßig die ARD-Tagesschau über die Mattscheiben der Fernsehgeräte in den DDR-Wohnzimmern.

Ich schalte hier ein: Auch im Westfernsehen war nicht immer alles Gold, was glänzte und ohne Ideologie. Ich denke nur an Lothar Loewe. Allerdings waren etwa die Politikmagazine in der Regel Spitze. Was hatte nicht MONITOR für einen Stellenwert auch bei den Bürgern der DDR. Heute dagegen ist davon nur ein klägliches, pardon: „Restle“ übrig, das ich mir inzwischen schenke.

Auf dem Buchrücken lesen wir in Fortsetzung des obigen Zitats: «Davon kann heute keine Rede mehr sein. Er betreibt inzwischen weitgehend Beeinflussung im Interesse der politischen „Eliten“. Sein Nachrichtenangebot ist nicht mehr kritisch-distanziert, sondern anbiedernd-konformistisch. Er ist durchsetzt von Meinungsmache, einer trügerischen Mixtur aus Halbwahrheiten, Weglassung und Schönfärberei bis hin zur Falschdarstellung. Der Bruch mit „anerkannten journalistischen Grundsätzen“ [wie sie der Medienstaatsvertrag fordert] ist nicht mehr zu leugnen.«

Ich ergänze aus meiner Sicht: Die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen bieten zunehmend keine Informationen mehr anhand derer Rezipienten in die Lage versetzt würden, sich eine eigene Meinung zu bilden – wie es doch eigentlich sein sollte – sondern sagen uns was bzw. wie wir zu denken haben. Sagen, was ist … Das war einmal. Der Anspruch, proklamiert einst von Rudolf Augstein betreffs des (inzwischen ehemaligen) Nachrichtenmagazins Der Spiegel ist auch dort längst perdue.

Wie journalistische Grundsätze mit Füßen getreten werden, konnte einmal mehr bei Anne Will mit Entsetzen erlebt werden

Journalistische Grundsätze werden seit Jahren auch in den von den öffentlich-rechtlichen Anstalten verantworteten Talkshows schamlos mit Füßen getreten. Ein akutelles Negativbeispiel aus jüngster Zeit kommentiert Tobias Riegel auf den NachDenkSeiten (vom 19. September 2023): „Die Talkshow von Anne Will am Sonntag hat die bisherige Meinungsmache zum Ukrainekrieg zu einem neuen Höhepunkt geführt. Vor allem Anne Will selber hat ihre Rolle als Moderatorin in dieser Sendung missbraucht – das ist nichts Neues, aber in dieser deutlichen Form dann doch bemerkenswert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich vom Anspruch der Ausgewogenheit endgültig verabschiedet, es wird nicht mal mehr versucht, den Anschein zu erwecken. Respekt gebührt Wagenknecht: Sie führt sie alle vor.

Die ARD-Talkshow von Anne Will am Sonntag sticht heraus – auch wenn man von den öffentlich-rechtlichen Sendern schon viel gewohnt ist bezüglich einer unangemessenen Verteidigung der Regierungspolitik. Mit dem Ukrainekrieg hat sich diese bereits zuvor bestehende Tendenz der Anbiederung an die Macht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) nochmals zugespitzt.“

Dazu passend

Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, die das äußerst empfehlenswerte, hier zu besprechende Buch „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende“ geschrieben haben, notieren mit Blick auf die Produktionskosten von Talkshows: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der Heilige Gral der Informationsgesellschaft, ist voll dabei, sich selbst zu kommerzialisieren. Fast zur Hälfte hat er es bereits geschafft. […]

Selbst produzierte Talkshows gelten seit jeher als preisgünstiges Programmformat. Die Produktionskosten pro Fernseh-Sendeminute der einfach un genügsam gestalteten NRD-Sendung DAS! liegen bei 600 Euro. Meistens ist nur ein Gast im Studio, was aber dem Unterhaltungs- und Informationswert durchaus zugutekommt, weil das nicht reizüberflutet ist.

Talkshows, die der NDR für das ARD-Programm zuliefert und externen Firmen herstellen lässt, kosten das Vier- bis Achtfache. Günther Jauch verlangte für sich und seine Produktionsfirma 4600 Eure pro Sendeminute. Waaaas?

Doch, doch. Anne Will bekommt mindestens 2400 Euro.“ (Stand 2011)“

Der aktuelle Aufwand werde geheim gehalten.

Weiter: „Als Unternehmerin soll sie jetzt pro Jahr 7,85 Millionen Euro kassieren. Mit ihrer Produktionsfirma erwirtschaftete sie im Jahr 2020 einen Bilanzüberschuss von 1,6 Millionen Euro.

Noch einmal zum Nachschmecken: Eine Talkshow in Eigenproduktion würde dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk höchstens 1000 Euro pro Sendeminute kosten. Eine Talkshow, die von einem Kommerzbetrieb für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hergestellt wird, kostet bis zu 4600 Euro pro Sendeminute.

Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.“ (S.24/25)

„Grundsätzliche Unterschiede zu den privatwirtschaftlichen Rundfunk- und Fernsehbetrieben sind im Programm kaum noch feststellbar. Die enormen Summen – mehr als 4 Milliarden Euro! -, die aus den Rundfunkbeiträgen schon heute der Privatwirtschaft zufließen, sind bereits entscheidend für die Existenzsicherung der kommerziellen Medienbranche. Ohne diese Geld, beispielsweise nach einer Auflösung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, käme es zu einer Pleitewelle“, so die beiden Autoren.

Ein absurder Zustand, dass mit Zwangsbeiträgen nicht nur öffentlich-rechtliche, sondern auch profitorientierte kommerzielle Rundfunkbetriebe am Leben erhalten werden.“

Klinkhammer und Bräutigam machen am Ende dieses Unterkapitels keinen Hehl aus ihrer Empörung: „Und dass ein ehrloser, unwürdiger, staats- und wirtschaftsfrommer Journalismus sowohl die Grundlage dafür herstellt als auch Begleiterscheinung dazu ist.“

Im nächsten Kapitel „Was tun?“ bringen die beiden Autoren einen „verblüffend einfachen Vorschlag“ des Medienwissenschaftler Michael Meyen, einen Lehrstuhlinhaber der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU), ins Spiel:

«Damit sich dieser neue öffentlich-rechtliche Rundfunk vom alten unterscheidet, müssen die Anbieter von den Menschen kontrolliert werden, denen sie gehören. Das sind wir, Rundfunkräte können entweder direkt gewählt werden – oder ausgelost. Für diesen Vorschlag sprechen zum Beispiel das Ideal der athenischen Demokratie … oder die Laien-Gerichtsbarkeit in den USA, bei der Geschworene per Los bestimmt werden.« (S.26)

Zu diesem Vorschlag möchte ich empfehlen auch meinen Beitrag „Michael Meyens Traum von einem neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Medienqualität für zwei Euro“ zu lesen.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk knarzt es an allen Ecken und Enden

„Die Pensionäre Bräutigam und Klinkhammer investieren jeden Tag sechs bis acht Stunden in ihre Tagesschau-Kritik“ schreibt Michael Meyen auf seinem Medienblog im Jahre 2021.

In ihrem nun vorliegendem Buch finden sie Folgendes „offenkundig“: „Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk knarzt es an allen Ecken und Enden. Besonders frappierend ist, dass er journalistische Mindeststandards nicht einhält, obwohl er gegenüber den kommerziellen Medien diesbezüglich im Vorteil ist: Seine Finanzierung mittels Beitragspflicht macht ihn unabhängig von den Zwängen des «Marktes« und dessen Orientierung.“

In ihrem Buch zeigen sie anhand einiger ihrer Artikel, „auf welch eklatante Weise die Berichterstattung der Tagesschau guten Journalismus vermissen lässt.“

„Neben dem Pressekodex könnte hier auch die Münchner Ethik-Charta (oder Erklärung der Pflichten und Rechte von Journalisten) als Maßstab herangezogen werden. Sie verlangen neutrale und umfassende Berichterstattung («Sagen, was ist«), Widerstand gegen Zensurversuche sowie Distanz zu den Mächtigen.“

Bei der einseitigen, zu Propaganda verkommenen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg wird der sogenannten „Wertewesten“ über den grünen Klee gelobt. Russland dagegen wird als das Böse dämonisiert mit Putin an der Spitze als personifizierten neuen Hitler. Was dabei von den Medien geflissentlich unter den Tisch fallengelassen wird ist Folgendes:

„Insgesamt sind die USA seit dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer martialischen Überfälle auf andere Länder für den Tod von schätzungsweise 20 bis 30 Millionen Menschen verantwortlich. Allein in den vergangenen 20 Jahren hat unsere westliche «Wertegemeinschaft« vier Millionen Muslime umgebracht, vom Neugeborenen bis zum Greis; angeblich um den weltweiten Terrorismus auszurotten. Baerbocks «Wertepartnerschaft« erinnert wahrlich streng an Goethes Aphorismus über den Charakter:

«Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann,« (S.194/195; in „Mörderischer Tradition“)

Artikel der Autoren auch auf publikumskonferenz.de zu finden

Hinweis der Autoren: „Die Artikel wurden von Maren Müller auf publikumskonferenz.de dokumentiert und können dort weiterhin eingesehen werden.“

Schauen wir genau hin

Unter dem Kapitel „Zensur“ (S.28) lesen wir:

«Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film wird gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.« Das geht auf den Artikel 5 des Grundgesetzes zurück, den die Autoren als Kernparagraphen unserer Demokratie bezeichnen.

„Ohne freie Berichterstattung kann sich der Bürger (und damit die Wähler) kein eigenes Bild machen. Er muss sich frei informieren können, um (s)eine Entscheidung zu treffen. Sofern dahingehend Einschränkungen vorgenommen werden, bewegen wir uns in einer demokratischen Schieflage. Bei jedem Medienschaffenden, der ordentlichen Journalismus betreiben will, sollten die Alarmglocken läuten, wenn ein Medium verboten wird.“

Dazu passend folgt der Artikel „Ene mene muh und raus bist du: RT DE“ (erschienen am 31.12.2021)

Die Autoren empfehlen genau hinzuschauen, „warum und wie begründet der Sender Russia Today in Europa verboten wurde.“

Klinkhammer/Bräutigam: „Auf den ersten Blick möglicherweise gerechtfertigt wegen des Vorwurfs, ein Staatsmedium von Präsident Putin zu sein, kann man erhebliche Zweifel daran anmelden, wie dieses Verbot zustande kam.“

Wie konnte die zwangsweise Abschaltung eines bereits in Betrieb befindlichen Senders ohne ein rechtsstaatlich einwandfreies und öffentlich einsehbares Verwaltungsverfahren ohne Absprache mit dem Lizenzgeber Serbien über die Bühne gehen?

Tja, wie du mir, so ich dir: Kaum war RT DE in Deutschland verboten, schloss Russland das Moskauer Büro der Deutschen Welle, die man bisher hatte gewähren lassen, obwohl sich der Staatssender auf unverschämte Weise in russische Politik eingemischt hatte.

Immerhin gibt es nach wie vor die Möglichkeit RT DE via Internet zu nutzen. Für alle, die sich ihren Informationsanspruch nicht von deutschen Regulierern und Qualitätsjournalisten begrenzen lassen wollen“, wie die Buchautoren anmerken. (S.36)

Was ich beispielsweise auch nach wie vor tue.

Wenn es auch nicht hundertprozentig vergleichbar ist: RT DE wurde für mich zum Korrektiv zu journalistisch heruntergekommenen bundesdeutschen Medien und Zeitungen. Wie in meinen DDR-Jahren „Westradio“ und „Westfernsehen“ ein Korrektiv zu den propagandaträchtigen DDR-Medien gewesen waren. Wobei ich stets auch die Westmeldungen kritisch rezipierte. Überhaupt erachte ich es für wichtig sich über die Nutzung einer Vielzahl an unterschiedlichen Medien – die immer auch kritisch geschehen muss – mit Informationen zu versorgen, um sich dann eine eigene Meinung zu bilden. Wie es auch der Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser schon lange empfiehlt.

Wovon nicht mehr gesprochen werden kann

Liebe Leserinnen und Leser gewärtigen sie das, was auch aus einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1969 zitiert wird:

Dem Einzelnen soll ermöglicht werden, sich seine Meinung auf Grund eines weitgestreuten Informationsmaterials zu bilden. Er soll bei der Auswahl des Materials keine Beeinflussung durch den Staat unterliegen. Die Informationsfreiheit … auch dazu bestimmt ist, ein Urteil über die Politik der eigenen Staatsorgane vorzubereiten, muss diese Staatsorgane weitgehend bewahrt werden.“

Davon kann man nicht (mehr) sprechen. Zu eng sind inzwischen Politik und öffentlich-rechtlicher Rundfunk miteinander verwoben.

Klinkhammer und Bräutigam: «Der „Qualitätsjournalismus“ dieser Nachrichtenanbieter sichert den Bestand unserer USA-NATO-EU-BRD-regelbasierten Werteordnung und nicht die ungehinderte Meinungsbildung des Einzelnen. Indem sie sich damit in krassen Widerspruch zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts setzen, schaufeln sie sich selbst ihr Grab. Ihre Impertinenz wird vielleicht eines Tages auch die geduldigen Karlsruher Richter aus der roten Robe fahren lassen.“

Ist darauf wirklich zu hoffen, frage ich. Schließlich ist auch das Bundesverfassungsgericht ist nicht mehr das, was es (vielleicht) einmal war.

Bedenken wir aber auch die Worte eines Nobelpreisträgers:

„Der englische Dramatiker Harold Pinter erinnerte in seiner Rede zur Verleihung des Nobelpreises 2005 an das «weitverzweigte Lügengespinst, von dem wir uns nähren«. Damit die Macht der herrschenden Eliten «erhalten bleibt, ist unabdingbar, dass die Menschen unwissend bleiben, dass sie in Unkenntnis der Wahrheit leben.«“ S.195)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende. Aber ein Ende ist nicht in Sicht

Wäre das zu überwinden?

Warum die Nachrichten eine oft fragwürdige politisch-ideologische und einseitige Färbung aufweisen hat nicht zuletzt auch damit zu tun, das die „Redaktion ARD-aktuell, zuständig für Tagesschau, Tagesthemen, Nachtmagazin, tagesschau.de und Tageschau24“ seit Jahren Selbstzensur übt, wie die Autoren des Buches finden. (S.9)

„Sie verarbeitet nämlich ausschließlich Material der westlichen Nachrichtenagenturen:

  • AP (Associated Press, USA, kommerziell, aber unter starker staatlicher Kontrolle
  • TRI (Thomson Reuters, Kanada, kommerziell)
  • AFP (Agence France Presse, Frankreich, halbstaatlich)
  • dpa (Deutsche Presseagentur, kommerziell, kooperiert mit AP)
  • sid (Sport Informationsdienst, kommerziell)

Nicht bezogen werden Agenturen Russland (ITAR-TASS, Interfax, APN), China (Xinhua, CNS), Indien (Asien News International unter anderem), Afrika (SAPA unter anderem) und Lateinamerika (teleSUR unter anderem).

Die Konsequenz: selbst verschuldete Einseitigkeit. Die Nachrichtengestaltung trieft vor eurozentristischer Arroganz und USA-höriger Gefolgschaftstreue.“

Noch Fragen, liebe Leserinnen und Leser?

Fazit der Autoren

„Die Diskrepanz zwischen dem, was berichtet wird, und dem, was ist, würde (und wird) bei Verbleib auf diesem Kurs immer größer werden. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht.“

Möge er das bald tun, denn es ist m. E. bereits jetzt so unerträglich, dass man sich diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk kaum mehr antun mag!

Für mich persönlich gilt schon lange, dass der deutsche Journalismus insgesamt auf den sprichwörtlichen Hund gekommen ist.

Ein markanter Punkt, geradezu ein ideologischer, den absoluten Kipppunkt, verorte ich im Jahre 2014 mit dem Maidan-Putsch in Kiew.

Ein in brillantem Stil, mit scharfen Federn und bei hellwachem Verstand, saftig pointiert geschriebenes Buch, das ich unbedingt empfehle und welchem ich eine hohe Verbreitung wünsche.

Zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei noch einmal Michael Meyen zitiert (Medienrealität; „Das Elend der Medien” ist da; 27.5.2021):

«Diese Anstalten gehören uns allen. Wir zahlen dafür sehr viel Geld. Deshalb ist die Kritik hier besonders heftig – in Thüringen und Sachsen genauso wie in Oberbayern. „Betrug am Zuschauer“, sagt Volker Bräutigam, der gut 400 Programmbeschwerden geschrieben hat und noch nie Recht bekam. Die „Gegenöffentlichkeit“, die Bräutigam und sein Mitstreiter Friedhelm Klinkhammer genau wie Maren Müller (Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien) herstellen, ist das eine (Müller: wie „eine Mücke im Schlafzimmer“) […]«

Den beiden unermüdlich im öffentlichen Interesse tätigen Autoren, deren Texte ich stets auch gerne auf meinem Blog veröffentliche, möge weiterhin viel Kraft beschieden sein, um weiterhin „eine Mücke im Schlafzimmer“ zu sein. Um die Menschen aufzustören, sie aufzuklären und im besten Falle ins Handeln zu bringen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist am Ende

Fifty-Fifty Verlag

Friedhelm Klinkhammer, Volker Bräutigam

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) während einer Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille
Erscheinungstermin:04.09.2023
Seitenzahl:284
Ausstattung:Klappenbroschur
Artikelnummer:9783946778455

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„Hunger als Waffe“: Baerbocks gehässige Zwecklüge

„Hunger als Waffe“: Baerbocks gehässige Zwecklüge

Hysterischer Russenhass zerfrisst das letzte bisschen Restverstand / Selbsttäuschung über die tödlichen EU-Sanktionen

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Der öffentlich-rechtliche „Verblödungs“-Journalismus scheut sich schon lange nicht mehr, bei Mangel an stichhaltigen Argumenten lückenfüllenden Schaum zu schlagen. Begründungsarmes Politiker-Gewäsch kriegt sofort eine knallige Verpackung, damit es sich „verkauft.“  Gegenwärtig versuchen unsere Medienschaffenden, mit dem verbalen Dreschflegel „Putin setzt Hunger als Waffe ein“ den Verstand ihres Publikums flachzukloppen. Spätestens, seit sogar Außenministerin Baerbock den Quatsch fehlerfrei nachplappern kann, ist er zum geflügelten Wort in der ohnehin niederträchtigen Ukraine-Kriegsberichterstattung geworden. Den chinesischen Sinnspruch „Wer in die Luft spuckt, kriegt’s wieder ins Gesicht“, muss unsere bildungsfreie Chefdiplomatin ja nicht unbedingt kennen. Aber den urdeutschen Rat, im Glashaus nicht mit Steinen zu werfen, sollte sie besser doch befolgen. Denn nicht Putin setzt den Hunger als Waffe ein, sondern Berlin und Brüssel. Mit tödlichem Erfolg. Zum Beispiel in Syrien. Und in Niger, wo sie Sanktionen nachdrücklich unterstützen, die eine Hungerkatastrophe verursachen werden.

Baerbock hatte bereits im Juni vorigen Jahres auf einer internationalen Konferenz zur Ernährungssicherheit in Berlin behauptet, Russland nutze den Hunger in der Welt „ganz bewusst als Kriegswaffe“. Russland, so wörtlich, „nimmt die ganze Welt als Geisel“. 345 Millionen Menschen weltweit seien derzeit von Nahrungsmittelknappheit bedroht, die Hungerkrise baue sich „wie eine lebensbedrohliche Welle vor uns auf“. Aber erst Russlands Krieg habe „aus dieser Welle einen Tsunami gemacht“. (ebd.)

Die plumpe Absicht ihrer Hassrede: Breitere Wählerschichten als nur die kriegsfreudigen NATO-oliv-Grünen emotional „auf Zinne“ bringen. Im Verlass auf das tiefsitzende Revanchebedürfnis wegen der Niederlage Nazi-Deutschlands gegen die Sowjetunion und auf das „neue deutsche Selbstbewusstsein“. Auch eine gedankliche Verbindung zu den aktuell kräftig verteuerten Lebensmitteln lässt sich damit anregen. Zugleich könnte die Lüge (bei häufiger Wiederholung) Baerbocks fehlgeschlagene Sanktionspolitik – „Russland ruinieren“ – übertünchen. Deren negative Folgen bekommen wir derzeit ja selbst nachhaltig zu spüren.

Der Kampf gegen Hunger und Elend in der Welt ist überdies durchaus keine Herzensangelegenheit unserer regierenden Schmuckstücke. Beim erwähnten Anlass erklärte Baerbock denn auch: „Die Konferenz ist keine Geberkonferenz, es geht nicht nur ums Geld.“ Vielmehr müssten sich die ärmeren Länder besser gegen Krisen wappnen. Soll heißen: „Helft euch selbst, dann hilft euch Gott“. Deutschland gibt sein Geld – inzwischen mehr als 22 Milliarden Euro – lieber für Waffenlieferungen an die Ukraine und als Schmiermittel für dortige Politkriminelle und Oligarchen aus. Dabei wären nur 14 Milliarden Dollar jährlich nötig, um den Hunger endgültig – weltweit – zu besiegen. Merke: Moral ist, wenn es trotzdem kracht.

Ohne Sinn und Verstand

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk aber bringt den volksverhetzenden Schmarren „Russland setzt den Hunger als Kriegswaffe ein“ unkommentiert, gleichgeschaltet und sprachgeregelt immer wieder unters dafür zahlende Volk. Er bestätigt sich damit als Lautsprecheranlage des Berliner Regimes und dessen Washingtoner Vorgesetzten. Angesichts des moralisierenden Entrüstungs-Glibbers, den unsere journalistischen Hofschranzen über die Schreibtische in Hamburg (ARD-aktuell), Mainz (ZDF-heute) und Köln (DRadio, DW) gegen satte Rundfunkgebühr an die Kundschaft weiterreichen, wird es zunehmend schwieriger, Immanuel Kants Aufforderung zu beherzigen: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“.

Probieren wir‘s bitte mal mit folgender Überlegung: Keines der direkt oder indirekt am Ukraine-Krieg teilnehmenden Länder ist wegen verhinderter ukrainischer Getreidelieferungen vom Hunger bedroht. Der Vorwurf „Hunger als Waffe im Krieg“ trifft somit schon formal nicht. Und, gegen Russland gerichtet, den Falschen: Hungersnot droht zwar einigen Ländern des globalen Südens, allerdings überwiegend jenen, die Russland als Partner betrachtet und als diplomatisch Verbündete zu gewinnen sucht. Präsident Putin hat die Welt denn auch wissen lassen, dass er den ärmsten Ländern Afrikas kostenlos Getreide senden wird. Zugleich erklärte er, Russland könne eventuell ausfallende ukrainische Getreidelieferungen auf dem Weltmarkt ersetzen.

Der globale Getreidemarkt funktioniert eben nicht so eindimensional, wie das Schlagwort „Hunger als Waffe“ glauben machen soll. Der Markt reagiert auf zahlreiche Impulse, nicht nur solche aus dem politischen Raum. Ein möglicher Versorgungsengpass – mit schweren Folgen für einige Empfängerländer Afrikas – hätte jedoch zwei Hauptverursacher, und auf beide hat Russland nicht den geringsten Einfluss. Umgekehrt wird dagegen ein Schuh draus:

Die marktbeherrschenden globalen Getreidehändler.

Sie wollen ihre Geschäfte in und mit der Russischen Föderation drastisch zurückfahren. Einer Statista-Prognose zufolge soll Russland bei den Weizenexporten in der kommenden Saison 2023/24 zwar an erster Stelle bleiben, jedoch an Getreide insgesamt fast ein Viertel weniger als heuer ausführen. Die internationalen Agrarhändler Cargill, Louis Dreyfus und Viterra haben bereits zum Juli dieses Jahres ihren Getreideexport aus Russland eingestellt. Ihr Anteil am russischen Getreideexport wird auf 16 Prozent geschätzt. Dass sie mit ihrem Rückzug globale Versorgungsengpässe erzeugen und Getreidepreise auf dem Weltmarkt in die Höhe treiben können, versteht sich von selbst.

USA und EU, Initiatoren der völkerrechtswidrigen Sanktionen.

Auch die sollen Russlands Getreideexport soweit möglich blocken. Einer der dazu eingesetzten Hebel ist, Russland aus dem vom Westen dominierten Kommunikationssystem SWIFT für den internationalen Zahlungsverkehr auszuschließen, „um den Kreml von der Weltwirtschaft abzuschneiden“.  Davon betroffen ist auch Russlands staatliche Landwirtschaftsbank. Sie kann den Zahlungsverkehr für den russischen Getreideexport nicht mehr abwickeln.

Nutznießer und Mondgucker

Am Rande sei noch vermerkt: Während des inzwischen „toten“ Schwarzmeer-Abkommens verließen tatsächlich nur 725 000 Tonnen Weizen die ukrainischen Häfen in Richtung der am stärksten vom Hunger bedrohten Länder Äthiopien, Jemen, Afghanistan, Sudan, Somalia, Kenia und Dschibuti. Ein Klacks, mehr nicht.  Insgesamt erreichten gerade mal 2,5 Prozent des ukrainischen Getreideexports die wirklich notleidenden Länder.

Sogar die Tagesschau meldete: „44 Prozent (des ukrainischen Getreideexports) gingen an reiche Länder, 3 Prozent an arme Länder.“ Den Löwenanteil am Getreide aus der Ukraine sicherten sich Spanien, China und die Türkei. Mit einigem Abstand folgten Italien und die Niederlande. Gegen den ukrainischen Getreideexport opponierten jedoch etliche andere EU-Länder, weil er ihre nationalen Märkte unter Druck setze. Bis heute herrscht in der EU heftiger Zoff über ein deshalb verfügtes Importverbot.

Weltweit werden jährlich allein rund 800 Millionen Tonnen Weizen produziert. Etwas mehr als 190 Millionen Tonnen gehen in den Export. Die fünf größten Anbieter waren zuletzt Russland, die EU, Australien, Kanada und die USA. Erst auf dem sechsten Platz folgte die Ukraine. Ihr Anteil am Weltmarkt lag bei 8 Prozent. Dem Regime in Kiew ist künftig zwar der Getreideexport per Schiff übers Schwarze Meer verwehrt, es bleibt ihm aber noch die Ausfuhr über Land. Der partielle Exportausfall ist für die Ukraine schmerzlich, sein Anteil am Weltmarkt jedoch viel zu klein, als dass er dort Versorgungsengpässe erzeugen und in einigen Ländern gar Hungersnöte herbeiführen könnte. Andere Exportländer treten an die Stelle der Ukraine.

Getreidepreistreiber

Indien zum Beispiel. Der zweitgrößte Weizenproduzent weltweit, wollte eigentlich von der Knappheit profitieren und wäre nur allzu gerne als Ersatzlieferant eingesprungen. Premier Modi hatte im vorigen Jahr versprochen, eine mögliche Versorgungslücke zu füllen. Schon bald verfügte er stattdessen jedoch ein Exportverbot, um den sprunghaften Preisauftrieb im eigenen Land zu stoppen. Drohende Ernteausfälle wegen einer Hitzewelle hatten die Kehrtwende erzwungen. Modis Absage ließ den Weizenpreis prompt sprunghaft ansteigen.

Andere Getreideexporteure trugen ebenfalls dazu bei, die aktuellen Preise hoch zu halten. In den USA trat dabei ein Neidmotiv zutage. 28 Mitglieder des US-Kongresses hatten in einem Brief geklagt: „Amerikanische Rohstoffproduzenten sind gegenüber ihren Konkurrenten klar im Nachteil, vor allem aus Indien, wo die Regierung mehr als die Hälfte des Produktionswertes für Reis und Weizen subventioniert, anstatt der 10 Prozent, die erlaubt sind nach den Regeln der Welt-Handelsorganisation (WTO).“ Natürlich reagierten die Getreidebörsen auf diesen Protest.

Den G7-Agrarministern passte die indische Subventionspolitik ebenfalls nicht, nur begründeten sie ihre Ablehnung anders. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, bis zum Kragen abgefüllt mit Selbstüberschätzung: „Wir haben alle miteinander, gerade die großen Exportnationen, auch eine Verantwortung für den Rest der Welt“, nölte er mit Blick nach Neu-Delhi. „Ich sehe das sehr kritisch“. Tatsächlich galt seine „Sorge“ wohl bloß den deutschen Verbraucherpreisen, er ist schließlich auch für das Ressort Ernährung zuständig. Gardinenpredigten, adressiert an Abwesende, dienen seiner Sorte Politiker bevorzugt als risikoloser Ersatz für fehlende eigene Handlungsbereitschaft.

Strich drunter. Das Profitinteresse hat im Kapitalismus immer Vorrang, auch angesichts möglicher Hungersnöte.

Man sollte meinen, dass sich angesichts der Faktenlage jeder lächerlich macht, der da behauptet, Russland setze den „Hunger als Waffe“ ein. Doch die Baerböcke unserer Tage sind nicht nur aggressiv, sondern auch erkenntnisresistent. Zur reuigen Einsicht, Russland genötigt zu haben, das Getreideabkommen für die Ukraine auslaufen zu lassen, reicht es einfach nicht. Dass Putin versprach, kostenloses Getreide nach Afrika zu liefern, verstärkte noch ihre Abneigung, denn es ließ sie in den Augen der Welt alt aussehen.

Es meckerten vor allem die penetrant russophoben Deutschen: Bundesentwicklungsministerin Schulze sagte dem Evangelischen Pressedienst, „Präsident Putin habe schon zu oft sein Wort gebrochen und wäre jederzeit wieder in der Lage, Weizen als Waffe zu benutzen“. Berliner Spitzenpolitiker legen Wert darauf, intellektuell auf Augenhöhe mit einem Briefkastenschlitz zu bleiben.

Räuberisches, mörderisches US-Regime

Verdrängt und vergessen ist, wie Westliche-Werte-Krieger nach ihren militärischen Niederlagen rachsüchtig mit dem „Hunger als Waffe“ umzugehen pflegen. Die US-Amerikaner nahmen erst jüngst, nach ihrem Rauswurf aus Afghanistan, dessen hungernde Bevölkerung in Kollektivhaft. Sie froren 6,1 Milliarden Euro auf den afghanischen Auslandskonten ein und schlossen Kabul aus dem SWIFT-Bankenzahlungssystem aus. Damit konnte die Taliban-Regierung keine Gehälter mehr auszahlen, keine Medikamente und Lebensmittel mehr importieren. Die Hungersnot – jeder dritte Afghane ist unterernährt – treibt mittlerweile hunderttausende Afghanen zur Flucht.

Knapp die Hälfte des afghanischen Geldes, 3,5 Milliarden Dollar, ließ US-Präsident Biden inzwischen beschlagnahmen, um damit seine Landsleute, „die Opfer des Anschlags vom 11. September zu entschädigen“. Mit diesem Terrorakt hatte Afghanistan zwar nichts zu tun, die Attentäter waren Araber. Aber was schert das schon kriminelle wertewestliche Regimes wie das der USA und ihrer Vasallen.

Ähnlich schlimm wie in Afghanistan ergeht es den Menschen in Syrien. Dort leidet statistisch jeder Zweite an Hunger. Zufolge der EU-Sanktionen kann sich das Land weder ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgen, noch lebenswichtige Medikamente und andere Bedarfsgüter beschaffen. Sein Öl, den Reichtum des Landes, beuten zurzeit die USA aus. Sie haben die Förderanlagen im Nordosten besetzt, organisieren den Raub und illegalen Transport in den Irak und beteiligen eine kurdische Clan-Elite an den Verkaufserlösen.

Hungermacher

Syrien war ja einst eine Kornkammer des Nahen Ostens. Jetzt plündern die USA die Getreideernte und schmuggeln das Raubgut über die Grenze nach Irak. Es schert sie nicht im Geringsten, dass sie damit das Überleben ungezählter syrischer Kinder opfern. Bei Gelegenheit völkerrechtswidriger und kriegsverbrecherischer US-Bombardements auf die zivile syrische Infrastruktur geht auch schon mal ein Getreidespeicher in Trümmer, und das lebenswichtige Gut in Flammen auf.

Unserem staatstragenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist Syriens Elend trotzdem schon lange kaum noch eine Nachricht wert. Dabei könnte man die US-amerikanische Besatzerbande wie die verantwortlichen EU-Sanktionäre mit Grund beschuldigen, den „Hunger als Waffe“ einzusetzen. Die Politik Washingtons: Die syrische Bevölkerung so lange darben lassen, bis sie revoltiert und ihren Präsidenten Assad stürzt. Dazu spendet die Mischpoke von deutschen Staats- und Konzernjournalisten gemeinsam mit den Berliner regelbasierten Ordnungskünstlern Beifall.

Werfen wir noch einen Blick auf die vertragsrechtliche Konstruktion des Abkommens über ukrainische Getreideexporte via Schwarzes Meer.

Im Prinzip handelt es sich nicht um einen üblichen Vertrag mit bindender Wirkung für alle Parteien. Russland hatte vielmehr ein separates Abkommen nur mit der Türkei und mit den Vereinten Nationen unterzeichnet. Getrennt davon hatte sich auch die Ukraine mit der Türkei und den UN vereinbart. Darüber hinaus schloss Russland ein Abkommen mit den Vereinten Nationen zur Sicherstellung eines ungehinderten Exports russischer Agrarprodukte und Düngemittel. Die UN sollten darauf hinwirken, dass der Export dieser Warengruppe nicht mehr infolge der westlichen Russland-Sanktionen beeinträchtigt wird.

Es liegt auf der Hand, dass der Erfolg des Bündels von Abkommen nicht von Vertragstiteln abhing, sondern vom guten Willen aller Beteiligten. Den ließ der Westen aber schmerzlich vermissen. Das Bemühen der UNO, russische Getreide- und Düngemittelausfuhren zu erleichtern, hatte keinen Erfolg. UN-Generalsekretär Guterres und sein Plenum sind gegenüber den Regierungen der USA und der EU nicht nur machtlos, sie müssen ihnen gegebenenfalls sogar Folge leisten.

Profit schlägt Großmut

Als Präsident Putin sich Mitte September vorigen Jahres bereiterklärte, rund 300.000 Tonnen russischer Düngemittel, die aufgrund von Sanktionen in europäischen Häfen festsitzen, kostenlos an die Entwicklungsländer zu liefern, zeigten ihm unsere „Wertewestler“ sogleich den Stinkefinger. Der Dünger, für Russland ohnehin nur noch ein Kostenfaktor, hätte mutmaßlich die Preise der transatlantischen Konkurrenz gedrückt und deren Profit geschmälert. Düngemittel und Weizen sind zwar von den Sanktionen ausgenommen, unterfallen aber schweren Nebenwirkungen der gesamten Sanktionspolitik: Hemmnissen beim Transport und bei der Bezahlung beispielsweise, wie beim schon genannten SWIFT-Ausschluss.

Darüber erfuhr man so gut wie nichts in den Mainstream-Medien, auch nicht vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Erst, als das Abkommen im Juli 2023 nicht erneuert wurde, kamen die deutschen „Hunger-als-Waffe“-Experten wieder aus ihren Löchern. An der Spitze der Propaganda-Front: die Grünen. Cem Özdemir: Putin nehme „die Ärmsten der Armen auf dieser Welt in Geiselhaft für seine grauenhafte Kriegstreiberei“.

Norbert Röttgen, „das eifrigste Masseteilchen des Atlantizismus in der deutschen Politik“, setzte noch eins drauf: „Putin nimmt die hungernden Menschen in Afrika als Geisel, um vom Westen ein politisches Lösegeld zu erpressen. Darum geht es bei der Blockade des Getreideabkommens. Es wiederholt sich die Erpressung, die er schon letztes Jahr unternommen hat.“

Die Qualitätströten der ARD-aktuell bereichern das misstönende Konzert mit maßloser und faktenwidriger Übertreibung. Bei dem Getreideabkommen handele sich um eine „für die weltweite Nahrungsmittelversorgung bedeutende Vereinbarung.“ Dazu passte die tagesschau-typische Falschinformation, die Ukraine habe „mehr als 38 Millionen Tonnen Getreide exportiert, vor allem in ärmere Länder“. Die ARD-aktuell-Nieten widersprechen sich damit auch noch selbst.

Kapitalistisches Profitstreben ist ein wesentlicher Verursacher von Hungersnöten im globalen Süden. Hunger herrscht, weil der Getreidepreis der Börsenspekulation unterliegt. Unseren Regierenden ist es jedoch bei Strafe ihres Amtsverlustes – gegebenenfalls sogar ihres Lebens – verwehrt, den Börsenhandel mit Nahrungsmitteln zu verbieten. Nicht politische Macht zählt hier, sondern die Macht der Geldelite. Westliche Politiker dürfen nur mit der heuchlerischen Bezichtigung „… Putin setzt den Hunger als Waffe ein!“ auf den Widersacher losgehen.

Zu guter Letzt: Der SWIFT-Ausschluss Russlands, des weltweit bedeutendsten Getreideexporteurs, und andere seinen Handel beeinträchtigenden Sanktionen sind lange vor dem 24. Februar 2022 abgekartet worden. Maulheld Olaf Scholz: „Über Monate hinweg haben wir die Sanktionen bis ins kleinste Detail vorbereitet, damit sie die Richtigen treffen, damit sie wirken“, tönte er im März 2022 vor dem Bundestag in Berlin. Getroffen werden jetzt aber nicht nur russische, sondern auch ukrainische Bauern. Wer sind nun „die Richtigen“? Uns‘ Olaf hätte besser den Verstand als „Waffe“ eingesetzt. Soweit verfügbar – und soweit er sich „erinnern“ kann…

Beitragsbild: Horst Schröder via Pixelio.de

Die Autoren: Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: publikumskonferenz.de/blog

Quellen:

https://www.cashkurs.com/beitrag/peter-scholl-latour-wir-leben-in-einer-zeit-der-massenverbloedung/

https://www.zlv.lu/db/1/1426659343784/0

https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9331

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/lebensmittel-baerbock-101.html

https://www.tagesschau.de/ausland/europa/putin-lawrow-eu-sanktionen-101.html

https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/deutschland-hilft-der-ukraine-2160274

https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/was-kostet-eine-welt-ohne-hunger-li.111170

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/baerbock-hunger-waffe-ukraine-krieg-russland-100.html

https://de.statista.com/infografik/27172/anteil-von-russland-und-der-ukraine-an-den-importen-von-weizen-in-entwicklungslaendern/

https://www.welt.de/politik/ausland/article246608412/Afrika-Gipfel-Putin-verspricht-kostenlose-Getreidelieferungen-nach-Afrika.html

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/getreide-odessa-putin-ukraine-krieg-russland-100.html

https://www.netzwerk-lernen.de/Handel-mit-Getreide-Welche-Faktoren-bestimmen-den-Weltmarkt

https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2023/heft/13/beitrag/getreidehandel-und-exportbeschraenkungen-waehrend-des-ukrainekriegs.html

https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/russland-versucht-getreide-weltmarkt-bringen-609945

Noch schlimmer geht immer: Miosga statt Will

Noch schlimmer geht immer 

Der NDR-Rundfunkrat macht’s vor: Caren Miosga wird die neue Anne Will

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam 

Es ist passiert. Caren Miosga, bisher Tagesthemen-Moderatorin, wird Anne Wills Nachfolgerin und übernimmt vom nächsten Jahr an deren Sendeplatz sonntags um 21.45 Uhr. So beschlossen und verkündet von der NDR-Rundfunkratsvorsitzenden Sandra Goldschmidt. Der Vertrag über 60 Folgen der Sendung in den kommenden beiden Jahren – Arbeitstitel: „Miosga“ – ist unter Dach und Fach. Zugleich mit dieser Personalie teilte der NDR-Rundfunkrat mit, dass er zwei weitere Programmbeschwerden gegen Sendungen der Tagesschau abgelehnt habe, von deren Inhalt das Publikum natürlich nichts erfährt. Wie eh und je. Transparenz ist nicht. Wo kämen wir sonst hin mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 

Welchen Millionenbetrag der NDR-Rundfunkrat für das sonntagabendliche Gelaber samt transatlantischer Einstimmung auf den erwünschten Krieg diesmal zum Fenster hinaus- und der Moderatorin Miosga hinterherwirft, wird natürlich ebenfalls nicht mitgeteilt. Für Anne Will waren es mindestens 2400 Euro pro Sendeminute. Günter Jauchs unverschämte 4487 Euro Bruttohonorar pro Sendeminute erzielte sie damit nicht, aber ist noch dicke genug Miosga wird mit Anne Will Vergleichbares abgreifen. Es ist dicke genug. Mehr dazu am Schluss dieses Artikels.

Was Miosga den Rundfunkbeitragszahler sonst noch kostet, weiß man hingegen genau: Wertvolle Lebenszeit, die er wesentlich sinnvoller verbringen könnte, ohne den Zaungast beim albernen Polittalk zu spielen. 

Der NDR-Rundfunkrat sieht das natürlich vollkommen anders. Seine Vorsitzende Sandra Goldschmidt umkränzte die Entscheidung für Miosga mit Lob und Selbstlob: 

„Nach 16 erfolgreichen Jahren der Sendung ‚Anne Will‘ soll der Sonntagsplatz mit einer neuen Moderatorin und einem überarbeiteten Konzept in die Zukunft gehen. Der NDR hat mit Caren Miosga eine erfahrene und versierte Journalistin für diese Aufgabe gewonnen. Frau Miosga verfügt über eine große Popularität, hohe Sympathiewerte und ist bekannt für ihre ebenso charmant wie hartnäckig geführten Interviews in den ‚tagesthemen‘.“ 

Von „hartnäckig geführten Interviews“ scheint der Rundfunkrat eine recht eigenwillige Vorstellung zu haben, wenn ihm dabei ausgerechnet Miosga einfällt. Näheres wollen wir nicht wissen. Wie das „überarbeitete Konzept“ konkret aussieht, mit dem die Sendung „in die Zukunft gehen“ soll, hätte uns hingegen schon aus professioneller Wissbegierde interessiert. Das aber verschweigt die NDR-Aufseherin Goldschmidt. Von wegen Transparenz. Wie eh und je.

Miosga soll es wuppen. Im Land der Dichter und Denker brauchen wir halt wie Schiller selig unsere faulen Äppel in der Schublade, sonst kriegen wir den genialen Durchblick nicht. Heißt heutzutage: mit Caren Miosga „mehr Qualitätsjournalismus wagen“. Flachbildschirmgerecht, versteht sich. Wie eh und je. 

Vom Moderieren und vom Quasseln 

Moderierte Nachrichtensendungen – und als deren Verlängerung auch die politischen Talkshows – sind ein nach Deutschland geschwappter US-typischer Mix aus seriösem TV-Journalismus und Show-Business, von den Akteuren oft mit eigenen Politambitionen verbunden. Nach unserer (zugegeben: sehr beschränkten) Kenntnis dürfen Sarah Palin und Tucker Carlson als prägende Beispiele genannt werden. Genre-Vertreter wie sie haben nicht die geringsten Hemmungen, in jeder denkbaren Weise abzusahnen.

Dieser kulturelle Segen aus USA hatte seinen entsprechenden Einfluss auf unsere deutschen Mattscheiben-Größen: „Talk“, selbstdarstellerisches Geschwafel, statt informativer Gedankenaustausch. Wie ihre US-Kollegen sind auch viele deutsche TV-Moderatoren Millionäre, mehr Unternehmer als Journalisten. Jahrmarktgrößen mit Kultstatus. Manche pflegen enge Beziehungen zum US-Lobby-Verein Atlantikbrücke.

Was Caren Miosga aus ihrer Rolle als Talkmasterin macht, wird sich nächstes Jahr zeigen. Wie sie ihre Aufgabe als Tagesthemen-Moderatorin erfüllt, durchleiden wir schon seit 16 Jahren, insbesondere ihre methodische Vorwegnahme und Interpretation dessen, was in der anschließenden Filmreportage berichtet wird – Bauchlandung nicht ausgeschlossen. Zwei Beispiele sollen der Nachwelt erhalten bleiben: 

Am 17. November 2017 wechselte Miosga vom Thema „Berliner Sondierungsgespräche über eine Jamaika-Koalition“ (Schwarz-Grün-Gelb) in steiler Gedankenkurve zum Thema „Bonner UN-Klimakonferenz“: 

„Dass Jamaika überlebt, und zwar im buchstäblichen Sinne, darum wird gerade in Bonn auf der Weltklima-Konferenz gerungen.“

Und – platsch – die Offenbarung des eigenen Bildungsnotstands:

„Denn auch die Karibikinsel wird vom steigenden Meeresspiegel bedroht.“ 

Tja. Da war das Tagesthemen-Servierfräulein wohl nicht ganz „auf der Höhe“. Die Insel Jamaika hat Steilküsten mit bis zu 500 Metern. Sie ist ein großenteils gebirgiges Fleckchen Erde. Mit einem Blick in den Atlas hätte die ARD-aktuell-Spitzenmoderatorin erkennen können, dass der Commonwealth-Splitter Jamaika vom steigenden Meeresspiegel sicher weniger bedroht ist als vom anglo-amerikanischen Neokolonialismus.

Aber da ist der tiefernste Blick unserer Pippi Miosga! Mit dem sie die meeresspiegelbedrohte „Welt“ vorstellt! Und ist die nicht willig, dekretiert Miosga die Lösung: 

„Die Welt will und muss etwas tun, um die Erderwärmung zu begrenzen.“(ebd.)

Jawoll, jetzt muss sie mal ran, die Welt. Bloß so im All rumeiern bringt‘s nicht mehr. Wegen „Erderwärmung“. verwenden sprachlich notleidende Journalisten als bedeutungsgleichen Ersatz für „Klimaveränderung“. Die Erde erwärmt sich schließlich nicht, sondern kühlt in ihrer Gesamtheit ab. Und zwar von außen nach innen. Ihr flüssiger Kern glüht ja immer noch bei circa 5000 Grad Celsius. Nur die Lufthülle der Erde heizt sich dagegen auf. 

Klein Erna weiß das natürlich, in der Grundschule wurde das durchgenommen. Müsste eine erwachsene Wunderlampen-Moderatorin solch Basiswissen nicht draufhaben und sich entsprechend korrekt ausdrücken können? Müsste sie – nicht aber die ARD-aktuell-Blume Miosga. 

Mit Zitronen gehandelt 

Oft und oft haben wir‘s schon vorgebracht: Sprache ist ein Spiegel des Denkens. Freilich, nonverbales (wortloses) Denken gibt´s auch. Das lassen wir hier mal beiseite. Wir begutachten das unter Moderatoren verbreitete Gegenteil, das Sprechen ohne Denken. Im vorliegenden Fall ohne Unterscheidung von Erde und Atmosphäre. Macht ja nichts, ist eh alles wurscht, und Putin muss sowieso weg. 

Bedauerlich, dass wir auch für den Moderatorenunfug Rundfunkbeitrag zu zahlen haben, obwohl das Geld laut Gesetz (Medienstaatsvertrag) nur für Sendungen zur Information, Bildung und Unterhaltung (in dieser Reihenfolge!) verwendet werden soll.

Doch Caren Miosga moderiert nun schon seit Mitte 2007. Wäre ein Hartwig von Mouillard, wären der Tagesthemen-Gründer Dieter Gütt oder sein Stellvertreter Günter Müggenburg zu jener Zeit noch Chefredakteur der ARD-aktuell gewesen, dann hätte die Frau den Job nicht lange behalten. Im Februar 2009 hatte sie eine Reportage über das „Zitronenfest“ in Menton anzutexten (wo die biblische Eva die ersten Zitronen gepflanzt haben soll), das jährlich eine Viertelmillion Touristen anzieht. Mit Fasching hat das farbige Ereignis allenfalls indirekt etwas zu tun, weil zeitgleich im 30 Kilometer entfernten Nizza der „Carnaval de Nice“ stattfindet. Ansonsten wird in Frankreich eher selten Fasching gefeiert. Miosga deutete das Zitronenfest einfach um und schöpfte dazu tieferen Sinn: 

„Was hat Karneval mit Zitronen zu tun? Ich sach (sic!) es Ihnen. Dass man als Beginn des Karnevals den Elften Elften gewählt hat, geht auf die Theorie zurück, nach der dafür die Anfangsbuchstaben des Mottos der Französischen Revolution herhalten mussten: Égalité, Legalité (sic!), Fraternité, zusammen: ELF. Indem sich die Städte Köln und Mainz über diese Worte lustig machten, rächten sie sich an ihren französischen Besatzern.“

Kann man unterstellen, Miosga habe diesen – unmotivierten – Schmarren über das „Motto“ der Französischen Revolution spaßig gemeint? Es spricht nichts dafür. Ist anzunehmen, dass jeder der zwei Millionen Tagesthemen-Gucker sofort erkennen konnte, dass sie puren, logikfreien Blödsinn verzapfte? Eher nicht.

Wenn sich eine Moderatorin wie Miosga den Stoff für ihren Aufsager schon von der Internetseite eines Karnevalsvereins holt, sollte sie wenigstens sauber abschreiben können: 

„ELF“ lässt sich aus den Anfangsbuchstaben der Französischen Revolution bilden: „Egalité, Liberté, Fraternité“ – „Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit“.

Die weltbekannte „Losung“ beginnt mit dem Wort „Liberté“, in dieser Reihung ergäben die Anfangsbuchstaben jedoch nur ein sinnloses „LEF“, nicht das erwünschte „ELF“. Karnevalisten allerdings dürfen sich jedes Zitat für ihre harmlosen Zwecke zurechtbiegen. 

Aber der Französischen Revolution in den Tagesthemen allen Ernstes ein – obendrein verfälschtes! – „Motto“ anzudichten, wie in der Miosga-Moderation geschehen, lässt arge Rückschlüsse auf die Autorin und das Niveau der Tagesthemen zu. Ihre Behauptung, das Wort „Legalité“ (= Rechtsstaatlichkeit!) sei Teil des revolutionären Schlachtrufs gewesen, ist ein Armutszeugnis. 

Die Französische Revolution (1789) begann bekanntlich als Hungerrevolte gegen den reichen Adel. Ein „Motto“ hatte sie nicht. Erst 50 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille wurde das anfeuernde „Liberté, Egalité, Fraternité!“ zur Leitidee der revolutionären abendländischen Zeitenwende erklärt. Mit „Liberté“ am Anfang, Miosga! Ohne „Legalité“ in der Mitte! 

Auch unter aller Würde

Wenden wir uns, auf dass man uns keinen Antifeminismus unterstelle, dem Moderator Ingo Zamperoni zu, dem Strahlemann von der „Atlantik-Brücke“, solide transatlantisch abgerichtet im Verlauf seiner beruflichen Aktivitäten in den USA. Am 3. Januar 2019, am Tag, an dem die Volksrepublik China eine Sonde auf der „dunklen Seite“ des Mondes gelandet hatte, brachte er diese Spitzenleistung der Weltraumtechnologie mit folgenden Worten aufs Tagesthemen-Tapet:

„Dass chinesische Machthaber keine Scheu vor Großprojekten haben, bewiesen sie schon mit dem Bau der Chinesischen Mauer. Nun kreisen ihre ‚All’-Machtphantasien um den Mond. Als Erste haben die Chinesen nun eine Sonde auf der Mondrückseite gelandet, auf der Seite also, die wir Menschen von der Erde aus nie sehen …“

Mag sein, dass Zamperoni mit diesen albernen Sprüchen und Wortspielereien ein US-amerikanisches Durchschnittspublikum beeindruckt hätte. Aber ein deutsches? Seine Sätze offenbaren Nonchalance, Arroganz und einen frappierenden Mangel an Nachdenklichkeit – und Allgemeinbildung. Die „Große Mauer“, mehr als 21 000 Kilometer lang, war nämlich gerade nicht Resultat von „Allmachtphantasien“ ihrer Auftraggeber. Im Gegenteil, sie war Ausdruck des Schutzbedürfnisses des chinesischen Kaiserreichs, speziell des Kaisers Qin Shihuan; sie spiegelt die Furcht, das Reich könnte (u.a. von den Mongolen) überrannt und sein Herrscher umgebracht werden. Qui Shihuan hatte bekanntlich auch angeordnet, sein Leben nach dem Tod in einer Grabstätte von Tausenden lebensgroßer Terrakotta-Soldaten beschützen zu lassen…

Zamperoni: „Chinesen haben eine Sonde auf der Mondseite gelandet, die wir Menschen nie sehen…“ Der Chinese im Unterschied zum Menschen? Die fragwürdige Formulierung war ihm wohl einfach nur so herausgerutscht. Aber das ist der Punkt: Er belegt einen erschütternden Mangel an Gespür und transportiert eine dickfellige Gedankenlosigkeit, für die es keine Entschuldigung gibt. Moderatoren haben ausreichend Zeit, den vom Teleprompter abzulesenden Inhalt sorgfältig zu formulieren und auszufeilen, und sie werden dafür auch erstklassig bezahlt. Mindestens 11 000 Euro monatlich für maximal 12 Auftritte vor der Kamera und 120 Schreibmaschinenzeilen pro Tag. 

Freilich, solche Zamperoni-Schlenker sind nur kleine aber bezeichnende Offenbarungen im TV-Nachrichten-Unwesen der Westlichen Werte-Gemeinschaft. Die kann sich einfach nicht damit abfinden, dass die Volksrepublik China – unter Führung der Kommunistischen Partei – mittlerweile Spitzenpositionen einnimmt: in der Erforschung des Weltraums, in der Grundlagenforschung, in den Schlüsseltechnologien, bei der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. 

Das wären Stichworte für angemessene Anmoderation zum Thema „Chinesische Mondsonde“. Dünkelhafte Wortspiele rund um den Schmähbegriff „Machthaber“ sind es nicht. 

Wie es anfing und wo es endet

Wozu braucht eine Nachrichtensendung überhaupt Moderatoren? Warum genügt für die Präsentation der „Tagesthemen“ kein herkömmlicher Sprecher? Ursprünglich sollten die Moderatoren – anders als beim reinen Nachrichtenangebot der Tagesschau-Hauptausgabe 20 Uhr – „den Zuschauern ergänzende Informationen, übergeordnete Zusammenhänge und Hintergrundinformationen“ bieten. So war ihre Aufgabe einst gedacht. Den Tagesthemen von heute ist das nicht mehr anzumerken.

Nachrichten-Moderatoren gibt es im Ersten Deutschen Fernsehen seit 1978. Die bis dahin übliche „Tagesschau-Spätausgabe“ kurz nach 22 Uhr entfiel, statt ihrer wurden die „Tagesthemen“ eingeführt, im wöchentlichen Wechsel präsentiert von Barbara Dickmann und Hanns-Joachim Friedrichs: sachlich, knapp, atmosphärisch dicht, journalistisch sauber und sprachlich präzise; ein seriöser, anschaulicher Faktenrahmen, hilfreich zur Einordnung des Weltgeschehens. Die Naheinstellung von beiden Moderatoren beherrschte den Bildschirm, Dickmann und Friederichs hampelten nicht in einer virtuellen Studiowelt herum, sie hatten nämlich dem Zuschauer tatsächlich „etwas zu sagen“. 

Auch noch nach elf Jahren, im deutschen Schicksalsnovember 1989, machten Dickmann und Friedrichs die Tagesthemen zu einem informativen Ereignis, wie das Beispiel vom 9. November belegt. Vor der Kamera damals Hanns-Joachim Friedrichs:

„Bundeskanzler Helmut Kohl ist heute Nachmittag um 15 Uhr in Warschau eingetroffen, zu einem sechstägigen offiziellen Besuch in Polen. Eine Reise, die eine stürmische, für viele auch ärgerliche Vorbereitungszeit hatte, belastet durch Ungeschicklichkeiten bei der Zusammenstellung des Reiseprogramms, aber auch durch eine scharfe Kontroverse über den Beitrag des Kanzlers zur gemeinsamen deutsch-polnischen Erklärung zum Thema der polnischen Westgrenzen. Es ist zwar durch die Entschließung des Bundestages Klarheit geschaffen worden, gleichwohl hat man die Verkündung der ‚Gemeinsamen Erklärung’ erst einmal verschoben – auf den kommenden Dienstag. Aus Warschau berichtet Dierk-Ludwig Schaaf…“

Das Zitat zeigt, wie knapp, distanziert aber adäquat ein qualifizierter Moderator selbst komplizierte Tagesthemen vermitteln konnte. 

Wenn eine Nachricht so dürftig und schlecht formuliert ist, dass sich ihre Relevanz nicht von selbst ergibt und erst von Moderatoren „hergestellt“ oder erfunden werden muss, dann nähern wir uns zügig dem aktuellen Tagesthemen-Standard. Wer dort einige Jahre lang serviert und Publizität gewonnen hat, weil regelmäßig auf dem Bildschirm, der kann auch Dummtalk moderieren – meinten die begnadeten NDR-Rundfunkräte. Und machen mit ihrem jüngsten Votum nach Anne Will die nächste Aufsagerin zur Millionärin.

Wie alle ARD-Talkshows wird nämlich auch die am Sonntagabend nicht vom öffentlich-rechtlichen Sender kostengünstig selbst produziert, sondern für sündhaft teures Geld an eine private Produktionsgesellschaft vergeben. Derzeit ist das die Will Media GmbH, Berlin, mit Anne Will als Geschäftsführerin. Das Unternehmen erzielte im Schnitt der letzten Jahre einen Bilanzüberschuss von 1,7 Millionen Euro

Die Herstellungskosten der Will Media für die Talkshow werden nicht veröffentlicht, sollen aber bereits 2011 satte 7,85 Millionen Euro betragen haben. Eine Grobschätzung sei gewagt: Wenn der NDR für Günter Jauch seinerzeit pro Jahr 10,5 Millionen Euro hinblätterte, dann sind es jetzt für Anne Will 9 Millionen – und für Miosga werden es nicht weniger sein.

Wie auch immer: Als Eigenproduktion des NDR würde die Talkshow höchstens ein Viertel davon kosten. Talkshows sind nun mal eines der preisgünstigsten Sendeformate – wenn sie keinen privaten Profit abwerfen müssen.

Verstehen Sie jetzt, warum ARD und ZDF 8,32 Milliarden Euro Beitragseinnahmen pro Jahr haben und trotzdem den Hals nicht vollkriegen?

Anmerkung der Autoren:
Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Beitragsbild: Claus Stille

„Schallangriffe auf US-Diplomaten“ – Mit ARD aktuell ist ganzjährig 1. April

Das Staatsgebilde der US-Amerikaner gilt – wer wolle das bestreiten – als das Allerwichtigste auf dieser Welt. Deshalb wird ihm hierzulande mehr journalistische Aufmerksamkeit gewidmet als der restlichen Menschheit. Als das State Department in Washington vor fast sechs Jahren behauptete, wertvolle US-Diplomaten in Havanna seien Opfer eines ominösen „Schallangriffs“ geworden, grabschten die Faktenfinder der Tagesschau begeistert nach diesem Giftköder der CIA-Schwadron Psychologische Kriegsführung. Seither erzählten ARD-aktuell-Redakteure das Ammenmärchen dutzendmal – in unterschiedlichen Varianten. Oft genug, zuletzt im März 2023, wurde dem nüchternen Betrachter deutlich, dass die Geschichte purer Humbug war. Selbst der CIA wurde die Nummer irgendwann zu peinlich. Nicht so den Volljournalisten von der Tagesschau. Die machen damit einfach weiter. Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam.

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Unter dem Titel „USA weisen zwei kubanische Diplomaten aus“ hatte Tagesschau.de am 10. August 2017 noch halbwegs trocken gemeldet:

„… Mehrere Mitarbeiter der US-Botschaft in Havanna wurden krank. Warum, ist nicht klar. Die USA reagieren, indem sie zwei kubanische Diplomaten des Landes verwiesen. Den Zusammenhang können sie nicht so recht erklären.“

Zwei Wochen später aber langten dann die „Faktenfinder“ der ARD aktuell zu:

US-Diplomaten in Kuba: Krank durch Schallwaffen?
Mehrere US-Botschaftsangehörige in Kuba hatten laut State Department plötzlich körperliche Beschwerden. … Als Ursache werden „akustische Angriffe“ vermutet.“

Die Zentralredaktion hätte es bei diesem Eumel belassen können. Auch sowas versendet sich. ARD aktuell aber schob die Räuberpistole nicht unauffällig ins Archiv, sondern legte einen Monat später nach:

USA erwägen Schließung der Botschaft in Kuba
Die USA reagieren auf mutmaßliche Akustikattacken gegen ihre Botschaftsmitarbeiter in der kubanischen Hauptstadt Havanna. Insgesamt 16 Mitarbeiter wiesen gesundheitliche Schäden auf, die laut US-Angaben durch mysteriöse akustische Attacken hervorgerufen worden sein sollen.“

Die Amis veranlassten tatsächlich eine „wissenschaftliche Untersuchung der mysteriösen Erkrankungsfälle“. Daraufhin setzte die Tagesschau ebenfalls ihre Fehlleistung fort, letztlich über Jahre. Zunächst fuhr das ARD-Studio Washington im Februar 2018 auf einen Artikel ab, der in der medizinischen Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association erschien und von denkbaren Schädel-Hirn-Traumata der angeblichen „Opfer“ handelte:

Kranke US-Diplomaten in Kuba: Wie nach einer Gehirnerschütterung

Der Chefredakteur und seine Vizes denken aber gar nicht dran, evidenten Blödsinn wenigstens nachträglich und öffentlichkeitswirksam zu korrigieren. Auch dummdreiste Propaganda beeinflusst schließlich Michels Meinung in gewünscht prowestlichem Sinne.

Die nachfolgenden Zitate sind dem oben erwähnten „Gehirnerschütterung“-Artikel entnommen. Er war eine gute Weile in der Mediathek der Tagesschau.de nachzulesen, ehe er erklärungslos entfernt wurde. Im allgemeinen Webarchiv findet man das edle Teil trotzdem, wenn man den erblindeten Link in die Suche-Zeile eingibt. Auszüge:

„2017 klagten 21 Mitarbeiter der US-Botschaft in Kuba über Beschwerden, die auf einen mutmaßlichen akustischen Angriff hindeuten. … Schwindel, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen und Tinnitus gehörten zu den Symptomen, die die Mitarbeiter beeinträchtigten. … Forscher der University of Pennsylvania stellen … fest, dass die Beschwerden am ehesten denen nach einer Gehirnerschütterung gleichen – ohne dass es je eine Erschütterung gegeben habe. Die meisten Betroffenen hatten ein durchdringendes Geräusch, wie ein Brummen oder Quietschen gehört, einige außerdem von ungewohntem Druck und Vibrationen gesprochen. Ohren zuhalten hatte dagegen nicht geholfen. Das hatte Spekulationen über einen gezielten Angriff ausgelöst.“

Es folgen weitere Details über die entsetzlichen Qualen, denen jene armen US-Diplomaten (niemand sonst!) angeblich ausgesetzt waren. Schlussfolgerungen:

„Das Geräusch selbst halten die Experten als Ursache für unwahrscheinlich. … hörbare Geräusche würden in der Regel keine Hirnverletzungen auslösen. … Auch eine Art Massenhysterie halten die Forscher für unwahrscheinlich. (ebd.)“

Okay, wenn schon US-Wissenschaftler ihre Landsleute von Massenhysterie freisprechen, dann ist für die Tagesschau natürlich auch alles sauber. Pures Pech, dass die Tonaufzeichnungen von den mysteriösen, angeblich gesundheitschädigenden Geräuschen nichts Verwertbares hergaben, obwohl sie von den „Opfern“ selbst mitgeschnitten worden waren.

Wir haben es demnach mit richtig fiesem Schall zu tun, der nur von US-Diplomaten wahrgenommen werden kann, von anderen Menschen nicht; auch handelsübliche Mikrofone sprechen nicht darauf an. Der homo sapiens americanus diplomaticus kriegt davon aber Hirnschäden: akut spinnose Stupiditose, eine Krankheit, die nicht mal im medizinischen Nachschlagewerk Pschyrembel verzeichnet ist, so speziell und elitär US-amerikanisch ist sie.

Eine solche Sensation – Kubanische Schall-Attacke, viele US-Opfer! – zu vermelden, ist Tagesschau-Pflicht. „Wat mutt, dat mutt“, sagt der gebildete Qualitätsvolljournalist. Dass Schallwaffen, die präzise zwischen US-amerikanischen Trommelfellen und denen von anderer, geringerwertiger Nationalität unterscheiden, nur im Reich einer kranken Fantasie existieren, fällt ihm nicht auf.

Na gut, na schön. Hat alles seine zwei Seiten. Je mehr Schwachsinniges die Hamburger Luxus-Nachrichtenredakteure absondern, desto härter im Nehmen wird ihr Publikum.

Immerhin wagten diese Edelfedern eine spekulative Zwischenüberschrift, wenn auch nur mit Fragezeichen:

Zirpen einer Grille?
Kubanische Experten hatten nach Abhören einer Aufnahme des Geräuschs erklärt, es könne sich um das Zirpen einer Grille handeln. Die amerikanischen Mediziner sehen dagegen keine Anzeichen für eine Simulation. (ebd.)“

Kubanische Experten haben ja keine Ahnung von dem, was US-Diplomaten alles hören können. Grillen sollen das gewesen sein? Lachhaft! Mindestens Urknall war das…

Und deshalb bot Tagesschau.de den sagenhaften Blödsinn zusätzlich in der ARD-Mediathek als Audio-Clip an, unter dem Titel

US-Botschaft in Kuba: Symptome der Mitarbeiter bleiben weiter medizinisches Rätsel

Inzwischen wurde er dort allerdings ebenfalls gelöscht, und zwar so gründlich, dass er nicht einmal mehr mit der waybackmachine zurückzuholen ist.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist nicht nur zum Angebot von Bildungs- und Informationsprogrammen verpflichtet, sondern hat auch einen Unterhaltungsauftrag. Aber besoffen machen sollten seine Nachrichtenangebote eigentlich nicht. Zu bedenken wäre außerdem: Was einmal als angeblicher Fakt ins kollektive Hirn der Öffentlichkeit gedengelt wurde, lässt sich nicht mehr ausbeulen. Es kann später noch so oft widerrufen und richtiggestellt werden, das ursprünglich Gehörte beziehungsweise Gelesene wird nicht restlos aus dem Gedächtnis gelöscht. Sein Einfluss aufs Unterbewusstsein bleibt bestehen.

Die dummdreiste antikubanische/antikommunistische Propagandanummer der USA fand international Aufmerksamkeit (Deppen-Fernsehen wird ja nicht nur in Deutschland geboten). Solcher Erfolg macht süchtig: Die Washingtoner „spin doctors“ spulten ihr Idiotenstück deshalb noch mehrere Male andernorts ab. Als Nächste waren, im Juni 2018, die Chinesen dran:

Vorfälle in China: Rätselhafte Erkrankung von US-Diplomaten

Abermals assistierten die begnadeten Qualitätsjournalisten der ARD aktuell:

„Ärzte untersuchen Erkrankungen von US-Diplomaten in China. Zuletzt erkrankten US-Diplomaten in Kuba an einem mysteriösen Ohrenleiden und lösten eine diplomatische Krise aus. Jetzt melden US-Behörden ähnliche Vorfälle aus China … (ebd.)“

Erkrankt, Tatsache. Hypochonder und Simulanten mit Ami-Pass gibt es für die Tagesschau nämlich nicht. Nachrichten aus den USA übernimmt die deutsche Elitejournaille ungeprüft. Das schützt den Restbestand an grauen Zellen des ARD-aktuell-Redakteure vor Gebrauchsspuren und verbessert seine Karriereaussichten.

Ähnliche Vorfälle wie in Kuba
Aus US-Regierungskreisen verlautete, die aus China eingeflogenen Amerikaner würden an der University of Pennsylvania behandelt. … Dabei solle auch herausgefunden werden, ob es Zusammenhänge zu den Vorfällen auf Kuba gebe. (ebd.)“

Zusammenhänge „zu“. Mieses Deutsch, auch das noch. Volle Tagesschau-Dröhnung, Fakten, nichts als Fakten:

„In der kubanischen Hauptstadt Havanna waren seit November 2016 mehr als 20 Botschaftsmitarbeiter an mysteriösen Ohrenleiden erkrankt. Einige der Betroffenen verloren dauerhaft ihr Gehör. (ebd.)“

Kein „angeblich“. Kein „wie es heißt“. Nein, die reine Grundwahrheit:

„Betroffene verloren dauerhaft ihr Gehör.“

Futsch. Für immer taub. Telefonisch nicht mehr erreichbar.

Bezweifeln, infrage stellen, die Unglaubwürdigkeit solcher abenteuerlichen Behauptungen bemerken? Nicht Sache der Tagesschau. Sie machte weiter auf der nach oben offenen Verblödungsskala:

„Im Mai gaben die USA eine Gesundheitswarnung für die Diplomaten heraus. (ebd.)“

Wirklich kalorienreich, dieser Quatsch mit Soße. Das State Department gibt auch Warnungen vor Gesundheit raus. Das meldet dann die Tagesschau. Zu viel Gesundheit ist ungesund.

Sprache ist der Schlüssel des Denkens. Sie offenbart auch, wer damit die Tür nicht zukriegt.

ARD aktuell denkt nicht daran, auf das Offenkundige hinzuweisen: dass die Regierung in Washington den Flohzirkus auf dem Trommelfell ihrer Auslandsvertreter zunächst hauptsächlich für den Hausgebrauch veranstaltet haben dürfte. Schließlich hatten viele US-Bürger die von Obama eingeleitete kurze Entspannungsphase genutzt und günstige Reisen nach Kuba unternommen.

Nach Kuba! Zu den Kommunisten! Das geht gar nicht. Da hatte dringend was geschehen müssen. Also:

„Mysteriöse „Schallattacken“: USA warnen vor Reisen nach Kuba
Wer ist für die mutmaßlichen „Schallattacken“ auf US-Diplomaten in Kuba verantwortlich? Die Frage ist weiter offen. Die US-Regierung zieht nun mehr als die Hälfte ihres Botschaftspersonals ab. Zudem gab sie eine Reisewarnung heraus.“

Nach der Gesundheitswarnung kommt die Reisewarnung. Und nach dem Hals der abwaschbare Gummikragen. Wer solche ARD-Nachrichtenredakteure hat, braucht sich um die Zukunft der Realsatire nicht zu sorgen.

„Mutmaßliche“ Schallattacken heißt: Es ist anzunehmen, dass es die gab. Es handelte sich also nicht bloß um „vorgebliche“ Schallattacken oder allenfalls um „angebliche“? Ach was, ein ARD-aktuell-Redakteur pfeift auf sprachliche Genauigkeit, denn

„Die Frage ist weiter offen. (ebd.)“

So offen wie Hirnriss.

Mit dem Havanna-Syndrom im Schlepp hielt das ARD-„Flaggschiff“ jahrelang AgitProp-Kurs. Keine Rede davon, dass US-amerikanische und britische Wissenschaftler die Seifenblase vom Schallangriff „schon“ ein Jahr später hatten platzen lassen – im Januar 2019:

„Die Wissenschaftler verglichen die Aufzeichnungen der Geräusche, die von ehemaligen Mitarbeitern der Botschaft vorgelegt worden waren, mit dem Zirpen von Grillen der Art Anurogryllus celerinictus, bekannt als Indische Kurzschwanzgrille. „Sie stimmt bis ins Detail mit der Aufzeichnung überein, und zwar in Dauer, Pulsfolgefrequenz, Leistungsspektrum, Pulsfrequenzstabilität und Schwingungen pro Puls.““

Die New York Times titelte:

Die Geräusche, die die US-Diplomaten in Kuba heimsuchten? Liebeskranke Grillen, sagen die Wissenschaftler.

Der Artikel geht gut zur Sache:

„… Aufnahme von beunruhigenden Geräuschen, die von amerikanischen Diplomaten in Kuba gemacht wurde, in Wirklichkeit von einer sehr lauten Grillenart stammen könnten. (ebd.)“

In einer anderen Quelle im April 2019:

„Die Geräusche stammten von Grillen, die in der Umgebung der Botschaft vorkommen. Die Studie, die auf der Konferenz der US-amerikanischen Society for Integrative and Comparative Biology (SICB) vorgestellt wurde, bestätigt, dass die Geräusche, die Diplomaten und Beamte der US-Botschaft angeben gehört zu haben, mit dem Zirpen … übereinstimmt.“

Treffer, versenkt? Aber nicht doch, nein! So leicht geht das „Flaggschiff der ARD“ nicht unter. Die Tagesschau lief trotz des schweren Einschlags weiter volle Fahrt. Im Oktober 2021 erschien dieser Titel auf Tagesschau.de:

Havanna-Syndrom-Gesetz

Darunter neue „Fakten“, versteht sich, wieder nichts als Fakten:

„Mehr als 200 US-Botschaftsmitarbeiter leiden am „Havanna-Syndrom“ … Es klingt fast wie in einem Agentenfilm: Mitarbeiter in US-Botschaften klagen über mysteriöse Symptome wie Schwindel, Hör- und Sehstörungen, Migräne und Gedächtnisverlust. … Ursache … sind offenbar Verletzungen des Gehirns, mutmaßlich verursacht durch schädliche Funkwellen unbekannten Ursprungs.“

„Fast wie in einem Agentenfilm“: Der Vergleich lag nahe, denn im August 2021 war auch Berlin in den Blick geraten, Schauplatz für viele Spionage-Thriller und tatsächlich Spielwiese zahlreicher Geheimdienste:

Havanna-Syndrom bei US-Diplomaten in Berlin
Mehrere Beschäftigte der US-Botschaft in Berlin zeigen offenbar Symptome des „Havanna-Syndroms“. Medienberichten zufolge haben sich mindestens zwei US-Vertreter in ärztliche Behandlung begeben.“

Die Quellenangabe „Medienberichten zufolge“ taugt nichts. Aber wenn der Tagesschau-Redakteur in Berlin nun schon mal beim Schmuddeln ist, kann er auch gleich eine Portion antirussische Hetze untermischen. Daran hatte es im Zusammenhang mit den Schallwaffen noch gemangelt.

Forschung an Akustik-Waffe?
US-Diplomaten räumten ein, dass es in der Vergangenheit bereits ähnliche Fälle in anderen europäischen Staaten gegeben habe. Manche der Opfer seien Offiziere der Nachrichtendienste, die sich vor allem mit Russland befasst hätten.“

Edle „mit Russland befasste“ CIA-Offiziere hatten Ohrensausen? Diese Russen sind aber wirklich sowas von gemein!

„Brisant ist in diesem Zusammenhang, dass Russland nach Recherchen des ‚Spiegel‘ und der schwedischen Plattform ‚Bellingcat‘ an einer Methode arbeiten soll, aus der Ferne gefährliche Wellen an eine Zielperson zu senden. (ebd.)“

Russland „soll“ an einer Methode arbeiten. Nix Genaues weiß man nicht. Schlimm, dieser Putin.

Der Spiegel war übrigens mal ein Nachrichtenmagazin, lang, lang ist’s her. Bellingcat hingegen ist noch immer keine „schwedische“ Plattform, sondern britisch. Eigentlich auch keine „Plattform“, sondern eine CIA-geschmierte „Nicht-Regierungs-Organisation“ mit Sitz in London. Dass sie hauptsächlich Falschnachrichten transatlantischer Geheimdienste verbreitetsollte ein Tagesschau-Redakteur eigentlich wissen.

Mit dem Respekt vor den „anerkannten journalistischen Grundsätzen“ ist es bei der Tagesschau allerdings nicht weit her. Und deshalb treibt sie ihre Hetze auch ungeniert auf die Spitze:

Verdacht gegen Russland
Vertreter aus der US-Regierung äußerten in der Vergangenheit den Verdacht, russische Geheimdienste hätten ihr Botschaftspersonal angegriffen. Die US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines musste allerdings Anfang August einräumen, dass die Ursache des „Havanna-Syndroms” noch immer nicht gefunden sei. (ebd.)“

Klar doch, der Russe provoziert, rund um den Globus. Und deshalb vermeldete die Tagesschau im Oktober 2021, ein paar Wochen nach dem Avril-Haines-Klops:

Havanna-Syndrom nun auch in Kolumbien
… im Umfeld der US-Botschaft in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá Menschen erkrankt.“

Machen wir einen Zeitsprung. Im März 2023 bestand die vorerst letzte Chance für die Tagesschau, zu journalistischem Anstand zurückzufinden. Und wieder kriegte sie die Kurve nicht:

Havanna-Syndrom bleibt ein Rätsel
Ein nun veröffentlichter Bericht der Geheimdienste stellt lange gehegte Verdächtigungen von Betroffenen infrage, sie könnten Ziel einer globalen Kampagne Russlands oder eines anderen Landes geworden sein … Stattdessen hieß es in dem Bericht, es gebe mehr Beweise dafür, dass das Ausland nicht beteiligt war. (Hervorhebung d. Verf.)“

Die US-Geheimdienste höchstselbst haben also ihrer Story die Luft rausgelassen und machten einen Rückzieher. Aber die Tagesschau macht weiter, dass die Schwarte kracht:

„Havanna-Syndrom bleibt ein Rätsel.“

Eine notwendige Klarstellung

Mikrowellen- und Schallkanonen gibt es wirklich. Sie wurden in Deutschland entwickelt, von Rheinmetall DE-TEE (Düsseldorf) und Diehl BGT Defence (Nürnberg). Darüber kam nichts in der Tagesschau. Natürlich nicht. Und wer hat diesen Dreck gekauft und als Erster eingesetzt? Die USA. Natürlich doch. Schon vor 20 Jahren, in ihrem völkerrechtswidrigen Irak-Krieg.

Falls Ihnen, verehrter Leser, demnächst ein ARD-aktuell-Redakteur über den Weg laufen sollte: schöne Grüße von der Indischen Kurzschwanzgrille. Sie habe sich sehr über die mediale Aufmerksamkeit gefreut.

Anmerkung der Autoren:

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) während der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert.

Zensur und Selbstzensur kaschieren das deutsche Elend

Ein Artikel von Friedhelm Klinkhammer & Volker Bräutigam

Deutschland, der Pausenhof: Big Joe knallt dem Olaf ein Ding an den Nischel, so einen Wumms hält kein Gasrohr aus. Olaf sieht Sterne und Streifen. Aber er versichert den Umstehenden: „Unsere Partnerschaft ist enger und vertrauensvoller denn je. Big Joe bestellt den Olaf wenig später zu sich nach Übersee und flüstert ihm was. Die ARD-aktuell aber macht daraus einen „Besuch bei Freunden“. Manipulation gehört eben zur Tagesschau wie Mattscheibe zur Caren Miosga. Drei Tage später heißt es aus Hamburg, Big Joe habe dem Olaf überhaupt keine reingehauen, sondern, ganz anders, einige pro-ukrainische Rüpel hätten mit einem Segelboot Knallfrösche in Olafs Badewanne. Man verzeihe uns das Geschnodder, es soll darauf aufmerksam machen, dass die USA eine intellektuelle Flugverbotszone über unser Land verhängt haben; deshalb liefern unsere Leit- und Konzernmedien Nachrichten vom hier dargestellten informationellen Gehalt. Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Unser Gemeinwesen verkrüppelt unter solcher Deutungshoheit zusehends zu einem US-Protektorat, mit enormen Gefahrenquellen für unseren Rechtsstaat. Widerstandskräfte dagegen entwickeln sich erst allmählich. Die Verächter des Rechtsstaats zeichnen sich durch ihren abgrundtiefen Zynismus und US-Konformismus aus. Selbstbestimmte Persönlichkeitsentfaltung, unabhängige Meinungsbildung, freies Denken und Reden sind ihnen zuwider. Ihr Ideal ist der Angepasste, der sich ihren Vorgaben unterordnet und ihnen besinnungslos nachbetet. Die einst übliche Todesstrafe fürs Abhören von „Feindsendern“ brauchen sie für ihre Zwecke nicht mehr. Mit von elektronischer Datenverarbeitung unterstützter Zensur sowie mit Agitation und Propaganda in Dauerschleife gelingt es schon jetzt, ein vollkommen verzerrtes Weltbild als Realität auszugeben und mehrheitlich akzeptabel zu machen. Rechtsnihilismus und Willkürjustiz unterstützen den Erfolg.

Kein Nachrichtentag vergeht, ohne dass wir vom brutalen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu hören kriegen. Wer diese USA-NATO-EU-Sichtweise öffentlich infrage stellt, ein Ende der gigantischen Waffenlieferungen an die Ukraine und die Aufnahme von Verhandlungen mit Russland fordert, lernt schnell deutsche Staatsanwälte kennen. Die nennen soviel kritischen Widerspruch gegen die „herrschende“ Meinung nämlich

Billigung eines Angriffskrieges, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“.

Das gilt als Straftat und wird mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet. Entsprechende Urteile sind bereits ergangen.

Deutsche Gerichte berücksichtigen nicht, dass der globale Süden, die Mehrheit der Weltbevölkerung, sich nicht an der westlichen Sanktionspolitik beteiligt. Zudem lassen die deutsche Justiz (und füglich auch die konformistische Tagesschau) außer Acht, dass sich Russland bei seiner militärischen Aktion gegen die Ukraine – ob zu Recht oder Unrecht bleibt offen – auf Art. 51 der UN-Charta beruft; dieser Artikel betrifft die Selbstverteidigung und schließt sogar eine präventive (=vorbeugende) Selbstverteidigung nicht aus.

Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, ist angeblich blind und wird meist mit verbundenen Augen dargestellt. Ihre deutsche Ausgabe gibt sich hingegen als offen einäugig. Sie setzt durch, dass die Masse der Bevölkerung das Geschehen in der Ukraine nicht einmal mehr von beiden Seiten betrachten kann: von der NATO-transatlantischen und von der russischen Seite – der Beleg unserer zunehmenden Unfreiheit.

Ex-Kanzlerin Schamlos und Kanzler Tunichtgut

Das lässt sich exemplarisch auch am Umgang mit dem Eingeständnis der Altkanzlerin Merkel sowie der vormaligen Staatspräsidenten Poroschenko (Ukraine) und Hollande (Frankreich) aufzeigen. Alle drei gaben bekanntlich aus freien Stücken zu erkennen, das völkerrechtlich abgesicherte Minsk-II-Abkommen mit voller Absicht gebrochen und Putin hintergangen zu haben. Sie wollten den seit Mitte 2014 von Kiew geführten Bürgerkrieg gegen die ukrainischen (russischsprachigen) Donbass-Provinzen nicht beenden lassen (das Abkommen sah dafür enge Fristen von wenigen Monaten vor), sondern – vertragswidrig – der Ukraine jede Menge „Zeit geben“ zu hemmungsloser Hochrüstung. Sie kalkulierten Russlands militärische Reaktion und brachen somit einen völkerrechtlich gültigen Vertrag.

Schon Monate vor Russlands Invasion hatten sie bis ins Detail geplant, womit sie ihren schon mehr als zehn Jahre geführten Wirtschaftskrieg zu verschärfen gedachten; die Angeberei des Merkel-Nachfolgers und vormaligen Vizekanzlers Scholz im Bundestag verrät alles:

„…Sanktionen …, die ihresgleichen suchen. Über Monate hinweg haben wir sie bis ins kleinste Detail vorbereitet …. Weltweit haben wir für Unterstützung geworben.“

Sie wussten, was kam. Sie hatten es ja genau darauf angelegt.

ARD-aktuell berichtete über diesen Skandal mit keinem Wort. Wenn schon einäugige Justiz, dann erst recht tendenziöser Qualitätsjournalismus.

Keine offizielle Instanz in Deutschland regt sich darüber auf, dass Ex-Kanzlerin Merkel in ihrem „Zeit“-Interview zugleich einen mehrfachen Verfassungsbruch schamlos eingestand: Das Grundgesetz bindet nämlich alle staatlichen Organe an die „allgemeinen Regeln des Völkerrechts“. Zugleich verbietet es „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören“. Offen bleibt die Frage, ob außerdem noch ein strafbarer Fall von Friedensverrat vorliegt.

Reden wir lieber über den regierenden Kanzler Scholz und seine infantile Außenministern Baerbock. Beider Rechtsverständnis reicht ebenfalls nicht so weit, dass sie sich um eine Wiederbelebung des Minsk II-Abkommens bemühten. Im Gegenteil, sie verweigern Gespräche mit Moskau und konterkarieren das, was die UN-Generalversammlung gerade erst wieder beschlossen hat:

Die Generalversammlung fordert nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel.“ 

Mit Ignoranz und Arroganz setzen sie vielmehr auf weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, auf grundgesetzwidrige Kriegsbeteiligung mittels Ausbildung ukrainischer Soldaten an deutschen Angriffswaffen und auf völkerrechtswidrige Sanktionen. Im Gegensatz zu aller Berliner Heuchelei dient diese Politik den USA und deren Ziel, den Krieg zu verlängern.

Das Einzige, was man Kanzler Scholz zugutehalten kann:

Er hat sich noch nicht öffentlich bei den Amis für ihren Terroranschlag auf die Nord-Stream-Gasleitungen bedankt.

Aber das kann ja auch noch kommen.

Legal, illegal? Scheißegal!

Man sollte eigentlich meinen, die UN-Charta sei auch in Art. 2, Absatz 4 unmissverständlich:

Alle Mitglieder unterlassen … jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt“,

doch machte man dann die Rechnung ohne den Wirt. Nach Auslegung der USA ist in der Charta lediglich die „militärische Gewalt“ gemeint. Der globale Süden beharrt hingegen darauf, das Gewaltverbot gelte auch für Wirtschaftssanktionen. Wird hier Haarspalterei betrieben? Das kann nur jemand meinen, der nicht wahrhaben will, dass Sanktionen eine ebenso existenzvernichtende, für Millionen Menschen tödliche Gewaltform darstellen können wie die militärische Gewalt.

Damit auch das endlich geklärt ist: Baerbocks großmäulige Ansage, die Sanktionen würden (sollten) „Russland ruinieren“ ist eine Missachtung des Völkerrechts. Ein Ausdruck vollendet selbstherrlicher Ignoranz. Denn laut UN-Charta ist nur der UN-Sicherheitsrat und niemand sonst ausdrücklich befugt, zur zwischenstaatlichen Streitbeilegung und zur Sicherung des Friedens schwerwiegende Sanktionen zu verhängen.

Mit hasserfülltem Aktionismus verfügte die EU allein in den ersten zwei Monaten nach Beginn der russischen Militäroperation sage und schreibe 3913 Sanktionen. Per Verordnung, ohne gesetzliche Grundlage, auf rechtlich äußerst fragwürdiger Basis.

Dass diese überschäumende Sanktionitis ihren gegen Russland gerichteten Zweck verfehlt, ist das Eine; das Andere aber, dass sie inzwischen die deutsche Wirtschaft massiv schädigt. Das führte selbst in Baerbocks Ministerium zu Nebenwirkungen:

Bei vielen Mitarbeitern hat sich ein enormes Maß an Frustration und Fremdscham angehäuft … zunehmendes Unverständnis über die Art und Weise der Sanktionspolitik ohne jede Rücksichtnahme auf deutsche Interessen …

Ob die Sanktionen mit dem in Deutschland geltenden Recht vereinbar sind, ist längst nicht so eindeutig geklärt, wie die führenden Politiker und ihre journalistischen Wasserträger uns weismachen wollen. Beabsichtigt war, die russische Bevölkerung dazu zu bringen, den innenpolitischen Druck auf ihre Führung zu verstärken, um deren Außenpolitik zu ändern. Das Gegenteil ist eingetreten. Putin wird von 80 Prozent der Russen unterstützt. Logisch und rechtlich geboten wäre es folglich, die Sanktionen aufzuheben.

Über Berge von Leichen

Doch weder mit Logik noch mit rechtsstaatlichem Bewusstsein ist unsere Ampelregierung sonderlich gesegnet. Vielmehr treibt sie der gleiche krankhafte Wille, die Widersacher der USA zu vernichten, wie ihn Washington gegenüber Kuba, Venezuela, Irak, Iran und derzeit in schlimmster Form gegenüber Syrien auslebt. Da gehen die Scholz-Regierung und die Biden-Aministration Arm in Arm – und zwar über Berge von Leichen.

Menschenleben zählen nicht, entgegen dem frommen Schein auch keine ukrainischen. Waffen liefern für den Krieg, auf dass er bald zu Ende gehe? Gegenfrage: Kennen Sie in der vieltausendjährigen Geschichte der Menschheit auch nur einen einzigen Fall, dass ein Krieg mittels Waffenlieferungen an beendet wurde?

Michail Gorbatschow, der letzte Präsident der abgestorbenen Sowjetunion, politischer Vater auch der DDR-Selbstaufgabe und einst der Deutschen Lieblingsrusse:

Die deutsche Presse ist die bösartigste überhaupt.“

Sie ändert sich nicht und garantiert damit, dass sich auch in unserem politischen Alltag nichts Wesentliches ändert. Gleiches gilt für die EU und den gesamten „Werte-Westen“: Ihre „regelbasierte Ordnung“ ist ein orchestrierter Bruch des Völkerrechts. Menschenverachtende Willkür. Gäbe es außerhalb der bewussten Medien (Internet-Portale, Blogs, einige kleine Tages- und Wochenzeitungen) tatsächlich einen distanziert-kritischen, um Wahrhaftigkeit und um Aufklärung bemühten Journalismus, dann gingen die Massen heute nicht nur zu Arbeitskämpfen auf die Straße, sondern regelmäßig auch gegen politische Korruption und gegen Kriegstreiberei.

Die Pest der Zensur

Mit ihr weiß sich unsere politische und gesellschaftliche Elite allerdings gut umzugehen und dem Volkszorn vorzubeugen. Mit Zuckerbrot (Journalisten schmieren, sie mit gut dotierten Posten und Privilegien korrumpieren) und Peitsche: Maulkorb und Strafandrohung, von Staats wegen.

Über die Informationsfreiheit heißt es in Art. 11 der Charta der Europäischen Union:

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.“

Das Entsprechende in unserem Grundgesetz Art. 5:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Diese Grundrechte sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt stehen. Bereits bevor Russland in den Ukraine-Krieg eingriff, verweigerten deutsche und europäische Behörden RT DE die Sendeerlaubnis, obwohl RT bereits eine europaweit geltende, von Serbien ausgestellte Sendelizenz hatte. Die russische Nachrichtenagentur „Sputnik“ wurde ebenfalls gesperrt. Ausgerechnet EU-Kommissionspräsidentin v.d. Leyen, selbst unter Korruptionsverdacht und geübt in schamloser Lüge, durfte sich da hervortun:

Als Sprachrohre Putins haben diese Fernsehkanäle seine Lügen und Propaganda erwiesenermaßen aggressiv verbreitet.“ Man solle ihnen „keine Bühne mehr zur Verbreitung dieser Lügen geben.“

Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen sah für das Vorgehen allerdings keine Rechtsgrundlage:

Die Europäische Kommission ist gefordert, eine gesetzgeberische Lösung zu finden.“

Mit anderen Worten: Das Verbot war rechtswidrig. Und das ist es bis heute.

Die Bundesnetzagentur gab sich zur Durchsetzung der Zensurmaßnahmen her. Auch sie handelte rechtswidrig, wenn man eine grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beachtet:

Dem Einzelnen soll ermöglicht werden, sich seine Meinung auf Grund eines weitgestreuten Informationsmaterials zu bilden. Er soll bei der Auswahl des Materials keiner Beeinflussung durch den Staat unterliegen. Da die Informationsfreiheit … auch dazu bestimmt ist, ein Urteil über die Politik der eigenen Staatsorgane vorzubereiten, muss das Grundrecht vor Einschränkungen durch diese Staatsorgane weitgehend bewahrt werden.

Die Informationsfreiheit wurde … verfassungsrechtlich garantiert, um die ungehinderte Unterrichtung auch aus Quellen, die außerhalb des Herrschaftsbereiches der Staatsgewalt der Bundesrepublik bestehen, zu gewährleisten. Wenn die Informationsquelle an irgendeinem Ort allgemein zugänglich ist, mag dieser auch außerhalb der Bundesrepublik liegen, dann kann auch ein rechtskräftiger Einziehungsbeschluss nicht dazu führen, dieser Informationsquelle die Eigenschaft der allgemeinen Zugänglichkeit zu nehmen.“

Diese vorbildliche Entscheidung stammt allerdings aus einer Zeit, als Politiker und Richter noch bemüht waren, „Demokratie zu wagen“.

Zwei staubige Brüder

Hatten wir eingangs des Kanzlers charakterlos schleimige Bemerkungen zitiert, so wollen wir hier mit vergleichbar Geistreichem von ihm fortfahren. Scholz:

Niemand steht über Recht und Gesetz“.

Um Legendenbildungen vorzubeugen: Er bezog das auf Putin, nicht auf sich selbst.

Ein klassischer Fall von Cum-Ex-Gedächtnislücke. Doch bei diesem folgenlosen Vorwurf wollen wir es nicht belassen. Scholz habe am neuesten Märchen über die Nord-Stream-Gasröhren mitgestrickt, behauptet der weltbekannte Investigativ-Journalist Seymour Hersh; er habe beim Tête-à-Tête mit US-Präsident Biden in Washington vereinbart, dessen Täterschaft zu vertuschen. Beide hätten die CIA und den BND beauftragt, eine Tarngeschichte für die Zerstörung der Nord-Stream-Röhren zu erfinden und sie zu lancieren.

Heraus kam dabei die Story von ukrainischen Segelbootfahrern als angebliche Nord-Stream-Bombenleger. Die Tagesschau behauptete sogar, nicht die Einflüsterung der Geheimdienste, sondern eigene Recherchen der ARD hätten zu dieser „Spur“ geführt. Das klang so großmäulig wie unglaubwürdig.

Sollte Hersh mit seiner Behauptung Recht haben, Scholz sei Mitwisser der fiesen Geschichte, dann gehörte der Kanzler wegen eines Bündels von Straftaten vor den Richter, unter anderem wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung und Strafvereitelung im Amt.

Was aber macht ein deutscher Bundeskanzler heutzutage, wenn er mit schändlich unterwürfigen Aussagen gepatzt hat? Zieht er sich ins Trappistenkloster zurück und legt ein Schweigegelübde ab? Aber nicht doch! Entgegen seiner Pflicht, selbst aktiv zur Konfliktbewältigung beizutragen, tut er so, als sei sein geopolitischer Widerpart ein Schwachkopf – und lässt schnellstmöglich die nächste Sottise raus:

Es ist wichtig, dass Putin versteht, dass er seine Truppen zurückziehen muss“.

Man nennt das verbale Vorne-Verteidigung. Die Tagesschau bringt derart hohle Phrasen garantiert im O-Ton und kommentarlos auf den Schirm, statt sie als Realsatire zu brandmarken. Das Publikum lässt es sich ja gefallen. Noch.

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Anmerkung der Autoren: Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: publikumskonferenz.de/blog

Kriegskabinett Scholz gegen Volksentscheid

Unsere Parteien-Oligarchie garantiert, dass Träume von direkter Demokratie auch Träume bleiben

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Ein Kanzler ohne Glaubwürdigkeit. Ein Vizekanzler ohne Sachverstand. Eine bildungsferne Außenministerin ohne Kontrolle über ihr Mundwerk: drei Repräsentanten einer grauenhaften Regierung, die den üblen Zustand unserer Republik zu verantworten hat und mit ihrem antirussischen Kriegsgeschrei Deutschlands Vernichtung riskiert. „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand“, behauptet der Volksmund. Auf derlei Kalendersprüche ist nur leider kein Verlass. Der Satiriker Uwe Steimle, pulvertrocken: „Man kann Kabinett nicht mehr von Kabarett unterscheiden.“ Vor solchen Geistesblitzen sind die Regierungs-Hiwis der ARD-Tagesschau allerdings gut geschützt. Sonst könnte ihr Zentralinstitut für „mediale Massenverblödung“ seine staatstragende Aufgabe auch nicht erfüllen. Zu resignieren brauchen wir aber nicht; es wachsen Umfang und Kräfte der basisdemokratischen Gegenöffentlichkeit.

Bleiben wir protokollarisch korrekt. Nehmen wir uns die genannten „Volksvertreter“ in deren Rangfolge zur Brust. Zuerst also Olaf Scholz, den Chef. Als er noch Finanzminister des Merkel-Kabinetts war, ließ seine Rolle im Wirecard-Skandal im Bundestags-Untersuchungsausschuss die Frage aufkommen:

„Kann ein Finanzminister Kanzler werden, der trotz seines riesigen Apparats, trotz Warnungen und Hinweisen, den größten Bilanzskandal der Nachkriegsgeschichte übersehen hat?

Er konnte, wir mussten es erleben. Als Befragter vor dem Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal berief sich Scholz auf Gedächtnislücken. Angeblich wusste er nicht einmal mehr, ob und was er mit dem Inhaber der Warburg-Bank über dessen 47-Millionen-Euro-Steuerschuld beraten hatte. Das kostete ihn „nur“ den Verlust seiner Glaubwürdigkeit, seine Karriere beendete es nicht.

Kaum zum Kanzler gewählt, bewährte sich Scholz als Washingtons Spielball. Er kniff vor US-Präsident Biden den Schwanz ein, als „Sleepy Joe“ ihm mit der Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline drohte. Er unterstützte zum Schaden der deutschen Volkswirtschaft die aggressive und kontraproduktive Sanktionspolitik der Amis und der EU gegen Russland, China und Iran. Er leitete eine gigantische zusätzliche Staatsverschuldung ein („Doppel-Wumms“) und übernahm schließlich sogar die Spitze bei den westeuropäischen Waffenlieferungen an die Ukraine. Es ist sein Werk, dass die Bundeswehr jetzt Ukrainer an deutschen Waffen ausbildet, und dass Deutschland damit Kriegspartei gegen Russland wurde.

Scholz wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Wie der Herr, so’s Gescherr

Kommen wir zu seinem Vize, Wirtschaftsminister Robert Habeck. Dass der für sein Amt kaum mehr Eignung und Fachwissen mitbrachte als ein Sack Rindenmulch (vom Bio-Sägewerk), hat sich unaufhaltsam herumgesprochen. Häufig wird Bezug auf einen seiner lächerlichen Fernseh-Auftritte genommen, in dem er wissen ließ, dass eine erzwungene Betriebseinstellung keine Pleite sei. Seine folgenreichen Fehlleistungen bei der Energieversorgung, seine absurd preistreibenden Gaseinkäufe und seine Unfähigkeit, vor autoritären arabischen Staatenlenkern den Rücken gerade zu halten, haben ihn diskreditiert. Neuerdings ist er voll dabei, ein Einfuhrverbot von russischem Öl durchzusetzen und die brandenburgische Raffinerie Schwedt sowie etliche Chemieunternehmen zu ruinieren, die darauf spezialisiert sind, die schwere Ölsorte „Urals“ zu verarbeiten.

Habeck, das ist vorhersehbar, wird als unfähigster Wirtschaftsminister in die Geschichte eingehen. 4 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts werden bis zum Ende dieses Jahres verloren gehen. Urteil der Deutschen Handelskammer:

„Damit werden rund 160 Milliarden Euro weniger erwirtschaftet – umgerechnet etwa 2000 Euro pro Kopf.“

Die Kostenexplosion bei Gas und Strom verursacht Standortnachteile für die deutsche Exportwirtschaft. Habecks Russenhass trieb ihn dazu, die „Abhängigkeit von russischem Gas und Öl“ gegen die wesentlich teurere Abhängigkeit von schlechterem US-Fracking-Gas und ungünstigerem Öl von den Börsen zu tauschen. Ökonomisch blanker Unfug, ökologisch kontraproduktiv und für die ärmeren Staaten weltweit Ursache einer katastrophalen Teuerungswelle.

Habecks vorerst letzte Schubkarre zum Scherbenhaufen: Der superteure Gaslieferungsvertrag mit Norwegen. Unsere Nachbarn im Norden können ihn auf Dauer nur erfüllen, wenn sie neue Öl- und Gasfelder erschließen. Sie haben dazu bereits die Arktis ins Visier genommen. Ein fundamentaler Konflikt mit ihren eigenen Umweltschützern und mit dem russischen Anrainer ist vorprogrammiert. Norwegen kann sein Gas zum Spitzenpreis an Deutschland verkaufen, und unsere US-hörige Regierung muss es abnehmen; so zahlen wir den Norwegern die US-Belohnung für ihre Mithilfe bei der Sprengung der deutsch-russischen Pipelines. Nebenwirkung: Polen, der Stammkunde im norwegischen Gashandel, muss die Höchstpreise nun ebenfalls zahlen. Das verschärft den Zoff zwischen Warschau und Berlin.

Einen Habeck juckt das alles nicht. Wie viele seiner Kollegen (z.B. Lauterbach, Özdemir) fantasiert er sich geradezu zwanghaft die Welt zurecht. Für heuer prognostiziert er ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Und der Großdeutsche Rundfunk aus Hamburg verbreitet das als eine unbestreitbare Tatsache.

Zur Vervollständigung des Habeck-Kurzporträts nur noch dies: Beamte des Wirtschaftsministeriums, die sich erlaubten, eigene, abweichende Meinungen zu äußern, ließ der Chef vom Verfassungsschutz überprüfen. Man kann das getrost als faschistoiden Meinungsterror bezeichnen. Das Passstück zu dieser Niedertracht ist Habecks Absicht, sich von einem Leibfotografen begleiten zu lassen und 350 000 Euro Steuergeld zu verschwenden, damit der seinen Minister von der Schokoladenseite zeigt. Es sei wichtig, die „Bürgerinnen und Bürger transparent über seine Arbeit und Termine zu informieren,“ hieß es aus dem Grünen Gespensterhaus.

Habeck wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Annalena Sabbeltasche

Kommen wir zur Außenministerin Annalena Baerbock. Inzwischen gibt es bereits Internet-Seiten, die den dummdreisten und fallweise gefährlichen verbalen Unfug dieser Fehlbesetzung sammeln und dokumentieren. Immerhin machte sie quasi-amtlich, dass wir Krieg gegen Russland führen („…we are at war against Russia“).

Die „… egal, was meine Wähler denken“-Grüne genießt angeblich trotzdem große Beliebtheit (zu den Umfrage-Instituten kommen wir gleich). Wie schafft sie das, ungeachtet ihrer zahlreichen Attentate auf menschliche Intelligenz? Etwa damit, dass sie sich auf Steuerzahlers Kosten für sagenhafte 136 500 Euro pro Jahr schminken und frisieren lässt? Kann maßlos kostspieliges „Styling“ tatsächlich Baerbocks intellektuellen Notstand kaschieren? So, wie das lose Mundwerk ihren erschütternden Bildungs- und Kenntnismangel überplätschert?

Kann „der Wähler“ wirklich fortwährend ignorieren, dass Annalena Baerbocks „erst quatschen, dann denken“ sie schon meilenweit über die Grenze zur Peinlichkeit hinausgetragen hat? Meinte sie doch tatsächlich, die Völker hätten schon zu Napoleons Zeiten über Panzer verfügt; es gebe Länder, die „hunderttausende Kilometer“ entfernt von uns liegen; zwischen Deutschland und Nigeria laste „dunkle Kolonialgeschichte“.

Dass Baerbock nicht nur an Bildungsarmut leidet, sondern es ihr auch an Wahrheitsliebe mangelt, trat bereits im Wahlkampf zutage. Dass sie sich gegenüber dem Kanzler illoyal verhält und gerne auch öffentlich gegen ihn stänkert, macht sie durchaus nicht respektabler.

Baerbock wäre ein klassischer Grund für einen Regierungssturz, wenn, ja wenn …

Auftrag: Volksverdummung

Wenn, ja wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine gesetzliche Informationspflicht erfüllte! Doch ARD-aktuell, ZDF-heute und Deutschlandradio „dokumentieren“,

„… dass ehemalige gut bürgerliche Nachrichtenorgane längst zu kriminellen Vereinigungen mutiert sind.“

Wenn der Tagesschau-Sprecher statt der gewohnten Agitprop ein Rezept für Grünkohl mit Pinkel verläse, wäre das schon ein Qualitätssprung – wegen des größeren Realitätsbezugs dieser Ansage. Leider aber dürfen die journalistischen Olaf-Scholz- und Robert-Habeck-Versteher dem friedliebenden Mitmenschen tagtäglich die Meinung verbiegen. Gegen selbständiges Denken hat sich deshalb schon eine Herdenimmunität entwickelt.

Dazu tragen die Demoskopie-Institute bei. Im Auftrag der Massenmedien ermitteln sie per (meist telefonischer) Umfrage die Urteile ihrer Zufallsopfer über Politik und Politiker, ohne Vorprüfung des Kenntnisstandes und der Kompetenz der Befragten. Aus dieser Flickensammlung stoppeln sie in jeweils eigener, pseudowissenschaftlicher Methodik „Meinungsbilder“ zusammen. Welch dürftige Aussagekraft die haben, zeigt das ZDF-„Politbarometer“ ganz schamfrei:

„Bei der Beurteilung nach Sympathie und Leistung („Was halten Sie von?“) steigt Neuzugang Boris Pistorius gleich auf Platz eins ein.“

Zum Zeitpunkt dieser Umfrage war der Mann gerade mal drei Wochen im Amt und hatte nur gezeigt, wie locker ein Sozi sich in die Riege der Kriegstreiber einfügt.

Das gleiche kleine Methodik-Karo weist auch der ARD-„Deutschland-Trend“ auf:

„Rund 33 Prozent waren mit der politischen Leistung der Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz jedoch (sehr) zufrieden.“

Außen vor bleibt bei solchen demoskopischen Verfahren, dass sich ein sattes Viertel der Wahlberechtigten dem pseudodemokratischen Wahlzirkus verweigert. Der Anteil der Wähler der rot-gelb-grünen Regierungskoalition am gesamten Wählerpotenzial beträgt lediglich 39 Prozent.

Die im Reichstag etablierten Herrschaften verdanken ihre Sinekure dem deutschen Haltungsjournalismus, „… der nicht mehr faszinieren, aufdecken und anklagen will, sondern nachbetet, reproduziert und darstellt, was der Regierung gefällt.“  Um ihre einflussreichen Posten und Diäten zu behalten, müssen sie natürlich „vieles mitmachen, wovor gut erzogene Mitmenschen zurückschrecken würden.“ Den Bruch von Wahlversprechen inklusive.

Heute versprochen, morgen gebrochen

Laut ihrem Wahlprogramm 2021 wollten die Grünen Rüstungsexporte „an Diktatoren, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete“ verbieten. Sie waren dann die ersten, die schwere Waffen für die Ukraine forderten. Die SPD wollte sich vor der Wahl für „restriktive Rüstungsexportkontrolle“ einsetzen. Ein halbes Jahr später drängten sie darauf, Panzer, Geschütze und Raketensysteme in die Ukraine zu schicken – zur Unterstützung des Neonazi-affinen und korrupten Selenskyj-Regimes.

Gegen den Bruch von Wahlversprechen gibt es mindestens bis zur nächsten Wahl keine Handhabe. Wenn wieder zu diesem längst kindisch anmutenden Ritual der Schaufensterauslage-Demokratie aufgerufen wird, ist der vorausgegangene, systemtypische Wähler-Betrug längst vergessen. Die Herrschenden tun und lassen was beliebt. Ihre anlassbezogene Abwahl ist rechtlich nicht vorgesehen.

Deutschlands politische Klasse umfasst Figuren, die unter obskuren Umständen in den Parteiapparaten hochgespült wurden. Ihr Werdegang setzt ein gerüttelt Maß an Schauspielerei, Anpasserei und Rücksichtslosigkeit voraus. Die Parteien sollen laut Grundgesetz lediglich „an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, haben aber faktisch das Monopol auf die Vergabe von Kandidaturen für Direktmandate und Listenplätze. Noch nie ist es einem unbekannten Parteilosen (Non-Promi) gelungen, aus eigener Kraft einen Parlamentssitz zu ergattern.

Angesichts der systembedingt verengten Kandidatenauswahl verwundert es nicht, dass medial Allgegenwärtige wie Baerbock, Kühnert, Klingbeil, Göring-Eckardt, Lindner, Strack-Zimmermann, Röttgen und viele Andere ohne besondere Leistungsnachweise an die Fleischtöpfe im Reichstag gelangen. Mit Aussicht auf Rente vom Allerfeinsten.

2021waren 60,4 Millionen Deutsche wahlberechtigt. Die Bundestagsparteien haben zusammengezählt aber nur 1,2 Millionen Mitglieder. Großzügig gerechnet sind das gerade mal 1,8 Prozent Anteil an der Wählerschaft. Doch diese winzige Minderheit genügt in der repräsentativen Demokratie, die Vormacht der Parteien zu zementieren. Entsprechend gering ist das Vertrauen in diese Apparate. Laut Umfragen bringen es nur 30 Prozent der Befragten auf. Denkt man an Skandalfiguren vom Schlage „Andi“ Scheuer, Franziska Giffey, Ursula v.d. Leyen, Philipp Amthor, Jens Spahn oder Nancy Faeser, dann versteht man das Misstrauen.

Dass der ins Parlament gehievte Politiker selbst nicht eben viel für Demokratie und Volkswillen übrig hat, wies eine von der Regierung eingesetzte Expertengruppe nach. Sie hatte untersucht, inwieweit die Regierung (im Zeitraum 1998–2015) tatsächlich mit Beschlüssen und Gesetzen dem Willen der Bevölkerung nachkam. Ergebnis:

„Was Bürger mit geringem Einkommen in besonders großer Zahl wollen, hatte … eine besonders niedrige Wahrscheinlichkeit, umgesetzt zu werden.“

Beispielsweise stimmten 70 Prozent der Armen der Idee zu, Vermögende stärker zum Abbau der öffentlichen Schulden heranzuziehen; nur 43 Prozent der Reichen waren gleichfalls einverstanden. Die Regierung orientierte sich an der ablehnenden Mehrheit der Reichen. Dem möglichst schnellen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan stimmten 75 Prozent der Armen zu, nur 43 Prozent der Reichen waren dafür (anno 2007). Die Regierung steigerte jedoch den Afghanistan-Einsatz. (S. 13 ff)

Das kommt davon, dass unsere bürgerliche Gesellschaft an die Verkümmerung des unabhängigen, kritischen Journalismus‘ gewöhnt und zum kritiklosen Konsum demokratieschädigender Propaganda verleitet wurde: pro US-NATO-EU-Aggression, pro Selbstbestrafung per Sanktionspolitik, pro mordwillige Panzerlieferung aufs Ukraine-Schlachtfeld, aber kontra Friedenssuche und Verhandlungsbereitschaft. Das gewollte und konzertierte Medienversagen ermöglichte den kollektiven Rückfall in die allerprimitivste Art, Andersdenkende zu betrachten; daher auch die Hasstiraden gegen unseren vorgeblichen Feind Russland, die wir gegenwärtig wieder von früh bis spät zu hören kriegen. Ein Goebbels oder eine Neuauflage des sozialen Elends vor 1933 waren zu diesem kulturellen Absturz nicht mehr notwendig.

Was tun?

Volksentscheide wären das wirksamste Mittel gegen die finale Erosion der Demokratie. Direkte Bürgerbeteiligung nach Schweizer Vorbild sei ein Schrecken für unser politisches Führungspersonal und ein Segen für alle aufrechten Demokraten; an wessen Widerstand sie bisher scheiterte, beschreibt Paul Schreyer in „Die Angst der Eliten – wer fürchtet die Demokratie? höchst anschaulich und aufschlussreich.

Im Grundgesetz, Art. 20,(2) heißt es:

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen … ausgeübt.“

Dieser Vorgabe gemäß wurde ein Bündel von Gesetzen verabschiedet, mit Regeln für die Organisation und Durchführung von Wahlen. Eine Gesetzgebung für das Verfahren bei Abstimmungen – „Volksentscheiden“ – aber fehlt bis heute, obwohl sie jederzeit möglich wäre. Mit ihr hätte unser Vasallenstaat zwar noch längst keine echte Verfassung und volle Souveränität. Doch ein erster demokratischer, freiheitlicher Fortschritt wäre getan.

Die im DDR-Sterbebett geborene Bürgerrechtsbewegung „Demokratie Jetzt“ verkümmerte in der bundesdeutschen Realität. Aber ihr Idearium überlebte und organisierte sich neu: „Mehr Demokratie e.V. und „Abstimmung24 e.V.“ kämpfen für den Volksentscheid. „Gemeingut in Bürgerhand e.V., „abgeordnetenwatch.de/bundestag, „Lobby Control“ und andere verfolgen anteilige Ziele. Würden sie unter Verzicht auf eigenbrötlerische Geltungsbedürfnisse einen Dachverband bilden und fände sich der zur Zusammenarbeit mit einer ebenso wünschenswerten Kooperative der bewussten („alternativen“) Medien zusammen, dann, ja dann …

… dann hätten wir ihn in Reichweite, den Volksentscheid.

Ein Deutschland mit Elementen der direkten Demokratie ließe Träume wahr werden. Sie wurden schon einmal geträumt, 2013 war das, zu Zeiten der schwarz-roten „großen“ Koalition. Deren Kanzlerin Merkel machte die Pläne zunichte. Hätte sie ihnen stattgegeben, dann wäre Deutschland wahrscheinlich heute keine Kriegspartei. Es könnte sogar eine weltweit geachtete Vermittlerrolle übernehmen. Volksentscheide würden mutmaßlich auch die ruinöse Sanktionspolitik beenden.

Und was ist jetzt mit dem Volksentscheid? Die rot-gelb-grüne Ampel hat ihre Abneigung dagegen unter einer dicken Schicht verbaler Sülze versteckt:

„… neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben …“

Ein oberfaules Ablenkungsmanöver. Die Lordsiegelbewahrer unserer Fassadendemokratie lassen sich eben nicht vom gemeinen Volk in die Suppe spucken. Mal sehen, wie lange sie das noch durchhalten.

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung, nichtkommerzielle Zwecke der Veröffentlichung vorausgesetzt. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) während der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

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