Ein großer Krieger? Groß machen Kriege niemanden! Eine Rede von Jan Veil vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs

Ich möchte meinen Leserinnen und Lesern hier eine auf dem Oster – Schilder – Marsch in Frankfurt am Main gehaltene Rede zur Kenntnis geben. Der Inhalt ist nach wie vor aktuell.
Gehalten wurde sie von Jan Veil.

Beitragsbild: Claus Stille. Friedenssäule – ein Kunstobjekt des Dortmunder Künstlers Leo Lebendig

Handwerker für den Frieden in Dessau – ein Zeichen für die Republik? Engagierte, motivierende Rede von Reiner Braun (IPB)

Laut der Tageszeitung junge Welt haben am vergangenen Sonntag insgesamt etwa 2.000 Menschen auf dem Marktplatz im sachsen-anhaltischen Dessau-Roßlau an einer Friedenskundgebung teilgenommen, zu der die Kreishandwerkerschaft Anhalt aufgerufen hatte. Dies bestätigte Karl Krökel, Obermeister der Metallinnung in Dessau-Roßlau, im Gespräch mit junge Welt. Die Veranstaltung sei auf große Resonanz in der Bevölkerung gestoßen. Man habe die »richtigen Themen setzen« können. Die Handwerker fordern »Friedenspolitik statt Krieg, keine Waffenlieferungen an die Ukraine sowie den Stopp von Sanktionen«, wie sie zuvor mitgeteilt hatten. Den Protest gegen die Politik der Bundesregierung und drastisch steigende Lebenshaltungskosten werde man lokal fortsetzen, so Krökel, und sich an der Großdemonstration der Friedensbewegung am 1. Oktober in Berlin beteiligen. (jW)

So lautete der Aufruf der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau zur Demo:

AUFRUF !!!

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir laden Sie recht herzlich zur Kundgebung der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau-Roßlau auf dem Dessauer Marktplatz (Am Handwerkerbrunnen) ein.

Wann?  Sonntag, 28.08.2022  –  11 Uhr – Marktplatz/Friedensglocke Dessau

Teilnehmen und ein deutliches Zeichen setzen:

  • um Krieg als Mittel der Politik abzulehnen, Friedenspolitik statt Krieg!

  • keine Waffenlieferungen an die Ukraine!

  • Stopp von Sanktionen!

Redner:    Karl Krökel –         Kreishandwerksmeister Anhalt Dessau-Roßlau                  Reiner Braun –      Geschäftsführer International Peace Bureau                  Michael Müller – ehem. Staatssekretär im Bundesumweltministerium, MdB 1983 bis 2009, Bundesvorsitzender der Naturfreunde

Statements

Seit Februar 2022 hat die EU mehrere Sanktionspakete gegen Russland verhängt.

Was haben diese zahlreichen Sanktionen bewirkt? Der Aspekt, das derartige Strafmaßnahmen konfliktverschärfend wirken, ist völlig vernachlässigt worden. Es wurde nicht verstanden, dass Russland auf eine eskalierende Sanktionspolitik zum Teil mit einer militärischen Eskalation antwortet, die auch für uns gefährlich werden kann. Weiterhin wurde völlig ignoriert, dass die verhängten Sanktionen mehr uns als Russland schaden könnten.

Wir haben Sorge:

  • um eine massive Schädigung unserer Wirtschaft, einhergehend mit Massenarbeitslosigkeit und

  • dass die Bürger ihre Gas- und Stromrechnungen und ihren Lebensunterhalt nicht mehr bezahlen können.

Die Bundesregierung hat die Bürger auf eine „Mangellage“ vorbereitet.

Gemeint sind damit Gasrationierung, Notfallplan, Stilllegungen- obwohl es das alles ohne Sanktionen und Nord Stream II nicht braucht!

Was wir erleben ist ein energiepolitisches Desaster!

Und für dieses Desaster trägt allein die Regierung die Verantwortung!

Wir erwarten von der Politik, dass:

  • unsere ernsthaften Sorgen respektiert werden und

  • nicht ständig durch neue Maßnahmen die Lage zum Schaden von uns allen weiter verschärft wird.

Die Menschen brauchen Zukunftssicherheit und bezahlbare Heiz-, Strom- sowie Lebenshaltungskosten!

Wie kann zugelassen werden, dass ältere Bürger in Heimen oder zu Hause darauf vorbereitet werden, im kommenden Winter zu frieren?

Hohe Materialpreise und Lieferengpässe belasten auch die Elektro-, Sanitär-Heizung-Klimafirmen, sowie das Metallhandwerk. Die Kunden haben für höhere Preise kein Verständnis,-aber nach Herstellern und Händlern sind unsere Handwerksbetriebe das letzte Glied in der Kette vor dem Endkunden. 2-3 Preissteigerungen für ein und dasselbe Produkt in immer kürzeren Abständen sind keine Seltenheit. Zudem führt die außer Kontrolle geratene Preisspirale zu einem wachsenden Vertrauensverlust der Endkunden.

Auch das Malerhandwerk spricht von einer beispiellosen Welle von Preiserhöhungen. Die Folge: Die Preise für Malerarbeiten steigen. Unsere Malerbetriebe können das nicht abpuffern. Auch hier droht Stillstand auf Baustellen und eine Pleitewelle.

Den Luxus Nichts zu tun, können wir uns einfach nicht mehr leisten, weil die Lebensgrundlagen ganzer Generationen in Gefahr sind!

 

Kundgebung auf dem Dessauer Marktplatz. Redner: Karl Krökel – Kreishandwerksmeister Anhalt Dessau-Roßlau Reiner Braun – Executive Direktor International Peace Bureau, Michael Müller – ehem. Staatssekretär im Bundesumweltministerium, MdB 1983 bis 2009, Bundesvorsitzender der Naturfreunde. 

Engagierte, motivierende Rede von Reiner Braun (International Peace Bureau)

Der Geschäftsführer des Internationalen Friedensbüros, Reiner Braun, des weltältesten, 1891 gegründeten und weltgrößten Friedensnetzwerks, erinnerte am Anfang seiner Rede an John Lennons Song „Give Peace A Chance“. Heute heiße das für uns: „Wir wollen Frieden!“ so Braun. „Frieden in der Ukraine. Und Frieden weltweit.“

Man wisse, dass diejenigen, welche sich für den Frieden einsetzten und einsetzen immer und immer beschimpft und verunglimpft wurden und würden. Man habe weder die Verunglimpfungen von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sowie die Verunglimpfung von Petra Kelly und anderen in den 1980er Jahren, vergessen, versprach Reiner Braun. „Wer sich für den Frieden engagiert braucht Courage.“

Die Menschen, die sich in Dessau versammelt haben, seien ein Zeichen dafür, dass in diesem Lande im Endeffekt Millionen stärker sind als die, die uns zu regieren und und dabei glaubten, uns in den Krieg führen zu können. Braun: „Das ist die Botschaft von Dessau heute.“

Reiner Braun kritisierte den russischen Angriff auf die Ukraine klar als völkerrechtswidrig. Allerdings habe man auch die zahlreichen völkerrechtswidrigen Kriege der USA mit Millionen Toten – auch den Krieg der Nato gegen die Bundesrepublik Jugoslawien – nicht vergessen.

Reiner Braun bei einer früheren Veranstaltung in Dortmund; Foto: C.-D. Stille.

Und weiter: „Was ist das für ein Irrsinn, in dem wir leben? Wir führen einen Wirtschaftkrieg. Und ich finde, wir sollten das verharmlosende Wort Sanktionen aus unserem Wortschatz streichen.“

Es sei ein Wirtschaftkrieg gegen Russland, der uns mehr schade als Russland.

Man wolle weder einen Schaden für die Wirtschaft, für die Menschen in Russland mit denen uns historisch und aktuell so viel verbinde. Noch wir dürften wir hier in Deutschland darunter leiden. Dieser Wirtschaftskrieg, der Bevölkerungen aller Länder treffe, müsse beendet werden.

Verhandeln statt schießen, laute die Botschaft.

Braun kritisierte hart die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für unser Militär. Seien das Kriegskredite? Wer zahle die? Doch wir! An allen Ecken unseres Landes werde das Geld dringender gebraucht.

Die Außenpolitik unseres Landes habe sich Moral auf die Fahnen geschrieben. „Moral mit den Schlächtern von Saudi Arabien, Moral mit den Völkerrechtsbrüchen von Marokko, Moral mit den Ausbeutern und Unterdrückern von Katar? Was ist das für eine elende Doppelmoral, die unsere Regierung als Politik verkauft? Dazu könne man nur nein sagen. Reiner Braun erinnerte an Willy Brandt, den deutschen Friedensobelpreisträger, den man auch beschimpft und diffamiert hatte – der stets für Verhandlungen gewesen war. Und wenn man scheitere, so dessen Credo, müsse es eine weitere Verhandlungsrunde geben. Braun appellierte: „Wir müssen zurückkommen zur Politik von Willy Brandt.“

Es brauche eine Politik der gemeinsamen Sicherheit. „Deutschland ist nur sicher, wenn auch Russland sicher ist“, befand Braun.

Man dürfe nie vergessen, dass 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion ihr Leben haben lassen müssen, dafür, dass unser Land vom Faschismus befreit werden konnte.

Wir haben nicht vergessen, dass Freundschaft mit Russland Frieden in Europa bedeutet, so Braun.

Gegen eine kriegsbesoffene Regierung und eine Außenministerin, die eine Schande für unser Land ist, gibt es nur eines: einen Aufstand der Anständigen. Vielleicht, hoffte Reiner Braun, sei die Versammlung in Dessau ein Signal für mehr Protest in diesem Herbst, für mehr Engagement auf jedem Marktplatz in jeder Stadt. Das verlange von uns allen mehr Aktivitäten. Man müsse mit den Nachbarn, den Kollegen und Freunden darüber sprechen. Wir brauchen das große Gespräch, den großen Dialog in der Bevölkerung, um die Bewegung auf die Beine zu kriegen, die diese kriegsverherrlichende Politik stoppen kann. Die Frage Frieden oder Barbarei stehe. Wir wollen den Frieden!

Hier finden Sie die Rede auf Facebook.

Video mit Reiner Braun und anderen Rednern auf der Veranstaltung

 

„Darf ich Genosse sagen?“ Von Kurt Gossweiler. Der Briefwechsel mit Peter Hacks. – Rezension

Der Eulenspiegel Verlag wartet mit der Veröffentlichung einer hochinteressanten Korrespondenz von Kurt Gossweiler und Peter Hacks auf.

Der Begriff Sozialismus war ja um 1989 herum und zeitgleich mit der Wende in den einst sozialistisch genannten Staaten sowie schließlich erst recht mit dem Zerfall der Sowjetunion zum Unwort geworden. Er war für lange Zeit diffamiert. Kaum jemand traute sich diesen Begriff noch in den Mund zu nehmen oder gar diese Gesellschaftsordnung irgendeiner Weise in Schutz zu nehmen oder zu verteidigen – der war sofort des Teufels. Für mich persönlich hat es einen wirklichen Sozialismus allerdings noch nie gegeben. Schon gar nicht einen (in jeder Hinsicht) demokratischen. Doch das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Im Westen Deutschlands dürften 1989/90 die Sektkorken geknallt haben

Die sich einst als Sozialisten verstanden habenden Menschen in der DDR hatten andere Probleme als darüber zu räsonieren. Sie leckten ihre Wunden, denn sie wurden aus Ämtern, Funktionen gejagt und sogar aus den Universitäten geworfen, nachdem sie „evaluiert“ worden waren. Der Kapitalismus hatte seines Erachtens gesiegt und danach benahmen sich dessen Vertreter auch. Betreffs der DDR und anderswo hatte man im Westen mindestens seit 1949 darauf gewartet und alles dafür getan, dass dieser Tag kam. Und war nun zweifelsohne im Westen Deutschlands 1989/90 voll der Freude, dass er endlich hatte herbeigeführt werden können. Sektkorken dürften geknallt haben …

Doch bezüglich dieses Wende oder gar Revolution (m.E. trifft dieser Begriff am allerwenigsten zu) genannten Ereignisses wurde kaum erforscht, welchen Anteil und welche Verantwortung wichtigen Vertretern des Sozialismus selbst für das Scheitern des Sozialismus zuzuschreiben ist . In der Beschreibung des hier zu besprechenden Buch lesen wir:

„Erst nach der Konterrevolution von 1989 begegnen sich zwei Kommunisten aus der DDR über den gleichen, gleich grundsätzlichen Fragen.“

Meine Wenigkeit kann der Einordnung „Konterrevolution“ noch am ehesten zustimmen. Der Kapitalismus, die Kapitalisten holten sich 1989/90 zurück, was ihnen einst nach dem Zweiten Weltkrieg genommen worden war. Und niemand dürfte es eigentlich wundernehmen, dass ab diesem Zeitpunkt peu á peu ein Sozialabbau in der BRD eingeleitet wurde. Westdeutsche Gewerkschaftsfunktionäre sagten: Die DDR saß im Grunde bei Tarifverhandlungen immer unsichtbar mit am Verhandlungstisch. Mag sein, dass sie die DDR damals verklärten. Aber es gab dort nun einmal soziale Errrungenschaften auf die West-Gewerkschafter verweisen konnten. Nach der „Konterrevolution“ fiel das weg. Darauf brauchten die Kapitalisten von nun also keine Rücksicht mehr zu nehmen. Und den Gewerkschaften war dieses Ass aus dem Ärmel genommen.

Weiter heißt es in der Beschreibung:

„Im Briefwechsel lernen sie einander kennen und schätzen, ermutigen und prüfen – mit Respekt, Scharfsinn, Vertrauen …“

Die beiden im Briefwechsel stehenden Herren sind Kurt Gossweiler (1917-2017), Historiker mit den Schwerpunkten Faschismusforschung, Revisionismusanalyse, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, und Peter Hacks (1928-2003), Dramatiker, Lyriker, Essayist.

Der Kracher

Der – soll ich schreiben: Kracher? – ist für mich bei der Lektüre dieses Buches gewesen, dass sich währen des Briefwechsels herauskristallisiert, dass darin Chruschtschow (vom Westen als Nachfolger Stalins eigentlich mehr oder weniger posititv gesehen) als jemand angesehen wird, der den Zerfall des Sozialismus in der Sowjetunion und in der DDR eingeleitet hat. Und Gorbatschow (vom Westen hochgelobt) als jemand angesehen wird, der den Zerfall des Sozialismus (und zusätzlich der Sowjetunion selbst) schließlich vollendet hat. Da muss man zunächst erst mal schlucken. Obwohl da nach genauerem Be- und Nachdenken da doch durchaus etwas dran sein könnte.

Exkurs

Außerhalb des Buches, auf der seite kurt-gossweiler.de, fand ich etwas Auführlicheres dazu: „Oktober 1959: Von seiner USA-Reise zurückgekehrt, wirbt Chruschtschow auf einer Großkundgebung um Vertrauen für den USA-Präsidenten Eisenhower (eben jenen Präsidenten, der Ethel und Julius Rosenberg auf den Elektrischen Stuhl schickte), indem er ausführte: “Von dieser Tribüne aus muss ich vor den Moskauern, vor meinem ganzen Volk, vor der Regierung und vor der Partei sagen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Dwight Eisenhower, der Mann, der das absolute Vertrauen seines ganzen Volkes genießt (gehörten für Chruschtschow die amerikanischen Kommunisten nicht zum Volk?) staatsmännische Klugheit bewiesen hat.”

1960/61: Bruch mit der Volksrepublik China und der KP Chinas. Zuspitzung des Konflikts seitens der Sowjetunion bis zu der Behauptung, die Hauptkriegsgefahr gehe nicht mehr von den imperialistischen USA, sondern von China aus.

Was ist allen diesen Aktionen und Stellungnahmen gemeinsam? Jede von ihnen kam überraschend und unerwartet. Keine war ausreichend stichhaltig begründet, bei einigen – darunter den /67/ wichtigsten – entsprach die zur Begründung angegebene Behauptung offenkundig nicht der Wahrheit, wie etwa bei der Totalrehabilitierung Titos, oder sie stellte eine schlimme Mischung von Wahrheit und Erdichtetem dar, wie in der Geheimrede auf dem XX. Parteitag. Jede stellte eine mehr oder minder schroffe Wendung dar und eine Absage an bisherige elementare marxistisch-leninistische Grundsätze. Jede war ein Angriff auf das bisherige kommunistische Wertesystem. Durch jede wurde bisher für richtig Gehaltenes als falsch bzw. feindlich abgestempelt, und umgekehrt, bisher als falsch und feindlich Betrachtetes für richtig bzw. vertrauenswürdig erklärt.

Was damit – großenteils unmerklich – bewirkt wurde, war seinem Wesen nach eine Vertauschung von Freund- und Feindbild: die eigene Vergangenheit wurde schließlich zum Gegenstand des Abscheus, dem gegenüber es nur noch “unversöhnliche Abrechnung” geben kann; der imperialistische Todfeind der eigenen Sache und der Menschheit dagegen avancierte zum vertrauenswürdigen Partner beim Kampf um eine gerechte Weltordnung und den Weltfrieden und imperialistische Spitzenpolitiker zu Duz-Freunden des Führers der führenden kommunistischen Partei.

Was also ist der gemeinsame Wesenskern all der erwähnten und nicht erwähnten überraschenden Wendungen?

Sie alle waren Teil eines lang währenden Prozesses, in dem die kommunistische Identität der kommunistischen Parteien und der sozialistischen Länder Stück für Stück bis zur Unkenntlichkeit abgebaut wurde, bis sie ihre Identität so weit verloren hatten, dass ihre Gegner sich ausrechnen konnten, sie durch eine Politik des “Wandels durch Annäherung” vollends aufweichen und vernichten zu können.

Dieser Prozeß war von der Chruschtschow-Mannschaft eingeleitet wurden. Er wurde nach Chruschtschow zwar gebremst, aber nicht gestoppt. Gorbatschow wurde als Produkt des ersten Schubs dieses Identitätswandels sein Fortführer und Beschleuniger bis zum folgerichtigen Abschluss: der Auflösung der Kommunistischen Partei und der Sowjetunion und seinem Bekenntnis in dem berühmt-berüchtigten Spiegel-Interview: “Meine politischen Sympathien gehören der Sozialdemokratie und der Idee von einem Sozialstaat nach der Art der Bundesrepublik Deutschland.” /68/“

Verzeihen Sie mir den ausführlichen Exkurs, liebe Leserinnen und Leser. Zum besseren Verständnis (und Ihnen zur Diskussion gestellt) fand ich ihn notwendig.

Der vorliegene Briefwechsel erschien erstmals 2005

Hinweis seitens der Verlags: „Der vorliegende Briefwechsel erschien erstmals 2005 in der von André Thiele und Johannes Oehme unter dem Titel <<Am Ende verstehen sie es. Politische Schriften 1988 bis 2003<< im Eulenspiegel Verlag herausgegebenen Sammlung von Hacks-Schriften. Diese war rasch vergriffen. In der zweiten Ausgabe, <<Marxistische Hinsichten. Politische Schriften 1955-2003<<, ist dieser Briefwechsel nicht enthalten.“

In einem Brief, sei hier noch erwähnt, von Hacks an Gossweiler (S.63) lesen wir zur Person Gorbatschow: „Erst bei Gorbatschow ist klar, dass er, spätenstens seit seiner Wahl zum Generalsekretär, den Imperialismus bewußt anstrebte. Alles Unheil, das in diesen Tagen über die Menschheit hereinbricht, ist die Folge dessen, wass 1985 oder 1989 geschah. Die toten Serben gehen auf Gorbatschows Konto, wie die toten Iraker und die toten Kaukasusvölker aus sein Konto gingen, und man wir ihn unter den großen Massenmörer dieses Jahrhunderts zu rechnen haben.“

Eine hochinteressantes Korrespondenz

Diese Korrespondenz ist hochinteressant. Sie offenbart sehr deutlich wie beide Briefpartner politisch denken, zeigt worin sie übereinstimmen oder Differenzen geltend machen. Da geht es auch hin und wieder um Alltags- und Gesundheitsprobleme. Detaillierte Fragen sozialistischer Theorie werden diskutiert. Geschichliche Ereignisse werden beleuchtet und intensiv besprochen. Vieles, was man aus diesem Briefwechsel erfährt hat man so noch nicht gehört oder gelesen. Auch darin vorkommende (zum Teil widersprüchlich agierende) politische Figuren oder betreffs ihres Tuns und Schreibens erwähnte Journalisten sozialistischer Blätter wie von Neues Deutschland oder junge Welt hat man so noch nicht betrachtet. Im Briefwechsel kommentierte Irrnisse und Wirrnisse in der DDR lassen gemachte Fehler erkennen. Nicht als gering zu bezeichnende Fehler, welche letztlich dazu beitrugen, das die DDR zugrunde ging. Ja, vielleicht: geradezu zugrunde gehen musste, werden den Lesern überdeutlich.

Hacks ein zweiter <<parteiloser Kommunist>>

Woher der Titel des Buches kommt? In einem Brief zu Hacks Geburtstag schreibt Kurt Gossweiler in der Anrede (S.73): „Lieber (darf ich: Genosse sagen?) Peter Hacks!“

Dazu muss man wissen, dass Hacks nicht Mitglieder der SED war. Gossweiler nennt Hacks in seinen Nachbetrachtungen (S.158) einen „zweiten <<parteilosen Kommunisten>> neben Bert Brecht in der Zunft der <<Stücke- und Gedichte-Schreiber“ (…)

In seinem Antwortschreiben schreibt Hacks (S.76): “ Lieber Genosse Gossweiler, vielleicht machen wir es so: In Geburtstagsbriefen nennen Sie mich immer Genosse, und dann fühle ich mich immer geschmeichelt.“

Die Briefe von Hacks und Gossweiler sind stets in respektvoller, höflicher Form und unter Verwendung von ausdrucksstarken, bestimmt ausgewählten Worten verfasst.

Manche einst gewonnene Einschätzungen müssen unter Umständen revidiert oder korrigiert werden

Leserinnen und Leser, die freilich nicht so tief in der Materie stecken und so tief wie Gossweiler und Hacks freilich keinesfalls stecken können, werden gewiss bei der Lektüre der Korrespondenz hin und wieder einst gewonnene, oder angelesene Einschätzungen von geschichtlichen Ereignissen beziehungsweise betreffs bestimmter Personen revidieren, korrigieren oder schmerzhaft anzweifeln wollen. Es wird beispielsweise auch in diesem Buch (wie in den Erinnerungen von Egon Krenz ebenfalls) die Person Walter Ulbrichts anders beurteilt als sie für gewöhnlich allgemein gezeichnet wird. Das betrifft u.a. die Tatsache, dass Ulbricht die Möglichkeit einer deutschen Einheit lange im Auge behielt und etwa deshalb auch dafür war, „Deutschland einig Vaterland“, in der DDR-Nationalhymne zu belassen.

Zum Verständnis meinerseits angemerkt: „Ulbricht war bestrebt, die Abhängigkeit von der Sowjetunion zu vermindern, was ihm letztendlich nicht gelang. Mit Nennung der vergleichsweise großen wirtschaftlichen Erfolge der DDR im RGW Raum propagierte Ulbricht Ende der 60er Jahre das „Modell DDR“ als Vorbild aller Sozialistischen Industriegesellschaften und geriet dadurch in Konflikte mit der KPdSU, der Partei der Sowjetunion. Ulbricht sah die DDR auf dem Weg in ein „entwickeltes gesellschaftliches System des Sozialismus“ und sah darin eine eigenständige Gesellschaftsform. Die Sowjetunion hingegen stand auf dem Standpunkt sie hätte bereits als erster den Sozialismus realisiert und wäre auf dem Sprung zum Kommunismus.

Ab 1967 verlor Ulbricht durch die Deklaration der DDR als Musterland des Sozialismus die Unterstützung von Leonid Breschnew, dem damaligen Führer der UDSSR. Es war auch Ulbricht, der eine Reformation der sozialistischen Planwirtschaft einleitete. Das sogenannte „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ (NÖS oder NÖSPL) war ein staatliches Programm zur Reform der Planwirtschaft in der DDR. Es sah Elemente wie Leistungsboni für Arbeiter sowie eine stärkere Eigenständigkeit von Betrieben, eine Dezentralisierung, vor und war in der Tat effektiver als die bisherige Planwirtschaft. Das neue System war an die Ideen Lenins zur Neuen Ökonomischen Politik (NÖP) angelehnt. Ja, schon Lenin, der Urvater der Sozialisten, dachte an eine leistungsorientierte Wirtschaft. Dieses leistungsorientierte System war innerhalb der Parteiführung kontrovers umstritten, auch wenn es der Planwirtschaft überlegen war. Honecker schaffte das neue und effektivere System wieder ab und fiel in die Planwirtschaft zurück.“ (Quelle: DDR Geschichte: Die Walter Ulbricht Ära; aus DDR-Erinnerungen)

Egon Krenz kommt in einem Brief von Hacks an Gossweiler als tragische Figur vor (S.40/41): An Biermann, wenn Sie sich entsinnen wollen, haben Sie eine Erinnerung. Während der Konterrevolution, also noch unter Krenz, wurde Biermann eingeflogen, empfangen und instruiert von Dietma Keller, einem Leutnant des Kulturministers Hoffmann (…) Nach dieser Szene auf der Treppe des Kulturministeriums eilte Biermann nach Sachsen, gab ein Konzert und sang, dass Krenz zu den <<ruchlosen Greisen>> auch gehöre, und Krenz wurde sofort gefeuert und Modrow eingesetzt, so wie es die Russen von Anfang an beabsichtigt hatten.“

Peter Hacksens Hoffnung auf einen neuen revolutionären Aufschwung

In seinem Nachwort (im Mai 2005 zur Ausgabe 2005) zeigt sich Kurt Gossweiler davon überzeugt, dass „ein neuer revolutionärer Aufschwung, soll er zum Ziel, zum Sieg einer neuen sozialistischen Revolution führen, einer fest in den Massen verwurzelten kommunistischen Parte Marxistisch-Leninscher Prägug bedarf.“ (…) Und er schließt und schreibt das Buch betreffend: „Möge seine Verbreitung dazu beitragen, daß die Zahl derer – besonders unter der Jugend -, die die Erfüllung dieser Forderungen mitarbeiten, durch neue Aktivisten erweitert wird!“

Kaum zu glauben, aber wahr: die beiden Briefeschreiber sind sich nie persönlich begegnet. Und als sich endlich die Möglichkeit einer solche Begegnung anbot, war Peter Hacks bereits zu krank, um zu kommen.

Unbedingte Lese-Empfehlung! Dem Eulenspiegel Verlag sei gedankt für diese interessante Veröffentlichung.

Matthias Oehme (Hrsg.), Kurt Gossweiler, Peter Hacks

Darf ich Genosse sagen?

Der Briefwechsel mit Peter Hacks

224 Seiten, 16,5 x 22,2 cm, broschiert

sofort lieferbar

Buch 12,– €

ISBN 978-3-359-50099-5

Matthias Oehme

Matthias Oehme, geboren 1954, ist promovierter Germanist.


Kurt Gossweiler

Kurt Gossweiler (1917-2017), Historiker mit den Schwerpunkten Faschismusforschung, Revisionismusanalyse, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung


Peter Hacks

Peter Hacks, (1928–2003), Dramatiker, Lyriker, Essayist und Kinderbuchautor. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter der Nationalpreis der DDR I. Klasse, der Heinrich-Mann-Preis und der deutsche Jugendliteraturpreis.


»Darf ich Genosse sagen? Der Briefwechsel mit Peter Hacks« erscheint im Eulenspiegel Verlag, einem Imprint der Eulenspiegel Verlagsgruppe.

Kurt Gossweiler im Briefwechsel mit Peter Hacks (1996–2003)
Die 52 Briefe, die die Partner im Laufe von mehr als 6 Jahren wechseln, bezeugen eine außerordentliche Intensität auf beiden Seiten. Sie sind verbunden im gemeinsamen Nachdenken über den gleichen, gleich grundsätzlichen Fragen:
Welches sind die Klassen und die Klassenkämpfe in sozialistischen Gesellschaften? Welchen Anteil hatten Persönlichkeiten wie Nikita Chruschtschow am Zerfall des Sozialismus in der Sowjetunion und in der DDR? Wie wäre die Niederlage von 1989-90 zu vermeiden gewesen? Und welcher Organisationsformen, Bildungsformen, Kampfformen bedarf es für einen zukünftigen Sozialismus?
Sie lernen einander in diesem Briefwechsel kennen und schätzen, ermutigen und prüfen – mit Respekt, Scharfsinn, Vertrauen … so intensiv, dass der eine den andern schließlich fragt: „Darf ich Genosse sagen?“
Die neue, überarbeitete und erweiterte Ausgabe nach der gar zu rasch vergriffenen ersten Ausgabe von 2005 bietet auf 220 Seiten auch ausführlichere Anmerkungen mit weiterführenden Materialien und einigen bisher unveröffentlichten Dokumenten.

Eine Veranstaltungsempfehlung zum Schluss:

Dienstag, 27. September 2022

Kurt Gossweiler/Peter Hacks »Darf ich Genosse sagen«

Eine Niederlage, aber kein grundloser oder unerklärlicher Niedergang

FMP1
Münzenbergsaal
10243 Berlin

Uhrzeit: 10:00 Uhr

In ihrem intensiven Briefwechsel beschäftigen sich Peter Hacks und Kurt Gossweiler mit grundsätzlichen Fragen: Welches sind die Klassen und die Klassenkämpfe in sozialistischen Gesellschaften? Welchen Anteil hatten Persönlichkeiten wie Nikita Chruschtschow am Zerfall des Sozialismus in der Sowjetunion und in der DDR? Wie wäre die Niederlage von 1989-90 zu vermeiden gewesen? Und welcher Organisationsformen, Bildungsformen, Kampfformen bedarf es für einen zukünftigen Sozialismus?
In der Veranstaltung werden einige der Briefe zu Gehör gebracht.

Referent: Dr. Matthias Oehme, Verleger und Herausgeber von Kurt Gossweiler: Darf ich Genosse sagen? Der Briefwechsel mit Peter Hacks
Moderation: Dr. Inge Pardon

Kosten: 2,00 Euro

https://www.helle-panke.de/de/topic/3.termine.html?id=3381

Leseempfehlungen

Anstelle eines eigenen Beitrags möchte ich heute einmal zwei Beiträge anderer Autoren sowie ein interessantes Interview zur Lektüre empfehlen.

Lesetipps:

Schmutzig und entnervend“: Wie Marx und Engels mit den Corona-„Linken“ abrechnen. Von Rudolph Bauer

Die Verwunderung darüber, dass in der „Corona-Krise“ die Partei Die Linke, auch die DKP und die meisten anderen als links geltenden Organisationen – von Attac bis zur Antifa, von der Friedensbewegung bis zu den Gewerkschaften –, jämmerlich versagt haben und immer noch versagen, sollte niemanden erstaunen. Auf keinen Fall sollten sich diejenigen, welche „Das Manifest der Kommunistischen Partei“ (MEW 4, Berlin 1964) gelesen haben oder es noch lesen werden, durch die Inszenierung des linken Mitmach-Theaters irritieren lassen. Schon Karl Marx und Friedrich Engels waren mit Sozialismen konfrontiert, die sie „mit sehr wenigen Ausnahmen“ (S. 488) als schmutzig und entnervend bezeichnet haben (1).

Weiterlesen auf Neue Debatte.

Impf-Desaster: Wenn der Körper seine eigenen Zellen bekämpft – Interview mit Dr. Gunther Schwarz über Herpes, Affenpocken und Shedding

Seit Beginn der Impfkampagnen gegen COVID-19 treten immer häufiger Folgeschäden auf wie Gürtelrose, Herpes oder die sogenannten “Affenpocken”. Die Haut ist ein guter Indikator dafür, ob ein Körper gesund ist oder nicht. Beunruhigend ist auch die Annahme, dass Geimpfte möglicherweise Spike-Proteine ausscheiden und damit andere Menschen anstecken. Über “Shedding” und die Rolle der Haut sprechen wir im Interview mit dem Dermatologen Dr. Gunther Schwarz.

Weiterlesen via Ibiza Kurier.

Was ist links, was ist rechts? Von Klaus G. Singer

In der Diskussion und Analyse der politischen Wirklichkeit geraten die Fronten immer mehr durcheinander. Ob das Absicht ist oder nicht? Bei dem einen mag es Fährlässigkeit sein, Unkenntnis auch, aber bei vielen scheint Absicht vorzuliegen. So bezeichnen etwa die Quantitätsmedien alles als „rechts“, was der Regierungslinie zuwider läuft.

Da wird auch schon mal eine Politik als links bezeichnet, welche die Begünstigung selbst kleinster religiöser, ethnischer oder sexueller Minderheiten wichtiger nimmt als die soziale Frage. Keine Ahnung, was daran links ist. Oder Harbeck wird als „Kommunist“ betitelt, die Innenministerin Faeser sei linksradikal. Auch von links-grüner Politik unter Merkel ist die Rede. Manchmal werden neue „politische“ Farben erfunden, Politiker sind dann lila, was immer das auch bedeuten mag.

Weiterlesen auf TimePatternAnalysis.

Hinweis: Verlinkte Beiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

„Materialermüdung“. Roman von Dietrich Brüggemann – Rezension

Um mich des Titels eines von Hildgard Knef gesungenen Songtextes zu bedienen: Von nun an geht’s bergab. Die Vertreibung von Jacob und Maya aus dem Garten von Jacobs Vater ist „der Anfang vom Ende“, heißt es im Ankündigungstext zum großartigen Debütroman „Materialermüdung“ von Dietrich Brüggemann, „ – vom Ende ihrer Beziehung, aber auch vom Ende der Welt“. Schon der Blick auf das Cover des Buches – kippender Berliner Fernsehturm, dessen Kuppel und Antennenspitze abgebrochen sind und herumfliegende Einzelteile – lassen das Schlimmste befürchten.

Geplante Obsoleszenz

Wer mit offenen Augen und auf Empfang gestellten Ohren durchs Leben geht, wird bereits gemerkt haben, dass etwas nicht stimmt mit uns, mit unserer Welt, mit unseren Gesellschaften. Um es mit Nietzsche zu sagen: Wir blicken schon einige Zeit in den Abgrund. Und der Abgrund blickt längst in uns zurück. Merken wir eigentlich nichts? Die Ausgangsidee zu diesem Roman ist geradezu genial zu nennen.

Mit dem Satz „Ich weiss gar nicht ob sie’s wussten“, pflegte der Kabarettist Rüdiger Hoffmann immer seine Nummern zu beginnen. Ich übernehme das einmal und schreibe: Ich weiss gar nicht ob sie’s wussten, dass geplante Obsoleszenz schon lange zu einer m.E. verachtenswerten Praxis geworden ist. Obsoleszenz bedeutet laut Definition etwas sperrig „die [in seiner Herstellung, seinen Materialien und Ähnlichem angelegte] Alterung eines Produktes, das dadurch veraltet oder unbrauchbar wird“.

Durch die Untiefen eines Lebens

Weiter schreibt der Verlag: „Gemeinsam mit ihrem Freund Moses navigieren sie (Jacob und Maya; C.S.) einen Herbst lang durch die Untiefen eines Lebens zwischen Kulturszene, Social Media, künstlicher Intelligenz und postmoderner Ellbogengesellschaft. Doch spätestens, als Moses sich auf Twitter anmeldet, um dort seine verschollene Schwester zu suchen, wird deutlich, dass das Leben der drei Freunde sich mehr verändern wird, als sie es ahnen. Denn die geplante Obsoleszenz, aufgrund derer heute jedes Gerät nach vier Jahren den Geist aufgibt, hat schleichend die ganze Welt befallen, und eine große Materialermüdung breitet sich aus. Also kämpfen die drei in einer zerfallenden Welt um das, was ihnen wichtig ist: Ihre Freundschaft, ihre Familien, ihre Liebe – und die Menschheit, die sich stets Geschichten vom eigenen Untergang erzählt und sich darin immer wieder neu erfindet.“

Ein Roman, der in diese fürchterliche Zeit passt

„Materialermüdung“ ist – wie ich zumindest finde – ein Roman, der in diese fürchterliche Zeit passt, in welcher wir leben. Wie die Faust aufs Auge. In welche wir bereits lange schon geführt werden und immer noch einen Tacken mehr die Welt verschlimmernd weiter abwärts schlittern. Es erscheint einen beinahe wie eine Sucht, endlich ans Ende zu kommen, indem wir volles Rohr, ohne Rücksicht auf Verluste mit Karacho auf eine dicke Betonmauer zurasen. Derzeit macht unsere Bundesregierung in Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine alles noch schlimmer: sie runiniert die eigene Bevölkerung und die Wirtschaft dazu. Statt Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, wie es der Amtseid, der offenbar niemanden juckt, vorschreibt; ein Verstoß gegen ihn aber wohl nicht einmal geahndet werden wird. Es riecht inzwischen ziemlich streng nach „1914“. Damals war man ja – wie der australische Historiker Christopher Clark meinte – in den Ersten Weltkrieg geschlafwandelt.

Dietrich Brüggemann hat seinen Roman ohne Wissen von der Verschlimmerung der Weltsituation geschrieben – vor dem Ukraine-Krieg also. Allenfalls die Corona-Krise und der Umgang damit haben ihn gewiss stark beschäftigt – wie wir durch #allesdichtmachen-Video-Aktion, wo er Regie führte – wissen. (Hier zur Erinnerung.)

Dieser Roman ist genial. Wie genau und überzeugend die Roman auftretenden Personen gezeichnet sind, wie exakt der jeweilige Zeitgeist – der der Eltern der der drei Protagonisten, die in unseren Zeiten freilich ganz anders denken und leben – getroffen ist! Die Konflikte die daraus entstehen, sind überzeugend herausgearbeitet. Nicht selten muss man schmunzeln und sogar oft lauthals lachen. Was für Dialoge! Witzig und auch mal frech – bestens unterhaltend allemal. Und dennoch tiefgründig und hinterfragend. Da ist man als Leser von vornherein gefangen. Keine Angst vor 480 Buchseiten! Das liest sich mit großer Begeisterung weg – mit großem Gewinn.

Brüggemann kam beim Schreiben ohne Zweifel seine Erfahrung als Filmemacher zu pass. Die präzise Personenzeichnung, die stimmigen Schilderungen der jeweilige Szenen bis ins Detail. Da kommt einem als Leser gleich der Wunsch in den Sinn, diesen Roman verfilmt zu sehen. Gleichwohl wir wissen, dass in den seltensten Fällen der Film an den Roman herankommt. Aber, weiß man’s?

„Materialermüdung“ – Welch treffender Titel!

„Materialermüdung“ – welch Titel! Kurz. Knackig. Treffend. Wikipedia weiß: „Materialermüdung beschreibt einen langsam voranschreitenden Schädigungsprozess in einem Werkstoff unter Umgebungseinflüssen wie wechselnder mechanischer Belastung, wechselnder Temperatur, UV-Strahlung, ionisierender Strahlung, eventuell unter zusätzlicher Einwirkung eines korrosiven Mediums.

Materialermüdung bedeutet, dass auch eine statisch unkritische Belastung (noch im elastischen Bereich, also noch unterhalb der Streckgrenze des Werkstoffs) zu einer Funktionsuntüchtigkeit (Ermüdungsrissbildung) oder auch zum Totalausfall (Ermüdungsbruch) eines Bauteils führen kann, wenn sie oft genug auf das Bauteil einwirkt.

Zyklisch belastete Teile haben daher prinzipiell eine begrenzte Lebensdauer. Deshalb muss man an kritischen Bauteilen vor dem Einsatz eine Lebensdauerbewertung, -berechnung oder Versuche durchführen, die eine Abschätzung der Haltbarkeit des Bauteils zulassen. Bauteile, die theoretisch unbegrenzt viele Zyklen ertragen (weil sie aus bestimmten, dafür geeigneten Werkstoffen bestehen), bezeichnet man als dauerfest.

Einfaches Beispiel: Die Halterung eines Kugelschreibers kann mehrmals elastisch hin- und hergebogen werden. Mit der Anzahl der Biegevorgänge nimmt allerdings die Wahrscheinlichkeit eines Bruches zu. Die Redewendung „Steter Tropfen höhlt den Stein“ oder das philosophische Gesetz vom „Umschlagen quantitativer Veränderungen in qualitative“ beschreibt dieses Phänomen.

Die genaue Betrachtung des Bruchbildes eines Bauteils zeigt, ob ein Gewalt- oder ein Ermüdungsbruch vorliegt. Daraus müssen Schlussfolgerungen gezogen werden, um das Bauteilversagen in Zukunft zu vermeiden.[1][2] Quelle: Wikipedia

Zerfallserscheinungen

Maya, die für das Kollektiv Impenetranza#62C an einem Theatertext arbeitet, schreibt: „Liebe Menschheit, ihr baut Scheiße. Ich habe euch eine Welt zur Verfügung gestellt, in der alles sich immer wieder regeneriert, sofern es nicht sowieso für die Ewigkeit gemacht ist, zum Beispiel Steine und Wasser und der Mond. Da hättet ihr euch ja mal ein Beispiel nehmen können. Aber nö. Ihr baut lauter Sachen, die nach ein paar Jahren kaputtgehen und dann bis zum jüngsten Tag als Müll herumliegen, und dann muss man sich neue Sachen kaufen und so weiter. Wiss ihr was, ich mach das jetzt auch. Eure Welt geht jetzt kaputt. Reparieren geht nicht, ätsch, kauft euch doch einfach eine neue von eurem ganzen Geld, Ihr könnt mich mal. Tschüs.“ (S.233)

Zuvor hatte Maya im Internet den Nachrichtenartikel mit der Überschrift „Zerfallserscheinungen“ gelesen: „Immer mehr Dinge zerbrechen ohne ersichtliche Gründe. Forscher und Ingenieure rätseln über die Gründe.“ (S.232)

Noch etwas davor hatte Maya eine Kolumne gelesen, worin von einer in Bremen aus den Schienen gesprungenen Straßenbahn die Rede gewesen war, welche einstweilen nicht repariert werde (S.231), „da das dazu benötigte Spezialwerkzeug beim Reparaturversuch seinerseits selbst zu Bruch gegangen ist, und damit nicht genug, auch die beschädigte Schiene unrepariert (bliebe), weil der einzige Ingenieur, der bei den Bremer Straßenbahnbetrieben dazu in der Lage wäre. mit Bandscheibenvorfall drei Wochen krankgeschrieben ist.“ (…)

Wenn das kein treffendes Bild vom äußerst bedenklichen Zustands unserer Gesellschaft ist – ihrem schleichenden Zerfallsprozess!

Es wird noch auf Rio Reiser (nach dem nebenbei bemerkt jetzt eine Straße in Berlin benannt worden ist) rekurriert: „Macht kaputt, was euch kaputtmacht“.

An keiner Stelle langweilig

Brüggemanns Romanerstling ist flott und humorvoll geschrieben und wird an keiner Stelle langweilig. Die Figuren sind prägnant ausgearbeitet sowie überzeugend und glaubwürdig herübergebracht. Man glaubt solche Figuren zu kennen. Und man kennt sie auch! In den beschriebenen Milieus kennt sich der Autor offenbar gut aus. Ob bundesrepublikanische Geschichte und Lebensart der Elterngeneration der Protagonisten, deren menschliche Irrtümer im Wandel der Zeiten – das ist authentisch ge- und beschrieben. Liebesleid und Liebesschmerz und das Scheitern von Menschen werden nicht ausgeklammert. Denn so ist das Leben! All das liest sich flüssig. Einen Lesestopp zu vollziehen, fällt einen nicht leicht. So fliegen die Seiten dahin und die Handlung wird vorangetrieben.

Wie kaputt unser Leben ist – ja wie mehr oder weniger wir selbst sind – ist in Moses‘ langem Monolog eingewoben (S.130):

„Alles, was das Leben lebenswert macht, also Freundschaft, Liebe, Kunst, Gemeinsamkeit, gibt es nur noch als Simulation im Netz. Liebe passiert auf Tinder, Freundschaft auf Facebook, private Kommunnikation auf Whatsapp, politisches Debatte auf Twitter, Waren des täglichen Bedarfs auf Amazon, Unterhaltung auf Netflix, Teilhabe an der Welt auf Instagram. Das einzige, was wir noch in der echten Welt tun, ist aufs Klo gehen. Wir scheißen analog, und alles andere hat sich in Scheiße verwandelt.“ (…)

Moses weiter (S.131): „Facebook vergiftet die Freundschaft, Twitter vergiftet die Debatte, Amazon vergiftet die Waren, Netflix vergiftet den Film, Spotify vergiftet die Musik, Tinder vergiftet die Liebe, Instagram vergiftet das Essen, das du fotografierst, Und Instagram vergiftet dein Gesicht, wenn du es als Selfie fotografierst und da reinstellst. Hab ich was vergessen?“

„‚Uber“, sagte Maya. ‚Airnb‘, ergänzte Jacob. ‚Genau‘, rief Moses, ‚Airnb vergiftet die Gastfreundschaft, Uber vergiftet das Taxifahren, und alle zusammen vergiften sie die Welt. Hinter all den schönen Oberflächen lauert das Grauen!'“

Wir wissen, spüren oder ahnen das zumindest. Manche allerdings merken nichts (mehr). Und wir machen weiter so. Noch Fragen?

Auch das, was Moses auf Twitter erlebt, ist symptomatisch für unsere Zeit. Er, der sich dort den Namen @fakekanake gegeben hat – sein Profilbild eine halbierte Kokosnuss – räsoniert über Buße und Rassismus: „Im evangelischen Religionsunterricht an seiner Schule war es nie um Sünde, sondern immer nur um die Dritte Welt gegangen. Wo man im traditionellen Christentum aber seine Schuld bekennen msst, da war im traditionellen Christentum aber seine Schuld bekenn musst, da war ess beim Kampf gegen denn Rassismus vor allem wichtig, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Man führte damit zu Ende, was den Widerstandskämpfern gegen das NS-Regime nicht gelungen war, man vollendete das Werk von Sophie Scholl, das war der historische Auftrag jedes Deutschen, sofern er sich überhaupt für höhere Dinge als Fußball, Autos und Bier interessierte. Und anders als seinerzeit Sophie Scholl bekam man heute dafür jede Menge Applaus. Wenn also in der deutschen Öffentlichkeit jemand äußerte, das als rechts verstanden werden konnte, dann wurde er von einem Mob aus tausenden Möchtegern-Sophie-Scholls gesteinigt. Damit war sichergestellt, dass die Geschichte sich niemals wiederholen würde.“

Volltreffer!

Da sind harte Themen und die Probleme unserer Zeit in einem äußerst unterhaltsamen Roman mit spannender Handlung verpackt. Wo, bei wem, hat man das in letzter Zeit gelesen? Prima!

Und der Schluß? Alles im Eimer, Christina-Marie? Materialermüdung eben. Lebe wohl, fällt mir da gerade ein, singt das nicht Papageno in der „Zauberflöte“ gegen Ende?, du schnöde Welt – den Strick schon um den Hals. Da kommt …

Ach, lesen Sie den glänzenden Roman doch selbst. Es lohnt sich! Versprochen.

Dietrich Brüggemann

Materialermüdung

Seitenzahl: 480
Ausstattung: HCoSU
Artikelnummer: 9783949671036
  • Buch

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Edition W

Zum Autor

Dietrich Brüggemann, geboren 1976 in München, ist Filmemacher, Musiker und Autor. Aufgewachsen in Deutschland und Südafrika, Regiestudium an der Babelsberger Filmhochschule. Erster Spielfilm „Neun Szenen“, danach „Renn, wenn du kannst“ und „3 Zimmer Küche Bad“, der zum langlaufenden Geheimtipp wurde. Zuletzt „Nö“, der den Preis für die beste Regie beim Festival in Karlovy Vary erhielt. Regisseur vieler Musikvideos, Komponist der Musik für alle seine Filme, Gründer der Band „Theodor Shitstorm“, gemeinsam mit Desiree Klaeukens. Brüggemann lebt in Berlin.

Vor der „Impfung“ waren sie gesund. Von Andrea Drescher – Rezension

Dieses Buch ist nicht vernügungssteuerpflichtig. Aber es war dringend notwendig, dass ein solches Buch geschrieben wurde. Andrea Drescher und allen anderen, die dazu beigetragen haben, sind wir Leserinnen und Leser sehr zu Dank verpflichtet. Dieses Buch hat Menschen, die nach einer Corona-Impfung unter Nebenwirkungen leiden, welche möglicherweise auf die Impfung zurückgehen, eine Stimme gegeben. Und anderen, die darin nicht vorkommen, macht es gewiss Mut. Und gibt ihnen Hilfen an der Hand, an wen oder welche Institutionen sie sich in ihrem Leid wenden können.

„Im Buch kommen – leider – keine Menschen mit Impfschäden zu Wort“, macht die Autorin die Leserinnen und Leser eingangs aufmerksam und begründet das folgendermaßen: „Von einem Impfschaden darf man nur sprechen, wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfung und Nebenwirkung anhand einer medizinischen Untersuchung nachgewiesen wurde. Warum derartige Untersuchungen kaum stattfinden, ist eine Frage, die sich jeder selbst beantworten muss.“

Paranthese – Meine persönliche Erinnerung an den „Fall“ Frau G.

Die Menschen, welche gestorben sind, können im Buch freilich nur noch durch die Erzählungen der Hinterbliebenen zu Wort kommen. Da fällt mir der „Fall“ einer Bekannten ein. Sie hatte sich ursprünglich nicht gegen Corona impfen lassen wollen. Als ich nach einem Auslandsaufenthalt zurückkehrte, erfuhr ich, dass sie einen Tag vorher gestorben sei. Hernach wurde mir erzählt, sie habe zu einer Feier in der Verwandtschaft gehen wollen und die hätte verlangt, dass sie sich zuvor impfen lassen müsse. Sonst brauche sie gar nicht zu erscheinen. Die Frau hat es getan. Nach der ersten Impfung hatte sie bereits Beschwerden. Nach der zweiten Impfung sei es ihr eine Woche körperlich schlecht gegangen. Dazu habe sie an ständigem Durchfall gelitten. Als es ihr schließlich so schlecht gegangen sei, dass ihr selbst kleine Hausarbeiten unmöglich geworden waren und sie Mühe hatte, mit dem Hund Gassi zu gehen, rief sie – leider nicht sofort den Notarzt – sondern eine Freundin an, die in der Nähe wohnt. Diese Freundin ließ alles stehen und liegen und eilte der Kranken zu Hilfe – fand sie aber bereits tot auf der Couch sitzen. Der hinzugerufene Notarzt und die Polizei hätten dann die Verstorbene untersucht. Und den Leichnam letztlich zur Beerdigung freigegeben, Mich beschlich sofort der Verdacht, der Tod der Frau könnte durch die Impfungen ausgelöst worden sein. Behaupten kann und will ich das nicht, zumal mir keine medizinischen Nachweise dafür vorliegen. Bekannt war, dass die Verstorbene an verschiedenen Vorerkrankungen litt, die medikamentös behandelt werden mussten. Es drängt sich mir allerdings die Frage auf, warum der Hausarzt mit diesem Wissen offenbar kein Problem darin sah, der Frau die Corona-Impfungen zu verabreichen …

Warum dieses Buch?

„Die Idee entstand im April 2022“, erklärt Andrea Drescher. „Ich war in Nicaragua, stellte für mich – erneut – fest, dass Auswandern keine Option ist, und verzweifelte. Rückblickend auf die vergangenen beiden Jahre muss ich mir eingestehen, der ganze Aktivismus – Demonstrationen besuchen, Demonstrationen organisieren, als Redner dort Gesicht zeigen, Artikel schreiben, regional und überregional vernetzen – hat wenig bis gar nichts gebracht. »Die« machen weiter – unabhängig davon, was wir denken und sagen.

Die Zahl an Menschen, die zeitlich nach einer Impfung erkranken bzw. sterben, steigt und steigt – und keinen interessiert es. Stalin soll gesagt haben: »Ein Toter ist eine Tragödie, eine Million Tote sind eine Statistik.« Wir erreichen die Menschen durch die Zahlen nicht. Fakten sind scheinbar irrelevant bzw. werden nicht zur Kenntnis genommen. Einzelschicksale berühren die Menschen emotional, kommen aber in den »Qualitätsmedien« nicht bzw. kaum vor. Die, die sich im Netz informieren, sind mehrheitlich ungeimpft und wollen das auch bleiben, so lange sie dem Druck irgendwie standhalten können. Die anderen – wie kann man die erreichen? Was kann ich noch tun?

Die Antwort auf meine Fragen ist dieses Buch.

»Power to the Paper« – das Internet auf Papier gebracht – war das Motto von Tommy Hansen bei der Gründung von Free21 (dazu hier mehr; C.S.). Man kann die Menschen, die nicht selbst im Netz recherchieren – vielleicht – in Papierform erreichen. Und nicht über Zahlen, sondern über Emotionen. Über das, was Menschen berührt. So entstand die Idee zu diesem Buch. Am 15. 04. 2022 machte ich einen Aufruf in Facebook, dass man mich mit Betroffenen vernetzen möge, damit ich die individuellen Einzelschicksale in Interviewform vorstellen kann. Es meldeten sich einige – insbesondere auch Unterstützer – für das Buchprojekt, denen das letzte Kapitel gewidmet ist. Es fand sich ein Verlag. Nach und nach wurden die Interviews geführt. Dann stand mit dem Todestag von Tommy am 18.08. »auf einmal« der Erscheinungstermin fest. So kam »etwas« Hektik auf. Ende Mai, also deutlich vor Fertigstellung, begann der Vorverkauf und Ende Juni war die Erstauflage durch Vorbestellungen und Sponsoren finanziert.“

Alle im Buch von Betroffenen und Hinterbliebenen geschilderten Schicksale berühren einen und nicht wenige rufen darüberhinaus eine große Bestürzung beim Leser des Buches hervor. So beispielweise das Leid, dass Hilde (S.64) seit der Corona-Impfung erleiden muss.

Andrea Drescher schreibt: „Ich habe inzwischen mehrere Interviews mit Angehörigen von Menschen geführt, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung verstorben sind. Aber bis jetzt gelang es mir immer, eine gewisse professionelle Distanz aufrecht zu erhalten, das Geschehen nicht zu nah an mich heranzulassen. Bei Hilde ist das anders. Das Interview hat mich ungeheuer wütend gemacht. Sie ist 57, also eine Frau in meinem Alter. Sie hat dem Impfdruck nicht standgehalten, nicht standhalten können. Sie ist diplomierte Krankenschwester aus Leidenschaft, jetzt seit 6 Monaten krank, Ende unabsehbar. Wir brauchen Menschen wie Hilde im Krankenhaus nicht als Patienten, sondern als Schwestern. Die angekündigte Impfpflicht für medizinisches Personal lässt Böses erwarten. Denn bei Schlaganfällen, Herzinfarkten, Herzmuskelentzündungen und Krebs sind bedrohliche Zuwachsraten zu erkennen. Auch die Zahl der »plötzlich und unerwartet« Verstorbenen steigt erschreckend – besonders unter jungen gesunden Sportlern. Lt. FIFA soll sich die Zahl spontaner Toten auf dem Spielfeld verfünffacht haben. Aber ein Zusammenhang mit der Impfung wird immer noch weit von sich gewiesen. Wie bei Hilde.“

Sie gehen davon aus, dass Sie durch eine Impfung geschädigt sind?“, fragt Andrea Drescher Hilde. Und Hilde antwortet: „Ja. Es wurde mir in Ansätzen von den Ärzten bestätigt – auch wenn es bis jetzt nicht als Impfschaden dokumentiert wurde. Aber es spricht alles dafür – obwohl die Ärzte alles getan haben, eine andere Ursache festzustellen.“

Das persönliche Resümee von Andrea Drescher (S.64) im Falle Hildes: „Die Verantwortlichen, die Druck auf Hilde ausgeübt haben, haben Schuld auf sich geladen. Jeder, der meint, andere Menschen unter Druck setzen zu müssen, sollte sich im Klaren sein, welche Verantwortung er übernimmt, wenn er einen derartigen Druck ausübt. Ich hoffe, dass diese Menschen irgendwann auch zur Rechenschaft gezogen werden. Wegducken und sagen »Ich habe von all dem nichts gewusst« kann heute niemand mehr.“

„Die meisten Menschen, die mit Impf-Nebenwirkungen kämpfen, hören vom Hausarzt“ , brachte Andrea Drescher in Erfahrung“: »Nein, nein, das hat mit Impfung nichts zu tun.«

Ein noch schwach aufflackernder Hoffnungsschimmer: Nach über zwei Jahren nehmen sich endlich auch öffentlich-rechtliche Medien des Themas „Nebenwirkungen nach Covid-19-Impfung“ an. So etwa die MDR-Umschau am 2. April 2022: „Nebenwirkungen nach Covid-19-Impfung: Betroffene fühlen sich im Stich gelassen“ (hier).

Andrea Drescher fragt für ihr Buch die auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwältin Beate Bahner (S.243): Was kann man tun, wenn man einen Verdacht auf Impfschaden hat und keiner nimmt einen ernst?

Beate Bahner antowortet: „Ja, es gibt inzwischen doch schon einige Kliniken, Marburg und Rostock fallen mir ein. Dann gibt es die Pathologie in Reutlingen sowie den Pathologen Dr. Schirrmacher in Heidelberg, die sich ja durchaus trauen, etwas zu sagen. Sie erkennen an, dass der Tod unter Umständen mit der Impfung zusammenhängt und dass das keine eingebildeten Krankheiten sind. Das ist ja die neue echt perfide Unterstellung: Man bildet sich nur ein, Beschwerden zu haben.“

Dieses Buch ist ein wichtiges, denn es sagt, was ist. Es gibt teils verzweifelten Menschen eine Stimme. Und es ist auch eine Handreichung für Betroffene, welche ihnen hilft Anlaufstellen für ihren speziellen Fall und betreffs Meldungen von Impfnebenwirkungen zu finden.

Andrea Drescher über das Buch: „Es werden Handlungsmöglichkeiten für Betroffene vorgestellt. Es wird eine kurze Liste an potenziellen Nebenwirkungen präsentiert.

Die Leser sollen nach erfolgter Aufklärung bewusst entscheiden können, ob sie der medizinischen Behandlung durch eine – weitere – Impfung zustimmen oder nicht. In der Hoffnung, dass es von Menschen gelesen wird, die vor einer Impfentscheidung stehen und an einer anderen Perspektive interessiert sind.“

Andrea Drescher erklärt: „Gespräche mit Menschen, die in zeitlicher Nähe zu einer Impfung erkrankt sind, die in zeitlicher Nähe zu einer Impfung nahe Angehörige verloren haben, die in zeitlicher Nähe zu einer Impfung Freunde und Bekannte erkranken und sterben sehen, sind nicht objektiv. Natürlich schildern die Betroffenen das Geschehen aus ihrer ganz persönlichen, eben betroffenen, Perspektive. Sie schildern ihre eigene Wahrheit. Eindeutige Aussagen, ob es sich um einen Impfschaden aufgrund des jeweiligen Wirkstoffs handelt oder nicht, kann nur eine pathologische Untersuchung liefern, die für jeden einzelnen Fall Gewissheit bietet. Allerdings drängt sich mir – nach den zahlreichen Gesprächen, die ich im Rahmen dieses Buches geführt habe – der Eindruck auf, dass man seitens der Behörden und Politik nicht unbedingt daran interessiert ist, hier für Gewissheit zu sorgen. Denn in den wenigsten Fällen wurde der Schaden als Verdachtsfall durch die Ärzteschaft gemeldet oder gar als potenzieller Impfschaden anerkannt. Im Gegenteil. In erschreckend vielen Fällen werden die Betroffenen lächerlich gemacht, psychologisiert, bestenfalls deren Vorerkrankungen zu Ursachen erklärt – und sehr häufig einfach allein gelassen.“

Andrea Drescher hat von allen im Buch vorkommenden Betroffenen Erklärungen, die beweisen, dass sie mit ihnen gesprochen hat.

Sehr positiv ist hervorzuheben, dass sich Andrea Drescher gegenüber den Betroffenen und Hinterbliebenen einer sehr  einfühlsamen Interviewführung befleißigt hat. Was zweifelsohne unabdingbar ist, um eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen İnterviewten und Interviewerin herzustellen.

Und, räumt Drescher ein: „Niemand kann daher mit Sicherheit sagen, dass die Menschen wegen einer Impfung mit den Folgen zu tun haben und der zeitliche Zusammenhang von Erkrankung und Impfung kann ein Zufall sein. Auch die Tatsache, dass nahezu sämtliche Schilderungen von Nebenwirkungen auch in den Rote-Hand-Briefen und der »post marketing experience« (https://phmpt.org/pfizers-documents/) der Impfstoff-Hersteller vorkommen, kann ein Zufall sein. Dass die meisten der geschilderten Probleme, Krankheiten und Todesursachen sich in der Liste der Nebenwirkungen findet, die von mutigen Ärzten und Wissenschaftlern prognostiziert wurden, kann ebenfalls ein Zufall sein.

Für mich persönlich sind das zu viele Zufälle.

Das Buch ist kein juristisches, medizinisches oder statistisches Werk. • Es kommen Betroffene, Angehörige und Freunde bzw. Bekannte von Betroffenen mit ihren individuellen Schicksalen zu Wort. • Es kommen Anwälte und Mediziner zu Wort. • Es werden die offiziellen Informationsquellen beleuchtet.“

Die Autoren

Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt seit Jahren in Oberösterreich. Sie ist Unternehmensberaterin, Informatikerin, Selbstversorgerin, Friedensaktivistin, Schreiberling und Übersetzerin für alternative Medienprojekte sowie seit ihrer Jugend aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln überzeugte Antifaschistin. Bisher erschienen von ihr sind: »Wenn einer eine Reise tut«, »Wir sind Frieden«, das »Selbstversorgerbuch für die Küche von Oma & Co« sowie »Menschen mit Mut«.

Mag. Andrea Steindl ist Rechtsanwältin in Grieskirchen mit den Bereichen Allgemeines Zivilrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht und Strafverteidigung, Arbeitsrecht, Vertragserrichtung, Internationales Privatrecht (https://anwaltgrieskirchen.at). Seit eineinhalb Jahren ist sie Mitglied bei den »Rechtsanwälten für Grundrechte« und seit einigen Monaten Präsidentin des Vereins.

Dr. Andreas Hoppe, geboren 1970 in Berlin, ist promovierter Mathematiker, Systembiologe, zuerst im humanmedizinischen, dann im agrarwissenschaftlichen Bereich. Von Beginn der Corona-Krise an beschäftigte er sich eingehend mit den Studien und Zahlen, die als Begründungen für die zahlreichen Grundrechtseinschränkungen herhielten. Seit 2021 betätigt er sich in einem international wachsenden Netzwerk als Datenjournalist, wobei sein Spezialgebiet die Impfnebenwirkungen sind.

Edith Brötzner ist Mutter, Unternehmerin, freie Journalistin und seit Beginn 2020 im Corona-Maßnahmen-Widerstand aktiv. Sie hat http://www.oesterreichistfrei. info ins Leben gerufen, einen Verein, der zur Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung von Maßnahmenkritikern dient. Ziel von »Österreich ist Frei« ist, die Bürger daran zu erinnern, dass freies, selbstständiges und kritisches Denken erwünscht, erlaubt und aktuell mehr denn je gefordert ist.

Kristof Retezár ist Designer, Erfinder, Filmemacher und Künstler. Er ist in Patagonien, Argentinien, aufgewachsen und hat später an der Universität für Angewandte Kunst in Wien als Industriedesigner diplomiert. Heute ist er Gründer von zwei Unternehmen, Träger von zahlreichen internationalen Design-Preisen und engagiert sich ehrenamtlich für Freiheit und Selbstbestimmung in Österreich. Das Interview führte er in Zusammenarbeit mit Dr. Johanna Pötsch.

Wem Andrea Drescher dieses Buch gewidmet hat

Dieses Buch ist zwei Menschen gewidmet, denen ich danken möchte: Tommy Hansen und Prof. Dr. med. Sucharit Bhakdi.

Tommy Hansen kam 2014 auf die Idee »das Internet auszudrucken« und zog dafür von Dänemark nach Berlin. Ihm ging es darum, kritische Fragestellungen und Themen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dass hier ein großer Bedarf bestand, zeigt die Auflage des 2015 erstmals erschienen Mediums free21: Bereits im ersten Jahr fanden knapp 150.000 Exemplare unter dem Motto »Power to the Paper« großes Interesse bei den Lesern. Meine »Karriere« als freie Journalistin und Autorin begann bei free21. Tommy gab mir die Chance, dort über Dinge zu schreiben, die mir ein Anliegen sind. Er starb am 18. 08. 2018, darum erscheint dieses Buch am 18. 08. 2022.

Prof. Dr. med. Sucharit Bhakdi, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Professor em. der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, von 1990 bis 2012 Leiter des dortigen Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene und Vorsitzender des Vereins Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e. V. war einer der Ersten, der vor den gravierenden Gefahren dieser Impfung warnte. Er tut dies weiterhin unermüdlich, obwohl er angegriffen, diffamiert und – in meinen Augen – politisch verfolgt wird. Gäbe es mehr Menschen mit seiner Überzeugung, seiner Menschenliebe und seinem Mut, sähe diese Welt ganz anders aus.

Das Buch

Andrea Drescher

Vor der „Impfung“ waren sie gesund

Zur Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie nicht ihren Arzt oder Apotheker

Preis: 20,00 Euro

Verlag ars vobiscum 

Buchvorstellung „Vor der Impfung waren sie gesund“ Autorin Andrea Drescher im Gespräch mit Dr. Ronny Weikl

Quelle: rumble, tkp.at, MWGFD e.V.

Anbei: Sabiene Jahn hat mit der Autorin gesprochen

gewerkschaftsforum.de: Anmerkungen zum Aufruf des DGB zum Antikriegstag 2022

Seit 1957 wird am 1. September an die Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie an die schrecklichen Folgen von Krieg, Gewalt und Faschismus erinnert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat aus Anlass des diesjährigen Antikriegstags eine Erklärung unter dem Motto: „Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen!“ herausgebracht.

Wer sich davon jedoch eine klare Abgrenzung von der derzeitigen deutschen Wirtschafts-, Finanz,- Kriegs,- und Außenpolitik erhofft, wird enttäuscht.

Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag am 1. September 2022 – Für den Frieden! Gegen einen neuen Rüstungswettlauf! Die Waffen müssen endlich schweigen!

Nie wieder Krieg!“ – das ist und bleibt die Grundüberzeugung des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Jeder Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit und die Menschlichkeit. Aus dieser Überzeugung unterstützen wir die Friedensbewegung mit unserer gewerkschaftlichen Kraft.

Mit dem verbrecherischen Überfall der russischen Armee auf die Ukraine ist der Krieg zurück in Europa. Im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika und anderswo wüten weiterhin, teilweise seit Jahrzehnten, Kriege und Bürgerkriege. Tod, Zerstörung und Flucht – so lautet ihre fürchterliche Bilanz. Die Waffen müssen endlich schweigen – überall auf der Welt!

Russlands autokratisches Regime verfolgt eine brutale Politik der militärischen Konfrontation und Eskalation. Sein verbrecherischer Krieg zielt auf die Vernichtung der Ukraine ab. Selbst den Einsatz nuklearer Waffen schließt die russische Führung nicht aus. Die europäische und internationale Friedens- und Sicherheitsordnung liegt in Trümmern. Diese tiefe Zäsur zwingt uns, neue Antworten zu finden.

Die deutsche Bundesregierung hat darauf mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert, um die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit unseres Landes im Rahmen der NATO und der EU zu stärken. In den letzten Monaten haben Themen, wie das Sondervermögen für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr oder die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, die öffentliche und politische Auseinandersetzung geprägt. Diese breite und offene Debatte ist notwendig. Sie hat sich aber immer stärker auf den Einsatz militärischer Mittel der Friedenssicherung verengt.

Mit unseren Aktionen und Kundgebungen am diesjährigen Antikriegstag warnen wir vor einer weiteren Militarisierung der Debatte. Der Ukraine-Krieg darf uns nicht zu dem Irrglauben verleiten, Frieden ließe sich mit Waffen schaffen. Hinzu kommt, dass jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, an anderer Stelle zu fehlen droht. Die Finanzierung militärischer Friedenssicherung darf weder auf Kosten der Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates gehen und die soziale Ungleichheit in unserem Lande verschärfen. Noch darf sie dazu führen, dass die dringenden Zukunftsinvestitionen in die sozial-ökologische Transformation ausbleiben.

Deshalb wollen wir ein Zeichen setzen:

  • für eine europäische und internationale Friedensordnung, die auf den Menschenrechten und den Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit beruht. Die Bundesregierung fordern wir auf, ihren im Koalitionsvertrag formulierten Anspruch einer wertebasierten deutschen Außenpolitik konsequent umzusetzen.
  • für eine kooperativ ausgerichtete Sicherheitspolitik, die weit über militärische Friedenssicherung hinausgeht. Auch der nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung muss ein breites Sicherheitsverständnis zugrunde liegen, das zentrale Aspekte, wie die Bewältigung der Folgen des Klimawandels, die Bekämpfung von Pandemien, die Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung und den Aufbau widerstandsfähiger internationaler Liefer- und Wertschöpfungsketten, umfasst. Gleichzeitig fordern wir, zivile Instrumente der Diplomatie, der Entwicklungszusammenarbeit und einer fairen Handelspolitik, der humanitären Hilfe und der Konfliktprävention, im Rahmen der neuen Strategie deutlich aufzuwerten.
  • gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf. Gerade der Ukraine-Krieg zeigt, wie wichtig es ist, am Ziel einer weltweit kontrollierten Abrüstung festzuhalten. Die Festlegung der Bundesregierung, den deutschen Rüstungshaushalt dauerhaft auf das Zwei-Prozent-Ziel der NATO oder darüber hinaus aufzustocken, lehnen wir auch deshalb entschieden ab. Außerdem fordern wir die Bundesregierung auf, mit dem angekündigten Rüstungsexportkontrollgesetz umgehend für eine deutliche Beschränkung von Waffenexporten zu sorgen.
  • für eine weltweite Ächtung von Atomwaffen. Alle Nuklearmächte modernisieren derzeit ihre Atomwaffenarsenale. Dieser Wahnsinn muss beendet werden! Dabei sehen wir auch die Bundesregierung in der Pflicht: Wir fordern sie auf, an dem im Koalitionsvertrag formulierten Ziel eines atomwaffenfreien Deutschlands festzuhalten, aus der nuklearen Teilhabe auszusteigen und die Lagerung von Atomwaffen in unserem Land zu beenden. Das bedeutet für uns auch, dass Deutschland dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten muss.

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Anmerkungen zum Aufruf des DGB zum Antikriegstag 2022

Der DGB als Dachverband der Gewerkschaften in Deutschland war über Jahrzehnte ein einflussreicher Akteur und eine wichtige Stimme in der bundesdeutschen Friedensbewegung. Heute steht der DGB bei vielen Mitgliedern in der Kritik, weil er sich eher als Partner der Konzerne und Unternehmen versteht, es unterlässt, den bürgerlichen Staat grundlegend zu kritisieren und nicht als Kampforganisation der Beschäftigten angesehen wird.

Im Sinne einer Partnerschaft ist auch die zentrale Erklärung zum Antikriegstag 2022 am 1. September gehalten:

Der Deutsche Gewerkschaftsbund

  • versucht sich als eine fortschrittliche Kraft zu inszenieren, die „vor einer weiteren Militarisierung der Debatte“ warnen will.
  • ruft aber zu konkreten Aktionen am 1. September diesen Jahres gar nicht erst auf.
  • benennt nicht, warum es in diesem Wirtschaftssystem immer wieder zu Kriegen kommt.
  • lobt die Bundesregierung praktisch dafür, weil sie bemüht ist „die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit unseres Landes im Rahmen der NATO und der EU zu stärken “ und spricht sich zwar „gegen einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf “ aus, doch fallen keine kritischen Worte zum milliardenschweren „Sondervermögen für die bessere Ausrüstung der Bundeswehr“.
  • verneint dann auch selbst den Irrglauben, „Friede ließe sich mit Waffen schaffen“, doch fragt nicht, was die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sonst sein sollen, als vorgeblich Frieden mit Waffen zu schaffen.
  • versucht sein pazifistisches Antlitz zu wahren, weil er weiß, dass die kategorische Ablehnung des Krieges vielen Mitgliedern tief im Herzen liegt und er sieht sich gleichzeitig in seinen Leitungsgremien offenbar gezwungen, die deutsche Aufrüstungs- und Eskalationspolitik mitzutragen.
  • meint vorgeblich und oberflächig, weil „die europäische und internationale Friedens- und Sicherheitsordnung in Trümmern liegt, zwingt uns diese tiefe Zäsur, neue Antworten zu finden“. Er lobt: „Die deutsche Bundesregierung hat darauf mit einer Reihe von Maßnahmen reagiert, um die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit unseres Landes im Rahmen der NATO und der EU zu stärken“. Der DGB spricht sich für diese „notwendige breite und offene Debatte“ aus, die sich „aber immer stärker auf den Einsatz militärischer Mittel der Friedenssicherung verengt hat“.
  • fordert die Bundesregierung auf, „ihren im Koalitionsvertrag formulierten Anspruch einer wertebasierten deutschen Außenpolitik konsequent umzusetzen“ und plappert unreflektiert die Sätze der ‚werteorientierten‘ Außenpolitik nach. Eine solche Politik, die nichts anderes als unsere Werte und Interessen meint, trägt zwangsläufig zwei unlösbare Probleme in sich: Einmal ist sie widersprüchlich und zum anderen unfähig zu einem  derzeit äußerst wichtigen Dialog.
  • wandelt im aktuellen Aufruf das „Nie wieder Krieg“ kategorisch zu: „Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit und Menschlichkeit“, weil der Aufruf sich ja schließlich gegen Russland und dessen „brutale Politik der militärischen Konfrontation und Eskalation“ richtet.
  • erwähnt nicht namentlich die anderen Kriege, wie bspw. den türkischen völkerrechtswidrigen Angriff auf Kurdengebiete in Syrien oder den brutalen Krieg im Jemen.
  • verschweigt, dass die USA und NATO alle wiederholten Bemühungen Russlands zur friedlichen Beilegung des Konflikts ausgeschlagen haben. Er erwähnt nicht, dass sie es bis zuletzt nicht für nötig gehalten haben, Russland eine ernsthafte Antwort zu geben auf dessen Vertragsentwurf, mit rechtsverbindlichen gegenseitigen Garantien und auf der Grundlage der gleichen und unteilbaren Sicherheit die weitere Eskalation zu beenden.
  • erklärt, dass die nun entstandene „tiefe Zäsur“ „uns“ zwinge, „neue Antworten zu finden“. Er hat auch Verständnis für eine „Reihe von Maßnahmen“ der Bundesregierung, die der Stärkung der „Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit unseres Landes im Rahmen der NATO und der EU“ dienen und möchte nur, dass die militärische Friedenssicherung nicht auf Kosten der „Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates“ und der „sozial-ökologischen Transformation“ geht.
  • sagt dagegen nichts zu den Zusammenhängen von Krieg, Teuerungen und der wirtschaftlichen Lage. Kaum ein Wort zur Inflation, steigenden Mieten, explodierenden Energiepreisen, wie sich der (Wirtschafts-)Krieg mit Russland auf den Lebensstandard der Beschäftigten in diesem Land auswirkt und was der DGB  dagegen zu tun gedenkt.
  • schließt die Augen vor der Lage, die selbst Olaf Scholz als „sozialen Sprengstoff“ bezeichnete und lässt die konkrete Lebenssituation der beschäftigten und erwerbslosen Menschen völlig unerwähnt

und

unterstützt eine Regierungspolitik mit ihren Sanktionsmaßnahmen und ihrem anti-Russland-Wahn, die den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch des eigenen Landes riskiert mit dem Ziel, „Russland zu ruinieren“ (Zitat Außenministerin Baerbock).

Der Aufruf zum internationalen Antikriegstag steht insgesamt betrachtet in seiner langen,  oft widersprüchlichen Tradition, bei der die aktive Beteiligung der Mitglieder an den halbherzigen Friedensaktionen seit Jahren rückläufig ist.

Weiter zeigt die Erklärung des DGB auf, dass von den Gewerkschaften bei einer weiteren Eskalation der Lage kaum konstruktives, widerständiges, diplomatisches und deeskalierendes Handeln zu erwarten ist.

Für die konkreten Anlässe auf die Straße zu gehen, aktiv in den Produktions- wie auch in den Reproduktionsbereich einzugreifen braucht es keinen 1. September.

Auch andere Tage bieten sich an, gegen Militarisierung, Aufrüstung und Krieg aktiv zu werden, um beispielweise die Rüstungsfabrikation zu sabotieren, deren Transporte und Lieferketten zu stören, die Produktion durch Besetzungen, Blockaden, Bummeln und Krankfeiern zu drosseln. Die Freizeit nutzen, um gemeinsam mit anderen Menschen sich in der sozialen Verteidigung zu üben, Flüchtlingen und Deserteuren sicheren Aufenthalt und gute Verstecke zu gewähren. Kreative Lösungen für die lebensnotwendige Warenbeschaffung, gegen stetige Preissteigerung, für eine ausreichende und günstige Energiezufuhr zu entwickeln und Verbrauchsmessungen verbraucherfreundlich zu manipulieren. Eine Vermögensumverteilung zu organisieren und dabei die internationale Solidarität nicht zu vergessen.

Für all das braucht es keinen 1. September und keinen Aufruf des DGB zum Antikriegstag!

Quelle: gewerkschaftsforum.de

Hinweis:

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Beitragsbild: C. Stille

Dortmunder Polizei mit „schwerem Kriegsgerät“ gegen Jugendlichen mit Messer. Der 16-jährige Senegalese verstarb trotz Not-OP

Eine traurige Nachricht erschütterte dieser Tag die Ruhrgebietsmetropole Dortmund. Betreuerinnen einer Sozialeinrichtung hatten die Polizei alarmiert, weil ein Jugendlicher mit einem Messer hantierte. Die Nachricht machte über die Dortmund hinaus reichlich Schlagzeilen. Die mit 11 Beamten angerückte Polizei setzte den 16-jährigen Senegalesen mit 5 (!) MP-Schüssen außer Gefecht. Er verstarb trotz Notoperaration im Krankenhaus.

Elf (!) Beamte sollen nicht in der Lage gewesen sein, den Jugendlichen zu entwaffnen? Nötigenfalls mit einem Schuss ins Bein? Die Bodycams der Polizisten sollen nicht eingeschaltet gewesen sein. Da stellen sich einige ernste Fragen. Denn in Deutschland ist das längst kein Einzelfall.

Maschinenpistolenschüsse auf Kopf und Bauch

„Wiederum nur einen Tag später, am 8. August, erschossen Polizeikräfte in Dortmund einen 16-jährigen Flüchtling aus dem Senegal mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole vom Typ MP5. Laut Darstellung der Polizei habe der Jugendliche die Beamten mit einem Messer bedroht.

Dem Obduktionsbericht zufolge haben zwei Projektile aus der Maschinenpistole die Schulter getroffen, jeweils ein weiteres den Bauch, das Gesicht in Höhe des Jochbeins sowie ein weiterer Schuss den Unterarm. Der schwerverletzte 16-Jährige starb kurz darauf trotz Notoperation. Vor dem Schusswaffengebrauch habe die Polizei erfolglos Reizgas und ein Elektroschockgerät eingesetzt.

Nach Angaben des zuständigen Oberstaatsanwalts Carsten Domberg sei es zu dem Vorfall nachmittags in einem Innenhof zwischen der Sankt-Antonius-Kirche und einer Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt gekommen, in der der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland eingereiste Senegalese betreut worden war. Ein Anwohner hätte die Polizei gerufen, da er ein Messer bei dem Jugendlichen gesehen habe. Inwieweit der Jugendliche, der laut Staatsanwaltschaft keinerlei Deutsch sprach, mit dem Messer mit einer Klingenlänge von 15 bis 20 Zentimetern den 11 herbeigeeilten Polizisten gedroht habe, müssten die weiteren Ermittlungen ergeben. Warum es überhaupt zu der Eskalation und dem Todesfall kommen konnte, soll laut Staatsanwaltschaft Schwerpunkt der Ermittlungen sein. Mit diesen wurde aus „Neutralitätsgründen“ die Polizei aus dem nahen Recklinghausen betraut. Oberstaatsanwalt Dombert erklärte zudem zur Einordnung der Rechtslage:

“Man darf jede Waffe einsetzen, um sich gegen einen rechtswidrigen Angriff zu erwehren”, aber nur weil jemand ein Messer in der Hand hält, darf niemand auf ihn schießen.”“

Quelle: Aus einem Beitrag von Florian Warweg (NachDenkSeiten)

„Warum“, fragt Paulina Bermudez in ihrem Nordstadtblogger-Beitrag, „neben Pfefferspray und Tasern der Einsatz einer Schusswaffe notwendig war, ist Teil der Ermittlungen. Weshalb die Polizei „mit so schwerem Kriegsgerät“ im Einsatz war, wie Oberstaatsanwalt Carsten Dombert die eingesetzte Maschinenpistole im Gespräch mit Nordstadtblogger nannte, soll ebenfalls geklärt werden. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Beamten wegen eines Anfangsverdachts wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge.“

Proteste gegen Polizeigewalt in Dortmund

Derweil gab es in der Dortmunder Nordstadt wegen des Vorfalls zu Straßenprotesten. Auch vor der Wache, von welcher die bei dem Vorfall eingesetzen Beamten stammen. „Neben einer Schweigeminute prägten in erster Linie Erfahrungsberichte von polizeilichen Übergriffen und alltäglichem Rassismus auf „People of Colour“ (PoC) die Veranstaltung. Mehr als zwanzig Redebeiträge machten eines deutlich: Neben Trauer bestimmen Angst vor und Wut auf die Polizei den Alltag vieler Menschen mit sichtbarem Migrationshintergund.

So berichtet eine Rednerin von einem schockierenden Vorfall. Sie begleite einen Freund, der „PoC“ ist, nach einer körperlichen Auseinandersetzung in die Notaufnahme des Klinikum-Nord. Die behandelnde Ärztin frage ihn umgehend: „Kommen Sie aus der Wache Nord?“ Als der junge Mann verwirrt verneinte, entgegnete sie: „Dann sähen Sie auch ganz anders aus.“

Die Redebeiträge kritisierten immer wieder die Institution Polizei: „Wir brauchen eine unabhängige Kontrollinstanz“, betont ein Redner.“ Quelle: Nordstadtblogger-Beitrag

Beitragsbild: C. Stille, Archiv

Friedensökologischer Appell

Die in viele massive Völkerrechtsbrüche seit dem Ende des Kalten Krieges verwickelten Nato-Staaten beantworten den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit einem Wirtschaftskrieg aus vielen Einzelmaßnahmen wie Sanktionen, Embargos und Extrazöllen.

Ihr Bestreben, Russland zu ruinieren – so die Außenministerin Baerbock nach Kriegsausbruch führt zu sozialen Verwerfungen in Europa und weltweit, die der Bevölkerung zusetzen: Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, beschleunigte Verbreitung von Armut, vor allem auch im globalen Süden durch Inflation, Lieferkettenunterbrechungen, Exportstopp für Düngemittel usw. . Die Verbreitung von Armut nimmt dramatische Form an.

Zwangsräumungen, Stromabschaltungen und die Gefahr einer irreversiblen Schädigung der Binnenwirtschaft unseres Staates sowie der internationalen Handelsbeziehungen mit der Folge grassierender Massenarbeitslosigkeit – all das belastet die Bevölkerung. Die Militarisierung der Politik geht zu Lasten der Sozialpolitik, des Umweltschutzes und generell der Daseinsvorsorge. Die Reduktion von Öl- und Gaslieferungen aus Russland steigert unsere Abhängigkeit von kriegführenden und Menschenrechte verletzenden Staaten, am Golf und vor allem von den USA. Die gesteigerte Abhängigkeit vom US-Flüssiggas führt zu immer weiteren globalen Umwelt- und Kostenbelastungen, Katastrophen und Krisen.

Sollte Nord Stream 1 versiegen, ist das von der US-Administration bekämpfte Nord Stream 2 betriebsbereit, durch das später auch grüner Wasserstoff fließen kann.

Die Lieferung von immer mehr und schweren Waffen in die Ukraine kostet noch mehr Menschenleben und steigert das Risiko, das von den 15 Atomreaktoren in der Ukraine ausgeht: Ihre Sicherheit hängt von einer zuverlässig ununterbrochenen Kühlung – also von einer sicheren Versorgung mit Wasser ab. Dafür bedarf es eines stabilen Stromnetzes. Grundsätzlich sind Kriege abzulehnen, erst recht dort wo AKWs stehen. In der Ukraine steht Europas leistungsstärkstes AKW, seine Havarie wäre für ganz Europa verheerend. Die gegenwärtigen Kriege bergen neben dem Leid, das sie verursachen, das Potential in sich, in einem nuklearen Inferno zu münden. Der einzige zu verantwortende Ausweg aus dieser Gefahrenlage ist der der Diplomatie.

Wir fordern

  • das Ende des Wirtschaftskrieges, der Hochrüstung und des Zustroms von immer mehr Waffen in Kriegsgebiete;
  • den Aufbau der vom Vertrag zur Deutschen Einheit und von der Charta von Paris geforderten zukunftsfähigen Friedensordnung, die die Sicherheits-interessen eines jeden, also auch die Russlands und der Ukraine gleichermaßen respektiert, die weltweit mit den gleichen menschenrechtlichen Standards soziale und ökologische Nachhaltigkeit fördert.

DIE ZUKUNFT DER MENSCHHEIT KANN ES NUR IN FRIEDEN GEBEN.

ErstunterzeichnerInnen:

Prof. Dr. Georg Auernheimer, Gunhild Berdal, Eva Böller, Inge Höger, Christiane Reymann, Ulla Jelpke,  Anne Rieger, Hartmut Drewes, Wolfgang Gehrcke, Lühr Henken, Jürgen Karbe, Joachim Guilliard, Jutta Kausch-Henken, Prof. Dr. Karin Kulow, Stefan Kytzia Dr. Ulrich Kypke, Ekkehard Lentz, Pascal Luig, Lore und Bernd Meimberg,  Dr. Christof Ostheimer, Karl-Heinz Peil, Werner Rügemer, Prof. Dr. Werner Ruf, Jochen Scholz, Bernhard Trautvetter

Quelle: Friedensratschlag

Respektable Leute auf schwarzer Liste des ukrainischen Zentrums für Desinformationsbekämpfung. Auch der Autor Dr. Wolfgang Bittner gilt da als „Informationsterrorist“, der sich als „Kriegsverbrecher“ verantworten müsse

Heftiges Kopfschütteln und eine darob aufkommende ehrliche Empörung ist noch immer zu wenig, wenn man von dergleichen Kenntnis erhält. Am gestrigen Abend erreichte mich ein Anruf des Schriftstellers, Autors und Publizisten Dr. Wolfgang Bittner, von dem ich in der Vergangenheit einige Bücher rezensiert hatte (z. B. „Der neue West-Ost-Konflikt“). Die aufschreckende Information, welche ich von ihm erhielt, formulierte er auch schriftlich und sendete sie u.a. auch an Medien. Sie erschien u.a. in der „Sicht vom Hochblauen“:

Liebe Freundinnen und Freunde,

wie ich vor Kurzem erfuhr, stehe ich auf einer schwarzen Liste des ukrainischen Zentrums zur Desinformationsbekämpfung (CCD) mit etwa hundert weiteren Personen.

Scott Ritter, ehemaliger Geheimdienstoffizier des Marine Corps und UN-Waffeninspektor, der ebenfalls auf der CCD-Liste steht, schrieb dazu einen offenen Brief an seine Kongressabgeordneten (die US-Senatoren Chuck Schumer und Kirsten Gillibrand sowie den Kongressabgeordneten Paul Tonko), worin er sie auffordert, „die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die vom US-Kongress bewilligten Mittel nicht zur Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung verwendet werden, das den Bürgern der Vereinigten Staaten, einschließlich mir, durch den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung zusteht.“ Ritter merkt an, dass alle drei Abgeordneten eine Resolution unterstützt haben, um Mittel für die ukrainische Regierung und ihr Zentrum zur Desinformationsbekämpfung bereitzustellen, das ihn ins Visier genommen hat.

Ritter schreibt: „Als Bürger meines Wahlkreises, dessen Name auf einer vom ukrainischen Zentrum für Desinformationsbekämpfung veröffentlichten sogenannten ‘schwarzen Liste’ steht, wurde und wird mein persönliches und berufliches Leben nachteilig beeinflusst durch die abschreckende Wirkung, als ‘russischer Propagandist’ bezeichnet zu werden, nur weil ich das von der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen habe. Darüber hinaus hat die Ukraine in der Vergangenheit ,schwarze Listen’ dieser Art in ,Abschusslisten’ umgewandelt, auf denen diejenigen, die sich gegen die Politik der ukrainischen Regierung aussprechen, ermordet oder mit Gewalt bedroht werden. Ich bin mir sicher, dass Sie mit mir darin übereinstimmen, dass der Kongress nicht die Befugnis haben darf, durch sein Handeln ausländischen Regierungen die Mittel an die Hand zu geben, um Bürger der Vereinigten Staaten davon abzuhalten, ihre verfassungsmäßig geschützten Rechte auf freie Meinungsäußerung wahrzunehmen.“

Der Leiter des ukrainischen Zentrums zur Desinformationsbekämpfung, Andriy Shapovalov, soll in einer Rede vor einem Runden Tisch über Desinformationsbekämpfung die Personen auf der Liste als „Informationsterroristen“ bezeichnet haben, und dass „Informationsterroristen wissen sollten, dass sie sich vor dem Gesetz als Kriegsverbrecher verantworten müssen.“ Der Runde Tisch wurde zum Teil von der U.S. Civilian Research and Development Foundation mit Unterstützung des US-Außenministeriums organisiert.

Liebe Freundinnen und Freunde, das ist ein gravierender Angriff nicht nur auf mich und meine Arbeit, es ist ein neuer Höhepunkt der Einschüchterung und in diesem Fall auch einer physischen Bedrohung Andersdenkender und Oppositioneller, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch genommen haben. Die Bundesregierung wird wohl kaum etwas dagegen unternehmen. Ich bin erst einmal ratlos und möchte über diesen unerhörten Vorgang informieren.

Mit besten Grüßen

Wolfgang Bittner

Auf der ukrainischen schwarzen Liste stehen außer Wolfgang Bittner u.a.:

John J. Mearsheimer

Ray McGovern

Richard Black

Rolf Mützenich

Helga Zepp-LaRouche

Alice Schwarzer

Scott Ritter

Jacques Baud

Jay Naidoo

Douglas Macgregor

Leonardo Tricarico

Johannes Varwick

Prof. Christian Hacke

Jaques Baud

Tulsi Gabbard

Glen Greenwald

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Solidaritätsbekundung

Folgendem schließe ich mich als Journalist und Blogger ausdrücklich an und versichere Dr. Wolfgang Bittner meiner Solidarität. Willy Brandt hätte vermutlich zu dieser unsäglichen Praktik der Ukraine gesagt: Das darf nicht durchgehen.

„Wolfgang Bittner ist ein wichtiger Publizist und Autor, der wahrgenommen wird und darauf kann er stolz sein!

Diese Faschisten kennen keine Hemmungen mehr, es ist ein Wahnsinn. Wollen wir wirklich eine Regierung, die mit solchen Faschisten und Denunzianten zusammenarbeitet, diese mit allen Mitteln und Kräften unterstützt und damit ihren Amtseid bricht “Schaden vom deutschen Volk abzuwenden”.

Solidarität mit Wolfgang Bittner, Gut, dass es noch mutige Publizisten und Menschen wie ihn gibt“!

Evelyn Hecht-Galinski (Sicht vom Hochblauen)

Update vom 6. August 2022:

Scott Ritter: Es ist mir eine Ehre, auf der Liste der „russischen Propagandisten“ zu stehen

Wer durch das Aussprechen der Wahrheit auf der schwarzen Liste der „russischen Propagandisten“ landet, sollte dies mit Stolz als Auszeichnung tragen, sagt der politische Analyst Scott Ritter. Wenn es um faktenbasierte Analysen geht, dann ziehe er die sogenannte „russische Propaganda“ jederzeit der „ukrainischen Wahrheit“ vor.

Im Jahr 1997 flog ich im Auftrag einer Sonderkommission der Vereinten Nationen nach Kiew, um die ukrainische Regierung um Unterstützung bei der Untersuchung der Aktivitäten eines ukrainischen Staatsbürgers zu bitten. Dieser wurde verdächtigt, unter Verletzung von Bestimmungen des UN-Sicherheitsrates, illegal Komponenten und Herstellungskapazitäten für ballistische Raketen an den Irak verkauft und damit gegen verhängte Wirtschaftssanktionen verstoßen zu haben.

Während meines Besuchs kam es zu mehreren Treffen mit hochrangigen Beamten des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, darunter auch ihrem damaligen Direktor Wladimir Horbulin. Ich verließ Kiew in dem Einvernehmen, die ukrainische Seite hätte sich bereit erklärt, zu kooperieren – was sie letztlich nicht tat – und sie hoffte, dass ich ihre guten Absichten an die US-Behörden weitergeben würde – was ich tatsächlich auch tat – in der Erwartung, dass dies ihren Wunsch nach einer Mitgliedschaft in der NATO unterstützen würde.

Fünfundzwanzig Jahre später hat derselbe Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat über sein „Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation“ eine schwarze Liste von Personen veröffentlicht, von denen angenommen wird, dass sie „russische Propaganda“ verbreiten.

Mein Name steht auf dieser Liste. Zu meinen „Verbrechen“ gehören, die Ukraine als Stützpunkt der NATO beschrieben zu haben, das Narrativ um das Massaker von Butscha in Frage gestellt zu haben und den anhaltenden Konflikt zwischen der Ukraine und Russland als „Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland“ bezeichnet zu haben.

Ich erkläre mich in allen drei Anklagepunkten für schuldig – und noch für viel mehr. Aber ich bin kein russischer Propagandist.

Das „Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation“ wurde im Jahr 2021 auf Anordnung des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij gegründet. Das Zentrum wird von Polina Lysenko geleitet, einer Rechtsanwältin, die sechs Jahre zuvor ihren Abschluss in Rechtswissenschaften gemacht hat und deren Lebenslauf eine Zeit beim Nationalen Büro für die Bekämpfung der Korruption aufweist, einer Amtsstelle, die dem Generalstaatsanwalt unterstellt ist. Dort wurde ihr eine Dienstauszeichnung des amerikanischen FBI verliehen.

Bis sie an ihren jetzigen Posten berufen wurde, arbeitete sie zwischenzeitlich als Leiterin der Abteilung für Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit bei einem staatlichen Eisenbahnunternehmen.

Kurz nach ihrer Ernennung, stellte Lysenko die Arbeit des „Zentrums zur Bekämpfung von Desinformation“ den Botschaftern der G7-Staaten, sowie jenen von Finnland, Israel und der NATO vor. Ihr Vorgesetzter, der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Alexei Danilow, betonte dabei „die Bedeutung der Koordinierung von Maßnahmen mit strategischen Partnern bei der Bekämpfung feindlicher Informationsoperationen und der Bekämpfung von Desinformation“, während der Leiter des Büros des Präsidenten, Andrei Jermak, angab, er hoffe, „dass das Zentrum nicht nur ein ukrainisches Zentrum zur Bekämpfung von Desinformation wird, sondern auch ein internationales“. Laut Yermak sei das Zentrum „operativ funktionsfähig“. Polina Lysenko betonte bei der Darlegung der Ziele und der Mission ihrer Organisation, dass „die Wahrheit unsere Hauptwaffe sein wird“.

Sie hätte damit beginnen sollen, die Aussage von Yermak auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Zwei Monate, nachdem er ihr Zentrum für „operativ funktionsfähig“ erklärt hatte, berichteten ukrainische Medien, dass es dem Zentrum an „Räumlichkeiten, Finanzierung und Personal“ fehle. Lysenko war die einzige Angestellte, und „ihr wurde ihr Gehalt über mehrere Monate nicht ausbezahlt“. Das Zentrum sollte eigentlich 52 Mitarbeiter haben, die mit etwa 2.000 Euro pro Monat entlohnt werden sollten. Eigentlich wäre das ukrainische Finanzministerium dafür verantwortlich gewesen, die Mittel für das Zentrum bereitzustellen, was es aber bis Mitte Juni 2021 nicht getan hat. Lysenko arbeitete allein in einem „winzigen Büro im Erdgeschoss des Gebäudes des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates“. Es scheint schwierig zu sein, „die Wahrheit als Hauptwaffe“ zu führen, wenn man nicht mal dafür bezahlt wird.

Ein Jahr später, während die Finanzierung und das Personal kein Problem mehr zu sein schienen – zum großen Teil dank der Übernahme der Gehaltsabrechnungen durch die US-Steuerzahler –, blieb die Qualität weiterhin ein Problem. Nehmen wir zum Beispiel den Fall, den Lysenko und ihr neues Zentrum gegen Desinformation in Bezug auf mich dargestellt hat.

Wenn die „Beschreibung der Ukraine als Stützpunkt der NATO“ jemanden zu einem russischen Propagandisten macht, dann hätte man mir Ben Watson zur Seite stellen sollen, ein Redakteur der notorisch „pro-russischen“ – Achtung: Sarkasmus! – Online-Zeitschrift Defense One, der im Oktober 2017 einen Artikel veröffentlichte, mit der selbsterklärenden Überschrift „In der Ukraine bilden die USA eine Armee im Westen aus, um mit ihr im Osten zu kämpfen“.

Der Artikel beschrieb die Arbeit von Militärpersonal der NATO und aus den USA im Rahmen der Vereinigten Multinationalen Trainingsgruppe im ukrainischen Zentrum für Gefechtstraining in Yaworiw. Dieses befindet sich in der Westukraine befindet und stellt buchstäblich einen NATO-Stützpunkt in dem Land dar. Alle 55 Tage wurde in dem Zentrum ein komplettes ukrainisches Armeebataillon nach NATO-Standards dafür ausgebildet, in die Ostukraine geschickt zu werden, um dort gegen von Russland unterstützte Separatisten im Donbass zu kämpfen.

Ein professioneller Tipp am Rande für Frau Lysenko: Wenn ein Land ein ständiges Kontingent von NATO-Truppen auf seinem Boden beherbergt, dann macht sich dieses Land zu einer Basis der NATO.

Lysenkos Stab erstklassiger Analysten zur Bekämpfung von Desinformation – wiederum Sarkasmus! – monierte ebenfalls meine Einschätzung des Massakers an Zivilisten in Butscha von Ende März/Anfang April als ein von ukrainischen Streitkräften begangenes Verbrechen. Lysenko war hierbei in guter Gesellschaft, ich wurde für dieselbe Analyse von Twitter gesperrt.

Auch vier Monate nach den in Butscha begangenen Gräueltaten bleibe ich bei meiner Analyse – die Faktenlage hat sich seither nicht geändert. Und ich wäre jederzeit bereit, dieses Thema mit Polina Lysenko und ihrem gesamten Personal live im ukrainischen Fernsehen zu debattieren. Ich würde mit jedem und überall darüber diskutieren – so zuversichtlich bleibe ich bei meiner ursprünglichen Analyse. Die Wahrheit ist schließlich meine Hauptwaffe.

Der letzte Vorwurf der unerschrockenen Wahrheitsdetektive rund um Lysenko gegen mich, dass ich den anhaltenden Konflikt zwischen der Ukraine und Russland als „Stellvertreterkrieg zwischen der NATO und Russland“ bezeichnet habe, stellt erneut die Professionalität ihrer Mitarbeiter infrage. Schließlich nannte der in Moskau geborene, sich selbst hassende Russe Max Boot in einem am 22. Juni in der Washington Post veröffentlichten Meinungsartikel den Ukraine-Konflikt „auch unseren Krieg“. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, in denen ich Max Boot in etwas zustimme. Boot wiederholte jedoch lediglich die Aussage von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, dass die US-Politik in Bezug auf den Ukraine-Konflikt darauf ausgerichtet sei, Russland durch die Unterstützung der Ukraine zu schwächen – was einer Definition aus dem Lehrbuch für einen „Stellvertreterkonflikt“ nahekommt.

Geben Sie sich mehr Mühe, Polina Lysenko. Versuchen Sie zumindest, ein paar einfache Punkte zu sammeln, indem Sie die Tatsache hervorheben, dass ein Großteil meiner Analysen zur Ukraine von Russia Today veröffentlicht werden – wie auch dieser Artikel. Dann könnten Sie zumindest sagen, dass ich von Russland bezahlt werde. Natürlich müssen Sie damit klarkommen, dass meine Analysen auch in zahlreichen nicht-russischen Medien veröffentlicht werden – ich meine, was für ein russischer Propagandist wird von amerikanischen und britischen Verlegern veröffentlicht?

Und dann ist da natürlich noch das heikle Thema der überwachten russischen Redaktion. Als Orientierung dient folgender Austausch:

Ich: „Irgendwelches Interesse daran, dass ich Stoltenbergs Präsentation zum Thema ‚den Preis zahlen‚ genauer unter die Lupe nehme?“

Der überwachte russische Redakteur: „Was ist Ihre Meinung?“

Ich: „Ich glaube nicht, dass Stoltenberg die Summe auf dem Preisschild versteht.“

Der überwachte russische Redakteur: „Ist es dieselbe Rede, in der er sagte: ‚Hört auf, euch zu beschweren‘, ja?“

Ich: „Ja.“

Der überwachte russische Redakteur: „Cool, lass es uns machen.“

Die strategische Hinterlist der russischen Propagandamaschine ist durch dieses kurze Gespräch gut dokumentiert. Ich kann nicht glauben, dass ich darauf hereingefallen bin.

Aber den Sarkasmus mal beiseitegeschoben, sollte die Veröffentlichung einer schwarzen Liste sogenannter „russischer Propagandisten“ durch das von Lysenko geleitete Zentrum, eine Beleidigung für jeden sein, der an die Konzepte der freien Meinungsäußerung glaubt. Ich bin stolz darauf, mit vielen von denen verbunden zu sein, die sich mit mir auf dieser Liste wiederfinden – Ray McGovern, Tulsi Gabbard, Douglas MacGregor, John Mearsheimer und viele andere.

Ich bin zuversichtlich, dass alle hier Genannten sagen werden, dass ihre Motivation für ihre Haltung zum Ukraine-Konflikt darin bestehe, der Wahrheit nachzugehen – der wahren Wahrheit, nicht der verwirrten Version, die von Lysenko und ihren von den USA bezahlten Analysten verbreitet wird. Niemand betrachtet sich selbst als russischen Propagandisten, sondern eher als amerikanischen Praktizierenden der Redefreiheit jener Art, die durch dieselbe US-Verfassung geschützt ist, auf deren Einhaltung und Verteidigung viele der genannten Personen – wie auch ich – einen Eid geschworen haben.

Ich schließe meinen Text damit, für mich selbst zu sprechen. Wenn das Festhalten an einer faktenbasierten Analyse, die den Test der Zeit überstanden hat, die neue Definition von „russischer Propaganda“ ist, dann bin ich dabei. Sie ist sicherlich besser, als die Orwellsche Version der Meinungsfreiheit, die von der US-Regierung und ihren Stellvertretern in der Ukraine verbreitet wird.

Ups! Jetzt habe ich es wieder getan!

Scott Ritter ist ein ehemaliger Geheimdienstoffizier des US Marine Corps. Er diente in der Sowjetunion als Inspektor bei der Umsetzung des INF-Vertrags, im Stab von General Schwarzkopf während des Golfkriegs und von 1991 bis 1998 als UN-Waffeninspektor. Man kann ihm auf Telegram folgen.

Quelle: https://freeassange.rtde.me/meinung/144857-scott-ritter-es-ist-mir-eine-ehre/?fbclid=IwAR2iPHjCzv4YJIW_o6DdWA5pKuNfPhxPCRrsDf5qhaxc_nUUmkCGF5BghEQ