PM Attac: Brutaler Polizeieinsatz bei G20 – Entschädigungen für Attac-Aktive nach fast sieben Jahren durch gerichtlichen Vergleich

Verwaltungsgericht Hamburg kritisiert Polizeigewalt – Stadt Hamburg
zahlt Schadensersatz

Mit Abschluss eines Vergleichs geht ein langjähriges Gerichtsverfahren
rund um einen brutalen Polizeieinsatz im Rahmen der G20-Proteste 2017 zu
Ende: Drei Attac-Aktive hatten gegen die Stadt Hamburg geklagt, weil sie
Opfer von brutaler Polizeigewalt wurden und dabei starke Verletzungen
davontrugen. Das Gericht schätzte dies als unverhältnismäßig ein und
äußerte „erhebliche Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Einsatzes. Die
Stadt Hamburg verpflichtete sich im Vergleich zur Zahlung von
Schadensersatz und erkennt dadurch die Rechtswidrigkeit der
willkürlichen Gewaltausübung durch Polizeibeamt*innen indirekt an.

„G20 zeigt systemische Polizeigewalt: Immer wieder setzt sich die
Polizei über das Gesetz hinweg, indem sie Protestierende widerrechtlich
aufhält und verprügelt. So stört und behindert die Polizei
Demonstrationen, die ihr nicht gefallen“, sagt Sabine Lassauer, eine der Kläger*innen und Aktive bei Attac. „Mit dem Vergleich setzt das
Verwaltungsgericht systematischer Polizeigewalt endlich etwas entgegen.
Es ist ein Schuldeingeständnis von Stadt und Polizei Hamburg, sich auf
den Vergleich und die Schadensersatzzahlung einzulassen. Für uns ist der Vergleich daher ein Erfolg!“

Der polizeiliche Übergriff ereignete sich am 7. Juli 2017 gegen den
roten Finger der angekündigten Aktion #BlockG20, in deren Rahmen die
Anreiserouten der G20-Staatschefs blockiert werden sollten. Noch auf dem
Weg zum geplanten Aktionsort griffen Polizist*innen ohne vorherige
Ansprache und Vorwarnung die Demonstration mit Reizgas, Schlagstöcken, Tritten und Fäusten an. Selbst Betroffene, die schon am Boden lagen, wurden noch weiter getreten und geschlagen. Die gewalttätigen
Polizist*innen verletzten so mehrere Personen stark. Sabine Lassauer
trug eine vier Zentimeter lange Platzwunde am Hinterkopf davon, die
genäht werden musste. Ähnliche polizeiliche Übergriffe ereigneten sich
außerdem bei weiteren zeitgleich stattfindenden Demonstrationen im
Rahmen der #BlockG20-Aktion.

Im Laufe des Ermittlungsverfahrens gab die Polizei zu, dass sie die
Versammlung vor ihrem Angriff nicht offiziell aufgelöst hatte. Dies sei
aufgrund der dynamischen Situation unmöglich gewesen, weshalb die
Beamt*innen gezwungen gewesen seien, die Demonstrierenden mit roher
Gewalt „aufzustoppen“. Eine solche Rechtfertigung polizeilicher
Gewaltanwendung wurde bisher noch nie von einem Gericht gebilligt – und
auch das Verwaltungsgericht Hamburg argumentierte in seiner Begründung
zum Vergleichsvorschlag, die Polizei könne sich darauf nur berufen, wenn
kein Organisationsverschulden vorgelegen habe. Die schlichte Behauptung,
„überfordert“ gewesen zu sein, reiche dafür keinesfalls.

„Die Polizei argumentiert, sie müsse eine friedliche Demonstration erst
gewaltsam zusammenknüppeln, bevor sie diese rechtskräftig auflösen und
den Teilnehmenden somit Gelegenheit geben könne, sich freiwillig zu
entfernen. Das ist absurd! Damit wird die verfassungsrechtlich verlangte
Polizeifestigkeit von Versammlungen unterlaufen. Wegen der Vielzahl
ähnlicher Fälle während der G20-Proteste kann hier von einem
systematisch rechtswidrigen Vorgehen der Polizei gesprochen werden“,
sagt Dieter Magsam, Rechtsanwalt der Kläger*innen.

Das Gericht legte daher nahe, dass es den Kläger*innen Recht geben und
den Polizeieinsatz als rechtswidrig werten würde – es jedoch weiterhin
nicht in absehbarer Zeit zu einer Verhandlung käme. Geklagt hatten die
Geschädigten schon Anfang 2018. Staatsanwaltliche Ermittlungen in diesem Fall wurden letztlich eingestellt, weil sich die Polizist*innen
gegenseitig deckten und somit keine Täter*innen identifiziert werden
konnten. Das parallel angerufene Verwaltungsgericht wurde erst tätig,
als die Kläger*innen nach knapp sechs Jahren Verzögerungsrüge einlegten:
Es kam zu einem Erörterungstermin, in dessen Folge das Gericht den
Vergleichsvorschlag mit der vorläufigen Bewertung vorlegte. Angesichts dieses langwierigen, verschleppten Prozesses entschieden sich die Kläger*innen im März 2024 dazu, den Vergleich anzunehmen, anstatt weitere Jahre auf eine Verhandlung zu warten.

/*——————–*/

*Weitere Informationen: *
Stellungnahme Verwaltungsgericht Hamburg:
https://link.attac.de/stellungnahme-vgh-g20
Vergangene Presseaussendungen
•    2017: Attac-Aktive wehren sich gegen Polizeigewalt und
Grundrechtsverletzung bei G-20-Gipfel in Hamburg:
https://www.attac.de/presse/detailansicht/news/attac-aktive-wehren-sich-gegen-polizeigewalt-und-grundrechtsverletzungen-bei-g20-gipfel-in-hamburg
•    2018: Attac-Aktive reichen Klage gegen gewaltsamen Polizeieinsatz
ein:
https://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/g20-attac-aktive-reichen-klage-gegen-gewaltsamen-polizeieinsatz-ein

Quelle: PM Lena Zoll
Pressesprecherin
Attac Deutschland

Causa Oury Jalloh: Klage vor dem Europäischen Gerichtshof

Am 3.7.2023 begleiteten wir Saliou, den Bruder von Oury Jalloh, nach Straßburg. Er reichte beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen Deutschland ein.


Gemeinsam stellten wir 24 Aktenordner mit insgesamt 8503 Seiten zusammen, die die letzten 18 Jahre behördliche Vertuschung und juristische Ungerechtigkeit im Fall von Oury Jalloh dokumentieren.
Jetzt liegt es beim EGMR die Verstöße der BRD gegen Artikel 2, 3, 5 und 14 (EMRK) zu prüfen. Dieser Prozess kann viele weitere Jahre dauern und am Ende steht bestenfalls eine Rüge.

Wir haben auch kein Vertrauen in europäische Gerichte und werden
unabhängig davon gemeinsam mit der Familie die Wahrheit selbst erkämpfen!

Dafür sind wir auch weiterhin auf finanzielle Unterstützung angewiesen:

https://www.betterplace.org/de/projects/32717-ermittlung-der-brand-und-todesursache-von-oury-jalloh

Herzlichen Dank für euren Support!

Oury Jalloh – Das war Mord!

Beitragsbild: Peter Emorinken, von einer Demo für Oury Jalloh in Dessau.

Text via Pressemitteilung Verein Break the Silence.

Zum Fall Oury Jalloh.

Aufruf zu einer bundesweiten Demo gegen Polizeigewalt am 19. November in Dortmund

Es gibt 1000 Mouhameds

– Sie verdienen Gerechtigkeit! –

Liebe Freund*innen,
am 08.08.2022 tötete die Polizei Dortmund den 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé in der Nordstadt. Mouhamed, der aus dem Senegal nach Deutschland geflüchtet war, war in einer psychischen Krise. Bereits 2 Tage zuvor hatte er Hilfe in der psychiatrischen Klinik der LWL gesucht und war wieder heimgeschickt worden. An seinem Todestag hatten die Betreuer*innen seiner Wohngruppe Angst, er könnte sich selbst verletzten. Deshalb riefen sie die Polizei. Als die Polizei eintraf, saß Mouhamed in der hintersten Ecke eines Innenhofs. Er war keine Gefahr für irgendjemanden. Dennoch entschied sich die Polizei, den Hof zu stürmen. Sie griffen Mouhamed mit Pfefferspray an. Als er dann aufstand, schossen sie mit zwei Tasern und einer Maschinenpistole auf ihn. Mouhamed starb kurz darauf im Krankenhaus. Der Tod von Mouhamed Lamine Dramé hat uns alle erschüttert.

Bemerkenswert sind die Solidarität und die Rufe nach Aufklärung nach den Ereignissen vom 8.8.2022. Denn diese Geschichte ist bei Weitem kein Einzelfall. Seit der Wiedervereinigung sind alleine durch Schusswaffen mindestens 318 Menschen in Polizeieinsätzen getötet worden. Der Großteil der Todesfälle durch Polizeibeamt*innen (bspw. der Tod von Oury Jalloh) ist bis heute nicht hinreichend aufgeklärt, geschweige denn aufgearbeitet worden. In Dortmund hat der Verlust von Mouhamed verschiedene migrantische und politische Gruppen zusammengeführt. Gemeinsam wollen wir zur bundesweiten Demonstration aufrufen. Mouhameds schreckliches Schicksal ist nur eines von tausenden. Sie alle verdienen Aufklärung und Gerechtigkeit. Kommt mit uns auf die Straße, um den Opfern zu gedenken. Lasst uns gemeinsam stark gegen die herrschende Gewaltpraxis von Diskriminierung und Rassismus der Polizei demonstrieren.

Unsere Solidarität und Unterstützung gilt allen Angehörigen, welche Menschen in Polizeieinsätzen verloren haben und allen Betroffenen von Polizeigewalt, vor allem Opfern von anti-Schwarzer und rassistischer, misogyner, sexistischer, homo- und transfeindlicher, ableistischer, klassistischer Diskriminierung.

Solidaritätskreis Mouhamed
Afrikanische Community Dortmund
Initiative Erinnern. Verändern Dortmund
Initiative Oury Jalloh
Initiative Amed Ahmad
NRDPL Dortmund
Autonome Antifa 170
Club Santé
VKII
Bündnis Tag der Solidarität / Kein Schlussstrich Dortmund
Feministisches Kollektiv Dortmund
Radio Nordpol
Black Pigeon
DIDF Dortmund
DIDF Jugend Dortmund 
Train of Hope Dortmund e.V. 
Face2Face – Solidarische Wohnungslosenhilfe
Bündnis Dortmund gegen Rechts
Mean Streets Antifa
Anarchistische Gruppe Dortmund

Beitragsfoto (Archiv): Claus Stille

Dortmunder Polizei mit „schwerem Kriegsgerät“ gegen Jugendlichen mit Messer. Der 16-jährige Senegalese verstarb trotz Not-OP

Eine traurige Nachricht erschütterte dieser Tag die Ruhrgebietsmetropole Dortmund. Betreuerinnen einer Sozialeinrichtung hatten die Polizei alarmiert, weil ein Jugendlicher mit einem Messer hantierte. Die Nachricht machte über die Dortmund hinaus reichlich Schlagzeilen. Die mit 11 Beamten angerückte Polizei setzte den 16-jährigen Senegalesen mit 5 (!) MP-Schüssen außer Gefecht. Er verstarb trotz Notoperaration im Krankenhaus.

Elf (!) Beamte sollen nicht in der Lage gewesen sein, den Jugendlichen zu entwaffnen? Nötigenfalls mit einem Schuss ins Bein? Die Bodycams der Polizisten sollen nicht eingeschaltet gewesen sein. Da stellen sich einige ernste Fragen. Denn in Deutschland ist das längst kein Einzelfall.

Maschinenpistolenschüsse auf Kopf und Bauch

„Wiederum nur einen Tag später, am 8. August, erschossen Polizeikräfte in Dortmund einen 16-jährigen Flüchtling aus dem Senegal mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole vom Typ MP5. Laut Darstellung der Polizei habe der Jugendliche die Beamten mit einem Messer bedroht.

Dem Obduktionsbericht zufolge haben zwei Projektile aus der Maschinenpistole die Schulter getroffen, jeweils ein weiteres den Bauch, das Gesicht in Höhe des Jochbeins sowie ein weiterer Schuss den Unterarm. Der schwerverletzte 16-Jährige starb kurz darauf trotz Notoperation. Vor dem Schusswaffengebrauch habe die Polizei erfolglos Reizgas und ein Elektroschockgerät eingesetzt.

Nach Angaben des zuständigen Oberstaatsanwalts Carsten Domberg sei es zu dem Vorfall nachmittags in einem Innenhof zwischen der Sankt-Antonius-Kirche und einer Jugendhilfeeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt gekommen, in der der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland eingereiste Senegalese betreut worden war. Ein Anwohner hätte die Polizei gerufen, da er ein Messer bei dem Jugendlichen gesehen habe. Inwieweit der Jugendliche, der laut Staatsanwaltschaft keinerlei Deutsch sprach, mit dem Messer mit einer Klingenlänge von 15 bis 20 Zentimetern den 11 herbeigeeilten Polizisten gedroht habe, müssten die weiteren Ermittlungen ergeben. Warum es überhaupt zu der Eskalation und dem Todesfall kommen konnte, soll laut Staatsanwaltschaft Schwerpunkt der Ermittlungen sein. Mit diesen wurde aus „Neutralitätsgründen“ die Polizei aus dem nahen Recklinghausen betraut. Oberstaatsanwalt Dombert erklärte zudem zur Einordnung der Rechtslage:

“Man darf jede Waffe einsetzen, um sich gegen einen rechtswidrigen Angriff zu erwehren”, aber nur weil jemand ein Messer in der Hand hält, darf niemand auf ihn schießen.”“

Quelle: Aus einem Beitrag von Florian Warweg (NachDenkSeiten)

„Warum“, fragt Paulina Bermudez in ihrem Nordstadtblogger-Beitrag, „neben Pfefferspray und Tasern der Einsatz einer Schusswaffe notwendig war, ist Teil der Ermittlungen. Weshalb die Polizei „mit so schwerem Kriegsgerät“ im Einsatz war, wie Oberstaatsanwalt Carsten Dombert die eingesetzte Maschinenpistole im Gespräch mit Nordstadtblogger nannte, soll ebenfalls geklärt werden. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Beamten wegen eines Anfangsverdachts wegen schwerer Körperverletzung mit Todesfolge.“

Proteste gegen Polizeigewalt in Dortmund

Derweil gab es in der Dortmunder Nordstadt wegen des Vorfalls zu Straßenprotesten. Auch vor der Wache, von welcher die bei dem Vorfall eingesetzen Beamten stammen. „Neben einer Schweigeminute prägten in erster Linie Erfahrungsberichte von polizeilichen Übergriffen und alltäglichem Rassismus auf „People of Colour“ (PoC) die Veranstaltung. Mehr als zwanzig Redebeiträge machten eines deutlich: Neben Trauer bestimmen Angst vor und Wut auf die Polizei den Alltag vieler Menschen mit sichtbarem Migrationshintergund.

So berichtet eine Rednerin von einem schockierenden Vorfall. Sie begleite einen Freund, der „PoC“ ist, nach einer körperlichen Auseinandersetzung in die Notaufnahme des Klinikum-Nord. Die behandelnde Ärztin frage ihn umgehend: „Kommen Sie aus der Wache Nord?“ Als der junge Mann verwirrt verneinte, entgegnete sie: „Dann sähen Sie auch ganz anders aus.“

Die Redebeiträge kritisierten immer wieder die Institution Polizei: „Wir brauchen eine unabhängige Kontrollinstanz“, betont ein Redner.“ Quelle: Nordstadtblogger-Beitrag

Beitragsbild: C. Stille, Archiv

Die strafende Stadt – Bestrafen der Armen

Einleitende Worte (Claus Stille)

Der Autor Loïc Wacquant hat den Strafrechtsstaat in den USA einer gründlichen Analyse unterzogen. Damit gewinne man, schreibt er auf Seite 41, „unentbehrliches Material für eine historische Anthropologie der sich derzeit vollziehenden Erfindung des Neoliberalismus, denn seit dem Bruch Mitte der 1970er Jahre war Amerika der theoretische und praktische Motor der Entwicklung und weltweiten Ausbreitung eines politischen Projektes, dessen Ziel es ist, alle menschliche Tätigkeit der Vormundschaft des Marktes zu unterstellen“. Das bedeutet eben auch die Menschen in „Würdige“ und „Unwürdige“ einzuteilen. Will sagen: Nützliche und überflüssige Menschen. Millionen Menschen dümpeln in den USA von prekärem Job zu prekärem Job.

Wieder andere landen wegen der eingeführten „Nulltoleranz“ schon wegen Bagatelldelikten im Gefängnis. Neben dem die Menschen drückenden und unter Kontrolle stellenden und bei Verstössen gegen die Auflagen sanktionierendem System des workfare kommt für einen Teil der Überflüssigen ein anderes in Anwendung, das prisonfare. Der Autor spricht von einer „Gefängnisbulimie“. Seit den 1970er Jahren stieg die Zahl der in den USA Inhaftierten stetig an. Nach der Reform des Sozialstaats in der Amtszeit des Präsidenten Bill Clinton im Jahre 1996 bei der die Ärmsten der Armen noch einmal tiefe Einschnitte hinnehmen mussten, erfolgte überdies eine Verschärfung des Strafrechts. Sicherheitsfirmen hatten Hochkonjunktur. Private Gefängnisse – geradezu ein regelrechter Gefängnisinkomplex entstand – hatten sozusagen Hochkonjunktur.

Wacquant nimmt den Leser mit auf eine Reise des Grauens  in das „US-amerikanische Gefängnis-Archipel“. Gefangene werden zwischen den einzelnen Bundesstaaten hin und her verschoben. Die Anstalten seien, notiert der Autor, nicht selten bist zum Bersten überfüllt. Einmal ist davon die Rede, wie Neuankömmlinge vor Gefängnissen mit Bussen sogar hin- und hergekarrt werden (müssen), bis endlich wieder Plätze im Knast frei werden. Die frischen Gefangenen dürfen dabei die Busse auch bei brütender Hitze nicht verlassen. Nicht selten sind sie gezwungen darin zu urinieren. In ihrer Platznot griff New York sogar auf Gefängnislastkähne zurück. Unmenschliche Zustände, die den Leser tief beeindrucken, ja: im Innersten bedrücken dürften! Diese Zustände bedenkend, dämmert einen an mancher Buchstelle, woher das kommen mag, dass Gefangene der USA in Guantánamo und anderso wie Vieh oder noch schlimmer behandelt werden. Manches mal möchte man ob des Beschriebenen angewidert und wütend das Buch sinken lassen. Doch nur Mut: Wir sollten diese Zustände und die „Denke“ die sich hinter diesem menschenunwürdigen System steht unbedingt zur Kenntnis nehmen. All dies hat auch mit der Geschichte der USA zu tun, wie Wacquant ausführt. Gewiss auch mit der Sklaverei und der Rassentrennung.

Scheinlösungen, der Einfluss der Medien und intellektueller Schwindel

Uns Europäer sollte vor allem schwer zu denken geben, wieso einige unserer Regierungen (und von denen ausgerechnet auch noch sozialistisch, sozialdemokratisch geführte wie die von Lionel Jospin (Frankreich), Tony Blair (Großbritannien) und BRD (Schröder) Anleihen beim US-amerikanischen workfare und prisonfare genommen haben. Gewiss hat dies mit neoliberalen Einflüsterungen seitens Kapital und Großkonzernen zu tun. Wacquant geht besonders auf das Beispiel Frankreich bezogen sehr genau darauf ein. Dabei kommt ihm (und uns) zugute, dass er sowohl in den USA als auch in Frankreich forscht. Hauptsächlich dort, konstatiert er, sei diese US-amerikanische Nulltoleranz-Politik und Wegsperrmentalität stark abgekupfert worden. Auch andere westeuropäische Politiker seien regelmäßig in die USA gepilgert um sich von diesem System überzeugen zu lassen und in der Heimat schließlich als Heilmittel zu preisen. Dabei entbehren diese US-amerikanischen Heilmittel, erfahren wir, hauptsächlich die angeblichen Erfolge auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung meist jeder wissenschaftlichen Untermauerung. (…)

Quelle: Aus meiner Rezension des Buches „Bestrafen der Armen“ von Loïc Wacquant.

Das Buch kam mir dieser Tage wieder in den Sinn als ich den Artikel „Die strafende Stadt“ von Laurenz Lurk (Gewerkschaftsforum.de) zu Gesicht bekam. So schlimm, wie es Wacquant beschrieben hat, ist es hierzulande (noch) nicht.

Wir müssen aber begreifen, dass bestimmte Politiker die Anregungen, wie man mit Menschen verfährt, die quasi für die Gesellschaft nicht von Nutzen sind, weil das neoliberale System sie nicht mehr braucht, aus den USA oder Großbritannien bekommen haben. Bedenkenswert: Daraus resultierende Maßnahmen wurden meist von sozialdemokratischen Regierungen ins Werk gesetzt.

Ein Teil dieser ausgegrenzten, aus einer früheren Normalität herausgeworfenen Menschen stören diejenigen, die noch drin sind und meinen, sie betreffe die Not und die Armut der anderen Menschen nicht. Sie wollen diese Armut und deren Bild in ihrer Stadt deshalb auch nicht sehen.

Da greifen manche Städte quasi zu Vergrämungsmaßnahmen. Vergrämung – der Begriff kam mir erstmals zu Ohren, als es darum ging, dafür zu sorgen, dass Tauben von bestimmten Orten in der Stadt vergrämt – heißt vertrieben – werden sollten. Ist es nicht zynisch, den Begriff „Vergrämungsmaßnahmen“ auf Tauben. Menschen zu beziehen? Ja, freilich! Aber es gibt tatsächlich Städte die zu Maßnahmen greifen, um Menschen, die aus dem System gefallen sind zu vertreiben. Wie störende Tauben. Teils mit perfiden Methoden. Ist das nicht eine Vergrämung? Rücksicht braucht man auf diese Menschen so wieso kaum zu nehmen. Sie sind eh keine Wähler (mehr). Weil sie wissen, für sie tut ohnehin keine Partei etwas – außer vielleicht ein paar wohlklingende Worte fallen zu lassen, die nichts kosten, da sie ohnehin nie in Taten umgestzt werden. Diese Menschen stören. Sie sollen weg und möglichst nicht das Straßenbild verunzieren.

Laurenz Nurk hat aufgeschrieben, wie sich das für ihn in Dortmund darstellt. Apropos Dortmund: Ich hörte vor einigen Jahren einen leitenden Mitarbeiter des Ordnungsamtes bezüglich des Klientiels seiner Mitarbeiter*innen sagen: „Wir haben es hauptsächlich mit Abschaum zu tun“. Das schockte mich. Das sagte ein verantwortlicher Mensch in einer von einem sozialdemokratischen Oberbürgermeister geführten Stadt über Mitmenschen! Der Stadt, die einst „Herzkammer der SPD“ genannt wurde.

Die strafende Stadt

Gastbeitrag Laurenz Nurk (Gewerkschaftsforum.de)

Dortmund war über Jahrzehnte die Hauptstadt der bundesdeutschen Naziszene. In der Stadt gab und gibt es eine gefährliche Meute, die von den Sicherheits- und Verfassungsbehörden systematisch aufgepäppelt wurde und dann im mörderischen NSU-Sumpf mündete. Die Polizei nahm nach dem Mord an Mehmet Kubaşık nicht die Mitglieder der rechten Gruppen in der Stadt ins Visier, sondern ermittelte bei den nach Fahndersprech genannten „Döner-Morden“ vorrangig gegen die Opferfamilie.

Seit dieser Zeit wurden parallel dazu Polizei- und Ordnungskräfte systematisch aus- und aufgerüstet, allerdings für den Einsatz gegen den ärmeren Teil der Bevölkerung in der Stadt.

Eine Stadt, in der in einem Stadtteil 124 Straßen und Plätze von der Polizei als „gefährlich und verrufen“ eingeordnet und die Beamten mit Sonderrechten dort ausgestattet wurden.

Eine Stadt, in der aus dem Kampf gegen Drogen und Armut der Kampf gegen Drogenkonsumenten und Arme wurde und in der die Übergriffe von Polizei- und Ordnungskräfte auf wehrlose Bewohner stetig angestiegen ist.

Eine Stadt, die ein Ort von Sandkastenspielen und Experimentierfeld der aktuellen Polizeigesetze wurde, bei denen die Freiheitsrechte der Einwohner und Besucher massiv mit den Füßen getreten werden.

Eine Stadt, in der im Rahmen der neuen, sogenannten Strategischen Fahndung, mit ihren anlasslosen Kontrollen die Polizei berechtigt ist, wie vormals in der Nordstadt, nun auch in der City „Personen ohne konkreten Verdacht anzuhalten, nach ihrer Identität zu befragen sowie Fahrzeuge und mitgeführte Sachen in Augenschein zu nehmen“ und damit das gelinde gesagt, angespannte Verhältnis zwischen Einwohnern und Polizei- und Ordnungskräften weiter zu verschärfen. Die neuen Polizeigesetze bieten dafür eine Steilvorlage.Die Auswirkungen der „Agenda 2010“ die von der rot-grünen Bundesregierung Anfang des Jahrhunderts auf den Weg gebracht wurde, haben der politischen Kultur und dem sozialen Klima im Land dauerhaft geschadet.

Der Arbeitsmarkt wurde dereguliert, der Sozialstaat demontiert, eine Steuerpolitik betrieben, die den Reichen mehr Reichtum und den Armen mehr Armut gebracht und auch der Mittelschicht deutlich gemacht hat, dass ihr Abstieg jederzeit möglich ist. Damit reagieren die Stärkeren ihre Abstiegsängste, Enttäuschung und ihre Ohnmacht an den Schwächeren ab. Begleitet wird das Ganze von dem Misstrauen gegenüber den Mitmenschen und wenn man sieht, dass der Staat überall ein Sicherheitsproblem entdeckt, das mit martialischen Einsätzen der Sicherheitskräfte entschärft werden muss, dann wird die gefühlte Bedrohung real erlebt und nach dem noch stärkeren Staat gerufen.

Dabei ist es erforderlich, denen, die nichts mehr haben als strafender und disziplinierender Staat entgegen zu treten und den Menschen mit Abstiegsängsten sowie denen mit großen Vermögen einen starken Staat zu demonstrieren.

Dieser Prozess hat sich mittlerweile auch in die Kommunen verlagert.

Da ist es schon erschreckend, mit welcher Selbstverständlichkeit eine einzelne Person, hier der Polizeipräsident Gregor Lange, gelernter Verfassungsschützer mit SPD-Parteibuch, eine „strategische Fahndung anordnet, bei der Personen ohne konkreten Verdacht angehalten, nach ihrer Identität zu befragt sowie Fahrzeuge und mitgeführte Sachen in Augenschein genommen werden können“. Betroffen ist der größte Teil der Innenstadt plus angrenzende Bereiche. Bereits im Sommer 2021 ordnete er in der Zeit von Mitte Juni bis Mitte Juli eine strategische Fahndung in der Dortmunder Nordstadt an. Grund dafür war eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei größeren Personengruppen, bei der Molotowcocktails und „weitere gefährliche Gegenstände eingesetzt“ worden seien.  Durch „den konsequenten Kontrolldruck konnten weitere Auseinandersetzungen verhindert werden. Im Rahmen der 1.723 Personenkontrollen konnten Strukturen von handelnden Personen der Auseinandersetzung aufgehellt werden. Die Polizisten nahmen in der Nordstadt 21 Personen fest und fertigten 187 Strafanzeigen sowie 98 Ordnungswidrigkeitenanzeigen an“. Der Polizeipräsident weiter: „Nach einer langen Zeit der Einschränkungen freuen wir uns alle auf die wieder erlangte Freiheit. Wir werden alles daransetzen, dass diese herbeigesehnte Normalität nicht von Straftätern ausgenutzt wird. Wir werden so ein Verhalten nicht tolerieren. Deshalb habe ich die strategische Fahndung angeordnet, um all denen ein klares Signal zu senden, die hier Straftaten begehen wollen. Mit der Anordnung der strategischen Fahndung nehmen wir unseren Auftrag wahr, alle rechtlichen Maßnahmen auszuschöpfen um alle Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen“.

Die Neufassung des Polizeigesetzes NRW Ende 2018 ermöglicht es der Polizei, neue Wege bei der Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität zu gehen. Es erlaubt die strategische Fahndung der Polizei nach § 12a PolG NRW – Polizeiliche Anhalte- und Sichtkontrollen (strategische Fahndung):

„(1) Die Polizei darf im öffentlichen Verkehrsraum

  • zur Verhütung von Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne des 8 Absatz 3 und zur Verhütung von terroristischen Straftaten nach § 8 Absatz 4,
  • zur Verhütung gewerbs- oder bandenmäßig begangener grenzüberschreitender Kriminalität oder
  • zur Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts

Personen anhalten und befragen sowie die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen nach § 12 Absatz 2 treffen. Fahrzeuge und mitgeführte Sachen dürfen in Augenschein genommen werden. Die Polizei darf verlangen, dass mitgeführte Sachen sowie Fahrzeuge einschließlich an und in ihnen befindlicher Räume und Behältnisse geöffnet werden; im Übrigen ist die Durchsuchung von Personen, mitgeführten Sachen und Fahrzeugen unter den Voraussetzungen der §§ 39 und 40 zulässig.

Die Maßnahme ist nur zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in diesem Gebiet Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen werden sollen und die Maßnahme zur Verhütung dieser Straftaten erforderlich und verhältnismäßig im Sinne von § 2 ist.

(2) Die Maßnahme ist schriftlich zu beantragen und bedarf der schriftlichen Anordnung durch die Behördenleitung oder deren Vertretung. Umfasst das festgelegte Gebiet die Zuständigkeit mehrerer Behörden, so trifft die Anordnung das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste. Die Anordnung ist zeitlich und örtlich auf den in Absatz 1 genannten Zweck zu beschränken. Sie darf die Dauer von 28 Tagen nicht überschreiten. Eine Verlängerung um jeweils bis zu weiteren 28 Tagen ist zulässig, soweit die Voraussetzungen für eine Anordnung weiterhin vorliegen…“

Verschärfung der Polizeigesetze

In fast allen Bundesländern wurden in den letzten 4 Jahren die Polizeigesetze verschärft. Man muss dies als ein politisches Handlungsziel sehen, dass die präventive Gefahrenabwehr, die in den Polizeigesetzen der Länder geregelt ist, nun auf der Bundesebene einheitlich gestaltet werden soll. Hatte man doch genau diese föderalen Strukturen deshalb aufgebaut, weil im deutschen Faschismus eine ungeheuer große zentralisierte Machtkonzentration geschaffen wurde, was man Ende der 1940er Jahre noch vermeiden wollte.

Heute wird wieder angestrebt, unter dem Deckmantel sich ähnelnder neuer Landespolizeigesetze und so mit einem faktisch bundesweiten Polizeigesetz eine neue Zentralisierung der Staatsmacht zu konstruieren.

Bei der Verschärfung der Polizeigesetze der Länder richtet sich das Hauptaugenmerk gar nicht so sehr auf die vorgebliche Strafverfolgung, die schon einheitlich in der Strafprozessordnung geregelt ist, sondern auf den Bereich der präventiven Gefahrenabwehr, die in neue Polizeigesetze gegossen, dann so etwas hervorbringt:

  • Das präventive Polizeirecht soll eine Gefahr schon dann abwehren, bevor der Schaden eintritt. Das kehrt den bisherigen Grundsatz um, dass ein Eingriff erst dann erfolgen darf, wenn eine konkrete Gefahrenlage vorliegt. Hier wird die Schwierigkeit entstehen, zu entscheiden, bei welchen Szenarien eine Gefahr droht und welche Maßnahmen gerechtfertigt sind.
  • Alle neuen Polizeigesetze haben sich die Vorfeldkategorie der drohenden Gefahr zu eigen gemacht und daran vielfältige Eingriffe wie Telefonüberwachung oder On-line-Durchsuchungen geknüpft. Hier steht die Quellen-Kommunikationsüberwachung (TKU) im Vordergrund, wobei die „Staatstrojaner“ direkt an der Quelle die Geräte beeinflussen. Gemeinsam mit der Online-Durchsuchung wird der Nutzer vollkommen durchleuchtet und man erhält ein allumfassendes Persönlichkeitsprofil.
  • Die Videoüberwachung ist ein weiteres, gemeinsames Element der neuen Gesetze, es sollen dabei nicht nur die bekannten Örtlichkeiten mit erhöhter Zahl an Straftaten überwacht werden, sondern auch solche Orte, bei denen nach der polizeilichen Prognose zukünftig erhöhte Straftatenzahlen erwartet werden können. Das gleiche Prinzip soll auch bei großflächigen, verdachtsunabhängigen Kontrollen angewandt werden, wenn abstrakt eine Erwartung bestimmter Straftaten besteht, dann sind auch ohne konkreten Verdacht Personen zu durchsuchen, eine typische Einfallstür für das Racial Profiling.
  • Die Strafprozessordnung legt fest, dass jemand, der eine Straftat begeht, nach einem Prozess von einem Gericht verurteilt wird. Das Polizeirecht aber fragt nicht nach Beweisen, sondern nach der Gefahrenlage. Die festgehaltene Person muss nicht wie bisher spätestens am Tag nach der Festsetzung den polizeilichen Gewahrsam verlassen, auch hier wird neuerdings das Prinzip der Präventivhaft eingeführt. In den einzelnen Bundesländern ist die Dauer dieser Haft unterschiedlich geregelt werden, benannt werden Haftzeiträume von einem bis zu drei Monaten.
  • Bisher war der Platzverweis die gängige Maßnahme, Menschen von einem bestimmten Ort zu entfernen. Das soll dahingehend umgekehrt werden, dass die Polizei ermächtigt wird, Personen dazu zu verdonnern, sich nicht von einem bestimmten Platz zu entfernen. Die Befugnisse gehen so weit, auch Kontaktverbote zu bestimmten Personen oder Gruppen auszusprechen. Dieser Hausarrest soll die Person von ihrem sozialen und politischen Umfeld isolieren, wenn nötig, auch mit der elektronischen Fußfessel.

Die neuen Polizeigesetze stärken die Befugnisse der Polizei ungemein, sie wird mit einer riesigen Machtfülle ausgestattet. Der einst positiv besetzte Begriff der Prävention bekommt nun eine ganz neue, unheimliche Bedeutung und die Zahl der Menschen, die in eine konfliktträchtige Konfrontation mit der Staatsmacht geraten, wird ansteigen.

Das Verhältnis zwischen Einwohnern und Polizei- und Ordnungskräften ist aber seit Jahren schon gelinde gesagt angespannt. Die Steigerung der Kosten für Personaleinsatz, für Auf- und Ausrüstung geht gleichzeitig mit einer Steigerung der Konfrontationszenen einher.

124 Straßen und Plätze in der Dortmunder Nordstadt gelten laut Polizei als „gefährliche und verrufene Orte“

Aus der Antwort der NRW-Landesregierung auf eine Anfrage aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass 124 Straßen und Plätze in der Dortmunder Nordstadt als „gefährliche und verrufene Orte“ gelten. Festgelegt wird diese Kennzeichnung von der jeweiligen örtlichen Polizeibehörde, im Fall Dortmund vom Polizeipräsidenten.

Für die Polizei ergeben sich durch diese Kennzeichnung einige Vorteile, so dürfen Polizisten dort vorbeugend gegen verdächtige Personen vorgehen. Nach Paragraf 12 des Polizeigesetzes NRW dürfen Polizisten auch die Identität von Personen feststellen, die sich an einem Ort aufhalten, von dem Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

  • dort Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung verabreden, vorbereiten oder verüben,
  • sich dort Personen treffen, die gegen aufenthaltsrechtliche Strafvorschriften verstoßen

oder sich dort gesuchte Straftäter verbergen.

Normalerweise braucht die Polizei einen Anlass, um Personen zu kontrollieren, z.B. weil sich diese verdächtig verhalten oder ihre Beschreibung zu einer gesuchten Person passt. Diese Voraussetzung fehlt aber an Orten, die als „gefährlich und verrufen“ gelten, und ein Zusammenhang mit der zu kontrollierenden Person unterstellt wird. Dass dies in der Dortmunder Nordstadt schon seit einem Jahr mit der Einführung des Instruments der „Strategischen Fahndung“ möglich ist, macht die Sache nicht besser, sondern verstärkt die Vorwürfe von Willkürmaßnahmen und „Racial Profiling“ noch weiter.

Für die Polizei ist die Einstufung von Straßen und Plätzen der Dortmunder Nordstadt als „gefährliche und verrufene Orte“ mit den damit erweiterten polizeilichen Möglichkeiten eine willkommene Gelegenheit, bei ihrer permanenten, öffentlichkeitswirksamen Präsentation sinkender Zahlen der Kriminalitätsstatistik in der Nordstadt zu glänzen. Sie meint sogar, schon mit der Identitätsfeststellung sei eine sehr umfangreiche Ermittlungsarbeit verbunden, bei der viele Akteure und Einheiten, beispielsweise die Ermittlungskommission Nordstadt, die Schwerpunktstaatsanwaltschaft und der polizeiliche Schwerpunktdienst Nord, viele Puzzleteile zusammentragen, Strukturen klären und schon im Vorfeld einer möglichen Straftat eingreifen können.

Wie das in der Praxis geschieht, zeigen die Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.

Einwohner unter Generalverdacht

Es wird immer mal wieder die seit Jahren schon ständige Präsenz der Ordnungskräfte im Alltagsbild der Nordstadt erhöht und zwar so, dass sich die Einwohner der Nordstadt ständig einschränken müssen und sich unter Beobachtung gestellt fühlen:

  • Die Nutzer des Nordmarktes müssen sich gefallen lassen, dass immer wieder Personenkontrollen bei ihnen durchgeführt werden, bei denen Einzelpersonen von bis zu 6 Ordnungskräften umringt sind, Befragungen ausgesetzt werden und Platzverweise bekommen. Als friedliche Nutzer der Sitzbänke, werden sie mal vom südlichen, mal vom westlichen Teil des Platzes verjagt und förmlich weg gehetzt. Ganze Teile des Nordmarktes werden ohne Grund geräumt, die Sitzbänke sind leer, nur so.
  • Demonstratives Befahren des Nordmarktes von Polizei und Ordnungsamt sind Alltag. Die sogenannten Problemgruppen werden auf Trapp gehalten. Der Nordmarkt als letzter Rückzugsraum soll für sie unattraktiv gemacht werden, ihr Unerwünscht sein überhaupt soll demonstriert werden.
  • Das Abriegeln ganzer Quartiere mit Personenkontrollen, keiner kommt rein, keiner geht raus, soll die Tatkraft der Ordnungskräfte unter Beweis stellen. Dazu gehört auch das martialische Auftreten von Polizei und Ordnungskräften und das öffentlichkeitswirksame Zelebrieren von Durchsuchungen mutmaßlicher Dealer. Hier werden elementare Grundrechte der Nordstadtbewohner verletzt.
  • Es gibt immer wieder Schwerpunkteinsätze der Ordnungs- und Polizeikräfte in der Nordstadt mit besonderem Fokus auf dem Nordmarkt und der näheren Umgebung. Als Grund dafür wird genannt, dass nach „überwiegend regelkonformen Verhalten“ der unterschiedlichen Nutzergruppen (Drogenkonsumenten, Alkohol trinkende Menschen, Zuwanderer aus Südosteuropa) sich das „Verhalten zunehmend verschlechtert“ hätte. Bei so viel Bemühen, um eine Verhaltensänderung herbei zu führen und die vollkommene Rückendeckung durch die Politik, schießen die Ordnungskräfte schnell über ihr gesetztes Ziel hinaus.
  • Da schaukeln sich Stresssituationen zwischen Ordnungskräften und alten Menschen hoch zu einem Katz- und Mausspiel, wie das Beispiel der 78 –jährigen Frau zeigt, der förmlich aufgelauert wurde, um ihr immer wieder Ordnungswidrigkeiten vorzuwerfen. Die Vorwürfe lauten: einen Hund verbotswidrig unangeleint ausgeführt zu haben. Geahndet wurde dieses Vergehen mehrfach: z.B. Kassenzeichen 5414301_ _ mit 48,50 Euro und Kassenzeichen 5450317_ _ mit 73,50 Euro. Ihr 16 Jahre alter Hund, alterserlahmt, war jedes Mal ohne Leine hinter der Frau her zu ihrer Stammsitzbank auf dem Spielplatz getrottet. Als sie das Tier einige Zeit später ordnungsgemäß angeleint auf dem Bürgersteig führte, wurde dem Hund vorgeworfen, einen Unfall verursacht zu haben und ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 Euro – Kassenzeichen 2260055_ _- auferlegt. Der Grund: Sie hatte gegen die Ordnungsverfügung verstoßen, „ihren Hund mit mehr als der erlaubten 1,50 m Leinenlänge geführt zu haben, so dass der Hund ca. 3 Meter in Richtung Straße laufen konnte.“ Die Frau muss ihre kleine Altersrente mit der Grundsicherung aufstocken.
  • Um die angeblichen Regelverstöße auf dem Nordmarkt zu unterbinden, kann der Nordstadtbewohner beobachten, wie Ordnungskräfte mit Hinweis-Tafeln auf rumänisch und bulgarisch ausgestattet über den Platz laufen. Falls die Angesprochenen des Lesens nicht mächtig sind, zücken sie Piktogramm-Tafeln. Die Darstellung von sich in der Öffentlichkeit entleerenden Menschen ist entwürdigend.
  • Selbst auf den Bürgersteigen werden Platzverweise ausgesprochen. Die Personenansammlungen auf den Gehwegen der Mallinckrodtstraße wurden durch die Ordnungskräfte aufgelöst. Fußgänger aus den schrittfahrenden Bullis der Ordnungskräfte angesprochen und gemaßregelt und junge Migranten Personenkontrollen unterworfen, denen eine öffentlichkeitswirksame Körperdurchsuchung vorausging. Was hatten die Jugendlichen verbrochen? Sie sind schneller als üblich gegangen – also scheinbar geflüchtet.
  • Nachdem vor einigen Jahren schon die drogenabhängigen Menschen aus der Innenstadt verdrängt wurden und sich nicht mehr im öffentlichen Raum treffen können, da ihr letzter Treffpunkt auf dem Nordmarkt systematisch zerschlagen wurde, sind viele von ihnen völlig aus dem öffentlichen Bild verschwunden. Sie mussten sich dem Verfolgungsdruck beugen. Kommt es zu größeren Ansammlungen, wie manchmal auf dem Nordmarkt, dem Schleswiger Platz oder der Heroldwiese, wird sofort der Verfolgungsdruck wieder erhöht. Die Menschen sind dann den Drogenfahndern und Strafverfolgern mit den immer neuen Grundrechte einschränkenden Fahndungsmethoden, die das Betäubungsmittelgesetz und die Rechtsprechung mehr oder weniger bieten, ausgesetzt.
  • Schon seit einigen Jahren ist man in der Dortmunder Nordstadt nicht mehr im „Kampf den Drogen“, sondern kämpft jetzt angeblich gegen die Dealer und die Drogenkriminalität. Die Polizei will dem Drogenhandel in einem Verbund aus Bürgern, Stadt, Justiz, Staatsanwaltschaft und Polizei den Nährboden entziehen. Bei der Polizei wurden die verschiedenen Kommissariate und Einheiten besser vernetzt. Die Mitarbeiter der Wache Nord, der Schwerpunkteinheit Nordstadt, zivile Einsatztrupps und Beamte des Rauschgiftkommissariats, sowie Stadt und Polizei gehen gemeinsam vor und nutzen repressive Maßnahmen der Polizei parallel zu ordnungsrechtlichen-, baurechtlichen- und gewerberechtlichen Maßnahmen der Stadt.
  • Nach dem die Sperrbezirksverordnung seit Mai 2011 gilt, wurden Hunderte von Anzeigen gegen Prostituierte, die ihren Drogenkonsum so finanzieren müssen, ausgesprochen – einzelne Frauen erhielten mehr als 20 Anzeigen. Im Verbund mit typischen Drogendelikten wurden Frauen zu Haftstrafen von mehreren Monaten bis hin zu vier Jahren verurteilt. Im Durchschnitt sind rund 20 Frauen, die in der Nordstadt als Prostituierte arbeiten, inhaftiert.
  • Die praktische Handhabe des Betäubungsmittelgesetzes bietet den Strafverfolgern mittlerweile eine Vielzahl von erlaubten und nicht erlaubten Mitteln, wie Funkzellen-Auswertungen, elektronische Auswertung von Datenströmen, Trojanereinschleusung, Zugriff auf ausländische Server, Handy-Überwachungen, Bewegungsbilder, Wanzeneinsatz, Positionsbestimmung per GPS, IMSI-Catcher (Geräte zum Auslesen von Handys), Observationen, Innenraum-Überwachungen, heimliche Durchsuchungen, Strukturermittlungsverfahren, Video-Überwachungen, Finanzermittlungen, Verfallsanordnungen von Geld und Wertsachen, Einsatz von V-Leuten, vorgefertigte Sperrerklärungen zur Aktenunterdrückung und vieles mehr. Hierbei sind nicht mehr die Staatsanwälte und Richter die Herren des Verfahrens, sondern der Zoll und die Polizei. Bei ihren konspirativen Aktionen entziehen sie sich weitgehend der Kontrolle. Die „Bekämpfung der Drogenkriminalität“ rechtfertigt für sie all das, was sie machen und wie sie es machen.
  • Schon im Juni 2014 wurde bekannt, dass die Überwachung mit „stiller SMS“ erheblich zugenommen hat. Schon damals war Dortmund Spitzenreiter in NRW: Unglaubliche, knapp 30.000-mal wurde diese umstrittene Methode in Dortmund im Jahr 2013 angewandt – wie viele Handy- Anschlüsse damit erreicht wurden, liegt im Dunkeln. Weder das Innenministerium in Düsseldorf noch der Polizeipräsident in Dortmund äußern sich dazu. Die Partei Piraten in Dortmund geht nach einer großen Anfrage allerdings davon aus, dass vom Polizeipräsidium Dortmund vom 01.01. bis zum 20.03.2014 allein 20.512 „stille SMS“ entsandt wurden.
  • Die Stadtverwaltung ist sehr daran interessiert, dass innerhalb des Walls bzw. rund um die Konsummeile Hellweg Armut nicht sichtbar wird. Auch hier geht es um Vertreibung, damit die Konsumenten ohne schlechtes Gewissen die Kassen der Geschäftsleute klingeln lassen. Damit dies ungestört gewährleistet ist, kommt es immer wieder vor, dass obdachlose Menschen mit einem Bußgeld überzogen werden. So geschehen zuletzt, als ein Mann an einem Kiosk am Wall übernachtete und von Mitarbeitern des Ordnungsamts aufgeweckt wurde. Man verpasste ihm ein Knöllchen wegen „Lagern und Campieren“ in Höhe von 20 Euro, zu überweisen innerhalb von 7 Werktagen. Geht das Geld bei der Stadt nicht ein, droht dem Mann eine Ersatzfreiheitsstrafe. Erst nach massivem öffentlichem Druck wurde diese Praxis eingestellt.
  • An einem Sommerabend gegen 21.00 Uhr taucht in der Münsterstraße in Höhe des „Nordpol“ ein bulliger junger Mann mit Hooligan-Outfit auf, wirft sich unvermittelt auf einen jungen schwarzen Mann und schlägt ihn zu Boden. Drei junge Leute mischen sich ein und wollen dem Überfallenen helfen. Da gibt der Angreifer sich als Zivilpolizist aus und eine junge Frau, die sich ebenfalls als Zivilpolizistin ausgibt, kommt dazu. Der junge Mann am Boden wird weiter geschlagen und dann verhaftet. Die drei jungen Leute, die dem Opfer helfen wollten, fahren zum Polizeipräsidium, um eine Anzeige gegen den Zivilpolizisten zu stellen. Während die Anzeige aufgenommen wird, klingelt das Telefon im Polizeipräsidium. Nach dem Telefonat wird dem jungen Mann vorgeworfen, sich in einen Konflikt zwischen dem schwarzen jungen Mann und den Zivilpolizisten eingemischt und versucht zu haben, den Verhafteten zu befreien. Es wurde Anzeige erstattet. Gegen den jungen Mann, der wegen Gefangenenbefreiung angezeigt war, wurde im November 2014 verhandelt. Er wurde freigesprochen. Der Richter und der Staatsanwalt lobten ihn noch für seine mutige und uneigennützige Hilfe für das Opfer dieser Polizeiaktion. Das Verfahren gegen den prügelnden Zivilpolizisten wurde schon vorher eingestellt!
  • In Anlehnung an das neue NRW-Polizeigesetz hat der Dortmunder Polizeipräsident aktuell auch weitergehende Videobeobachtungen in der Münsterstraße ins Spiel gebracht und dafür viel Beifall erhalten. Dem Polizeipräsidenten reicht das jedoch alles noch nicht, er droht: „Wir wollen weitere Verbesserungen für die Nordstadt erzielen und auf keinen Fall bei dem Erreichten stehen bleiben.“
  • Im Kampf gegen die „Clan-Kriminalität“ werden fragwürdige Durchsuchungen
    durch Polizei im Verbund mit Zoll, Ordnungs- und Gesundheitsbehörde durchgeführt. Kritiker weisen darauf hin, dass die Polizei hier eigentlich nicht tätig werden darf. Bei genau einer solchen Aktion soll ein Beamter eine schwangere Frau geschlagen, gewürgt und bedroht haben. Dieser Übergriff macht deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern die „Körperverletzung im Amt“ ein strukturelles Problem der Polizei geworden ist, die für den einzelnen Beamten meistens ohne Folgen bleibt, weil die Anzeigebereitschaft gering und Beweisführung bei dem Geschädigten schwerlich ist. Erstmalig konnten die Übergriffe, hier gegen die schwangere Frau, dokumentiert werden, was normalerweise für den Ausgang des Verfahrens ungeheuer wichtig ist. Geholfen hat der Frau das aber nicht, gegen den Schläger in Uniform wurde das Verfahren eingestellt.
Obdachlose Menschen geraten schnell in die Mühlen der Ordnungsbehörden

Das folgende Beispiel zeigt, dass sich am Vorgehen der Stadt Dortmund trotz vielfacher Proteste nichts geändert hat.

Seit Mitte Februar 2021 ist der Stadt Dortmund bekannt, dass obdachlose Menschen ein Lager an der Sporthalle Nord in der Nähe eines Städtischen Kindergartens eingerichtet haben. Da sich der Bereich, in dem das Lager errichtet wurde nicht im öffentlichen Raum befindet, konnte das Ordnungsamt keine weiteren Maßnahmen wie Platzverweise aussprechen oder gar eine Räumung durchsetzen, weil Maßnahmen nur über die Ausübung des Hausrechts (z.B. Hausverbote) durchgesetzt werden können. Weil die Durchsetzung von Hausverboten Polizeisache ist, wurde diese um Amtshilfe gebeten und sie sprach den dort angetroffenen campierenden Leuten Platzverweise aus. Die Entsorgung Dortmund wurde beauftragt die Folien, Matratzen, Decken und teilweise auch Lebensmittel als Müll zu verbringen. Die Maßnahme war jedoch nicht nachhaltig, schon einen Tag später wurden dort 3 Personen schlafend angetroffen. Die Stadt Dortmund forderte die Polizei erneut auf, Platzverweise inklusive Anzeigen auszusprechen und veranlasste, dort eine Absperrung durch Bauzäune anzubringen, um eine weitere Nutzung der Fläche zu verhindern.

Beim Umgang mit den „Problemgruppen“ klebt die Stadt Dortmund seit Jahrzehnten immer an dem gleichen Konzept, das eigentlich gar keins ist, denn mit ihren Ordnungskräften und der Polizei die marginalisierten, kriminalisierten und stigmatisierten Menschen immer nur zu vertreiben und ständig in Bewegung zu halten, jegliches Niederlassen und Ausruhen zu verhindern, ist schlicht nur widerwärtig.

Kontrollen der Einhaltung von Corona-Maßnahmen lassen Situationen eskalieren

Für ausgeschlafene Einwohner in der Stadt Dortmund ist es nichts neues und langjährige reale Praxis, dass obdachlose Menschen mit Ordnungswidrigkeiten drangsaliert werden und saftige Bußgelder zahlen müssen.

Im Rahmen der Kontrollen der Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus wurden obdachlose Menschen systematisch von Polizei und Angestellten des Ordnungsamtes, in fast immer in bis zu 10 Personen umfassenden Einsatztrupps von der Kaufmeile verjagt und mit Bußgeldern überzogen. Auf Ansprache reagieren die Einsatzkräfte äußerst gereizt bis aggressiv und verbieten unrechtmäßig Video- und Fotoaufnahmen von ihrem Handeln.

Widerstand gegen Übergriffe bzw. Rechtsmittel gegen Bußgelder einzulegen ist für die armen Betroffenen keine Lösungsmöglichkeit. Niemand wehrt sich gegen die Bußgelder und der Verwaltungsablauf nimmt schnell Fahrt auf. Die obdachlosen Menschen werden bei Nichtzahlung des Bußgeldes direkt von der Straße für Wochen, manchmal für Monate ins Gefängnis zur Erzwingung gebracht. In der Regel sind bei der Entlassung die Bußgelder noch nicht einmal abgesessen, sondern bestehen weiterhin und oben drauf drohen weitere Vollstreckungen und Gefängnisaufenthalte.

Das Vorgehen der Ordnungskräfte und Behörden im Rahmen der Kontrollen der „Corona- Maßnahmen“ gegen einen obdachlosen Mann, der auf den Rollstuhl angewiesen ist und für das Treffen draußen mit Bekannten in die Mühlen der Ordnungsbehörden geriet, wurde kürzlich endlich einmal in größerer Öffentlichkeit diskutiert. Dies wurde allerdings erst dadurch möglich, dass das Amtsgericht Dortmund ein sensationelles Urteil fällte und die Erzwingungshaft gegen den Mann abgelehnt hatte.

Der Mann hatte im vergangenen Jahr vom Ordnungsamt mehrere Ordnungsgelder wegen Verstößen gegen die Coronaschutzverordnung und wegen Bettelns erhalten. In relativ kurzer Zeit kamen insgesamt 7.325 Euro plus Verfahrenskosten zusammen, aus insgesamt 17 Delikten, von jeweils 25 Euro bis zu 2.200 Euro Bußgeld. Als der Mann nicht zahlte, wollte die Stadt Dortmund ihn ins Gefängnis schicken, um ihn zur Zahlung zu zwingen. Die Behörde stellte Anträge auf Erzwingungshaft.

Die Anträge auf Erzwingungshaft hat das Amtsgericht Dortmund im Dezember 2021 abgelehnt und war in seiner Begründung klar und deutlich: „Sinn und Zweck der Erzwingungshaft ist es, einen Zahlungsunwilligen – nicht Unfähigen – zur Zahlung einer Geldbuße zu zwingen.“ Der Betroffene verfüge „über keinerlei Einkommen“ und „lebt ‚von der Hand in den Mund‘“. Es sei „nicht ersichtlich, inwieweit der Betroffene denn seine Lebensführung bei derart hohen Geldbußen und derart bescheidenen Lebensverhältnissen noch einschränken können soll.“

Das Gericht kritisierte auch die konkrete Vorgehensweise des Ordnungsamtes. Bei der Ahndung der Verstöße „ist das Bußgeld in schematischer Anwendung teilweise enorm erhöht worden, was sogar zur Festsetzung eines einzelnen Bußgeldes in Höhe von 2.200,00 Euro geführt hat. Die offensichtlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen sind dabei nicht berücksichtigt worden.“ Es sei aber „Sache der Bußgeldbehörde schon bei der Ahndung der Ordnungswidrigkeit nur solche Geldbußen festzusetzen, die unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch einen angemessenen Sanktionscharakter haben.“ Die Erzwingungshaft soll „ausdrücklich gerade nicht den Zahlungsunfähigen treffen“.

Das Gericht stellte explizit fest, dass eine Erzwingungshaft nicht als Ersatzfreiheitsstrafe missbraucht werden dürfe oder Gerichte das tun dürfen. Deshalb würden sich Rechtsdezernent und Rechtsamt gegenüber Obdachlosen rechtswidrig verhalten.

Kriminelle Personen, Gruppenstrukturen und Zusammenhänge entdecken

In der Kriminalitätsstatistik für die Nordstadt geht die Zahl der Straftaten kontinuierlich Jahr für Jahr zurück, sie haben den niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht. Gleichzeitig werden die ordnungspolitischen Maßnahmen im Stadtteil hochgefahren. Polizei und Ordnungskräfte sehen da einen seltsamen Zusammenhang. Sie meinen im Ernst, dass sie mit der ständigen Präsenz, kontinuierlichem Druckaufbau, Gängelung von „Problemgruppen“ und freiheitseinschränkenden Maßnahmen Straftaten verhindern würden. Die Strategische Fahndung, als vorläufiger Höhepunkt der umstrittenen Polizeiarbeit in der Stadt, so glaubt die Dortmunder Polizei, sei das Mittel überhaupt für das „Sinken der Kriminalitätszahlen und für ein deutlich verbessertes Sicherheitsgefühl der Bürger“.

Strafen im Zusammenhang mit sozialen Ungleichheiten

Anstelle des polizeilichen Eigenlobs sollte jedoch vielmehr das Strafen in Zusammenhang mit sozialen Ungleichheiten gesetzt werden. Dann wird schnell deutlich, dass die Straftatenraten in der Stadt umso höher liegen, je größer die Einkommensunterschiede in der Stadtgesellschaft sind und arme Menschen immer härtere Strafen erfahren als reiche und schon für Bagatelldelikte drakonische Bestrafungen erfahren.

Die Versuche der zunehmend autoritär auftretenden Stadt, mit Polizei und Ordnungskräften die angeblich entstandenen Kontrollverluste mittels verschärften Strafrechts wieder herzustellen, führen in die Sackgasse. Um die Ruhe in der Stadt zu wahren, muss die Dosis immer wieder erhöht, die Überwachung noch umfassender, die Polizeigesetze verschärft und zur Durchsetzung des Gewaltmonopols weiter aufgerüstet werden.

Überlegt werden sollte, ob eine Lösung nicht in etwas Besserem als dem Strafrecht bestehen könnte. Es könnte beispielsweise eine frühe Konfliktlösung im und durch das soziale Umfeld von Schädigern und Geschädigten gesucht werden, die sich an Wiedergutmachung und Entschuldigung orientiert. Bekannt geworden ist das Konzept der „Restorativen Justice“ nach dem insbesondere das Opfer an der Suche nach alternativen Formen der Konfliktlösung beteiligt wird. Das Konzept könnte eine Alternative zu gängigen gerichtlichen Strafverfahren darstellen oder auch gesellschaftliche Initiativen außerhalb des Staatssystems entwickeln. Untersuchungen ergaben, dass dadurch der Rückfall reduziert und die Zufriedenheit der am Konflikt Beteiligten erhöht werden kann.

Bei der Alternative zur strafenden, autoritären Stadt muss es um eine Politik gehen, die auf allen Gebieten gegen den sozialen Ausschluss des einzelnen Menschen gerichtet ist. So eine Politik umzusetzen kommt im realen Neoliberalismus schon der Quadratur des Kreises gleich.

Quellen: Stadt Dortmund, WAZ, Lorenz Böllinger, Martin Lemke, zeit-online, monitor.de, tagesspiegel.de
Bild: 123rf cco

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Literatur-Empfehlung: „Das Bestrafen der Armen“ Von Loïc Wacqant

Morgen Gedenkdemonstration für Oury Jalloh, der vor 17 Jahren in einem Polizeirevier in Dessau verbrannte

Vor 17 Jahren verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle der Dessauer Polizei. Wurde verbrannt, muss es wohl eher richtig heißen. Denn es gab mehrere Brandversuche, Feuerexperimente, unternommen von internationalen Brandexperten – zuletzt 2021, hier mein Bericht, die sehr nahe legen, dass Jalloh sich nicht selbst angezündet haben kann. Als Schuldige kämen dann nur Polizeibeamte in Betracht. Hier finden Sie alle meine bisherigen Berichte zum Fall Oury Jalloh.

Bild von einem früheren Gedenkmarsch in Dessau. Foto: Peter Donatus

Alljährlich wird zum Protest nach Dessau aufgerufen. Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. An Händen und Füßen an eine Matratze gefesselt. Angeblich habe er sich mit einem Feuerzeug selbst angezündet. So kann das aber nicht gewesen sein, haben bisherige Versuche gezeigt. Und wo überhaupt kam das Feuerzeug her – wie konnte es trotz Untersuchung des in polizeiliches Gewahrsam genommenen Mannes aus Sierra Leone in die Zeller gelangen? Auch nach langen 17 Jahren ist sein Tod bis heute nicht aufgeklärt. Das ist eine Schande! Jalloh, wurde nur 36 Jahre alt. Er war Vater, Freund – ein Mensch aus Sierra Leone, der mit Duldungsstatus in Deutschland lebte.

Nach dem letzten Brandgutachten werden Forderungen nach einer Wiederaufnahme der Untersuchen laut. Warum wurde all die Jahre soviel vertuscht?

Empörend: die Polizei wie auch der Staat haben in diesem Fall versagt. Ähnlich wie im NSU-Komplex und bei den Ermittlungen zum Berliner Weihnachtsmarkt-Attentat. Und noch viel früher beim Anschlag auf das Münchner Oktoberfest. Da wird vertuscht und gelogen, um Schaden vom Staat abzuwenden. Aber genau das Gegenteil tritt ein, wenn keine abschließende und letztlich aufklärende Ermittlung und die Bestrafung der Täter erfolgt.

27801650-ein-graffiti-in-greifswald-1mezczfj90a7Im Fall Oury Jalloh wurde bislang lediglich der Dienstgruppenleiter jener Nacht, in welcher Jalloh im Dessauer Polizeirevier  in Gewahrsam war in der ersten Revision 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von knapp 11.000 Euro verurteilt wurde. Ihm wurde vorgeworfen, er hätte Jalloh hätte besser überwachen müssen. Stattdessen hatte er diese abgestellt, so dass der Brand erst zu spät bemerkt werden konnte.

Diejenigen, welcher morgen in Dessau des Todes von Oury Jalloh gedenken und gegen die empörende Nicht-Aufklärung protestieren und klagen weiter an: „Oury Jalloh – das war Mord“. Siebzehn Jahre nach dessen Tod werden sie nicht müde, akribische Aufklärung und Bestrafung der Täter zu fordern.

Im Lichte der aktuellen Bestandsaufnahme sowie des jüngsten Brandgutachtens steht zum 17. Todestag Jallohs nun erneut die Forderung nach einer Wiederaufnahme der Mordermittlungen auf der Tagesordnung.

Informationen über Anreisemöglichkeiten nach Dessau für den 7. Januar 2022 hier.

#OuryJallohDaswarMord

Anreiseplattform hier auf Facebook.

Offener Brief

von Mouctar Bah, Freund von Oury Jalloh, an Generalbundesanwalt, Justizminister und Innenministerin

Anlässlich des 17. Todestag von Oury Jalloh fordert Mouctar Bah, enger Freund von Jalloh und Aktivist, von der neuen Bundesregierung eine lückenlose Aufklärung. Sein Einsatz ist unermüdlich und unentbehrlich. Ohne ihn und die Aktiven der Initiative Oury Jalloh wäre sein Fall heute sicher kein Thema mehr. Seinen offenen Brief, mit dem er nach einem neuen Gutachten erneut appelliert, haben zahlreiche, namenhafte Personen und Organisationen aus Wissenschaft, Kultur, Medien und Zivilgesellschaft unterschrieben.

Mouctar Bah
Freund von Oury Jalloh
und Aktivist in der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Dessau, 6.1.2022

BREAK THE SILENCE – OFFENER BRIEF

An Herrn Generalbundesanwalt Peter Frank,
an Herrn Justizminister Marco Buschmann,
an Frau Innenministerin Nancy Faeser,

Unser Bruder Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von deutschen Polizisten in einer Polizeizelle in Dessau-Roßlau verbrannt. Er wurde ohne Gerichtsbeschluss festgehalten und an Händen und Füßen an eine feuerfeste Matratze gefesselt. Fast 17 Jahre sind seit seinem grausamen Tod vergangen. Doch von Beginn an stellte die ermittelnde Polizei und staatliche Behörde die Lüge auf, er habe sich selbst angezündet. Noch heute halten sie trotz gegenteiliger Evidenz an dieser Behauptung fest. Daher kämpfen wir, Oury Jallohs Familie, Freund*innen und viele Aktivist*innen seit fast 17 Jahren für Aufklärung, Gerechtigkeit und dafür, die Wahrheit aufzudecken. Mit diesem offenen Brief wende ich mich anlässlich des Todestags daher heute an Sie.

Neues, unabhängiges Gutachten

Im November 2021 wurden die Ergebnisse eines weiteren, unabhängigen forensischen Gutachtens veröffentlicht, das von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh organisiert wurde. In Zusammenarbeit mit internationalen Expert*innen aus Film, Performance und Wissenschaft wurde dabei tatortgetreu die Zelle 5 des Dessauer Polizeireviers rekonstruiert. Die  durchgeführten Bewegungs- und Brandversuche bestätigten erneut, dass Oury sich nicht selbst angezündet haben kann.

Im Einzelnen führen die Versuche zu folgenden Schlüssen:

●              Oury Jalloh hatte in der Vier-Punkt-Fixierung nicht den ausreichenden Handlungsspielraum, um die feuerfeste Matratze selbst anzuzünden.

●              Es wurde mit Sicherheit Brandbeschleuniger verwendet (möglicherweise ca. 2,5l Benzin).

●             Die Zellentür muss offen gestanden haben, um eine ausreichende Luftzufuhr für die tatsächlich Branddauer von einer halben Stunde zu gewährleisten.

Nur unter diesen Parametern war es möglich, das Brandbild des Tatorts vom 07.01.2005 zu rekonstruieren. Dies untermauert die auf forensisch-wissenschaftlicher Grundlage gewonnenen Fakten: Oury Jalloh wurde in der Zelle 5 in der Dessau-Roßlauer in Polizeigewahrsam gefoltert und umgebracht.

Struktureller Rassismus

Spätestens seit den Black Lives Matter-Protesten wurde die Dimension von Anti-Schwarzem Rassismus auch hierzulande stärker thematisiert. Doch eine verstärkte Solidarisierung mit Oury Jalloh blieb seitens der Politik weiterhin aus. Wer in Deutschland #JusticeforGeorgeFloyd fordert, ohne die Aufklärung für ihn und weitere Schwarze Menschen zu fordern, verkennt die Realität gesellschaftlicher Macht- und Ungleichheitsverhältnisse in Deutschland.

Auch der Afrozensus, die erste statistische Befragung zu Schwarzen Lebensrealitäten in Deutschland, verdeutlicht den unzureichenden Schutz und Umgang mit Rassismus als eines der größten gesamtgesellschaftlichen Probleme in Deutschland. Die BI_PoC Communities in Deutschland und alle aktiven Unterstützer*innen wissen: Rassismus in Deutschland ist allgegenwärtig.

Bei der unabhängigen, selbstorganisierten Recherche- und Aufklärungsarbeit konnte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh darüber hinaus feststellen, dass die ermittelnden  Behörden, Gerichte und Politiker*innen neben dem Mord an Bruder Oury Jalloh (2005) auch die Morde an Hans-Jürgen Rose (1997) und Mario Bichtemann (2002) im selben Polizeirevier in Dessau-Roßlau übersehen und vertuschen wollten. Um die Dimension der Fälle zu verdeutlichen, wird seit der Veröffentlichung dieser Erkenntnisse im Oktober 2018 deshalb vom „OURY- JALLOH-KOMPLEX“ gesprochen.

2017 haben UN-Expert*innen in ihrem Bericht die rassistischen Strukturen in Deutschland stark problematisiert und zum Aufbau unabhängiger Ermittlungsstrukturen geraten. Hier wurde auch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh genannt. Mit großer Sorge wurde neben dessen Ermordung auch die ungeklärten Todesfälle weiterer Schwarzer Menschen in Deutschland wie Christy Schwundeck, Laye-Alama Condé oder N’deye Mariame Sarr adressiert. Seit der Einberufung der „UN- Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft 2015-2024“ ist jedoch wenig geschehen.

Die Strukturen innerhalb von Justiz, Politik und Polizei sind Teil des Problems

Die Ermittlungen im Fall von Oury Jalloh wurden 2017 von der Staatsanwaltschaft Halle eingestellt und 2018 von der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg bestätigt. Zudem lehnte 2019 nicht nur der Landtag Sachsen-Anhalt einen Untersuchungsausschuss im Fall von Oury Jalloh, sondern auch das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg den Antrag auf Klageerzwingung von der Rechtsanwältin der Familie Oury Jallohs ab. Sie wird daher Anzeige gegen die zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wegen Strafvereitelung im Amt stellen, und fordert sogleich die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen die bereits namentlich bekannten Polizeibeamten des Dessauer Reviers.

OURY JALLOH – DAS WAR MORD! – BREAK THE SILENCE!                                                    

Mouctar Bah

Bei weiteren Fragen zur unabhängigen Aufklärung, wenden Sie sich bitte an:
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Pressekontakt: de/en +49 152 10792107
https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/
Mail: initiative-ouryjalloh@so36.net

Mitunterzeichnungen

Zusammen mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh und vielen Unterstützer*innen stehe ich hinter der Familie.

Die bisherige Bundesregierung hat die Wahrheit nicht aufgeklärt, sich aktiv dagegen gestellt und damit an der Behauptung der Selbstanzündungsthese mitgewirkt und diese aufrechterhalten. Es ist klar, dass die Morde und polizeiliches Verschulden und Vertuschen aufzudecken und anzuerkennen, weitreichende politische Konsequenzen hätte. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es jetzt, dass die Arbeit gegen Rassismus, insbesondere den gegen Schwarze Menschen gestärkt werden soll. Diese Erklärung ist bindend und bedeutet auch, den Fall Oury Jallohs nun endlich aufzuklären.

Es führt kein Weg daran vorbei: Die Generalbundesanwalt und Politiker*innen der neuen Bundesregierung, müssen sich der Verantwortung stellen. Denn wer dafür sorgt, dass der OURY-JALLOH-KOMPLEX von staatlicher Seite unaufgeklärt bleibt, und die wissenschaftlich bestätigten Faktenlage nicht anerkennt, ist Teil des Problems!

Unterzeichner*innen:

Personen

  • Achan Malonda, Musikerin & Aktivistin

  • Aidan Riebensahm, Expert:in für dekoloniale und postkoloniale Theorien und Strategien

  • Aileen Puhlmann, Leitung Lemonaid & ChariTea e.V.

  • Aisha Camara, Kommunikationsberaterin, Moderatorin

  • Alice Hasters, Autorin und Journalistin

  • Amewu, Musiker

  • Amina Aziz, Autorin

  • Aminata Belli, Journalistin und Moderatorin 

  • Amira Haruna,Bloggerin 

  • Anab Awale, Co-Leiterin der Koordinierungsstelle bei Decolonize Berlin e.V. und ISD Mitglied

  • Anna Dushime, Journalistin und Podcasterin

  • Armand Zorn, Mitglied des Deutschen Bundestags, SPD-Fraktion

  • Aslı Özarslan, Filmemacherin

  • Atahan Demirel, Politischer Aktivist

  • Austen P. Brandt, Pfarrer und Antirassismustrainer 

  • Ayesha Khan, Autorin

  • Bafta Sarbo, Vorstand Initiative Schwarze Menschen in Deutschland 

  • Betânia Ramos Schröder, Mitbegründerin von Afrobas, BasilNilê e.V. Mitglied und Mitbegründerin der Initiative Pawlo-Massoso e.V.

  • Biplab Basu, Berater, ReachOut Berlin 

  • Blaise Francis, Rechtsanwalt

  • Boaz Murinzi Murema, Vorstand Bantu e.V. und EIRENE e.V.

  • Celina Bostic, Musikerin

  • Charlotte Njikoufon, 1. Vorsitzende – Kone Netzwerk zur Förderung Kommunikativen Handelns e.V.

  • Jan aka Chaoze One, Musiker

  • Canan Turan, Filmwissenschaftlerin und Filmemacherin

  • Christelle Nkwendja-Ngnoubamdjum, Autorin, Aktivistin

  • Ciani-Sophie Hoeder, Journalistin, Gründerin Rosa Mag

  • Dr. Daniel Loick, Philosoph, Amsterdam

  • David Mayonga, Moderator

  • Deborah Krieg, Bildungsreferentin

  • Dr. Céline Barry, Vorstandsmitglied des FG DeKolonial e.V

  • Dr. Felix Axster, Koordinator Standort Berlin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt

  • Dr. Jeanette Ehrmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Politische Theorie und Ideengeschichte am Institut für Politikwissenschaft der Justus- Liebig-Universität Gießen

  • Dr. Mahret Ifeoma Kupka, Kuratorin

  • Dr. Manuela Bauche, Historikerin, Freie Universität Berlin

  • Dr. Maria Alexopoulou, Historikerin, Zentrum für Antisemitismusforschung (TU Berlin)/ Universität Mannheim

  • Dr. Mariam Popal, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, Universität Bayreuth

  • Dr. Marion Kraft, Autorin

  • Dr. Miriam Schroer-Hippel, Sozialwissenschaftlerin

  • Mirrianne Mahn, Stadtverordnete, Frankfurt 

  • Dr. Noa K. Ha, postkoloniale Stadtforscherin

  • Dr. Onur Suzan Nobrega, Soziologin

  • Dr. Sina Arnold, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin

  • Dr. Sué González Hauck, Rechtswissenschaftlerin

  • Dr. Yasemin Shooman, Historikerin

  • Dr. Harpreet Cholia, Soziologin

  • Eleonore Wiedenroth-Coulibaly, Autorin

  • Emilene Wopana Mudimu, Sozialarbeiterin, Co-Leiterin Kingz Corner

  • Emilia Zenzile Roig, Politikwissenschaftlerin, Center for Intersectional Justice 

  • Emre Telyakar, Stadtverordneter, Frankfurt

  • Enrico Ippolito, Autor

  • Fatma Aydemir, Schriftstellerin und Journalistin

  • Fatma Çelik, Geschäftsführerin von ndo e.V.

  • Ferda Ataman, Publizistin

  • Ferat Ali Kocak, Antirassistischer Aktivist und Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin

  • Gülşah Stapel, Kulturerbe und Erinnerungsforscherin

  • Hadija Haruna-Oelker, Autorin 

  • Hadnet Tesfai, Moderatorin

  • Hami Nguyen, Politische Bildungsreferentin

  • Hanna Diederich, Diplom-Sozialarbeiterin /-pädagogin

  • Harpreet Cholia, Soziologin

  • Hengameh Yaghoobifarah, Autorin 

  • Ibrahim Arslan, Aktivist, Überlebender Brandanschlag Mölln

  • Idil Baydar, Comedian

  • Idil Efe, Agentin für Diversität – Stadtmuseum Berlin

  • Isidora Randjelović, Leiterin Archiv RomaniPhen

  • Jasmina Kuhnke, Autorin 

  • Jasmin Giama-Gerdes, Politische Bildungsreferentin

  • Jean Peters, Gründungsmitglied des Peng Kollektivs und Journalist

  • Jeanne Nzakizabandi, Kuratorin

  • Jeff Kwasi Klein, Politischer Aktivist

  • Joshua Kwesi Aikins, Politikwissenschaftler, Universität Kassel

  • Karnik Gregorian, Journalist und Regisseur

  • Katja Musafiri, Journalistin 

  • Kutlu Yurtseven, Sozialarbeiter, Aktivist

  • Laura Cazés, Autorin, Speakerin

  • Leo Fischer, Autor

  • Lucia Muriel, Diplom-Psychologin

  • Mal Élevé, Musiker

  • Maria Alexopoulou, Historikerin, Universität Mannheim 

  • Max Czollek, Lyriker

  • Megaloh, Musiker

  • Melane Nkounkolo, Sängerin und Songwriterin

  • Motsi Mabuse, Choreographin, Wertungsrichterin

  • Nava Zarabian, politische Bildungsreferentin

  • Ngozi Odenigbo, Ärztin und Mitgebegründerin von Black in Medicine e.V.

  • Nikeata Thompson, Autorin, Moderatorin, Choreographin

  • Nuran Yiğit, Diplom-Pädagogin

  • Olivia Sarma, Bildungsreferentin, Vorstand VBRG e.V.

  • Olivia Wenzel, Autorin 

  • Özcan Karadeniz, Politikwissenschaftler

  • Dr. Patrice G. Poutrus, Historiker, Universität Erfurt

  • Pearl Hahn, Stadtverordnete Die Linke. Fraktion im Römer

  • Prof. Dr. Annita Kalpaka, Professorin für Soziale Arbeit, HAW Hamburg

  • Prof. Dr. Encarnación Gutiérrez Rodríguez, Soziologin, Justus-Liebig-Universität Gießen

  • Prof. Dr. Iman Attia, Professorin für Critical Diversity Studies, Alice Salomon Hochschule Berlin

  • Prof. Dr. Jin Haritaworn, Associate Professor, York Universität, Kanada

  • Prof. Dr. Karim Fereidooni, Rassismus- Bildungsforscher, Ruhr-Universität Bochum

  • Prof. Dr. Manuela Bojadžijev, Migrationsforscherin, Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin

  • Prof. Dr. Natasha A. Kelly, Kommunikationswissenschaftlerin, Kade Gastprofessur Colorado College USA

  • Prof. Dr. Naika Foroutan, Sozialwissenschaftlerin, HU Berlin

  • Prof. Dr. Susanne Spindler, Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften, Hochschule Düsseldorf

  • Prof. Dr. Sabine Hess, Universität Göttingen, Vorstandsmitglied des Rats für Migration

  • Raul Krauthausen, Schauspieler, Aktivist

  • Refpolk, Musiker

  • Ria Cheatom, Mitbegründerin von ADEFRA e.V.

  • Ridal Carel Tchoukuegno, Journalist

  • SchwarzRund, Autor*in und Wissenschaftler*in

  • Sebastian Fleary, Diplom-Pädagoge, Theaterpädagoge, freier Trainer für Empowerment, politische und politisch-historische Bildungsarbeit

  • Seda Başay-Yıldız, Rechtsanwältin

  • Sharon Dodua Otoo, Schriftstellerin 

  • Sharonda Quainoo, Illustratorin

  • Sheila Camaroti, AfroBraz – Frankfurt

  • Simone Dede Ayivi, Autorin und Theatermacherin

  • Siraad Wiedenroth, Geschäftsführerin ISD Bund e.V.

  • Tahir Della, Sprecher ISD Bund e.V. 

  • Tarik Tesfu, Moderator

  • Tayo Awosusi-Onutor, Autorin

  • Thelma Buabeng, Schauspielerin, Moderatorin

  • Tupoka Ogette, Vermittlerin für Rassismuskritik und Autorin

  • Dr Vanessa E. Thompson, Assistant Professor, Queens University 

  • Yezenia León Mezu, politische:r Bildungsreferent:in und Übersetzer:in

  • Zuher Jazmati, politischer Bildungsreferent, Campaigner

Organisationen

  • ADAN e.V. – Afro Deutsches Akademiker Netzwerk

  • ADEFRA e.V.

  • AfroPolitan Berlin

  • Allianz gegen Racial Profiling

  • BADU Berlin

  • BIPoC Gruppe der Universität Hildesheim

  • RomaniPhen Archiv

  • Bildungsstätte Anne Frank

  • CIJ – Center for Intersectional Justice

  • Copwatch FFM

  • Copwatch Leipzig 

  • Decolonize Berlin e.V.

  • Die Urbane. Eine HipHop Partei

  • Die Urbane. – eine HipHop Partei

  • Each One Teach One (EOTO) e.V.

  • FG DeKolonial e.V. – Fachgesellschaft für rassismuskritische, postkoloniale und dekoloniale Theorie und Praxis

  • Flüchtlingsrat Berlin e.V. 

  • glokal e.V.

  • Herkesin Meydanı- Platz für Alle

  • Initiative „Keupstraße ist überall“

  • Initiative 19. Februar Hanau

  • Initiative 6. April Kassel

  • Inter Bereich der Fachstelle Trans*Inter*Queer

  • Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, ISD-Bund e.V. 

  • ISD Hannover

  • International Independent Commission on the Death of Oury Jalloh

  • KARFI – Schwarzes Kollektiv für Empowerment und rassismuskritische Bildung (Frankfurt a.M./Hannover/Hildesheim)

  • KGP – Kooperation gegen Polizeigewalt Sachsen

  • KOP (Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt)

  • Literarische Diverse Verlag

  • Microphone Mafia

  • Migration Hub Heidelberg

  • Mono & Nikitaman

  • NARUD e.V.

  • NDO – Neue deutsche Organisationen e.V.

  • Phoenix e.V. – für eine Kultur der Verständigung

  • Reach Out – ARIBA e.V.

  • Referat für Antirassismus der Humboldt-Universität

  • Romaniphen e.V.

  • RomaTrial e.V.

  • Rosa Luxemburg Initiative Bremen

  • Schwarze Schweiz Online Archiv

  • Seebrücke 

  • Side by Side Nordhessen e.V.

  • Sonnenblumen Community Development Group e.V.

  • Streikbündnis Achter Mai

  • SWANS Initiative

  • Ubuntu e.V.

  • United Colors Friedberg

  • Verband binationaler Familien und Partnerschaften – Geschäfts- und Beratungsstelle Leipzig

  • VBRG e.V. – Verband der Beratungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt

  • Verlagskollektiv edition assemblage

  • Youth against Racism

 

Chronik ab 2005 via Facebook.

Stellungnahme der Internationalen Unabhängigen Kommission zum Tod von Oury Jalloh – zum Feuerexperiment vom Oktober 2021

#breakthesilence

Die Kommission bedankt sich bei den Familienangehörigen von Oury Jalloh, der Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh, Filmemachern, Brandexperten und Technikern dafür, dass sie uns eine sehr aufschlussreiche Perspektive auf die Ereignisse vom 7. Januar 2005 im Dessauer Polizeirevier vermittelt haben.

Die Videoinstallation, die wir gesehen haben, hat uns in einer Weise zu Zeugen der Ereignisse gemacht, wie es bisher nicht möglich war. Die heutige Konferenz ist ein Beleg für die unermüdlichen und langjährigen Bemühungen der Hinterbliebenen, Freunde und Unterstützer aus ganz Deutschland, die bis heute nicht davon überzeugt sind, dass Herr Jalloh sich auf die Art und Weise verbrannt haben könnte, wie es während… …des Gerichtsverfahrens behauptet wurde.
Dieser neue Brandversuch hat die physikalischen Dimensionen und Eigenschaften der Zelle Nr. 5 mit hoher Genauigkeit reproduziert. Die Auswertung des Experiments durch den Brandexperten Ian Peck deutet darauf hin, dass die Bilder der Brandschäden aus dem Jahr 2005, einschließlich der Schäden an Herrn Jallohs Körper, der Matratze und den Wänden von Zelle Nr. 5, stark mit den Bildern übereinstimmen, die in diesem neuen, im letzten Monat abgeschlossenen Brandexperiment erzeugt wurden. Herr Peck analysierte die Rauchflecken an den Wänden und prüfte sorgfältig die Materialien, die verwendet wurden, um den physischen Raum, die Matratze und Herrn Jallohs Körper nachzustellen. Ein entscheidender Punkt ist, dass der Brandschaden in dem Experiment durch das Übergießen des Körpers und der Matratze mit 2,5 Litern Benzin verursacht wurde. Nach Ansicht von Herrn Peck ist es „höchstwahrscheinlich, dass am 7. Januar 2005 eine Menge einer flüchtigen entzündbaren Flüssigkeit wie Benzin über Herrn Jalloh gegossen und absichtlich entzündet wurde“. 

Dies ist erschreckend und sollte Anlass zu tiefer Besorgnis, intensivem Nachdenken und möglicherweise neuen rechtlichen Schritten und eine strenge Untersuchung sein. Die Kommission betrachtet die Forderung der Familie von Oury Jalloh, die Ermittlungen zum Tod von Herrn Jalloh wieder aufzunehmen, als entscheidend für den Schutz der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. 

Diese Beweise sollten die Regierung dazu ermutigen, alle nicht veröffentlichten Dokumente oder Beweise in diesem Fall freizugeben und allen Hinweisen nachzugehen, um die tatsächliche Todesursache zu ermitteln. Unserer Ansicht nach haben dieses Experiment und die letzten unabhängigen Berichte, die wir geprüft haben, nicht nur gezeigt, dass Oury Jalloh durch äußere Gewalt schwer verletzt wurde, sondern auch, dass das Feuer durch äußere Quellen und mit einer volatilen entzündbaren… …Flüssigkeit erzeugt wurde.

Die Kommission wird das auf der heutigen Pressekonferenz (am 3. Oktober 2021) vorgestellte Material in den kommenden Wochen und Monaten im Rahmen unserer Gesamtbeurteilung des Todesfalls Jalloh prüfen. initiativeouryjalloh | 9. November 2021 um 17:02 | 

Internationale Pressekonferenz in Gedenken an Oury Jalloh. Neue Erkenntnisse im Fall des in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten Mannes

Pressemitteilung anlässlich der internationalen Pressekonferenz am 3.11.2021

Neues Brandgutachten beweist nachdrücklich und zweifelsfrei:

Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 vermutlich von Polizeibeamten verbrannt!

Der internationale Brandexperte Iain Peck widerlegt die vorsätzlich falsch konstruierten Behauptungen der Generalstaatsanwaltschaft von Sachsen-Anhalt, Oury Jalloh habe das Feuer selbst gelegt.

Familie von Oury Jalloh stellt Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg und fordert Wiederaufnahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft.

Das neue Brandgutachten basiert auf Brandversuchen zur Rekonstruktion des Tatortes vom 7. Januar 2005 in einem originalgetreuen Nachbau der Zelle 5 des Polizeireviers Dessau. Der britische Brandsachverständige Iain Peck kommt darin zu dem Ergebnis, dass der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh von Polizeibeamten angezündet worden sein muss.

Darüber hinaus haben im Vorfeld durchgeführte Bewegungsversuche einer gleichermaßen 4-Punkt fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße gezeigt, dass Oury Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden.

Aufgrund der eindeutigen Spurenlage am Feuerzeug (Abwesenheit von Oury Jallohs DNA & Faserresten seiner Kleidung als auch der Matratze, statt dessen zahlreiche tatortfremde Spuren und Tierhaare) hatte Iain Peck bereits in seinem Gutachten im Jahr 2015 ausgeschlossen, dass dieses Feuerzeug tatsächlich im Brandschutt der Zelle 5 gelegen haben kann. Der vorgeführte Feuerzeugrest wurde auch nicht am Tatort gefunden, sondern erst drei Tage später auf eine Asservatenliste hinzugefügt. Es handelt sich demnach eindeutig um eine manipuliertes Beweismittel.

Das Ergebnis des neuen Brandgutachtens steht zudem in Einklang mit den Ergebnissen des unabhängigen, fachradiologischen Gutachtens von Dr. Boris Bodelle aus dem Jahr 2019. Dieses belegt, dass Oury Jalloh vor seinem Tod ein Nasen- bzw. Schädelbruch sowie offensichtlich mehrere Rippenbrüche zugefügt worden waren. Das Ergebnis steht ebenfalls in Einklang mit allen toxikologischen Befunden (kein Noradrenalin im Urin, kein Kohlenmonoxid im Herzblut), die darauf schließen lassen, dass Oury Jalloh zum Zeitpunkt der Brandlegung entweder bewusstlos oder bereits tot war.

Die Familie Oury Jallohs fordert die sofortige Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen Mordes gegen die bereits namentlich bekannten Polizeibeamten des Reviers und stellt gleichfalls Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen die für die Einstellung der Mordermittlungen zuständigen Oberstaatsanwälte der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg.

Zur gestrigen Pressekonferenz (gesehen via Livestream)

wp-1635867608866Knapp 17 Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau will eine Initiative mit einem erneuten Brandtest und einem Film belegen, dass Jalloh angezündet wurde. Dazu wurde die Situation in der Polizeizelle am 7. Januar 2005 von einem beauftragten britischen Brandschutz-Gutachter nachgestellt, ein künstlicher Körper mit Benzin übergossen und angezündet, wie die Initiative am Mittwoch in einer Pressekonferenz erläuterte. Der Verlauf des Feuers wurde mit mehreren Kameras gefilmt und der Endzustand mit Fotos vom echten Brandort verglichen.

Der Brandschutzexperte Iain Peck erklärte dazu, seiner Meinung nach zeigten die Ergebnisse, dass es am wahrscheinlichsten sei, dass Jalloh mit einer Flüssigkeit wie Benzin übergossen und entzündet worden sei. Nach dem Brandtest mit 2,5 Litern Benzin hätten sich der Nachbau der Zelle, die Matratze und der künstliche Körper (man hatte einen Dummy aus Schweinehaut und -stücken angezündet). Dieser und die Matratze hätten jedoch erst ähnliche Brandspuren wie Jalloh und die Original-Matratze gezeigt, als Benzin zum Einsatz kam. in einem ähnlich verbrannten Zustand befunden wie die Leiche von Jalloh in der Originalzelle, wie sie auf Fotos zu erkennen sei. Ohne Benzin seien so ein Feuer und so starke Brandspuren nicht möglich. Ein vergleichbares Brandgutachten wurde von der Initiative bereits früher präsentiert.

 

Quelle: InitiativeOuryJalloh

Beitragsbild: P. Donatus

Der britische Brandexperte Iain Peck

Links: nach dem Versuch. Rechts: Bild aus dem Video vom Tatort. Fotos via Initiative Oury Jalloh.

Morgen in Berlin und per Livestream: Internationale Pressekonferenz der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Am 7. Januar 2005 verbrannte in einer Dessauer Polizeizelle ein junge Mann aus Sierra Leone namens Oury Jalloh. Der Mann war an Händen und Füssen gefesselt. Er soll die Matratze mit einem Feuerzeug selbst entzündet haben. Schon diese Behauptung ist abenteuerlich. Aber wurde er denn nicht bevor er in die Zelle gebracht wurde durchsucht, wie das gewiss Vorschrift ist? Wie konnte er dennoch ein Feuerzeug in die Zelle bringen? Beziehungsweise: Wer sonst hat es dort platziert?

Am 21. August 2017 erschien ein Kommentar der Journalistin Susan Bonath auf KenFM (heute apolut.) zum Fall:

Vergangene Woche geriet ein Fall mal wieder in die Schlagzeilen, der mich seit 2011 beschäftigt: Der Feuertod von Oury Jalloh im Polizeirevier Dessau. Der an Händen und Füßen gefesselte Asylbewerber verbrannte im Januar 2005 in einer gefliesten Schlichtzelle binnen 20 Minuten bis zur Unkenntlichkeit. Von der feuerfest umhüllten Matratze blieb nur Schutt übrig.“ (…) Weiterlesen hier.

Mouctar Bah lädt für morgen „herzlich zu einer Pressekonferenz ein. „Diese findet morgen am Mittwoch, 3.11.2021 (10-11 Uhr) statt“, schreibt er, „und wir veröffentlichen in Berlin & per Livestream ein neues Gutachten des britischen Brandexperten Iain Peck für eine weitere Aufklärung im Fall meines Freundes Oury Jalloh.
Nachdem sich auch nach unserer Petitionsübergabe an die SPD in Sachsen Anhalt wieder nichts in Richtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses bewegt hat (Schande!) und die Politik weiter mauert, haben wir von der Initiative Oury Jalloh e.V. die Dinge erneut selbst in die Hand genommen.“

Weiter heißt es in der Einladung:Mehr als 16 Jahre nach der Tat ist es gelungen, den Brandverlauf und den Tatort zu rekonstruieren. Daraus ergeben sich grundlegend neue Erkenntnisse zum tatsächlichen Tathergang, die mit Hilfe einer professionellen Visualisierung des gesellschaftskritischen Filmemachers Mario Pfeifer sichtbar gemacht werden.“

Neue Erkenntnisse im Fall Oury Jalloh:

Originalgetreue Rekonstruktion des Tatortes Zelle 5 / Polizeirevier Dessau.

Wann:  

Mittwoch, 3.11.2021: 10 – 11 Uhr

Ort:

Galerie KOW, Lindenstraße 35, 10969 Berlin (U-Bhf Kochstraße)
Für eine Teilnahme vor Ort Bitte um Anmeldung per Mail bis zum 2.11.2021:   initiative-ouryjalloh@so36.net

Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Plätze am Veranstaltungsort leider sehr limitiert. Deshalb werden wir die Pressekonferenz per LIVESTREAM übertragen: Den Livestream findet Ihr auf unserer Homepage: https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/ 

Bitte gebt die Info es an Freund*innen und Bekannte und vor Allem Journalist*innen weiter.

Herzliche Grüße,
Euer Mouctar“

Quelle: Pressemitteilung Initiative Oury Jalloh

Hier ein Trailer zur Pressekonferenz: 

Mouctar Bah, Freund von Oury Jalloh. Foto: Claus Stille

Von der Querdenken231-Demo in Dortmund. Absoluter Höhepunkt: Kriminalhauptkommissar verteidigt das Grundgesetz

Von Claus Stille

Am Sonntag war es nun soweit: Die Demo für „Frieden & Freiheit“ ging in Dortmund über die Bühne.

Ich war vor Ort, um darüber zu berichten. Allerdings nur bis ca. 19:45 Uhr. Die Teilnehmerzahl soll 3.000 betragen haben.

Einige Medien stimmten ihre Rezipienten auf die übliche Weise ein. Und berichteten dementsprechend auch im Nachhinein

Im Vorfeld kündigten einige Medien die Veranstaltung auf dem Hansaplatz in Dortmund dementsprechend – in diffamierender Weise an, damit die Leser*innen gleich wussten, was sie über die Demo zu denken hatten. Im Wesentlichen war davon die Rede, dass sich in Dortmund „Coronaleugner“ treffen wollten. Wie dann die Nachberichterstattung ausfallen würde, konnte man sich auch ausmalen. Und so kam es. Es ist inzwischen auch u.a. hier zu lesen. Auch der hetzerisch tönende Bericht der WDR-Lokalzeit Dortmund von Cristof Voigt folgt dieser Ideologie. Und da beschwert sich der WDR-Mann in seinem Stück darüber, dass die Menschen auf dem Platz so ablehnend gegenüber dem Reporter auftraten? Ich muss schon sehr bitten! Den Vogel schoss mal wieder der Blogger Robert Rutkowski (Korallenherz) ab. Er wirft den Demonstranten in dieser WDR-Lokalzeit vor, einen Umsturz im Sinne zu haben, wovon doch nur rechte Kräfte profitieren würden. Wer nur einen Hammer hat, sieht eben überall nur Nägel.

Anmerkung: DDR 2.0? Die DDR-Medien diffamierten Menschen, die Kritik am Staat übten, in nicht viel anderer Weise. Diese Gefühl vermittelt sich einen. Jedenfalls, wenn man aus der DDR in dieses Land gekommen ist, wie ich. Und das ging auch dem Journalisten Boris Reitschuster („Reitschuster.de) so. Milena Preradovic („Punkt.PRERADOVIC) hat mit ihm darüber gesprochen. Reitschuster spricht im Interview auch über Georg Restle, ein alter Kollege von Reitschuster aus Moskauer Zeiten, der beim ihm am Küchentisch gesessen habe und sich betreffs gewisser Umstände „ausgeheult“ habe. Dann aber kurze Zeit in einem Podiumsgespräch quasi entgegengesetzt seiner Kritik getönt habe. Auch das kenne ich aus DDR-Zeiten. Oft traf ich nach Premierenfeiern am Theater meiner Heimatstadt einen hervorragenden Kulturjournalisten (er arbeitete bei einer Bezirkszeitung der SED), der sich dort regelmäßig (und auch anderswo) mit reichlich Alkohol regelrecht „zulötete“. Er konnte halt auch nicht so schreiben wie er gern gewollt hätte. Und bei ihm kam noch hinzu, dass man ihm wohl aus politischen Gründen zuvor seinen ursprünglichen Berufswunsch Schauspieler zerstört hatte.

Blinde Berichterstattung – Sind alle Kritiker Covidioten? Punkt.PRERADOVIC mit Boris Reitschuster

Bei Querdenken231 waren Menschen aus vielen Spektren – sozusagen querbeet durch die Bevölkerung anzutreffen

Mein Eindruck von der Kundgebung auf dem Hansaplatz: Dort waren Leute aus vielen Teilen der Bevölkerung anzutreffen. Die, das war auch in kurzen Gesprächen mit ihnen zu erfahren, meist beunruhigt waren über die in der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierung. Auch über das Durcheinander, das Hüh und Hott, das dabei geherrscht hat und heute teilweise noch herrscht.

Mit Sicherheit waren dort auch Leute anzutreffen, die Existenz des Corona-Virus leugnen oder zumindest kritisch infrage stellen. Einzelne Personen, Frauen, Männer und selbst Familien mit Kindern waren zu sehen. Auch ein paar Menschen mit eher rechter Gesinnung erkannte man. Aber, das war eine Minderheit. Auch Esoteriker. Ich würde sagen: die meisten Menschen waren solche, denen man tagtäglich im Supermarkt begegnen kann oder mit denen man im Berufsleben zu tun hat. Klar, man wird sie nicht immer alle mögen oder gar lieben. Das muss man auch nicht. So ist das Leben. Aber sie einschlägig als rechts und Verschwörungstheoretiker zu verdammen, dass ist überheblich und unredlich. So spaltet man die Gesellschaft immer mehr.

Menschen könnten sich deswegen immer mehr abkapseln und der Gesellschaft möglicherweise für immer verlustig gehen. Könne wir das wollen? Was sind das für Politiker, was sind das für Medien, denen Menschen, die arg verunsichert und auch empört sind über die Verhältnisse und Zustände (auch bereits vor Corona) in diesem Land, offenbar nur völlig wurscht sind? Oder warum diffamieren sie diese Menschen? Was wird wohl erst im Herbst sein, wenn es Pleiten regnet und Massenarbeitslosigkeit droht – wenn es also gehörig wummst? Und wohlbemerkt: Ganz und gar nicht so, wie das ein Finanzminister Olaf Scholz, der nun zu allem Überfluss auch noch zum Kanzlerkandidat einer Partei bestimmt wurde, die einst sozialdemokratisch war, mal gemeint hat. Diese sich auf der richtigen Seite wähnenden Politiker und Medien könnten sich in einer ruhigen Minuten einmal Gedanken darüber machen, warum die DDR zu Bruch gegangen ist.

Und nach den Ursachen, warum die Menschen so denken, zu fragen wird einfach nicht gefragt.

Auch viele Slogans auf unterschiedlichen mitgeführten Plakaten würde ich nie und nimmer teilen. Aber die Menschen sollen doch ihre Meinung mitteilen.

Und, frage ich einmal ketzerisch: Tragen nicht gerade diejenigen Menschen die Schuld, dass manche Menschen eben so denken – sozusagen aus dem Ruder laufen gelaufen sind -, die sie nun als „Covidioten“ oder sonst irgendetwas beschimpfen: nämlich bestimmte Politiker und die ihnen nach dem Munde plappernden Medien?! Apropos „Covidioten“: Einer von vier auf der Veranstaltung am Sonntag aufgetretenen Rechtsanwälte hat eine Musteranzeige auf seine Website gestellt, die man herunterladen kann und Anzeige etwa gegen die SPD-Vorsitzende Saskia Esken stellen kann, die sich nicht entblödet hatte, die Demonstranten in Berlin pauschal als „Covidioten“ zu beleidigen. Über 1000 Menschen sollen bereits davon Gebrauch gemacht haben.

Auch dies zur Kenntnis:

„Nach Einschätzung des Bundesverfassungsschutzes haben an der Corona-Demonstration am vergangenen Samstag in Berlin nur „einzelne Angehörige“ aus dem rechtsextremen Spektrum teilgenommen. Vor der Veranstaltung sei durch verschiedene Personen und Organisationen aus diesem Spektrum mobilisiert worden. Aber: „Ein prägender Einfluss auf den Demonstrationszug oder die Gesamtkundgebung ging von diesen nicht aus“, teilte das Bundesamt für Verfassungsschutz der F.A.S. mit.

Quelle: F.A.S.

Eine Erklärung dafür, warum es diese Proteste hat Wolfgang Engler in der Berliner Zeitung

Sie tragen keine Maske und ignorieren den Abstand. Die Teilnehmer von Corona-Hygiene-Demos bringen so den Unmut über die geltenden Schutzmaßnahmen zum Ausdruck. Dabei protestieren nicht nur Esoteriker gemeinsam mit Verschwörungstheoretikern, sondern auch Menschen mit wirtschaftlichen Ängsten, wie der Soziologe und Ost-Experte Wolfgang Engler sagt. Im Interview erklärt er, warum sich so viele verschiedene Gruppen auf den umstrittenen Demos zusammentun, wieso die Wut vieler Menschen in Ost und West so groß ist und zieht Parallelen zu Pegida.

Sie sagen, die Demonstranten wollen den Staat vorführen. Woher kommt diese Wut auf den Staat?

Natürlich sind das Minderheiten. Aber diese Minderheiten werden in den letzten Jahren zunehmend politisch relevant, wie man auch anhand der letzten Bundestagswahl und bei Landtagswahlen – nicht nur im Osten Deutschlands – gesehen hat. Die Unzufriedenheit hat viele Gründe. Zusätzlich zu denen, die sich sozial ausgeschlossen oder an den Rand gedrängt fühlen, die die schlechteren oder keine Jobs haben oder in abgehängten Regionen leben, sind da offensichtlich auch Leute unterwegs, die von anderen Motiven getragen sind. Davon etwa, dass sie den Eindruck haben, da wird etwas von oben beschlossen und sie baden das dann aus, nach dem Motto „Wir schaffen das“ aus der Flüchtlingskrise. Man fühlt sich nicht gefragt, nicht ernst genommen.

Glauben Sie, dass auch Medien Verantwortung an der aufgeheizten Stimmung tragen?

Insofern sie zu Pauschalformeln greifen, wie das auch jetzt wieder der Fall war. Das verärgert die Leute ungemein. Ich würde sehr dazu raten, davon Abstand zu nehmen und zu differenzieren.

Und so gelingt es, Menschen wieder zurückzugewinnen?

Das vermag ich nicht zu sagen.

Es wäre schon viel erreicht, wenn man Menschen, die am „System“ zweifeln, nicht so vor den Kopf stößt, dass aus Zweiflern Gegner der offenen Gesellschaft werden.

Wolfgang Engler

Das ganze Interview in der Berliner Zeitung lesen Sie bitte hier.

Verspäteter Beginn der Demo

Für 15 Uhr war der Beginn der Kundgebung geplant. Indes dieser verspäte sich erheblich – fast um eine Stunde. Immer wieder war die Polizei mit den Abständen zwischen den Menschen nicht einverstanden. Die Veranstalter appellierten etlichen Male an die Menschen, sich doch bitte besser zu verteilen. An allen Zugängen zum Platz standen Polizeiwagen. Dort wurden die Taschen der Heranströmenden kontrolliert. Eine Videoleinwand, die unweit des Rathauses auf einem Pkw mit Hänger stand, wurde aus unerfindlichen Gründen nicht an die Bühne gelassen.

Absoluter Höhepunkt der Demo in Dortmund: Kriminalhauptkommissar Michael Fritsch mit bewegender Rede verteidigte das Grundgesetz und den Rechtsstaat

Schließlich konnte die Kundgebung mit gut einer Stunde Verspätung anfangen.

Um gleich zu einem, d e m Höhepunkt der Demo in Dortmund zu kommen: Der Kriminalhauptkommissar Michael Fritsch (57), ein Familienvater aus Niedersachsen äußerte sich kritisch zu den in der Corona-Krise ergriffenen Maßnahmen. Das Publikum zollte dem Mann hohen Respekt. In der Tat: ein mutiger Mann! Kürzlich schon hatte sich bereits ein Polizist auf einer Querdenken-Demo in Augsburg als Kritiker der Corona-Maßnahmen geoutet. Fritsch erklärter in seiner Ansprache, betreffs dieser er „sich jeden Wort reiflich überlegt“ hab: „Ich bin ein Patriot und kein Idiot.“

Kriminalhauptkommissar Fritschs wohl auslösender Moment, sich zu äußern, war dessen erste Teilnahme an der Demo „Für Freiheit und Frieden“ als Zivilist, vergangene Woche in Berlin. Michael Fritschs Einschätzung dieser Berliner Demo: „Die friedlichste, die ich je erlebt habe.“

Seiner Meinung nach gibt es in Deutschland schon lange keine Gewaltenteilung mehr.

Er selbst hatte vor Ort in Berlin erlebt, wie viele friedliche Menschen dort auf der Kundgebung waren. Über die Manipulation der Teilnehmerzahlen haben wir wohl alle schon etwas gehört. Den Medien, die sich daran beteiligt haben hielt er entgegen:

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht. Ihr habt euch quasi euer eigenes Grab geschaufelt.“

Fritsch gab zu Bedenken: „Ohne gesetzliche Grundlagen ist jede Beschränkung oder Aufhebung von Grundrechten nicht rechtmäßig. Ja, sie ist sogar verfassungswidrig. Illegale Anordnungen oder Befehlen dürfen wir als Polizisten nicht ausführen. Wir haben an dieser Stelle nicht nur das Recht sondern die Pflicht zur Remonstration.“ (Erkärung des Begriffs Remonstration)

Der Kriminalhauptkommissar an seine Kollegen:

„Fordert eure Vorgesetzten auf, ihre Befehle schriftlich zu formulieren und mit Vor- und Zunamen zu unterschreiben! Ansonsten trägt jeder Einzelne die rechtlich Verantwortung.“ Er zitierte dazu ein Sprichwort: „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.“

KHK Michael Fritsch wurde am Montag dieser Woche von seinem Dienstherrn in Hannover suspendiert

KHK Fritsch hatte damit gerechnet: Einen Tag nach der Demo und seinen mutigen Worten, suspendierte ihn sein Dienstherr in Hannover. Er benötigt jetzt Unterstützung und Solidarität. Juristische dürfte er wohl von einem der Rechtsanwälte erhalten, die auf der Veranstaltung beteiligt werden oder von MUTMACHER.org (e.V. i. Gr.

Hier die Rede von Kriminalhauptkommissar Michael Fritsch: „Ich bin Patriot und kein Idiot“

Querdenken Corona Demo Dortmund, 9.8.20 – Auch eine pensionierte Polizeikriminalhauptkommissarin sprach auf der Demo

Video-Bericht von Margarita Bityutski (RT Deutsch)

Hier das Langzeitvideo von der Querdenken231-Demo via PatriotonTour/You Tube

 

Es spricht Rechtsanwalt Ralf Ludwig und Dr. Kirsten König, Anwältin für Kreative

Fachanwältin Yvette Kaminski kritisiert die Berichterstattung der Mainstream Medien via TTV/You Tube

 

Vorgetragen in mehreren Sprachen, wurde für die nächste Demo, die am 29. August in Berlin geplant ist, mobilisiert. Immer wieder wurde skandiert: „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“

Um nicht wieder mit von Polizei und Medien manipulativ geschrumpften Teilnehmerzahlen zu tun zu bekommen, will jetzt sogar jemand einen Helikopter anmieten, um eignen Luftausnahmen zu machen. Sogar von der Möglichkeit einen Zeppelin über den Demo-Ort fliegen zu lassen, ist die Rede. Was man allerdings davon halten soll, dass die Organisatoren ausgerechnet US-Präsident Donald Trump zu dieser Demo eingeladen haben, muss jeder für sich entscheiden. Auch ziehe man in Erwägung den Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Wladimirowitsch Putin nach Berlin einzuladen. Der aber dürfte genug vom Völkerrecht verstehen, um diese Einladung dankend abzulehnen. Denn mit Sicherheit würde das hierzuland als Einmischung innere Angelegenheiten angesehen werden. Wobei ihrerseits die deutsche Bundesregierung damals Kiew weniger Zurückhaltung übte und nichts dabei fand, dass Bundesaußenminister Westerwelle über den Maidan spazierte.

 

Ein Musikbeitrag von Wojna („die bandbreite“) „Impft sie nicht“ sehe ich äußerst kritisch. Zumals Wojna wohl Impfungen an Kindern im Allgemeinen meinte. So etwas ist m.E. grob fahrlässig. Und nicht etwa – wie man zunächst denken konnte – gegen einen in Entwicklung befindlichen Impfstoff gegen Covid19, dem man in der Tat ablehnend gegenüberstehen sollte, zumal er Gen verändernd wirken soll. Und den es noch nie gegeben hat. Auf der gleichen Veranstaltung sprach ein kritischer Arzt, der jedoch deutlich dafür eintrat, Impfungen gegen Kinderkrankheiten, Wundstarrkrampf etc. durchzuführen.

Während der Veranstaltung wurde eine Gedenkminute eingelegt für alle Opfer der US-Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und alle Opfer von Kriegen weltweit.

Teilnehmende Rechtsanwält*innen waren:

Ivett Kaminski, Dr. Kirsten König, Markus Haintz, Ralph Ludwig und Wilfried Schmitz.

—————————————————————————————————————————————————————-

Was auch zu bedenken ist: Ein Zwischenruf der Journalistin Susan Bonath via Facebook (am 12. August 2020)

Die Linke lässt seit Jahren die „kleinen Leute“ mit ihren Problemen alleine. Menschen, die Angst haben vor Sozialabbau (Anti-Hartz-Proteste 2004).Menschen, die Angst haben vor der Diktatur des Kapitals (Occupy 2011). Menschen, die Angst haben vor Krieg in Europa (Mahnwachen 2014). Menschen, die Angst haben vor dem Einstampfen ihrer wenigen #Grundrechte mittels einer wissenschaftlich fragwürdigen #Gesundheitsdikatur im Zeichen von #Corona (Grundrechte-Demos 2020). Menschen, die sich dagegen wehren, dass ihre #Kinder den ganzen Tag mit Maske im Unterricht sitzen müssen (Proteste in #NRW gegen #Maskenpflicht im #Unterricht).
Man weiß aus Erfahrung, dass sich #Rechtsextreme alles auf die Fahnen schreiben, wirklich alles, wenn es darum geht, Mitläufer zu gewinnen. Man weiß aber auch und sieht es aktuell etwa im Bundestag, dass dies alles Schaumschlägerei ist, mehr noch: bewusste Irreführung der Menschen auf der #Straße. Und sie sind dabei, massiv Schaum zu schlagen, sich angeblich auf die Seite der Grundrechtedemonstranten und der Eltern gegen die Maskenpflicht im Unterricht zu stellen.
Und die Faschisten werden wohl hier und da punkten. Und wer trägt dazu massiv bei? Eine verbürgerlichte Linke, die sich moralinsauer wie bildungsfern (hier passt das wirklich mal) auf die Seite des rechten kapitalistischen Repressionsstaats stellt – des territorialen Machtinstruments der herrschenden Klasse.
Es stehen sich gerade zwei Lager gegenüber: Kapitalistische #Faschisten, die den Staat mit Hilfe ihrer und im Auftrag ihrer stinkreichen Förderer im Hintergrund übernehmen wollen. Und die kapitalistische Einheitsfront der politischen Vertretung der gegenwärtigen dominierenden Kapitalfraktionen, in die sich die Linke brav mit einreiht – was sie zu Rechten macht. Denn ein kapitalistischer Staat ist per se rechts, weil er Unterdrückung von Menschen durch Menschen managt.
Nochmal: Indem die Linke auf protestierende Proletarier (und ja, auch den einen oder anderen Kleinbürger darunter) scheißt, die demütigt mit stumpfsinnigen Moralkeulen, trägt sie seit Jahren dazu bei, dass die Rechtsextremen immer stärker werden. Sie ist Teil des Problems, nicht der Lösung.
 

Schließen möchte ich hier mit den Worten von Noam Chomsky:

„Die Mehrheit der gewöhnlichen Bevölkerung versteht nicht, was wirklich geschieht. Und sie versteht noch nicht einmal, dass sie es nicht versteht!“

Redaktioneller Hinweis: Der Bericht erhebt keinen Anspruch auf vollständigkeit, was die Demo anbelangt. Wenn nötig erfolgen Ergänzungen.

Update vom 19. August 2020

Querdenken wohin, woher? Widerstand wogegen? Von Albrecht Müller

„Dass sich so viele Menschen bei Demonstrationen engagieren, ist schon alleine ein positives Zeichen. Noch vor kurzem haben wir die schlechten Wahlbeteiligungen und das dürftige politische Interesse beklagt. Wer etwas von Demokratie hält, sollte froh sein, dass jetzt so viele Menschen politisches Interesse entwickeln und auf die Straße gehen. Diese Menschen in die antidemokratische oder in die rechte Ecke zu schieben, ist alleine wegen ihrer Bereitschaft zur Demonstration nicht angebracht. Bei prinzipiell positiver Bewertung der neuen Bewegungen bleibt trotzdem die Frage, wohin sich jene, die sich Querdenker oder Demokratischer Widerstand oder sonst etwas nennen, bewegen wollen. Welche inhaltlichen, programmatischen Vorstellungen werden verfolgt? Welche Werte sollen die andere, die neue Gesellschaft prägen?“ Quelle: NachDenkSeiten/Albrecht Müller

Ein neues Grundgesetz von Unten

Verfassungsfragen sind Machtfragen. Von Uli Gellermann

„Da rührt sich was: In Zeiten des Umbruchs wird die alte Ordnung immer infrage gestellt. Dass wir einen Umbruch erleben, steht außer Frage: Die da oben pflügen gerade die alte Ordnung mit einer Serie von Kontroll-Maßnahmen um, und nicht wenige da unten wehren sich. Der Kampf geht im Kern um das Grundgesetz, auch wenn die Merkel-Spahn-Gruppierung behauptet, es ginge um die Gesundheit der Bevölkerung. Wenn die Regierung selbst die Verfassung infrage stellt, fragt sich so mancher weiter unten, ob denn das ohnehin zerschlissene Grundgesetz keine Alternative zulässt.“ Quelle: Rationalgalerie/Uli Gellermann

Hier noch einige Bilder vom Sonntag:

Andy Franke (rechts) interviewt Michael Ballweg. Fotos: C. Stille

KHK Michael Fritsch.

Von links: Michael Ballweg, RA Ralph Ludwig und Interviewer Andy Franke.

RA Wilfried Schmitz.

Muslima lädt ihre muslimischen Brüder und Schwestern zum Mittun ein.

Die Rechtsanwält*innen mit KHK Fritsche.

Daniel.

Wojna von die bandbreite.

Gäste, Mitstreiter aus den Niederlanden.

Eine thailändische Frau lädt zur Demo am 29. August in Berlin ein.

Weltecht Reisen

Ein Blog ums Thema Reisen

Prof. Dr. Hajo Funke

Politik & Zeitgeschehen

Print Test Page

Check Your Printer Quality

PETER GRAARUP WESTERGAARD

Independent blog about literature, philosophy and society in words and images

ameisen im kirschblütenhaufen

schreiben als antwort aufs schweigen

Lindas Einblick

“Let everybody know, there is hope in a future”. Donald J. Trump

Furtlehners Blog

Gegen den neoliberalen Zeitgeist

Gert Ewen Ungar

vernünftige Texte

Vom Frau-Sein und Frei-Werden

Amandas Welt der Weiblichkeit, Lust und Liebe

Neues aus Absurdistan

Ist es möglich, sehenden Auges die Absurditäten unserer Zeit wahrzunehmen, ohne daß einem der Mund überfließt?

Miss Katherine White

Work - Life - Balance

tkp.at

Der Blog für Science & Politik

Ruby Summer schreibt

Einfach Schriftstellerin sein

Mittel- und Osteuropa

Geschichte, Kultur und Erfahrungen in Mittel- und Osteuropa

Pflegephilosophie

Bock auf Gedanken?