Silbermedaille „Patriot Wladimir Putin“ zur Weitergabe an den Jubilar im Kreml in der russischer Botschaft zu Berlin überreicht

Am 7. Oktober 2025 war COMPACT in der Russischen Botschaft zu Berlin eingeladen. Nach der Begrüßung durch Botschafter Sergej Netschajew hielt Chefredakteur Jürgen Elsässer eine Ansprache zu Wladimir Putins 73. Geburtstag und zu den deutsch-russischen Beziehungen im Allgemeinen. Dem Botschafter überreichten wir unsere Silbermedaille „Patriot Wladimir Putin“ zur Weitergabe an den Jubilar im Kreml.

Botschafter Sergej Netschajew bedankt sich bei Stephanie Elsässer (snapshot You Tube)
COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer bei seiner Rede in der russischen Botschaft (snapshot You Tube)
Video von der Veranstaltung,Rede von Jürgen Elsässer
Überreichung an den russischen Botschafter Sergej Netschajew.

Quelle: COMPACT YouTube – Kanal

„Niemand soll hungern, ohne zu frieren“ von Wolfgang Bittner – Rezension

Bereits der Maidan-Putsch 2014 in der Ukraine stellte für mich einen großen Einschnitt dar. Nicht, dass zuvor alles in Butter gewesen wäre. Was ich jedoch zu diesem Zeitpunkt und weiter ab 2015 feststellte war, dass der Journalismus in Deutschland zunehmend auf den Hund kam. Beziehungsweise sich selbst auf den Hund gebracht hatte. Oder sich durch gewisse Umstände dahin hat bringen lassen. Der Journalist und Autor Patrik Baab nennt den Journalismus „verkommen“. Und fügt hinzu: Viele der Journalisten merkten das nicht einmal selbst. Im Sinne der vierten Gewalt agiert der Journalismus grosso modo jedenfalls kaum mehr. Ganz im Gegenteil schrieb, tönte er immer öfters fast unisono als regierungspropagandistischer Lautsprecher und demzufolge unkritisch. Ein Watchdog-Journalismus geht anders.

Ganz schlimm wurde es dann zu Zeiten der Corona-Krise

Die Regierenden in Bund und Ländern suspendierten Grundrechte, verfolgten Kritiker vielfach und taten Alten und Kindern Unsägliches an . Auch hier ließ sich der Journalismus wieder als Komplize missbrauchen, beziehungsweise agierte sogar noch härter gegen Kritiker der vielfach unsinnigen und im Sinne der Virus-Bekämpfung sogar weitgehend unwirksamen Maßnahmen. Nebenbei empfehle ich das Buch „Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen“ von Marcus Klöckner und Jens Wernicke (1).

Die Weltuntergangsuhr ist auf 90 Sekunden vor Mitternacht gerückt

Mittlerweile steht die Weltuntergangsuhr [Doomsday Clock] (2) auf 90 Sekunden vor Mitternacht. So nahe an einem drohenden Atomkrieg war die Menschheit bislang noch nie. Unlängst griff der Iran in Reaktion auf den dieses Jahr verübten tödlichen Luftangriff Israels auf ein Konsulargebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus und nach den Israel zugeschriebenen Morden an führenden Persönlichkeiten von Hamas und Hisbollah Israel mit Raketen an. Israel bombardiert den Libanon und marschiert wieder mit Bodentruppen in den Zedernstaat ein. Die Welt hält den Atem an. Teheran hat zwar derweil die Angriffe wieder eingestellt. Dies und die Reaktion Israels (und vielleicht der USA) darauf könnte den Nahen Osten endgültig in Brand setzen. Droht gar ein Dritter Weltkrieg? Im Gaza-Streifen forderte der mutmaßliche Massenmord Israels an den Palästinensern inzwischen über 40 000 Tote, darunter Frauen, Babys, Kinder und Alte.

Kippt ein zunehmender Autoritarismus in einen Totalitarismus um?

Hierzulande wächst sich offenbar ein zunehmender Autoritarismus aus, der womöglich in einen Totalitarismus umzukippen droht. Kritischen Bürgern werden Bankkonten gekündigt. Kritischen Medien und einzelnen Bürgern sind Löschungen im Internet ausgesetzt, beziehungsweise werden über fragwürdig konstruierte Verbote zum Schweigen gebracht. Wie erst künstlich betreffs des Magazins Compact geschehen, indem Frau Faeser Compact als Verein behandelte. Man muss das Magazin nicht mögen, aber das von Innenministerin Faeser veranlasste Verbot entbehrte jeder juristischen Grundlage. Es liegt bislang über Jahre hinweg nichts gegen das Magazin vor, das justiziabel wäre. Und dennoch rückt da in aller Frühe ein vermummtes polizeiliches Rollkommando in der Redaktion ein, beschlagnahmt Papiere, technisches Equipment und „verhaftet“ ganz und gar Tische und Bürostühle? Ja, wo sind wir denn (hingekommen)?! Momentan darf das Magazin zwar einstweilig wieder erscheinen (das beschlagnahmte Equipment wird zurückgebracht), allerdings sind ihm mittlerweile alle Konten gekündigt worden, einschließlich der Privatkonten des Ehepaares Elsässer!

Nun, so zeigt uns ein Rückblick in die Geschichte, ist es wahrlich nichts Neues, dass die Obrigkeit gegen hartnäckige Kritiker vorgeht.

Der Buchtitel geht auf eine Verballhornung eines Slogans seitens des Volksmundes zu NS-Zeiten zurück: „Niemand soll hungern, ohne zu frieren“

Der Schriftsteller und Publizist Dr. Wolfgang Bittner hat abermals ein neues, wichtiges Sachbuch geschrieben. Es trägt den Titel „Niemand soll hungern, ohne zu frieren“ (Untertitel: „So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben“). Mit dem Buchtitel lehnt sich Bittner (geboren 1941) an Folgendes an: Die nationalsozialistische Volkswohlfahrt hatte während es Zweiten Weltkriegs das «Winterhilfswerk des deutschen Volkes« gegründet, das Sach- und Geldspenden sammelte. „Dazu hielt Adolf Hitler im Oktober 1943, wie jedes Jahr“, so schreibt Wolfgang Bittner, „eine Rede, in der er die nationale Solidarität rühmte und beschwor. Der Slogan lautete: «Keiner soll hungern, keiner soll frieren!«. Im Volksmund wurde daraus bald die Verballhornung: «Keiner soll hungern, ohne zu frieren!« (S.11)

Ich kann Wolfgang Bittner eins zu eins nachfühlen, wenn er bekennt: «Seit Monaten muss ich mich vorsehen, nicht depressiv zu werden. Wenn ich in die Zeitungen schaue, Rundfunk höre oder den Fernseher anstelle, überkommt mich ein Gefühl des Ausgeliefert sein an dunkle Mächte. Die kann ich zwar mittlerweile benennen, aber darüber zu sprechen vermag ich nur mit wenigen Menschen meiner Umgebung. Einige meiden mich, halten mich wahrscheinlich für einen Querdenker und Verschwörungstheoretiker.« (S.19)

Ein Auszug aus dem Buch „Niemand soll hungern, ohne zu frieren“ von Wolfgang Bittner. (aus Resümee; S.199):

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“

„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“, schrieb der Dichter und politisch engagierte Journalist Heinrich Heine 1844 im Pariser Exil. In Deutschland herrschte damals Kleinstaaterei und politische Repression. Mit Verboten, Hausdurchsuchungen, Verhören und Inhaftierungen ging die Obrigkeit gegen alle vor, die sich ihrem Regime nicht unterwarfen.

Nachdem es 1848 zu Aufständen gekommen war, wurde der Demokrat und Vorkämpfer der Märzrevolution, Robert Blum, in Wien hingerichtet. Heine floh nach Frankreich, wo die Gedanken der Revolution von 1789 noch nachwirkten und wohin sich auch Karl Marx, der Journalist Ludwig Börne und der Schriftsteller Georg Büchner vor Verfolgung in Sicherheit bringen mussten. Sie starben im Exil: Heine und Börne in Paris, Büchner in Zürich, Marx in London.

Ähnlich wie Heinrich Heine und anderen seinerzeit verfolgten „Querdenkern“ geht es im heutigen Deutschland Kritikern obrigkeitlicher Repression sowie Menschen, die vorurteilsfrei eine Entwicklung wahrgenommen haben, die zu einem dritten Weltkrieg führen könnte, und sich dagegen engagieren. Sie sind „um den Schlaf gebracht“, wenn sie Verlautbarungen von Politikern und Politikerinnen vernehmen, die Nachrichten und Kommentare im Rundfunk hören oder in der Zeitung lesen, und wenn sie die Berichte, Talkshows oder Hetzfilme im Fernsehen schauen. Einigen ist die Existenzgrundlage entzogen worden, manche sind ins Ausland gegangen.

Kaum jemand wird gleich eingesperrt oder umgebracht, heutzutage gibt es andere Mittel, um Kritiker mundtot zu machen. Dazu gehören Kündigungen, Hausdurchsuchungen, Zensur, Kontensperrungen oder die Entziehung von Verdienstmöglichkeiten. Politiker ermuntern zu Denunziation, sie reden von Verschwörungstheoretikern, Putin-Verstehern und Demagogen, fordern „Kriegstüchtigkeit“, „deutsche Führung“ und immer mehr Waffen.

Auf dem Weg in den Obrigkeitsstaat

Wer sich dem Zwang zur Impfung mit einem zweifelhaften Vakzin widersetzte, wurde Covidiot genannt und geächtet. Wer gegen Waffenlieferungen in die unglückliche Ukraine ist, muss sich in Acht nehmen. Wer das Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza verurteilt, wird als Antisemit gebrandmarkt. Vortragsräume werden verweigert, Bankkonten gekündigt, unerwünschte Veröffentlichungen bei YouTube und anderen Videoportalen gelöscht.

Wir befinden uns auf einer abschüssigen Bahn in faschistoide Verhältnisse. Wenn es so weitergeht wie bisher, rutschen wir immer tiefer in einen Obrigkeitsstaat, in dem alles reglementiert, überwacht und digital erfasst wird, in dem kein Ausweg mehr für Menschen bleibt, die das nicht mitmachen wollen.

Es gibt in Deutschland keine Konzentrationslager, keine staatlich genehmigten Folterungen oder Hinrichtungen, die physische Gewalt hält sich in Grenzen. Aber es gibt wieder politisch gerechtfertigte Drangsalierungen, Einschüchterungen, Schikanen, Verfolgungen. Es gibt wieder Menschen, die Angst haben, die schweigend in die Depression abrutschen oder in die „innere Emigration“ gehen. Es gibt wieder Parias, Menschen, die sich im eigenen Land fremd fühlen, manche bedroht.

Als ich mit einem Freund darüber sprach, meinte er: „Ich weiß nicht, was du hast. Ich kann doch in diesem Land – natürlich im Rahmen der Gesetze – alles sagen, was ich will.“ Ich antwortete ihm: „Du kannst alles sagen, weil du nichts zu sagen hast.“ Das war das Ende unserer Freundschaft. Er ging dann auf Demonstrationen für die Demokratie und gegen die AfD und schien sich dabei recht wohlzufühlen.

Wenn der Faschismus wiederkehrt …“

Der italienische Schriftsteller Ignazio Silone (1900–1978) sagte an dem Tag, als er aus dem Schweizer Exil in seine Heimat zurückkam: „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‚Ich bin der Faschismus‘. Nein, er wird sagen: ‚Ich bin der Antifaschismus‘.“[1] Denjenigen, die arm sind, Millionen, die nicht mehr ein noch aus wissen, ist das egal. Den anderen, der Mehrheit, die mehr oder weniger am relativen Wohlstand teilhaben, ist das nicht bewusst. Und sie können es auch nicht wissen, weil ihnen die Grundlagen dafür fehlen. Das ist nicht allein eine Bildungsfrage oder eine Frage der Intelligenz, vielmehr werden sie von Politik, Medien und einer Pseudowissenschaft in die Irre geleitet. Wir haben es mit einem Führungspersonal zu tun, das nicht nur unbedarft oder korrumpiert ist, sondern gefährlich.

Die Verantwortungslosigkeit dieser Akteure kennt keine Grenzen. Ende Mai 2024 verschärfte die westliche Allianz den Konflikt mit Russland unter Mitwirkung der Kiewer Regierung mit einem „ukrainischen“ Drohnenangriff auf das russische Frühwarnradarsystem.[2] Gleichzeitig beschlossen die NATO-Außenminister auf einem Treffen in Prag den Einsatz westlicher Waffensysteme durch die Ukraine im russischen Hinterland.[3] Das Geschäft der Kriegstreiber, die das nukleare Ende der Menschheit heraufbeschwören, nimmt immer wahnsinnigere Formen an.

Was in dieser Lage noch bleibt, ist Widerstand. Die Weltuntergangsuhr zeigt 90 Sekunden vor Mitternacht, aber wir können aufklären, Koalitionen bilden, demonstrieren … Aufgeben ist keine Option, denn so, wie es ist, kann und wird es nicht bleiben.

Bezugnehmend auf den letzten Satz müssen wir alles uns persönlich Mögliche dafür tun, dass es nicht so bleibt. Wolfgang Bittner wird jedenfalls nicht müde, seine Leser aufzuklären und aufzurütteln. Dafür nimmt er in Kauf angefeindet, diffamiert und bedroht zu werden. In der Ukraine wurde Bittner samt anderer respektabler Leute auf die schwarzer Liste des ukrainischen Zentrums für Desinformationsbekämpfung gesetzt. (7)

Der Autor hat auf Manches, das er auch in diesem neuen Buch ausführt bereits in vorangegangenen fünf anderen Büchern hingewiesen. Immer wieder befasst sich Bittner mit den geostrategischen Verwerfungen und den damit verbundenen Problemen. Nun hat er Vieles abermals genau analysiert und dabei auf neue, oft besorgniserregende Entwicklungen aufmerksam gemacht. Dass ist äußerst verdienstvoll. Denn wir Menschen sind vergesslich. Weshalb sich das neue Buch gewissermaßen auch als Nachschlagewerk eignet, wenn uns in den Medien oder seitens der Politik etwas begegnet, das mit (bewusst ins Werk gesetzten) Lücken behaftet ist, die nicht das Ganze offenbaren, sondern Ereignisse im Sinne westlicher Narrative darstellen. Da wird gern auch mit Weglassungen gearbeitet. Die meiner Meinung nach fast noch schlimmer sind als Lügen. Nicht zuletzt geschieht das rund um den Ukraine-Krieg, indem westliche Medien geflissentlich die lange Vorgeschichte dieses Konfliktes weglassen. Aber wie notierte Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831): «Das Wahre ist das Ganze«. Der Chefredakteur von Die Weltwoche, Roger Köppel, schreibt in einem Editorial: «Diesen Satz Hegels verstehe ich so, dass man die Welt nur begreifen kann, wenn man alles in seinen Zusammenhängen und Gegensätzen als das Produkt geschichtlicher Prozesse, eben als Ganzes sieht. Nichts ist allein aus sich selbst heraus verständlich, die Wirklichkeit ist ein dauerndes Werden und Vergehen, ein Gemenge von Kräften und Gegenkräften, Tendenzen und Widertendenzen, die sich gegenseitig erzeugen und erklären.« (8)

Zweifelsohne arbeitet auch Wolfgang Bittner im Sinne des Hegelschen Satzes.

Und wir Leser profitieren davon. Dank der vom Autor akribisch zusammengetragenen Fakten halten wir auch eine Fülle Argumentationshilfen in der Hand. Wir können so, wenn uns mal wieder jemand ein X für ein U vormachen will, faktenreich dagegenhalten. Gesetzt den Fall, man brächte den Mumm dazu auf! Den nötigen Mumm aufzubringen müssen wir dringend endlich auch von den Medien und den Journalisten einfordern. Beachtet werden muss allerdings wiederum dabei auch, was uns die chinesische Journalistin Danghong Zhang, welche 30 Jahre für die Deutsche Welle gearbeitet hat, ins Stammbuch schreibt und aus eigener Erfahrung heraus zu bedenken gibt: «Nur die richtige Meinung ist frei“ (9).

Wolfgang Bittner legt in seinem Buch den Finger in viele Wunden. Natürlich auch in alte Wunden, die durch eine falsche, gefährliche Politik wieder aufgerissen werden. Etwa die des Agierens unseres Landes gegenüber Russland. Die Früchte der Ostpolitik von Willy Brand und Egon Bahr werden unbedacht zerstört. Unsere Außenministerin, Mitglied einer Partei – welche sich einst als Friedenspartei verstanden wissen wollte – will Russland ruinieren, der Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter (CDU) möchte den Krieg nach Russland tragen und Verteidigungsminister Pistorius will uns kriegstüchtig machen! Im Kapitel „Friedensopposition“ (S.89) gibt es die Unterkapitel: „Wer sich nicht anpasst, wird diffamiert“ (S.90) und „Das Ziel: ein Regime Change in Moskau“ (S.94)

Bittner sieht Deutschland vor einem drohenden Krieg, in welchen wir offenbar immer mehr hineingezogen werden sollen.

Nur einige wichtige Kapitel seien hier neben anderen wahrlich nicht weniger unwichtigen Kapiteln seien hier genannt:

  • „Die Teilung der Welt  und der Gesellschaft in Gut und Böse“ (S.33)
  • „Deutschland unter Vormundschaft“ (S.59)
  • „Die Feindstaatenklausel in der UN-Charta“ (S.69); Ist uns eigentlich allen bewusst, dass Deutschland nach der sogenannten Feindstaatenklausel in den Artikeln 53 und107 der UN-Charta immer noch ein Feindstaat der Gegner des Zweiten Weltkriegs ist? (S.70) Und der Zwei-plus-Vier-Vertrag kein Friedensvertrag ist und wir nach wie vor im Zustand eines Waffenstillstands befinden? Bittner: «Deutschland steht unter Kuratel der USA sowie unter latenter Beobachtung Großbritanniens und Frankreichs, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen.«(S.72)
  • Russland und Wladimir Putin im Trommelfeuer der Propaganda (S.97)
  • Im Kriegsmodus (S75)
  • „Selbstverteidigung der Ukraine und Israels?“ (S.117)
  • „Die Außerkraftsetzung der Grundrechte nach Belieben“ (S.121)
  • Politisierung der Kultur (S.133)
  • Europäische Gemeinsamkeiten und Perspektiven; Ein Europa souveräner Staaten (S.139)

Der Autor zieht daraus entsprechende Schlüsse und formuliert die wichtigsten Ziele einer vernünftigen Politik für Deutschland:

  • Austritt aus der NATO, die schon lange gegen ihre eigenen Statuten verstößt
  • Kündigung der Stationierungen ausländischen Militärs auf deutschem Territorium
  • Wiederaufnahme preiswerter Gaslieferungen aus Russland
  • Einstellung von Waffenlieferungen insbesondere an Kriegsparteien
  • Wiederaufnahme normaler Beziehungen zu Staaten, zu denen das Verhältnis zurzeit gestört ist.

Des Weiteren lässt Wolfgang Bittner die Leser an seinem Eindrücken auf vergangenen Lesereisen „Hinter dem neuen Eisernen Vorhang“ in Russland teilhaben (S.149).

Sehr empfehlenswert – vor allem für jüngere Leser – dürften die Seiten im Buch sein, auf welchen der Autor auf die Kontinuität der Verfolgung Andersdenkender in Deutschland erinnert (S.175). Besonders an das KPD-Verbot 1956 in Westdeutschland und die damit verbundene Verfolgung des kommunistischen Politikers Josef (Jupp) Angenfort, der immerhin seinerzeit für vier Jahre und vier Monate hinter Zuchthausmauern verschwand (S.181). Sowie über die Verfolgung von Menschen in Reaktion auf die Berufsverbote (Radikalenerlass) in Westdeutschland am Fall von Silvia Gingold.

Zu danken ist Wolfgang Bittner, dass er gegen Ende des Buches noch Politikeräußerungen veröffentlicht. Zum einen die Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 17.Februar 2024 (S.203) und zum anderen das Interview, welches vom US-amerikanischen Journalisten Tucker Carlson, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geführt hat (S.211). Ebenso erscheint im Buch ein Aufruf der russischen Staatsduma an den Deutschen Bundestag (S.208).

Fazit

Mit dem jüngsten Buch von Wolfgang Bittner liegt uns ein an Seiten überschaubares, gut lesbares Buch vor, welches jedoch viele wichtige Informationen und augenöffnende Analysen enthält, welche man sich nicht entgehen lassen sollte. Das Buch hat zudem aufrüttelnde Wirkung, wie hoffen ist.

Deshalb: Unbedingte Leseempfehlung! Da sich dass Buch auch als Nachschlagewerk eignet, sollte es immer an griffbereiter Stelle im Regal stehen.

Das Buch

Titel:Niemand soll hungern, ohne zu frieren
Untertitel:So wie es ist, kann und wird es nicht bleiben
Autor:Wolfgang Bittner
Genre:Sachbuch
Aufmachung:Broschiert (mit Klappen)
Umfang:280 S., mit 25 Abb.
Format:13 x 21 cm
Erscheint am:11. September 2024
ISBN:978-3-943007-54-1 (gedruckte Ausgabe)
Preis:19,90 € (gedruckte Ausgabe)

Zu Wolfgang Bittner

Foto: Graeser.

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Die Eroberung Europas durch die USA“, „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“ (3), „Deutschland – verraten und verkauft“ (4), „Der neue West-Ost-Konflikt“ (5) und „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“ (6).

Kurzbeschreibung von der Buchrückseite:

Seit 1945 befindet sich Deutschland im Zustand eines Waffenstillstands und gilt der Charta der Vereinten Nationen zufolge noch immer als Feindstaat. Das hindert die Bundesregierung nicht daran, einen waghalsigen Kurs zu fahren: So ist wieder die Rede von deutscher Führung, von Kriegstüchtigkeit und der Wiedereinführung der Wehrpflicht. Zugleich werden Milliarden für immer mehr Waffen und den Stellvertreterkrieg in der Ukraine ausgegeben.

Das wird gravierende Folgen haben, zumal sich global eine tektonische Verschiebung abzeichnet: Russland, China und viele Staaten des globalen Südens wenden sich gegen die stets auf den eigenen Vorteil bedachte Außenpolitik der USA, der sich die Berliner Regierung indes weiter verpflichtet fühlt.

Aufgrund der wachsenden Kriegsgefahr bleibt Aufklärung über die Hintergründe das Gebot der Stunde. Denn so wie es ist, kann und wird es nicht bleiben. Wolfgang Bittner dokumentiert, analysiert und zeigt Perspektiven auf.

Klappentext:

Bis vor wenigen Jahren noch in der ersten Reihe der Industrienationen, treibt Deutschland unter Vormundschaft der USA in die Bedeutungslosigkeit. Wirtschaftlich geht es bergab, die Gesellschaft ist tief gespalten, chaotisiert und soll auf Kriegskurs gebracht werden.

Es gibt wieder Menschen hierzulande, die Angst haben, schweigend in die Depression abrutschen oder in die „innere Emigration“ gehen. Es gibt wieder Parias – Menschen, die sich im eigenen Land fremd fühlen, manche bedroht. Wer sich den zunehmenden Zwängen entgegenstellt, muss sich vorsehen. Zensur, Hausdurchsuchung, Kontensperrung, die Entziehung der Verdienstmöglichkeit bis hin zur Kündigung sind nur einige Maßnahmen obrigkeitlicher struktureller Gewalt.

Setzt sich die Entwicklung so fort, steht am Ende ein autoritärer Staatsapparat, der alles erfasst, überwacht und reglementiert. Digitalisierung und KI-Technologie eröffnen der Unterdrückung weitreichende Möglichkeiten.

Links:

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Anbei ein Gespräch, das Dirk Pohlmann mit Dr. Wolfgang Bittner führte:

https://apolut.net/im-gespraech-wolfgang-bittner/

Putins komplette Grundsatzrede zur russischen Außenpolitik. Friedensvorschlag an Kiew.

von Anti-Spiegel

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einer Rede vor der Leitung des russischen Außenministeriums ein neues Angebot für eine mögliche Friedenslösung im Ukrainekrieg unterbreitet. Dieser Vorstoß wird von vielen Journalisten und Politikern hierzulande entweder ignoriert oder mit teils absurden „Argumenten“ und mit einer unangemessenen Empörungshaltung zurückgewiesen. Gleichzeitig ging in der Schweiz eine „Friedenskonferenz“ über die Bühne, die wegen der Nichtteilnahme Russlands und Chinas als irrelevant bezeichnet werden muss. Weil Äußerungen von nichtwestlichen Politikern oft aus dem Zusammenhang gerissen werden, ist es lohnend, die Originalquellen zu lesen. Um sie zur Diskussion zu stellen, dokumentieren die NachDenkSeiten hier die ganze Rede Putins auf Deutsch, in einer Übersetzung von Thomas Röper

14. Juni 2024 16:54 Uhr

Wenn der russische Präsident Putin vor der Leitung des russischen Außenministeriums eine Rede hält, ist das immer ein sehr wichtiger und seltener Moment. Die letzte Rede hat Putin dort im November 2021 gehalten. Damals hat er die russischen Diplomaten fast flehentlich aufgerufen, trotz aller Wort- und Vertragsbrüche des Westens noch einmal alles in ihrer Macht stehende zu tun, um eine Eskalation in der Ukraine zu verhindern.

Kurz darauf hat das russische Außenministerium Mitte Dezember 2021 den USA und der NATO Vorschläge für gegenseitige Sicherheitsgarantien unterbreitet, die die NATO und die USA zum Monatswechsel Januar/Februar 2022 abgelehnt haben, wonach die Eskalation in der Ukraine, die nur drei Wochen später einsetzte, unausweichlich geworden war.

Nun hat Präsident Putin im russischen Außenministerium wieder eine Grundsatzrede über die außenpolitischen Ziele Russlands gehalten. Die ersten Medienberichte darüber konzentrieren sich darauf, dass Putin in seiner Rede einen Friedensvorschlag zur Ukraine-Krise unterbreitet hat. Allerdings kam der erst am Ende der mehr als einstündigen Rede, deren restlichen Teile, die die Ziele der russischen Außenpolitik umschreiben, nicht weniger interessant sind. Daher habe ich Putins gesamte Rede übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Sehr geehrte Kollegen, guten Tag!

Ich freue mich, Sie alle begrüßen zu dürfen, und möchte Ihnen zu Beginn unseres Treffens und Gesprächs für Ihre harte Arbeit im Interesse Russlands und unseres Volkes danken.

Wir haben uns Ende 2021, im November, in so großer Runde getroffen. Seitdem haben sich im Land und in der Welt ohne Übertreibung viele entscheidende und folgenschwere Ereignisse ereignet. Daher halte ich es für wichtig, die aktuelle Situation in globalen und regionalen Angelegenheiten zu bewerten und die entsprechenden Aufgaben für das Außenministerium festzulegen. Alle diese Aufgaben sind dem Hauptziel untergeordnet: die Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung des Landes zu schaffen, seine Sicherheit zu gewährleisten und das Wohlergehen der russischen Familien zu verbessern.

Die Arbeit in diesem Bereich erfordert in der heutigen komplexen und sich schnell verändernden Realität von uns allen eine noch stärkere Konzentration der Anstrengungen, Initiative, Ausdauer und die Fähigkeit, nicht nur auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, sondern auch unsere eigene – und langfristige – Agenda zu gestalten, gemeinsam mit unseren Partnern Vorschläge zu unterbreiten und in einer offenen und konstruktiven Diskussion Lösungsmöglichkeiten für die grundlegenden Fragen zu erörtern, die nicht nur uns, sondern die gesamte Weltgemeinschaft betreffen.

Ich wiederhole: Die Welt verändert sich schnell. Sie wird in der globalen Politik, in der Wirtschaft und im technologischen Wettbewerb nicht mehr wie früher sein. Immer mehr Staaten sind bestrebt, ihre Souveränität, ihre Autarkie, ihre nationale und kulturelle Identität zu stärken. Die Länder des globalen Südens und Ostens rücken in den Vordergrund und die Rolle Afrikas und Lateinamerikas wächst. Seit den Zeiten der Sowjetunion haben wir immer von der Bedeutung dieser Regionen der Welt gesprochen, aber heute ist die Dynamik eine ganz andere, und das merkt man. Auch in Eurasien, wo eine Reihe von groß angelegten Integrationsprojekten aktiv umgesetzt wird, hat sich das Tempo der Transformation deutlich beschleunigt.

Auf der Grundlage eben dieser neuen politischen und wirtschaftlichen Realität bilden sich heute die Konturen einer multipolaren und multilateralen Weltordnung heraus, und das ist ein objektiver Prozess. Er spiegelt die kulturelle und zivilisatorische Vielfalt wider, die dem Menschen trotz aller Versuche einer künstlichen Vereinheitlichung organisch innewohnt.

Diese tiefgreifenden systemischen Veränderungen geben zweifellos Anlass zu Optimismus und Hoffnung, denn die Durchsetzung der Grundsätze der Multipolarität und des Multilateralismus in den internationalen Angelegenheiten, einschließlich der Achtung des Völkerrechts und einer breiten Repräsentativität, ermöglicht es, die komplexesten Probleme zum gemeinsamen Nutzen zu lösen und im Interesse des Wohlergehens und der Sicherheit der Völker Beziehungen und eine Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten zum gegenseitigen Nutzen aufzubauen.

Diese Vorstellung von der Zukunft entspricht den Bestrebungen der großen Mehrheit der Länder der Welt. Wir sehen das unter anderem am wachsenden Interesse an der Arbeit einer so universellen Vereinigung wie den BRICS, die auf einer besonderen Kultur des vertrauensvollen Dialogs, der souveränen Gleichheit der Teilnehmer und des gegenseitigen Respekts beruht. Im Rahmen des russischen Vorsitzes in diesem Jahr werden wir die reibungslose Aufnahme der neuen BRICS-Mitglieder in die Arbeitsstrukturen des Verbandes erleichtern.

Ich fordere die Regierung und das Außenministerium auf, die inhaltliche Arbeit und den Dialog mit unseren Partnern fortzusetzen, damit wir auf dem BRICS-Gipfel im Oktober in Kasan eine Reihe von Beschlüssen fassen können, die die Richtung für unsere Zusammenarbeit in den Bereichen Politik und Sicherheit, Wirtschaft und Finanzen, Wissenschaft, Kultur, Sport und humanitäre Beziehungen vorgeben werden.

Generell glaube ich, dass die BRICS aufgrund ihres Potenzials in der Lage sein werden, zu einer der zentralen Regulierungsinstitutionen der multipolaren Weltordnung zu werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die internationale Diskussion über die Parameter der Zusammenarbeit zwischen den Staaten in einer multipolaren Welt und über die Demokratisierung des gesamten Systems der internationalen Beziehungen natürlich bereits läuft. So haben wir mit unseren Kollegen in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten ein gemeinsames Dokument über internationale Beziehungen in einer multipolaren Welt vereinbart und verabschiedet. Wir haben unsere Partner eingeladen, über dieses Thema auf anderen internationalen Plattformen zu sprechen, vor allem im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und der BRICS.

Wir sind daran interessiert, dass dieser Dialog innerhalb der Vereinten Nationen ernsthaft geführt wird, auch über ein so grundlegendes Thema, das für alle von entscheidender Bedeutung ist, wie die Schaffung eines Systems der unteilbaren Sicherheit. Mit anderen Worten, die Verankerung des Grundsatzes im internationalen Umgang, dass die Sicherheit der einen nicht auf Kosten der Sicherheit der anderen gewährleistet werden darf.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass die Weltgemeinschaft am Ende des 20. Jahrhunderts, nach dem Ende der akuten militärisch-ideologischen Konfrontation, die einmalige Chance hatte, eine verlässliche und gerechte Ordnung im Bereich der Sicherheit zu schaffen. Dazu bedurfte es nicht viel – lediglich der Fähigkeit, die Meinungen aller interessierten Parteien anzuhören, und der gegenseitigen Bereitschaft, sie zu berücksichtigen. Unser Land war entschlossen, genau diese Art von konstruktiver Arbeit zu leisten.

Es herrschte jedoch ein anderer Ansatz vor. Die westlichen Mächte, allen voran die USA, meinten, den Kalten Krieg gewonnen und das Recht zu haben, selbst zu bestimmen, wie die Welt organisiert werden sollte. Praktischer Ausdruck dieser Sichtweise war das Projekt der unbegrenzten räumlichen und zeitlichen Ausdehnung des nordatlantischen Blocks, obwohl es natürlich auch andere Ideen gab, wie die Sicherheit in Europa gewährleistet werden könnte.

Unsere berechtigten Fragen wurden mit Ausreden in dem Geiste beantwortet, dass niemand Russland angreifen werde und dass die NATO-Erweiterung nicht gegen Russland gerichtet sei. Die Versprechungen, die Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre gegenüber der Sowjetunion und dann gegenüber Russland gemacht wurden, keine neuen Mitglieder in den Block aufzunehmen, wurden einfach vergessen. Und selbst wenn sie sich daran erinnerten, verwiesen sie höhnisch darauf, dass diese Zusicherungen mündlich gegeben wurden und daher nicht bindend waren.

Sowohl in den 1990er Jahren als auch später haben wir stets auf den von den westlichen Eliten gewählten Irrweg hingewiesen; wir haben nicht nur kritisiert und gewarnt, sondern Optionen und konstruktive Lösungen angeboten und betont, wie wichtig es ist, einen Mechanismus für die Sicherheit in Europa und in der Welt zu entwickeln, der allen – ich möchte das betonen, allen – gerecht wird. Eine einfache Aufzählung der Initiativen, die Russland im Laufe der Jahre vorgebracht hat, würde mehr als einen Absatz erfordern.

Erinnern wir uns zumindest an die Idee des Vertrages über die europäische Sicherheit, die wir bereits 2008 vorgeschlagen haben. Die gleichen Themen wurden in dem Memorandum des russischen Außenministeriums angesprochen, das den USA und der NATO im Dezember 2021 übergeben wurde.

Aber alle unsere Versuche – und wir haben zahlreiche Versuche unternommen, die ich hier nicht alle aufzählen kann -, unsere Gesprächspartner zur Vernunft zu bringen, Erklärungen, Ermahnungen, Warnungen und Bitten unsererseits sind auf keinerlei Resonanz gestoßen. Die westlichen Länder, die nicht nur davon überzeugt sind, im Recht zu sein, sondern auch von ihrer Macht, von ihrer Fähigkeit, dem Rest der Welt alles aufzuzwingen, haben andere Meinungen einfach ignoriert. Bestenfalls haben sie vorgeschlagen, über Nebensächlichkeiten zu diskutieren, die eigentlich nichts gelöst hätten, oder über Themen, die nur für den Westen vorteilhaft waren.

In der Zwischenzeit wurde schnell klar, dass das westliche Schema, das als das einzig richtige zur Gewährleistung von Sicherheit und Wohlstand in Europa und der Welt verkündet wurde, nicht wirklich funktionierte. Erinnern wir uns an die Tragödie auf dem Balkan. Die inneren Probleme, die sich im ehemaligen Jugoslawien angehäuft hatten, wurden durch die grobe Einmischung von außen noch deutlich verschärft. Schon damals zeigte sich das Hauptprinzip der NATO-Diplomatie, das bei der Lösung komplexer innerer Konflikte zutiefst fehlerhaft und erfolglos ist, in seiner ganzen Pracht, nämlich eine der Parteien, die man aus irgendeinem Grund nicht besonders mag, aller Sünden zu beschuldigen und alle politische, mediale und militärische Macht, Wirtschaftssanktionen und Beschränkungen auf sie loszulassen.

Wie wir sehr gut wissen, wurden gleichen Methoden danach in verschiedenen Teilen der Welt angewandt: Irak, Syrien, Libyen, Afghanistan und so weiter, und sie brachten nichts anderes als eine Verschärfung der bestehenden Probleme, gebrochene Schicksale von Millionen von Menschen, die Zerstörung ganzer Staaten, die Ausweitung humanitärer und sozialer Katastrophen und terroristische Enklaven. Im Grunde ist kein Land der Welt davor gefeit, in diese traurige Liste aufgenommen zu werden.

So versucht der Westen nun, sich dreist in die Angelegenheiten des Nahen Ostens einzumischen. Einst hatten sie ein Monopol in dieser Gegend, und das Ergebnis ist heute allen klar und offensichtlich.

Der Südkaukasus und Zentralasien: Vor zwei Jahren wurde auf dem NATO-Gipfel in Madrid angekündigt, dass sich das Bündnis nun nicht nur mit Sicherheitsfragen im euro-atlantischen, sondern auch im asiatisch-pazifischen Raum befassen wird. Nach dem Motto, auch dort könne man nicht ohne sie auskommen. Dahinter verbirgt sich offensichtlich der Versuch, den Druck auf die Länder in der Region zu erhöhen, deren Entwicklung sie eindämmen wollen. Wie wir wissen, steht unser Land, Russland, auf den oberen Plätzen dieser Liste.

Ich erinnere auch daran, dass es Washington war, das die strategische Stabilität untergraben hat, indem es sich einseitig aus den Verträgen über die Raketenabwehr, über die Abschaffung von Kurz- und Mittelstreckenraketen und über den offenen Himmel zurückgezogen und zusammen mit seinen NATO-Satelliten das jahrzehntelange System der vertrauensbildenden Maßnahmen und der Rüstungskontrolle in Europa zerstört hat.

Letztlich haben der Egoismus und die Arroganz der westlichen Staaten zu der heutigen, äußerst gefährlichen Situation geführt. Wir sind dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, unannehmbar nahe gekommen. Der Ruf nach einer strategischen Niederlage Russlands, das über die größten Atomwaffenarsenale verfügt, zeigt das extreme Abenteurertum der westlichen Politiker. Entweder begreifen sie nicht das Ausmaß der Bedrohung, die sie selbst darstellen, oder sie sind einfach besessen von dem Glauben an ihre eigene Straffreiheit und ihren eigenen Exklusivität. Beides kann sich als tragisch erweisen.

Offensichtlich erleben wir gerade den Zusammenbruch des euro-atlantischen Sicherheitssystems. Heute existiert es einfach nicht mehr. Es muss praktisch neu geschaffen werden. All dies erfordert, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern, mit allen interessierten Ländern – und das sind viele – unsere Optionen für die Gewährleistung der Sicherheit in Eurasien erarbeiten und sie dann einer breiten internationalen Diskussion vorschlagen.

Dieser Auftrag wurde der in der Rede vor der Bundesversammlung gegeben. Es geht darum, in absehbarer Zeit einen Rahmen für gleiche und unteilbare Sicherheit, für eine für alle Seiten vorteilhafte und gerechte Zusammenarbeit und Entwicklung auf dem eurasischen Kontinent zu formulieren.

Was muss dazu auf welchen Grundlagen getan werden?

Erstens: Es muss ein Dialog mit allen potenziellen Teilnehmern an diesem künftigen Sicherheitssystem aufgenommen werden. Und ich bitte Sie, die notwendigen Fragen zunächst mit den Staaten auszuarbeiten, die für eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland offen sind.

Während unseres jüngsten Besuchs in China haben wir diese Fragen mit Präsident Xi Jinping erörtert. Wir stellten fest, dass der russische Vorschlag nicht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der globalen Sicherheitsinitiative Chinas steht, sondern diese im Gegenteil ergänzt und mit ihnen voll und ganz in Einklang steht.

Zweitens ist es wichtig, von der Prämisse auszugehen, dass die künftige Sicherheitsarchitektur allen eurasischen Ländern offensteht, die sich an ihrem Aufbau beteiligen wollen. Mit „für alle“ sind natürlich auch die europäischen und die NATO-Länder gemeint. Wir leben auf einem Kontinent, egal was passiert, wir können die Geographie nicht ändern, wir werden auf die eine oder andere Weise koexistieren und zusammenarbeiten müssen.

Ja, die Beziehungen Russlands zur EU und zu einer Reihe von europäischen Ländern haben sich verschlechtert, und ich habe das schon oft betont, nicht durch unsere Schuld. Eine antirussische Propagandakampagne, an der sehr hochrangige europäische Persönlichkeiten beteiligt sind, wird von Spekulationen begleitet, dass Russland angeblich Europa angreifen wird. Ich habe mich dazu schon oft geäußert, und es ist nicht nötig, das in diesem Saal noch einmal zu wiederholen: Wir alle wissen, dass das absoluter Unsinn ist und nur eine Rechtfertigung für ein Wettrüsten darstellt.

In diesem Zusammenhang erlaube ich mir eine kleine Abschweifung. Die Gefahr für Europa geht nicht von Russland aus. Die Hauptbedrohung für die Europäer ist die kritische und ständig wachsende, fast totale Abhängigkeit von den USA: im militärischen, politischen, technologischen, ideologischen und medialen Bereich. Europa wird zunehmend an den Rand der globalen wirtschaftlichen Entwicklung gedrängt, in das Chaos der Migration und anderer akuter Probleme gestürzt und seiner internationalen Subjektivität und kulturellen Identität beraubt.

Manchmal hat man den Eindruck, dass die herrschenden europäischen Politiker und Vertreter der europäischen Bürokratie mehr Angst haben, in die Ungnade Washingtons zu fallen, als das Vertrauen der eigenen Bevölkerung, der eigenen Bürger, zu verlieren. Das zeigen auch die jüngsten Wahlen zum Europäischen Parlament. Die europäischen Politiker schlucken Demütigungen, Grobheiten und Skandale mit der Überwachung der europäischen Staats- und Regierungschefs, während die USA sie einfach für ihre eigenen Interessen benutzen und sie zwingen, ihr teures Gas zu kaufen – übrigens ist Gas in Europa drei- oder viermal teurer als in den USA – oder sie fordern, wie jetzt zum Beispiel, von den europäischen Ländern, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu erhöhen. Übrigens werden diese Forderungen immer wieder gestellt. Und es werden Sanktionen gegen sie verhängt, gegen Wirtschaftsakteure in Europa. Sie verhängen sie, ohne sich dessen zu schämen.

Jetzt zwingen sie sie dazu, die Waffenlieferungen an die Ukraine zu erhöhen und ihre Kapazitäten zur Herstellung von Artilleriegranaten zu erweitern. Wer wird diese Granaten brauchen, wenn der Konflikt in der Ukraine vorbei ist? Wie kann das die militärische Sicherheit Europas gewährleisten? Das ist unklar. Die USA selbst investieren in Militärtechnologien, und zwar in die Technologien von morgen: in den Weltraum, in moderne Drohnen, in Angriffssysteme, die auf neuen physikalischen Prinzipien beruhen, also in die Bereiche, die in Zukunft die Art des bewaffneten Kampfes und damit das militärische und politische Potenzial der Mächte, ihre Stellung in der Welt bestimmen werden. Und denen wird nun folgende Rolle zugewiesen: Geld dort zu investieren, wo die USA es brauchen. Aber das erhöht nicht das europäische Potential. Sollen sie es tun, Gott mit ihnen. Für uns ist das vielleicht sogar gut, im Grunde ist es so.

Wenn Europa eines der unabhängigen Zentren der Entwicklung der Welt und kultureller und zivilisatorischer Pol des Planeten bleiben will, braucht es auf jeden Fall gute und freundliche Beziehungen zu Russland, und das Wichtigste ist, dass dazu bereit sind.

Diese wirklich einfache und offensichtliche Sache haben Politiker von wirklich paneuropäischem und weltweitem Maßstab gut verstanden, Patrioten ihrer Länder und Völker, die in historischen Kategorien dachten, nicht Statisten, die dem Willen und den Einflüsterungen anderer folgen. Charles de Gaulle hat in den Nachkriegsjahren viel darüber gesprochen. Ich erinnere mich auch gut daran, wie der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl 1991 in einem Gespräch, an dem ich persönlich teilnehmen durfte, die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Europa und Russland hervorhob. Ich vertraue darauf, dass sich neue Generationen europäischer Politiker früher oder später auf dieses Erbe besinnen wird.

Was die USA selbst betrifft, so erschöpfen die andauernden Versuche der heute dort herrschenden liberal-globalistischen Eliten, ihre Ideologie mit allen Mitteln in der ganzen Welt zu verbreiten, ihren imperialen Status und ihre Vorherrschaft zu bewahren, das Land immer mehr, führen es in den Niedergang und stehen in klarem Widerspruch zu den wahren Interessen des amerikanischen Volkes. Ohne diese Sackgasse, den aggressiven Messianismus, gemischt mit dem Glauben an die eigene Auserwähltheit und Exklusivität, hätten sich die internationalen Beziehungen längst stabilisiert.

Drittens: Um die Idee eines eurasischen Sicherheitssystems zu fördern, muss der Dialog zwischen den bereits in Eurasien tätigen multilateralen Organisationen erheblich intensiviert werden. Ich beziehe mich dabei in erster Linie auf den Unionsstaat, die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, die Eurasische Wirtschaftsunion, die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit.

Wir sehen die Möglichkeit, dass sich diesen Prozessen in Zukunft weitere einflussreiche eurasische Vereinigungen von Südostasien bis zum Nahen Osten anschließen werden.

Viertens: Wir glauben, dass es an der Zeit ist, eine breite Diskussion über ein neues System bilateraler und multilateraler Garantien für die kollektive Sicherheit in Eurasien zu beginnen. Gleichzeitig muss man langfristig die militärische Präsenz externer Mächte in der eurasischen Region schrittweise reduzieren.

Wir verstehen natürlich, dass diese These in der gegenwärtigen Situation unrealistisch erscheinen mag, aber das ist jetzt. Wenn wir jedoch in Zukunft ein zuverlässiges Sicherheitssystem aufbauen, wird die Präsenz nichtregionaler Militärkontingente einfach nicht mehr nötig sein. Um ehrlich zu sein, besteht dazu heute keine Notwendigkeit – es geht nur um Okkupation, mehr nicht.

Letztlich sind wir der Meinung, dass es den Staaten und regionalen Strukturen Eurasiens obliegt, im Bereich der gemeinsamen Sicherheit konkrete Bereiche der Zusammenarbeit zu bestimmen. Auf dieser Grundlage sollten sie auch selbst ein System von funktionierenden Institutionen, Mechanismen und Vereinbarungen aufbauen, das den gemeinsamen Zielen der Stabilität und Entwicklung wirklich dient.

In diesem Zusammenhang unterstützen wir die Initiative unserer weißrussischen Freunde, ein Programmdokument, eine Charta über Multipolarität und Vielfalt im 21. Jahrhundert zu entwickeln. Darin können nicht nur die Rahmenprinzipien der eurasischen Architektur auf der Grundlage der grundlegenden Normen des Völkerrechts formuliert werden, sondern auch, im weiteren Sinne, eine strategische Vision des Wesens und der Natur der Multipolarität und des Multilateralismus als neues System der internationalen Beziehungen, das die westlich zentrierte Welt ablösen soll. Ich halte das für wichtig und fordere, dass so ein Dokument mit unseren Partnern und allen interessierten Staaten gründlich ausgearbeitet wird. Ich möchte hinzufügen, dass wir bei der Erörterung solch komplexer und vielschichtiger Fragen natürlich ein Höchstmaß an umfassender Vertretung und Berücksichtigung unterschiedlicher Ansätze und Positionen benötigen.

Fünftens: Ein wichtiger Teil des eurasischen Sicherheits- und Entwicklungssystems sollten zweifellos wirtschaftliche Fragen, soziales Wohlergehen, Integration und eine für alle Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit sein, die sich mit gemeinsamen Problemen wie der Überwindung von Armut, Ungleichheit, dem Klima, der Umwelt, der Entwicklung von Mechanismen zur Reaktion auf die Bedrohung durch Pandemien und Krisen in der Weltwirtschaft befasst – alles ist wichtig.

Der Westen hat durch sein Handeln nicht nur die militärische und politische Stabilität in der Welt untergraben, sondern durch Sanktionen und Handelskriege auch die wichtigsten Marktinstitutionen diskreditiert und geschwächt. Indem er den IWF und die Weltbank benutzt und die Probleme des Klimawandels verdreht hat, hat er die Entwicklung des globalen Südens abgewürgt. Er verliert im Wettbewerb, selbst nach den Regeln, die der Westen für sich selbst aufgestellt hat, indem er prohibitive Schranken und alle Arten von Protektionismus einsetzt. So haben die USA beispielsweise die Welthandelsorganisation als Regulierungsbehörde für den internationalen Handel aufgegeben. Alles ist blockiert. Und sie üben nicht nur Druck auf ihre Konkurrenten aus, sondern auch auf ihre Satelliten. Man braucht sich nur anzusehen, wie sie den europäischen Volkswirtschaften, die am Rande der Rezession stehen, „aussaugen“.

Die westlichen Länder haben einen Teil der russischen Vermögenswerte und Währungsreserven eingefroren. Jetzt denken sie darüber nach, wie sie eine Rechtsgrundlage für deren endgültige Aneignung schaffen können. Doch trotz aller Gaunereien wird Raub zweifellos Raub und nicht ungestraft bleiben.

Das Problem liegt sogar noch tiefer. Indem sie russische Vermögenswerte stehlen, machen sie einen weiteren Schritt zur Zerstörung des Systems, das sie selbst geschaffen haben und das ihnen jahrzehntelang ihren Wohlstand gesichert hat, ihnen erlaubt hat, mehr zu konsumieren, als sie erarbeiten, das durch Schulden und Verbindlichkeiten Geld aus der ganzen Welt angezogen hat. Jetzt wird allen Ländern, Unternehmen und Staatsfonds klar, dass ihre Vermögenswerte und Reserven alles andere als sicher sind – sowohl im rechtlichen als auch wirtschaftlichen Sinne des Wortes. Und jeder könnte der nächste sein, der von den USA und dem Westen enteignet werden könnte. Es könnten diese ausländischen Staatsfonds sein.

Es gibt schon jetzt ein wachsendes Misstrauen gegenüber dem auf westlichen Reservewährungen basierenden Finanzsystem. Es gibt einen Abfluss von Geldern aus den Wertpapieren und Schuldverschreibungen westlicher Länder sowie aus einigen europäischen Banken, die noch vor kurzem als absolut zuverlässige Orte für die Lagerung von Kapital galten. Jetzt ziehen sie Gold aus diesen Banken ab. Und sie tun das Richtige.

Ich glaube, dass wir die Bildung effektiver und sicherer bilateraler und multilateraler außenwirtschaftlicher Mechanismen, die eine Alternative zu den vom Westen kontrollierten sind, ernsthaft intensivieren müssen. Dazu gehören die Ausweitung von Abrechnungen in nationalen Währungen, die Schaffung unabhängiger Zahlungssysteme und der Aufbau von Lieferketten, die die vom Westen blockierten oder kompromittierten Kanäle umgehen.

Natürlich müssen die Bemühungen um die Entwicklung internationaler Verkehrskorridore in Eurasien, dem Kontinent, dessen natürlicher geografischer Kern Russland ist, fortgesetzt werden.

Ich weise das Außenministerium an, die Entwicklung internationaler Abkommen in all diesen Bereichen bestmöglich zu unterstützen. Sie sind äußerst wichtig für die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen unserem Land und unseren Partnern. Das sollte auch dem Aufbau einer großen eurasischen Partnerschaft neuen Schwung verleihen, die im Grunde die sozioökonomische Grundlage für ein neues System der unteilbaren Sicherheit in Europa werden könnte.

Liebe Kollegen, bei unseren Vorschlägen geht es darum, ein System zu bilden, in dem alle Staaten auf ihre eigene Sicherheit vertrauen können. Dann können wir übrigens auch einen anderen, wirklich konstruktiven Ansatz zur Lösung der zahlreichen Konflikte wählen, die es heute gibt. Die Probleme des Defizits an Sicherheit und gegenseitigem Vertrauen gelten nicht nur für den eurasischen Kontinent; überall sind wachsende Spannungen zu beobachten. Wir sehen ständig, wie vernetzt und voneinander abhängig die Welt ist, und ein tragisches Beispiel für uns alle ist die Ukraine-Krise, deren Folgen auf dem ganzen Planeten nachhallen.

Aber ich möchte sofort sagen: Die Krise in der Ukraine ist kein Konflikt zwischen zwei Staaten und schon gar nicht zwischen zwei Völkern, der durch Probleme zwischen ihnen verursacht wurde. Wäre das der Fall, so hätten Russen und Ukrainer, die eine gemeinsame Geschichte und Kultur, geistige Werte, Millionen von verwandtschaftlichen, familiären und menschlichen Bindungen teilen, zweifellos einen Weg gefunden, alle Probleme und Meinungsverschiedenheiten auf faire Weise zu lösen.

Doch das ist anders: Die Wurzeln des Konflikts liegen nicht in den bilateralen Beziehungen. Die Ereignisse in der Ukraine sind eine direkte Folge der weltweiten und europäischen Entwicklung des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts, der aggressiven, rücksichtslosen und absolut abenteuerlichen Politik, die der Westen in all den Jahren verfolgt hat, lange bevor die Militäroperation begann.

Diese Eliten der westlichen Länder haben, wie ich heute bereits gesagt habe, nach dem Ende des Kalten Krieges die Weichen für eine weitere geopolitische Umstrukturierung der Welt gestellt, für die Schaffung und Durchsetzung der berüchtigten regelbasierten Ordnung, in die starke, souveräne und autarke Staaten einfach nicht hineinpassen.

Daher kommt die Politik der Eindämmung unseres Landes. Die Ziele dieser Politik werden von gewissen Persönlichkeiten in den USA und Europa bereits offen ausgesprochen. Heute reden sie von der berüchtigten Dekolonialisierung Russlands. Im Grunde ist das der Versuch, eine ideologische Grundlage für die Zerstückelung unseres Vaterlandes nach nationalen Grundlagen zu schaffen. Über die Zerstückelung der Sowjetunion und Russlands ja schon lange gesprochen. Jeder, der in diesem Saal sitzt, weiß das sehr genau.

Indem sie diese Strategie realisieren, haben die westlichen Länder eine Linie der Absorption und der militärpolitischen Entwicklung der uns nahestehenden Gebiete eingeschlagen. Es gab fünf und nun sechs Wellen der NATO-Erweiterung. Sie haben versucht, die Ukraine zu ihrem Brückenkopf zu machen und sie zum „Anti-Russland“ zu machen. Um diese Ziele zu erreichen, haben sie Geld und Ressourcen investiert, Politiker und ganze Parteien gekauft, die Geschichte und Bildungsprogramme umgeschrieben und Gruppen von Neonazis und Radikalen gefüttert und kultiviert. Sie haben alles getan, um unsere zwischenstaatlichen Beziehungen zu untergraben, unsere Völker zu spalten und gegeneinander auszuspielen.

Der Südosten der Ukraine – Gebiete, die jahrhundertelang Teil des großen historischen Russlands waren – hinderte sie daran, diese Politik noch dreister und unverfrorener zu betreiben. Dort lebten und leben Menschen, die auch nach der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine im Jahr 1991 für gute und engste Beziehungen zu unserem Land eintraten. Diese Menschen sind sowohl Russen als auch Ukrainer, Vertreter verschiedener Nationalitäten, die durch die russische Sprache, Kultur, Traditionen und das historische Gedächtnis verbunden sind.

Die Position, die Stimmung, die Interessen und die Stimmen dieser Menschen – Millionen von Menschen, die im Südwesten leben – musste man einfach berücksichtigen, und die damaligen ukrainischen Präsidenten und Politiker, die um dieses Amt kämpften, nutzten die Stimmen dieser Wähler. Aber unter Ausnutzung dieser Stimmen haben sie manövriert, viel gelogen, und von der sogenannten europäischen Wahl gesprochen. Sie haben sich nicht getraut, einen vollständigen Bruch mit Russland anzustreben, denn im Südosten der Ukraine herrschte eine andere Stimmung, die man nicht ignorieren konnte. Diese Doppeldeutigkeit war den ukrainischen Regierungen in all den Jahren nach der Unabhängigkeit stets eigen.

Der Westen hat das natürlich gesehen. Er hat die Probleme, die es dort gibt und die gelöst werden können, seit langem gesehen und verstanden, ebenso wie den Abschreckungswert des Südost-Faktors und die Tatsache, dass keine noch so große Propaganda über viele Jahre hinweg die Situation grundlegend ändern kann. Natürlich wurde viel getan, aber es war schwierig, die Situation grundlegend zu ändern.

Es ist nicht gelungen, die historische Identität und das Bewusstsein der Mehrheit der Menschen im Südosten der Ukraine zu verzerren, ihnen, einschließlich der jüngeren Generationen, die gute Einstellung zu Russland und das Gefühl für unsere historische Gemeinschaft zu nehmen. Deshalb beschlossen sie erneut, Gewalt anzuwenden und die Menschen im Südosten der Ukraine einfach zu brechen und ihre Meinung zu ignorieren. Dazu arrangierten, organisierten und finanzierten sie natürlich die Schwierigkeiten und die Komplexität der innenpolitischen Verhältnisse in der Ukraine, bereiteten aber dennoch konsequent und zielgerichtet einen bewaffneten Staatsstreich vor.

Eine Welle von Pogromen, Gewalt und Morden schwappte über die Städte der Ukraine. Radikale haben schließlich die Macht in Kiew an sich gerissen und usurpiert. Ihre aggressiven nationalistischen Parolen, einschließlich der Rehabilitierung von Nazi-Schergen, wurden in den Rang einer Staatsideologie erhoben. Sie verkündeten einen Kurs zur Abschaffung der russischen Sprache in Staat und Öffentlichkeit, verstärkten den Druck auf die orthodoxen Gläubigen und mischten sich in die Angelegenheiten der Kirche ein, was schließlich zu einer Kirchenspaltung führte. Niemand scheint diese Einmischung zu bemerken, als ob alles so wäre, wie es sein soll. Versuchen Sie einmal, woanders so etwas zu tun, dann wird so viel gekünsteltes Gepfeife zu hören sein, dass Ihnen die Ohren abfallen werden. Aber dort kann man es tun, denn es ist gegen Russland.

Millionen von Einwohnern der Ukraine, vor allem in den östlichen Regionen, waren bekanntlich gegen den Putsch. Ihnen wurde mit Repressalien und Terror gedroht. Und vor allem begann die neue Regierung in Kiew, einen Schlag gegen die russischsprachige Krim vorzubereiten, die, wie Sie wissen, 1954 unter Verletzung aller Rechtsnormen und Verfahren, auch der damals in der Sowjetunion geltenden, von der Russischen Sowjetrepublik an die Ukraine übertragen worden war. In dieser Situation konnten wir die Krim-Bewohner und die Einwohner von Sewastopol natürlich nicht im Stich und sie ungeschützt lassen. Sie haben ihre Wahl getroffen, und im März 2014 fand, wie Sie wissen, die historische Wiedervereinigung der Krim und Sewastopols mit Russland statt.

In Charkow, Cherson, Odessa, Saporoschje, Donezk, Lugansk und Mariupol begannen sie, friedliche Demonstrationen gegen den Staatsstreich zu unterdrücken, und das Kiewer Regime und nationalistische Gruppen entfesselten Terror. Es ist wohl nicht nötig, daran zu erinnern, denn jeder weiß noch genau, was in diesen Regionen passiert ist.

Im Mai 2014 fanden Referenden über den Status der Volksrepubliken Donezk und Lugansk statt, bei denen sich die absolute Mehrheit der Einwohner für die Unabhängigkeit und Souveränität aussprach. Da stellt sich sofort die Frage: Durften die Menschen ihren Willen überhaupt auf diese Weise zum Ausdruck bringen, durften sie ihre Unabhängigkeit erklären? Diejenigen, die in diesem Saal sitzen, wissen, dass sie das natürlich durften und dass sie jedes Recht und jeden Grund hatten, das zu tun, und zwar im Einklang mit dem Völkerrecht, einschließlich des Rechts der Völker auf Selbstbestimmung. Ich brauche Sie nicht daran zu erinnern, aber da hier Medien filmen, sage ich trotzdem, dass Artikel 1, Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen dieses Recht gewährt.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den berüchtigten Präzedenzfall Kosovo. Wir haben schon oft darüber gesprochen, ich erzähle es jetzt noch einmal. Der Präzedenzfall, den die westlichen Länder selbst in einer ansolut analogen Situation geschaffen haben, hat die Abspaltung des Kosovo von Serbien, die 2008 stattfand, als rechtmäßig anerkannt. Es folgte die berühmte Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen, der am 22. Juli 2010 auf der Grundlage von Artikel 1 Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen entschied, Zitat: „Aus der Praxis des Sicherheitsrats folgt kein allgemeines Verbot einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung“. Und weiter: „Das allgemeine Völkerrecht enthält kein anwendbares Verbot einer Unabhängigkeitserklärung“. Mehr noch, dort stand auch, dass die Teile eines Landes, welche es auch immer sein mögen, die sich für eine Unabhängigkeitserklärung entschieden haben, nicht verpflichtet sind, sich an die zentralen Organe ihres ehemaligen Staates zu wenden. Das alles stand dort geschrieben, sie haben alles mit eigener Hand schwarz auf weiß niedergeschrieben.

Hatten diese Republiken – Donezk und Lugansk – also das Recht, ihre Unabhängigkeit zu erklären? Natürlich hatten sie das. Die Frage kann gar nicht anders betrachtet werden.

Was hat das Regime in Kiew in dieser Situation getan? Es hat die Entscheidung des Volkes völlig ignoriert und mit Flugzeugen, Artillerie und Panzern einen umfassenden Krieg gegen die neuen unabhängigen Staaten – die Volksrepubliken des Donbass – entfesselt. Städte wurden bombardiert und beschossen, Einschüchterungsversuche begannen. Und was geschah dann? Die Bewohner des Donbass griffen zu den Waffen, um ihr Leben, ihre Häuser, ihre Rechte und legitimen Interessen zu verteidigen.

Im Westen wird nun immer wieder die These vertreten, dass Russland den Krieg im Rahmen der Militäroperation begonnen hat, dass es ein Aggressor ist und dass man daher auch sein Territorium, auch unter Einsatz westlicher Waffensysteme, angreifen kann, und dass die Ukraine sich angeblich selbst verteidigt und das auch tun kann.

Ich möchte noch einmal betonen: Russland hat den Krieg nicht begonnen, es war das Kiewer Regime, ich wiederhole, nachdem die Bewohner eines Teils der Ukraine im Einklang mit dem Völkerrecht ihre Unabhängigkeit erklärt haben, das die Feindseligkeiten begonnen hat und sie fortsetzt. Es wäre eine Aggression, wenn wir das Recht dieser Völker, die in diesen Gebieten leben, ihre Unabhängigkeit zu erklären, nicht anerkennen. Wie auch sonst? Was ist das sonst? Es ist eine Aggression. Und diejenigen, die den Militärapparat des Kiewer Regimes in all den vergangenen Jahren unterstützt haben, sind Komplizen des Aggressors.

Im Jahr 2014 haben sich die Bewohner des Donbass damit nicht abgefunden. Die Milizen blieben standhaft, schlugen die Strafbataillone zurück und vertrieben sie dann aus Donezk und Lugansk. Wir hofften, dass das diejenigen, die dieses Massaker angerichtet hatten, ernüchtern würde. Um dem Blutvergießen Einhalt zu gebieten, rief Russland wie üblich zu Verhandlungen auf, und diese begannen unter Beteiligung von Kiew und Vertretern der Donbass-Republiken mit Unterstützung Russlands, Deutschlands und Frankreichs.

Die Verhandlungen waren schwierig, aber dennoch wurde 2015 das Minsker Abkommen geschlossen. Wir haben seine Umsetzung ernst genommen und gehofft, dass wir die Situation im Rahmen des Friedensprozesses und des Völkerrechts lösen können. Wir haben erwartet, dass das zur Berücksichtigung der legitimen Interessen und Forderungen des Donbass und zur Verankerung des Sonderstatus dieser Regionen und der Grundrechte der dort lebenden Menschen in der Verfassung unter Wahrung der territorialen Einheit der Ukraine führen würde. Wir waren dazu bereit, und wir waren bereit, die Menschen, die in diesen Gebieten leben, davon zu überzeugen, die Probleme auf diese Weise zu lösen, und wir haben bei mehr als einer Gelegenheit verschiedene Kompromisse und Lösungen vorgeschlagen.

Aber letztlich wurde alles abgelehnt. Kiew hat das Minsker Abkommen einfach in den Papierkorb geworfen. Wie die Vertreter der ukrainischen Führung später zugaben, waren sie mit keinem der Artikel dieser Dokumente zufrieden, sie haben einfach gelogen und verdreht, so gut sie konnten.

Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin und der ehemalige französische Präsident, die eigentlich Mitverfasser und Garanten des Minsker Abkommens waren, haben später plötzlich auch direkt zugegeben, dass es keine Pläne gab, es umzusetzen; sie wollten die Situation nur ruhig halten, um Zeit zu gewinnen, um ukrainische bewaffnete Formationen aufzubauen und sie mit Waffen und Ausrüstung vollzupumpen. Sie haben uns wieder einmal einfach „ausgetrickst“, uns betrogen.

Statt eines echten Friedensprozesses, statt der Politik der Wiedereingliederung und der nationalen Aussöhnung, von der Kiew so gerne spricht, wird der Donbass seit acht Jahren beschossen. Es wurden Terroranschläge und Morde verübt und eine brutale Blockade errichtet. In all diesen Jahren wurden die Bewohner des Donbass – Frauen, Kinder, alte Menschen – zu Menschen „zweiter Klasse“, zu „Untermenschen“ erklärt und mit Repressalien bedroht, indem man ihnen sagte, man würden kommen und sich an allen rächen. Was ist das anderes als ein Völkermord im Zentrum Europas im 21. Jahrhundert? Und in Europa und den USA wird so getan, als ob nichts passiert, als ob niemand etwas bemerkt.

Ende 2021 und Anfang 2022 wurde der Minsker Prozess endgültig begraben, und zwar von Kiew und seinen westlichen Gönnern, und es wurde erneut ein massiver Angriff auf den Donbass geplant. Eine große Gruppe der ukrainischen Streitkräfte bereitete eine neue Offensive auf Lugansk und Donezk vor, natürlich mit ethnischen Säuberungen, riesigen Verlusten an Menschenleben und Hunderttausenden von Flüchtlingen. Wir waren verpflichtet, diese Katastrophe zu verhindern, die Menschen zu schützen; wir konnten keine andere Entscheidung treffen.

Russland hat schließlich die Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkannt. Wir haben sie ja acht Jahre lang nicht anerkannt, wir haben immer noch gehofft, eine Einigung zu erzielen. Das Ergebnis ist nun bekannt. Und am 21. Februar 2022 haben wir Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand mit diesen von uns anerkannten Republiken geschlossen. Frage: Hatten die Volksrepubliken das Recht, sich an uns um Unterstützung zu wenden, als wir ihre Unabhängigkeit anerkannten? Und hatten wir das Recht, ihre Unabhängigkeit anzuerkennen, so wie sie das Recht hatten, ihre Souveränität in Übereinstimmung mit den von mir genannten Artikeln der UN-Charta und den Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen zu erklären? Hatten sie das Recht, ihre Unabhängigkeit zu erklären? Sie hatten es. Aber wenn sie dieses Recht hatten und davon Gebrauch gemacht haben, dann hatten wir das Recht, mit ihnen einen Vertrag zu schließen. Und wir haben es getan, und ich wiederhole: in voller Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und Artikel 51 der UN-Charta.

Gleichzeitig haben wir an die Regierung in Kiew appelliert, ihre Truppen aus dem Donbass abzuziehen. Ich kann Ihnen sagen, dass wir Kontakte hatten, und wir haben ihnen sofort gesagt: Zieht Eure Truppen von dort ab, und damit wird dort alles enden. Dieser Vorschlag wurde praktisch sofort abgelehnt und einfach ignoriert, obwohl er eine echte Chance bot, das Problem auf friedliche Weise zu lösen.

Am 24. Februar 2022 sah sich Russland gezwungen, den Beginn der Militäroperation anzukündigen. Vor den Bürgern Russlands, den Bewohnern der Republiken Donezk und Lugansk und der ukrainischen Gesellschaft habe ich dann die Ziele dieser Operation dargelegt: die Menschen im Donbass zu schützen, den Frieden wiederherzustellen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und damit Bedrohungen von unserem Staat abzuwenden und das Sicherheitsgleichgewicht in Europa wiederherzustellen.

Dabei haben wir es weiterhin als vorrangig angesehen, diese Ziele mit politischen und diplomatischen Mitteln zu erreichen. Ich erinnere daran, dass unser Land bereits in der allerersten Phase der Militäroperation Verhandlungen mit Vertretern des Kiewer Regimes aufgenommen hat. Sie fanden zunächst in Weißrussland und dann in der Türkei statt. Wir haben versucht, unsere wichtigste Botschaft zu vermitteln: Respektiert die Entscheidung des Donbass und den Willen der dort lebenden Menschen, zieht Eure Truppen zurück und stellt den Beschuss der Städte und Dörfer ein. Mehr ist nicht nötig, und wir werden uns in Zukunft mit den übrigen Fragen befassen. Die Antwort lautete: Nein, wir werden kämpfen. Es ist offensichtlich, dass dies der Befehl ihrer westlichen Herren war, und ich werde jetzt auch darüber etwas erzählen.

Damals, im Februar/März 2022, näherten sich unsere Truppen, wie Sie wissen, Kiew. Sowohl in der Ukraine als auch im Westen gab es damals und heute viele Spekulationen darüber.

Was möchte ich dazu sagen? Unsere Verbände standen in der Nähe von Kiew und die Verteidigungs- und der Sicherheitsbehörden hatten verschiedene Vorschläge zu Optionen für unser mögliches weiteres Vorgehen, aber es gab keine politische Entscheidung, die Stadt mit drei Millionen Einwohnern zu stürmen, egal was irgendjemand gesagt oder spekuliert hat.

Im Grunde war es nichts anderes als eine Operation, um das ukrainische Regime zum Frieden zu zwingen. Die Truppen waren da, um die ukrainische Seite zu Verhandlungen zu drängen, um zu versuchen, akzeptable Lösungen zu finden und damit den Krieg zu beenden, den Kiew 2014 gegen den Donbass entfesselt hatte, um Probleme zu lösen, die eine Bedrohung für die Sicherheit unseres Landes, für die Sicherheit Russlands darstellen.

So seltsam es klingen mag, im Ergebnis war es tatsächlich möglich, Vereinbarungen zu treffen, die im Prinzip sowohl Moskau als auch Kiew akzeptiert haben. Diese Vereinbarungen wurden zu Papier gebracht und in Istanbul vom Leiter der ukrainischen Verhandlungsdelegation paraphiert. Das bedeutet, dass die Kiewer Regierung diese Lösung des Problems akzeptiert hat.

Das Dokument trug den Namen „Vertrag über die ständige Neutralität und die Sicherheitsgarantien für die Ukraine“. Es hatte Kompromisscharakter, aber seine Kernpunkte entsprachen unseren prinzipiellen Forderungen und lösten die Aufgaben, die als die wichtigsten genannt wurden, sogar zu Beginn der Militäroperation. Dazu gehörte, so seltsam es auch klingen mag, die Entmilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine. Und auch hier ist es uns gelungen, schwierige Lösungen zu finden. Sie waren kompliziert, aber sie wurden gefunden. Es ging nämlich darum, dass ein ukrainisches Gesetz über das Verbot der Nazi-Ideologie, egal in welcher Form, verabschiedet wird. Das alles steht dort geschrieben.

Darüber hinaus würde die Ukraine im Gegenzug für internationale Sicherheitsgarantien den Umfang ihrer Streitkräfte begrenzen, sich verpflichten, keinen Militärbündnissen beizutreten, keine ausländischen Militärstützpunkte zuzulassen, keine ausländischen Kontingente zu stationieren und ausländischen keine Militärübungen auf ihrem Gebiet abhalten lassen. Das alles ist auf dem Papier festgehalten.

Da wir die Sicherheitsbedenken der Ukraine verstehen, haben wir zugestimmt, dass die Ukraine, wenn sie der NATO nicht formell beitritt, ähnliche Garantien erhält wie die Mitglieder des Bündnisses. Diese Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, aber wir erkannten die Legitimität der Forderungen der Ukraine nach Gewährleistung ihrer Sicherheit an und hatten im Prinzip keine Einwände gegen die von Kiew vorgeschlagenen Formulierungen. Das waren die von Kiew vorgeschlagenen Formulierungen, die wir insgesamt nicht abgelehnt haben, da wir verstanden hatten, dass es das Wichtigste war, das Blutvergießen und den Krieg im Donbass zu beenden.

Am 29. März 2022 haben wir unsere Truppen von Kiew abgezogen, weil uns versichert wurde, dass wir die notwendigen Voraussetzungen für den Abschluss des politischen Verhandlungsprozesses schaffen mussten. Und dass es unmöglich sei, dass eine der Parteien solche Vereinbarungen, wie unsere westlichen Kollegen zu sagen pflegten, mit vorgehaltener Waffe unterzeichnet. Also gut, wir haben dem zugestimmt.

Aber gleich am Tag nach dem Abzug der russischen Truppen von Kiew hat die ukrainische Führung ihre Teilnahme am Verhandlungsprozess mit der bekannten Provokation in Butscha ausgesetzt und die vorbereitete Fassung der Vereinbarungen abgelehnt. Ich denke, heute ist klar, warum diese schmutzige Provokation notwendig war – um die Ablehnung der in den Verhandlungen erzielten Ergebnisse irgendwie zu erklären. Der Weg zum Frieden wurde erneut verworfen.

Das wurde, wie wir heute wissen, auf Geheiß der westlichen Strippenzieher getan, einschließlich des ehemaligen britischen Premierministers, bei dessen Besuch in Kiew ausdrücklich erklärt wurde: keine Abkommen, Russland muss auf dem Schlachtfeld besiegt werden, seine strategische Niederlage muss erreicht werden. Und sie begannen, die Ukraine mit Waffen vollzupumpen und sprachen von der Notwendigkeit, uns eine strategische Niederlage beizubringen, wie ich Ihnen gerade in Erinnerung brachte. Und einige Zeit später erließ der ukrainische Präsident, wie jeder weiß, ein Dekret, mit dem er seinen Vertretern und sogar sich selbst verbot, mit Moskau zu verhandeln. Auch diese Episode mit unserem Versuch, das Problem mit friedlichen Mitteln zu lösen, endete im Nichts.

Übrigens, zum Thema Verhandlungen. Jetzt möchte ich vor diesem Publikum eine weitere Episode öffentlich machen. Ich habe bisher nicht öffentlich darüber gesprochen, aber einige der Anwesenden wissen davon. Nachdem die russische Armee Teile der Regionen Cherson und Saporoschje besetzt hatte, boten viele westliche Politiker ihre Vermittlung für eine friedliche Beendigung des Konflikts an. Einer von ihnen war am 5. März 2022 zu einem Arbeitsbesuch in Moskau. Und wir akzeptierten seine Vermittlungsbemühungen, zumal er während des Gesprächs darauf verwies, dass er sich der Unterstützung der Staats- und Regierungschefs Deutschlands und Frankreichs sowie hochrangiger Vertreter der USA versichert habe. (Anm. d. Übers.: Es ist kein Problem, im Internet herauszufinden, welcher Politiker am 5. Mürz 2022 in Moskau war, auch wenn Putin seinen Namen nicht genannt hat. Es war der damalige israelische Premierminister Naftali Bennett, der schon im Februar 2023 davon erzählt hat. Putin bestätigt hier im Grunde nur Bennets öffentliche Aussagen)

Während des Gesprächs fragte unser ausländischer Gast, eine kuriose Episode: Wenn Sie dem Donbass helfen, warum sind dann russische Truppen im Süden der Ukraine, einschließlich der Regionen Cherson und Saporoschje? Die Antwort von unserer Seite war, dass dies die Entscheidung des russischen Generalstabs bei der Planung der Operation war. Und heute möchte ich hinzufügen, dass der Plan darin bestand, gewisse der befestigten Gebiete zu umgehen, die die ukrainische Regierung in den acht Jahren im Donbass errichtet hatte, vor zur Befreiung von Mariupol.

Dann stellte der ausländische Kollege – ein professioneller Mann, das muss ich ihm lassen – eine Frage: Werden unsere russischen Truppen in den Regionen Cherson und Saporoschje bleiben? Und was wird mit diesen Regionen geschehen, wenn die Ziele der strategischen Verteidigungskräfte erreicht sind? Ich habe geantwortet, dass ich die Beibehaltung der ukrainischen Souveränität über diese Gebiete nicht generell ausschließe, jedoch unter der Bedingung, dass Russland eine starke Landverbindung zur Krim hat.

Das heißt, Kiew sollte das so genannte Servitut garantieren, also ein rechtlich formalisiertes Zugangsrecht für Russland zur Halbinsel Krim über die Regionen Cherson und Saporoschje. Das ist eine wichtige politische Entscheidung. Und natürlich würde sie in ihrer endgültigen Fassung nicht von einer einzelnen Person getroffen werden, sondern erst nach Konsultationen mit dem Sicherheitsrat, mit anderen Strukturen, natürlich nach Diskussion mit den Bürgern, der Öffentlichkeit unseres Landes und vor allem mit den Bewohnern der Regionen Cherson und Saporoschje.

Letztendlich haben wir genau das getan: Wir haben die Meinung der Menschen selbst eingeholt und Referenden durchgeführt. Und wir haben getan, was das Volk beschlossen hat, auch in den Regionen Cherson und Saporoschje sowie in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Zu diesem Zeitpunkt, im März 2022, erklärte der Verhandlungspartner, dass er sich dann nach Kiew begeben werde, um die Gespräche mit seinen Gesprächspartnern in der ukrainischen Hauptstadt fortzusetzen. Wir begrüßten dies, ebenso wie die Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts insgesamt, denn jeder Tag der Kämpfe bedeutete neue Opfer und Verluste. In der Ukraine wurden jedoch, wie wir später erfuhren, die Dienste des westlichen Vermittlers nicht akzeptiert, und man warf ihm, wie wir erfuhren, im Gegenteil vor, prorussische Positionen zu vertreten – in einer ziemlich harten Form, muss man sagen, aber das ist bereits ein Detail.

Nun hat sich, wie ich bereits sagte, die Lage grundlegend geändert. Die Bewohner von Cherson und Saporoschje haben sich in Referenden geäußert, die Regionen Cherson und Saporoschje sowie die Volksrepubliken Donezk und Lugansk sind Teil der Russischen Föderation geworden. Und es kann keine Rede davon sein, unsere staatliche Einheit zu verletzen. Der Wille des Volkes, zu Russland zu gehören, ist unumstößlich. Die Frage ist für immer abgeschlossen und steht nicht mehr zur Diskussion.

Ich möchte noch einmal wiederholen: Es war der Westen, der die Ukraine-Krise vorbereitet und provoziert hat, und jetzt tut er alles, um diese Krise auf unbestimmte Zeit zu verlängern, um die Menschen in Russland und der Ukraine zu schwächen und gegenseitig zu verhärten.

Er schickt immer wieder neue Munitions- und Waffenlieferungen. Einige europäische Politiker haben begonnen, über die Möglichkeit zu sprechen, ihre regulären Truppen in der Ukraine zu stationieren. Gleichzeitig sind es, wie ich bereits festgestellt habe, die derzeitigen wahren Herren der Ukraine – die leider nicht das ukrainische Volk, sondern die globalistischen Eliten jenseits des Ozeans sind -, die versuchen, der ukrainischen Exekutive Entscheidungen aufzuerlegen, die beim Volk unpopulär sind, einschließlich der weiteren Herabsetzung des Wehrpflichtalters.

Jetzt sind es, wie Sie wissen, 25 Jahre, die nächste Etappe könnte 23 sein, dann 20, 18 oder auch sofort 18. Und dann wird man sich natürlich der Figuren entledigen, die unter dem Druck des Westens diese unpopulären Entscheidungen treffen, sie wegen Nutzlosigkeit rauswerfen, ihnen die ganze Verantwortung zuschieben und andere Leute an ihre Stelle setzen, die zwar auch vom Westen abhängig sind, aber noch nicht so einen angeschlagenen Ruf haben.

Daher vielleicht auch die Idee, die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine abzusagen. Diejenigen, die jetzt an der Macht sind, werden alles tun, dann werden sie entsorgt und dann wird getan, was sie für nötig halten.

In diesem Zusammenhang erinnere ich an das, was Kiew jetzt lieber verschweigt, und auch der Westen zieht es vor, nicht darüber zu sprechen. Worum geht es? Im Mai 2014 entschied das Verfassungsgericht der Ukraine, dass, ich zitiere, „der Präsident für fünf Jahre gewählt wird, unabhängig davon, ob er in außerordentlichen oder regulären Wahlen gewählt wird“. Darüber hinaus stellte das ukrainische Verfassungsgericht fest, dass, ein weiteres Zitat, „der verfassungsrechtliche Status des Präsidenten keine Normen enthält, die eine andere Amtszeit als fünf Jahre festlegen würden“. Ende des Zitats, Punkt. Die Entscheidung des Gerichts ist endgültig und kann nicht angefochten werden. Das war’s.

Was bedeutet das in Bezug auf die heutige Situation? Die Amtszeit des gewählten ukrainischen Staatsoberhauptes ist abgelaufen und damit auch seine Legitimität, die nicht durch irgendwelche Tricks wiederhergestellt werden kann. Ich werde nicht im Detail auf die Hintergründe der Entscheidung des Verfassungsgerichts der Ukraine über die Amtszeit des Präsidenten eingehen. Es ist klar, dass sie mit dem Versuch zusammenhängt, den Staatsstreich von 2014 zu legitimieren. Aber dennoch gibt es dieses Urteil und es ist eine rechtliche Tatsache. Es stellt alle Versuche in Zweifel, das heutige Spektakel mit der Annullierung der Wahlen zu rechtfertigen.

Tatsächlich begann die aktuelle tragische Seite der ukrainischen Geschichte mit der gewaltsamen Machtergreifung, wie ich bereits sagte, dem verfassungsfeindlichen Staatsstreich im Jahr 2014. Ich wiederhole: Der Ursprung des derzeitigen Kiewer Regimes ist ein bewaffneter Putsch. Und nun hat sich der Kreis geschlossen, denn die Exekutivgewalt in der Ukraine wird wieder, wie 2014, usurpiert und illegal gehalten, sie ist de facto illegitim.

Ich sage noch mehr: Die Situation mit der Annullierung der Wahlen ist Ausdruck des Wesens, des wirklichen Bauchgefühls des derzeitigen Regimes in Kiew, das aus dem bewaffneten Putsch von 2014 hervorgegangen ist, mit ihm verbunden ist und dort seine Wurzeln hat. Und dass sie sich nach der Annullierung der Wahlen weiterhin an die Macht klammern, ist eine Handlung, die durch Artikel 5 der Verfassung der Ukraine ausdrücklich verboten ist. Ich zitiere: „Das Recht, die verfassungsmäßige Ordnung in der Ukraine zu bestimmen und zu ändern, steht ausschließlich dem Volk zu und kann nicht vom Staat, seinen Organen oder Beamten usurpiert werden.“ Darüber hinaus fallen solche Handlungen unter Paragraf 109 des ukrainischen Strafgesetzbuchs, der sich genau auf die gewaltsame Änderung oder den Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung oder die Ergreifung der Staatsgewalt sowie die Verschwörung zu solchen Handlungen bezieht.

Im Jahr 2014 wurde so eine Usurpation im Namen der Revolution gerechtfertigt, und jetzt durch militärische Aktionen. Die Bedeutung dieses Begriffs ändert sich jedoch nicht. Es handelt sich vielmehr um eine geheime Absprache zwischen der Exekutive der ukrainischen Regierung, der Führung der Werchowna Rada und der von ihr kontrollierten Parlamentsmehrheit mit dem Ziel der Usurpation der Staatsgewalt, anders kann man es nicht nennen, die nach ukrainischem Recht eine Straftat darstellt.

Weiter: Die Verfassung der Ukraine sieht keine Möglichkeit vor, die Wahl des Präsidenten des Landes zu annullieren oder zu verschieben, die Fortführung seiner Befugnisse im Zusammenhang mit dem Kriegsrecht, auf das jetzt Bezug genommen wird. Was steht in der ukrainischen Verfassung? Sie besagt, dass während des Kriegsrechts die Wahlen zur Werchowna Rada verschoben werden können. So steht es in Artikel 83 der Verfassung des Landes.

Die ukrainische Gesetzgebung sieht also eine einzige Ausnahme vor, wenn die Befugnisse eines staatlichen Organs für die Dauer des Kriegsrechts verlängert werden und keine Wahlen stattfinden. Und die gilt nur für die Werchowna Rada. Damit ist der Status des ukrainischen Parlaments als ständig funktionierendes Organ unter Kriegsrecht festgelegt.

Mit anderen Worten: Die Werchowna Rada ist heute, im Gegensatz zur Exekutive, das legitime Organ. Die Ukraine ist keine Präsidialrepublik, sondern eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Darum geht es.

Darüber hinaus ist der Vorsitzende der Werchowna Rada in seiner Eigenschaft als Präsident gemäß den Artikeln 106 und 112 mit besonderen Befugnissen ausgestattet, unter anderem im Bereich der Verteidigung, der Sicherheit und des Oberbefehls über die Streitkräfte. Alles ist dort schwarz auf weiß niedergeschrieben.

Übrigens hat die Ukraine in der ersten Hälfte dieses Jahres ein Paket von bilateralen Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheit und der langfristigen Unterstützung mit einer Reihe von europäischen Ländern abgeschlossen. Jetzt gibt es ein ähnliches Dokument mit den USA.

Seit dem 21. Mai dieses Jahres stellt sich natürlich die Frage nach den Vollmachten und der Legitimität der Vertreter der ukrainischen Seite, die solche Dokumente unterzeichnen. Wie man so schön sagt: Es ist uns egal, sollen sie doch unterschreiben, was sie wollen. Es ist klar, dass es hier eine politische und propagandistische Komponente gibt. Die USA und ihre Satelliten wollen ihre Untergebenen irgendwie unterstützen, ihnen Gewicht und Legitimität verleihen.

Aber trotzdem, wenn dieselben USA später eine ernsthafte juristische Prüfung des Abkommens vornehmen – ich spreche nicht von der Essenz, sondern von der juristischen Komponente -, wird sich jedoch mit Sicherheit die Frage stellen, wer diese Dokumente unterzeichnet hat und mit welcher Befugnis. Und es wird sich zeigen, dass all das ein Bluff und das Abkommen nichtig ist, und das ganze Konstrukt wird natürlich in sich zusammenfallen, wenn man den Wunsch hat, die Situation zu analysieren. Man kann so tun, als sei alles normal, aber es ist nichts normal, ich habe es gelesen. Alles steht in den Dokumenten, alles ist in der Verfassung festgehalten.

Ich erinnere auch daran, dass der Westen nach dem Beginn der Militäroperation eine energische und sehr grobe Kampagne gestartet hat, um Russland auf der internationalen Bühne zu isolieren. Heute ist es für jeden klar und offensichtlich, dass dieser Versuch gescheitert ist, aber natürlich hat der Westen seinen Plan nicht aufgegeben, so etwas wie eine internationale antirussische Koalition aufzubauen und Druck auf Russland auszuüben. Auch das verstehen wir.

Wie Sie wissen, hat der Westen damit begonnen, aktive die Initiative für die sogenannte hochrangige internationale Friedenskonferenz in der Ukraine in der Schweiz zu fördern. Diese Konferenz soll unmittelbar nach dem Gipfeltreffen der G7 stattfinden, also der Gruppe derer, die den Konflikt in der Ukraine mit ihrer Politik angeheizt haben. Was die Organisatoren des Treffens in der Schweiz vorschlagen, ist nur ein weiterer Trick, um die Aufmerksamkeit aller abzulenken, Ursache und Wirkung der Ukraine-Krise zu vertauschen, die Diskussion in eine falsche Richtung zu lenken und der derzeitigen Exekutive in der Ukraine in gewisser Weise wieder den Anschein von Legitimität zu verleihen.

Es ist daher nur natürlich, dass in der Schweiz trotz aller Versuche, die Tagesordnung der Konferenz mehr oder weniger anständig zu gestalten, keine wirklich grundlegenden Fragen diskutiert werden, die den Kern der aktuellen Krise der internationalen Sicherheit und Stabilität und die wahren Wurzeln des Ukraine-Konflikts betreffen.

Es ist schon jetzt abzusehen, dass sich alles auf allgemeines demagogisches Gerede und eine neue Reihe von Anschuldigungen gegen Russland reduzieren wird. Die Idee ist leicht zu erkennen: so viele Staaten wie möglich mit allen Mitteln einzubinden und so zu tun, als ob die westlichen Rezepte und Regeln von der gesamten internationalen Gemeinschaft geteilt würden, was bedeutet, dass unser Land sie bedingungslos akzeptieren solle.

Wie Sie wissen, wurden wir natürlich nicht zu dem Treffen in der Schweiz eingeladen. Es geht schließlich nicht um Verhandlungen, sondern um den Wunsch einer Gruppe von Ländern, weiterhin ihre eigene Linie durchzusetzen und Fragen, die unsere Interessen und unsere Sicherheit unmittelbar betreffen, nach eigenem Gutdünken zu lösen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass es unmöglich ist, ohne die Beteiligung Russlands, ohne einen ehrlichen und verantwortungsvollen Dialog mit uns, eine friedliche Lösung in der Ukraine und für die globale europäische Sicherheit insgesamt zu erreichen.

Bislang ignoriert der Westen unsere Interessen, während er Kiew Verhandlungen verbietet und uns heuchlerisch zu Verhandlungen auffordert. Es sieht einfach idiotisch aus: Einerseits verbietet man ihnen, mit uns zu verhandeln, andererseits ruft man uns zu Verhandlungen auf und unterstellt uns, dass wir uns weigern, zu verhandeln. Das ist Schwachsinn. Aber wir leben ja in einer Art Spiegelwelt.

Erstens müssten sie Kiew den Befehl geben, das Verbot, das selbst auferlegte Verbot von Verhandlungen mit Russland aufzuheben, und zweitens sind wir bereit, uns schon morgen an den Verhandlungstisch zu setzen. Wir verstehen die Besonderheiten der Rechtslage, aber es gibt dort legitime Autoritäten, auch im Einklang mit der Verfassung, wie ich gerade sagte, und es gibt Menschen, mit denen man verhandeln kann. Bitte, wir sind bereit. Unsere Bedingungen für die Aufnahme solcher Gesprächs sind einfach und laufen auf Folgendes hinaus.

Wissen Sie, ich werde mir jetzt etwas Zeit nehmen, um die ganze Kette der Ereignisse noch einmal durchzuspielen, damit klar wird, dass das, was ich jetzt sage, für uns nicht die Konjunktur von heute ist, sondern wir haben immer eine bestimmte Position vertreten, wir haben immer den Frieden gesucht.

Diese Bedingungen sind also sehr einfach. Die ukrainischen Truppen müssen vollständig aus den Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie aus den Regionen Cherson und Saporoschje abgezogen werden. Und ich mache Sie darauf aufmerksam, dass es um das gesamte Gebiet dieser Regionen innerhalb ihrer Verwaltungsgrenzen geht, die zum Zeitpunkt ihres Beitritts zur Ukraine bestanden.

Sobald Kiew erklärt, dass es zu dieser Entscheidung bereit ist und mit dem tatsächlichen Abzug der Truppen aus diesen Regionen beginnt, sowie offiziell mitteilt, dass es seine Pläne, der NATO beizutreten, aufgegeben hat, wird von unserer Seite aus sofort, buchstäblich in derselben Minute, der Befehl zur Einstellung des Feuers und zur Aufnahme von Verhandlungen folgen. Ich wiederhole: Wir werden das sofort tun. Natürlich werden wir gleichzeitig den ungehinderten und sicheren Rückzug der ukrainischen Einheiten und Verbände garantieren.

Natürlich möchten wir darauf zählen, dass die Entscheidung über den Truppenabzug, den Status der Blockfreiheit und die Aufnahme des Dialogs mit Russland, von dem die künftige Existenz der Ukraine abhängt, in Kiew unabhängig getroffen wird, auf der Grundlage der gegenwärtigen Realitäten und geleitet von den echten nationalen Interessen des ukrainischen Volkes, und nicht auf Anweisung des Westens, obwohl es daran natürlich große Zweifel gibt.

Doch was möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal sagen, woran will ich erinnern? Ich sagte, dass ich noch einmal die Chronologie der Ereignisse durchgehen möchte. Lassen Sie uns etwas Zeit dafür aufwenden.

Also, während der Ereignisse auf dem Maidan in Kiew in den Jahren 2013 und 2014 hat Russland wiederholt seine Hilfe bei einer verfassungsmäßigen Lösung der Krise angeboten, die eigentlich von außen organisiert wurde. Kehren wir zur Chronologie der Ereignisse Ende Februar 2014 zurück.

Am 18. Februar kam es in Kiew zu bewaffneten Zusammenstößen, die von der Opposition provoziert wurden. Mehrere Gebäude, darunter das Rathaus und das Gewerkschaftshaus, wurden in Brand gesetzt. Am 20. Februar eröffneten unbekannte Scharfschützen das Feuer auf Demonstranten und Ordnungskräfte, was bedeutet, dass diejenigen, die den bewaffneten Umsturz vorbereiteten, alles taten, um die Situation weiter in Richtung Gewalt und Radikalisierung zu treiben. Und die Menschen, die damals in Kiew auf der Straße waren und ihre Unzufriedenheit mit der damaligen Regierung zum Ausdruck brachten, wurden bewusst für ihre eigenen egoistischen Zwecke als Kanonenfutter benutzt. Genau dasselbe tun sie heute, sie mobilisieren und schicken Menschen zur Schlachtbank. Und doch gab es damals die Möglichkeit, einen zivilisierten Ausweg aus der Situation zu finden.

Es ist bekannt, dass am 21. Februar ein Abkommen zur Beilegung der politischen Krise zwischen dem damaligen Präsidenten der Ukraine und der Opposition unterzeichnet wurde. Seine Garanten waren bekanntlich offizielle Vertreter Deutschlands, Polens und Frankreichs. Das Abkommen sah die Rückkehr zu einer parlamentarisch-präsidentiellen Regierungsform, die Abhaltung vorgezogener Präsidentschaftswahlen, die Bildung einer Regierung des nationalen Vertrauens sowie den Rückzug der Ordnungskräfte aus dem Kiewer Zentrum und die Abgabe der Waffen durch die Opposition vor.

Ich füge hinzu, dass die Werchowna Rada ein Gesetz verabschiedet hat, das eine strafrechtliche Verfolgung der Demonstranten ausschließt. Es gab eine Vereinbarung, die die Gewalt gestoppt und die Situation in den rechtsstaatlichen Bereich zurückgeführt hätte. Diese Vereinbarung wurde unterzeichnet, aber sowohl in Kiew als auch im Westen zieht man es vor, sich nicht an sie zu erinnern.

Heute werde ich mehr über eine andere wichtige Tatsache sagen, die bisher noch nicht öffentlich bekannt war, nämlich dass auf Initiative der amerikanischen Seite buchstäblich in denselben Stunden des 21. Februar ein Gespräch mit meinem amerikanischen Vis-a-Vis stattfand. Der amerikanische Präsident hat die Vereinbarung zwischen der Regierung und der Opposition in Kiew eindeutig unterstützt. Er bezeichnete sie als einen echten Durchbruch, als Chance für das ukrainische Volk, dafür zu sorgen, dass die ausgebrochene Gewalt nicht alle denkbaren Grenzen überschreitet.

Und weiter, im Laufe unserer Gespräche haben wir gemeinsam die folgende Formel ausgearbeitet: Russland würde versuchen, den damaligen Präsidenten der Ukraine dazu zu bewegen, sich so zurückhaltend wie möglich zu verhalten, die Armee und die Ordnungskräfte nicht gegen die Demonstranten einzusetzen. Und die USA würden dementsprechend, so hieß es, die Opposition, wie sie genannt wird, zur Ordnung rufen, Verwaltungsgebäude räumen und die Straße beruhigen.

All dies sollte die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Leben im Land wieder zur Normalität, zum verfassungsmäßigen und rechtlichen Bereich zurückkehren konnte. Und insgesamt haben wir vereinbart, im Interesse einer stabilen, friedlichen und sich normal entwickelnden Ukraine zusammenzuarbeiten. Wir haben unser Wort in vollem Umfang gehalten. Der damalige ukrainische Präsident Janukowitsch, der auch gar nicht vorhatte, die Armee einzusetzen, hat das nicht getan und darüber hinaus sogar zusätzliche Polizeieinheiten aus Kiew abgezogen.

Und was ist mit den westlichen Kollegen? In der Nacht des 22. Februar und dann während des gesamten folgenden Tages, als Präsident Janukowitsch nach Charkow abreiste, wo ein Kongress von Abgeordneten aus den südöstlichen Regionen der Ukraine und der Krim stattfinden sollte, übernahmen Radikale trotz aller Vereinbarungen und Garantien des Westens – sowohl Europas als auch, wie gesagt, der USA – die Kontrolle über das Gebäude der Rada, die Präsidialverwaltung, und übernahmen die Regierung mit Gewalt. Und kein einziger Garant all dieser Vereinbarungen über die politische Lösung – weder die USA noch die Europäer – hat auch nur einen Finger gerührt, um seinen Verpflichtungen nachzukommen und die Opposition aufzufordern, die besetzten Regierungsgebäude freizugeben und auf Gewalt zu verzichten. Es ist klar, dass ihnen dieser Verlauf der Ereignisse nicht nur gelegen kam, sondern dass sie offenbar die Urheber dieser Entwicklung waren.

Ebenfalls am 22. Februar 2014 hat die Werchowna Rada unter Verstoß gegen die ukrainische Verfassung die Entschließung über die sogenannte Selbstenthebung des amtierenden Präsidenten Janukowitsch vom Amt des Präsidenten angenommen und für den 25. Mai außerordentliche Wahlen angesetzt. Mit anderen Worten: Es hat ein bewaffneter Staatsstreich, der von außen angezettelt wurde, stattgefunden. Die ukrainischen Radikalen haben mit stillschweigender Zustimmung und direkter Unterstützung des Westens alle Versuche, die Situation friedlich zu lösen, vereitelt.

Dann haben wir versucht, Kiew und die westlichen Hauptstädte dazu zu überreden, einen Dialog mit den Menschen im Südosten der Ukraine aufzunehmen und ihre Interessen, Rechte und Freiheiten zu respektieren. Aber nein, das Regime, das durch den Staatsstreich an die Macht gekommen ist, hat sich für den Krieg entschieden und im Frühjahr und Sommer 2014 Strafmaßnahmen gegen den Donbass eingeleitet. Russland hat erneut zum Frieden aufgerufen.

Wir haben alles getan, um die akuten Probleme, die im Rahmen des Minsker Abkommens entstanden sind, zu lösen, aber der Westen und die Regierung in Kiew haben sich, wie ich bereits betont habe, nicht an dieses Abkommen gehalten, obwohl unsere westlichen Kollegen, einschließlich des US-Präsidenten, uns mit Worten versicherten, dass das Minsker Abkommen wichtig sei und dass sie sich für den Prozess seiner Umsetzung einsetzen würden. Dass das ihrer Meinung nach eine Lösung der Situation in der Ukraine, ihre Stabilisierung und die Berücksichtigung der Interessen der Bewohner des Ostens ermöglichen würde. Stattdessen organisierten sie in der Praxis eine Blockade des Donbass, wie ich bereits erwähnt habe. Die ukrainischen Streitkräfte bereiteten sich konsequent auf eine groß angelegte Operation zur Zerstörung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk vor.

Das Minsker Abkommen wurde schließlich durch die Hände des Kiewer Regimes und des Westens begraben. Ich komme noch einmal darauf zurück. Deshalb sah sich Russland 2022 gezwungen, die Militäroperation einzuleiten, um den Krieg im Donbass zu beenden und die Zivilbevölkerung vor einem Völkermord zu schützen.

Gleichzeitig haben wir seit den ersten Tagen wieder Optionen für eine diplomatische Lösung der Krise vorgelegt; darüber habe ich heute schon gesprochen. Das waren die Verhandlungen in Weißrussland und in der Türkei und der Abzug der Truppen von Kiew, um die Voraussetzungen für die Unterzeichnung der Istanbuler Vereinbarungen zu schaffen, die im Prinzip von allen akzeptiert wurde. Aber auch diese Versuche wurden letztlich wieder abgelehnt. Der Westen und Kiew haben den Kurs eingeschlagen, uns zu besiegen. Aber, wie wir wissen, ist das alles gescheitert.

Heute machen wir einen weiteren konkreten, echten Friedensvorschlag. Wenn Kiew und die westlichen Hauptstädte ihn wie bisher ablehnen, dann ist es letztlich ihre Sache und ihre politische und moralische Verantwortung für die Fortsetzung des Blutvergießens. Es ist offensichtlich, dass sich die Realitäten vor Ort und an der Kontaktlinie weiterhin nicht zugunsten des Kiewer Regimes verändern werden. Und die Bedingungen für die Aufnahme von Verhandlungen werden andere sein.

Ich betone das Wichtigste: Der Kern unseres Vorschlags ist nicht eine vorübergehende Waffenruhe oder ein Waffenstillstand, wie es der Westen will, um die Verluste wieder auszugleichen, das Kiewer Regime wieder aufzurüsten und es auf eine neue Offensive vorzubereiten. Ich wiederhole: Es geht nicht um ein Einfrieren des Konflikts, sondern um seine endgültige Beendigung.

Und ich sage noch einmal: Sobald Kiew einem ähnlichen Ablauf wie dem heute vorgeschlagenen zustimmt, einem vollständigen Rückzug seiner Truppen aus der DNR und der LNR sowie aus den Regionen Saporoschje und Cherson zustimmt und diesen Prozess tatsächlich einleitet, sind wir bereit, Verhandlungen aufzunehmen, ohne sie zu verzögern.

Ich wiederhole, unsere prinzipielle Position ist folgende: der neutrale, blockfreie, nicht-nukleare Status der Ukraine, ihre Entmilitarisierung und Entnazifizierung, zumal diese Parameter bei den Istanbuler Gesprächen im Jahr 2022 insgesamt vereinbart wurden. In Bezug auf die Entmilitarisierung war dort alles klar, alles wurde genau festgelegt: die Anzahl von diesem, jenem und der Panzer. Es war alles vereinbart.

Natürlich müssen die Rechte, Freiheiten und Interessen der russischsprachigen Bürger in der Ukraine in vollem Umfang gewährleistet werden, und die neuen territorialen Gegebenheiten und der Status der Krim, Sewastopols, der Volksrepubliken Donezk und Lugansk sowie der Regionen Cherson und Saporoschje als Teilgebiete der Russischen Föderation müssen anerkannt werden. Alle diese grundlegenden und fundamentalen Bestimmungen sollten in Zukunft in Form von grundlegenden internationalen Abkommen festgelegt werden. Das impliziert natürlich auch die Aufhebung aller westlichen Sanktionen gegen Russland.

Ich glaube, dass Russland eine Option vorschlägt, die es ermöglichen wird, den Krieg in der Ukraine wirklich zu beenden, das heißt, wir rufen dazu auf, die tragische Seite der Geschichte umzuschlagen und, wenn es auch schwierig wird, allmählich, Schritt für Schritt, aber allmählich die Beziehungen des Vertrauens und der guten Nachbarschaft zwischen Russland und der Ukraine und in Europa insgesamt wiederherzustellen.

Indem wir die ukrainische Krise lösen, könnten wir, auch gemeinsam mit unseren Partnern in der OVKS und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, die auch heute einen bedeutenden und konstruktiven Beitrag zur Suche nach einer friedlichen Lösung der ukrainischen Krise leisten, sowie mit den westlichen, einschließlich der europäischen Staaten, die zum Dialog bereit sind, mit der grundlegenden Aufgabe beginnen, die ich zu Beginn meiner Erklärung erwähnt habe, nämlich der Schaffung eines unteilbaren eurasischen Sicherheitssystems, das die Interessen ausnahmslos aller Staaten des Kontinents berücksichtigt.

Natürlich ist es unmöglich, buchstäblich zu den Sicherheitsvorschlägen zurückzukehren, die wir vor 25, 15 oder auch nur zwei Jahren vorgelegt haben, denn es ist zu viel passiert und die Umstände haben sich geändert. Die Grundprinzipien und vor allem das eigentliche Thema des Dialogs bleiben jedoch unverändert. Russland ist sich seiner Verantwortung für die weltweite Stabilität bewusst und bekräftigt seine Bereitschaft, mit allen Ländern zu sprechen. Dabei sollte es sich jedoch nicht um die Imitierung eines Friedensprozesses handeln, um den egoistischen Willen eines Landes, die eigenen Interessen zu bedienen, sondern um ein ernsthaftes, gründliches Gespräch über alle Fragen, über das gesamte Spektrum der weltweiten Sicherheitsfragen.

Liebe Kollegen, ich bin überzeugt, dass Sie alle wissen, vor welch großen Aufgaben Russland steht und wie viel wir zu tun haben, auch im Bereich der Außenpolitik.

Ich wünsche Ihnen von Herzen Erfolg bei der schwierigen Arbeit zur Gewährleistung der Sicherheit Russlands, unserer nationalen Interessen, zur Stärkung der Position des Landes in der Welt, zur Förderung der Integrationsprozesse und der bilateralen Beziehungen zu unseren Partnern.

Die Staatsführung wird ihrerseits dem diplomatischen Dienst und allen an der Umsetzung der russischen Außenpolitik Beteiligten weiterhin die notwendige Unterstützung zukommen lassen.

Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Arbeit, ich danke Ihnen für Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit für das, was ich gesagt habe. Ich bin sicher, dass wir Erfolg haben werden.

Vielen Dank.

Ende der Übersetzung

„Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine“ von Patrik Baab. Rezension

Ein Sitzjournalist ist Patrik Baab wahrlich nicht. Und das ist gut so. Als „Sitzjournalisten“ bezeichnet der Politikwissenschaftler, Publizist und last but not least, erfahrene langjährige Journalist Patrik Baab diejenigen Schreibtischtäter, welche in der mehr oder weniger komfortablen Redaktionsstube vorm Computer sitzen und aus dem, was da heraus poppt eine Story zusammenkloppen. Die wird dann ins Netz hochgeladen oder althergebracht in die diversen Blätter gedruckt.

In Sachen Ukraine-Krieg reicht es dann meistens das Monstrum in Bild-Zeitungs-Manier auf die Titelseite zu knallen. Kennen Sie den großartigen Film „Knallt das Monstrum auf die Titelseite!“ von Marco Bellocchio? Das seit Langem im Westen, der vasallenhaft den USA folgt und sei es in den Untergang, gängige Monstrum ist noch immer der russische Staatspräsident Wladimir Putin. Ein angeblich neuer Hitler, den man „Putler“ schimpft. Unter dem macht man es nicht. Da weiß das Publikum Bescheid – ist in der richtige Spur. Vor Putin waren die neuen Hitler Slobodan Milošević, Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi. Meist Staatsführer, die dem Westen in seiner Politik nicht oder nicht mehr folgen wollen.

Das ist Holzhammer-Journalismus. Um nicht zu sagen plumpe Propaganda.

Nicht die Sache des Journalisten Patrik Baab – einer der immer weniger zählenden Vertreter – eines ehrlichen Journalismus, wie er im Buch steht.

Apropos Buch: Patrik Baab hat übrigens ein hervorragendes Buch in Sachen Journalismus zum Zwecke der Ausbildung geschrieben: „Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ (Lesen Sie gerne meine Rezension).

Patrik Baabs Anspruch an Journalismus ist hoch

Kurzum: Patrik Baab hat einen hohen Anspruch an Journalismus wie er halt von Hause her verstanden werden muss. So hat Baab es gelernt und dementsprechend verinnerlicht. Das steckt ihm in den Knochen. So tickt sein Herz. So arbeitet sein Hirn. Das gilt für alle seine bisherigen Werke und Veröffentlichungen.

Da nimmt es einen nicht wunder, dass er seinem hier zu besprechenden aktuellen Buch „Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine“ u.a. das folgende Zitat von Egon Erwin Kisch vorangestellt hat:

Bei aller Künstlerschaft muss er die Wahrheit, nichts als die Wahrheit geben, denn der Anspruch auf wissenschaftliche, überprüfbare Wahrheit ist es, was die Arbeit des Reporters so gefährlich macht, gefährlich nicht nur für die Nutznießer der Welt, sondern auch für ihn selbst, gefährlicher als die Arbeit des Dichters, der keine Desavouierung und kein Dementi zu fürchten braucht.

Und dass das auf sein neues Buch zutrifft, können Sie mir getrost abnehmen. Weshalb ich es meinen Leserinnen und Lesern sehr zur Lektüre anrate. Aber auch Politikerinnen und Politikern und Journalisten – so sie offen dafür sind und gewillt sind für einige Zeit einmal die gängig gemachte Propaganda, die sie in wohl meisten Fällen ohne Ansage von Oben betreiben, außen vor zu lassen. Geht das noch, oder ist all das womöglich schon zu sehr ideologisch betoniert?

Für Patrik Baab eine Verpflichtung stets auch die andere Seite zu hören – audiatur et altera pars

Patrik Baab hat die Ukraine bereist – den Westen vor Beginn des Krieges, den Osten danach. Gemäß der journalistischen Handwerksregel „audiatur et altera pars“ – Ich frage: ist diese Handwerksregel, die ja nicht zuletzt der Juristerei entlehnt ist, überhaupt noch bekannt? Und wenn ja, warum findet sie meinem Empfinden nach kaum noch Anwendung? – auch die andere Seite soll gehört werden – hat er auf beiden Seiten der Front mit Menschen gesprochen und ihre Leben beobachtet. Er hat die Interessen hinter den blutigen Kämpfen recherchiert.

Es entsteht vor uns das Bild eines gespaltenen Landes

So entsteht Stück für Stück das Bild eines gespaltenen Landes namens Ukraine. Ukraine könnte auch mit „am Rande“ oder „Randgebiet“ übersetzt werden.

Um die Ukraine zu verstehen hat sich Patrik Baab u.a. eines alten Reiseführers durch die Sowjetunion von Sándor Radós bedient. Baab: „Es ist ein Buch, das es – wäre es nach den Mächtigen in jedem Landes gegangen – gar nicht hätte geben dürfen und das mich in das «Grenzland« Ukraine und zugleich in die Dämmerung meiner Kindheit führt.“ (S.12)

Und weiter: „Von Sándor Radó und seinem Führer durch die Sowjetunion habe ich 2018 in Chelsea erfahren, in einer Bar names «The Hour Glass« nahe der der Sloane Avenue in der Brompton Road, in die ich den illustren Rest eine Auditoriums entführte, das zuvor Paddy Ashdown gelauscht hatte, dem Mitbegründer der Liberaldemokraten und ehemaligen MI6-Offizier, der in der Buchhandlung Hatchards am Piccadilly wenige Wochen vor seinem Tod aus seinem letzten Buch las.“

Das Kapitel „Ein alter Reiseführer“ ist hochinteressant. Da weht der Leserschaft – um einmal Helmut Kohl zu bemühen – sozusagen der Mantel der Geschichte um die Ohren. Unverzichtbare Zeilen zum Verständnis in Sachen Ukraine.

Patrik teilt uns seine Reiseerlebnisse mit großem Interesse für Land und Leute mit

Patrik Baab erzählt seine Erlebnisse mit großem Interesse für Land sowie mit Empathie für die Leute, die er trifft. Wir lernen eine Ukraine in schwierigen Lebenssituationen und Wirtschaftslage kennen. Die schon vor dem völkerrechtswidrigen Krieg Russland gegen die Ukraine bestanden. Klar, es gibt etliche schwerreiche Oligarchen, die sich Land und Industrien unter den Nagel gerissen haben. Aber auch eine riesige Masse von Menschen, die ziemlich prekär leben. Und quasi jeden Tag sehen müssen wie sie ihre Familien über die Runden bringen. Mit den in der Ukraine gezahlten Hungerlöhne können sie das nicht zumeist nicht. Es gibt etwa Arbeiten, die für Firmen im Westen verrichtet werden. Beispielsweise Kabelbäume für Autos herzustellen.

Oder, schreibt Baab: „Wer ein Auto hat, arbeitet als Fahrer. In einem riesigen Flächenstaat, der fast doppelt so groß ist wie Deutschland, ist Transport ein Problem. Wer sich ein Auto leisten kann, bringt andere zum Ministerium in Kiew, zur Baustelle in Odessa oder liefert Ersatzteile und Computer nach Dnipro. Fahrtkosten und etwas auf die Hand, eine Flasche Wodka dazu, die meisten hier sind auf einen Zuverdienst angewiesen. Auch Wasja.“ Baabs Fahrer in der Westukraine.

Der hat einen alten Mercedes Sprinter, den er zu einem Wohnmobil für sechs Personen ausgebaut hat.

Mit diesen Leuten fährt er manchmal nach Moskau oder Frankfurt am Main, um dort als Schwarzarbeiter Gebäude hochzuziehen. (S.104)

Nicht selten werden die Leute um ihr Lohn betrogen.

Baab „Wasja gehört zu den drei Millionen Ukrainern, die als Arbeitsmigranten mehrmals im Jahr ins Ausland pendeln. Dazu kommen noch einmal zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die dauerhaft im Ausland arbeiten.“ (…)

In Polen blühen auch die Geschäfte der Vermittlungsagenturen, die Ukrainer als polnische Staatsangehörigen deklarieren und sie als häusliche Pflegekräfte in die Schweiz und nach Deutschland vermitteln. Dort erhalten sie den örtlichen Mindestlohn für eine 40-Stunden-Woche. Doch in der Realität, so steht es im Vertrag mit der polnischen Agentur, müssen Pflegekräfte 24 Stunden in Bereitschaft sein.

In Frankfurt wird Wasja bezahlt nach dem Mindestlohn am Bau, das waren 2021 für Ungelernte 12,85 Euro. Doch oft vereinbart er auch eine Pauschale für seine Bautrupp, die deutlich niedriger ist.“ (S.106)

Baab weiter: „Für viele ukrainische Fahrer wie Wasja ist Litauen die europäische Speditionszentrale. Mithilfe von künstlicher Intelligenz werden billige Lkw-Fahler aus Nicht-EU-Staaten wie der Ukraine oder Moldau quer durch Europa gelenkt. Sie brauchen keine Sprachkenntnisse; sie erhalten ihre Anweisungen über Smartphones und Navigationsgeräte. Mit Beginn des Kriegs fehlten in Litauen und Polen plötzlich mehr 100 000 LKW-Fahrer aus der Ukraine – sie durften wegen des Militärdienstes nicht mehr ausreisen.“

Die Bezahlung solcher Jobs sei allerdings immer noch viel besser als in ihrer Heimat.

Und Baab bestätigt, was Dr. Werner Rügemer (auf den der Autor auch zurückkommt) in seinem Vortrag dieses Jahr in Dortmund erwähnte: «2015 habe die ukrainische Regierung zum ersten Mal etwas beschlossen, das in der EU zum Standard gehört: Ein gesetzlicher Mindestlohn. Im Jahr 2015 betrug der erste gesetzliche Mindestlohn der Ukraine sage und schreibe 34 (sic!) Cent pro Stunde. Später sei er langsam angehoben worden. (…) Unter Selenskij ist der Mindestlohn der Ukraine bei 1,21 Euro angekommen. Der niedrigste Mindestlohn, den es überhaupt im Umkreis in Europa gibt“, so Werner Rügemer« (dazu hier)

Ukrainische Kleinunternehmen dienten oft als Zulieferer für internationale vernetzte Billigproduzenten in den benachbarten EU-Ländern Polen, Rumänien und Ungarn. „So gehen 41 Prozent der Schuhproduktion als Halbfertigware für Hungerlohn aus der Ukraine in die Fabriken Rumäniens, Ungarns oder Italiens, wo sie dann im Niedriglohnbereich das begehrte Etikett «Made in EU« bekommen.“

Ukraine – eines der Länder mit der höchsten Korruption

Die Ukraine ist eines der Länder in der Welt wo höchste Korruption herrscht. Ein Land, das wenn es u.a. nach der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht – die nahezu unablässig nach Kiew reist und entsprechende Versprechungen macht – rasch in die Europäische Union geführt werden soll. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Die früher bezüglich der Aufnahme eines Landes in die EU geforderte Erfüllung der Kopenhagener Kriterien sind auf einmal vergessen? Die Türkische Republik wird schon lange vor der Tür gehalten. Die Ukraine erfüllt diese Kriterien jedenfalls nicht.

Das Land wird ausgebeutet

Große westliche Agrarkonzerne bemächtigen sich mehr und mehr der in der Welt einzigartigen fruchtbaren Schwarzerdeböden.

Das Land wird ausgebeutet wo es nur geht. Für den Wiederaufbau gilt bereits die Vermögensverwaltung BlackRock gesetzt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Ukraine-Krieg hat Vorgeschichten

Beim jetzigen Krieg Russlands gegen die Ukraine wird vom Westen und seinen Medien immer gern dessen Vorgeschichte(n) – u.a. die „Orange Revolution 2004“) vergessen. Diese Entwicklung führt Patrik Baab in aller Deutlichkeit aus. Rekapituliert. Gut so, denn der Mensch ist bekanntlich vergesslich. Und die westlichen Medien (in meinen Augen besonders die deutschen) tragen durch Weglassen und Uminterpretationen dazu bei, das zu befördern. Wo sind da die Faktenfüchse?

Nationalismus und faschistische Tendenzen

Es sind ebenfalls die Medien die rechtsnationale und faschistische Tendenzen in der Ukraine kleinreden. Im Parlament seien das höchsten noch zwei Prozent bekommen wir immer zu hören. Dabei wird geflissentlich ausblendet, dass sich Faschisten nicht zuletzt in Bataillonsstärke (auch wenn sie inzwischen in die reguläre Armee eingegliedert sind) plus ausländische Söldner im Lande tummeln und eine tödliche Macht darstellen. Oppositionsmedien sowie kritische Medien sind verboten.

Ein Nationalismus, der in der Sozialistischen Sowjetrepublik Ukraine nie weg gewesen war (er wurde durch die CIA und mithilfe der ukrainischen Diaspora in den USA und Kanada immer – auch über Einschleusung von Agenten am Köcheln gehalten, um gegen die UdSSR zu wirken), hat längst neuen Auftrieb erhalten. Überall werden Straßen und Plätze nach dem Faschistenführer Stepan Bandera, der mit den deutschen Faschisten kollaborierte, benannt. Es lohnt sich das Kapitel „Mukatschewo: Slawa Ukrajini – Herojam Slawa!“ genau zu verfolgen. (S.134)

Baab: „Ruhm der Ukraine – seit 2018 ist dies der offizielle militärische Gruß. «Slawa Ukraini!« und die Erwiderung «Herojam Slawa« waren auch die Grußformeln der ukrainischen Division der Waffen-SS «Galizien«“.

Heutzutage entblöden sich Politiker der BRD nicht einmal, diese Grußformel zu benutzen!

„Ultranationalismus und Faschismus haben in der Ukraine eine lange Tradition. Beide entstanden – wie in fast allen europäischen Ländern – infolge des Ersten Weltkrieges als Reaktion auf den Krieg, die stärker werdende Arbeiterklasse und die revolutionären Bewegungen in Russland, Deutschland, Ungarn und anderen Ländern.“ (S.140)

Einschub: Zusätzlich zu diesem Kapitel empfehle ich meinen Lesern die Videos zu schauen, welche die Tageszeitung junge Welt von der von ihr veranstalteten hochinteressanten Veranstaltung «Der Bandera-Komplex« veröffentlicht hat.

Der Maidan-Putsch

Als absoluter Tiefschlag muss letztlich der Maidan-Putsch 2014 in Kiew (4.5. Kiew: Ein Putsch und die Folgen; S.148) gelten.

Er wurde, wie Victoria Nuland („Fuck the EU“), ausplauderte, mit fünf Milliarden US-Dollar unterstützt und ins Werk gesetzt.

Die Proteste zuvor waren in der Tat zunächst gegen die grassierende Korruption in der Ukraine und viele andere Unzulänglichkeiten gerichtet. Und auch angebracht.

Doch diese Proteste wurden okkupiert und umgedreht, sodass sie letztlich zum Sturz der rechtmäßig gewählten Regierung Janukowitsch führten.

Baab schreibt über Dimitrij Wasilez, der jeden Tag auf dem Maidan in diesen Zeiten gewesen war. Er sagt: „Dieser Volksaufstand war eine perfekt inszenierte Show. Wenn Pressevertreter einen Kommentar von mir wollten und ich habe mich nicht zustimmend zu den Protesten geäußert, dann haben sie die Kamera wieder abgeschaltet und mich weggeschickt: >Verschwinde, Junge, wir haben andere Ziele< Das haben sie offen gesagt.“ Die Protestler wurden bezahlt, wurden mit Bussen herangekarrt und demonstrieren in Schichten.

Unsere in der Mehrzahl inzwischen journalistisch verkommenen deutschen Medien wollen das nicht wahrhaben und sehen den Maidan-Putsch noch immer als Revolution.

Ins Kriegsgebiet im Donbass

Baab war vergangenes Jahr zwecks Fortsetzung seiner Buch-Recherche in das Kriegsgebiet im Donbass gereist. Um dort nun von der anderen Seite der Front zu berichten. Dort leben in der Mehrzahl russischsprachige Menschen.

Auf seiner Fahrt in den Donbass wurde Baab von dem russischsprachigen Journalisten und Blogger Sergey Filbert begleitet. Filbert betreibt unter anderem den YouTube-Kanal „DruschbaFM“. Wo die beiden auch von ihrer Reise ins Kriegsgebiet unter dem Titel „Grenzland“ Video-Berichte einstellten.

Patrik Baab wurde von T-Online zum Wahlbeobachter gemacht

Dass dort zu diesem Zeitpunkt die Referenden für den Beitritt zur Russischen Föderation stattfinden sollten, habe er – schreibt Baab – bei der zeitigen Planung dieser gefährlichen Reise nicht wissen können. Vielmehr habe er davon erst erfahren, als er sich bereits in Russland befand.

Nichtsdestotrotz machte das zum Werbekonzern Ströer gehörende journalistisch nicht selten fragwürdig agierende Portal T-Online, das sich nicht das erste Mal diffamierend betätigte, Patrik Baab zum Wahlbeobachter bei den Referenden im Donbass. Ihm wurde zum Verhängnis gemacht, dass er auf einer Pressekonferenz nach den Referenden auftrat. Baab machte klar, dass er die Referenden lediglich als Journalist bzw. zwecks Recherche für sein Buch verfolgt habe. Baab: „In Luhansk und Donezk habe ich auf Bitte der örtlichen Behörden an zwei Pressekonferenzen teilgenommen. Das habe ich auch bei meinen Recherchen im Kosovo-Krieg 1999 oder in Afghanistan 2002 getan – beides ebenfalls völkerrechtswidrige Angriffskriege. (…) Dennoch hab ich deutsche Soldaten bei ihren Einsätzen begleitet, an militärischen Briefings und Pressekonferenzen teilgenommen, meinen Rechercheauftrag erläutert und über meine Erfahrungen berichtet. Dies ist allein schon deshalb nicht Ungewöhnliches, weil man in einem Kriegsgebiet darauf angewiesen ist, sich etwa darüber auszutauschen, wo Minen noch nicht geräumt wurden oder versprengte Freischärler unterwegs sind.“ (S.224)

Aber T-Online-Redakteur Lars Wienand machte sofort Alarm in Deutschland. „Ein Wahlbeobachter sei ich gewesen bei Putins Scheinreferenden, ein Apologet des Kreml, ein Journalist auf politischen Abwegen.“ (S.223) Für Denunzierungskampagnen ist T-Online indes bekannt. Dieser Journalist Wienand hätte sich, so Baab, durch einfache Recherche bei der zuständigen Zivilkammer der Russischen Föderation in Moskau überzeugen können, dass er dort nicht als Wahlbeobachter geführt wurde.

Aber der Schaden war gemacht. Sollte wohl der Sinn dieser Übung sein. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die Hochschule für Medien und Kommunikation in Berlin kündigten Baabs Lehraufträge.

Baab: „Es fallen zwei Dinge auf: Zum einen haben die Akteure kaum Kenntnisse über die Ukraine und Russland, die regionale Kultur und die Konfliktgeschichte. Zum anderen handelt es sich um Sitzredakteure, die den Bildschirm mit der Realität verwechseln. Sie verhalten sich wie journalistische Drohnenpiloten, die aus großer Entfernung ein Ziel anvisieren, ohne die Lage vor Ort überhaupt zu kennen. Klickzahlen sind wichtiger als sauberes Handwerk.“ (S.226)

Wir leben in merkwürdigen Zeiten. In Zeiten der Diffamierung und der Cancel Culture, die mit demokratischer Öffentlichkeit – wie Baab schreibt – nicht zu tun hat.

Baab bringt das so verständlich auf den Punkt: „Niemand wäre auf die Idee gekommen, Peter Scholl-Latour, der 1973 im Vietnamkrieg als Erster auf der Seite des Vietkongs gedreht hat, vorzuwerfen, er verbreite kommunistische Propaganda.“

Patrik Baab hat erfolgreich gegen den Entzug des Lehrauftrags geklagt. Lesen Sie gern dazu den Beitrag von Kollegin Susan Bonath (hier).

Noch im Donbass hatte Baab telefonisch anwaltliche Hilfe erbeten, nachdem er eine Textnachricht von T-Online erhalten hatte. Er stellte gegenüber dem T-Online-Redakteur klar, dass er als Journalist recherchiert hätte. „Offenbar hat er nur pro forma angefragt. Denn mein Dementi interessierte ihn nicht weiter“, so Baab.

Das mit dem Anruf hätte ins Auge gehen können. Denn, benutzt man im Kriegsgebiet ein Smartphones, kann man angepeilt und zum Ziel eines Angriffs werden. In der Tat gab es in der Nähe des Hotels, in welchem Baab und Filbert wohnten, einen Treffer nachdem die Textnachricht von T-Online-Redakteur Lars Wienand erhalten hat. Baab beobachtete, wie eine Artilleriegranate ein Wohnhaus trifft. „800 Meter von mir entfernt kracht ein Teil der Fassade herunter“, berichtet Baab.

Die geschilderten Erlebnisse im Donbass sind spannend, darunter interessante Personenzeichnungen von Menschen, die viel Leid und Zerstörung erfuhren. Aber Baab hat auch Menschen getroffen, die nachdem ihre Stadt von den Russen eingenommen wurde, wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken.

Kurz bevor Baab und Filbert nach getaner Recherche endlich dem Kriegsgebiet entkommen schienen, hielt man sie auf dem Weg zur Krim an und „filtrierte“ sie. Sie hätten ja ukrainische Agenten sein können. Sie mussten einige Zeit in einem Käfig verbringen. Der junge Offizier lässt sie endlich gehen. Vielleicht hatte er Bedenken wegen Baabs deutschen Pass. Was wenn das zu diplomatischen Verwicklungen geführt hätte?

Patrik Baab: „Dieser Krieg in der Ukraine wird am Verhandlungstisch enden – oder wir fliegen alle in die Luft

Aus der Geschichte und nicht zuletzt aus eigenem Erleben weiß Patrik Baab: „Dieser Krieg in der Ukraine wird am Verhandlungstisch enden – oder wir fliegen alle in die Luft. Da darf man sich an den Gedanken gewöhnen, mit Russen zu verhandeln. Seit drei Jahrzehnten spreche ich mit Menschen aus Russland. Darunter sind Mitarbeiter der Regierung genauso wie Oppositionelle. Auf beiden Seiten der Front, in Russland und der Ukraine, habe ich Freunde. Aus Russland bringe ich seit mehr als 20 Jahren Filme mit, die sich kritisch mit Missständen in Putins Staat befassen. Diese Recherchen haben mir zwei unangenehme Begegnungen mit dem Inlandsgeheimdienst FSB beschert. Einmal sind wir der Verhaftung knapp entgangen. Für diese Vorgänge gibt es Zeugen.“ (S.225)

Und, stellt Baab fest: „Es ist einigermaßen dreist, wenn Schreibtischtäter in Universitäten und Sitzredakteure in Online-Medien, die von den Zuständen in Kriegs- und Krisengebieten keine Ahnungen haben und mit eigenständigen Rechercheergebnissen noch nicht weiter aufgefallen sind, mir, der ich für unabhängige Informationsgebung den Kopf hingehalten habe, Propaganda vorwerfen.“

Der Autor sieht die Zukunft düster

Die Zukunft sieht der Autor ziemlich realistisch und ohne rosa Brille. „Deutschland wandelt sich weiter vom Sozial- zum Rüstungsstaat und entwickelt sich damit zu einem militaristischen und postdemokratischen Vasallen Washingtons, geführt von einer antidemokratischen ökolibertären Elite, die ihre eigene Bevölkerung mit Propaganda, Zensur, Digitalüberwachung und Polizei in Schach hält. Dies Elite entstammt zumeist dem gehobenen Bürgertum und akademischen Milieus.“

Haben wir wirklich nichts dazu gelernt? Ich fürchte nein.

„Die Europäische Union wird entweder als eine zerstrittener Staatenbund weiterbestehen oder ganz zerfallen, nachdem es den USA gelungen ist, die Union zu spalten. Übrig bleibt ein Europa sozial degenerierter Vasallenstaaten am Rande der Ukraine, in der fortgesetzte militärische Konflikte drohen, die auch die Nachbarstaaten langsam erschöpfen.“

Trübe Aussichten. Baab sieht die Deindustrialisierung weiter Fahrt aufnehmen. Was „zu bislang ungekannten sozialen Verwerfungen und wahrscheinlich zu einer neuen antidemokratischen Massenbewegung führen, die den Abschied von der Demokratie beschleunigt“.

Und noch mehr Unerfreuliches. Das kommt einen bitter an, liegt aber durchaus im Rahmen des vermutlich Dräuenden: „Das ist die Welt von gestern, die wieder die Welt von morgen sein wird.“ (S.252)

„Neben der Ukraine und der Europäischen Union ist Russland der dritte große Verlierer. Gewinner dieses großen Spiels sind die USA und China. Zwischen ihnen wird sich eine neue Pattsituation ergeben. (…) Doch der Niedergang der USA setzt sich fort.“ (S.253)

Baab resümiert: „All dies war absehbar. Es ist die Chronik einer angekündigten Katastrophe.“

Nach diesem gefährlichen Abenteuer kehrten Sergey Filbert und Patrik Baab im Zug von Simferopol auf der Krim über die Brücken von Kertsch zurück nach Moskau.

Wenige Tage später gibt es ein Explosion auf der Brücke. „Nur eine Fahrbahn bricht zusammen. Vor Moskau schrecke ich auf. Aus dem Schlaf gerissen kehre ich zurück in den Albtraum“, schreibt Patrik Baab gegen Ende des Buches.

Weiter: „Nach unserer Ankunft in Berlin morgens gegen vier stelle ich den Führer durch die Sowjetunion von 1928 wieder in die Vitrine. Sándor Radós Traum von einem Europa der Menschen und Völker ist ausgeträumt. Aber Träume können nicht sterben. Sie leben fort in einer anderen Zeit, Sergey und ich trinken noch ein paar doppelte Whisky. Die helfen uns auch nicht weiter. Sie rufen nur Gedanken wach an die Jahre des Friedens in Europa, die wir nie mehr wiedersehen würden.“

Am Ende sagt Patrik Baab allen Dank denen Dank gebührt. „Meine Gedanken sind bei unserem Fahrer. Sein Tod steht für all die sinnlosen Opfer auf beiden Seiten der Front. Sergey Filbert war mir nicht nur ein verlässlicher Gefährte, sondern hat auch unter Feuer die Nerven bewahrt“, heißt es u.a.

Unbedingte Leseempfehlung! Und bitte, liebe Leserinnen und Leser empfehlen auch sie das Buch weiter.

In Zeiten von teils unerträglicher Propaganda in unseren Medien bis hin zu eklatanten Verdrehungen in Sachen Ukraine-Krieg ist dieses Buch wichtig und sollte deshalb ein hohe Rezeption erfahren.

Patrik Baab

Auf beiden Seiten der Front

Meine Reisen in die Ukraine

Softcover

24,00 €*

lieferbar innerhalb von 3-4 Werktagen

Patrik Baab hat die Ukraine bereist – den Westen vor Beginn des Krieges, den Osten danach. Gemäß der journalistischen Handwerksregel „audiatur et altera pars“ – auch die andere Seite soll gehört werden – hat er auf beiden Seiten der Front mit Menschen gesprochen und ihre Leben beobachtet. Er hat die Interessen hinter den blutigen Kämpfen recherchiert.

Hier schildert er seine Eindrücke. Er analysiert den geostrategischen und wirtschaftlichen Konflikt, um den es in Wahrheit geht. Es ist das neue „Große Spiel“ der Vereinigten Staaten, von Russland und der Europäischen Union unter deutscher Führung; ein Poker am Rande eines Atomkriegs mitten in Europa – ein Tanz auf dem Vulkan.

Zum Quellenverzeichnis mit nur einem Klick

Zum Autor

Patrik Baab ist Politikwissenschaftler und Publizist. Seine Reportagen und Recherchen über Geheim-
dienste und Kriege passen nicht zur Propaganda von Staaten und Konzernmedien. Er berichtete u.a. aus Russland, Großbritannien, dem Balkan, Polen, dem Baltikum und
Afghanistan. In Russland machte er
mehrfach Bekanntschaft mit dem Inlandsgeheimdienst FSB. Auch die Staatsschutzabteilung des Bundesinnenministeriums führt eine
Akte über ihn. Im Westend Verlag publizierte er „Im Spinnennetz der Geheimdienste. Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?“ (2017)
und „Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ (2022).
Seine Homepage findet Sie hier.

Anbei:

Sabiene Jahn spricht mit Patrik Baab über sein Buch.

Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik

Ein Aufsatz von Jan Veil

 Kompletter Aufsatz als PDF

Einleitung

Nur eines setzt der folgende Text im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg grundsätzlich voraus: das Wissen um die oder wenigstens die Ahnung von der nicht zu leugnende/n Gefahr einer – allmählich oder plötzlich – neue Ebenen erreichenden Eskalation, die immer mehr Länder aktiv involvieren oder zum Einsatz immer zerstörerischerer Waffengattungen führen könnte. Als zudem halbwegs nüchterner Zeitgenosse, ausgestattet mit einem gewissen Hang zu Konfliktlösungen oder, bescheidener, zu Schadensbegrenzungen, ist man in dieser Zeit der Gegenaufklärung daher unausgesetzt mit folgenden Fragestellungen konfrontiert:

Wieso arbeiten – und arbeiteten – die in unserem Land politisch Verantwortlichen nicht unter Hochdruck:

(a) an einem Konzept vorläufiger gegenseitiger Bedingungen für einen Waffenstillstand in der Ukraine, der zumindest potenziell auch Aussicht auf Erfolg hat, anstatt sich lediglich an den Maximalforderungen eines Selenskyj oder Biden auszurichten – und zwar bevor sich die Kampfhandlungen auf andere Territorien auszuweiten, die Situation dadurch zu verkomplizieren und um ein weiteres Stück irreversibler zu machen droh(t)en;

(b)– darauf fußend – an Richtlinien für eine adäquate Sondierung zur Aufnahme ernsthafter Verhandlungen über tragfähige Friedensbedingungen [wobei diese Richtlinien unbedingt die Option umfassen sollten, bei begründetem Verdacht auf fanatisches Festhalten an nationalistischen und somit gegen ethnische Minderheiten gerichteten Positionen insbesondere bei den eigenen Bündnispartnern auch zu diesen wieder mehr Distanz herstellen zu können]?

Dies wäre unter dem Primat der Eskalationsverhinderung der einzige Weg, auf dem möglichst rasch und verlässlich eine Beendigung oder wenigstens ein Einfrieren des Krieges erreicht werden könnte, um endlich wieder auf die Verhandlungsebene zurückzugelangen; diese dürfte sich zwar äußerst komplex und langwierig gestalten, würde aber nicht länger massenhaft zu Toten, Verletzten, Vertriebenen und Traumatisierten führen.

Die nahezu vollständig eingetretene Weigerung der Ampelregierung, genau diese Fragen auch nur anzugehen geschweige denn ernsthaft zu beantworten, ist Ausdruck und Maß für die bereits seit etlichen Jahren zunehmend herrschende, gesamtgesellschaftliche Paradoxie, die die ohnehin schon existierende kognitive Dissonanz im kollektiven Bewusstsein der Bevölkerung weiter befördert. Um dieser Paradoxie begegnen zu können, deren tiefere Ursachen immer öfter bloß neue Formen und Ausmaße einer ungestümen Destruktivität hervorbringen, ist es zunächst wichtig, Folgendes zu verstehen – oder wenigstens nicht von vorn herein auszuschließen: So so gut wie alle Gründe, die bisher – mehr oder weniger offen – gegen eine Beschäftigung mit diesen Fragen ins Feld geführt worden sind, beruhen auf einer zuweilen bis ins Psychopathische verzerrten Realitäts-, Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie einer zutiefst pervertierten, verlogenen und daher inhumanen ‚Ethik‘ unserer politischen ‚Eliten‘ und ihrer medialen Verlautbarungsorgane.

Jacques Baud, ein ehemaliger Geheimdienstoffizier der Schweizer Armee, strategischer Analyst und Buchautor mit den Schwerpunkten Geheimdienst und Terrorismus, der in seiner Laufbahn einige internationale Positionen bekleidete, „darunter auch bei der NATO, wo er den Fluss von Kleinwaffen im Donbass überwachte und an einem NATO-Programm zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte bei der Wiederherstellung ihrer Kapazitäten und der Verbesserung der Personalverwaltung beteiligt war“, drückt dies moderater aus, was jedoch am Phänomen der Realitätsverweigerung via Projektion nichts ändert:

„Im Jahr 2014, während der Maidan-Revolution in Kiew, war ich bei der NATO in Brüssel. Mir ist aufgefallen, dass die Menschen die Situation nicht so einschätzen, wie sie ist, sondern wie sie sie sich wünschen. … In der Tat stellte sich für mich heraus, dass niemand in der NATO das geringste Interesse an der Ukraine hat. Wir neigen dazu, den Feind so darzustellen, wie wir ihn uns wünschen, und nicht so, wie er tatsächlich ist. Das ist das ultimative Rezept zum Scheitern.“ [ https://gesetze-ganz-einfach.de/jacques-baud-interview-zum-militaerkonflikt-in-der-ukraine/ (Jacques Baud: Interview zum Militärkonflikt in der Ukraine | 01.05.22)] | Mehr dazu vor allem in Teil IV.

Um diesen Komplex zumindest ansatzweise zu entwirren, möchte ich in einer – zugegeben notwendigerweise unvollständigen – Art von Bestandsaufnahme auf vier recht klar unterscheidbaren Ebenen Agenden, Ursachen, Wirkungen, Beschlüsse, An- und Aufkündigungen, Tatsachen, Erklärungen, Lügen, Verleumdungen, Massenmanipulation, Partikularinteressen, Anmaßungen, Vorurteile, totalitäres Gedankengut, Ereignisse, offene und verdeckte Aktionen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Feindbilder und Ängste möglichst systematisch auflisten und miteinander in Beziehung setzen; diese Methodik soll nicht nur immer klarer werdende, da jene Ebenen auch verknüpfende Zusammenhänge herausarbeiten; sie soll bestenfalls ferner Überlegungen zu dem erwähnten Paradoxon anregen:

Warum wurden die eingangs aufgeführten Fragen, und zwar für jedermann hör- und nachvollziehbar, bisher nie wirklich, d.h. nie mit der eigentlich angemessenen medialen und politischen Durchschlagskraft gestellt – und allein schon deshalb auch nie tatsächlich beantwortet?


Lesen Sie den kompletten Aufsatz als PDF-Datei: Vier notwendige Betrachtungsebenen zur kritischen Bestandsaufnahme der gegenwärtigen deutschen bzw. westlichen Russland- und Ukraine-Politik (PDF-Dokument, ca. 295 KB)

Der Aufsatz ist wie folgt gegliedert:

I. Sanktionsebene[funktional-operative Aspekte] oder:
Solidarisches Frieren und Hungern für die gerechte Sache: Die offen angestrebte Ruinierung Russlands

II. Bündnisebene[Glaubwürdigkeits-, bündnisrelevante und ethnische Aspekte] oder:
Gemeinsame bilaterale Sache mit militanten Ultranationalisten und russischsprachige bzw. -stämmige Ukrainer/innen verachtenden Neofaschisten: Die Verteidigung der ‚westlichen Werte‘ in der Ost- und Südukraine

III. Historische Ebene
[geopolitische und geschichtliche Ursachen betreffende Aspekte] oder:
Heuchlerisch-moralinsaure ‚Querfront‘-Geschichtsvergessenheit: Wenn systemrechte Alt-Feind- und systemlinke Neu-Feindbildler unserer politischen Klasse also absolut kein Problem mehr miteinander haben und Russland nahezu einhellig – erneut – zum Erzfeind erklärt wird

IV. Existenzialistische Ebene
[Menschen- und Weltbild betreffende sowie ethische Aspekte] oder:
Die unerträglich verlogene Hybris des von den USA völlig demokratisch dominierten ‚wertebasierten Westens‘: Der Zweck heiligt eben doch die Mittel – solange sie nur von den Guten eingesetzt werden

Fazit

Jan Veil, Frankfurt a. Main, ist Aktivist in der Demokratie– und Friedensbewegung und Mitglied der Freien Linken


Beitragsbild: Der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz im Kreml in Moskau, 15.02.2022
Foto: Kremlin.ru, CC BY 4.0
Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=115283761

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht unbedingt meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Ex-MdB Alexander Neu (DIE LINKE) referierte in Dortmund über den Ukraine-Krieg

Kürzlich (am 21. März 2022) hatten die Veranstalter Attac-Regionalruppe Dortmund und DGB Dortmund-Hellweg den ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Partei DIE LINKE (von 2013 bis 2021), Alexander Neu zu einer ZOOM-Veranstaltung eingeladen, um über den Ukraine-Krieg zu referieren. Trotz einer Corona-Erkrankung hatte er sich bereiterklärt seinen angekündigten Vortrag zu halten.

Alexander Neu: Die Atmosphäre ist im Moment „hochtoxisch“

Neu sprach von einer momentan sehr unangenehmen Atmosphäre im politischen Berlin , wo das Wort Frieden völlig in den Hintergrund getreten sei. Es heiße dort, „der Russe“ verstehe nur Stärke. Die Atmosphäre sei im Moment „hochtoxisch“. Wer nicht auf Linie sei, „das Freund-Feindbild“ nicht teile, „ist automatisch beim Feind anzusiedeln“. Dazu passe, dass der unkrainische Präsident Zelensky ein Vielzahl von oppositionellen Parteien (11 Parteien!) verboten habe, mit der Begründung, die Reihen müssten geschlossen sein. Auch seien ja im Jahr 2021 Medien verboten worden. Beides hätte im Westen keinerlei Kritik herbeigerufen. Wenn dies – wie auch geschehen – in Russland geschähe, werde das – zu recht – kritisiert. Also: es wird im Westen mit zweierlei Maß gemessen. Neu kritisierte ausdrücklich etwas das Verbot von RT in der EU. Gerade, wo der doch der Westen die Meinungs- und Pressefreiheit stets wie eine Monstranz vor sich hertrage.

Moskau zeigte rote Linien auf und kam mit Vertragsentwürfen – Der Westen zeigte die kalte Schulter

Der Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine habe Neu wie viele andere auch geschockt.

Dass das nicht geschähe, habe Neu schon zuvor bezweifelt. Immerhin habe Russland dem Westen schon im letzten Jahr seine Forderungen (mittels Vertragsentwürfen) und roten Linien aufgezeigt. Es sei abzusehen gewesen, dass die NATO nicht von ihrem Prinzip und den Erweiterungen ablassen würde. Russland habe darauf bestanden, dass nur die nationalen Armeen (etwa die bulgarische) als NATO-Armee und nicht fremde Truppen auf dem Boden des eigenen Landes agieren sollten. So habe etwa Viktor Orban kürzlich deutlich gesagt: In Ungarn gibt es NATO-Truppen und das ist die ungarische Armee. Fremde Truppen wollen wir nicht. Des Weiteren forderte Moskau, keine fremden Truppen in die Ukraine zu verlegen. Die russische Seite sei damit sogar einen Schritt zurückgegangen und habe sich selbst unter Druck gesetzt. Die Antworten des Westens seien unzureichend, weil nur verbaler Natur gewesen. Ohne Taten folgen zu lassen.

Schließlich habe Russland den Krieg gewählt, um keinen Gesichtsverlust zu erleiden.

Die Bundesregierung setzt offenbar auf Propaganda und auf das Kurzeitgedächtnis und die Dämlichkeit der Menschen

Alexander Neu bezeichnete die Äußerungen von Bundeskanzler Scholz und anderen Regierungsmitgliedern, wonach der Angriff Russlands auf die Ukraine der erste völkerrechtswidrige Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg sei, als Propaganda und totalen Blödsinn, der verzapft wurde. Immerhin sei doch schon vor 20 Jahren, am 24. März 1999 Jugoslawien durch die NATO überfallen worden. Schon zuvor hätte man Grenzen in Europa erstmalig nach 1945 gewaltsam verändert. Nämlich mit der Sezession von Slowenien und Kroatien 1991 und 1992. Sowie 1999 mit der Loslösung des Kosovo von Jugoslawien. Es würden halt Legenden gesponnen und setze dabei wohl auf das Kurzzeitgedächtnis bzw. „der Dämlichkeit“ der Menschen.

Wladimir Putin streckte die Hand gen Westen aus und sagte zeitig: eine unipolare Welt ist nicht mehr akzeptabel

Alexander Neu wies daraufhin, dass Wladimir Putin 2001 in seiner Rede im Deutschen Bundestag seine Hand ausgestreckt und auf seiner Rede 2007 auf der Münchner Sicherheitskonferenz klar gemacht, dass eine unipolare Welt nicht mehr akzeptabel ist.

Und noch weitere Vorschläge – etwa die nach einer gemeinsamen Sicherheitsarchitektur – und darüber hinaus hätten der russische Außenminister Lawrow und Präsident Putin dem Westen offeriert. Es habe eine Vielzahl von ausgestreckten Händen der Russischen Föderation gegeben, „um mit Europa und auch mit dem Westen einen gemeinsamen Raum für Sicherheit und auch einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu schaffen“. Neu: „Alles wurde beiseite und ausgeschlagen. Man wollte Russland nicht in Europa haben. Insbesondere die USA wollen das nicht.“ Mit dem nun begonnenen Krieg sei ein Kulminationspunkt erreicht worden. Russland habe sich nicht weiter in die Ecke drängen lassen, so Neu.

Neu: Der Ukraine-Krieg ist völkerrechtswidrig, hat aber eine Vorgeschichte und Verantwortung für den ganzen Prozess hin zum Krieg hat der Westen auch. Und zwar nicht wenig

Alexander Neu bekannte, kein besondere Freund von Russland zu sein. Er möchte jedoch – wie zu anderen Ländern – gute Beziehungen auch zu Moskau. Den Krieg Russlands gegen die Ukraine bezeichnete Neu eindeutig als völkerrechtswidrig und inakzeptabel: „Aber es ist ein Krieg, der nicht alleine eine Schuldfrage der russischen Seite mit sich bringt.“

Der Westen versuche aber ausschließlich Putin die Schuldfrage zuzuschreiben. Wer auf die Vorgeschichte dieses Krieges verweise, werde als Putin-Versteher diffamiert und damit sozusagen mundtot gemacht. Neu: „Eine ganz geschickte Demagogie. Es sollen bloß keine Zweifel an der westlichen Politik und deren Aufrichtigkeit aufkommen zu lassen. „Was natürlich total verlogen ist.“

Neu machte ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Verantwortung für den Krieg eindeutig beim russischen Präsident liege. „Die ganze Verantwortung für den ganzen Prozess hin zum Krieg hat der Westen auch. Und zwar nicht wenig.“

Wie könnte es nun weitergehen?

Alexander Neu verwies auf einen amerikanischen Militär, welcher davon ausgehe, dass aufgrund der militärischen Überlegenheit der russischen Seite entweder in den nächsten Wochen Kiew fallen wird und man mit Westukraine einen Reststaat habe. Und der Osten des Landes wird in irgendeiner Weise an Russland fallen oder einen Status wie die Volksrepubliken Lugansk und Donezk haben. Und die Westukraine und der Westen wird dann keinen Zugang mehr zum Schwarzen Meer haben. Oder aber die Ukraine stimme zu und man wird es schaffen, dass die Krim und die beiden Volksrepubliken nicht mehr Teil ukrainischen Republik sind. Diese beiden Szenarien würde auch Alexander Neu für möglich ein.

Gewinner des Krieges

Der Gewinner dieses Krieges seien ausschließlich die Vereinigten Staaten von Amerika.

Begründung: Die russischen Vertragsentwürfe seien vom Tisch. Die Reihen der NATO so eng geschlossen wie lange nicht mehr. „Die USA sind wieder die unangefochtenen Führer der sogenannten freien westlichen Welt.

Auch wirtschaftlich dürften die USA von diesem Krieg profitieren.

Verlierer des Krieges

Verlierer seien in erster Linie die Ukraine und vor allem die Menschen in der Ukraine. Und in zweiter Linie Russland. Der dritte Verlierer sei die Europäische Union. „Wir werden enormen wirtschaftlichen Schaden davontragen. Und auch die Menschen in Deutschland werden das spätestens Ende des Sommers und ab Herbst dieses Jahres zu spüren bekommen“, ist sich Alexander Neu sicher.

Ein interessantes Referat, dem sich nicht weniger interessante Fragen aus dem ZOOM anschlossen

Dem interessanten Vortrag von Alexander Neu schlossen sich nicht weniger interessante Fragen aus dem kleinen Auditorium im ZOOM an.

Ebenfalls wurden einige Ergänzungen vorgetragen. Ein Herr erinnerte an den Maidan-Putsch und faschistische Tendenzen in der Ukraine. Ebenso an das von einem rechten Mob verübte Massaker an etwa 40 Personen in Odessa, welche in einem Gewerkschaftshaus am lebendigen Leibe verbrannt worden waren. Bis heute wurde niemand dafür zur Verantwortung gezogen (anbei der Film „Remember Odessa“ von Wilhelm Domke-Schulz).

Auch wurde an dem Beitrag eines jüngeren Disputanten deutlich, dass nicht alle Menschen über alle Informationen verfügen, die schon länger zurückliegen. Das dürfte unseren Mainstream-Medien und dem deutschen Journalismus zuzuschreiben sein, der seit vielen Jahren ziemlich auf den Hund gekommen ist. Dieser Teilnehmer fragte sich einfach auch, ob es denn nicht richtig sei, dass jedes Land der NATO beitreten könne. Alexander Neu antwortete, jedoch müsse nicht automatisch jedes dieser Länder aufgenommen werden. Offenbar ist auch nicht jedem klar, dass Ländern etwa wie die USA und Russland gerne bestimmte Militärsysteme wir Raketen oder gar Atomwaffen unmittelbar vor der Haustüre stationiert haben wollten, die in kurze Zeit Ziele im Lande erreichen können und die eigene Reaktionszeiten auf einen etwaigen Angriff einfach zu kurz sind.

Alles in allem ein interessanter Abend.

Beitragsbild: via Alexander Neu

„Deutschland – verraten und verkauft“. Rezension zu Wolfgang Bittners neuem Buch

Inzwischen erscheint mir Deutschland als Irr-Land. Nicht nur, dass seit gut einem Jahr über unserem Land die Corona-Krise mit allen damit verbundenen Wirrungen wie Mehltau lastet; nun droht mit der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes („Bevölkerungsschutzgesetz“) weiteres Ungemach. Ist Deutschland verraten und verkauft?

Auf 2020NEWS lesen wir:

„Um es mit den Worten von Jens Gnisa, dem ehemaligen Interessenvertreter von rund 17.000 Richtern in Deutschland, zu sagen:

„Der Bund schießt deutlich über alle Verhältnismäßigkeits–Grenzen hinaus.“

Und weiter:

„Nach seiner Ansicht

„…dürfte es sich wohl um das am tiefsten in die Grundrechte einschneidende Bundesgesetz der letzten Jahrzehnte handeln”.

Nach „Mama“ Merkel eine richtige Mutti Baerbock?

Des Weiteren balgen sich die Kanzlerkandidaten Laschet und Söder darum, wer von ihnen es wird. Die lachenden Dritten dürften die Grünen sein. Flapsig sei hier hingeknallt: Wird Robert Habeck Kanzlerin oder Annalena „Kobold“ Baerbock Kanzler und wenn ja, wie viele? Und schon ist es heraus! Die Bunt.de titelt: „Annalena Baerbock: Zweifache Mama und Kanzlerkandidatin“ Deutschland könnte nun nach „Mama“ Merkel, neuestens „Bundeskindergärtnerin“ (Matthias Heitmann) eine richtige Mutti kriegen. Na denn!

Haben wir denn keine anderen Sorgen? Wo doch der Hut an mehreren Ecken bereits brennt! „Wer Grün wählt, wählt Krieg“, fürchte ich und hoffe mich zu irren.

Wolfgang Bittners neues Buch enthält wichtige Hintergründe und Analysen

Kürzlich kam Wolfgang Bittners neues Buch „Deutschland – verraten und verkauft“ heraus (wir informierten: hier).

Es lohnt sich, es zu lesen – das sei vorausgeschickt. Wer bereits das Vorgängerbuch „Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“ (hier mehr dazu) kennt, kann auf dem dort Beschriebenen aufbauen.

Die im aktuellen Buch ausgeführten Hintergründe und die auf vom Autor akribisch betriebener Recherchen fußenden Analysen und daraus gespeisten Anmerkungen sind komprimiert auf 320 Seiten untergebracht. Bittner erklärte kürzlich in einem von Beweg Was! geführtem Interview, das Komprimieren des Inhalts sei eine gewohnte Arbeitsweise von ihm. Auch, um nicht zu umfangreich zu werden. Ohnehin ist es ja den Lesern dank praktischerweise an den Seitenunterrändern angeführten, genauen Quellenangaben möglich, sich weiterführend – noch umfangreicher zu unterrichten.

Der Druck auf Russland wird ständig erhöht

Wolfgang Bittner beginnt sein Buch mit dem Oberkapitel „Die geopolitische Bedeutung Eurasiens“ (S.15). Wir können die damit verbundene Brisanz tatsächlich tagtäglich verfolgen. Der Druck von NATO und USA, mitgetragen leider auch durch eine wie ein US-Vasall agierende Bundesregierung samt ihres unsäglichen Außenministers Heiko Maas, SPD (!), auf Russland wird ständig erhöht und dabei – durch das abermalige Hochkochen des Ukraine-Konflikts – nicht einmal vor gefährlichen Provokationen an den unmittelbaren Grenzen Russlands zurückgeschreckt. Wenn Bittner in diesem Kapitel auf „Die Herzland-Theorie“ von Halford John Mackinder (1861-1947) zurückkommt, so tut er das aus gutem Grund (hier mein Beitrag zu einer Veröffentlichung des Westend Verlags).

„Das Heartland (Pivot Area) liegt im Zentrum der Weltinsel und erstreckt sich von der Wolga bis zum Jangtsekiang und vom Himalaya zur Arktik. Mackinders Heartland war das Gebiet, das vom Russischen Reich regiert wurde, danach von der Sowjetunion, abzüglich der Halbinsel Kamtschatka.“ (Quelle: Wikipedia)

Zur Erinnerung, es gilt: „Wer das Herzland beherrscht, beherrscht die Welt.“ Um zum Kern dieser Aussage vorzudringen, müssen wir uns nur vorstellen, was sich allein in diesem geografisch umrissenen Gebiet für eine Menge an Bodenschätzen befinden. Hinzu gedacht die immense strategische Bedeutung für diejenige Macht, welche das Gebiet beherrscht!

Die auf das Herzland erpichten Kreise haben ihr Ansinnen, es zu beherrschen, in Wirklichkeit niemals aufgegeben. Erst mit dem Untergang der Sowjetunion tat sich für diese Kreise wieder ein Fenster zur Umsetzung ihres schändlichen Vorhabens auf. Nun erst recht scharren sie nervös mit den Füßen, seit das Chinesisch-russisches Infrastrukturprojekt „One Belt, one road“ Gestalt anzunehmen beginnt. Bittner befasst sich damit ab S.17.

Ein Regime-Change in Moskau hat der Westen im Auge

Mit aller Macht und allen möglichen Mitteln versucht der Westen deshalb auch einen Regime-Change in Moskau ins Werk zu setzen. Wenig glaubwürdig wird das damit eher bemäntelt denn begründet, man habe dabei Demokratie und Menschenrechte im Auge.

Die USA verhindern eine für beide Seiten gedeihliche Zusammenarbeit von Russland und Deutschland seit 100 Jahren

Über 100 Jahre währen auch schon die Bemühungen der USA eine gedeihliche und auf gegenseitigen Vorteil ausgerichtete Zusammenarbeit von Deutschland mit Russland zu vereiteln. George Friedman von Stratfor hat das vor Jahren unverblümt öffentlich geäußert (hier). Wer dies verinnerlicht, dem dürften gleißend helle Lichter aufgehen. Und zwar nicht nur rückblickend. Wir erleben ja gerade wieder einmal mit welch Mitteln die USA die Fertigstellung des für Deutschland wichtigen Pipeline-Projekt Nord Stream 2 torpedieren. Mit übler Unterstützung von deutschen US-Einflusspersonen wie Norbert Röttgen und Cem Özdemir sowie dessen Parteikollegen Reinhard Bütikofer. Mehr schlecht als recht wehrt sich die Bundesregierung gegen diese im Grunde unverschämte Einflussnahme seitens Washingtons. Wolfgang Bittner erkennt darin nicht zu unrecht ein „Musterbeispiel für mangelnde deutsche Souveränität“ (S.117). Noch dazu würden „Die Pipeline und der Fall Nawalny“ (S.121) wohl mit Vorsatz miteinander in Verbindung gesetzt, um einen Vorwand zum Stopp von Nord Stream 2 zu haben.

Aufrüstung gegen wen? Bittner: „Wen wundert es, dass Russland Gegenmaßnahmen ergriffen hat?

Im Kapitel „Aufrüstung – gegen wen?“ S.84 zeichnet der Autor ein Bild der Gefahren, die allein durch das absprachewidrige Heranrücken der NATO an die russische Grenze entstanden seien. Er weist auf eine Rede des damaligen US-Vizepräsidenten Joe Biden im Jahre 2014 hin, worin dieser erklärt hatte „man wolle Russland ruinieren, wenn es sich nicht den westlichen Kapitalinteressen öffne“.

Vereint gegen Aufrüstung und Frieden auftreten

Bittner schreibt – und heute ist es ja aktueller denn je: „Wen wundert es, dass Russland Gegenmaßnahmen ergriffen hat? Wer kann unter diesen Bedingungen noch ernsthaft leugnen, dass akute Kriegsgefahr herrscht? (S.85)“

Mit folgenden Sätzen mahnt der Autor: „Wichtig wäre, dass demokratische Organisationen wie Gewerkschaften, Kirchen, Universitäten, aber auch eine starke Friedensbewegung und sogar Fridays-for-Future für Frieden und Abrüstung eintreten.“ Schließlich gehe vom Militär, der Rüstungsindustrie und stattfindenden Kriegen existenzielle Gefahren für die Umwelt aus.

Putin reichte Europa die Hand zu Frieden und Zusammenarbeit

Entgegen den ständigen Provokationen des Westens erinnert Wolfgang Bittner explizit daran, dass Wladimir Putin 2001 in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag Europa die Hand zur Zusammenarbeit gereicht hatte. Der russische Präsident hatte seinerzeit angeboten, die Potenziale Russlands mit denen der anderen Teile Europas zu vereinigen.

Doch der Westen schlug diese Hand aus und provozierte stattdessen immer weiter. Sanktionen wurden gegen Russland verhängt. Der Grund: die angebliche Annektion der Krim. Wobei geflissentlich vergessen worden sei, dass die Krim (die lange zu Russland gehört hatte, bis später der ukrainischstämmige Parteichef Nikita Chruschtschow der UdSSR, wohl in einer Wodka-Laune, die Insel an die Ukrainische Sowjetrepublik verschenkte) der Ukraine verloren ging, weil zuvor der Maidan-Putsch – unter Beteiligung von Faschisten – eine gefährliche Lage geschaffen hatte. In dem Falle hätte nämlich die NATO und die USA wohl sehr baldin Sewastopol gestanden, wo die russische Schwarzmeerflotte liegt.

Dreiste Provokation des Europäischen Parlaments rief Präsident Putin auf den Plan

Und auch in letzten Jahren, so Bittner, hätten die Provokationen des Westens nicht nachgelassen. Das Parlament der Europäischen Union leistete sich ein besonders dreiste Provokation. Auf Initiative von 18 polnischen EU-Abgeordneten wurde Russland eine wesentliche Mitschuld am Zweiten Weltkrieg zugeschoben!

Ausgerechnet auf polnische Initiative! Wo doch das Polen und dessen Marschall Pilsudski ebenfalls Schuld auf sich geladen hatte. Und Polen, die Verfolgung von Juden gar nicht mal so unrecht gewesen war. Und Polen ebenfalls fremde Gebiete okkupiert hatte!

Der russische Präsident Putin, dokumentiert Bittner, habe diese Schuldzuweisung nicht auf sich beruhen lassen und mit einer Abhandlung reagiert.

Bittner zitiert, was Putin allen westlichen Politikern ins Geschichtsbuch geschrieben hat:

Die eigentlichen Ursachen des Zweiten Weltkrieges ergeben sich in vieler Hinsicht aus den Entscheidungen, die zu den Ergebnissen des Ersten Weltkrieges getroffen wurden. Der Vertrag von Versailles wurde für Deutschland zu einem Symbol tiefer Ungerechtigkeit. Tatsächlich ging es um die Beraubung des Landes, das den westlichen Verbündeten riesige Reparationen zahlen musste, die seine Wirtschaft erschöpften. Der Oberbefehlshaber der alliierten Armeen, Marschall von Frankreich, Ferdinand Foch, gab dem Versailler Vertrag eine prophetische Bezeichnung: ‘Das ist kein Frieden. Das ist ein Waffenstand auf 20 Jahre gerade die nationale Demütigung bildete den Nährboden für radikale und revanchistische Stimmungen in Deutschland.“

Bittner erklärt, er wolle keineswegs deutsche Schuld verkleinern oder gar verneinen. Jedoch zeigten veröffentlichte Dokumente, dass der Vorwurf, Deutschland trage die alleinige Schuld am Ersten Weltkrieg inzwischen nicht mehr haltbar seien. Betreffs des Zweiten Weltkriegs stehe natürlich die Verantwortung für die ungeheuren Verbrechen, welche Hitlerdeutschland verübte, zweifelsfrei und unverrückbar fest. Allerdings müsse auch betrachtet werden, dass Hitler ohne finanzielle Unterstützung aus den USA – wie den windigen deutsch-amerikanischer Geschäftsmann Ernst Hanfstaengle und anderen nicht die Stärke hätte erlangen können, zu der er letztlich gelangte.

Auch hier dürfte es wieder darum gegangen sein, Deutschland gegen die Sowjetunion in Stellung zu bringen. Um somit beide Staaten zu schwächen.

Wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die BRD zum Frontstaat gegen die Sowjetunion aufgebaut. Es hätte jedoch auch anders kommen können

Nicht zuletzt erinnert Wolfgang Bittner daran, dass auch die Art und Weise wie damals Christdemokrat Konrad Adenauer (knapp mit seiner eigenen Stimme (!) zur Mehrheit und auf den Posten des Bundeskanzlers gekommen). Dabei – da ist sich Bittner sicher – hätte die BRD mit einem Bundeskanzler Kurt Schumacher (SPD), dem Gegenkandidaten, ein ganz andere, wohl bessere Entwicklung genommen. So aber sei die junge BRD wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs sofort wieder als Frontstaat gegen die Sowjetunion und Brückenstaat der USA aufgebaut und benutzt worden. Dabei habe es ja 1952 die sogenannte Stalin-Note gegeben, wonach sogar schon Deutschland als Ganzes möglich gewesen wäre, wenn es sich wie Österreich zur Neutralität verpflichtet hätte.

Bittner regt an, sich genauer mit Geschichte zu befassen

Wolfgang Bittners wichtiges Buch regt seine Leser*innen unbedingt auch an, sich näher genauer mit Geschichte jenseits der geschriebenen offiziellen Geschichtsbücher und Lehrbücher zu beschäftigen. Denn vieles, was diese bzw. die Medien uns an Geschichtswissen vermittelt haben und zum Teil noch weiter vermitteln, weist Lücken auf, ist nur halb wahr oder ganz und gar falsch. Warum das so ist? Geschichte, sollten wir eigentlich unterdessen wissen, wird von den Siegern geschrieben.

Und so ist es sehr zu begrüßen, dass der russische Präsident Wladimir Putin – letztlich auf die empörende EU-Resolution betreffs der angeblichen Mitschuld der Sowjetunion am Zweiten Weltkrieg reagierend – angekündigt hat, weitere Archive seines Landes zu öffnen und die Erkenntnisse daraus auch westlichen Historikern zur Verfügung zu stellen. Da könnten noch unangenehme Details zutage treten!

Gleiches Tun wäre westlichen Ländern zu empfehlen. Doch da wird noch viel gemauert derzeit.

Ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben? Politiker leben in der „Berliner Blase“ statt in der Realität

Die CDU führte mal den Slogan „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ im Munde und ließ diesen auf ein Flugblatt (via CDU: hier) drucken. Im Kapitel „Die Berliner Blase“ (S.87) hat Bittner da eine anklagende Antwort. „Immer dringender“, führt er das Thema ein, „stellt sich die Frage: Wo leben führende Politikerinnen und Politiker?“ Und antwortet darauf: „Jedenfalls nicht in der Realität.“

Bittner: „Die ‘Volksvertreter’ schwadronieren, und sie ignorieren, dass mehr als zwanzig Millionen Menschen in Deutschland, das ist mehr als ein Viertel der Bevölkerung, am Rande oder unterhalb des Existenzminimums leben. Und es werden immer mehr.“

Wolfgang Bittner vermittelt einen umfassenden Überblick über die Hintergründe der derzeitigen weltpolitischen Situation. Auch Deutschlands Perspektive in Nach-Corona-Zeiten bleibt nicht unbesprochen

Auf den ersten Blick mag es provokant klingen, doch wird es von Wolfgang Bittner mit Fakten so schlüssig wie erstaunlich exakt belegt: Deutschland war und ist verraten und verkauft. Es sollte, findet Bittner, vielmehr weiter gute Beziehungen und eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit den USA unterhalten. Aber ein Austritt aus dem Aggressionsbündnis NATO hält der Autor für dringend nötig.

Diese zentrale Erkenntnis, das Deutschland ansonsten verraten und verkauft ist bzw. auch bleibt, vermittelt Bittner im Buch, indem er sich der Thematik gleichsam in konzentrischen Kreisen annähert. Wobei er stets darauf bedacht war, seine Aussagen mit Zitaten von Experten zu unterfüttern damit abzusichern. Die Leser*innen erhalten so einen umfassenden Überblick über die Hintergründe der derzeitigen weltpolitischen Situation. Auch Deutschlands Perspektive in Nach-Corona-Zeiten bleibt nicht unbedacht.

Weitere Stichworte sind neben dem bereits erwähnten Versailler Vertrag, die Weimarer Republik und Hitlers Aufstieg, das Versagen der Medien, aber auch die Corona-Krise in Verbindung mit dem sogenannten Great Reset. Auch die Profiteure der Corona-Krise bleiben nicht unerwähnt. Das vorliegende Werk bietet mit seinen zahlreichen Zitaten und Hinweisen einen unschätzbaren Fundus an politischem, kulturwissenschaftlichem und historischem Wissen.

Klappentext: Die USA maßen sich an, Einfluss auf alles zu nehmen, was in der Welt geschieht. Als höchstgerüstete Militärmacht setzen sie ihre wirtschaftlichen und strategischen Interessen rücksichtslos mittels völkerrechtswidriger Interventionen, Sanktionen und Kriegen durch. Deutschland, seit 1945 Frontstaat und Brückenkopf der USA, folgt weitgehend den Vorgaben aus Washington und macht sich mitschuldig. Politik und Gesellschaft, Organisationen und Medien, sogar Regierung und Parlament sind durchsetzt mit korrumpierten oder ideologisch befangenen Einflusspersonen, die nicht das Wohl der breiten Bevölkerung im Blick haben. Im Hintergrund agiert eine kleine Gruppe egomanischer Multimilliardäre, die sich als Weltelite versteht. Sie wirkt auf die Politik der westlichen Welt ein und verfügt über die dafür notwendigen Mittel und Hilfskräfte. Insofern ist es an der Zeit für eine fundamentale Umorientierung, wozu es zuvorderst umfassender Aufklärung bedarf.

Mögen die Schlussworte von Wolfgang Bittners Buch verstanden und beherzigt werden

„Es scheint so, als stehe die Katastrophenuhr, die von manchen auch Atomkriegsuhr oder Weltungergangsuhr genannt wird, auf kurz vor zwölf. Und die führenden Politiker Deutschlands beteiligen sich an diesem Katastrophenaufbau zum Schaden des eigenen Landes, das für die USA Brückenkopf und Frontstaat ist, anstatt ohne Wenn und Aber für Abrüstung und Verständigung mit Russland und China sowie für die Wahrung der Grundrechte einzutreten. Es ist davon auszugehen, dass sie wissen, was sie anrichten. Sie sollten zur Rechenschaft gezogen werden.“

Dem ist nichts hinzufügen.

Mein Fazit:

Unverzichtbarer Lesestoff! Wenn das Buch Schulstoff würde, fände ich es persönlich nicht verkehrt.

Und was das Buch auch vermittelt: Gebt euch nicht zufrieden, mit dem, was euch zuweilen das d i e

Wahrheit in Sachen Geschichte erzählt wird.

Und blicken wir heute in die Gegenwart hinaus, so sollten wir genau hinsehen. Heute wird abermals – wie schon oft in der Geschichte – gelogen und Tatsachen verdreht. So verschieden zu damals vor dem Ersten und auch dem Zweiten Weltkrieg geht es gar nicht. Es geht um Interessen. Niemals, wie Egon Bahr einmal Schülern gegenüber bemerkte, niemals um Demokratie und Menschenrechte.

Wolfgang Bittners Buch lässt uns – so es angesichts der Tatsachen nicht ohnehin bereits geschehen ist – die Frage aufrufen: Haben wir aus der Vergangenheit etwas gelernt? Die Antwort dürfte deutlich ausfallen. Schon wieder geschieht ähnlich Bedenkliches wie vor den letzten großen Weltkriegen. Und wir schauen zu? Woher haben eigentlich Politiker wie Frank-Walter Steinmeier oder Heiko Maas ihr Geschichtswissen bezogen? Und was treibt sie heute an, so definitiv fahrlässig zu handeln, wie sie handeln? Sind ihnen denn Egon Bahrs Worte und dessen Warnung, wir lebten in Vorkriegszeiten nicht zu Ohren gekommen?

Soeben las ich: Britische Kriegsschiffe seien ins Schwarze Meer unterwegs …

Über den Autor

Wolfgang Bittner lebt als Schriftsteller und Publizist in Göttingen. Der promovierte Jurist schreibt Bücher für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Er erhielt mehrere Preise und Auszeichnungen und ist Mitglied im PEN. Von 1996 bis 1998 gehörte er dem Rundfunkrat des WDR an, von 1997 bis 2001 dem Bundesvorstand des Verbandes deutscher Schriftsteller. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Vorderasien, Mexiko, Kanada und Neuseeland, Gastprofessuren 2004 und 2006 nach Polen. Wolfgang Bittner war freier Mitarbeiter bei Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk und Fernsehen und hat mehr als 60 Bücher veröffentlicht, zuletzt das Sachbuch „Der neue West-Ost-Konflikt – Inszenierung einer Krise“ und den Roman „Die Heimat, der Krieg und der Goldene Westen“.

Erschienen im Verlag zeitgeist am 19.3.2021, Broschur, 320 S. mit 33 Abbildungen, 19,90 €

Verlag zeitgeist Print & Online, Hermann-Geisen-Straße 1, 56203 Höhr-Grenzhausen,

Mehr zu diesem Buch: https://www.zeitgeist-online.de/deutschland-verraten-und-verkauft

Quelle: zeitgeist Verlag

Blumen für Stukenbrock 2020 – Bericht vom Tag des Gedenkens und Mahnens

In diesem Jahr stand die Mahn- und Gedenkveranstaltung „Blumen für Stukenbrock“ unter dem Motto „75 Jahr nach der Befreiung – Alles für den Frieden. Mahnen und Gedenken zum Antikriegstag 2020“.

Gruppe dess Fördervereins Gedenkstätte Internationales Rombergpark Komittee. Vorn Mitte: Eugen Drewermann und rechts neben ihm der stellvertretende Generalkonsul der Russischen Föderation Walerie Iwanowitsch Sidorow. Fotos: C. Stille

Die Gedenkveranstaltung erinnert alljährlich an die 65 000 in Stukenbrock von den Nazis dort zu Tode gequälten sowjetischen Kriegsgefangenen. Der Arbeitskreis „Blumen für Stukenbrock e.V.“ möchte damit die Erinnerung an das Kriegsgefangenenlager Stalag 326
und die sowjetischen Kriegsgefangenen, welche dort unermessliches Leid hatten erleiden müssen, wachhalten. Und so dazu beitragen, dass der Friede zwischen den Menschen und den Völkern erhalten bleibt bzw. ein für allemal erkämpft werden möge. Der Mord an den sowjetischen Kriegsgefangenen seinerzeit systematisch organisiert worden. Deren einzelnen Grabstätten und die Massengräber des sowjetischen Soldatenfriedhofs zeugen von dem unvorstellbaren Verbrechen, das die Wehrmacht an den Kriegsgefangenen verübte.
Eine Dortmunder Gruppe nahm zum wiederholten Male am Gedenken „Blumen für Stukenbrock“ teil. Den Bericht vom Vorjahr finden Sie hier.
Der Besuch am Gedenkort Stukenbrock wurde organisiert vom , Förderverein der Gedenkstätte Steinwache-Internationales Rombergpark-Komitee e.V. in Dortmund.
Die Gedanken des Arbeitskreises Blumen für Stukenbrock für die Mahn- und Gedenkveranstaltung zum Antikriegstag 2020 standen im Zeichen von „75 Jahre nach der Befreiung – Alles für den Frieden!“
Worte der Mahnung und des Gedenkens sprach in diesem Jahr als Hauptredner der Veranstaltung am 5. September 2020 Dr. Eugen Drewermann.

Eugen Drewermann.

Wie von dem bekannten Theologen, Friedenskämpfer, Psychoanalytiker und Schriftsteller nicht anders zu erwarten war, sprach er teils hochemotional eindringliche Worte der Mahnung. Zum Gedenken am Obelisken hatten sich etwa 300 Menschen, Bundes- und Landtagsabgeordnete, Kommunalpolitiker, Vertreter der Parteien SPD, DIE LINKE und der DKP, sowie der stellvertretende russische Generalkonsul Walerie Iwanowitsch Sidorow eingefunden. Das Gedenken begann mit Kranzniederlegungen. Der Toten wurde mit einer Schweigeminute gedacht.
Eine kluge, rührende, berührende, hochemotionale und aufrüttelnde Rede des Friedenskämpfers Eugen Drewermann
Man erinnere mit diesem Gedenken an ein Ereignis, so hob Drewermann an, „das nie mehr wiederkommen darf und soll, verbunden mit dem Wunsch, dass das, was wir hier tun, bundesweit zu einer Pflicht wird.“
Eugen Drewermann mahnte, das wir Deutsche 27 Millionen zu Tode gekommene Sowjetbürger zwischen 1941 und 1945 zu verantworten haben:

Für keinen einzigen hat die Bundesrepublik bis heute irgendetwas an Wiedergutmachung oder Bedauern gegeben oder geäußert.“
Die BRD sei 1949 als Aufmarschgebiet im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion gegründet worden. „Es war kein Ort des Friedens. Wir waren vereinnahmt als Befreite – im Grunde den Krieg zu Ende zu führen, damit Stalin gestürzt würde.“

Eugen Drewermann.

Drewermann appellierte:

Aus dieser Klammer müssen wir uns befreien. Und daran denken, was die Wirklichkeit war.“ Stukenbrock sei nur ein kleiner Ausschnitt des Verbrecherischen in Tat und Gesinnung, das „über Gesamtsowjetrussland herfiel und mit System zur Unterdrückung der slawischen Rasse und zu Okkupation ihrer Landfläche als Lebensraum im Osten für das faschistische Deutschland geplant und durchgesetzt werden sollte“.
Die sowjetischen Menschen seien in der Verteidigung gegen die Hitler-Armee nicht für Stalin gestorben, sondern, um eine Würde zu behalten, machte Dr. Drewermann klar.
Er erinnerte auch daran, dass der Obelisk, an welchem man sich nun versammelt habe, ursprünglich in einer Darstellung der gläsernen sowjetischen Fahne mit Hammer und Sichel „gegipfelt“ habe. „Das durfte nicht sein“, so Drewermann „und gibt es bis heute nicht“. Die Fahne der Roten Armee bedrohte uns nicht, wenn wir sie interpretierten: „Wir erinnern uns an Menschen, die ihren Stolz nicht verlieren wollten, die nicht Sklaven werden wollten. Und für Werte eintraten, die sie in ihren Herzen fühlten.

Russland ist ein Teil Europas“
Eugen Drewermann unterstrich ohne Wenn und Aber: „Russland ist ein Teil Europas.“ Man könne das bezüglich der Frage debattieren, ob die Pipeline Nordstream 2 zu Ende gebaut werden soll und ob wir uns wirklich wirtschaftlich abhängig werden oder machen sollten von Russland. „Die Nawalny-Affäre nimmt man zum Vorwand, das Ganze zu stoppen.“
Es wären doch gemeinschaftlichen wirtschaftliche Interessen – ein gemeinsamer Korridor, der uns verbinden könnte und „die simpelste Vernunft“. „Aber darf das sein?“
Weshalb er daran erinnere, „dass Russland und Westeuropa kulturell eine Einheit sind“. Die deutsche Literatur sei nicht zu denken ohne Puschkin, ohne Dostojewski, ohne Tolstoi, ohne Gorki. Es sei nicht möglich zu begreifen, wie man spricht, „ohne sich dieser Geister zu erinnern“.

Es kann Frieden nur geben im Einklang mit Russland!“
Aus tiefster Seele heraus mahnte Eugen Drewermann: „Es kann Frieden nur geben im Einklang mit Russland!“

Ein nachdenklicher Eugen Drewermann.

Drewermann erinnerte an verpasste Chancen: 1989 sei es der Russe Michail Gorbatschow gewesen, der den Vorschlag der Entmilitarisierung und Abrüstung vom Ural bis zum Atlantik ins Gespräch brachte. Frieden in ganz Europa sei möglich gewesen: „Wir hätten nur zugreifen müssen!“ Doch mit Busch dem Älteren sei das nicht zu machen gewesen. US-Außenminister James Baker habe Gorbatschow versprochen, die Nato werde sich nicht einen Zentimeter nach Osten bewegen. Drewermann: „Eine glatte Lüge! Wir sehen Tag für Tag das Gegenteil.“
Eine Alptraum: Sicherheit sei, wenn wir mit Atombewaffnungen einen Schrecken verbreiten könnten, der die ganze Welt vernichten könnte. Nur dann wären wir sicher. Bei millionenfachen Mordpotential könnten wir ruhig schlafen? Dr. Drewermann fragte: „Was für einen Sprung in der Schüssel haben eigentlich Leute, die sich diese Art von Sicherheit ausdenken?! Die sind gemeingefährlich!“
Eugen Drewermann führte die Behauptung des Westens, Putin bedrohe uns, ad absurdum und zieh sie der Lüge, indem er die enormen Rüstungsausgaben von Nato und USA denen vergleichsweise mickrigen von Russland – die freilich auch für bessere Zwecke genutzt werden könnten – gegenüberstellte.
Der Friedenskämpfer Drewermann erinnerte auch daran, dass Putin „auf sogenannten Sicherheitskonferenz in München davor warnte, in den Kalten Krieg zurückzufallen“. Mittlerweile seien wir dabei ihn zu favorisieren.
Drewermann: „Aus den Teufelskreis des Wahnsinns müssen wir herauskommen, oder wir ziehen ewig die falsche Lehre aus dem 2. Weltkrieg und aus Stukenbrock!“
Wir könnten ungeheure Mittel zur Lösung der Probleme einsetzen auf dieser Erde. Wir müssten vom Militär freilich Abschied nehmen. Die dritten Lektion sei dies, die wir lernen müssten neben diesen: „Russland gehört zu Europa, die Militarisierung der Außenpolitik muss beendet werden.“ Und: „Wir sollten heute lesen Kants Ideen zum ewigen Frieden – etwas ganz einfaches“, empfahl Eugen Drewermann. Abrüsten sei das Gebot der Stunde.
Die US-Airbase Ramstein müsse geschlossen werden, um die Drohnenmorde zu beenden, wie Büchel geschlossen werden müsse, um die dort lagernden US-Atomwaffen loszuwerden. Immerhin, brachte Drewermann in Erinnerung, habe Guido Westerwelle als Außenminister genau das Letztere vorgeschlagen.
Mit Bundeskanzlerin Merkel aber sei das nicht gegangen, weil sie – „amerikahörig“ – dies nicht gewollt habe.
Und, sagte der Friedenskämpfer, „dass wir uns eigentlich dagegen sträuben sollten, darüber zu debattieren, ob man mit oder ohne Maske in die Schule geht. Bundeswehroffiziere, die im Auftrag von Frau Annegret Kramp-Karrenbauer sechzehnjährigen Mädchen beibringen, dass das Töten von Menschen im Militär ein ganz normaler Beruf ist, gehören in überhaupt keine Schule! Weder mit noch ohne Maske.“

Eugen Drewermann erhält aus den Händen von Hubert Kniesburges einer Gedenkmünze.

Es bleibe, meinte Drewermann, zu fragen, was die politische Verantwortung und das politische Richtmaß für einen Politiker sei.

Er steht in der Öffentlichkeit. Also gibt einen einzigen Imperativ: er muss so handeln, dass die Absicht seines Handelns jederzeit öffentlich gemacht werden könnte. Wenn das nicht ist, wenn die Lüge normal ist, die Spionage, die Geheimdiplomatie, das Agententum – kann Politik moralisch nicht verantwortet werden.“

Wir weigern uns ganz simpel den Lügen noch zu glauben. Auslandseinsätze der Nato, der Bundeswehr sind keine Friedensmissionen. Krieg ist nicht Frieden! Und humanitäre Verantwortung kann nicht darin bestehen, in Afghanistan, in Libyen, in Syrien, in Somalia – wo immer Sie hingucken – deutsche Beiträge zu leisten, um Länder zu okkupieren und umzuformen, weil sie gerade da liegen, wo die Rohstoffe sind, Durchfahrtswege für die Handelszonen sind. Weil wir uns bedienen. Das Zeitalter des Kolonialismus hat zu Ende zu sein!“
Eine kluge, rührende, berührende, hochemotionale und aufrüttelnde Rede des Friedenskämpfers Eugen Drewermann. Ihm, der nun bereits zum zweitem Male seine Verbundenheit mit der Gedenkarbeit in Stukenbrock unter Beweis stellte, wurde an diesem 5. September eine Gedenkmünze des Arbeitskreises „Blumen für Stukenbrock“ überreicht.

Die Rede von Eugen Drewermann (via Linkes Forum Paderborn/You Tube)

Hubert Kniesburges: Der 8. Mai, der Tag der Befreiung, muss bundesweit zu einem gesetzlichen Feiertag werden!

Hubert Kniesburges forderte einen bundesweiten gesetzlichen Feiertag: 8. Mai Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus.

Hubert Kniesburges vom Arbeitskreis „Blumen für Stukenbrock“ brachte die Frage auf, warum nach den furchtbaren Erfahrungen aus dem 2. Weltkrieg und dem Leid, dass durch deutsche Schuld den Menschen in der Sowjetunion zugefügt wurde, die Freundschaft zu den Menschen in Russland nicht zu einer Staatsdoktrin unseres Landes wird, wie es nach dem Morden an 6 Millionen Juden durch Deutsche mit jüdischen Volk der Fall sein.
Das sei geschichtsvergessen und des Revanchismus verdächtig, wenn nun neue Weltmachtgelüste die deutsche Politik bestimmen und Aufrüstung und Militärmanöver von Russland erneut als Bedrohung empfunden werden müsse.
Kniesburges skandalisierte das Aufkommen eines neuen Revanchismus, Chauvinismus, Antisemitismus und Antiziganismus und, dass alle möglichen Ideologien zur Begründung von sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Ausgrenzung Konjunktur hätten. „Die soziale Spaltung der Gesellschaft hat ein Ausmaß erreicht, indem das die Angst vor dem Abstieg, Anpassungsdruck und Ausgrenzung erhöht. Wir erleben, dass Grundrechte immer weiter eingeschränkt werden. Die Erfolge der rechten Parteien haben den politischen Diskurs nach rechts verschoben.“
Hubert Kniesburges: „Der Tag der Befreiung von Krieg und Faschismus, der achte Mai, sollte uns allen – vor allen den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft – Anlass zu erhöhter Wachsamkeit sein. Der achte Mai muss bundesweit zu einem gesetzlichen Feiertag werden!“
Jochen Schwabedissen verlas eingelangte Grußworte
Jochen Schwabedissen vom Arbeitskreis „Blumen für Stukenbrock“ verlas zwei Grußworte von Menschen, die dem Gedenkort seit Jahrzehnten sehr verbunden sind. Zunächst eines von Walburg Schröder, der Ehrenvorsitzenden der Deutsch-Russischen Gesellschaft Rhein-Ruhr, die dem Arbeitskreis

Jochen Schwabedissen verliest Grußworte.

für die friedenspolitische Arbeit dankt.
Ein zweites Grußwort hatte den Arbeitskreis aus Moskau erreicht. Es stammt von russischen Zusammenschluss der Veteranen des letzten Weltkrieges, einer großen offiziellen Organisation. Unterschrieben von Professor Wladimir Naumow, der von der deutschen Wehrmacht als Kind verschleppt worden ist in die Nähe von Stukenbrock mit seiner ganzen Familie. Und der als minderjähriger Zwangsarbeiter in Stukenbrock hatte arbeiten müssen. Naumow schrieb: „Wir, die letzten lebenden Zeugen der Tragödie des zweiten Weltkrieges, die ehemaligen minderjährigen Häftlinge des deutschen Faschismus, die gewaltsam in die Konzentrationslager und Arbeitslager des faschistischen Deutschlands verschleppt und in ihnen gelitten haben, wenden uns mit diesem Aufruf an Sie.“
Man danke mit Hochachtung dafür, dass auch junge Menschen in Stukenbrock die Erinnerung an das Leid der Sowjetmenschen weiter hochhielten und sich für die deutsch-russische Freundschaft und die Völkerfreundschaft insgesamt einsetzen.

Vorn der Kranz des Generalkonsulats der Russischen Föderation.

Einmal mehr eine gelungene Gedenkveranstaltung in Stukenbrock, der diesmal auch das Wetter hold war.

Weitere Fotos vom Gedenken

Die Kränze des NRW-Landtagspräsidenten (links) sowie des NRW-Ministerpräsidenten (rechts)

Kranz vom Internationalen Rombergpark Komittee.

Friedensaktivist und Ostermarsch-Rhein-Ruhr-Veteran Willi Hoffmeister aus Dortmund.

Hermann Ploppa: „Der Griff nach Eurasien“. Ein „Aufrüttler“ im Sinne des Kantschen Sapere aude

Geschichtsunterricht wie wir ihn in der Schulzeit erlebten oder Historie uns durch die Medien vermittelt wird – all das ist immer auch von dem System in welchem wir leben und somit von den Interessen der jeweils Herrschenden geprägt. Da wird Ereignissen viel Raum gegeben, andere Geschehnisse aber werden wiederum nicht selten eher ausgeblendet. Offenbar weil sie nicht ins jeweilige ideologische Korsett passen. Auch in Fernsehdokumentationen – Ausnahmen bestätigen die Regel – wird uns nicht immer alles nahe gebracht, was eigentlich dazu gehörte, um das große Ganze zu verstehen. Erst recht nicht bei den Filmchen eines gewissen Guido Knopp im ZDF. In unseren Tagen müssen wir sogar Geschichtsklitterung erleben, das die Schwarte nur so kracht. Da werden ganz und gar Staaten wie die Sowjetunion, die im Zweiten Weltkrieg 27 Millionen Tote durch das Toben des Hitlerfaschismus in ihrem Land hatte beklagen müssen – ein glasklares Opfer des Hitlerregimes also -, je weiter die Zeit voranschreitet, unverblümt fast zum Täter „umgerubelt“. Wohl um das heutige Russland unter Putin zu dämonisieren.

Schwarzweiß ist Geschichte selten

Oft bekommen wir ein Schwarzweißbild präsentiert, das anscheinend – auf den ersten (unkritischen) Blick zumindest stimmig ist: Da die Bösen, hier die Guten. Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht. Doch so einfach verläuft Geschichte nicht. Da gibt es Querverbindungen. Lernt man mit der Zeit. Es gibt nämlich immer Interessen. Um die von Staaten. Und die von einzelnen Personen. Sowie die von großen Konzernen und Banken. Diese Beziehungen bestehen gar nicht selten immer auch sogar noch weiter, wenn einzelne Länder Krieg miteinander führen. Da wird es dann schon schwerer, zu sagen, wer hier der Böse, wer der Gute ist. Und in Geschichtsbüchern macht sich so manches halt dann furchtbar schlecht, wie man sich vielleicht denken kann. Deshalb wird Geschichte gerne „geglättet“. Geschehnisse werden „eingeordnet“. Von wem ist da die Frage. Schreiben doch – wie es nicht falsch heißt – die (jeweiligen) Sieger die Geschichte.

Egon Bahr wusste das aus eigener, großer politischer Erfahrung Schüler*innen mitzuteilen. Und raubte ihnen damit womöglich Illusionen:

„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“

Heute ist das nicht anders.

Wenn das eigene Weltbild erschüttert wird

Wenn man dann im Verlaufe der Zeit etwas erfährt, was nicht so recht in das einen von Schule und Medien und Politik vermittelte Geschichtsbild passt, kann zweierlei passieren: Man macht entweder sofort die Schotten dicht, um nicht das eigene Weltbild, das einen übergeholfen, eingelernt wurde, erschüttern – wenn nicht gar beschädigen zu lassen. Oder es kommt zu einem Aha-Effekt, der einen neugierig werden lässt, mehr zu erfahren. Und man öffnet sich den neuen Informationen mit offen stehendem Mund. Wenn auch zunächst vielleicht mit leichter Skepsis. Letzteres traf auf mich zu. Zweifel zu haben – an allem und jeden – ist ja durchaus nie verkehrt, sogar in jeder Sache angebracht. Riet nicht schon Karl Marx einst seinen Töchtern: An allem ist zu zweifeln?

Ein Schlüsselerlebnis: Die USA torpedieren seit über 100 Jahren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland

Nicht zuletzt ließ mich um 2014 herum die Entwicklung der Ukraine-Krise aufhorchen. Irgendwann dann stieß ich nämlich im Netz auf den Vortrag von George Friedman (Beratungsinstitut Stratfor). Ein Schlüsselerlebnis für mich. Friedman hielt am 4. Februar 2015 einen einstündigen Vortrag (Video mit deutscher Übersetzung via You Tube) vor dem Chicago Council on Global Affairs und plauderte ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen aus dem Nähkästchen. Kernaussage: Die USA torpedieren seit über 100 Jahren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Frei von der Leber weg sagte Friedman auch warum: Deutschland hat das wissenschaftlich-technische Knowhow, Russland ist äußerst reich an Bodenschätzen. Und, wenn die beiden Ländern zusammenarbeiten … Den Rest kann man sich einleuchtend ausmalen.

Halford John Mackinder: Wer das Herzland beherrscht, beherrscht die Welt“

Untermauert und somit unmissverständlich kristallklar werden diese Äußerungen George Friedmans durch die „Heartland-Theorie“ von Halford John Mackinder“. Einem erstmals vor nunmehr 115 Jahren verfasstem Text „The Geographical Pivot of History“ und von Mackinder vor der Geographical Society in London referierten und im April 1904 erstmals in „The Geographical Journal“ (London) veröffentlichtem Beitrag. Mackinders historischer Text ist in seiner Bedeutung nach wie vor hochgradig aktuell. Weshalb es dem Westend Verlag hoch anzurechnen ist, diesen Text nun wieder und auf Deutsch veröffentlicht (mit einem Vorwort von Willy Wimmer) zu haben. Dazu meine Rezension.

Nach Mackinder heißt es: „Wer das Herzland beherrscht, beherrscht die Welt.“ Um zum Kern dieser Aussage vorzudringen, müssen wir uns nur vorstellen, was sich allein in diesem geografisch umrissenen Gebiet für eine Menge an Bodenschätzen befinden. Hinzu gedacht die immense strategische Bedeutung für diejenige Macht, welche das Gebiet beherrscht!

Nun müssen wir nur noch die derzeitige politische Lage und die aktuellen weltpolitischen Ereignisse ins Kalkül ziehen und uns wird manches wie Schuppen von den Augen fallen.

Mackinders „Der Schlüssel zur Weltherrschaft. Die Heartland-Theorie“ als Ouvertüre zur Lektüre von Hermann Ploppas „Der Griff nach Eurasien“

Meiner Meinung nach kann es nicht von Schaden sein, „Der Schlüssel zur Weltherrschaft. Die Heartland-Theorie“ von Mackinder vor dem neuesten Buch von Hermann Ploppa „Der Griff nach Eurasien“, das ich hier besprechen will, zu lesen. Als Ouvertüre gewissermaßen. Übrigens hat Ploppa das Buch Julian Assange gewidmet.

Aufwendige, akribische Recherchen, die man Hermann Ploppas Buch anmerkt

Vorweg: Hermann Ploppa ist sehr für das Schreiben dieses Buch zu danken, das über viele Jahre aufwendiger Recherche bedurfte, nach und nach reifte und schließlich als ein sehr umfassendes Kompendium wichtiger geschichtlicher Ereignissen inklusive Analyse mit den dazugehörigen von Ploppa akribisch aufgeführten, aufgehellten Hintergründen erschien.

Vorsicht! Dieses Buch könnte Sie verunsichern

Wie schon das Buch „Hitlers amerikanische Lehrer“, ist auch dieses neue Buch von A bis Z wieder ein Buch, dass Aha-Effekte en masse bei uns Leser*innen auslöst. Sicher aber auch Kritik der üblichen Verdächtigen nach sich ziehen dürfte. Und aus diesem kühlen Grund von gewissen Medien wohl verschwiegen werden wird. Sei’s drum: Das Buch wird seinen Weg machen. Denn dieser neue Ploppa rüttelt kräftig an jahrzehntelang festgefügten Geschichts- und Weltbildern, indem er Zusammenhänge ins Licht rückt, die manchem nicht genehm sein werden, weil er sie nicht auf dem Zettel bzw. ausblendet hatte, weil sie nicht zur jeweiligen ideologischen Haltung bzw. nicht zur veröffentlichten Geschichtsschreibung passt. In diesem Sinne muss den Leser*innen der Hinweis zugerufen werden: Dieses Buch könnte sie unter Umständen verunsichern!

Aufwachhilfe

Andererseits muss aber auch dick unterstrichen gesagt werden: Das Buch hilft beim Aufwachen, um zu verstehen, was momentan schon wieder an Bedenklichem, den Weltfrieden Bedrohendem geschieht. Seien wir nicht länger Schlafschafe – lesen wir dieses Buch im Sinne von Kants Sapere aude: Befreien wir uns aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit. Melden wir uns hernach zu Wort!

Hermann Ploppa führt in diesem Buch sehr deutlich aus, das Eurasien schon immer das Objekt der Begierde von Machtstrategen war und geblieben ist. „Der Krieg“, lesen wir im Klappentext, „gegen Russland bzw. die Sowjetunion als Kernland Eurasiens findet sein über 100 Jahren statt. Man erinnere sich an die anfangs erwähnten Herren Mackinder und Friedman! Bei der beabsichtigten Eroberung Eurasiens spielte Deutschland eine entscheidende Rolle. Denn weder England noch die USA können ohne einen kontinentalen Juniorpartner die eurasische Kontinentalplatte aufrollen.

Unter diesem Aspekt ordnet Ploppa die Nazidiktatur als „Subunternehmer“ der Westmächte ein.

Mit Jelzin glaubte man die Russen (und dessen Bodenschätze) in der Tasche zu haben, doch Putin „drehte das Ruder wieder energisch herum“

Und es stimmt: „Der Griff nach Eurasien“ enthüllt bislang weitgehend unbekannte Kriegspläne gegen die Sowjetunion. Atomar wollte man sie sozusagen auslöschen. Nicht lange nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, da das Land nach der Hitler-Invasion geschwächt in Schutt und Asche und am Boden lag.

Nach zwei heißen Weltkriegen und einem Kalten Krieg schienen die USA und England in der Ära Jelzin endlich am Ziel ihrer Wünsche angekommen zu sein. Doch Putin drehte das Ruder wieder energisch herum. Dennoch steht die NATO heute wenige hundert Kilometer vor Moskau.

Und auch betreffs des kommenden Manövers „Defender20“ – dessen Stoßrichtung doch eindeutig gen Osten und damit nach Russland weist, will man uns weismachen, es richte sich gar nicht gegen Russland. Ja, haben wir denn die Hosen mit der Kneifzange angezogen?!

Es gab und gibt immer noch Alternativen zur Konfrontation mit Russland“

Aber Ploppa geht noch tiefer in der Geschichte zurück. „Es gab und es gibt immer noch Alternativen zur Konfrontation mit Russland. Ploppa erinnert an die heute längst vergessene Geschichte der Zusammenarbeit von Frankreich, Deutschland und der damaligen Sowjetunion. Es begann mit Rapallo. Es folgten ernsthafte Versuche de Gaulles, Chruschtschows, Adenauers oder Ehrhards, die künstliche Spaltung Europas friedlich zu überwinden.“ Nicht zu vergessen die Entspannungspolitik Willy Brandts zusammen mit bereits hier genanntem Egon Bahr. „Und die deutsch-russische Zusammenarbeit war mit der Annäherung von Kohl und Gorbatschow noch lange nicht zu Ende.

Hermann Ploppa plädiert dafür, sich der gerade entstehenden neuen Weltordnung mit China, Indien und Russland als neuen großen Akteuren zu öffnen und konstruktiv an einer demokratischen und humanistischen Welt mitzuarbeiten.“

Fürchtet euch nicht! Wir könnten aus der Nummer herauskommen

Klar: Das Geschichtsbuch von Hermann Ploppa öffnet einen nicht nur gehörig die Augen – es mag durchaus auch dazu beitragen, enttäuscht darüber, wie wir von anderen, von den Medien, Geschichtslehrer*innen und herrschender Politik nicht in Gänze informiert worden sind, leicht deprimiert zurückbleiben. Doch, fürchtet euch nicht! Aus diesem Grunde – uns verzagt zu machen – hat Ploppa das Buch nämlich nicht geschrieben. Im abschließenden Kapitel „Und wie kommen wir jetzt aus dieser Nummer heraus?“ (S.354) beschönigt er zwar nichts: „Denn in ihrer Uneinsichtigkeit in die Vergänglichkeit aller Weltreiche sind die USA durchaus in der Lage, uns in ihrem Sterbenskampf noch mit in den Sarg zu zerren. Konkret heißt das: sie könnten einen atomaren Erstschlag ausführen, wenn sie merken, dass ihre Zeit abgelaufen ist.“

Und, gibt er zu bedenken: „Wir in Deutschland sind abgetrennt von unseren natürlichen Verbündeten, den Russen. Zwischen ihnen und uns befinden sich die Intermarium-Staaten. Und die sind offenkundig noch weit entfernt von jener heilenden Erleuchtung, dass sie im Falle eines Krieges die ersten sind, die möglicherweise ausgelöscht werden.“ Zum Intermarium („Zwischen den Meeren“) hier mehr.

Ploppa hält aber auch Vorschläge bereit, wie Alternativen aussehen könnten bzw. seiner Meinung nach aussehen müssten. So müsse darauf hingearbeitet werden, dass unsere „Regierung endlich eine Politik der Blockfreiheit anstrebt“ (S.355). Des Weiteren sei es dringend erforderlich, „dass sich Denkfabriken bilden, die eine alternative Politik entwickeln.“ Denn immer wieder demonstrieren „und dann nach Hause gehen“ habe in den vergangenen Jahrzehnten „zwar etwas gebracht, aber letztlich fehlte es immer an einer schlagkräftigen Strategie, die für Nachhaltigkeit sorgt“.

Ploppa appelliert an uns: „Wir müssen aus der NATO und aus der Europäischen Union austreten, bevor die Panzer gen Osten rollen.“ Auch scheute er – das mag von der Wirkung her – umstritten sein, „den Dexit zu fordern, also den Austritt Deutschlands aus der EU.“ Aus seinen Ausführungen im Buch geht hervor, dass die EU seiner Meinung nach eine Top-Down-Veranstaltung“ mit demokratischen Defiziten ist, die „uns ohne jede Legitimation aufgezwungen wurde, und die nicht uns dient sondern den Konzernen aus Übersee.“ Hermann Ploppa sieht die Nation „mitnichten“ als „obszönes rechtes Projekt“ und beugt so gewiss aufkommenden Anwürfen vor. Ploppa:

„Wir müssen uns kurzschließen mit den Ländern, die ein zivilisatorisches Konzept verfolgen. Wir sollten aus der leidvollen Geschichte lernen. Wir haben in Zentraleuropa eine Kultur des Miteinanders, der Rücksichtnahme und des Humanismus geerbt. Wir haben die Verpflichtung, uns dieses großartigen Erbes zu besinnen. Dieses Erbes selbstbewusst gegen die marktradikale und militaristische Offensive zu verteidigen.“

Ploppa meint hoffnungsvoll: „Wenn wir uns selber wieder lieben lernen, können wir auch andere wieder lieben und eine liebevolle Welt erschaffen.“

Möge das – wie ich finde – wichtige Buch als „Aufrüttler“ dazu beitragen. Denn womöglich ist dementsprechendes Handeln eilends angesagt!

Das Buch schließt mit vielen Anmerkungen sowie Quellen- und Literaturhinweisen ab. Sie machen deutlich, was das Buch für eine unglaubliche Fleißarbeit gewesen sein muss. Diese Anmerkungen können auch online eingesehen werden.

Das Buch:

Der Griff nach Eurasien. Von Hermann Ploppa

Mit großer Beunruhigung sehen wir, wie die Kriegsvorbereitungen gegen Russland gnadenlos vorangehen. Truppen sind unablässig auf den Weg zur russischen Grenze. Währenddessen sollen die Atomwaffen, die im deutschen Büchel gelagert werden, erneuert und ausgetauscht werden. In diesem Zusammenhang wird oft eine Abkehr von der guten alten Entspannungspolitik beklagt. Damit sind wir bereits auf ein irreführendes Narrativ hereingefallen. Die sogenannte Entspannungspolitik war auch nur eine Kriegsführung mit subtileren Mitteln.“ Hermann Ploppa

ISBN 978-3-9812703-4-1    Achtung Preisänderung durch Verlag ! 24,00 €  Portofrei  

Der Autor (Informationen via Rubikon)

Hermann Ploppa ist Politologe und Publizist. Er hat zahlreiche Artikel über die Eliten der USA veröffentlicht, unter anderem über den einflussreichen Council on Foreign Relations. 2008 veröffentlichte er „Hitlers Amerikanische Lehrer“, in dem er bislang nicht beachtete Einflüsse US-amerikanischer Stiftungen und Autoren auf den Nationalsozialismus offenlegte. Sein Bestseller „Die Macher hinter den Kulissen – Wie transatlantische Netzwerke heimlich die Demokratie unterwandern“ sorgt nach wie vor für angeregte öffentliche Diskussionen.

„Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“ von Wolfgang Bittner – Rezension

https://www.youtube.com/watch?v=eVuVw-SlEvQ&feature=emb_logo

Wir waren zu zuversichtlich um 1989 und gingen in die 1990er Jahre hinein mit der Überzeugung nun würde alles gut. Vorbei die Konfrontation der Blöcke. In der DDR war es zur sogenannten Wende gekommen.Und auch die anderen Staaten des Ostblocks, die sich wie die DDR als sozialistisch verstanden hatten (heute wissen wir: einen Sozialismus hat es es bislang nicht gegeben) gingen quasi von der Fahne. Das gemeinsame Haus Europa, von dem Michael Gorbatschow gesprochen hatte, würde anscheinend in Kürze Realität werden. Dachten wir! Dann zerbrach die Sowjetunion. Der Warschauer Vertrag löste sich auf. Die Nato nicht. Der erste große Fehler. Heute wissen wir warum. Der Westen hatte gesiegt, konnte aber nicht aufhören zu siegen.

Vorbemerkungen

Neulich gab Reiner Braun (International Peace Bureau) auf einer Friedenstagung in Essen zu bedenken, wie ich berichtete: „„Von Anfang an habe die Nato dazu gedient, die Sowjetunion wieder zu einem Russland zurückzudrängen. Auch, indem man die Länder des Ostblocks zu „befreien“ vorgab. Die Nato habe aktiv daran gearbeitet das die Linksregierungen in Frankreich und Italien beendet wurden. Auch habe die Nato in den 1950er und 1960er Jahren eine aggressive Atomwaffenstrategie (mit dem Ziel eines Ersteinsatzes (!) von Atomwaffen) verfolgt. Eine Nato-Direktive habe sogar den Titel „Atombombenziel Sowjetunion“ getragen. Eingezeichnet gewesen seien da auf einer Karte die 200 größten Städte und Orte der UdSSR. Der Vorwurf seitens der Nato betreffs einer atomaren Vorrüstung der Sowjetunion sei stets eine Lüge gewesen. Immer habe Moskau auf westliche Vorrüstung reagiert und nachgerüstet.“

Kathrin Vogler (MdB DIE LINKE) ergänzte auf der selben Tagung: Und „erinnerte an einen Vorschlag des einstigen Nato-Generalsekretärs Manfred Wörner, der im Mai 1990 vom Aufbau einer neuen europäischen Sicherheitsstruktur, die die Sowjetunion und die Staaten des Warschauer Paktes umfassen sollte, gesprochen habe.

Damals sei auch Wörner davon ausgegangen, dass das (leider Gorbatschow nicht schriftlich) gegebene Versprechen, die Nato würde sich nicht über die damalige „kleine“ BRD hin gen Sowjetunion ausbreiten, gelte. Der Status quo sehe heute bekanntlich ganz anders aus.“ Voglers Fazit: „Die anfängliche Euphorie verflog, der Drang nach Osten blieb.“

Die Nato rückte immer näher an Russland heran. Heute stehen 150 Kilometer vor St. Petersburg deutsche Soldaten. Nahezu umzingelt ist die Russland inzwischen.

Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“ – Das neue Buch von Wolfgang Bittner

Wolfgang Bittner, Schriftsteller und Publizist, hat ein interessantes neues Buch vorgelegt, in welchem er sich u.a. mit der weiteren Geschichte nach 1989/90 beschäftigt. Es trägt den Titel „Der neue West-Ost-Konflikt. Inszenierung einer Krise“. Die Reihenfolge der Himmelsrichtungen ist mit Bedacht gewählt. Und wenn wir genau rekapitulieren, was gelaufen ist, müssen wir Bittner zustimmen: Der neue, immer von herrschender westlicher Politik und den einflussreichsten Medien weiter eskalierte Konflikt hat eine West-Ost-Richtung.

„Der Nordatlantikpakt hat seine Bestimmung als Verteidigungsbündnis längst eingebüßt“, so der Autor, und tritt heute als Aggressor auf: Nato-Osterweiterung, der Krieg gegen Jugoslawien, Anti-Russland-Propaganda, wirtschaftliche Sanktionen oder auch die drastische Erhöhung des Militärhaushalts.“

NATO schon immer Aggressionsbündnis

In puncto des Begriffs „Verteidigungsbündnis“ meldete Reiner Braun in Essen Zweifel an. Aus meinem Bericht: „Dies werfe die Frage auf: „Ist eigentlich dieses Bündnis immer noch, oder war es jemals ein Verteidigungsbündnis?“ Er würde gerne behaupten, so Braun, dass die Nato schon seit ihrer Existenz ein Aggressionsbündnis war. Es sei immer gegen die Ergebnislage des Zweiten Weltkriegs vorgegangen.“

Fakt ist – das müssen wir uns bei genauer Überlegung nach längerer Rückschau eingestehen, was auf der Rückseite des Covers von Bittners aktuellem Buch zu lesen steht: „Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit, hat sich nach Ende des Kalten Krieges eine neuer West-Ost-Konflikt herausgebildet – die NATO gegen Russland -, der zu eskalieren droht.“ Und weiter: „Von westlichen Politikern gibt es kaum Bemühungen, zu dessen Entschärfung beizutragen, im Gegenteil. Der Konflikt ist so gewollt, meinte Wolfgang Bittner und belegt dies anhand vieler Beispiele – auch ganz aktueller.“

Bittner: Wladimir Putin hat bisher versucht westlicher Aggressionspolitik mäßigend entgegenzuwirken

„Dabei“, schreibt Bittner in seiner Vorbemerkung (S.11), „ist nicht zu übersehen, dass Wladimir Putin bisher versucht hat, der westlichen Aggressionspolitik mäßigend entgegenzuwirken und ein zuträgliches Verhältnis zu Westeuropa, insbesondere zu Deutschland, zu bewahren.“ Stets hat Putin uns die Hand ausgestreckt. Erinnern wir uns doch nur einmal an die Rede des russischen Präsidenten im am 25. September 2001 im Deutschen Bundestag? Näheres auf S.14.

Da muss ich Bittner unumwunden Recht geben. Im vorangegangenen Kalten Krieg sprachen beide Seiten wenigstens miteinander. Heutzutage sind die Fronten verhärtet (worden). Institutionen, die den Dialog fördern verkümmern zusehends. Von Ausnahmen, wie beispielsweise dem Petersburger Dialog, wo Einzelpersonen sich noch Mühe geben miteinander im Gespräch zu bleiben, einmal abgesehen. Persönlich empfinde ich den neuen Kalten Krieg als wesentlich gefährlicher als den alten. Selbst die Gefahr eines Atomkriegs nimmt wieder zu. Nicht zuletzt wegen der Kündigung des INF-Vertrags durch Donald Trump. Russland zog ein Jahr später nach.

Offene NATO-Propaganda im öffentlich-rechtlichen Fernsehen

Zu Recht kritisiert Wolfgang Bittner die seit der Ukraine-Krise ständig zutage tretenden „Offene NATO-Propaganda im öffentlich-rechtlichen Fernsehen“ (ab S.62). Das wohl gravierendste Beispiel dafür, das viele ZDF-ZuschauerInnen zu tiefst verunsicherte, erschreckte und zugleich aufs Tiefste empörte, führt Bittner gleich eingangs dieses Kapitels an. Am 4. April 2019 hatte „Claus Kleber, Kuratoriumsmitglied der Atlantik-Brücke, aus Anlass des 70. Jahrestages der NATO-Gründung“ im ZDF heute-journal sozusagen den 3. Weltkrieg ausgerufen. In seiner Ansprache schockte er die Zuschauer mit den Worten:

„Guten Abend, zu Wasser und zu Luft sind heute Nacht amerikanische, deutsche und andere europäische Verbündete unterwegs nach Estland, um die russischen Verbände zurückzuschlagen, die sich dort wie vor einigen Jahren auf der Krim festgesetzt haben.“

Zum Ende dieses Kapitels zitiert (S.65) Bittner den ehemaligen Parlamentarier und Weggefährte Willy Brandts, Albrecht Müller“, der „im April 2019 der Ansicht“ war:

Wir rutschen ab in Richtung Krieg, auch weil ehedem kritische Medien beim Feindbildaufbau mitmachen und die kritische Intelligenz ausfällt“.

Im Kapitel „Fake News und Kriegspropaganda“ (S.67) bekommen die LeserInnen noch einmal schlimme Beispiele von „Kampagnenpolitik“, „Der Fall Babtschenko“ (S.69), betreffs „Krieg in Syrien“ (S71), in Sachen „Der Fall Skripal“ (S.77) sowie „Politisches Kalkül und False-Flag-Operationen“ (S.82) zur Erinnerung serviert. Gut so. Wir wissen: Der Mensch vergisst schnell.

Weltuntergangsuhr steht auf „zwei Minuten vor Mitternacht“

Der aktuellen Weltlage folgend wird bekanntlich die „Doomsday Clock“ von Wissenschaftlern des „Bulletin of the Atomic Scientists“ nach vorne oder hinten verstellt. Am 24. Januar 2019 war es wieder soweit. Die aktualisierte Uhrzeit der Weltuntergangsuhr wurde auf einer Pressekonferenz in Washington veröffentlicht: Es ist immer noch „zwei Minuten vor Mitternacht“.

Hintergründe und Strategien

Da es Wolfgang Bittner in seinem Buch um Hintergründe und Strategien geht, hat er sich dankenswerterweise zu diesem Behufe der Mühe unterzogen eine für die LeserInnen lehrreiche Chronologie des Geschehens über mehr als ein Jahrhundert zu erstellen. Er analysiert präzise die Hintergründe und zeigt auf, wie zu dieser unheilvollen Entwicklung kommen konnte.

Wichtig, wahrzunehmen m.E. ist das Kapitel „Britisch-amerikanische und französische Imperialpolitik und Erster Weltkrieg“ (S.113), bekanntlich von einigen Historikern als Urkatastrophe angesehen, in welcher der Zweite Weltkrieg wurzelt. Bittner geht es in diesem Kapitel gewiss nicht darum, die Schuld des kaiserlichen Deutschlands am Ersten Weltkrieg zu schmälern. Jedoch lässt er neuere Erkenntnisse in seine Zeilen einfließen. Demnach (S.117) sei inzwischen bekannt, „dass schon lange vor 1914 Kriegsvorbereitungen der Engländer, Franzosen und Amerikaner stattfanden“ – dies habe der einstige Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der KSZE/OSZE, Willy Wimmer anlässlich der Feierlichkeiten in Paris und London 2018 mit welchen 2018 des Endes des Ersten Weltkriegs gedacht wurde, vertreten.

Bittner: „Deutschland sei in diese Katastrophe „geradzu hineinorchestriert“ worden, so Wimmer.“ Der Autor erwähnt auch das Buch des australischen Historikers Christopher Clark und sein Buch „Die Schlafwandler – Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog“, in welchem er Frage nach der Kriegsschuld umgehe.

Wie auch immer: Den LeserInnen dürfte an dieser Stelle erschreckend klar werden, wie leicht es zu einem Krieg kommen kann. Zumal wir – will ich anmerken – heutzutage es uns gegenwärtig an verantwortungsvollen und klugen Leadern in Europa und der Welt bitter mangelt.

Neue Erkenntnisse betreffs des Zweiten Weltkriegs und seines Vorlaufs

Auch das folgende Kapitel „Versailler Vertrag, Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg“ (ab S.125) ist hoch spannend und augenöffnend. Ein Deutsch-Amerikaner wird (S.129) genannt, den wir bislang nicht auf dem Zettel hatten: Einen gewissen Ernst Hanfstaengel. Der habe während des Zweiten Welkriegs US-Präsidend Franklin D. Roosevelt beraten; aber ab 1922 auch freundschaftliche Beziehungen zu Hitler unterhalten. U.a. habe er ihm bei der Abfassung seines Buches „Mein Kampf“ zur Seite gestanden und ihm ein Darlehen von 1000 Dollar gegeben.

All das, Bittner, geht auf den russischen Historiker Nikolay Starikov und dessen Buch „Wer hat Hitler gezwungen Stalin zu überfallen?“ zurück.

Wolfgang Bittner: „Starikov geht aufgrund seiner Recherchen so weit, zu konstatieren, die NSDAP und Hitler seien von Beginn an, also seit Anfang der 1920er Jahre von interessierten Kreisen au den USA gefördert und finanziert worden.“

Nicht weniger interessant, das in Bittners Buch auftauchende Zitat des Publizisten und Buchautoren Werner Rügemer:

Bis zum Ersten Weltkrieg waren die USA – sowohl der Staat wie auch die Unternehmen – bei europäischen Banken verschuldet. Mit dem Ersten Weltkrieg hat sich diese Relation umgedreht. Am Ende des Ersten Weltkriegs war Europa in den USA verschuldet. Und das ist bis heute so geblieben. Das war das wirtschaftlich-finanzielle Ergebnis des Ersten Weltkriegs. Und dann musste das zerstörte Europa natürlich wieder aufgebaut werden, insbesondere das zerstörte Deutschland.“ (S.131)

Auch Zweite Weltkrieg muss wohl betreffs derjenigen, welche ein Interesse an ihm hatten, genauer unter die Lupe genommen werden. Bittner schreibt (S.134): „Mit Hitler und der NSDAP haben die britischen und US-amerikanischen Geheimdienste in den 1920er Jahren den Geist aus der Flasche gelassen. Ein Hauptanliegen war, Deutschland und Russland niederzuhalten und nicht zusammenkommen zu lassen.“ Das erinnert an einen Ausspruch des ersten NATO-Generalsekretärs Lord Hastings Ismay, wonach danach zu streben sei, die Amerikaner drin, Deutschen niederzuhalten und die Russen draußen zu halten.

Bittner: Keine Relativierung der ungeheuren Verbrechen der Nazis und des Stalinismus

An der Stelle wird es LeserInnen geben, die rufen: Verschwörungstheorie!

Bittner gibt jedoch zu bedenken:

„Die in der jüngsten Forschung vertretenen Standpunkte zu benennen bedeutet weder eine Relativierung der ungeheuren Verbrechen der Nazis noch eine Verleugnung des brutalen Stalinismus.“

Am Fuße der Seite lässt Bittner Winston Churchill zu Worte kommen, der 1945 geäußert habe:

Dieser Krieg wäre nie ausgebrochen, wenn wir nicht unter dem Druck der Amerikaner und neumodischer Gedankengänge die Habsburger aus Österreich-Ungarn und die Hohenzollern aus Deutschland vertrieben hätten. Indem wir in diesen Ländern ein Vakuum schufen, gaben wir dem Ungeheuer Hitler die Möglichkeit, aus der Tiefe der Gosse zum leeren Thron zu kriechen.“

Das muss man erst mal sacken lassen.

Es folgen weitere interessante Ausführungen. Die aber, liebe LeserInnen, sollen sie sich selber aneignen und gründlich bedenken.

Wolfgang Bittner: Gefährliche Aggressionspolitik gegen Russland verursacht „unabsehbare Schäden“

Fakt ist, wir leben auch gegenwärtig wieder in gefährlichen Zeiten. In letzten Kapitel „Resümee und und Schlussfolgerungen“ (S.289) hebt Wolfgang Bittner realistisch an: „Die USA beanspruchen Westeuropa als ihr Einflussgebiet, das sich ihren wirtschaftlichen wir militärischen Interessen unterzuordnen hat. Sie beeinflussen die Medien und entkernen die Souveränität europäischer Staaten. Sie führen seit Jahren Interventionskriege, verhängen Sanktionen gegen andere Völker und mischen sich in deren innere Angelegenheiten ein.“

Besonders kritisiert Bittner „die hoch gefährliche Aggressionspolitik gegen Russland, in die europäische Staaten einbezogen sind“, die „unabsehbare Schäden“ verursache.

Feststellung: „Wir leben in einer Zeit tiefster Restauration“

Und ein paar Zeilen schreibt der betreffs unserer Situation Tacheles: „Wir leben in einer Zeit tiefster Restauration, schlimmster Rückschrittlichkeit. Was sich abspielt an Kriegshetze, Militarisierung, Zensur, Denunziation, Überwachung, Sozialabbau, politischer Verlogenheit und so weiter spottet jeder Beschreibung.“

Die Welt steht am Abgrund“

Auf Seite 293 mahnt der Autor: „Die Welt steht am Abgrund. Dennoch finden sich keine maßgeblichen Kräfte, die menschheitsgefährdende Konfrontationspolitik zu beenden und den Absturz verhindern.“

„Die Abkehr von der Verständigungs- und Friedenspolitik Willy Brandts“, notiert Wolfgang Bittner enttäuscht, „wurde nahezu widerspruchslos hingenommen.“

Wolfgang endet leicht hoffnungsvoll

Leicht hoffnungsvoll endet Wolfgang Bittners Buch. Er meint der Europäischen Gemeinsam könnte es gelingen „sich der Umklammerung der USA“ zu entledigen. Bittner: „Insofern wäre die Achse Berlin-Paris ein wegweisender Ansatz, wenn es Deutschland und Frankreich gelingen würde, sich vom Joch der NATO, auf die sie kaum Einfluss nehmen können, zu befreien.“

Doch, meint er: „Arc-de-Triomphe-Symbolik muss ebenso wie das Versailles-Trauma endgültig der Vergangenheit angehören.“

Vision oder doch mehr ein Jahrhundertwerk? Eine nötige Aufgabe allemal. Zuerst müsse allerdings „gedacht werden, damit es geschehen kann“ weiß uns der Autor zu sagen.

Bittner schöpft seine Hoffnung daraus, „dass auch die ‚Erbfeindschaft‘ zu Frankreich und die deutsche Teilung überwunden wurden.“

Im Anhang Briefe, Texte und eine Erklärung der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative

Als Anhang sind dem hochinteressanten, aufschreckend, wach- und aufrüttelnden Buch (eine brillante Analyse,auf akribischer Recherche basierend) Bittners noch ein Brief von Karl-Wilhelm Lange „Ein Brief nach Wolgograd, ehemals Stalingrad“ (S. 297) an die „Liebe Valentina“, ein Brief von Willy Wimmer „an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier“, der auf Fehlentwicklungen hinweist, sowie der Text „70 Jahre Bundesrepublik. Auf und ab. Und wie geht’s weiter?“, in welchem Müller darauf hofft, dass „Bei der Mehrheit der Menschen … die positiven Seiten des menschlichen Wesens angesprochen werden“ können. Müller stellt fest: „Diese sind zurzeit verschüttet.“

Abschließend wurde die „Erklärung der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative zum 74. Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Hiroshima“ (S.309) veröffentlicht.

Hinweis: Das obige Video mit dem Interview, das Ken Jebsen mit Wolfgang Bittner führte, erschien auf KenFM.

Titel:

Der neue West-Ost-Konflikt

Untertitel:

Inszenierung einer Krise – Hintergründe und Strategien

Autor:

Wolfgang Bittner

Genre:

Sachbuch

Aufmachung:

Broschiert (mit Klappen)

Umfang:

320 S., mit 20 Abb.

Format:

13 x 21 cm

Erscheint am:

13. Sept. 2019

ISBN:

978-3-943007-25-1

Preis

19,90 €

Anbei gegeben ein Vortrag, welchen Wolfgang Bittner zu seine Buch gehalten hat – via Eingeschenkt.tv