„Der Fall Ulrike Guérot“. Von Gabriele Gysi (Hg). Buchbesprechung

Oft taten einem die Hände weh. Wie oft mussten wir dennoch in den vergangenen Jahren immer wieder die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Und die Angst vor einem bleibenden Schleudertrauma ging nicht weg: Wie viele Male haben wir in letzter Zeit und auch gegenwärtig wieder weiter besorgt und wütend und mit Unverständnis mit dem Kopfe geschüttelt!

Wie geriet unsere Gesellschaft nur dahin wo sie sich inzwischen befindet? Was verdammt noch mal ist mit uns los? Wo soll das noch hinführen? Bekommen wir das nicht nur angehalten sondern auch endlich aus der Welt geschafft? Fragen über Fragen.

Artikel 5 GG

In einer Demokratie müssen wir erwarten unsere Meinung frei sagen zu können. Doch damit nicht genug.

Im Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes (GG) werden wir fündig, er schützt in Abs. 1 fünf eigenständige Grundrechte, nämlich die die Meinungs-Informations-Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (sogenannte Kommunikationsgrundrechte).[1] Beschränkt werden diese Rechte gem. Art. 5 Abs. 2 durch die allgemeinen Gesetze sowie den Jugendschutz und das Recht der persönlichen Ehre (Ehrenschutz).

Art. 5 Abs. 3 schützt außerdem die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie die Kunstfreiheit. Hierbei handelt es sich um weitere Formen der Kommunikation, die das Grundgesetz als besonders schutzwürdig erachtet. Daher können diese Grundrechte lediglich durch kollidierendes Verfassungsrecht eingeschränkt werden. (Quelle: Wikipedia)

Artikel 5 GG (1) sagt klar und deutlich: «Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. «

Das hört sich gut an. Papier ist geduldig. Heutzutage allerdings muss man hinzudenken: Du darfst dich freilich nach diesen Grundsätzen. Aber du musst halt auch mit den entsprechenden Konsequenzen rechnen und leben.

Das hat vor allen Dingen die Zeit der Corona-Pandemie gezeigt. Und es zeigt sich nun wieder im Ukraine-Krieg. Wer sich kritisch jenseits staatlicher oder andere Narrative äußert, kriegt rasch einen auf den Deckel. Grundgesetz hin oder her.

Wer es dennoch tut gilt nämlich rasch als „umstritten“ oder bekommt es obendrein mit der unseligen Cancel Culture zu tun. Das kann einem sogar den Job oder das eigene Bankkonto kosten. Oder sogar den gesellschaftlichen Tod für die betroffene Person bedeuten.

Eingeschränkter Meinungskorridor

Der Meinungskorridor wurde immer mehr eingeschränkt. Wie passt das zur Demokratie – zum Artikel 5 des Grundgesetzes? Immer mehr Menschen – hauptsächlich solchen, welche bereits in der DDR gelebt hatten – kommt das nicht geheuer vor. Manches erinnert sie nicht von ungefähr an Erscheinungen in der DDR. Dergleichen hatten sie in der BRD mit ihrer freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) nicht für möglich gehalten.

Heute gelten Personen die nicht auf Linie sind als „umstritten“ bzw. als Schwurbler oder Verschwörungstheoretiker. Menschen die in der DDR von der ideologischen Linie abwichen, gegen die wurde mit mit unterschiedlichen Mitteln vorgegangen. Im schlimmsten Falle juristisch. Sie konnten ihre Arbeitsstelle verlieren, wenn sie nach Ansicht von Partei und Staat ideologisch dort nicht tragbar waren. Rasch galten sie als Staatsfeinde, die dem Klassenfeind im Westen zuarbeiteten. Künstler etwa drohte der Verlust ihrer Engagements. In Rundfunk, Fernsehen oder in der Presse kamen sie dann halt nicht mehr vor. Oder es wurde zumindest versucht sie klein zu halten. Dann konnten sie vielleicht noch in irgendwelchen Nischen in kirchlichen Räumlichkeiten auftreten. Oder es blieb ihnen nur noch übrig einen Ausreiseantrag ins westlichen Ausland zu stellen.

Was trifft, trifft zu“

Zu DDR-Zeiten schrieb ich ab und an als ehrenamtlicher Journalist (Volkskorrespondent) für eine Bezirksparteizeitung der SED, die ironischerweise den Titel „Freiheit“ (gegründet 1946, da war der Titel gewiss treffend) trug.

Oft suchte ich mir die Themen über die ich schreiben wollte selber aus. Und das wurde von der Redaktion zumeist goutiert, gern genommen und gedruckt. Doch einmal, als ich über einen Auftritt des bekannten Journalisten, Dichters, Satirikers und Kabarettisten Hansgeorg Stengel schreiben wollte, redete mir der von mir angesprochene Redakteur das aus. Beziehungsweise riet mir: „Einen kurzen Bericht kannste machen.“ Aber ich sollte bloß nicht zu sehr ins Detail gehen. Wenn ich verstünde was er meine. Höchstes ein Bonmot zitieren. Eines freilich, das nicht allzu kritisch mit negativen Erscheinungen im Arbeiter- und Bauernstaat ins Gericht ging. Ich verstand. Was der Redakteur meinte war mir klar. In der Regel waren Stengels Texte nämlich äußerst ausgefeilt, treffend und scharfzüngig. Was freilich nicht allen gefiel. Vor allem manchem SED-Funktionär nicht. Denn er griff Defizite im sozialistischen Staat auf und nahm sie auf sie aufs Korn. Wie sagte doch Karl Kraus: „Was trifft, trifft zu.“ Was ja gerade das Großartige an seinen Texten war. Dafür liebten die Leute ihn. Ich verzichtete.

Meinungsvielfalt? Fehlanzeige. DDR 2.0?

So manch kritisch denkender Mensch, der mit offenen Augen und Ohren am Leben beteiligt ist, spricht oder schreibt, wir hätten es heute in mancher Beziehung mit so etwas wie einer DDR 2.0 zu tun. So ganz abwegig finde ich diese Ansicht nicht. Obwohl man nicht alles 1:1 vergleichen kann.

Aber in der alten BRD stand es um die Meinungsfreiheit schon einmal wesentlich besser als das dies heute der Fall ist. Es gab ganz linke und linke Blätter, aber als Gegenstücke auch stramm konservative. Man hatte eine große Auswahl, fand ein Meinungspluralismus vor. Auch im Rundfunk und beim Fernsehen gab es ein breites Spektrum. Das ist heute längst nicht mehr so. In vielerlei Beziehung haben wir es mit einer Selbstgleichschaltung zu tun. Und sogenannte Haltungsjournalisten bevölkern die Redaktionsstuben. Dafür gibt es einige Gründe, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Meinungsvielfalt? Fehlanzeige. Der Meinungskorridor wird immer mehr verengt.

Das auch im damaligen Westdeutschland nicht alles Gold war was glänzte, war mir schon als noch in der DDR lebender Bürger klar. So naiv bin ich nicht. Wir empfingen ja Westfernsehen und rezipierten mit großem Interesse kritische Politmagazine wie beispielsweise Monitor oder Panorama. Tempi passati – leider.

Fälle wo Menschen diffamiert, gebasht und gecancelt wurden haben sich in der Corona-Zeit gehäuft. Und diese fürchterlich Unart, die einer wirklichen Demokratie unwürdig seid, wird weiter verfolgt und trifft nunmehr Menschen, welche sich in Zeiten des Ukraine-Kriegs für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen einsetzen.

Kennen Sie den „Fall“ Ulrike Guérot?

Im Westend Verlag ist jetzt ein Buch erschienen, welches den Titel „Der Fall Ulrike Guérot. Versuche einer Hinrichtung“ trägt. Herausgegeben von Gabriele Gysi. Vom Verlag heißt es dazu:

«Der Artikel 5 des Grundgesetzes sagt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Das gilt auch für Forschung und Lehre: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Wie ist es in der Realität? Wer die zum Teil mit großem, exzessivem Eifer vorgebrachten Anwürfe an Ulrike Guérot einordnen will, sollte deren politischen Hintergrund kennen: In einer prominenten Talkshow sprach sich Ulrike Guérot dafür aus, dass Diplomatie und Politik vor allem darauf abzielen sollten, die Möglichkeit nach Friedensverhandlungen im aktuellen Krieg in und um die Ukraine auszuloten. Am Tag nach der Ausstrahlung der Sendung wurden mit zunehmendem Verfolgungseifer Plagiatsvorwürfe laut, obwohl ihr Buch „Wer schweigt, stimmt zu“ [anbei meine Rezension; C.S] seit dem frühen Frühjahr auf dem Markt und allgemein erhältlich war, wochenlang die Spiegelbestellerliste in oberen Rängen besuchte und in etlichen Medien besprochen wurde. Angebote von Frau Guérot an Kritiker, sich zu einem Austausch, öffentlich oder nichtöffentlich, zu treffen, wurden ausgeschlagen, die Universität Bonn ist mit Ulrike Guérot derzeit in einem Rechtsstreit, die weitere Verhandlung ist für den 10.1.2024 in Bonn angesetzt.

Der Band „Der Fall Ulrike Guérot. Versuche einer öffentlichen Hinrichtung“, herausgegeben von Gabriele Gysi, zeichnet diese Geschehnisse nach und zeigt: Wer stört, wird mundtot gemacht. Oder wie Paul Valéry es ausdrückt: „Wer den Gedanken nicht angreifen kann, greift den Denkenden an.“ Wehren wir diesen Anfängen.«

Pressestimmen zum Buch:

„Die Wissenschaftsfreiheit ist nicht die geringste der Freiheiten. Im Gegenteil: Mit ihr beginnt die Geschichte der Demokratie in Deutschland.“
Prof. Dr. Heribert Prantl

„Die Bezeichnung „umstritten“ dient heutzutage dazu, Andersdenkende zur moralischen Diskreditierung, sozialen Ausgrenzung und institutionellen Bestrafung freizugeben. Wer erfahren will, warum und wie Ulrike Guérot zur „umstrittenen“ Wissenschaftlerin erklärt und abgestraft wurde, der lese dieses Buch.“
Sandra Kostner

Zum Vorwort der Herausgeberin

Gabriele Gysi setzt sich in ihrem Vorwort mit dem Stempel „Umstritten“ auseinander. Sie fragt: „Wer ist umstritten und in wessen Augen? Worüber wird überhaupt gestritten? Und warum sind immer nur Personen umstritten und nicht Sachverhalte oder empirische Beobachtungen? Warum gelten umstrittene Aussagen an Universitäten nicht als Neugier, dem Denken und Nachdenken förderlich? Wie kann ein Begriff auf solch merkwürdige Weise zur Diskreditierung von Menschen genutzt und akzeptiert werden?

Und sie stellt fest: „Das Nichtwissen ist die Voraussetzung unseres Denkens.“

Und Gysi fragt: „Wie kann eine Gesellschaft das Nachdenken auf Faktenchecker abwälzen? Wann ist dieser Irrsinn ausgebrochen? Wer erklärt hier wem den Krieg?

Für jeden Schauspieler ist der Versuch, etwas zu verstehen, die Grundlage der lebendigen Simulation von Leben. Vielleicht waren gerade die Schauspieler mit ihren Szenen im Rahmen der #allesdichtmachen-Aktion zum Lockdown so erfolgreich, witzig und genau, weil sie die Erfahrung und nicht die «umstrittene Ansicht« schildern.“

Sei meint: „Eine einzige Wahrheit wird postuliert und bis in die Unkenntlichkeit wiederholt. Das wäre das Ende der Aufklärung und tragische Vorgang für die westliche Welt. Aber es gibt Menschen, die sich diesem Verlauf in den Weg stellen, die Umstrittenen. Und es gibt Räume, die den Widerspruch fordern sollten. Es gibt einen Ort, der explizit zum Verstehen, nicht zum Rechthaben, als eine zivilisierte Leistung entwickel wurde, die Universität.“

Gabriel Gysi dankt dem Westend Verlag für das Verlegen dieses Buches. Und: „Aber vor allem bedanke ich mich bei den #Umstrittenen für ihre Klugheit und ihren Mut.“

Heike Egner und Anke Uhlenwinkel befassen sich den Angriffen auf die Wissenschaftsfreiheit

In einer Studie über die Entlassung und Degradierung von Professorinnen und Professoren haben die beiden Damen 50 Fälle erfasst. Diese Erscheinung hat ja in letzten Jahren, etwa ab 2018 zugenommen und hatte ihren Höhepunkt im Jahre 2019 und setzt sich seitdem im mittleren Bereich fort.

Es wird klar wie wenig frei die Lehre an den Universitäten inzwischen ist. Ob es Förderungen und Drittmittel für bestimmte Forschungen gibt hängt immer öfters von Zielen ab, die von den Geldgebern gewünscht werden.

Man sehe sich oft mit einer Wissenschaft konfrontiert, die von der Politik gestaltet wird.

Im Fall Ulrike Guérot argumentieren Egner und Uhlenwinkel man müsse ja nicht unbedingt die inhaltlichen Standpunkte der Professorin teilen, um über den Umgang mit ihr empört zu sein.

Es handele sich um einen Eingriff in die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit. „Höchst erstaunlich ist daher das sehr laute Schweigen aus den Reihen der Wissenschaft selbst.“ Haben die Kollegen womöglich selbst Besorgnis in die Kritik und „in den vernichtenden Fokus der Medien zu geraten? Man hat ja einiges zu verlieren.“

Die durchaus unterschiedlichen Gründe für erfolgte Entlassungen von Professoren sind im Beitrag aufgeführt. Sicher gibt es auch Fälle, wo dies eine entsprechende Grundlage hatte.

Dem Außenstehenden drängst sich die Frage auf, ob es den Betreibern dieser Entwicklung darum geht, eine möglichst in deren Interessen stromlinienförmige Professorenschaft zu schaffen. Ganze 73 Prozent der befragten Professoren gaben an, dass ihnen in ihren Verfahren die gebotene Vertraulichkeit nicht zugestanden worden sei.

Die beiden Autorinnen warnen bei einem weiteren fortschreiten von Cancel Culture und ideologischer Beeinflussung, um etwa eine „Legitimation aktueller Politik“ zu befördern. „Dann würde Wissenschaft nicht nur in der Mittelmäßigkeit versinken, wie Max Weber dies konstatierte, sondern sie schaffte sich selbst vollständig ab.“

Christoph Lövenich hat den Beitrag „Das «Plagiat« – eine (wissenschaftliche) Betrachtung“ eingebracht

Und Lövenich fragte sich was dran sei an den Plagiatsvorwürfen gegen Ulrike Guérot. Weswegen die Universität Bonn die Professorin kündigte.

„Al Capone wurde auch wegen Steuerhinterziehung weggesperrt und nicht wegen seiner Morde“ habe ein Twitterer am 24. Februar 2023 geschrieben nachdem die Kündigung bekannt geworden war.

Neben anderen hatte sich auch Redakteur Lars Wienand von t-online (das zu Stroer gehört), „ein Medium, das häufig <umstrittene< Persönlichkeiten ins Zielfernrohr seiner gefärbten Berichterstattung nimmt“ nicht entblödet ebenfalls diese Analogie zu benutzen. Der Redakteur des oft zur Diffamierung benutzten Portals schmierte: «Guérot dürfte wegen unwissenschaftlichen Unfugs nicht beizukommen gewesen sein, da hat man ihre Plagiate genutzt.«

Christoph Lövenich: „Es kaum anzunehmen, dass sich Wienand – schon gar nicht zu diesem Zeitpunkt – mit irgendwelchen Details der Vorwürfe auseinandergesetzt hatte. Das hinderte ihn allerdings nicht an Verdachts- und Framings-Journalismus.“

Die in der Kritik stehenden Bücher von Guérot geht es nicht um wissenschaftliche Veröffentlichungen.

Das focht die Uni Bonn jedoch nicht an.

Gleichwohl gibt es einige Schnitzer in den Veröffentlichungen.

Im Wesentlichen Bagatellen.

Der Westend Verlag teilte mit, aus seiner Sicht genügten für künftige Auflagen: „Vier Anführungszeichen an zwei Sätzen im Text wurden ergänzt und die Quellen benannt.“

Fazit von Lövenich: „Bei den betroffenen Büchern Ulrike Guérots handelt sich nicht um Plagiate als solche.“

Lediglich ihr Buch Wer schweigt, stimmt zu“, das von ihr während ihrer Angestelltentätigkeit an der Uni Bonn geschrieben habe, als für das Arbeitsverhältnis „kontrafaktisch relevant gewertet werden würde, hätte dies, wenn überhaupt, eine Abmahnung nach sich ziehen können, aber keineswegs gleich eine Kündigung“.

Lövenich liegt wohl richtig, wenn er abschließend feststellt: „Tatsächlich soll eine Unbequeme bestraft werden – wohl auch in der Absicht, andere abzuschrecken.“

Da fällt mir das Mao Zedong zugeschriebene Zitat ein: „Bestrafe einen, erziehe hunderte.“

Roberto De Lapuente beleuchtet den „Fall «Ulrike Guérot« noch einmal genauer und blickt dazu auch in die Vergangenheit

Roberto De Lapuente beleuchtet den „Fall «Ulrike Guérot«: Versuche einer Hinrichtung“ noch einmal genauer. Auch vom Ablauf der einzelnen Diffamierungen und deren Abkunft her. Er richtet dazu seinen Blick zurück auf den «Radikalenerlass« aus den 1970er Jahren, der damals zum Berufsverbot und Verbannung Andersdenkender aus dem öffentlichen Dienst führte.

Und sein Blick kehrt wieder zurück ins Heute. Zu Zuständen, die zum Himmel schreien. Wir verstehen, es geht immer gegen Menschen von denen der Staat bzw. die Herrschenden glauben, das von ihnen eine Gefahr für sie und den Bestand der herrschenden Meinung ausgeht. Sie werden zumalen gar zu Staatsfeinden gestempelt. Die es gilt mundtot zu machen. Die unrühmlichste und deshalb zutiefst zu verdammende Rolle spielen dabei heute die Medien (die Mainstream-Medien, die sich selbst gleichgerichtet haben und zu Lautsprechern bzw. Propagandisten der Herrschenden geworden sind). Welche ja im Sinne der Vierten Macht die Regierenden eigentlich kontrollieren und im Interesse der Demokratie mit ihren Mittel zur Ordnung rufen sollen.

Dokumentation der öffentlichen Hetze und eine Chronologische Auswahl der Hetzartikel

Im Anhang zum Buch schließt sich eine „Dokumentation der öffentlichen Hetze“ (S.76) an sowie eine „Chronologische Auswahl der Hetzartikel und sonstige Berichte über Ulrike Guérot“ an. (S.77)

Lesen wir dieses Buch, vergessen wir niemals was nicht nur Ulrike Guérot an übler Diffamierung angetan wurde, wie aus vielen publizistischen Rohren auf verabscheuungswürdigste Weise auf sie geschossen wurde. Ihr Beispiel steht für viele Einzelfälle, kritische Personen, die sich in der Corona-Zeit und nun wieder im Ukraine-Krieg mutig hervorgewagt haben, weil sie spürten, dass da einiges nicht stimmt und mit ihrer Meinung nicht hintan gehalten haben. Ihnen gebührt Dank und Hochachtung. Und ja: Wer nicht mit allem, was diese Menschen geäußert haben d`accord meint sein zu können, sollte sich unbedingt dafür einsetzen, dass es gesagt oder geschrieben und veröffentlicht werden kann. Wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass ein für alle mal Schluss ist mit üblen Diffamierungen und der fürchterlichen Cancel Culture. Wir müssen uns für einen demokratischen Diskurs starkmachen. Für eine Wiederöffnung des Meinungskorridors. Im Sinne von Johannes Raus Postulat: „Versöhnen statt Spalten“.

Anmerkung: Der Gerichtstermin des Bonner Arbeitsgerichts für die Verhandlung über die Kündigung der Politikprofessorin Ulrike Guérot ist vom 10. Januar auf den 24. April 2024 verschoben worden.

Gabriele Gysi

Der Fall Ulrike Guérot

Versuche einer öffentlichen Hinrichtung

Heike Egner, Anke Uhlenwinkel, Christoph Lövenich, Roberto J. De Lapuente, Herausgegeben von Gabriele Gysi

Erscheinungstermin:08.01.2024
Seitenzahl:96
Ausstattung:Klappenbroschur
Artikelnummer:9783864894503
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Anbei:

„Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine“ von Patrik Baab. Rezension

Ein Sitzjournalist ist Patrik Baab wahrlich nicht. Und das ist gut so. Als „Sitzjournalisten“ bezeichnet der Politikwissenschaftler, Publizist und last but not least, erfahrene langjährige Journalist Patrik Baab diejenigen Schreibtischtäter, welche in der mehr oder weniger komfortablen Redaktionsstube vorm Computer sitzen und aus dem, was da heraus poppt eine Story zusammenkloppen. Die wird dann ins Netz hochgeladen oder althergebracht in die diversen Blätter gedruckt.

In Sachen Ukraine-Krieg reicht es dann meistens das Monstrum in Bild-Zeitungs-Manier auf die Titelseite zu knallen. Kennen Sie den großartigen Film „Knallt das Monstrum auf die Titelseite!“ von Marco Bellocchio? Das seit Langem im Westen, der vasallenhaft den USA folgt und sei es in den Untergang, gängige Monstrum ist noch immer der russische Staatspräsident Wladimir Putin. Ein angeblich neuer Hitler, den man „Putler“ schimpft. Unter dem macht man es nicht. Da weiß das Publikum Bescheid – ist in der richtige Spur. Vor Putin waren die neuen Hitler Slobodan Milošević, Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi. Meist Staatsführer, die dem Westen in seiner Politik nicht oder nicht mehr folgen wollen.

Das ist Holzhammer-Journalismus. Um nicht zu sagen plumpe Propaganda.

Nicht die Sache des Journalisten Patrik Baab – einer der immer weniger zählenden Vertreter – eines ehrlichen Journalismus, wie er im Buch steht.

Apropos Buch: Patrik Baab hat übrigens ein hervorragendes Buch in Sachen Journalismus zum Zwecke der Ausbildung geschrieben: „Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ (Lesen Sie gerne meine Rezension).

Patrik Baabs Anspruch an Journalismus ist hoch

Kurzum: Patrik Baab hat einen hohen Anspruch an Journalismus wie er halt von Hause her verstanden werden muss. So hat Baab es gelernt und dementsprechend verinnerlicht. Das steckt ihm in den Knochen. So tickt sein Herz. So arbeitet sein Hirn. Das gilt für alle seine bisherigen Werke und Veröffentlichungen.

Da nimmt es einen nicht wunder, dass er seinem hier zu besprechenden aktuellen Buch „Auf beiden Seiten der Front. Meine Reisen in die Ukraine“ u.a. das folgende Zitat von Egon Erwin Kisch vorangestellt hat:

Bei aller Künstlerschaft muss er die Wahrheit, nichts als die Wahrheit geben, denn der Anspruch auf wissenschaftliche, überprüfbare Wahrheit ist es, was die Arbeit des Reporters so gefährlich macht, gefährlich nicht nur für die Nutznießer der Welt, sondern auch für ihn selbst, gefährlicher als die Arbeit des Dichters, der keine Desavouierung und kein Dementi zu fürchten braucht.

Und dass das auf sein neues Buch zutrifft, können Sie mir getrost abnehmen. Weshalb ich es meinen Leserinnen und Lesern sehr zur Lektüre anrate. Aber auch Politikerinnen und Politikern und Journalisten – so sie offen dafür sind und gewillt sind für einige Zeit einmal die gängig gemachte Propaganda, die sie in wohl meisten Fällen ohne Ansage von Oben betreiben, außen vor zu lassen. Geht das noch, oder ist all das womöglich schon zu sehr ideologisch betoniert?

Für Patrik Baab eine Verpflichtung stets auch die andere Seite zu hören – audiatur et altera pars

Patrik Baab hat die Ukraine bereist – den Westen vor Beginn des Krieges, den Osten danach. Gemäß der journalistischen Handwerksregel „audiatur et altera pars“ – Ich frage: ist diese Handwerksregel, die ja nicht zuletzt der Juristerei entlehnt ist, überhaupt noch bekannt? Und wenn ja, warum findet sie meinem Empfinden nach kaum noch Anwendung? – auch die andere Seite soll gehört werden – hat er auf beiden Seiten der Front mit Menschen gesprochen und ihre Leben beobachtet. Er hat die Interessen hinter den blutigen Kämpfen recherchiert.

Es entsteht vor uns das Bild eines gespaltenen Landes

So entsteht Stück für Stück das Bild eines gespaltenen Landes namens Ukraine. Ukraine könnte auch mit „am Rande“ oder „Randgebiet“ übersetzt werden.

Um die Ukraine zu verstehen hat sich Patrik Baab u.a. eines alten Reiseführers durch die Sowjetunion von Sándor Radós bedient. Baab: „Es ist ein Buch, das es – wäre es nach den Mächtigen in jedem Landes gegangen – gar nicht hätte geben dürfen und das mich in das «Grenzland« Ukraine und zugleich in die Dämmerung meiner Kindheit führt.“ (S.12)

Und weiter: „Von Sándor Radó und seinem Führer durch die Sowjetunion habe ich 2018 in Chelsea erfahren, in einer Bar names «The Hour Glass« nahe der der Sloane Avenue in der Brompton Road, in die ich den illustren Rest eine Auditoriums entführte, das zuvor Paddy Ashdown gelauscht hatte, dem Mitbegründer der Liberaldemokraten und ehemaligen MI6-Offizier, der in der Buchhandlung Hatchards am Piccadilly wenige Wochen vor seinem Tod aus seinem letzten Buch las.“

Das Kapitel „Ein alter Reiseführer“ ist hochinteressant. Da weht der Leserschaft – um einmal Helmut Kohl zu bemühen – sozusagen der Mantel der Geschichte um die Ohren. Unverzichtbare Zeilen zum Verständnis in Sachen Ukraine.

Patrik teilt uns seine Reiseerlebnisse mit großem Interesse für Land und Leute mit

Patrik Baab erzählt seine Erlebnisse mit großem Interesse für Land sowie mit Empathie für die Leute, die er trifft. Wir lernen eine Ukraine in schwierigen Lebenssituationen und Wirtschaftslage kennen. Die schon vor dem völkerrechtswidrigen Krieg Russland gegen die Ukraine bestanden. Klar, es gibt etliche schwerreiche Oligarchen, die sich Land und Industrien unter den Nagel gerissen haben. Aber auch eine riesige Masse von Menschen, die ziemlich prekär leben. Und quasi jeden Tag sehen müssen wie sie ihre Familien über die Runden bringen. Mit den in der Ukraine gezahlten Hungerlöhne können sie das nicht zumeist nicht. Es gibt etwa Arbeiten, die für Firmen im Westen verrichtet werden. Beispielsweise Kabelbäume für Autos herzustellen.

Oder, schreibt Baab: „Wer ein Auto hat, arbeitet als Fahrer. In einem riesigen Flächenstaat, der fast doppelt so groß ist wie Deutschland, ist Transport ein Problem. Wer sich ein Auto leisten kann, bringt andere zum Ministerium in Kiew, zur Baustelle in Odessa oder liefert Ersatzteile und Computer nach Dnipro. Fahrtkosten und etwas auf die Hand, eine Flasche Wodka dazu, die meisten hier sind auf einen Zuverdienst angewiesen. Auch Wasja.“ Baabs Fahrer in der Westukraine.

Der hat einen alten Mercedes Sprinter, den er zu einem Wohnmobil für sechs Personen ausgebaut hat.

Mit diesen Leuten fährt er manchmal nach Moskau oder Frankfurt am Main, um dort als Schwarzarbeiter Gebäude hochzuziehen. (S.104)

Nicht selten werden die Leute um ihr Lohn betrogen.

Baab „Wasja gehört zu den drei Millionen Ukrainern, die als Arbeitsmigranten mehrmals im Jahr ins Ausland pendeln. Dazu kommen noch einmal zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die dauerhaft im Ausland arbeiten.“ (…)

In Polen blühen auch die Geschäfte der Vermittlungsagenturen, die Ukrainer als polnische Staatsangehörigen deklarieren und sie als häusliche Pflegekräfte in die Schweiz und nach Deutschland vermitteln. Dort erhalten sie den örtlichen Mindestlohn für eine 40-Stunden-Woche. Doch in der Realität, so steht es im Vertrag mit der polnischen Agentur, müssen Pflegekräfte 24 Stunden in Bereitschaft sein.

In Frankfurt wird Wasja bezahlt nach dem Mindestlohn am Bau, das waren 2021 für Ungelernte 12,85 Euro. Doch oft vereinbart er auch eine Pauschale für seine Bautrupp, die deutlich niedriger ist.“ (S.106)

Baab weiter: „Für viele ukrainische Fahrer wie Wasja ist Litauen die europäische Speditionszentrale. Mithilfe von künstlicher Intelligenz werden billige Lkw-Fahler aus Nicht-EU-Staaten wie der Ukraine oder Moldau quer durch Europa gelenkt. Sie brauchen keine Sprachkenntnisse; sie erhalten ihre Anweisungen über Smartphones und Navigationsgeräte. Mit Beginn des Kriegs fehlten in Litauen und Polen plötzlich mehr 100 000 LKW-Fahrer aus der Ukraine – sie durften wegen des Militärdienstes nicht mehr ausreisen.“

Die Bezahlung solcher Jobs sei allerdings immer noch viel besser als in ihrer Heimat.

Und Baab bestätigt, was Dr. Werner Rügemer (auf den der Autor auch zurückkommt) in seinem Vortrag dieses Jahr in Dortmund erwähnte: «2015 habe die ukrainische Regierung zum ersten Mal etwas beschlossen, das in der EU zum Standard gehört: Ein gesetzlicher Mindestlohn. Im Jahr 2015 betrug der erste gesetzliche Mindestlohn der Ukraine sage und schreibe 34 (sic!) Cent pro Stunde. Später sei er langsam angehoben worden. (…) Unter Selenskij ist der Mindestlohn der Ukraine bei 1,21 Euro angekommen. Der niedrigste Mindestlohn, den es überhaupt im Umkreis in Europa gibt“, so Werner Rügemer« (dazu hier)

Ukrainische Kleinunternehmen dienten oft als Zulieferer für internationale vernetzte Billigproduzenten in den benachbarten EU-Ländern Polen, Rumänien und Ungarn. „So gehen 41 Prozent der Schuhproduktion als Halbfertigware für Hungerlohn aus der Ukraine in die Fabriken Rumäniens, Ungarns oder Italiens, wo sie dann im Niedriglohnbereich das begehrte Etikett «Made in EU« bekommen.“

Ukraine – eines der Länder mit der höchsten Korruption

Die Ukraine ist eines der Länder in der Welt wo höchste Korruption herrscht. Ein Land, das wenn es u.a. nach der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht – die nahezu unablässig nach Kiew reist und entsprechende Versprechungen macht – rasch in die Europäische Union geführt werden soll. Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Die früher bezüglich der Aufnahme eines Landes in die EU geforderte Erfüllung der Kopenhagener Kriterien sind auf einmal vergessen? Die Türkische Republik wird schon lange vor der Tür gehalten. Die Ukraine erfüllt diese Kriterien jedenfalls nicht.

Das Land wird ausgebeutet

Große westliche Agrarkonzerne bemächtigen sich mehr und mehr der in der Welt einzigartigen fruchtbaren Schwarzerdeböden.

Das Land wird ausgebeutet wo es nur geht. Für den Wiederaufbau gilt bereits die Vermögensverwaltung BlackRock gesetzt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Der Ukraine-Krieg hat Vorgeschichten

Beim jetzigen Krieg Russlands gegen die Ukraine wird vom Westen und seinen Medien immer gern dessen Vorgeschichte(n) – u.a. die „Orange Revolution 2004“) vergessen. Diese Entwicklung führt Patrik Baab in aller Deutlichkeit aus. Rekapituliert. Gut so, denn der Mensch ist bekanntlich vergesslich. Und die westlichen Medien (in meinen Augen besonders die deutschen) tragen durch Weglassen und Uminterpretationen dazu bei, das zu befördern. Wo sind da die Faktenfüchse?

Nationalismus und faschistische Tendenzen

Es sind ebenfalls die Medien die rechtsnationale und faschistische Tendenzen in der Ukraine kleinreden. Im Parlament seien das höchsten noch zwei Prozent bekommen wir immer zu hören. Dabei wird geflissentlich ausblendet, dass sich Faschisten nicht zuletzt in Bataillonsstärke (auch wenn sie inzwischen in die reguläre Armee eingegliedert sind) plus ausländische Söldner im Lande tummeln und eine tödliche Macht darstellen. Oppositionsmedien sowie kritische Medien sind verboten.

Ein Nationalismus, der in der Sozialistischen Sowjetrepublik Ukraine nie weg gewesen war (er wurde durch die CIA und mithilfe der ukrainischen Diaspora in den USA und Kanada immer – auch über Einschleusung von Agenten am Köcheln gehalten, um gegen die UdSSR zu wirken), hat längst neuen Auftrieb erhalten. Überall werden Straßen und Plätze nach dem Faschistenführer Stepan Bandera, der mit den deutschen Faschisten kollaborierte, benannt. Es lohnt sich das Kapitel „Mukatschewo: Slawa Ukrajini – Herojam Slawa!“ genau zu verfolgen. (S.134)

Baab: „Ruhm der Ukraine – seit 2018 ist dies der offizielle militärische Gruß. «Slawa Ukraini!« und die Erwiderung «Herojam Slawa« waren auch die Grußformeln der ukrainischen Division der Waffen-SS «Galizien«“.

Heutzutage entblöden sich Politiker der BRD nicht einmal, diese Grußformel zu benutzen!

„Ultranationalismus und Faschismus haben in der Ukraine eine lange Tradition. Beide entstanden – wie in fast allen europäischen Ländern – infolge des Ersten Weltkrieges als Reaktion auf den Krieg, die stärker werdende Arbeiterklasse und die revolutionären Bewegungen in Russland, Deutschland, Ungarn und anderen Ländern.“ (S.140)

Einschub: Zusätzlich zu diesem Kapitel empfehle ich meinen Lesern die Videos zu schauen, welche die Tageszeitung junge Welt von der von ihr veranstalteten hochinteressanten Veranstaltung «Der Bandera-Komplex« veröffentlicht hat.

Der Maidan-Putsch

Als absoluter Tiefschlag muss letztlich der Maidan-Putsch 2014 in Kiew (4.5. Kiew: Ein Putsch und die Folgen; S.148) gelten.

Er wurde, wie Victoria Nuland („Fuck the EU“), ausplauderte, mit fünf Milliarden US-Dollar unterstützt und ins Werk gesetzt.

Die Proteste zuvor waren in der Tat zunächst gegen die grassierende Korruption in der Ukraine und viele andere Unzulänglichkeiten gerichtet. Und auch angebracht.

Doch diese Proteste wurden okkupiert und umgedreht, sodass sie letztlich zum Sturz der rechtmäßig gewählten Regierung Janukowitsch führten.

Baab schreibt über Dimitrij Wasilez, der jeden Tag auf dem Maidan in diesen Zeiten gewesen war. Er sagt: „Dieser Volksaufstand war eine perfekt inszenierte Show. Wenn Pressevertreter einen Kommentar von mir wollten und ich habe mich nicht zustimmend zu den Protesten geäußert, dann haben sie die Kamera wieder abgeschaltet und mich weggeschickt: >Verschwinde, Junge, wir haben andere Ziele< Das haben sie offen gesagt.“ Die Protestler wurden bezahlt, wurden mit Bussen herangekarrt und demonstrieren in Schichten.

Unsere in der Mehrzahl inzwischen journalistisch verkommenen deutschen Medien wollen das nicht wahrhaben und sehen den Maidan-Putsch noch immer als Revolution.

Ins Kriegsgebiet im Donbass

Baab war vergangenes Jahr zwecks Fortsetzung seiner Buch-Recherche in das Kriegsgebiet im Donbass gereist. Um dort nun von der anderen Seite der Front zu berichten. Dort leben in der Mehrzahl russischsprachige Menschen.

Auf seiner Fahrt in den Donbass wurde Baab von dem russischsprachigen Journalisten und Blogger Sergey Filbert begleitet. Filbert betreibt unter anderem den YouTube-Kanal „DruschbaFM“. Wo die beiden auch von ihrer Reise ins Kriegsgebiet unter dem Titel „Grenzland“ Video-Berichte einstellten.

Patrik Baab wurde von T-Online zum Wahlbeobachter gemacht

Dass dort zu diesem Zeitpunkt die Referenden für den Beitritt zur Russischen Föderation stattfinden sollten, habe er – schreibt Baab – bei der zeitigen Planung dieser gefährlichen Reise nicht wissen können. Vielmehr habe er davon erst erfahren, als er sich bereits in Russland befand.

Nichtsdestotrotz machte das zum Werbekonzern Ströer gehörende journalistisch nicht selten fragwürdig agierende Portal T-Online, das sich nicht das erste Mal diffamierend betätigte, Patrik Baab zum Wahlbeobachter bei den Referenden im Donbass. Ihm wurde zum Verhängnis gemacht, dass er auf einer Pressekonferenz nach den Referenden auftrat. Baab machte klar, dass er die Referenden lediglich als Journalist bzw. zwecks Recherche für sein Buch verfolgt habe. Baab: „In Luhansk und Donezk habe ich auf Bitte der örtlichen Behörden an zwei Pressekonferenzen teilgenommen. Das habe ich auch bei meinen Recherchen im Kosovo-Krieg 1999 oder in Afghanistan 2002 getan – beides ebenfalls völkerrechtswidrige Angriffskriege. (…) Dennoch hab ich deutsche Soldaten bei ihren Einsätzen begleitet, an militärischen Briefings und Pressekonferenzen teilgenommen, meinen Rechercheauftrag erläutert und über meine Erfahrungen berichtet. Dies ist allein schon deshalb nicht Ungewöhnliches, weil man in einem Kriegsgebiet darauf angewiesen ist, sich etwa darüber auszutauschen, wo Minen noch nicht geräumt wurden oder versprengte Freischärler unterwegs sind.“ (S.224)

Aber T-Online-Redakteur Lars Wienand machte sofort Alarm in Deutschland. „Ein Wahlbeobachter sei ich gewesen bei Putins Scheinreferenden, ein Apologet des Kreml, ein Journalist auf politischen Abwegen.“ (S.223) Für Denunzierungskampagnen ist T-Online indes bekannt. Dieser Journalist Wienand hätte sich, so Baab, durch einfache Recherche bei der zuständigen Zivilkammer der Russischen Föderation in Moskau überzeugen können, dass er dort nicht als Wahlbeobachter geführt wurde.

Aber der Schaden war gemacht. Sollte wohl der Sinn dieser Übung sein. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die Hochschule für Medien und Kommunikation in Berlin kündigten Baabs Lehraufträge.

Baab: „Es fallen zwei Dinge auf: Zum einen haben die Akteure kaum Kenntnisse über die Ukraine und Russland, die regionale Kultur und die Konfliktgeschichte. Zum anderen handelt es sich um Sitzredakteure, die den Bildschirm mit der Realität verwechseln. Sie verhalten sich wie journalistische Drohnenpiloten, die aus großer Entfernung ein Ziel anvisieren, ohne die Lage vor Ort überhaupt zu kennen. Klickzahlen sind wichtiger als sauberes Handwerk.“ (S.226)

Wir leben in merkwürdigen Zeiten. In Zeiten der Diffamierung und der Cancel Culture, die mit demokratischer Öffentlichkeit – wie Baab schreibt – nicht zu tun hat.

Baab bringt das so verständlich auf den Punkt: „Niemand wäre auf die Idee gekommen, Peter Scholl-Latour, der 1973 im Vietnamkrieg als Erster auf der Seite des Vietkongs gedreht hat, vorzuwerfen, er verbreite kommunistische Propaganda.“

Patrik Baab hat erfolgreich gegen den Entzug des Lehrauftrags geklagt. Lesen Sie gern dazu den Beitrag von Kollegin Susan Bonath (hier).

Noch im Donbass hatte Baab telefonisch anwaltliche Hilfe erbeten, nachdem er eine Textnachricht von T-Online erhalten hatte. Er stellte gegenüber dem T-Online-Redakteur klar, dass er als Journalist recherchiert hätte. „Offenbar hat er nur pro forma angefragt. Denn mein Dementi interessierte ihn nicht weiter“, so Baab.

Das mit dem Anruf hätte ins Auge gehen können. Denn, benutzt man im Kriegsgebiet ein Smartphones, kann man angepeilt und zum Ziel eines Angriffs werden. In der Tat gab es in der Nähe des Hotels, in welchem Baab und Filbert wohnten, einen Treffer nachdem die Textnachricht von T-Online-Redakteur Lars Wienand erhalten hat. Baab beobachtete, wie eine Artilleriegranate ein Wohnhaus trifft. „800 Meter von mir entfernt kracht ein Teil der Fassade herunter“, berichtet Baab.

Die geschilderten Erlebnisse im Donbass sind spannend, darunter interessante Personenzeichnungen von Menschen, die viel Leid und Zerstörung erfuhren. Aber Baab hat auch Menschen getroffen, die nachdem ihre Stadt von den Russen eingenommen wurde, wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken.

Kurz bevor Baab und Filbert nach getaner Recherche endlich dem Kriegsgebiet entkommen schienen, hielt man sie auf dem Weg zur Krim an und „filtrierte“ sie. Sie hätten ja ukrainische Agenten sein können. Sie mussten einige Zeit in einem Käfig verbringen. Der junge Offizier lässt sie endlich gehen. Vielleicht hatte er Bedenken wegen Baabs deutschen Pass. Was wenn das zu diplomatischen Verwicklungen geführt hätte?

Patrik Baab: „Dieser Krieg in der Ukraine wird am Verhandlungstisch enden – oder wir fliegen alle in die Luft

Aus der Geschichte und nicht zuletzt aus eigenem Erleben weiß Patrik Baab: „Dieser Krieg in der Ukraine wird am Verhandlungstisch enden – oder wir fliegen alle in die Luft. Da darf man sich an den Gedanken gewöhnen, mit Russen zu verhandeln. Seit drei Jahrzehnten spreche ich mit Menschen aus Russland. Darunter sind Mitarbeiter der Regierung genauso wie Oppositionelle. Auf beiden Seiten der Front, in Russland und der Ukraine, habe ich Freunde. Aus Russland bringe ich seit mehr als 20 Jahren Filme mit, die sich kritisch mit Missständen in Putins Staat befassen. Diese Recherchen haben mir zwei unangenehme Begegnungen mit dem Inlandsgeheimdienst FSB beschert. Einmal sind wir der Verhaftung knapp entgangen. Für diese Vorgänge gibt es Zeugen.“ (S.225)

Und, stellt Baab fest: „Es ist einigermaßen dreist, wenn Schreibtischtäter in Universitäten und Sitzredakteure in Online-Medien, die von den Zuständen in Kriegs- und Krisengebieten keine Ahnungen haben und mit eigenständigen Rechercheergebnissen noch nicht weiter aufgefallen sind, mir, der ich für unabhängige Informationsgebung den Kopf hingehalten habe, Propaganda vorwerfen.“

Der Autor sieht die Zukunft düster

Die Zukunft sieht der Autor ziemlich realistisch und ohne rosa Brille. „Deutschland wandelt sich weiter vom Sozial- zum Rüstungsstaat und entwickelt sich damit zu einem militaristischen und postdemokratischen Vasallen Washingtons, geführt von einer antidemokratischen ökolibertären Elite, die ihre eigene Bevölkerung mit Propaganda, Zensur, Digitalüberwachung und Polizei in Schach hält. Dies Elite entstammt zumeist dem gehobenen Bürgertum und akademischen Milieus.“

Haben wir wirklich nichts dazu gelernt? Ich fürchte nein.

„Die Europäische Union wird entweder als eine zerstrittener Staatenbund weiterbestehen oder ganz zerfallen, nachdem es den USA gelungen ist, die Union zu spalten. Übrig bleibt ein Europa sozial degenerierter Vasallenstaaten am Rande der Ukraine, in der fortgesetzte militärische Konflikte drohen, die auch die Nachbarstaaten langsam erschöpfen.“

Trübe Aussichten. Baab sieht die Deindustrialisierung weiter Fahrt aufnehmen. Was „zu bislang ungekannten sozialen Verwerfungen und wahrscheinlich zu einer neuen antidemokratischen Massenbewegung führen, die den Abschied von der Demokratie beschleunigt“.

Und noch mehr Unerfreuliches. Das kommt einen bitter an, liegt aber durchaus im Rahmen des vermutlich Dräuenden: „Das ist die Welt von gestern, die wieder die Welt von morgen sein wird.“ (S.252)

„Neben der Ukraine und der Europäischen Union ist Russland der dritte große Verlierer. Gewinner dieses großen Spiels sind die USA und China. Zwischen ihnen wird sich eine neue Pattsituation ergeben. (…) Doch der Niedergang der USA setzt sich fort.“ (S.253)

Baab resümiert: „All dies war absehbar. Es ist die Chronik einer angekündigten Katastrophe.“

Nach diesem gefährlichen Abenteuer kehrten Sergey Filbert und Patrik Baab im Zug von Simferopol auf der Krim über die Brücken von Kertsch zurück nach Moskau.

Wenige Tage später gibt es ein Explosion auf der Brücke. „Nur eine Fahrbahn bricht zusammen. Vor Moskau schrecke ich auf. Aus dem Schlaf gerissen kehre ich zurück in den Albtraum“, schreibt Patrik Baab gegen Ende des Buches.

Weiter: „Nach unserer Ankunft in Berlin morgens gegen vier stelle ich den Führer durch die Sowjetunion von 1928 wieder in die Vitrine. Sándor Radós Traum von einem Europa der Menschen und Völker ist ausgeträumt. Aber Träume können nicht sterben. Sie leben fort in einer anderen Zeit, Sergey und ich trinken noch ein paar doppelte Whisky. Die helfen uns auch nicht weiter. Sie rufen nur Gedanken wach an die Jahre des Friedens in Europa, die wir nie mehr wiedersehen würden.“

Am Ende sagt Patrik Baab allen Dank denen Dank gebührt. „Meine Gedanken sind bei unserem Fahrer. Sein Tod steht für all die sinnlosen Opfer auf beiden Seiten der Front. Sergey Filbert war mir nicht nur ein verlässlicher Gefährte, sondern hat auch unter Feuer die Nerven bewahrt“, heißt es u.a.

Unbedingte Leseempfehlung! Und bitte, liebe Leserinnen und Leser empfehlen auch sie das Buch weiter.

In Zeiten von teils unerträglicher Propaganda in unseren Medien bis hin zu eklatanten Verdrehungen in Sachen Ukraine-Krieg ist dieses Buch wichtig und sollte deshalb ein hohe Rezeption erfahren.

Patrik Baab

Auf beiden Seiten der Front

Meine Reisen in die Ukraine

Softcover

24,00 €*

lieferbar innerhalb von 3-4 Werktagen

Patrik Baab hat die Ukraine bereist – den Westen vor Beginn des Krieges, den Osten danach. Gemäß der journalistischen Handwerksregel „audiatur et altera pars“ – auch die andere Seite soll gehört werden – hat er auf beiden Seiten der Front mit Menschen gesprochen und ihre Leben beobachtet. Er hat die Interessen hinter den blutigen Kämpfen recherchiert.

Hier schildert er seine Eindrücke. Er analysiert den geostrategischen und wirtschaftlichen Konflikt, um den es in Wahrheit geht. Es ist das neue „Große Spiel“ der Vereinigten Staaten, von Russland und der Europäischen Union unter deutscher Führung; ein Poker am Rande eines Atomkriegs mitten in Europa – ein Tanz auf dem Vulkan.

Zum Quellenverzeichnis mit nur einem Klick

Zum Autor

Patrik Baab ist Politikwissenschaftler und Publizist. Seine Reportagen und Recherchen über Geheim-
dienste und Kriege passen nicht zur Propaganda von Staaten und Konzernmedien. Er berichtete u.a. aus Russland, Großbritannien, dem Balkan, Polen, dem Baltikum und
Afghanistan. In Russland machte er
mehrfach Bekanntschaft mit dem Inlandsgeheimdienst FSB. Auch die Staatsschutzabteilung des Bundesinnenministeriums führt eine
Akte über ihn. Im Westend Verlag publizierte er „Im Spinnennetz der Geheimdienste. Warum wurden Olof Palme, Uwe Barschel und William Colby ermordet?“ (2017)
und „Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ (2022).
Seine Homepage findet Sie hier.

Anbei:

Sabiene Jahn spricht mit Patrik Baab über sein Buch.

Dortmund: Unappetitliches politisch-mediales Kesseltreiben gegen Dr. Daniele Ganser

Kommentierender Bericht
Wir leben in irren Zeiten. In wahrlich düsteren Zeiten. Haben wir nichts aus der Vergangenheit gelernt? Sicherlich, der Einmarsch Russlands in die Ukraine, der vom Zaun gebrochene Krieg, ist völkerrechtswidrig. Wer aber nun fordert, sich für Verhandlungen einzusetzen, wird als „Lumpenpazifist“ und noch schlimmeres beschimpft. Dagegen fordern Politiker der Ampel das Liefern von immer mehr und immer schwereren Waffen in die Ukraine. Die Medien stehen da rund um die Uhr nicht zurück – im Gegenteil. Haben je schon immer mehr Waffen in einem Krieg zum Frieden geführt? Auch in diesem Krieg wird das nicht der Fall sein. Verlierer wird es jedoch auf beiden Seiten, der der ukrainischen wie auch der russischen, geben. Sind wir Deutschen nicht längst schon Kriegspartei? Die Linksparteipolitikerin Sevim Dagdelen fragte sich kürzlich, ob wir uns vielleicht nicht schon im dritten Weltkrieg befinden. So manches erinnert aber auch an 1914. An die Ur-Katastrophe Erster Weltkrieg. Ich empfehle dringend Stefan Zweigs „Die Welt von gestern“ zu lesen.
Weder Medien – ich bin ja ohnehin der Meinung, dass der deutsche Journalismus als vierte Gewalt längst auf den Hund gekommen ist – noch die Politik verliert ein Wort darüber, dass der jetzige Krieg eine Vorgeschichte hat. Sie begann mindestens am von dem von den USA mit fünf Milliarden Dollar finanzierten und mit Hilfe von Handlangern 2014 ins Werk gesetzten Maidan-Putsch in Kiew.
Derzeit ist der Schweizer Historiker und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser mit seinem Vortrag „Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?“ unterwegs. Für den 27. März dieses Jahres ist sein Auftritt in Dortmund vorgesehen. Dagegen erhebt sich nun Protest. Ein regelrechtes medial-politisches Kesseltreiben hat eingesetzt. Betrieben von den üblichen Verdächtigen. Nicht zuletzt von der ehemaligen Friedenspartei DIE GRÜNEN, die mittlerweile – wie nicht nur Jürgen Todenhöfer sagt – die gefährlichste Partei, weil Kriegspartei, im Deutschen Bundestag ist. Solche Leute und ihre gleich tickenden Apologeten, die den gleichen Stallgeruch qua Herkunft haben wie die Grünen, in den Zeitungsredaktionen, die sich einem fragwürdigen Haltungsjournalismus (oder sollten man besser schreiben: Gesinnungsjournalismus) verschrieben haben, setzen die Bezeichnung „Friedensforscher“ vor Gansers Namen in Anführungszeichen. Während sie selbst als Kriegstreiber auftreten! Verkehrte Welt! Die Nase läuft, die Füße riechen …
Mit reichlich Schaum vor dem Mund werden nun alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, Gansers Vortrag zu canceln. Überhaupt eine Unsitte heutzutage, unliebsame, kritische Personen mundtot zu machen. Wohin driftet unsere Gesellschaft? Warum geht man Diskussionen aus dem Weg? Warum traut man mündigen Bürgern in unserer Demokratie nicht mehr zu selbst zu beurteilen, was jemand sagt? Um darüber zu diskutieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Es werden nämlich immer mehr Leute, die begriffen haben, dass uns Politik und Medien immer weiter hinter die Fichte – und wenn es schlecht läuft in den Krieg – führen. Also informieren sie sich vermehrt anderweitig. Eben auch über die Vorträge von Dr. Daniele Ganser. Was daran ist verwerflich? Warum muss das verhindert werden? Weil sich dort angeblich Leute versammeln, die Rechte sind und Querdenker – gar Antisemiten? Das ist doch abenteuerlich. Und äußerst durchsichtig!
Zuerst fand ich einen Beitrag auf Nordstadtblogger.de (NSB) zur Causa. Die Einleitung: zum Artikel: „Aktuell tourt der „Friedensforscher“ und zuweilen auch als Verschwörungstheoretiker oder -ideologe bezeichnete Daniele Ganser durch die Schweiz, Österreich und Deutschland. Unterdessen beschert ihm das Schlagzeilen. Am 27. März 2023 will er in der Westfalenhalle 2 in Dortmund auftreten. Doch wer ist dieser Gast? Autor Michael Klarmann hat das für das Portal „Endstation rechts.“ beleuchtet. Seinen Beitrag übernehmen wir mit freundlicher Genehmigung.“
Ein zweiter Beitrag auf NSB schloss sich bald mit folgender Überschrift an:

Der „Friedensforscher“ gilt seit Jahren als Verschwörungsideologe

Scharfe Kritik an den Westfalenhallen – Forderung nach einer Absage des Ganser-Auftritts“

Andere Medien plappern und schießen nach. Mit dabei auch das abstoßende Portal T-Online. Das Übliche.
Dr. Daniele Ganser ist dieses Kesseltreiben gegen ihn nun auch schon aufgefallen. Auf seinem Facebook-Account schreibt er:

„Am 27. März halte ich in Dortmund einen Vortrag. Schon jetzt schreiben einige Medien gegen mich. Warum eigentlich? Ich bin gegen ein Wettrüsten in der Ukraine und für Friedensgespräche. Von dieser Position werde ich nicht abweichen. Und ja, über WTC7 wurden wir nie ehrlich informiert.“

Allerdings verfängt die Hetze gegen Dr. Daniele Ganser vorläufig nicht. Auf Anfrage von Nordstadtblogger.de lassen die Westfalenhalle GmbH wissen:
Statement der Westfalenhalle GmbH zur Veranstaltung am 27. März 2023:

„Eine Veranstaltung mit Dr. Daniele Ganser hat zuletzt in 2021 in den Westfalenhallen stattgefunden und verlief ohne Zwischenfälle. Veranstalter des Termins “Warum ist der Ukraine-Krieg ausgebrochen?” am 27.03.2023 mit Dr. Daniele Ganser ist die NEMA Entertainment GmbH. Diese ist für die inhaltliche Ausrichtung verantwortlich.

Die Westfalenhalle GmbH, die mit ihren Räumlichkeiten als Veranstaltungsort fungiert, hat die Terminanfrage der üblichen gründlichen Überprüfung unterzogen. Der Vertrag wurde anschließend mit dem Veranstalter geschlossen, welcher das Stattfinden des Termins für März 2023 planungsgemäß vorsieht. Dennoch werden wir die Veranstaltung intensiv beobachten wie auch zuletzt vor zwei Jahren. Sollten hierbei Auffälligkeiten registriert werden, behält sich die Westfalenhalle GmbH vor, künftig entsprechend darauf zu reagieren.“

Zur Veranstaltung (plus Kartenkauf):

Ort: Westfalenhalle, Halle 2, Rheinlanddamm 200, 44139 Dortmund

Foto: Der Komplex der Westfalenhallen mit der großen Westfalenhalle im Vordergrund; Aufnahme: Dieter Schütz via Pixelio.de

  • Datum: 27.03.2023
  • Uhrzeit: 20:00 Uhr
  • Dauer: 90 min

Lebenslauf Dr. Daniele Ganser: hier
Dr. Gansers Arbeit fand einst hohe Anerkennungüber seine 2005 veröffentlichte Dissertation über NATO-Geheimarmeen in Europa. Hier eine Veröffentlichung des Westend Verlags.
Als Ganser später kritische Fragen stellte zu den bis heute nicht anständig aufgearbeiteten Anschlägen von 9/11 wurde wird er vielfach diffamiert. Selbst der US-Botschafter in der Schweiz intervenierte seinerzeit an Gansers Uni gegen ihn. Der Historiker blieb indes fest und schwor nicht ab. Was das Ende von Gansers Universitätskarriere zur Folge hatte.
Wie bei anderen kritischen und somit unbequemen Geister dient das fragwürdige Onlinelexikon Wikipedia auch bei Dr. Daniele Ganser dazu, diesen zu diffamieren. Markus Fiedler hat das vor einigen Jahren am Fall von Daniele Ganser in dem viel beachteten Film „Die dunkle Seite der Wikipedia“ gezeigt.
Indes wollen die journalistischen und politischen Kesseltreiber in Dortmund (schämen die sich eigentlich nicht?) nicht aufgeben. Am 9. Februar will man die Causa auf die Tagesordnung der Ratssitzung bringen. Na, denn …
Ich vermute mal, diese Lokalposse, wird spätestens ein Sturm im Wasserglas gewesen sein, wenn Dr. Daniele Ganser seinen Vortrag am 27. März gehalten haben wird. Der Saal wird bummvoll sein. Alles wird wohl ganz friedlich vonstatten gehen. Wie bereits schon einmal 2021.
Zu vermuten steht allerdings, dass Grüne und sich als Antifaschisten gerierende Tansatlantifas vor der Veranstaltung vor die Westfalenhalle 2 stellen und etwas herummoppern. Nun ja …
Und die Gesinnungsjournalisten werden sich vermutlich bis dahin auch nicht entblöden zuvor noch ein paar Mal mit Schaum vorm Munde sabbernd in die Tasten hauen und weiter herumsudeln gegen Ganser. Sie werden das Haltung nennen.
Wo nur ist unsere Gesellschaft hingekommen?
Nachtrag (Update vom 4. Februar 2023) – Ganser-Auftritt abgesagt!
Am Abend des 3. Februar 2023 kontrollierte ich arglos soziale Medien nach interessanten Neuigkeiten.
Gleich auf Facebook sprang mir ein blaues Kästchen – darin die Schrift
+++Eilmeldung+++ stechend ins Auge. Ich las: „Westfalenhallen sagen Ganser-Auftritt ab“.

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Die üble Nachricht wirkte wie ein Schlag auf den Kopf. Mein Blutdruck stieg merklich an.
Nun ja, mach mal halblang, versuchte ich mich zu beruhigen, du bist doch nicht naiv! Stimmt. Es war schließlich damit zu rechnen gewesen, dass die offenbar irr geleiteten links-grün-woke ausgerichtete Politiker und deren Pendants (meist aus den gleichen akademischen Elternhäusern stammenden wie diese) in den Medien, die sich m.E. fälschlicherweise Journalisten nennen – denn sie tun die Arbeit, die einem Journalisten normalerweise geziemt, nicht – das Feuer unter dem Kessel noch einmal kräftig anheizen. Solange, bis die Dortmunder Westfallenhallen umfallen. Die Ruhr Nachrichten schreiben auf Facebook:

Nach heftiger Kritik haben die Dortmunder Westfalenhallen einen Auftritt von Daniele Ganser abgesagt. Das bestätigte Westfalenhallen-Sprecher Robin Uhlenbruch auf Anfrage unserer Redaktion am Freitagabend (3.2.).
In den vergangenen Wochen habe es intensive Diskussionen in der Dortmunder Öffentlichkeit um die geplante Veranstaltung mit Dr. Daniele Ganser am 27. März gegeben, teilt Uhlenbruch mit. Diese nehme man sehr ernst.

Nach verschiedenen Gesprächen, auch mit unserer Gesellschafterin der Stadt Dortmund, haben wir beschlossen, den Vertrag mit der Nema Entertainment GmbH zu kündigen“, erklärt der Hallensprecher. Die Nema Entertainment GmbH ist der Veranstalter, der die Halle angemietet hatte.
Dem umstrittenen Publizisten Daniele Ganser wird eine Nähe zu Verschwörungstheorien nachgesagt, auch wird er mit antisemitischen Aussagen in Verbindung gebracht. Auch Oberbürgermeister Thomas Westphal hatte angedeutet, eine Absage mitzutragen.
Am Freitagabend war die Veranstaltung auf der Homepage der Westfalenhallen nicht mehr zu finden (Stand: 19.47 Uhr). Im Angebot des Ticketverkäufers Eventim galt die „Veranstaltung als zur Zeit nicht verfügbar“.
Die Nordstadtblogger zitieren OB Thomas Westphal betreffs der Person Ganser so: „Dieser Herr sollte keine Räume bekommen – das ist der Demokratie nicht zuträglich.“
Seltsame Verdrehung bzw. Verkennung. Ist es nicht gerade der Demokratie nicht zuträglich, wenn solche Veranstaltungen aus fadenscheinigen Gründen verhindert werden?
Eine Schande ist dieses Einknicken, wie ich finde. Man schämt sich für die Tat der Verantwortlichen. Auch für den Dortmunder Oberbürgermeister Thomas Westphal, der die Absage ebenfalls unterstützt.
Wir sind wahrlich in schlimmen Zeiten angekommen! Dem Referenten Dr. Daniele Ganser ist nichts vorzuwerfen, was seine Vorträge justiziabel machen würde. Die im Text der Ruhr Nachrichten aufgeführten Vorwürfe, die man Ganser machte sind abenteuerlich zu nennen. Wahrscheinlich hat man die aus einschlägigen Verleumdungsportalen sowie aus der Wikipedia, der man betreffs politischer Themen, nicht nur den Stempel „umstritten“ aufdrücken, sondern auch die Warnung „Vorsicht Diffamierungsportal!“ verpassen muss. Die Verantwortlichen für dieses schändliche Vorgehen haben sich an der Meinungsfreiheit vergangen und damit auch die Demokratie weiter angekratzt, die – seien wir doch knallhart ehrlich: längst nur mehr eine Fassadendemokratie ist.
Es ist schlimm und was die Garantie von Meinungsfreiheit betrifft sehr bedenklich zu nennen, dass offenbar alle Dortmunder Ratsfraktionen hinter der Absage stehen. „Die Linke+“ hat wohl lange diskutiert, dann aber war Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski brav auf die Linie der anderen Parteien eingeschwenkt: „Wir haben als Fraktion DIE LINKE+ erhebliche Bauchschmerzen mit dem Auftritt von Herrn Ganser in Dortmund.“ […]
Einzig Heiner Garbe, Vorsitzender der AfD-Fraktion Dortmund stellte sich am 27.1. gegen die Absageforderung. Die Nordstadtblogger zitieren Garbe so: „Die Veranstaltung von Dr. Daniele Ganser“ «Warum ist der Krieg in der Ukraine ausgebrochen?“ am 27. März in der Westfallenhalle ist ein in einer pluralistischen Demokratie normales Veranstaltungsangebot. Der Versuch der Fraktionen der Grünen, der CDU und der SPD, der Westfalenhalle die Veranstaltung unter Berufung auf «Experten« diverser Polit-Netzwerke zu verhindern, zeugt von einem eklatanten Mangel an Demokratieverständnis. Es zeugt auch davon, dass die vielen gut bezahlten Vertreter der Altparteien im Aufsichtsrat der Westfallenhalle dort fehl am Platze sind, weil sie auch die ökonomischen Interessen der in einem starken Wettbewerb stehenden Halle nicht vertreten. Die Westfalenhalle wird mit erheblichen Kapitalzuführungen aus dem Stadt-Etat am Leben gehalten. […] Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind ein hohes demokratisches Gut, das es gerade hier in Dortmund immer wieder zu verteidigen gilt.“ […]
Die nicht nicht das erste Mal besonders ideologisch gefärbt berichtenden Nordstadtblogger (kommen kritische Kommentare aus der Leserschaft, schließt man gern die Kommentarfunktion) – vornweg deren Redaktionsleiter – berichteten gestern: „Beleuchten wird diese und andere Vermietungen schließlich auch der Rat: Der Ganser-Auftritt steht auf Vorschlag der AfD („Meinungsfreiheit statt Meinungstotalitarismus“) auf der Tagesordnung für die Sitzung am 9. Februar. Nach der Absage wird die Diskussion noch an Fahrt gewinnen – schließlich wollte die AfD nach eigenem Bekunden in Fraktionsstärke daran teilnehmen.“
Alles in allem ein unappetitlicher Vorgang, der auf Dortmund kein gutes Licht wirft
Es bleibt dabei: ein unappetitlicher Vorgang, der auf Dortmund kein gutes Licht wirft.
Allerdings sind auch andere Orte wo Gansers Vortrag angekündigt ist am Kesseltreiben gegen den Historiker und Friedensforscher – solche sind in diesen aufgeheizten Kriegszeiten besonders unter Beschuss – beteiligt. In Innsbruck sorgte Bürgermeister Georg Willi (Grüne) für die Absage des Ganser-Auftritts. Ganser focht es nicht an: er zog kurzerhand in einen zwanzig Kilometer entfernten anderen Ort und in eine dortige Halle um. Es wurde eine großartige Veranstaltung.
Wie Ganser bzw. sein Management sich zu der Absage stellen ist noch unbekannt.
Ich werde Sie informieren, liebe Leserinnen und Leser.
Es bleibt dabei: Wir leben in schlimmen Zeiten. Das darf nicht so bleiben.

Beitragsbild: Christoph Hardt

 Wie Ganser bzw. sein Management sich zu der Absage stellen ist noch unbekannt.
Ich werde Sie informieren, liebe Leserinnen und Leser.
Es bleibt dabei: Wir leben in schlimmen Zeiten. Das darf nicht so bleiben.

Update vom 6. Februar 2023: Stellungnahme von Dr. Daniele Ganser auf Facebook

„Am 27. März 2023 möchte ich einen Vortrag zum Ukrainekrieg in Dortmund halten. Ich bin dagegen, dass Deutschland Panzer liefert. Das Interesse am Vortrag ist gross, was mich freut. Die Westfalenhalle mit 2000 Plätzen ist bereits ausverkauft. Es gibt keine Tickets mehr. Doch lokale Politiker in Dortmund von der Grünen Partei haben mit Unterstützung der SPD und der CDU und einigen Medien Druck auf die Westfalenhalle GmbH ausgeübt. Diese hat am 3. Februar 2023 den gültigen Mietvertrag gekündigt. Das halte ich für unfair. Ich und mein Team werden mit allen juristischen Mitteln gegen die Kündigung unseres Mietvertrages vorgehen und auf vertragsgemässe Durchführung des Vortrages klagen. Alle die ein Ticket gekauft haben bitte ich um Geduld bis die Gerichte den Fall Dortmund geklärt haben. Ich möchte auf jeden Fall nach Dortmund kommen. Ich freu mich auf den Vortrag! Ich lasse mich nicht einschüchtern. Zensur findet nicht statt. So heisst es im Grundgesetzt. Gerade in Kriegszeiten ist das wichtig.“

Update vom 8. Februar 2023 via Daniele Ganser auf Facebook

Wie geht es in Dortmund weiter, wo ich am 27. März meinen Vortrag zum Krieg in der Ukraine halten möchte? Im Vortrag sage ich, Deutschland sollte keine Panzer liefern. Daher versuchen Lokalpolitiker von den Grünen mit Unterstützung der SPD und der CDU meinen Vortrag zu verhindern. Die Lokalpolitiker haben Druck auf die Westfalenhalle GmbH gemacht. Diese konnte dem Druck nicht standhalten und hat am 3. Februar den gültigen Vertrag gekündigt. Morgen am 9. Februar tagt in Dortmund in derselben Westfalenhalle der Stadtrat, das lokale Parlament mit 86 Mitgliedern. Unter Traktandum 10 «Meinungsfreiheit statt Meinungstotalitarismus – Kein Auftrittsverbot für Dr. Daniele Ganser» fordern die Vertreter der AfD im Stadtrat, dass ich meinen Vortrag halten darf. Zudem findet am selben Tag vor der Westfalenhalle eine Demonstration für Frieden und Meinungsfreiheit statt. Ich habe die Demonstration nicht organisiert und werde auch nicht vor Ort sein. Auf dem Flyer für die Demo steht ein Zitat von Karl Jaspers. Dieser sagt richtig: «Frieden ist nur durch Freiheit, Freiheit nur durch Wahrheit möglich.» Ich möchte meinen Vortrag in Dortmund am 27. März unbedingt halten. Ich und mein Team werden juristisch gegen die Kündigung unseres gültigen Mietvertrages vor dem Landgericht in Dortmund klagen. Am Schluss muss vermutlich ein Richter entscheiden, ob Mietverträge in Deutschland noch etwas wert sind und ob die Meinungsfreiheit noch gilt. Alle die ein Ticket gekauft haben bitte ich um Geduld. Wir müssen abwarten, wie sich diese Geschichte entwickelt. Zensur findet nicht statt. So heisst es zumindest im Grundgesetz.

Update vom 10. März 2023

Verwaltungsgericht: Dr. Daniele Ganser darf in den Westfalenhallen Dortmund auftreten