Andreas Zumach hielt Vortrag in Dortmund zum Thema „Krieg zwischen Israel und Hamas“

Andreas Zumach ist Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988 bis 2020 war er Schweiz– und UN-Korrespondent für die taz mit Sitz am europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen in Genf. Der Journalist arbeitet als freier Korrespondent für deutsch- und englischsprachige Print- und Rundfunkmedien.

Er hat mehrere Bücher veröffentlicht. 2009 wurde ihm für sein friedens- und menschenrechtspolitisches Engagement der Göttinger Friedenspreis verliehen.

Vergangenen Donnerstag war Andreas Zumach Gast einer Sonderveranstaltung in Dortmund, welche in der Werkhalle im Union-Gewerbehof stattfand. Der Titel seines Referats: „Der Krieg zwischen Hamas und Israel“.

Zuletzt war Andreas Zumach 2019 zu einem Vortrag in Dortmund

Zuletzt war Andreas Zumach 2019 mit seinem Vortrag „Israel, Palästina und die Grenzen des Sagbaren“ in der Dortmunder Pauluskirche zu Gast. Die Ankündigung des Vortrages hatte seinerzeit im Vorfeld unbegreifliche Kritik ausgelöst. Die Jüdische Gemeinde hatte die Veranstaltung sogar verhindern wollen. Leider kein Einzelfall in Deutschland, wenn Kritik an israelischer Politik im Spiel ist. Indes die Veranstaltung fand statt. Andreas Zumach konnte seine Sicht auf die Dinge darstellen, Missverständnisse ausräumen und auf falsche Tatsachenbehauptungen hinweisen. (Meinen damaligen Bericht können Sie hier lesen.)

Bericht zu Andreas Zumachs Referat am 14. März 2024 in Dortmund

Zumach sprach die Äußerungen von UNO-Generalsekretär António Guterres an, die er nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 getätigt hatte. Diesen Überfall, so Zumach, habe Guterres „ohne Einschränkung vollständig als Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschheit“ verurteilt und die Hamas aufgefordert sofort sämtliche israelische Geiseln freizulassen und den weiteren Raketenbeschuss auf Israel einzustellen. Dann aber habe er den verhängnisvollen Satz „Aber dieser Krieg passiert nicht in einem Vakuum, nicht im luftleeren Raum. Sondern er habe eine Vorgeschichte. Dies erinnere auch an den Ukraine-Krieg. Schließlich habe auch dieser eine Vorgeschichte. Die oft von Medien und Politik ausgeblendet werde.

Dann sei vorallem Israel heftig über Guterres hergefallen. Nie zuvor in der Geschichte der UNO sei so mit einem UN-Generalsekretär so respektlos umgegangen worden.

Ohne die Vorgeschichte, merkte Andreas Zumach an, sei eben auch der Nahostkonflikt nicht zu verstehen.

Zu dieser Vorgeschichte führte Zumach dann aus. Er ging bis 1921 zurück und führte das Publikum weiter bis zur Situation, in welcher es zur Staatsgründung Israels im Jahr 1948 und der Vertreibung der Palästinenser, Nakba (Katastrophe), wie diese es nennen, gekommen sei. Im Jahre 1947 habe die UNO-Generalversammlung den Teilungsplan beschlossen. Wonach auf dem in Frage stehendem Territorium der jüdische Staat Israel mit 56,5 Prozent und ein Staat Palästina mit 43,5 Prozent entstehen sollte. So allerdings kam es bekanntlich nicht.

An dieser Stelle möchte ich einen Hinweis einflechten: Andreas Zumachs Referat fand hybrid statt – also sowohl in Präsenz als auch via Livestream. Aus Zeitgründen konnte ich nicht persönlich vor Ort dabei sein, weshalb ich den Livestream nutzte. Leider war der Vortrag besonders anfangs akustisch äußerst schwer verständlich. Aus diesem Grund empfehle ich meine Rezension zur kürzlich im pad-Verlag erschienenen Broschüre „Israel – Vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren“ zu lesen, beziehungsweise diese Broschüre im pad-Verlag zu bestellen. Es lohnt sich sie zu lesen. In ihr wird genau auf die Historie des Nahostkonfliktes eingegangen. Allerdings gehe ich einmal davon aus, dass Andreas Zumach sich den Inhalt dieser Broschüre möglicherweise nicht zu eigen macht. Also bitte ich meine Leser, Andreas Zumach nicht für Inhalte dieser Broschüre in Verantwortung zu nehmen.

Für die USA ist es ein Einfaches auf Israels Tun Einfluss zu nehmen

In Verlaufe von Zumachs Schilderungen der Geschichte erinnerte er daran, dass es für die USA ein Einfaches wäre und immer schon war, auf Israels Tun Einfluss zu nehmen. Der seinerzeitige US-Außenminister James Baker habe, nachdem die USA Israel gegen die Raketen aus dem Irak beschützt hatte, Tel Aviv aufgefordert, mit den Palästinensern über eine Lösung des Konfliktes zu verhandeln. Premier Yitzchak Schamir habe das brüsk abgelehnt. Im Juni 1991 sei Baker dann wieder gekommen und habe gesagt, wenn Israel nicht zu Konfliktlösungen bereit sei, dann werde ein schon vom Kongress abgenickter zinsloser Kredit von 13 Milliarden US-Dollar eingefroren. Unter diesen Druck signalisierte Tel Aviv Bereitschaft mit den Palästinensern zu reden. Zumach erinnerte an diese Episode, weil sie zeige, dass eine amerikanische Regierung Druck auf Israel auszuüben vermag; dann hätten sie die Instrumente: „Das gilt heute genauso wie damals.“

Lichtblicke in Richtung Frieden

Die PLO erkannte Israel an. Das Oslo-Abkommen wurde abgeschlossen. Ein kurzer Lichtblick Richtung Frieden sei das gewesen. Während der Regierung von Yitzchak Rabin sei Oppositionsführer der heutige Premier Benjamin Netanjahu gewesen. Und der arbeitete dagegen. Plakate hinter Netanjahu auf der Bühne beiseinen Reden waren zu sehen, die Rabin in SS-Uniform mit einer Schlinge um den Hals am Galgen hängend mit der Aufschrift „Verräter“ zeigten. In dieser Stimmung wurde Rabin am 4. November 1994 von einen, wie es bis heute heiße, „Einzeltäter“ ermordet. Das Friedens- und Versöhnungslager und das Lager, was für eine Zweistaatenlösung standen waren geschwächt. Netanjahus Likud-Partei war damals und ist bis heute gegen eine Zweitstaatenlösung.

Netanjahu finanzierte die Hamas, um die Fatah zu schwächen

Netanjahu habe immer wieder dafür gesorgt, die Hamas mit Millionen von Dollar finanziell zu stärken und zu pampern, um die PLO, die säkulare Fatah, zu schwächen. Um die Zweistaatenlösung zu torpedieren.

Mit Camp-David II im Jahre 2000 sollte später das Oslo-Abkommen gerettet werden. Für den Staat Palästina seien dann nur noch 6 Prozent des Territoriums vorgesehen gewesen. Mahmud Abbas habe dem nicht zustimmen können. Ansonsten wäre er wohl physisch tot gewesen.

US-Präsident Trump erklärte  der Zweistaatenlösung eine Absage

Noch später habe US-Präsident Trump der Zweistaatenlösung eine Absage erteilt. In einem völkerrechtswidrigen Akt hatte er die US-Botschaft nach Jerusalem, die er als Hauptstadt Israels anerkannte, verlegen lassen.

Der Anschlag der Hamas am 7. Oktober 2023

Schließlich kam der Referent auf das Heute und die Frage zu sprechen warum wohl die Hamas diesen Angriff auf Israel durchgeführt hat. Zumach meinte, ihn habe das nicht überrascht und bat darum dies nicht falsch zu verstehen. Zumach: „Angesichts der zunehmenden Frustration und der immer schwierigeren humanitären Lage auch im Gaza-Streifen – schon lange vor dem siebten Oktober – und die UNO-Berichte über die Lage dort sind ja deutlich. Die sagen es gibt kein anderes Gebiet auf der Welt wo auf so engem Raum so viele Menschen unter völlig unzureichenden Lebensverhältnissen leben … plus die Repression durch die Hamas, deren Islamisierung … dass es wieder zu einer Gewalteskalation kommen würde, war nur eine Frage der Zeit.“

Andreas Zumach zur Zukunft

Die Zukunft unterteilte Zumach in kurzfristig, mittelfristig und langfristig.Kurzfristig sei erst einmal die Frage zu klären, wie die bedrohliche humanitäre Situation im Gaza-Streifen, wo bis zu 2,3 Millionen Menschen vor allem vom Verhungern und Verdursten, sowie fehlender medizinischer Versorgung bedroht sind. Zumach ist nicht erinnerlich, in seinen 35 Jahren als UNO-Korrespondent jemals eine vergleichbare Situation erlebt zu haben, in der nun alle, die etwas zu tun haben mit humanitären Programmen im UNO-Bereich so dringend warnen, jetzt etwas zu tun. Niemals zuvor seien in so kurzer Zeit in einem militärischem Konflikt so viele Zivilisten und ein so hoher Anteil von Kindern zu Tode gekommen.

Zumach war klar: Netanjahu würde sich nie auf einen Waffenstillstand einlassen

Zumach sei von Anfang an klar gewesen, dass sich Netanjahu keines Falls auf einen Waffenstillstand einlassen würde. Gewiss allein schon deshalb, weil auf ihn diverse Prozesse u.a. wegen Korruption warten, die ihn wohl hinter Gitter bringen würden.

Andreas Zumach ist nicht der einzige, der der Meinung ist, dass, möglicherweise Israel die Evakuierung des Gaza-Streifens weiter durchzieht und somit sozusagen die Nakba (Vertreibung der Palästinenser) von 1948 fortsetzt oder gar vollendet. Und Israel zynisch darauf setzt, dass die Vertriebenen nicht zurückkommen. (Ich empfehle anbei das Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ von Ilan Pappe.)

Ein Protektorat, um die Menschen im Gaza-Streifen zu schützen?

Andreas Zumach und Mitstreiter empfehlen eine durch ein robustes UNO-Truppenkontigent UN-geschützte Zone (Andreas fand dafür den Begriff Protektorat) für die Menschen im Gaza-Streifen. Zumach erinnerte an Folgendes: „Die Palästinenser sind die einzige Flüchtlingspopulation in dieser Welt, die bis heute keinen Staat haben, in den sie bitteschön zurückkehren können.“

Zwar, merkte Zumach an, wächst weltweit und auch in den USA, wo Chuck Schumer, der dienstälteste der beiden US-Senatoren des Bundesstaates New York nun Israel aufforderte, baldmöglichst Wahlen abzuhalten, die Kritik am Vorgehen Israels; doch gleichzeitig würden weiter Waffen an Tel Aviv geliefert.

Eine Einstaatenlösung?

Auch eine Einstaatenlösung, ein säkularer Staat, wo alle Bewohner jeglicher Konfession mit völlig gleichen Rechten friedlich, mit dem Recht ihre jeweilige Religion auszuleben, zusammenleben könnten, hat wohl keine Chance Realität zu werden. Allerdings, so Zumach, habe in 1950er bis in die frühen 1960er Jahre gerade auch auf der palästinensischen Seite Leute, Prominente, die dieses für das richtige Modell hielten. Der bekannteste von ihnen sei der berühmte Orientalist des letzten Jahrhunderts, Eward Said ,gewesen.

Ein binationaler Staat?

Auch ein Modell eines binationalen Staates gebe es. Zwei Staaten, aber nur ein Territorium. Entwickelt an der schwedischen Lund-Universität. Der eine Staat ist für die palästinensischen Bürger zuständig, der andere für die israelischen. Nur Sicherheitsfragen nach außen die sollte man gemeinsam machen.

Außenministerien Baerbock spricht von der Zweistaatenlösung. Sie sagt aber nicht, was passieren müsste, um sie ins Werk zu setzen

Andreas Zumach gibt zu bedenken: Wenn Leute, wie etwa Frau Baerbock heute von einer Zweistaatenlösung sprächen, müssten sie auch sagen, was passieren müsste, um das umzusetzen. Da müsse gesagt werden, was mit den 700.000 jüdischen Siedlern geschehen solle, die auf palästinensischem Gebieten leben.

Dazu führte Zumach dazu aus, dass er im Mai 2009 mit Medico International und mit dem Kabarettisten Georg Schramm in Palästina und Israel gewesen sei. Abschließend sei man zusammen bei Moshe Zuckermann – damals noch Professor an der Uni in Tel Aviv – gewesen. Zumach damals zu Zuckermann: „Erklär uns doch mal wie eine Zweitstaatenlösung zustande kommt.“ Zuckermann entgegnete genervt: „Lass mich damit doch in Ruh’! Guck dir das doch an.“

Archivfoto: ©Claus Stille

Damals habe es sich um nur 330.000 Siedler gehandelt. Zumach zitierte Zuckermann: „Wenn man eine Zweistaatenlösung will, dann muss eine israelische Regierung den Siedlern sagen, ihr müsst die Koffer packen und umziehen. Und dann muss bereits Ersatzwohnraum bereitgestellt sein in Israel. Und dann werden 80 Prozent der Siedler zwar murren, aber sie werden die Koffer packen und umziehen. Und zwanzig Prozent werden zur Knarre greifen. Und dann muss eine israelische Regierung bereit sein, die Armee in das Westjordanland zu schicken. Und dann werden wir bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen mit hunderten von Toten auf beiden Seiten haben. Das ist der Preis, wenn man eine Zweistaatenlösung will.“

Was heißt denn Staatsräson?

Dann: Der Vorhang zu und alle Fragen offen. Noch geht das Morden Israels im Gaza-Streifen weiter – es sterben immer weiter Menschen. Über 300.00 Menschen sind tot. Wohl schon 12.000 Kinder sind um ihr Leben gebracht. Werden wir eine Lösung des Nahostkonflikts erleben? Wohl vorerst leider nicht. Aber klar: Die Hoffnung darauf stirbt zu allerletzt …

Eines immerhin sei klar, sagte Zumach noch gegen Ende, „die Illusion, die spätestens seit 1967 geherrscht hat, die Illusion, man könne diesen Zustand mit sicherheitspolitischen, militärischen und anderen unterdrückerischen Maßnahmen unter Kontrolle halten und managen und man müsse sich nicht um eine politische Lösung des Grundkonflikts kümmern – diese Illusion ist, glaube ich, innenpolitisch in Israel endgültig zerbrochen. Und warum ist sie zerbrochen? Weil Netanjahus Hauptslogan in all den 16 Jahren, in denen er in der Regierung war immer war: Ich garantiere eure Sicherheit. Das ist das zentrale Versprechen von ihm gewesen. Und dieses Versprechen ist nun durch die Taten der Hamas am 7. Oktober in einer Weise unglaubwürdig geworden – das lässt sich nicht mehr reparieren.“ Im Übrigen, informierte Zumach, würden in den jüdisch-israelischen Medien alle Fragen um den Anschlag der Hamas in einer ziemliches Offenheit und aller Schärfe diskutiert. Zumach die Zeitung Haaretz, die hier auch online auf Englisch gelesen werden kann. Des Weiteren gebe es ein ausgezeichnete Internetplattform mit dem Plus972Magazin, gemacht von jüdischen und palstinensischen Journalisten. Da würden Informationen diskutiert, die man in den meisten deutschen Medien nicht findet.

Andreas Zumach ging auch auf den Begriff Staatsräson ein, den einst Angela Merkel bei einer Rede vor der Knesset, dem israelischen Parlament, in die Welt gesetzt habe. Auch Gregor Gysi, so Zumach habe sich diesen Begriff damals zu eigen gemacht. Darauf von Zumach einmal angesprochen wusste er angeblich nichts mehr davon und konnte den Begriff auch nicht erklären. Zumach erklärte es ihm. Im Grunde komme das aus dem preußischen Obrigkeitsstaat. Und bedeute gehorchen, sozusagen: ein Basta! Erkläre man das in künftigen Jahren etwa Jugendlichen, bewirke man damit das Gegenteil des Gewünschten.

Welche Verantwortung wir haben

Zumach: Klar, wir haben Israel gegenüber eine Verantwortung, sogar ein doppelte Verantwortung: Eintreten für eine dauerhafte, gesicherte Existenz Israels. Und zweitens eine besondere dazu. Jeder Form von Judenhass (Zumach zieht diesen Begriff dem Begriff Antisemitismus vor) wo immer wir ihn begegnen müsse entschieden lautstark entgegen getreten werden. Zur Verantwortung gehöre auch zu erkennen, dass die völkerrechtswidrige und menschenrechtsfeindliche Besatzungs- und Siedlungspolitik der israelischen Regierung die größte Gefährdung für eine auf Dauer unbedrohte Existenz des Staates Israel ist. Dann haben wir als Deutsche nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht die israelischen Freunde, die Regierung zu kritisieren in ihrer Politik. Allerdings geschehe bei uns genau das Gegenteil. „Bei uns wird in einer Art und Weise jede noch so präzise Kritik an israelischer Regierungspolitik als Antisemitismus diffamiert. Auch um Auftritte zu verhindern, wie auch in Dortmund schon geschehen.“ Auch Worte wir Israelkritik solle man aus dem Wortschatz streichen, weil sie falsch seien.

Kritisch sieht Andreas Zumach den Zentralrat der Juden in Deutschland. Der Zentralrat spiele oft den Lautsprecher der israelischen Regierungspolitik. Dies sei natürlich ein Problem. Das sei eigentlich auch nicht seine Aufgabe. Er ist zuständig für die bei uns in Deutschland lebenden Juden. Er vertritt nicht einmal 50 Prozent von ihnen. Dabei gebe es bei uns auch Menschen – deutsche wie israelische Juden – die eine völlig andere Meinung vertreten als der Zentralrat der Juden. Dies sei vorellem die „Die jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Das seien etwa etwa 170 hierzulande lebende deutsche und israelische Juden.

Deutschlands Verantwortung: Dazu beitragen, diesen Krieg zu beenden

Die Verantwortung Deutschlands liege jetzt darin mit beizutragen, diesen Krieg zu beenden. Und möglichst vielen Menschen im Gaza-Streifen das Leben auch ohne Verletzung zu ermöglichen. Und uns dann ehrlich für eine politische Lösung einzusetzen. Und zwar nicht nur verbal, sondern auch mit der Bereitschaft mitzumachen. Käme es zu einer Zweistaatenlösung unter dem Schutz einer Blauhelmtruppe unter amerikanischer Führung, dann hätte Andreas Zumach überhaupt keine Probleme damit, dass da auch deutsche Bundeswehrsoldaten dabei sind – wenn niemand da in der Region Bedenken hätte.

Ein interessanter Vortrag. Mit anschließenden, ebenso interessanten Fragen aus dem Publikum.

Beitragsbild: Andreas Zumach (Archivfoto: © Claus Stille)

Zum Thema Palästina passender Beitrag aus meinem Archiv.

Am 14. März 2024 in Dortmund: Andreas Zumach referiert zum Krieg zwischen Israel und Hamas

Der Krieg Israels in Gaza nach dem Überfall der Hamas auf das Land am 7. Oktober 2023 mit inzwischen ca. 30.000 getöteten palästinensischen Menschen (davon ca. 12.000 Kindern!), einem nahezu komplett zerstörten Gazastreifen, 1,7 Millionen Vertriebenen, nach Jahrzehnten der Apartheid , hinterlässt eine . Die seitens israelischer Politiker offen geäußerte genozidalen Absichten der rechtsextremen Regierung in Tel Aviv sind ein erbärmliches Schreckenszeugnis.

Seit über 128 Tagen wird Gaza zerbombt. 50% aller Häuser sind zerstört, darunter Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Bäckereien usw. Der Zugang zu Wasser, Nahrungsmittel und Strom ist unterbrochen. Hunderte Ärzte, Medizinpersonal, Krankenwagen und Apotheken können ihre Arbeit
nicht mehr fortsetzen.

Fast 70.000 Menschen sind verwundet, mehrere tausend Körper liegen noch unter Trümmern und können nicht bestattet werden. Menschen die schon mehrmals in den letzten 75 Jahren aus ihren Dörfern oder Flüchtlingslagern vertrieben wurden, sind wieder auf der Flucht. Es wurde viel Leid, Zerstörung, Angst und Hass gesät. Bis jetzt sind mehr als 17.000 Kinder zu Waisenkindern geworden.

Kommenden Donnerstag Referat von Andreas Zumach in Dortmund

„Unsere Solidarität mit den Opfern des Hamas-Über­falls ist eindeutig. Sie gilt ebenso den tausenden palä­stinensischen Opfern der israelischen Kriegsführung im Gaza-Streifen.

Wer nur jeweils die eine Seite sieht und nicht die Vor­geschichte analysiert, wird nicht den Kern des Kon­flikts erfassen. Die dramatische Gewalteskalation seit dem 7. Oktober schreit nach einer dauerhaften, ge­rechten Lösung, die das Existenzrecht Israels, das seit 1947 völkerrechtlich verbriefte Anrecht der Palästinen­ser*innen auf staatliche Selbstbestimmung und die Menschenrechte aller Beteiligten berücksichtigt. Wie kann langfristig Frieden in der Region hergestellt wer­den? Und welchen Beitrag müsste Deutschland dazu leisten?“, heißt es in der Ankündigung der Veranstaltung.

online-Teilnahme: Link erfragen bei Strucksberg[ät]posteo.de

Veranstaltungsort: Dortmund, Werkhalle im Union Gewerbehof, Rheinische Straße 143 (Haltestelle U 43 & 44: Ofenstr.) Veranstalter: Quelle: Attac Dortmund, Dortmunder Friedensforum, IPPNW Dortmund

Zur Veranstaltung:

Datum:14.03.2024

Zeit: 19:00 – 21:30 Uhr

Referent: Andreas Zumach

Der Journalist Andreas Zumach war von 1988-2020 Korrespondent bei den Vereinten Nationen in Genf und ist langjähri­ger Experte für den Nahost-Konflikt. 2009 wurde ihm für sein friedens- und menschenrechtspolit­isches Engagement als Journalist der Göt­tinger Friedenspreis verliehen.

Hinweis: Die Veranstalter be­halten sich vor, von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextre­men Par­teien oder Organisationen ange­hören, die der rechtsex­tremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangen­heit durch rassis­tische, nationalistische, an­tisemitische, islamo­phobe, antiziganisti­sche oder sonsti­ge menschenverachtende Äußerun­gen in Er­scheinung getreten sind, den Zutritt zur Ver­anstaltung zu ver­wehren oder von dieser auszu­schließen.

Beigegeben:

Ein Beitrag von Ilan Pappe:

https://www.sozonline.de/2023/11/warum-israel-den-kontext-und-die-geschichte-des-krieges-gegen-gaza-ausloeschen-will/)

Meine Rezension der soeben im pad-Verlag erschienene Broschüre:

„Israel – vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren

Beitragsbild: Andreas Zumach; Archivfoto ©Claus Stille

Rheinmetalls Ostflanke: NATO-Kriegskurs gegen Russland lässt größte deutsche Waffenschmiede wachsen

Superprofite dank Hochrüstung: Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall expandiert gemeinsam mit der NATO gen Osten. In Rumänien verleibte er sich nun einen Hersteller von Militärfahrzeugen ein, bis 2026 will er seinen Umsatz verdoppeln. Verlierer ist die Bevölkerung.

Von Susan Bonath

Der westliche Imperialismus gerät militärisch außer Rand und Band. Während in Deutschland die öffentliche Daseinsvorsorge politisch schuldengebremst – neben vielen mittelständischen Unternehmen ebenso – am Boden liegt, expandiert der militärische Komplex. Der vom kriegerischen Rüstungswahn bestens profitierende größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall tut es dabei der NATO gleich: Er weitet seine Ostflanke aus.

„Fußabdrücke“ in Osteuropa

Die Düsseldorfer Waffenschmiede kaufte sich jüngst nach eigenen Angaben erstmals in Rumänien ein. Mit 72,5 Prozent erwarb Rheinmetall demnach den größten Anteil des dort ansässigen Herstellers von Militärfahrzeugen Automecanica SRL. Dieser habe ein „jährliches Umsatzpotenzial von rund 300 Millionen Euro“, heißt es. Der Konzern frohlockt weiter:

„Rheinmetall stärkt mit dieser Akquisition seinen Footprint in Zentraleuropa und erschließt sich erheblichen Umsatzzuwachs und neue, aussichtsreiche Kundenländer in der Region.“

Eindeutiger Wachstumsmotor für den Rüstungsgiganten ist somit das imperialistische Bestreben der NATO, westliche Dominanz über die osteuropäischen Märkte zu erlangen. Stramm marschieren die Truppen seines Militärbündnisses in diesem Sinne in Richtung Russland. Im „östlichen Bündnisbereich der NATO“, wie es Rheinmetall denn auch formuliert, sei man nun neben Ungarn und Litauen auch in Rumänien präsent.

Ukraine-Krieg kurbelt Profite an

Ein Hauptinteresse des deutschen Konzerns ist es daher, den Krieg in der Ukraine so lange wie möglich am Kochen zu halten. An dem Gemetzel, das bereits Hunderttausende meist junger ukrainischer Soldaten als Kanonenfutter in den Tod trieb, verdient Rheinmetall prächtig. Entsprechend groß ist dort die Freude über jeden weiteren Tag des Krieges:

„Der Standort in Mediaș, Rumänien, wird eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft der in der Ukraine eingesetzten westlichen Kampfsysteme und deren logistischer Betreuung erhalten.“

Das übernommene Unternehmen „Rheinmetall Automecanica“ werde so „Teil des weltweiten Produktionsnetzwerks“ des Düsseldorfer Rüstungskonzerns, teilte dieser weiter mit. Man werde dort unter anderem Militärfahrzeuge aller Art und Fahrgestelle für Flak-Geschütze instand setzen und die Rolle als „leistungsfähiger Partner der rumänischen Streitkräfte“ übernehmen und ausbauen.

Rheinmetalls Vorstandschef Armin Papperger freut sich in ebenso blumigen Worthülsen über einen damit gelungenen „bedeutenden Meilenstein für unsere strategische Ausrichtung“. Sein Konzern wolle „die Erwartungen, die Politik und Militär an uns haben, bestmöglich erfüllen“. Er fügte an:

„Das wird dazu beitragen, die Verteidigungsfähigkeit von EU und NATO an der Ostflanke weiter zu stärken.“

Aufrüstung statt Armutsbekämpfung

Erst vor knapp zwei Monaten hatte sich Rheinmetall beim rumänischen Verteidigungsministerium einen Großauftrag an Land gezogen. Für fast 330 Millionen Euro soll der deutsche Konzern die Flugabwehr-Artilleriesysteme von Rumäniens Armee vom Typ Oerlikon GDF 103 modernisieren. Dabei ist Rumänien das EU-Land mit der größten Armutsquote von offiziell über 34 Prozent – Tendenz mit Zunahme der Inflation steigend. Vor allem Roma und Sinti leiden in Rumänien unter massiver sozialer Ausgrenzung, viele leben in menschenunwürdigen Slums.

Doch Aufrüstung ist den Herrschenden wichtiger, als etwa Armut zu bekämpfen – darin unterscheidet sich die rumänische Regierung nicht von den politischen Führungen der anderen NATO-Mitgliedstaaten. Auch dort nehmen die sozialen Verwerfungen seit Jahren tendenziell zu, begleitet von einer ausgewachsenen Wirtschaftskrise. Die politische Antwort ist überall gleich: Sozialabbau.

Rheinmetalls Umsatz-Höhenflug

Damit das Kriegsgeschäft brummt, hat die NATO ihren Mitgliedstaaten das Ziel vorgegeben, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes in den Militärhaushalt zu pumpen. Deutschland wird die Vorgabe mit rund 85 Milliarden Euro in diesem Jahr wohl sogar übererfüllen. Das Volumen des bundesdeutschen Militärhaushalts hat sich damit seit 2017 etwa verdoppelt.

Und Rheinmetall profitiert prächtig von der Militarisierung auf Kosten der Steuerzahler. Zuletzt frohlockte der Konzern über zahlreiche Großaufträge. In Ungarn baut er dafür beispielsweise seine Munitionssparte massiv aus. Bauteile für Panzerfahrzeuge und Munition für Puma-Panzer spülen jeweils höhere dreistellige Millionenbeträge in die Konzernkassen. Viele weitere Millionenaufträge kommen hinzu.

Der neue, nicht mehr ganz so kalte Krieg gegen Russland und seine praktischen Folgen in der Ukraine beschleunigt die Monopolisierung des NATO-Militärkomplexes. Als bisher fünfgrößter europäischer Rüstungskonzern hat Rheinmetall dabei die Nase weit vorn. 2020 lag sein Jahresumsatz bei rund 5,4 Milliarden Euro, für letztes Jahr hatte der Konzern einen Umsatz von bis zu 7,6 Milliarden anvisiert, dürfte aber die Acht-Milliarden-Marke knacken. Bis 2026 rechnet Rheinmetall sogar mit einem Anstieg seines Jahresumsatzes auf 13 bis 14 Milliarden Euro.

Der Rheinmetall-Vorstandschef Papperger sah seine Kriegsprofitmaschine schon Ende letzten Jahres auf „gutem Kurs“. Er sprach von „ehrgeizigen Jahreszielen“ für ein „nachhaltiges profitables Wachstum“. Sein Unternehmen werde „gebraucht, wenn es darum geht, den dramatisch gestiegenen Bedarf vieler Länder an militärischer Ausrüstung zu decken“, jubelte er. Dramatisch könnte das allerdings tatsächlich auch für die Normalbevölkerung in Deutschland enden.

Quelle: RT DE

Beitragsbild: Dennis Schlendner via Pixelio.de

Das Berliner Kriegskabinett: auf Beutezug

Tagesschau & Co. fragen nicht, warum Deutschland den Krieg in der Ukraine verlängert – Die Absichten hinter Merkels Friedensverrat gelten fort und sollen den Wähler nicht erschüttern.

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Mal ehrlich: Wussten Sie, dass Großbritannien, obwohl auf Seiten der Sieger, noch im Dezember 2006 Kriegskredite aus der Zeit des II. Weltkriegs an die USA zurückzahlte?iKriege werden – eine Binsenweisheit – nicht aus hehren idealistischen Gründen geführt, sondern vorrangig aus ökonomischen Interessen. Auch unserem Berliner Kriegskabinett geht es nicht um Freiheit und Demokratie der Ukrainer, sondern um reiche Beute in deren Land: um Zugriff auf immense Bodenschätze, unter anderem Lithium. Übrigens: Deutschland wird derzeit selbst von der Siegermacht USA besonders stramm gemolken (als US-Vasallii,iii,iv, als Netto-Verlust-Träger der US-Sanktionenv, als Nord Stream-Geschädigtervi; die bekannten 100 Millionen Euro Tribut pro Jahr zur Finanzierung der hiesigen US-Garnisonenvii, viii sind Peanuts dagegen). Aber das steht auf einem anderen Blatt.

ARD-Tagesschau, ZDF-heute und Deutschlandradio-Nachrichten schert es nicht, aus welch tatsächlichen Gründen die Bundesregierung Geld, Waffen, informationelle und logistische Hilfe in die Ukraine pumpt – bis dato mindestens 30 Milliarden Euro (indirekte Kosten wie die Flüchtlingsaufnahme nicht gerechnet). Profunde Kenntnis der Bundesbürger von den politikleitenden Interessen an der deutschen Kriegsbeteiligung ergäbe mit Sicherheit ein anderes, qualifizierteres Meinungsbild dazu, als es die Tagesschau in ihrem „Deutschlandtrend“ vermitteltix: 31 Prozent halten die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine für angemessen, 25 Prozent gehen sie nicht weit genug; eine deutliche Mehrheit ist also für massiven Waffenexport ins Kriegsgebiet.

Dass sich die Bundesregierung nicht nur als gefügiger US-Vasall, sondern auch aus eigenen Stücken, im kommerziellen Interesse ihrer (Rüstungs-)Wirtschaft, zur Kriegspartei machte, spielt im Diskurs über den Ukraine-Krieg leider keine Rolle. („Wir müssen doch den armen Menschen dort helfen“x).

Keiner fragt nach

Ungerührt vom massenhaften Sterben auf dem „Schlachtfeld“ schiebt unser Berliner politisches Funktionsmobiliar weitere Milliarden in die Ukraine. Ungestört von den „Qualitätsmedien“, unbeeindruckt von der impotenten „Vierte Gewalt“-Täterin Tagesschau und deren öffentlich-rechtlichen Komplizen. Kritische Nachfrage nach den wahren Kriegsgründen? Fehlanzeige, obwohl sich die Lage zuhause längst als hochexplosiv erweist: Die Schuldenbremse versagt, die Verbraucherpreise explodieren, Geld für den geordneten Unterhalt und Ausbau der Infrastruktur fehlt. Massiver Sozialabbau droht, das Renten-, Bildungs- und Transportsystem, die Gesundheits- und die Energieversorgung sind in Gefahr. Ganze Wirtschaftsbereiche werden plattgemacht, Bauern rebellieren, das Bruttosozialprodukt schrumpft bedrohlichxi, die Produktivität der Beschäftigten sinkt.xii Die kaltschnäuzige Reaktion darauf:

Die Bundesregierung verdoppelt die Militärhilfe für die Ukraine. Wie das ARD-Hauptstadtstudio aus Kreisen des Haushaltsausschusses erfuhr, einigte sich die Ampelkoalition darauf, die Unterstützung von vier auf acht Milliarden Euro aufzustocken.xiii

Niemand, schon gar nicht das ARD-Hauptstadtstudio, riskiert konsequent die Frage: Was sind die Motive und Ziele dieser desaströsen Politik, die die eigene, die deutsche Bevölkerung sehenden Auges ins Unglück stürzt, während sie das korruptexiv, neonazistischexv, autoritärexvi System in der Ukraine immer noch mit Milliardenbeträgen päppelt? Obwohl Kiews antidemokratisches Regime vor dem Zusammenbruch und einer verheerenden militärischen Niederlage steht? An den demagogischen Schwachsinn, dass Putin sich Westeuropa militärisch vornehme, wenn er erst einmal die Ukraine besiegt habexvii, glauben doch weder Agnes-Marie Strack-Zimmermann noch Boris Pistorius, sondern allenfalls Annalena Baerbock und der dauerbeleidigte, weil nur Beinahe-Landwirtschaftsminister Anton Hofreiter.

Sogar der Russenfresser und Polit-Scharfmacher Michael Roth (SPD), einst gar Staatsminister und derzeit immerhin noch Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, beklagte die Wissenslücke im hiesigen Diskurs: Die Debatte über die Beweggründe und Ziele der deutschen Einmischung in den Ukraine-Konflikt komme zu kurz. Es gehe doch nicht um Nächstenliebe, sondern um „deutsche und europäische Interessen“.xviii

Welche denn konkret, werter Herr Ex-Staatssekretär? Welches Interesse sollten einfache deutsche und andere westeuropäische Mitbürger an der Fortführung des schrecklichen Gemetzels in der Ukraine haben, an dem sich die Plutokraten der westlichen Welt gerade dumm und dämlich verdienen? Was wohl bewog den Wirtschaftsminister Habeck, in Davos für Investitionen in der Ukraine zu werben und staatliche Sicherheitsgarantien dafür zu versprechen? Die seien

„… ein ungeheuer erfolgreicher Schritt, der zeigt, dass wir daran glauben und darauf vertrauen, dass die Ukraine diese schwierige Situation erfolgreich besteht, aber auch, dass deutsche Unternehmen in die Ukraine investieren werden.“ xix, xx

Warum wohl sollten/wollen deutsche Unternehmen in der Ukraine investieren? Sage bitte niemand: „Um dort Arbeitsplätze zu schaffen“.

Kungeln mit Milliardären

Selbst die Tagesschau-Sendung „Wirtschaft vor acht“ lässt wissen, dass die Geschicke der Welt nicht das Ergebnis transparenter demokratischer Entscheidungsprozesse gemäß Volkes Willen sind, sondern dass „die Lenker der Wirtschaft“ im Hinterzimmer darüber befinden:

Alljährlich treffen sich die Spitzen von Staaten, die Lenker der Wirtschaft und sonstige wichtige Persönlichkeiten in den Schweizer Bergen, um die Weltlage zu besprechen … Davos (ist) mehr als eine Ansammlung von Vorträgen und Meinungsaustausch, sondern … der Ort der Vier-Augen-Gespräche (sic!) im ganz kleinen Kreis (sic!) …“xxi

Mit Namen und konkreten Fakten kann ARD-Moderator Markus Gürne hier natürlich nicht dienen. Dass es neben dem „Weltwirtschaftsgipfel“ in Davos auch noch die geheimen Treffen der „Bilderberger“ und der „Trilateralen Kommission“ gibt, auf denen sich die Spitzenpolitiker der Welt von den Multimilliardären „beraten“ lassenxxii, sei hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt; für die Tagesschau sind sie ja nie und nimmer von nachrichtlichem Interesse.

Unser Thema bleibt das kommerzielle Interesse, das der kollektive Westen mit seiner Kriegsteilnahme in der Ukraine und mit seinem Wirtschaftskrieg gegen Russland verfolgt. Baerbocks Wunsch, „Russland ruinieren“xxiii, spricht die Problematik nur oberflächlich an. Er ist so unqualifiziert wie die Verlautbarung des US-Präsidenten Biden, den demokratisch gewählten Putin stürzen zu wollen.xxiv Russlands Bevölkerung hat längst verstanden: Der kollektive Westen ist auf Unterwerfung ihres Landes aus (zu dem auch die vormals ukrainischen Donbass-Republiken gehörenxxv) und auf das räuberische Ausbeuten seiner Reichtümer.

Subversive Absichten

Im Westen – nicht nur gelegentlich und auf Stammtischniveau – werden gerne Vorstellungen von einer „Dekolonialisierung“ Russlands diskutiert, d.h. Zerschlagung in viele schwache Einzelstaaten. Die lautstärksten Fürsprecher solcher Ideen sind Exil-Russen, deren infame Lobbyarbeitxxvi vom Westen politisch unterstützt und von Abgeordneten des Europäischen Parlamentes sogar materiell gesponsert wird: „Ich werde auf jeden Fall die Namen dieser 34 Staaten lernen“, hieß es auf einem im Europäischen Parlament veranstalteten „Forum der Freien Völker Russlands“.

Auch in den westlichen Staats- und Konzernmedien wird die aktive Schwächung Russlands durch Zerfall diskutiert.xxvii, xxviii Dessen Bürger registrieren das sehr aufmerksam. Es erinnert sie an ihre Erfahrungen mit den Wortbrüchen und der Beutegier des Westens nach dem Zerfall der Sowjetunion, an ihr Elend in der Jelzin-Ära.

Knallbonbons

Genau darauf aber wirken die heute maßgebenden Sozialdemokraten offenkundig hin. Bundeskanzler Olaf Scholz:

Dieser Krieg ist wahrscheinlich so schnell nicht vorbei… (Es ist wichtig), dass wir lange in der Lage sind, das zu tun, was notwendig ist, (nämlich) die Ukraine weiter in ihrem Verteidigungskampf zu unterstützen“.xxix

PureMaulhurerei, nicht einmal eine andeutungsweise logische Beschreibung der vorgeblichen „Notwendigkeit“. Scholz behauptet geschichtsfälschend,

Russland habe 2022 mit seinem Überfall auf die Ukraine ‚alle Verständigung über Frieden und Sicherheit in Europa aufgekündigt‘.“ xxx

Dass Kiew unter maßgeblicher deutscher Anleitung und Mitwirkung (Steinmeiers trügerischer Dealxxxi, Merkels Minsk-II-Betrugxxxii) schon seit 2014 einen Angriffskrieg gegen die Ost-Ukraine führte, auf den Putin nach acht Jahren militärisch reagierte, hatte NATO-Generalsekretär Stoltenberg schon vor einem Jahr preisgegeben. Der Krieg habe nicht erst am 24. Februar 2022 (Einmarsch russischer Truppen im Donbass) begonnen, sondern:

Er begann im Jahr 2014“ (im Original auf Englisch: „… because the war didn’t start in February last year. It started in 2014“).xxxiii 

Dazu Thomas Mayer, Buchautor und vormals Kampagnenleiter der Schweizer Vollgeld-Initiative:

(Stoltenbergs) „Aussage war ein seltenes Versehen. Als Regel galt die millionenfach in den westlichen Medien wiederholte Sprachregelung „unprovozierter völkerrechtswidriger Angriffskrieg“. Das sollte als unumstößliche Tatsache ins öffentliche Bewusstsein eingebrannt werden … So wurde das Völkerrecht für Kriegspropaganda missbraucht. Tatsächlich kann der Kriegseintritt Russlands stringent völkerrechtskonform begründet werden.xxxiv

Doch Kanzler Scholz und erst recht die Qualitätsjournalisten der Staats- und Konzernmedien scheren sich nicht um völkerrechtliche Regeln. Sie ignorieren, dass der Westen bis zuletzt sämtliche Verständigungsangebote Putins zur Vermeidung eines Krieges ausgeschlagen hatte.xxxv Es würde nichts nützen, sie an den Lehrsatz des italienischen Philosophen Nicolò Machiavelli zu erinnern:

Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern, wer dazu nötigt.“xxxvi

Deutschlands Ukraine-Politik ist kriegstreibend. Panzer, Artilleriegeschütze und Raketen sind Angriffswaffen. Granaten aus deutschen Fabriken schaffen keinen Frieden, sondern lassen die Leichenberge in der Ukraine wachsen. Die absurde Debatte im Bundestag über den – am Ende deutlich abgelehnten – Antrag der Unionsfraktion, endlich auch weitreichende „Taurus“-Raketen an Kiew zu liefernxxxvii, beweist allerdings nur, dass die Befürworter einer rationalen, auf Ausgleich mit Russland bedachten Politik keine Mehrheit im Reichstag haben.

Die Euromilliarden, die der Kanzler dem korrupten Präsidenten Selenskyj in die weit geöffneten Taschen schiebt, generieren nicht nur Rekordprofite der deutschen Rüstungswirtschaft; sie bereichern auch einen Machthaber, der per Gesetz jegliche Friedensverhandlungen mit Russland verbieten ließ. Einen egomanen Menschenverächterxxxviii, der bereits mit der Sprache, in der er über Russen herzieht („Tiere“), seine nazistische Gesinnung demonstriert.xxxix, xl

Kriegswillige

Deutschlands Ziele in der Ukraine bleiben unerklärt. Der Kanzler und sein Kabinett (auch der vielgepriesene Verteidigungsminister Pistorius) vermeiden sichtlich, sich konkret zu den Kriegszielen zu äußern. Pistorius räumte zwar ein, dass Deutschland in der Ukraine „Kriegsbeteiligter“ seixli, (was offensichtlich niemanden in den deutschen Redaktionsstuben sonderlich aufregte) welche Absichten damit verfolgt werden, sagte aber auch er nicht. Er betreibt lieber medienwirksame Scharfmacherei:

Deutschland und seine Verbündeten müssen sich mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen. Wir müssen kriegstüchtig werden.“xlii

So redet eben ein Sozialdemokrat der neuen Generation, dessen Abstand zu Willy Brandts friedensstiftender Entspannungspolitik ebenso groß ist wie seine Bereitschaft, das Friedensgebot des Grundgesetzesxliii zu missachten und Verfassungsbruch zu organisieren.

Ohne diplomatische Schnörkel redete auch ein CDU-Abgeordneter daher und geriet damit ins Rampenlicht: Roderich Kiesewetter, Ex-Oberst i.G. (= „im Generalstab“), im Tagesschau-Videoxliv (Zitat ab Min. 08‘28“): 

Aber es hat auch eine extrem wirtschaftliche Frage: Wenn die Ukraine zerfällt, sind die Folgekosten viel größer, als wenn wir jetzt viel stärker reingehen. Und wenn Europa die Energiewende vollziehen will, braucht es eigene Lithium-Vorkommen. Die größten Lithium-Vorkommen in Europa liegen im Donezk-Luhansk-Gebiet … Deswegen will Russland diese auch, um uns abhängig zu machen von der Energiewende, mit Blick auf Elektromotoren. Also, wir haben hier auch ganz andere Ziele noch im Hintergrund.“

Der Mann macht kein Hehl daraus, dass deutsche Wirtschaftsinteressen dem Ukraine-Krieg zugrunde liegen. Es beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit er wissen lässt, dass auch dieser Krieg dem westlichen Kapitalinteresse am Profitmachen dient, gleichgültig, wie viele Menschen dabei draufgehen.

Das gesamte Tagesschau-Interview ist übrigens ein eindrucksvolles Beispiel für die Unfähigkeit vieler Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sie stellen keine substantiell interessierenden Fragen, sondern beschränken sich auf die Rolle des simplen Stichwortgebers; sie agieren als animierende Mikrofon-Halter.

Räuberische Gier

Was die westlichen Geldeliten an der Ukraine interessiert und weshalb sie das Land als lohnendes Ausbeutungsopfer im Blick haben, belegen nicht nur die gierigen Aufkäufe ihrer Immobilienhaie.xlv,xlvi,xlvii Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ bewertete schon 2005 den Vorrat an entdeckten Bodenschätzen in der Ukraine mit 7 bis 10 Billionen (!) Dollar. Inzwischen beläuft er sich auf 14,8 Billionen Dollar.xlviii 

Was für ein Pech für die Beutegierigen: 70 Prozent dieses natürlichen Reichtums liegen in den nunmehr russischenxlix Gebieten Donezk und Lugansk sowie im benachbarten Dnipropetrowsk. Ihr Schätzwert: etwa 8 Billionen Dollar.

Bekanntlich ist es hierzulande ganz „normal“, einem verabscheuten Konkurrenten die eigenen (fragwürdigen) Absichten zu unterstellen, besonders, wenn man selbst im Nachteil ist. Es überrascht also nicht, dass man im Westen behauptet/mutmaßt, dieser Reichtum habe „Putin zum Einmarsch in die Ukraine motiviert.“ l, li

Andersherum wird allerdings eher ein Schuh draus. Der Westen ist scharf auf besagte Bodenschätze, er braucht sie:

Europa hat in der Vergangenheit eine beträchtliche Anzahl von Rohstoffen, über die auch die Ukraine verfügt, aus Russland bezogen – neben Öl, Gas und Kohle sowie Eisen und Stahl vor allem wichtige Nichteisenmetalle …“ lii

Eingeräumt (und beklagt) wird, dass die hohe Abhängigkeit von metallenen Rohstoffen (Nickel, Titan, Lithium u.a.) Deutschland als größten westeuropäischen Industriestandort behindert, seine Entwicklung einer „grünen“ Energiewirtschaft voranzutreiben, weil es dabei „von autoritär regierten Ländern“ wie Russland und China abhängig sei.

Kaiser ohne Kleider

Tja. Mit den antirussischen Sanktionen haben sich die westeuropäischen Politiklenker ins eigene Knie geschossen. Den Schmerz, die wirtschaftlichen Folgen, müssen aber wieder die Bürger ertragen, besonders die von Erwerbsarbeit abhängigen.

Sollte Russland, wie sich abzeichnet, Sieger in diesem Krieg bleiben, wird der Rohstoffmangel in Westeuropa zu erheblichen Kostensteigerungen führen und Deutschlands industrielle Wirtschaftskraft weiter schwächen. Sollte wider Erwarten die Ukraine siegen, wäre das zwar für „unsere“ Wirtschaft gut. Die Ukrainer aber müssen so oder so für diesen Krieg bezahlen, gleichgültig, wie er endet. Das Land musste bereits jetzt eine Verdoppelung der Staatsverschuldung hinnehmen (in Relation zum Brutto-Inlandsprodukt der Jahre 2021 bis 2024): von 48 auf 96 Prozent.liii Die Kosten für einen Wiederaufbau bleiben hier außer Betracht. Der unschätzbare Verlust an Menschenleben erst recht.

Möglicherweise, so ein erlaubter Rückschluss, wird auch die Ukraine noch im Jahrhundert danach Kriegskredite an den Wertewesten abstottern müssen. Ob sie überhaupt wieder zahlungsfähig wird, ist allerdings eine andere Frage.

Mit seiner Bemerkung im Tagesschau-„Bericht aus Berlin Extra“liv (ab ca. Min. 09‘04“) hat der unsägliche Unionsabgeordnete Kiesewetter jedenfalls recht:

Unsere Bürgerinnen und Bürger (verdienten) „mehr Orientierung aus der Politik. Ein Bundeskanzler könnte deutlich mehr erklären. Er macht es zu wenig.“

Na klar. Andernfalls stünde dieser Kanzler als politischer Prokurist der Kriegsgewinnler und Profiteure am ukrainischen Massensterben da. Seine „unerträgliche Schweigsamkeit“lv ist Taktik. Der Durchschnitts-Wähler durchschaut das nicht, denn seine Tagesschau besorgt ihm ja nur eine Mattscheibe.

iQuellen:

https://www.welt.de/politik/article705305/Grossbritannien-zahlt-letzte-Rate-seiner-Weltkriegsschulden.html

ii https://www.zdf.de/nachrichten/politik/waffenlieferung-bezahlung-deutschland-ukraine-krieg-100.html

iii https://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Allied_Force

iv https://www.bundestag.de/resource/blob/881198/27fd4f597e1d4ee43350aafffc6f9d8c/WD-2-062-21-pdf-data.pdf

v https://www.derstandard.de/story/2000070413391/dreistellige-milliardenverluste-durch-russland-sanktionen-in-europa

vi https://perspektive-online.net/2023/03/nordstream-sprengung-wer-wars-wer-profitiert/

vii https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-05/deutschland-stationierung-nato-soldaten-ausgaben

viii https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/marie-agnes-strack-zimmermann/fragen-antworten/wieviele-militaerstuetzpunkte-hat-die-usa-aktuell-in-deutschland-wieviele-usa-soldaten-sind-in

ix https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3412.html

x https://www.tagesschau.de/spendenkonten/spendenkonten-133.html

xi https://egon-w-kreutzer.de/erwerbstaetigkeit-gestiegen-bip-geschrumpft

xii https://www.businessinsider.de/wirtschaft/produktivitaet-in-deutschland-sinkt-bittere-wahrheit-fuer-wohlstand-und-arbeitszeiten/

xiii https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-krieg-deutschland-militaerhilfe-nato-100.html

xiv https://archive.is/PaQmR

xv https://www.jungewelt.de/artikel/461737.krieg-in-der-ukraine-augen-zu-vor-kiews-nazis.html

xvi https://weltwoche.ch/daily/wolodymyr-selenskyj-hat-in-der-ukraine-praktisch-alle-parteien-verboten-und-konzentriert-seine-medienmacht-kritik-im-westen-fehlanzeige/

xvii https://www.zerohedge.com/geopolitical/end-war-ukraine-expose-its-core-lie

xviii https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/wie-dauerhafte-unterstuetzung-fuer-die-ukraine-aussehen-koennte,TVkoN28

xix https://www.n-tv.de/ticker/Habeck-hofft-auf-Investitionen-deutscher-Unternehmen-in-Ukraine-article24665290.html

xx https://www.welt.de/politik/ausland/video249557656/WEF-Statement-von-Wirtschaftsminister-Robert-Habeck-in-Davos.html

xxi https://www.ardmediathek.de/video/wirtschaft-vor-acht/wirtschaft-vor-acht/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3dpcnRzY2hhZnQgdm9yIGFjaHQvMjAyNC0wMS0xNl8xOS01NS1NRVo

xxii https://www.infosperber.ch/politik/welt/die-geheime-macht-der-bilderberg-gruppe/

xxiii https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-krieg-freitag-101.html#Baerbock-begruesst-Sanktionen-gegen-Putin-und-Lawrow

xxiv https://www.tagesschau.de/ausland/biden-rede-polen-101.html

xxv https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tagesthemen/video-1254814.html

xxvi https://meduza.io/feature/2023/02/03/ya-obyazatelno-vyuchu-nazvaniya-etih-34-gosudarstv

xxvii https://www.politico.eu/article/opinion-russia-benefits-disintegration/

xxviii https://www.telepolis.de/features/Russland-dekolonisieren-Will-der-Westen-die-Russische-Foederation-zerstueckeln-7274966.html

xxix https://www.faz.net/aktuell/ukraine/olaf-scholz-wir-unterstuetzen-die-ukraine-weiter-19373328.html

xxx https://www.n-tv.de/politik/Scholz-sichert-der-Ukraine-weitere-Hilfen-zu-article24589631.html

xxxi https://www.dw.com/de/regierung-und-opposition-unterzeichnen-vereinbarung-zur-krisenlösung/a-17449594

xxxii https://www.wsws.org/de/articles/2022/12/20/merk-d20.html

xxxiii https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/es-begann-2014-wie-die-nato-den-krieg-russlands-in-der-ukraine-sieht-li.317773

xxxiv https://globalbridge.ch/kriegspropaganda-war-der-kriegseintritt-russlands-wirklich-ein-voelkerrechtswidriger-angriffskrieg/

xxxv https://www.swp-berlin.org/publikation/ukraine-im-nato-russland-spannungsfeld

xxxvi https://www.zitate7.de/581/Nicht-wer-zuerst-die-Waffen-ergreift.html

xxxvii https://dserver.bundestag.de/btp/20/20146.pdf

xxxviii https://globalbridge.ch/lachen-oder-weinen-die-heiligsprechung-eines-egomanen-menschenveraechters-und-demokratie-killers-am-wef-in-davos/

xxxix https://web.de/magazine/politik/russland-krieg-ukraine/selenskyj-putin-erkennt-schwaeche-tier-tier-39021610

xl https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-01/wolodymyr-selenskyj-davos-ukraine-unterstuetzung

xli https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/boris-pistorius-deutschland-ist-indirekt-am-ukraine-krieg-beteiligt-18607878.html

xlii https://www.youtube.com/watch?v=J835TJ0j1yY

xliii https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-92846-3_25

xliv https://www.youtube.com/watch?v=Urid8hF54_k

xlv https://de.euronews.com/my-europe/2023/12/11/the-cube-hakt-nach-geruchte-um-landkaufe-der-soros-familie-in-der-ukraine

xlvi https://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/ukraine-landwirtschaft-schwarzerde-monsanto/komplettansicht

xlvii https://www.fr.de/politik/ausverkauf-im-schatten-des-krieges-92565094.html

xlviii https://katapultu-magazin.de/artikel/russische-streitkraefte-kontrollieren-den-grossteil-des-ukrainischen-reichtums

xlix https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/russland-staatsduma-erlaesst-gesetze-zur-integration-besetzter-gebiete

l https://www.gtai.de/de/trade/ukraine/branchen/rohstoffreichtum-der-ukraine-in-gefahr-941166#toc-anchor–1

li https://www.researchgate.net/publication/373712318

lii https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2023-3006/html?lang=de

liii https://de.statista.com/statistik/daten/studie/314581/umfrage/staatsverschuldung-der-ukraine-in-relation-zum-bruttoinlandsprodukt-bip/

liv https://www.youtube.com/watch?v=Urid8hF54_k

lv https://www.focus.de/magazin/archiv/editorial-die-unertraegliche-schweigsamkeit-des-bundeskanzlers_id_87778431.html

Anmerkung der Autoren:

Friedhelm Klinkhammer (li.) und Volker Bräutigam (re.) währender der Medienkonferenz der IALANA in Kassel. Foto: Claus Stille

Beitragsbild. C. Stille

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

IALANA zum Krieg zwischen Hamas und Israel

Der bewaffnete Konflikt zwischen der Hamas und Israel wurde angesichts der von der Hamas am 7. Oktober verübten Massaker zunächst vor allem emotional beurteilt. Sehr schnell kam es zu unausgewogenen Parteinahmen für eine der beiden Konfliktparteien. Das Verlangen nach Vergeltung und Rache fand viel Verständnis. Die notwendig völkerrechtliche Sicht auf das Geschehen trat in den Hintergrund. Mit der folgenden völkerrechtlichen Bewertung möchte die Juristenorganisation IALANA Deutschland einen Beitrag zur Versachlichung der Auseinandersetzung leisten. Beide Konfliktparteien verstoßen in eklatanter Weise gegen das humanitäre Völkerrecht. Geboten sind daher nicht einseitige Parteinahmen und Waffenlieferungen, sondern eine sofortige Beendigung des bewaffneten Konflikts und die Freilassung aller Geiseln. Ein Einsatz für diese Ziele entspricht der völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Verpflichtung der Bundesregierung und bietet den einzigen Schutz vor weiteren Opfern der israelischen und palästinensischen Zivilbevölkerung. 

  Hamas

Mit den zahlreichen grausamen Tötungen, Folterungen, Gefangennahmen und Geiselnahmen von Zivilpersonen bei dem Überraschungsangriff der Hamas auf israelische Zivilisten hat die Hamas gegen humanitäres Völkerrecht nach Art. 3 der Genfer Abkommen vom 12. August 1949[i] und Art. 4 des Zusatzprotokolls II vom 8. Juni 1977[ii] verstoßen.Diese Bestimmungen sind Völkergewohnheitsrecht geworden und unabhängig von der Unterzeichnung der Abkommen für alle Staaten verbindlich. Sie gelten in internationalen und nicht internationalen bewaffneten Konflikten. Die Genfer Abkommen untersagen in Art. 3 die Tötung, Verletzung, Folterung und Geiselnahme von Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen. Art. 32 der Vierten Genfer Konvention verbietet Tötungen, Folterungen, Verstümmelungen sowie alle anderen Grausamkeiten, nach Art. 34 sind Geiselnahmen verboten. Art. 4 des Zusatzprotokolls II bestätigt und konkretisiert diese Bestimmungen.Das geltende humanitäre Völkerecht hat seinen Ausdruck in den Strafbestimmungen des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (ISTGH) vom 17. Juli 1998[iii] gefunden. Alle Täter und Verantwortlichen der Hamas sind wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach Art. 7 des Rom-Statuts vor Gericht zu stellen und zu bestrafen. Sie erfüllen auch die Tatbestände der Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs 2 a (i), (ii), (vii) und (viii). Palästina ist dem Rom-Statut 2015 beigetreten. Der ISTGH ist mithin zuständig für die von den Palästinensern begangenen Taten. Nach den bisherigen Erkenntnissen gehören die für das Massaker verantwortlichen Mitglieder der Hamas zu den Palästinensern. Es gibt keine Rechtfertigung für die Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung. Ein Widerstandsrecht Palästinas gegen die von der UN wiederholt als völkerrechtswidrig gerügte Besetzung könnte nur unter Beachtung der Rechtsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des humanitären Völkerrechts ausgeübt werden. Die grausamen Quälereien, Tötungen und Entführungen israelischer Zivilisten sind völlig unverhältnismäßig und verstoßen in schwerwiegender Weise gegen das humanitäre Völkerrecht. 

Israel

Israel reagiert auf den Angriff der Hamas mit einem militärischen Gegenangriff. Einen Tag nach dem Angriff erklärte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Kriegszustand und kündete „Vergeltung“ an; Israel werde die militärischen Strukturen der Hamas vollständig zerstören.Der israelische Verteidigungsminister erklärte, der Gaza-Streifen werde komplett abgeriegelt. Ab 8. Oktober 2023 wurden keine Lebensmittel, keine Medikamente, kein Trinkwasser, kein Treibstoff und keine Elektrizität in den Gaza-Streifen geliefert. In der Folge musste das Elektrizitätswerk in Gaza abgeschaltet werden. Seit dem 15. Oktober war eine Trinkwasser-Leitung in den Süden des Gaza-Streifens täglich einige Stunden in Betrieb, so dass Wasser nur für eine kleine Anzahl der 2,2 Millionen zählenden Bewohner und auch nur begrenzt zur Verfügung stand.Obwohl Israel vor seinem Angriff die Bevölkerung Nord-Gazas aufgefordert hat, das Gebiet zu verlassen und sich in den südlichen Teil Gazas zurückzuziehen, hat der umfassende Angriff Israels bisher weit über 20.000 palästinensische Bewohner getötet und zahlreiche Menschen verwundet. Trotz der Aufforderung an die Bewohner des Gaza-Streifens sich in den Süden zu begeben, hat das israelische Militär auch diesen Landesteil angegriffen und bombardiert. Die Wohnbesiedlung und die Infrastruktur des nördlichen Gaza-Streifens sind weitgehend zerstört worden. Auch aus dem südlichen Gaza-Streifen werden zahllose Zerstörungen gemeldet.Israel ist keinesfalls verpflichtet, den Angriff der Hamas auf israelischen Siedlungen und Menschen, die wahllose Tötung von über 1.200 Zivilisten und die Geiselnahme von 240 Bewohnern widerstandslos hinzunehmen. Zwar sieht Art. 51 UN-Charta ein Selbstverteidigungsrecht nur für Mitglieder der UN vor, also für die Notwehr von Staaten gegenüber Staaten, weil bei der Gründung der UN im Jahre 1945 ein nichtstaatlicher Angreifer kaum vorstellbar war. Der UN-Sicherheitsrat hat jedoch nach den nichtstaatlichen Terrorangriffen auf die USA am 11. September 2001 mit den Resolutionen 1368 und 1373 das Selbstverteidigungsrecht nach Art. 51 UN-Charta anerkannt. Angesichts der weitreichenden Anerkennung durch die internationale Gemeinschaft ist davon auszugehen, dass heute das Selbstverteidigungsrecht nicht auf bewaffnete Angriffe durch Staaten beschränkt ist, sondern auch auf bewaffnete Angriffe durch nichtstaatliche Akteure Anwendung findet.[iv] Demnach kann auch Israel nicht das Recht verwehrt werden, sich gegen die terroristischen Angriffe der Hamas militärisch zur Wehr zu setzen, die – soweit bekannt – von Palästinensern und aus dem palästinensischen Gebiet heraus begangen wurden.Entscheidend ist, dass Notwehr immer verhältnismäßig sein muss und die Bedingungen des humanitären Völkerrechts erfüllen muss. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat in seinem Gutachten vom 8. Juli 1996 in Anwendung von Art. 35 und 48 des Zusatzprotokolls I[v] hervorgehoben, dass „die in einem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Methoden und Mittel der Kriegsführung“ haben. Weiter: „Eine Gewaltanwendung, die nach dem Notwehrrecht verhältnismäßig ist, (muss) um rechtmäßig zu sein auch die Forderungen des für bewaffnete Konflikte verbindlichen Rechts erfüllen, was insbesondere die Grundsätze und Regeln des humanitären Völkerrechts umfasst.“[vi] Dabei ist für Israel von Bedeutung, dass die humanitären Regeln der Zusatzprotokolle auch völkergewohnheitsrechtlich gelten,[vii] und damit unabhängig sind von dem Umstand, dass Israel die Zusatzprotokolle I und II nicht ratifiziert hat.Art. 48 des Zusatzprotokolls I verlangt von den Konfliktparteien die Schonung und den Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte, insbesondere die Unterscheidung zwischen der Zivilbevölkerung und Kombattanten sowie zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen. Verboten sind u.a. unterschiedslose Angriffe, Angriffe auf Krankenhäuser und Kollektivbestrafungen wie das Aushungern der Zivilbevölkerung oder die Blockade von zentralen Versorgungsgütern. Eine Vertreibung der Zivilbevölkerung ist auch in Form einer Evakuierung völkerrechtlich unzulässig. Die Aufforderung zur Evakuierung der Zivilbevölkerung führt nicht zum Verlust des Schutzstatus, wenn Bewohner ihr Wohngebiet dennoch nicht verlassen.„Das vorsätzliche Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung durch das Vorenthalten der für die lebensnotwendigen Gegenstände, einschließlich der vorsätzlichen Behinderung von Hilfslieferungen“ ist ein Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2b xxv des Römischen Status des Internationalen Strafgerichtshofs.[viii] Auch vorsätzliche Angriffe auf Krankenhäuser sind Kriegsverbrechen nach Art. 8 Abs. 2b xxiv und Abs. 2e ii. Vorsätzliche Angriffe auf Wohnstätten und Gebäude, die nicht militärische Ziele sind, gelten gem. Art 8 Abs. 2b v als strafbare Kriegsverbrechen. Israel hat sich entschlossen bei der Bekämpfung der – inmitten der Zivilbevölkerung und teils in Tunneln unter ihr lebenden und agierenden – Hamas durch Zerstörung der Wohngebiete und der lebenswichtigen Infrastruktur des Gaza-Streifens unter Inkaufnahme zahlloser ziviler Opfer militärisch vorzugehen, um eigene Verluste zu minimieren. Das ist eine unverhältnismäßige Verteidigung und nicht durch Art. 51 UN-Charta gedeckt. Der Internationale Strafgerichtshof ist für die von israelischen Soldaten und Soldatinnen auf palästinensischen Gebiet begangenen Taten zuständig.Die Republik Südafrika hat am 29.12.2023 vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) gem. Art. 36, 40 des IGH-Statuts Klage gegen den Staat Israel erhoben.[ix] Südafrika wirft darin Israel vor, durch seine Handlungen gegen das palästinensische Volk im Anschluss an die schwerwiegenden Angriffe in Israel am 7.10.2023 gegen das Völkerrecht zu verstoßen, insbesondere gegen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes, die am 12.1.1951 in Kraft getreten ist.[x] Südafrika beantragt beim IGH gegen Israel einstweilige Maßnahmen anzuordnen, um die Völkerrechtsverstöße zu beenden und nicht wieder gutzumachende Verluste zu verhindern. Darüber wird der IGH in Kürze entscheiden. 

Deutschland

Deutschland ist Vertragsstaat der Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle. Demgemäß und aufgrund der völkergewohnheitsrechtlichen Geltung ist die Bundesregierung gem. Art. 1 der Genfer Abkommen i.V. mit Art. 25 GG verpflichtet, die Einhaltung der Abkommen durchzusetzen, d.h. auch auf Israel einzuwirken, die humanitären Regeln und Beschränkungen seines Notwehrechtes einzuhalten, auf unzulässige Methoden der Kriegsführung zu verzichten und die humanitären Lebensbedingungen der Bevölkerung Gazas wie Trinkwasser, Lebensmittel und Treibstoff für lebenswichtige Einrichtungen sicherzustellen.Die Bundesregierung trifft insoweit auch die Pflicht, auf Staaten wie Katar und Ägypten einzuwirken, die Kontakt und Einfluss auf die Hamas haben, damit das Wohlergehen der Geiseln gewährleistet wird, diese freigelassen werden und der wahllose Raketenbeschuss auf Israel eingestellt wird.Statt dieser dringend notwendigen und gebotenen diplomatischen Bemühungen hat die Bundesregierung die Rüstungsexporte nach Israel verzehnfacht.[xi] Damit verstößt die Bundesregierung gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen sowie den Waffenhandelsvertrag (ATT).Als Vertragsstaat der Völkermordkonvention darf Deutschland weder gegen die Konvention verstoßen noch andere Staaten dazu ermutigen. Die Unterstützung und die Förderung solcher Verstöße sind verboten. Warnungen der Vereinten Nationen vor einem drohenden Völkermord darf die Bundesregierung nicht missachten. Der UN-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnete Gaza nach der israelischen Intervention als einen „Friedhof für Kinder.“ Wörtlich: So „sind wir Zeugen“ …“eindeutiger Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht…in Gaza.“[xii] Die UN drängt die internationale Gemeinschaft einen Genozid an den Palästinensern zu verhindern und diplomatische Lösungen in diesem Konflikt zu suchen.Es besteht Veranlassung darauf hinzuweisen, dass das außenpolitische Handeln der Bundesregierung durch die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte bestimmt sein muss, die universell gelten und nicht nur selektiv angewendet werden dürfen. Das folgt zwingend aus der Bindung der Bundesregierung an Recht und Gesetz gemäß Art 20 Abs. 3 GG.Der Vorstand der IALANA fordert die Bundesregierung auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und zum Schutz der Zivilbevölkerung tätig zu werden. Sie hat alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen und auf die Konfliktbeteiligten einzuwirken, damit die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht unterbleiben. Dazu gehört, bei Abstimmungen in der UN-Generalversammlung gegen die Verletzung des humanitären Völkerrechts und für einen Waffenstillstand in Gaza zu stimmen.[xiii][i] BGBl. 1954 II S. 838; internationale Quelle UNTS vol. 75, p. 31[ii] BGBl. 1990 II S. 1637; internationale Quelle UNTS vol. 1125, p. 609[iii] UN A/CONF.183/9[iv] Heintschel von Heinegg in Knut Ipsen, Völkerrecht, 6.Aufl., § 52 Rdnr. 24 m.w.N.[v] BGBl. 1990 II, S. 1551; international Quelle UNTS vol. 1125, p. 3[vi] I.C.J. Reports 1996 (I) p.257 para 42[vii] I.C.J. Reports 2004, p. 136, para 157[viii] UNTS 2187, S.31[ix] https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/192/192-20231228-app-01-00-en.pdf  [x] BGBl. 1954 II S. 730, internationale Quelle UNTS vol. 78, p.277; für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten am 22.2.1955; heute 150 Vertragsparteien[xi] https://www.tagesschau.de/inland/israel-deutschland-ruestungsexporte-100.htm[xii] UNSG, Secretary-General’s remarks to the Security Council – on the Middle East [as delivered] (24 Oct 2023).[xiii] Mit der Resolution vom 12.12.2023 hat die UN-Vollversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit einen Waffenstillstand zur Verbesserung der humanitären Situation im Gazastreifen und die sofortige Freilassung der Geiseln verlangt. Deutschland enthielt sich der Abstimmung, weil das kriegsauslösende Massaker der Hamas in der Resolution nicht erwähnt wird.

Quelle: Erklärung der IALANA

Es ist an der Zeit: Bundesweiter Protest gegen Krieg und das soziale Desaster – Demonstration am 25.11. in Berlin

In der Woche vom 27.11 bis 30.11 verabschiedet der Bundestag den Haushalt 2024, der als Kriegsetat zu bezeichnen ist. Dieser zeichnet sich durch ein wesentliches Kriterium aus: der Rüstungsetat steigt nach NATO-Kriterien auf 88,5 Milliarden Euro und alle Etatposten, die die Bereiche Soziales, Umwelt, Gesundheit, Bildung, Wissenschaft, internationale Beziehungen, und weitere betreffen werden teilweise radikal gekürzt. Dies ist Ausdruck einer von der Ampel und der Opposition durchgedrückten gesellschaftlichen Neuorientierung auf Krieg und reaktionär Krisenbewältigung. Von Reiner Braun.

Wo bleibt der so dringend notwendige Aufschrei, der Protest: der Gewerkschaften, der Sozialverbände, der Umweltverbände, der Kirchen – überhaupt der Betroffenen?

Burgfrieden und Resignation, eine marginalisierte und handlungsunfähige Linke, Stillhalten als Unterstützung der Regierungspolitik und Wut ohne aktives Handeln bestimmen die Gesellschaft und die gesellschaftliche Atmosphäre. Die Wahlergebnisse der letzten Wochen und Monate sind der beredte Ausdruck einer Weigerung, der Kriegs- und sozialen Abwälzungs-Spirale von Seiten progressiver und emanzipatorischer Kräfte ein positives gesellschaftliches Projekt des eigenständigen Handelns entgegenzusetzen.

In dieser politischen Situation gehört Mut und Courage dazu, zum eigenständigen Handeln aufzurufen. Wir haben ihn und wollen den Protest bundesweit auf die Straße tragen.

Wir, die „Ukraine Initiative – die Waffen nieder“ ruft gemeinsam mit über 120 Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zur bundesweiten Friedensdemonstration am 25.11.2023 in Berlin auf.

„Nein zu Kriegen – Rüstungswahnsinn stoppen – Zukunft friedlich und gerecht gestalten“ ist unsere Antwort auf die Kriegspolitik der Bundesregierung und die asozialen Konsequenzen deutscher Kriegsbeteiligung sowie die Unterstützung einer uns selbst schädigenden Sanktionspolitik.

Der Aufruf ist ein Bündnisaufruf von Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen und sozialen Organisationen, Initiativen und Parteien, die – bei aller Unterschiedlichkeit, ja sogar Gegensätzlichen Positionen in den zentralen Herausforderungen übereinstimmen:

  • Der Krieg in der Ukraine sowie alle Kriege auf der Welt müssen beendet werden. Deshalb fordern wir Verhandlungen und Waffenstillstand im Ukraine Krieg als zentrale Herausforderung, das Töten und Morden sowie die tägliche Zerstörung zu beenden. Wir unterstützen alle Initiativen für Verhandlungen, besonders des Globalen Südens und der BRICS Staaten und fordern endlich eigenständige diplomatische Initiativen der Bundesregierung zur Beendigung.
  • Der Ablehnung des zutiefst unsozialen und die Zukunft des Landes zerstörenden Sozialabbaus. Im Aufruf benennen wir die Konsequenzen: „Mit 85,5 Milliarden Euro sind die Militärausgaben 2024 die größten seit Bestehen der Bundesrepublik. Das Gesundheitswesen, die Infrastruktur, Unterstützung für Kinder und bezahlbare Mieten, Bildung, Wissenschaft und Ausbildung sind dagegen durch dramatische Mittelkürzungen bedroht. Für immer mehr Menschen zeichnet sich eine soziale und ökonomische Katastrophe ab.“ Der Jugend wird die Zukunft verbaut.
  • Die daraus resultierende Kernforderung heißt Abrüstung: bei und uns weltweit. Unser blauer Planet kann sich für das ökologische Überleben und für eine lebenswerte Zukunft für die Menschen mehr als 2 Billionen Rüstungsausgaben weltweit einfach nicht leisten. Wovon sollen denn die „Sustainable Development Goals“ finanziert werden, wovon der weltweite Klimafond? Wie sollen wir zu einer weltweiten globalen Gerechtigkeit kommen, wenn nicht diese Ausgaben massiv reduziert werden. Deswegen globale Abrüstung – bei uns anfangen!

Unverzichtbar für einen alternativen Weg zur Konfrontation, der immer auch die Gefahr des nuklearen Holocausts beinhaltet, ist die „Politik der gemeinsamen Sicherheit“. Sicherheit ist immer nur miteinander und nie gegeneinander möglich. Dieser Gedanke der internationalen Kooperation und Solidarität soll unsere Demonstration des Friedens durchziehen.

Wir wenden uns mit dieser bundesweiten Demonstration an alle Menschen guten Willens, die mittun wollen, aus dieser Sackgasse von Konfrontation und Krieg herauszukommen. Lasst uns in der jetzigen Situation, in der die Welt zunehmend aus allen Fugen gerät, aufeinander zugehen, Barrieren überwinden und für Versöhnung werben. Wir sollten nicht in der jetzigen – wohl einzigartigen historischen Situation – nicht so wie immer agieren und reagieren, sondern Mut zu Neuem, zu mehr Widerborstigkeit und Widerstand aufbringen – folgend dem Gedanken, das kein auch noch so kleines Engagement nutz- und folgenlos ist sondern ein Mosaikteilchen darstellt, das mithilft die Welt zu verändern.

Lasst uns diese Visionen wieder in unser tägliches Handeln herunterbrechen.

Lasst uns alte Streitigkeiten, überholte Differenzen, unterschiedliche Einschätzungen zurückstellen, um in dieser Situation größter Gefahr für den Weltfrieden gemeinsam zu handeln. Wir wollen die Friedensbewegung durch die Aktion stärken und viele unterschiedliche Kräfte zum gemeinsamen Handeln ermutigen!

Werdet MultiplikatorInnen der Vorbereitung, indem ihr aktiv mitwirkt diese Demonstration anzukündigen und für möglichst viele TeilnehmerInnen attraktiv werden zu lassen:

  • Deshalb gemeinsam und überall TeilnehmerInnen werben
  • Deshalb „langjährige Aktive“ und „Enttäuschte“ wieder mobilisieren
  • Deshalb Neue für das Mitwirken gewinnen und neue Friedensinitiativen gründen
  • Deshalb an vielen Orten Veranstaltungen und Aufklärung organisieren
  • Deshalb überall die Fahrt nach Berlin zu einem gemeinsamen Friedensereignis machen
  • Nutzt alle Möglichkeiten der sozialen Medien

Wir wollen mit der Demonstration einen Anstoß geben, dass mehr Menschen sich für ihre Interessen aktiv einsetzen und als erstes, das grundlegendste Menschenrecht das Recht auf Leben einfordern.

Quelle:

Reiner Braun, ehemaliger Präsident des Internationalen Friedenbüros, aktiv in der Ukraine Initiative „die Waffen nieder“

Reiner Braun. Foto: Claus Stille

Beitragsbild: C. Stille

Gesichter des Krieges

Ein bewegender Überlebensbericht aus dem Donbass gibt dem abstrakten Kriegsgeschehen in der Ukraine ein konkretes Gesicht.

Der Krieg im Donbass hat viele Gesichter, die eines verbindet: Tod und Leid. In den Medien liest man meist aber nur von Frontberichten, von Selenskyj und Putin, von anderen namhaften Politikern, den Generälen, manchmal sogar Geschichten von einzelnen Soldaten. Die Geschichten von den eigentlichen Opfern dieses Wahnsinns werden viel zu selten erzählt. Die Opfer werden meist nur thematisiert, wenn sie zu Propagandazwecken genutzt werden sollen, ansonsten sind sie bestenfalls eine Statistik. Aber jedes „Element“ dieser Statistik hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Erlebnisse, die sich unauslöschlich in das Gedächtnis des betroffenen Menschen eingebrannt hat.

von Andrea Drescher

Der Verein Friedensbrücke Kriegsopferhilfe e. V. ist seit 2015 im Donbass aktiv und unterstützt diese Menschen mit humanitärer Hilfe. Anfangs beidseits der Demarkationslinie; nach kurzer Zeit wurde das aber seitens der Regierung in Kiew unterbunden.

Seitdem kommt diese Hilfe nur noch im östlichen Teil des Kriegsgebiets an — ein Faktum, das dazu führte, dass dem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen wurde. Bis heute ist dies jedoch rechtlich nicht umgesetzt worden, da die Frist seitens des Finanzamtes abgelaufen ist, nachdem der Verein Einspruch eingelegt hat. Inzwischen wurde dem Verein auch schon insgesamt sechs Mal das Konto gekündigt, und die Vorsitzende landete auf der ukrainischen Seite „Mirotworez“.

Laut Wikipedia handelt es sich bei Mirotworez „um die Webpräsenz der ukrainischen, nichtstaatlichen Organisation Zentr Mirotworez (Центр Миротворець, Zentrum Friedensstifter), die sowohl Verbindungen zum ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU als auch zum Innenministerium der Ukraine hat“. Gehostet wird die Seite wohl in den USA, in den Ukraine-kritischen Kreisen wird sie auch als Todesliste bezeichnet, da eine große Zahl an Menschen, die dort gelistet waren, inzwischen „verstorben wurden“.

Friedensstifter agieren anders. Friedensstifter wollen dem Leid, dem Schrecken für die Menschen ein Ende setzen. Um das schreckliche Geschehen greifbar zu machen, aber auch um sicherzustellen, dass das Leid der Kriegsopfer nicht unter den Teppich gekehrt werden kann, sammelt die Friedensbrücke Geschichten von Menschen aus dem Kriegsgebiet, die sie selbst erzählen. Diese sollen zukünfig in einem Buch zusammengefasst und veröffentlicht werden.

Yulia aus der Stadt Fokino bei Mariupol erzählt ihre Geschichte, die sie in das Flüchtlingslager Brjansk in Russland brachte. Dort wird sie vom Verein Friedensbrücke betreut wird. Yulia schrieb die Geschichte auf Russisch, Freiwillige haben sie übersetzt. Manche sprachliche Eigenwilligkeit ist dieser Konstellation geschuldet. Aber ihre Geschichte ist auf jeden Fall eines: authentisch.

Als ich sie das erste Mal las, musste ich weinen. Mein erster Hund hieß Jessy und war ein Schäferhund-Mix. Auch Yulias Hund hieß Jessi. Jessi hat nicht überlebt, Yulia hat es schwer verletzt geschafft. Und nachdem sie mit ihrer Familie wieder vereint war, ist es ihr auch gelungen, ihre Lebensfreude wiederzufinden. Gerade dieser Mut zum Leben macht es in meinen Augen so wichtig, dass die Geschichte von anderen gelesen wird.

Die Geschichte von Yulia

Als ich im 4. Stadtkrankenhaus von Mariupol lag, von Granatsplittern zerschrammt, mit gebrochenen Beinen, versprach ich mir und meinen Kameraden in Ehren, dass ich die Ereignisse meines Aufenthalts beschreiben würde. Aber dann … das Wiedersehen mit meinen Kindern und Enkelkindern im TAC (Abkürzung für die Einrichtung für vorübergehende Unterbringung von Flüchtlingen aus dem Donbass und befreiten Gebieten) im Gebiet Brjansk … geriet alles irgendwie in den Hintergrund.

Es ist nicht sehr angenehm, sich an die Qualen des Schmutzes, des Hungers und der Kälte zu erinnern. Um mich herum eine Menge Menschen, die nicht weniger unangenehme Dinge erlebt haben. Und meine derzeitige Situation, „Leben im Rollstuhl“, stimmte mich nicht gerade optimistisch.

Aber gestern kamen die Nachtwölfe ins TAC. Nachdem ich Zeit mit diesen erstaunlichen Menschen verbracht hatte und nach den Ferien, die sie für Kinder und Erwachsene gemacht haben, beschloss ich, meine Geschichte zu erzählen.

22. Februar 2022

Es war mein Geburtstag, sogar ein runder — ich wurde 60 Jahre alt. Ich lud eine große Napoleontorte und zwei Tüten Saft in ein Taxi und fuhr zu meinem Arbeitsplatz in Toothy’s Restobar.

Unser liebes Personal gratulierte mir, die Geschäftsleitung überreichte mir einen Umschlag mit einem Geschenk — das ist bei uns Tradition —, danach wurde ich von meinem Schwiegersohn Vita aus dem Restaurant abgeholt, und nachdem wir im nächstgelegenen Supermarkt alles Notwendige gekauft hatten, gingen wir nach Hause zu den Kindern, um den Geburtstag zu feiern.

Meine Tochter Nastenka hatte bereits den Tisch gedeckt, meine Schwester Ksyukha, die Freundin meiner Tochter Marina und die Heiratsvermittlerin Valentina kamen vorbei. Auch dabei waren die Enkelkinder, die älteste, Sonechka, und die jüngste, die kleine Sashenka.

Die Heiratsvermittlerin schimpfte: „Warum hast du teure Lebensmittel gekauft? Es wäre besser gewesen, Mehl, Zucker und verschiedene Getreidesorten auf Vorrat zu kaufen!“ In Anbetracht der jüngsten Ereignisse rechnete man mit dem Schlimmsten, aber nicht so sehr; in den letzten acht Jahren haben wir Granatenbeschuss außerhalb der Stadt gehört. Darum sagte ich: „Meine Lieben, wer weiß, was morgen mit uns geschieht!? Lasst uns zusammensitzen und plaudern, wer weiß, wann wir alle wieder zusammenkommen können!“

Am 24. Februar begannen sie mit dem Beschuss der Stadt.

Am 28. Februar wurde der östliche Bezirk, in dem ich wohnte, schwer beschossen. Alle Fenster in meinem Haus wurden herausgesprengt, die Türen gingen zu Bruch, eine nicht explodierte Granate steckte im 9. Stockwerk.

Mein Schwiegersohn mietete ein Taxi, und ich wurde zum Haus meiner Kinder gebracht. Es gab noch Strom und Wasser, und der Beschuss war weniger intensiv. Zu dieser Zeit hatten meine Kinder und Enkelkinder große Angst vor dem Geräusch der Explosionen.

Ab dem 2. März gab es keine Kommunikation, kein Wasser und keinen Strom mehr.

Die Menschen, die in der Nachbarschaft blieben, versteckten sich im Keller der nächsten Schule. Ich konnte nicht in den Keller gehen. Unsere Jessi, der deutsche Schäferhund, war im Hof angebunden. Ich konnte sie nicht losbinden, wie es viele Leute taten, und sie freilassen, das ging nicht. Und ich hatte keine Kraft — sie kam auf die Hinterbeine, die Vorderbeine umarmten meinen Hals, ich fiel. Fremde ließ sie nicht an sich heran. Ich konnte nicht rausgehen. Ich konnte auch nicht vor das Tor gehen, sie wimmerte, weinte, sie hatte Angst, allein zu sein.

Am 19. März wärmte ich morgens in der „Burzhuyka“ Futter für den Hund auf und wartete auf das Ende des Beschusses. Um genau 8:00 Uhr morgens öffnete ich die Tür des Hauses, Jessi sprang aus dem Zwinger … Sie war die Erste, die starb. Dann gab es weitere Explosionen auf den Stufen der Veranda, auf denen ich stand. Ich wurde zurück ins Haus geschleudert, das Dach stürzte ein, Glas fiel herunter, ich wurde ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam, war mein erster Gedanke: „Oh, mein Gott, ist es das? Ist es das? Oh mein Gott, ist es wirklich so einfach?“

Als ich merkte, dass ich keine Beine mehr hatte — unterhalb der Knie waren sie wie zerkaute Lappen—, stoppte ich die Blutung, indem ich einen Gummistreifen von einem zerbrochenen Fenster über die Knie zog.

Gegen 10 Uhr morgens kam mein Nachbar Sasha — seinen Nachnamen weiß ich schon lange nicht mehr — mit einer Axt und einem Brecheisen zu mir. Er zog mich heraus mit einem Schock. Von dort aus brachten mich Freiwillige in das städtische Krankenhaus Nr. 4, das schon ziemlich ramponiert war.

Für mich war das Schlimmste nicht einmal die Beschießung und die Entbehrungen — es war hart aufgrund der Ungewissheit und ohne Zigaretten —, sondern die Tatsache, dass ich nichts über das Schicksal meiner Angehörigen, meiner geliebten Kinder und Enkelkinder wusste. Mein Herz sank vor Angst um sie. Wo sind sie? Sind sie am Leben?

Also das Krankenhaus. Ich wurde in der Notaufnahme untersucht. Eine Krankenschwester und eine Schwesternhelferin haben auf Anweisung des einweisenden Arztes mein linkes Bein geröntgt und einen Verband angelegt. Das Röntgenbild war nicht brauchbar. Ein Krankenhaus ohne Fenster und Türen, ohne Medikamente, kein Essen, kein Wasser. Drei Tage lang lag ich im 4. Stock, sie gaben mir ein paar Mal Wasser aus einer Spritze. Ich war durstig, ich hatte viel Blut verloren. Ich habe sehr viel Blut verloren. Ich bettelte einen betrunkenen Pfleger um einen Becher mit Wasser an.

Am 3. Tag gab es ein Bombardement, das die Station, in der ich lag, beschädigte. Ein mit Linoleum verschlossenes Fenster und ein Teil der Wand stürzten ein. Die Pfleger kamen, um die Leichen zu holen. Sie nahmen zwei von ihnen und trugen sie in Säcken in den Keller — es ist eiskalt draußen und die Leichenhalle ist voll. Mich wollten sie auch einpacken, ich war oft bewusstlos. Aber ich bin aufgewacht, als sie versuchten, die Decke von mir zu nehmen. Aber ich bekam eine andere Decke von der Nachbarin des Toten, so war es wärmer.

Am 4. Tag wurde ich in den 3. Stock verlegt, auf den Korridor des Traumazentrums. Es waren viele Leute da. Hier erfuhr ich, dass am 20. März alle Ärzte des Krankenhauses geflohen waren und alle Lebensmittel, Medikamente und Instrumente mitgenommen hatten. Sie haben sogar den Safe des Chefarztes demontiert. Nur ein Psychologe oder Psychotherapeut und seine Familie blieben bei uns.

Ich möchte gesondert über die Menschen berichten, die uns geholfen haben, zu überleben.

Sergei Nichai, ein Mann um die 30, 35 Jahre alt. Er brachte seine verletzte Mutter in das Krankenhaus. Er blieb über Nacht im Keller und kümmerte sich tagsüber um seine Mutter. Die Mutter hat nicht überlebt. Mehrmals am Tag wurden die Fenster aufgebrochen; er hat sie mit Brettern und Linoleum zugenagelt, sogar die Türen eingebaut.

Witaly Shemetun, er ist älter, etwa 40, 45 Jahre alt. Er versorgte uns mit Schlamm und Wasser. Er fuhr sein Auto unter Beschuss zu den Häusern der Überlebenden. Er fuhr zu den Häusern der Überlebenden und bat die Menschen um Essen. Es war eine Zeit des Hungers, aber die Leute gaben ein paar Kartoffeln, Karotten und Getreide für die Patienten des Krankenhauses.

Einmal am Tag bekamen wir etwas zu essen: einen Löffel Haferbrei und 150 ml Wasser. Das Wasser war besonders schlecht. Auf dem Dach des Krankenhauses gab es Auffangbehälter für Regenwasser.

Sie schossen auf jeden, der das Krankenhaus verließ oder betrat. Sie erschossen eine ganze Familie: eine Mutter, einen Vater und zwei kleine Kinder. Zwei kleine Kinder. Viele Menschen wurden erschossen, viele lagen im Sterben. Der Keller war voll von Leichen.

Die „Asowtsy“ hatten es auf das Krankenhaus abgesehen, eine Art von Rache.

Wir wurden von einem Flugzeug aus bombardiert. Da wurde mir klar, was „Das Lied vom Sturzbomber“ bedeutet. Die Wände des Krankenhausgebäudes gingen zu Bruch, Fenster flogen heraus. Großmütter hielten ukrainische Soldaten auf, die durch den Korridor gingen, und flehten sie an, mit dem Beschuss aufzuhören, zu stoppen: „Söhne! Habt Mitleid mit den Kindern!“ Diese Bastarde antworteten: „Das sind keine Kinder, sondern ‚wyblyadki‘ (Freaks), denn ich habe Kinder zu Hause.“

Das Schlimmste für mich war das Unbekannte, die Angst um meine Kinder und Enkelkinder. Jede Nacht träumte ich von meiner Enkelin Sonechka. Sie kommt auf mich zu und sagt: „Oma, ich bin so hungrig!“ Mein Herz blutete.

3. April 2022

Das Gebäude hatte einen Riss, sodass die traumatologische Abteilung nur noch eine Plattform im Flur hatte, die Wände waren weg. Ich wurde bei dem Angriff ans andere Ende des Korridors geschleudert. Unsere Freiwilligen Witaly und Sergey begannen schnell damit, alle Lebenden in den Keller zu tragen. Die Evakuierung dauerte bis Mitternacht. Ich wurde später entdeckt. Sie hoben mich auf ein ganzes Bett, deckten mich mit Kissen und Decken zu und blieben bei mir.

Witaly sagte, wir sollten bis zum Morgengrauen warten, und am nächsten Morgen würden sie mich in den Keller bringen. Am nächsten Morgen versprachen die Asowschen, den Rest des Gebäudes in die Luft zu sprengen. Am Morgen brachten sie mich in den Keller. Ein schmaler Korridor, in der Mitte ein undichter Abwasserkanal. Sie bauten eine Tür für mich auf dem Boden, eine Bettmatratze, ein Kissen und eine Decke. Die hohe Decke wackelte von den Explosionen und überschüttete uns mit altem Gips.

Witaly und Seryozha gaben uns noch drei Tage lang etwas zu essen. Am Tag darauf kamen russische Soldaten zu uns. Wir weinten vor Freude, es gab Hoffnung, zu überleben. Die Jungs sagten, sie würden uns rausholen, aber wir mussten helfen, die Faschisten vom Ort der Evakuierung vertreiben.

6. April 2022

Man begann, 2 bis 3 Personen auf einmal herauszuholen und auf APCs zu bringen. Wir wurden in der Siedlung Winogradnoye ausgeladen. Fast alle unsere Krüppel waren bereits hier. Sie setzten mich auf eine Chaiselongue, sie boten mir einen Teller mit Nudeln und Wasser an. Ich lehnte die Nudeln ab; wegen des Durchfalls hatte ich Angst, ich wollte nicht ins Krankenhaus gehen und mich blamieren. Ich trank das Wasser und bat um eine Zigarette.

Es war fast ein Glück: die Sonne sehen, die Spatzen zwitschern hören!
Ich hatte vergessen, dass es neben dem Krieg noch einen Frühling auf der Welt gibt!

In Donezk, im städtischen Krankenhaus Nr. 9, kamen wir mit einem kleinen Bus um ein Uhr nachts an. Wir wurden vom gesamten Personal des Krankenhauses empfangen. Wir wurden zum Röntgen geschickt, dann in die Wäschekammer — können Sie sich vorstellen, in welcher Form wir aus dem Keller gekrochen sind? Ich kam auf die Station Nummer 11. Nach den Kellerplatten — auf einem Bett mit sauberer Bettwäsche! Man bot uns auch heißen Tee mit Keksen und Süßigkeiten an. Am Morgen schliefen wir ein.

7. April 2022

Kurzer Schlaf, Aufwachen um 8 Uhr, Beginn der Visite. Nachdem Dr. Ewgeny Iwanowich, ein Militärchirurg, die Röntgenbilder untersucht hatte, schlug er vor, mein linkes Bein zu amputieren. Er sagte, es gäbe nichts mehr zu retten. Ich versprach, es mir zu überlegen. Ich konnte sehen, dass es anzuschwellen begann — die ganze Zeit war es in der Kälte, und hier gab es Heizkörper und Hitze —, aber das war mir egal. Wenn meine Kinder nicht mehr am Leben sind, will ich so ein Leben nicht.

10. April 2022

Der Morgen begann mit der Visite, ich lehnte die Operation erneut ab. Nach der Visite kamen ein Mann und eine Frau in unser Zimmer und riefen meinen Namen. Ich antwortete. Es waren die Freiwilligen Masha und Sergey, Mann und Frau.

Sie suchten mich auf Bitten meines Neffen Dima Albutow. Er war ebenfalls in Mariupol und lag in einem Krankenhaus in Donezk. Mein Herz stand still, als Sergey anrief und ich die Stimme von Dimochka hörte. Ich hatte große Angst, dass er schlechte Nachrichten über die Kinder überbringen würde. Aber er ist ein kluger Junge, und seine ersten Worte waren:

„Tante Yulia, mach dir keine Sorgen, Nastya, Witalik und Sonya und Sasha geht es gut. Sie sind in Bezymennoye — ein Dorf in der Nähe von Mariupol — im Flüchtlingslager, lebendig und gesund. Ich werde ihnen deine Telefonnummer geben, und sie können mit dir sprechen.“

Diejenigen, die keine geliebten Menschen verloren haben, die nicht jede Minute, jede Sekunde an sie gedacht haben und plötzlich eine Nachricht von ihnen erhielten, werden die Explosion meiner Gefühle nicht verstehen. Tränen, Rotz, freudiges Lachen. Ich war wie verrückt. Hätte ich Beine gehabt, hätte ich an die Decke springen können.

Eine Stunde später sprach ich mit meiner Tochter. Meine Freude war grenzenlos. Ich versprach Nastja, dass ich der Operation zustimmen würde. Ich hatte einen Grund, zu leben. Der 10. April ist nun mein zweiter Geburtstag. Ich hatte keine Angst vor der Operation, nur ein klein wenig. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, war ich sicher, dass mir nichts Schlimmes passieren würde.

13. April 2022

Ich wurde operiert, alles verlief gut. Ich wurde von meiner Familie und vielen Fremden unterstützt. Mein Neffe Dimochka und seine Frau Yulenka gaben mir Geschenke, notwendige Medikamente und Verbandsmaterial. Die Freiwilligen Mascha und Sergey kamen jeden Tag vorbei, brachten Leckereien, notwendige Dinge (Unterwäsche, Hygieneartikel und so weiter).

Wir haben viel geredet, Nachrichten von der Front besprochen, in der Zuversicht, dass bald alles mit einem Sieg enden wird. Denn die Wahrheit liegt hinter Russland! Und am 9. Mai werde ich durch die Stadt gefahren, halte im Park an. Ich feiere den „Tag des Sieges“, so wie ich es einst in der Sowjetunion getan hatte.

18. April 2022

Ich bin aus dem Krankenhaus entlassen worden. Es ist nun möglich, mit meinen Kindern wieder vereint zu sein. Sie sind viel gereist, und diese Reise war schrecklich: Beschuss, schmutzige Keller und vieles mehr. Schließlich kamen sie in der Region Brjansk, in der Stadt Fokino, in einem provisorischen Unterkunftszentrum für Flüchtlinge an.

Meine Freunde Sergey und Mascha brachten mich von Donezk in die Region Rostow zum Zentrum für Notsituationen. Am Abend waren etwa 20 Personen hier. Ein Bus kam, um uns abzuholen. Und in Begleitung eines Polizisten auf einem Motorrad wurden wir nach Taganrog in ein temporäres Unterbringungszentrum für Flüchtlinge gebracht. Was war dieses TAC? Zwei riesige Turnhallen. Darin befanden sich viele, viele Feldbetten. Es gab Männer und Frauen, Kinder und Tiere.

Es gab sogar Käfige mit Vögeln. Die Menschen flohen vor dem Beschuss und nahmen ihre wertvollsten Besitztümer mit. Aber es hat Spaß gemacht. Eine große Gruppe von Freiwilligen kümmerte sich um uns. Diejenigen, die es brauchten, begleiteten uns zum Duschen, zur Toilette, brachten uns Essen aus der Kantine. Die Menschen sind sehr warmherzig.

Als der ältere Freiwillige von meinen Kindern die Bestätigung erhielt, dass sie auf mich warteten und mich abholen würden, kaufte er mir ein Zugticket nach Brjansk in einem Luxusabteil für Behinderte. Sie versorgten mich mit leckerem Essen für die Reise und setzten mich in Rostow in den Zug.

Ich werde mich mein ganzes Leben lang mit Dankbarkeit und Herzlichkeit an sie erinnern.

Überhaupt habe ich auf meinem Weg von Mariupol nach Fokino TAC sehr gute Menschen getroffen, freundlich und sympathisch. Es gibt mehr von ihnen als von den schlechten. Jemand hat gesagt, dass in Zeiten der Not, wie im Krieg oder bei Naturkatastrophen, der Mensch sein wahres Gesicht zeigt. Es kommt vor, dass äußerlich gewöhnliche Menschen zu Helden werden und dass diejenigen, die man für gute Menschen hielt, sich als seltene Bastarde erweisen.

Freiwillige Helfer holten mich am Bahnhof in Brjansk ab und brachten mich zum TAC, zu meinen Kindern und Enkeln. Meine Verwandten begrüßten mich, wir redeten viel und umarmten uns.

In Fokino habe ich viele Freunde und Freundinnen gefunden. Bald werde ich nach Mariupol zurückkehren, ich werde viele Dinge und Menschen vermissen. Es ist noch nicht klar, was mit meinem Bein passieren wird, ob ich jemals eine Prothese haben werde. Aber ich weiß, dass meine Kinder und Enkelkinder, meine geliebten Jungen und Mädchen mir nahe sein werden. Und wir werden mit dem Rest zurechtkommen, und das ist die Hauptsache!

Ich habe nur meine Geschichte beschrieben. Viele Menschen, die ich getroffen habe, haben Geschichten, die ereignisreicher, wahrscheinlich interessanter sind. Aber wenn ich alle Kameraden beschreiben würde, wäre es keine Beschreibung, sondern ein richtiger Roman. Ich fürchte, das kann ich nicht tun.

Hier sind ein paar Zeilen aus meinem früheren Leben.

Ich werde dir zulächeln
Wenn in den ungemähten Wiesen
Der Abend müde eintauchen wird
Mit rosa Nebel in meinen Füßen.
Wenn die Birkenzweige des Baches
Mit kristallenem Tau
Wenn die süße Betäubung der Rosen

Pascal Yulia/Паскаль Юлия


Wer die Flüchtlinge im Lager in Russland oder die Kriegsopfer im Donbass unterstützen möchte: Auf www.fbko.org findet man die aktuelle Möglichkeit zu spenden. Das Geld kommt zu 100 Prozent den Menschen zugute.

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Autorin Andrea Drescher, deren Artikel zuerst auf MANOVA erschien.

Beitragsbild: Verein ZukunftDonbass

Verdi-Spitze steuert auf Kriegskurs – Mitglieder wehren sich

Die Führungsspitzen im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) schwenken auf den antirussischen Kriegskurs der Regierung ein. Auch der Verdi-Vorstand will sich beim Bundeskongress mit einem Leitantrag für Waffenlieferungen gegen die Basis durchsetzen – Mitglieder wehren sich dagegen.

Von Susan Bonath

Mit einer Petition „gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden“ wehren sich Gewerkschafter gegen den aktuellen Versuch der Verdi-Chefetage, die in der Satzung verankerten friedenspolitischen Grundsätze der Organisation auszuhebeln. Hintergrund ist ein Leitantrag des Bundesvorstandes unter dem irreführenden Titel „Perspektiven für Frieden, Sicherheit und Abrüstung in einer Welt im Umbruch“, der auf dem bis Freitag tagenden Verdi-Bundeskongress beschlossen werden soll.

Antirussisch, kriegerisch – regierungstreu

Die Petenten beklagen darin zunächst den regierungstreuen antirussischen Kriegskurs des SPD-nahen Dachverbandes ihrer Gewerkschaft. Die DGB-Bundesspitze habe sich bereits 2022 für Waffenlieferungen in die Ukraine ausgesprochen. Dies verstoße klar gegen die Satzungen der Mitgliedsgewerkschaften. Nun schwenke auch die Verdi-Führung auf diesen gefährlichen Kurs für eine „Kriegslogik“ ein, die …

„… unter dem Deckmantel eines sogenannten ‚umfassenden Sicherheitsbegriffs‘ ausdrücklich ‚militärische Sicherheit‘, indirekt ‚Auf- und Hochrüstung‘ und Kriegseinsätze auch deutscher Soldaten befürwortet, ‚was zum Erfüllen ihrer Aufgaben in der Landes- und Bundesverteidigung erforderlich ist‘ – und das alles unter einer den wahren Kern verschleiernden Überschrift“.

Ukraine und NATO als angebliche Unschuldslämmer

In der Tat strotzt der Leitantrag des Verdi-Vorstands nur so von politischen Propaganda-Begriffen. Er zeichnet wie derzeit viele Medien das Zerrbild von einer angeblich völlig unschuldigen ukrainischen Führung, die ganz ohne eigenes Zutun von Russland angegriffen worden sei und nun vermeintlich „völkerrechtlich zulässig“ von der NATO bei ihrer „Verteidigung“ unterstützt werden müsse.

Dabei verbreitet die Verdi-Spitze auch die Lüge, Russland wolle damit lediglich „einem großrussischen Reich wieder mehr Geltung verschaffen“ und just „gewaltsam Grenzen verschieben“. Dazu beschwören die Antragsteller „die westliche Staatengemeinschaft“ mit dem Militärbündnis NATO als vermeintlich einzig und allein an „Frieden und Sicherheit interessierte“ Unschuldslämmer.

Zwar kritisiert der Verdi-Vorstand, dass dem der Bundeswehr gewährten „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro auf der anderen Seite soziale Kürzungen gegenüberstehen. Dennoch müsse die deutsche Armee zur „Landes- und Bündnisverteidigung“ aufgerüstet und die Ukraine „mit militärischem Material wie Waffen aus den Reihen der NATO-Mitglieder“ unterstützt werden, um die „territoriale Integrität“ der Ukraine wieder herstellen zu können.

Interessen der Basis ignoriert

Die Petenten aus der Verdi-Basis sprechen von einem „finalen Kniefall vor militaristischer Logik“ ihrer Führung. Der Leitantrag verstoße auch gegen die Satzung, die klarstelle, alle militaristischen Tendenzen zu bekämpfen, sowie gegen die Grundsatzerklärung von Verdi für Abrüstung und den Schutz aller Menschen vor Verfolgung, Folter und Krieg.

Der Vorstand ignoriere somit die Interessen der gewerkschaftlichen Basis, bekräftigte die Initiatorin der Petition, Hedwig Krimmer, in einem aktuellen Interview mit der linken Tageszeitung Junge Welt. Denn mittels Leitantrag beerdige die Führung praktisch viele anderslautende Anträge aus der Basis. Diese würden damit zu bloßem Arbeitsmaterial degradiert. Krimmer beklagt einen Anpassungskurs an die Regierung unter SPD-Kanzler Olaf Scholz, der auch auf der Rednerliste des Bundeskongresses steht.

Politik des Burgfriedens mit dem Kapital

Der Hauptgrund für den DGB-Kurs ist zweifellos seine historische Anbindung an die SPD. Wie die Petenten richtig erläutern, befand sich diese schon vor mehr als 100 Jahren auf opportunistischem Abweg. „Wir haben nicht vergessen, was 1914 geschah“, schreiben sie, und weiter: „Die Gewerkschaftsführungen in ganz Europa schickten unter Bruch aller vorherigen Beschlüsse ihre Mitglieder in den Krieg.“ Auch damals wurde Russland als Feindbild aufgebaut. Die SPD hatte zuvor den sogenannten Kriegskrediten zugestimmt.

In der Weimarer Republik, mehr noch nach 1945, kehrte die SPD dem Klassenkampf immer mehr den Rücken. Über die unversöhnlichen Interessenkonflikte zwischen Kapital und Arbeit legte die selbsterklärte Arbeiterpartei den Schleier der vermeintlichen „Sozialpartnerschaft“ samt streng reglementiertem, zahnlosem Streikrecht, das vor allem privilegierteren Arbeiterschichten zugutekommt. Diese Art des „Burgfriedens“ mit dem Kapital werde nun, wie einst 1914, erneut auf die Spitze getrieben, so die Kritiker.

Petenten: „Stehen an der Seite der Arbeiter“

Die Petenten stellen schließlich ihre eigenen Forderungen gegen den Kurs der Verdi-Führung auf. Für sie könne es „als Lehre aus der eigenen Geschichte nur einen Beschluss geben“, nämlich:

„Unsere Zukunft ist nicht an der Seite der deutschen Regierung oder irgendeiner anderen Kriegspartei. Unsere Zukunft ist an der Seite der Arbeiterinnen und Arbeiter, die (…) gegen Waffenlieferungen kämpfen, und an der Seite der Kolleginnen und Kollegen (…) weltweit, die immer wieder gegen den Krieg und die Abwälzung der Kosten auf uns alle streiken. Unsere Solidarität gehört den Arbeitern, Kriegsdienstverweigerern, Deserteuren und Flüchtlingen (…).“

Verrat an den Lohnabhängigen

Die Fokussierung auf die „territoriale Integrität der Ukraine“ ist aus Sicht der Autorin ein klassisches Beispiel für eine Umdeutung von Kapital- als vermeintliche Arbeiterinteressen. Seit ihrer Abspaltung von der früheren Sowjetunion 1991 hat die Ukraine eine der höchsten Armutsquoten in Europa. Große Teile der Arbeiterklasse leiden seither unter Verelendung und Perspektivlosigkeit, vielen bleibt nur die Arbeitsmigration.

Eine fiktive „Rückeroberung“ der an Russland angeschlossenen Gebiete im Osten durch die ukrainische Armee würde am Leben der einfachen Arbeiter nicht das Geringste verbessern. Wohingegen die durch die NATO und ukrainische Führung vorangetriebene Fortsetzung des Krieges das Elend mit jedem Tag vergrößert sowie den Mehrheitswillen der arbeitenden Bevölkerung im Osten des Landes völlig ignoriert.

Verdi und der gesamte DGB ignoriert also mit seiner Haltung ausgerechnet das Interesse der Arbeiterklasse, welches sie doch angeblich verteidigen. Sie hetzen die einfachen Soldaten an der Front weiter gegeneinander auf. Wieder einmal machen sich die deutschen Gewerkschaften so zum verlängerten Arm der herrschenden Klasse und ihrer Politik – und zu Verrätern der Lohnabhängigen.

Quelle: RT DE

Anbei: Update vom 18.9.2023

ÜBER ZYNISMUS IN ZEITEN DES KRIEGES

Liebe Unterstützer:innen,

Wie versprochen haben wir heute die Delegierten des 6. Ordentlichen ver.di-Bundeskongresses in Berlin vor dem Kongresshotel Estrel begrüßt und mit ihnen unser Anliegen besprochen.

Unterstützt von Kolleg:innen  des Netzwerk für eine kämpferische ver.di, dem ver.di-Friedensnetzwerk, der IGM und der EVG konnten wir mit ca. 350 Kolleg:innen bei ihrer Anreise direkt ins Gespräch kommen. Dabei haben wir ganz viel positive Resonanz für unsere Initiative erhalten. Und einige der Delegierten waren dabei, die erkennbar nicht erfreut waren darüber, dass wir sie mit ihrer schwerwiegenden Entscheidungsfrage nach einer langen Anreise und noch vor dem Zutritt an den Tagungsort konfrontierten…. Menschlich verstehbar; inhaltlich konnten wir das den Kolleg:innen trotzdem leider nicht ersparen (Photostrecke).

Und als dann um kurz vor 13:00 der Bundeskanzler eintraf, da wurde er von ca. 100 Kolleg:innen vor dem Hotel Estrel lautstark und gebührend empfangen…: „Es gibt kein ruhiges Hinterland!“

Darüber hinaus gelang es ca. 100 Kolleg:innen trotz der Verbunkerung unseres Kongresses und dessen Abriegelung gegen die Basis als Hochsicherheitszone ihren Protest auch bei der Rede des Kriegskanzlers erkennbar zu machen (Photostrecke).

Wie weit es mittlerweile gekommen ist, wird daran deutlich, dass im Lifestream des Kongresses kein einziges Bild des Protestes zu sehen war… Geht`s noch?!

Neben vielen Dingen, die Herr Scholz erzählte, zu denen wir ihn beim Wort nehmen sollten (Tariftreue, menschenwürdiger Mindestlohn, Notwendigkeit starker Gewerkschaften, etc.), hat er dann zum Schluss seiner Rede – wie erwartbar – übelst vom Leder gezogen: Zynisch seien diejenigen, die sich angesichts des `russischen Angriffskrieges` der Lieferung von immer mehr und krasseren Waffen entgegenstellten. Eine `Grenzverschiebung mit militärischer Gewalt` dürfe es niemals wieder geben, da sonst jeder Maßstab fiele… Schon vergessen? Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der NATO auf Jugoslawien 1999!  Alles nur eine Frage danach, wer jeweils wen überfällt…?! Wer noch Fragen zum Thema `Zynismus` hat, die/der möge präzise zuhören.

Rosa Luxemburg schrieb angesichts des industrialisierten Massenschlachtens des Ersten Weltkrieges schon 1916: „„Die Dividenden steigen, und die Proletarier fallen. Und mit jedem sinkt ein Kämpfer der Zukunft, ein Soldat der Revolution, ein Retter der Menschheit vom Joch des Kapitalismus ins Grab.

DAS ist zur Sache gesprochen. Das galt vor über 100 Jahren und hat sich bis heute nicht geändert… Umso mehr gilt es: SAGT NEIN! 

Trotz Alledem:
Wir sind guter Dinge, dass unser aller Engagement die Dinge noch bewegen wird. 

Der heutige Tag gibt uns Mut, dass sich der Kongress doch noch zu einem NEIN! gegen KRIEG, MILITARISMUS UND BURGFRIEDEN entscheiden wird, denn wir haben die besseren Argumente auf unserer Seite.

Wer, wenn nicht wir?!
Wann, wenn nicht jetzt?!
Wo, wenn nicht hier?!

Wir bleiben dran und halten Euch auf dem Laufenden.
Morgen ab 08:00 vor dem Estrel!


Gewerkschaft, das sind wir!
NEIN! ZU KRIEG, MILITARISMUS UND BURGFRIEDEN!

Wir sind und bleiben
BUNT und INTERNATIONAL!


Für den Initiator:innekreis
Hedwig Krimmer           Andreas Buderus

Quelle: change.org

Dr. Daniele Ganser mit Vortrag zum Ukraine-Krieg in Dortmund: „Wir müssen alle Kriege ablehnen“

Ein gut aufgelegter Dr. Daniele Ganser war gestern in der ausverkauften Westfalenhalle 2 in Dortmund zu erleben. Sein Vortrag: „Warum ist in der Ukraine ein Krieg ausgebrochen?“ konnte stattfinden. Das war juristisch festgestellt worden. Von zwei Gerichten. Es hatte sich gelohnt das Vortragsverbot der Stadt Dortmund nicht einfach hinzunehmen. Der Vortrag war ein voller Erfolg. Das Publikum spendete Dr. Daniele Ganser bei seinem Auftritt tosenden Applaus. Stehende Ovationen!

Nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen erstinstanzlich für Recht befunden hatte, dem Vortrag von Dr. Ganser stünde nichts entgegen, meinte der Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) – der offenbar keinen Respekt vor Demokratie und grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit zu zeigen bereit war und mit dem Kopf unbedingt durch die Wand wollte – Beschwerde beim nächst höheren Gericht einlegen zu müssen. Doch auch das Oberverwaltungsgericht Münster – die höchste verwaltungsgerichtliche Instanz in Nordrhein-Westfalen – sprach, der Vortrag dürfe stattfinden und der Vertrag mit der Westfalenhallen GmbH müsse erfüllt werden. Zwei saftige Klatschen für den Dortmunder OB! Während Westphal gewiss seine brummenden und kribbelnden Wangen noch immer kühlen musste, dürften ihm gestern Abend zusätzlich noch die Ohren geklingelt haben. Das Publikum der mit 2000 Menschen ausverkauften Westfalenhalle 2 tat deutlich seinen Unmut gegenüber dem OB und der Entscheidung des Rates der Stadt (nur die AfD-Fraktion hatte gegen die Vortragsabsage gestimmt) kund.

Dr. Daniele Ganser heute auf seinem Facebook-Account:

„Wichtig ist, dass man mutig und friedlich seinen Weg geht. Auch wenn es Widerstand von der Politik gibt, oder wenn man durch einige Medienmarken diffamiert wird. Das haben viele schon erlebt. Schön wars gestern in Dortmund! Die Westfalenhalle mit 2000 Plätzen war ausverkauft. Danke für die tolle Stimmung! Heute spreche ich in Aachen.“

Vor Picassos Friedenstaube betritt Dr. Daniele Ganser die Bühne

Auf der Projektionswand wird Picassos Friedenstaube mit dem Ölzweig im Schnabel sichtbar. Dr. Daniele Ganser betritt die Bühne. Der Schweizer Historiker und Friedensforscher zeichnet die historischen Ereignisse, welche zum Ukraine-Krieg geführt haben unaufgeregt aber lückenlos, chronologisch, basierend auf seinen gründlichen Recherchen, nach. Im Gegensatz zu den Mainstream-Medien und den herrschenden Politikern mit ihren Wichtiges ausblendenden Narrativen. Für die ist der Ukraine-Krieg am 22. Februar 2022 ausgebrochen. Ganser erinnert daran, dass der Krieg bereits seit nunmehr neun Jahren im Gange ist.

Es begann mit dem Massaker auf dem Kiewer Maidan

Begonnen hat der Krieg mit dem Massaker auf dem Kiewer Maidan am 20. Februar 2014. Es kam zum Putsch. Unterstützt durch und finanziert von den USA. Man erinnert sich an die darin dick involvierten Unterstaatsekretärin Victoria Nuland („Fuck the EU“). Nuland arbeitete eng mit der CIA zusammen. Planung und Leitung des Putschs lagen maßgeblich in ihren Händen. Ein abgehörtes Gespräch zwischen der von Obama als Staatssekretärin eingesetzten Victoria Nuland und dem US-Botschafter in Kiew Geoffrey Pyatt kurz vor dem Putsch deuten darauf hin. Joseph Biden, damals Obamas Vize, erhalten Rote Karten von Dr. Ganser. Barack Obama, stellt er fest, hat den Friedensnobelpreis nicht verdient. Applaus in der Halle.

Scharfschützen erschossen seinerzeit in einer False-Flag-Aktion auf dem Maidan mehr als 40 Polizisten und Demonstranten. Wechselweise Polizisten und Demonstranten. Der demokratisch gewählte ukrainische Präsident Wiktor Janukowytsch wurde gestürzt und floh nach Russland. Der Putsch brachte Premier Arsenij Jazenjuk und Präsident Petro Poroschenko an die Macht.

In den vergangenen neun Jahren wurden 14.000 Menschen in der Ostukraine ermordet

Infolge des Putsches wurde die russischsprachige Minderheit in der Ukraine – mehrheitlich im Donbass zu verorten – vielfach benachteiligt. Die Menschen in Lugansk und Donezk wollten sich das nicht gefallen lassen. Unter dieser Regierung, die ihnen zunächst auch ihre Muttersprache Russisch zu verbieten gedachte, wollten sie nicht mehr leben. Das führte dazu, dass Poroschenko die Menschen dort durch die eigene Armee unter Beteiligung faschistischer Bataillione beschießen ließ. Er nannte das zynisch „Antiterroraktion“. Renten in den Separatistengebieten wurden nicht mehr ausgezahlt. Alte Leute mussten beschwerliche Wege auf sich nehmen, um sich ihre Rente jenseits der Oblaste Lugansk und Donezk, die sich zum Volksrepubliken erklärt hatten, auf von der Ukraine kontrolliertem Gebiet auszahlen zu lassen. Das Wasser wurde den Leuten abgestellt. 14.000 Menschen – darunter auch Kinder – starben in den vergangenen neun Jahren in der Ostukraine. Ukrainer wurden von Ukrainern getötet. Tagtäglich fallen Schüsse und gehen Granaten in den Wohnvierteln nieder. Noch heute.

Präsident Wladimir Putin erkannte die Gefahr

Es war aus Sicht Russlands nicht hinnehmbar, dass sich USA und NATO auf der Krim breit machen, wo sich seit dem 18. Jahrhundert der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte befindet. Auf der Krim wurde ein Referendum durchgeführt. Was zum Ergebnis hatte, dass die Krimbewohner mit hoher Zustimmung zum Ausdruck brachten zur Russischen Föderation gehören zu wollten. So kam es zu einer Sezession. Am 16. März 2014 stimmten 97 Prozent der überwiegend russisch sprechenden Bevölkerung für einen Anschluss an Russland, was Moskau umgehend annahm.

Der Westen nennt das Annektion und erließ Sanktionen gegenüber Russland.

Gorbatschow war zugesichert worden, die NATO werde ohne Zustimmung des Kreml um keinen Zoll in den Osten vordringen

Ganser macht mit Hilfe einer Karte klar, wie die NATO dennoch über die Jahre weiter gen Osten ausgedehnt wurde und so immer näher an Russland herangerückt worden sei. Dabei hatten westliche Politiker Gorbatschow zugesagt, dass dies nicht geschehen würde. Die NATO werde sich ohne Zustimmung des Kreml keinen Zoll in den Osten ausdehnen Leider nicht auf Papier fixiert. Michail Gorbatschow wurde über den Tisch gezogen. Das hat ihn, der uns die Einheit Deutschlands geschenkt hat, sehr gekränkt. Zu Recht.

US-Botschafter Bill Burns warnte bereits 2008 davor die Ukraine in die NATO aufzunehmen

Der US-Botschafter Bill Burns warnte bereits am 1. Februar 2008, eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine würde bei den Russen „einen rohen Nerv berühren“ und könne „sogar zu Bürgerkrieg führen“. George W. Bush interessierte das nicht die Bohne. Ganser zeigt auch ihm eine Rote Karte für seinen „Krieg mit Ansage“.

Der Fall Ukraine erinnert an die Kuba-Krise 1962

Als sich nun immer, schlagender werdend, das Vorhaben der USA abzeichnete, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, sei das Maß für Putin offenbar übervoll gewesen. Immerhin war zu befürchten, dass in der Ukraine auch Atomraketen dort stationieren könnte, die Russland unmittelbar bedrohten würden.

Dr. Ganser erinnerte in diesem Zusammenhang an die Kuba-Krise im Jahre 1962. Schon damals war der Dritte Weltkrieg äußerst nah. Für Putin war nun offenbar Gefahr im Verzug: Er ließ die russische Armee am 22. Februar 2022 in die Ukraine einmarschieren. Dr. Ganser stellt fest: Das war eindeutig völkerrechtswidrig. Putin kassiert von Ganser eine Rote Karte.

Dr. Ganser: Der Ukraine-Krieg ist ein Stellvertreterkrieg USA-Russland

Für Daniele Ganser steht aber auch fest: Der Ukraine-Krieg ist ein Stellvertreterkrieg USA – Russland. Und die Ukraine sei dessen Schauplatz, auf welchem die Ukrainer verheizt werden.

Eine Rote Karte auch für Wolodymyr Selenskyi

Wolodymyr Selenskyi – vormals Schauspieler (in der beliebten Fernsehserie „Diener des Volkes“ spielte er zuvor den ukrainischen Präsidentenen) – hatte vor seiner Wahl zum richtigen Präsidenten versprochen, den Krieg im Land zu beenden. Allerdings ließ er 2020 auf die eigenen Bürger schießen. Drei Menschen starben. Dafür bekommt Selenskyj ebenfalls eine Rote Karte.

Ganser: Wer vom betreuten Denken abweicht, wird diffamiert

Die Mehrheit der Deutschen, so Ganser, wolle keinen Krieg. Es herrsche jedoch in vielerlei Beziehung ein betreutes Denken. Wer davon abweiche, werde diffamiert. Ganser erinnert an einschneidende und als verletzend empfundene – noch weiter nachwirkende – Erlebnisse aus den letzten drei Jahren, als das Einstehen für eigene Überzeugungen abgestraft und geächtet wurde. Beifall!

Es ist genug Angst für alle da“

Nichts Neues sei, dass stets mit Ängsten gearbeitet würde. Die Mächtigen im Verein mit der Presse bedienten sich immer neuer Ängste. Er nennt Beispiele: 9/11 und andere Anschläge (die Angst vor Terror), die Angst vor einem Virus und nun die Angst vor Russland und Putin. Eine Angst jagt die andere. Die Menschen kämen gar nicht zur Ruhe. Das Foto eines Geschäfts wird eingeblendet. Die Aufschrift auf der Scheibe: „Es ist genug Angst für alle da“

Ganser erklärt warum diese Ängste fruchten: Weil sie ständig wiederholt würden.

Es habe mit dem Ding zu tun, was unter unseren Haaren und er Kopfhaut liegt: Dem menschlichen Gehirn. Es ist das komplizierteste Organ, das die Natur je hervorgebracht hat: 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen) und ein Vielfaches davon an Kontaktpunkten verleihen ihm Fähigkeiten, an die kein Supercomputer bis heute heranreicht. Eine der wichtigsten Eigenschaften ist seine Lernfähigkeit.

Je öfter etwas nachgebetet und nicht zuletzt von den Medien repetiert wird, desto fester werden die Synapsen verschaltet. Die Neuronen kommunizieren über ihre Kontaktstellen.

Daniele Ganser: „Glauben Sie nicht alles, was Sie denken. Es ist genug Angst für alle da, man kann auch mal eine auslassen. Kommunikation ist Nahrung; treffen Sie sich mit Menschen, die ohne Abwertung kommunizieren.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat uns in den Krieg mit Russland geführt, meint Dr. Ganser. Rote Karte!

Am Stellvertreterkrieg USA-Russland, befindet Dr. Ganser, sei auch Deutschland beteiligt, das seit dem 26. Februar 2022 (!) Waffen aus dem Bestand der Bundeswehr an die Ukraine liefert. Ukrainische Soldaten würden von den USA im bayerischen Grafenwöhr an NATO-Waffen ausbildet. Somit sei Deutschland seines Erachtens im völkerrechtlichen Sinn im Krieg. Mögen andere das anders sehen, Ganser vertritt die Meinung, Bundeskanzler Olaf Scholz hat uns in den Krieg mit Russland gezogen. Auch ihm zeigt er die Rote Karte.

Die Grünen sind olivgrün

Die Regierungspartei die Grünen, welche im letzten Bundestagswahlkampf noch mit Sonnenblume und Taube als Friedenssymbole auf den Plakaten geworben hätten, betrieben Wählertäuschung. Inzwischen träten sie offen für die militärische Unterstützung der Ukraine ein. Weshalb sie als Olivgrüne bezeichnet werden müssten, so Daniele Ganser.

Sollen die Kriegsbefürworter selbst an die Front gehen. Der Krieg wäre sofort vorbei

Die Konzernmedien ließen Kritik an Waffenlieferungen schmerzlich vermissen. Im Gegenteil: sie betätigten sich tagtäglich als Kriegstreiber.

„Wir brauchen Deeskalation, kein Wettrüsten“, bekräftigt Ganser frühere Äußerungen: „Sollen die Kriegsbefürworter aus der Politik und Rüstungshersteller eine Uniform anziehen und selbst an die Front gehen. Der Krieg wäre sofort vorbei.“ Zustimmender Applaus brandet im Publikum auf.

Hart geht Dr. Ganser mit einem Sager von Annette Kurschus, Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ins Gericht: „Aber ich erkenne die jetzt beschlossenen Waffenlieferungen als Mittel an, die Ukraine bei ihrem Überlebenskampf zu unterstützen.“

Dem entgegen hält Ganser die Worte Sahra Wagenknechts: „Waffen schaffen keinen Frieden.“

Ein Übel: Die Doppelmoral des Westens

Die Doppelmoral des Westens samt moralischer Keule, geschwungen von Politik und Konzernmedien bekommt ordentlich ihr Fett ab. Die Welt werde heuchlerisch in Gut und Böse geteilt. Wer gut und wer böse ist, entscheide der Westen. Wenn die NATO gegen das Völkerrecht verstoßend bombardiere (Ganser nannte den Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien) und die USA völkerrechtswidrig den Irak zerstöre, jucke das den Westen nicht. Täten das die anderen, die zu Bösen abgestempelten, klage man das an.

Alle Krieg ablehnen

Daniele Ganser gab sich gegen Ende des grandiosen Abends sicher, auch in Zukunft Rote Karten vergeben zu wollen: „Wir müssen alle Kriege ablehnen.“

Zum zweiten Male erscheint auf der Leinwand das Foto eines Wasserfalls. In all seinen Vorträgen rät Ganser zu Aufenthalten in der Natur und zu reduzierter Mediennutzung. Bildschirme wie die von Laptops, Fernsehern, Smartphones etc. beeinflussten mit der Flut des dort gezeigten Nervenzellen über die Maßen stark, ohne das der Mensch dies zu verarbeiten könne, geschweige denn es zu verdauen. Habe sich zu viel Chaos im Kopf angesammelt könne etwa im Wald nach Ordnung und Beruhigung gesucht werden. Was die Neuronen neu vernetze.

Bedrängte Spaltungen den Menschen und erfolgte diverse Abwertung von Meinungen, könne man jederzeit dazu auf Abstand gehen, einen Schritt zurücktreten – hinter den Wasserfall und dann seine eigenen Gedanken und Gefühle beobachten.

Ein aufmerksames Publikum spendete einen begeisterten Schlussapplaus

Viel Zwischenapplaus gab es vom aufmerksamen Publikum und ein begeisterter Schlussapplaus verabschiedete den Gast aus der Schweiz. In der Pause und am Schluss konnten Dr. Gansers Bücher erworben und von ihm signiert werden.

Kundgebungen pro und contra Daniele Ganser

Vor der Halle hatte es vor Beginn des Vortrags zwei Kundgebungen gegeben. Ein pro Meinungsfreiheit und Frieden und eine offenbar von Ukrainerinnen und Ukrainern und Ukraine-Freundinnen und Freunden gegen den Auftritt von Dr. Daniele Ganser. Von der Polizei fein säuberlich getrennt. Heute las ich auf Facebook folgenden einschätzenden Kommentar: „Heute Abend versammelten sich an den Westfalenhallen 33 Personen (+1 Kind, + 1 Hund), um gegen den ausverkauften Vortrag des Schweizer Historikers Daniele Ganser zu demonstrieren.

In der Halle: 2000 interessierte Menschen und ein gut gelaunter Daniele Ganser wie ich aus seriösen Quellen vernehmen konnte.“

Videos passend zum Thema:

https://nuoflix.de/das-ende-der-cancel-culture

Via RTV Aktuell
Dr. Ganser spricht Florian von Witzleben

Alle Fotos: Claus Stille

Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik

Ein Aufsatz von Jan Veil

 Kompletter Aufsatz als PDF

Einleitung

Nur eines setzt der folgende Text im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg grundsätzlich voraus: das Wissen um die oder wenigstens die Ahnung von der nicht zu leugnende/n Gefahr einer – allmählich oder plötzlich – neue Ebenen erreichenden Eskalation, die immer mehr Länder aktiv involvieren oder zum Einsatz immer zerstörerischerer Waffengattungen führen könnte. Als zudem halbwegs nüchterner Zeitgenosse, ausgestattet mit einem gewissen Hang zu Konfliktlösungen oder, bescheidener, zu Schadensbegrenzungen, ist man in dieser Zeit der Gegenaufklärung daher unausgesetzt mit folgenden Fragestellungen konfrontiert:

Wieso arbeiten – und arbeiteten – die in unserem Land politisch Verantwortlichen nicht unter Hochdruck:

(a) an einem Konzept vorläufiger gegenseitiger Bedingungen für einen Waffenstillstand in der Ukraine, der zumindest potenziell auch Aussicht auf Erfolg hat, anstatt sich lediglich an den Maximalforderungen eines Selenskyj oder Biden auszurichten – und zwar bevor sich die Kampfhandlungen auf andere Territorien auszuweiten, die Situation dadurch zu verkomplizieren und um ein weiteres Stück irreversibler zu machen droh(t)en;

(b)– darauf fußend – an Richtlinien für eine adäquate Sondierung zur Aufnahme ernsthafter Verhandlungen über tragfähige Friedensbedingungen [wobei diese Richtlinien unbedingt die Option umfassen sollten, bei begründetem Verdacht auf fanatisches Festhalten an nationalistischen und somit gegen ethnische Minderheiten gerichteten Positionen insbesondere bei den eigenen Bündnispartnern auch zu diesen wieder mehr Distanz herstellen zu können]?

Dies wäre unter dem Primat der Eskalationsverhinderung der einzige Weg, auf dem möglichst rasch und verlässlich eine Beendigung oder wenigstens ein Einfrieren des Krieges erreicht werden könnte, um endlich wieder auf die Verhandlungsebene zurückzugelangen; diese dürfte sich zwar äußerst komplex und langwierig gestalten, würde aber nicht länger massenhaft zu Toten, Verletzten, Vertriebenen und Traumatisierten führen.

Die nahezu vollständig eingetretene Weigerung der Ampelregierung, genau diese Fragen auch nur anzugehen geschweige denn ernsthaft zu beantworten, ist Ausdruck und Maß für die bereits seit etlichen Jahren zunehmend herrschende, gesamtgesellschaftliche Paradoxie, die die ohnehin schon existierende kognitive Dissonanz im kollektiven Bewusstsein der Bevölkerung weiter befördert. Um dieser Paradoxie begegnen zu können, deren tiefere Ursachen immer öfter bloß neue Formen und Ausmaße einer ungestümen Destruktivität hervorbringen, ist es zunächst wichtig, Folgendes zu verstehen – oder wenigstens nicht von vorn herein auszuschließen: So so gut wie alle Gründe, die bisher – mehr oder weniger offen – gegen eine Beschäftigung mit diesen Fragen ins Feld geführt worden sind, beruhen auf einer zuweilen bis ins Psychopathische verzerrten Realitäts-, Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie einer zutiefst pervertierten, verlogenen und daher inhumanen ‚Ethik‘ unserer politischen ‚Eliten‘ und ihrer medialen Verlautbarungsorgane.

Jacques Baud, ein ehemaliger Geheimdienstoffizier der Schweizer Armee, strategischer Analyst und Buchautor mit den Schwerpunkten Geheimdienst und Terrorismus, der in seiner Laufbahn einige internationale Positionen bekleidete, „darunter auch bei der NATO, wo er den Fluss von Kleinwaffen im Donbass überwachte und an einem NATO-Programm zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte bei der Wiederherstellung ihrer Kapazitäten und der Verbesserung der Personalverwaltung beteiligt war“, drückt dies moderater aus, was jedoch am Phänomen der Realitätsverweigerung via Projektion nichts ändert:

„Im Jahr 2014, während der Maidan-Revolution in Kiew, war ich bei der NATO in Brüssel. Mir ist aufgefallen, dass die Menschen die Situation nicht so einschätzen, wie sie ist, sondern wie sie sie sich wünschen. … In der Tat stellte sich für mich heraus, dass niemand in der NATO das geringste Interesse an der Ukraine hat. Wir neigen dazu, den Feind so darzustellen, wie wir ihn uns wünschen, und nicht so, wie er tatsächlich ist. Das ist das ultimative Rezept zum Scheitern.“ [ https://gesetze-ganz-einfach.de/jacques-baud-interview-zum-militaerkonflikt-in-der-ukraine/ (Jacques Baud: Interview zum Militärkonflikt in der Ukraine | 01.05.22)] | Mehr dazu vor allem in Teil IV.

Um diesen Komplex zumindest ansatzweise zu entwirren, möchte ich in einer – zugegeben notwendigerweise unvollständigen – Art von Bestandsaufnahme auf vier recht klar unterscheidbaren Ebenen Agenden, Ursachen, Wirkungen, Beschlüsse, An- und Aufkündigungen, Tatsachen, Erklärungen, Lügen, Verleumdungen, Massenmanipulation, Partikularinteressen, Anmaßungen, Vorurteile, totalitäres Gedankengut, Ereignisse, offene und verdeckte Aktionen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Feindbilder und Ängste möglichst systematisch auflisten und miteinander in Beziehung setzen; diese Methodik soll nicht nur immer klarer werdende, da jene Ebenen auch verknüpfende Zusammenhänge herausarbeiten; sie soll bestenfalls ferner Überlegungen zu dem erwähnten Paradoxon anregen:

Warum wurden die eingangs aufgeführten Fragen, und zwar für jedermann hör- und nachvollziehbar, bisher nie wirklich, d.h. nie mit der eigentlich angemessenen medialen und politischen Durchschlagskraft gestellt – und allein schon deshalb auch nie tatsächlich beantwortet?


Lesen Sie den kompletten Aufsatz als PDF-Datei: Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik (PDF-Dokument, ca. 295 KB)

Der Aufsatz ist wie folgt gegliedert:

I. Sanktionsebene[funktional-operative Aspekte] oder:
Solidarisches Frieren und Hungern für die gerechte Sache: Die offen angestrebte Ruinierung Russlands

II. Bündnisebene[Glaubwürdigkeits-, bündnisrelevante und ethnische Aspekte] oder:
Gemeinsame bilaterale Sache mit militanten Ultranationalisten und russischsprachige bzw. -stämmige Ukrainer/innen verachtenden Neofaschisten: Die Verteidigung der ‚westlichen Werte‘ in der Ost- und Südukraine

III. Historische Ebene
[geopolitische und geschichtliche Ursachen betreffende Aspekte] oder:
Heuchlerisch-moralinsaure ‚Querfront‘-Geschichtsvergessenheit: Wenn systemrechte Alt-Feind- und systemlinke Neu-Feindbildler unserer politischen Klasse also absolut kein Problem mehr miteinander haben und Russland nahezu einhellig – erneut – zum Erzfeind erklärt wird

IV. Existenzialistische Ebene
[Menschen- und Weltbild betreffende sowie ethische Aspekte] oder:
Die unerträglich verlogene Hybris des von den USA völlig demokratisch dominierten ‚wertebasierten Westens‘: Der Zweck heiligt eben doch die Mittel – solange sie nur von den Guten eingesetzt werden

Fazit

Jan Veil, Frankfurt a. Main, ist Aktivist in der Demokratie– und Friedensbewegung und Mitglied der Freien Linken


Beitragsbild: Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz im Kreml in Moskau, 15.02.2022
Foto: Kremlin.ru, CC BY 4.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=115283761

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht unbedingt meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.