… und GAZA und … – Politische Gedichte von Rajani Kanth. Rezension

Bisher sind durch die israelischen Angriffe auf Gaza nach dem Hamas-Überfall auf Israel rund 22.000 Tote zu beklagen. Darunter eine hohe Anzahl von Frauen und Kindern. Die Rede ist von nahezu 8000 Kindern! Viele tote dürften noch unter den Trümmern liegen. Es sind also sehr viele Zivilisten ums Leben gekommen. Ein großes Verbrechen.

Warum ist der Aufschrei über das widerliche Gemetzel nicht viel größer – besonders bei uns hierzulande? Südafrika hat Israel vor dem Internationalen Gerichtshof verklagt und des Völkermords beschuldigt. Die Anhörungen dazu wurden nun für den 11. und 12. Januar angesetzt.

Für unser Land kann man sich nur schämen. Deutschland macht sich in doppelter Weise mitschuldig am Verbrechen des Völkermordes: durch den geschichtlichen Holocaust seitens Hitlerdeutschlands an den Jüdinnen und Juden, sowie beim gegenwärtigen Genozid an den Palästinenserinnen und Palästinensern und der Vertreibung aus ihrer angestammten Heimat.

Die Menschen in Palästina sind im übertragenen Sinn Opfer der jüdischen Opfer des verbrecherischen NS-Regimes. Das Versprechen einer Zwei-Staaten-Lösung wird von Israel sabotiert. Sie ist – wie Moshe Zuckermann, ein israelisch-deutscher Soziologe und emeritierter Professor für Geschichte und Philosophie an der Universität Tel Aviv, immer wieder anmerkt – inzwischen tot. Zumal ja in den vergangenen Jahren immer mehr israelische Siedler auf dem möglichen palästinensischen Staatsgebiet seßhaft gemacht worden sind. Zuckermann ist sich überdies darin sicher, dass Israel nie einen Frieden mit den Palästinensern gewollt hat. Der Krieg in Gaza ist nicht ein Krieg zwei Staaten, sondern zwischen Besatzern und Besetzten. Die Blockade jeglicher Zufuhr von Energie, Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten nach Gaza, die Zerstörung humanitärer und und lebensnotwendiger Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen sowie Moscheen und Kirchen nimmt bewusst die Zivilbevölkerung ins Visier und verantwortet deren totale Ausrottung. Der Krieg gegen Gaza ist Völkermord. Die Gleichsetzung von Jüdinnen und Juden mit Israel, die Enthistorisierung eines langen schwelenden Konfliktes wird durch das undemokratische Konstrukt von ,,Staatsraison“ und ,,bedingungsloser Solidarität“ zur Teilhabe an Kriegsverbrechen.

Der kleine pad-Verlag aus Bergkamen (hier auf meinem Blog finden Sie übrigens eine Reihe von Rezensionen, welche sich mit dort erschienen interessanten Broschüren beschäftigen) hat zeitnah auf den unmenschlichen Gaza-Krieg Israels gegen die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen reagiert. Er veröffentlicht eine Reihe von politischen Gedichten von des Inders Rajani Kanth. Der Titel: „ … GAZA und … “

Gewidmet ist die Veröffentlichung dem palästinensischen Lyriker Ri`at al-Ar`ir, welcher in Gaza durch einen gezielten Angriff der israelischen Armee am 6. Dezember 2023 zusammen mit seinem Bruder und dessen Sohn sowie seiner Schwester und deren drei Kindern ermordet worden ist.

Im Vorwort zur Broschüre macht Rudolph Bauer darauf aufmerksam, dass ihr Titel an Erich Fried (1921-1988) an dessen Lyrikband und VIETNAM und. Frieds Einundvierzig Gedichte – so der Untertitel seines Buches – sind während des Zweiten Indochina- / Vietnamkriegs (1955-1975) erschienen.

Bauer: „Nach seiner Erstveröffentlichung im September 1966 wurde der Gedichtband von überregionalen Presse totgeschwiegen – insofern auch damals schon im Mainstream. Die Vietnam-Gedichte wurden weder von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) rezensiert, noch von der Zeit oder der Frankfurter Rundschau, weder von der Welt noch von der Süddeutschen Zeitung.“ (S.5)

„In der jetzigen, bedrohlich fortschreitenden Situation der Hochrüstung, Militarisierung, Mobilmachung und Kriegshetze bedeuten die Gedichte von Rajani Kanthmit vollem Namen: Rajani Kannepalli Kanth – ein verzweifeltes Innehalten, eine dramatische Anklage, ein Aufleuchten schriftstellerischer Verantwortung, Bruderworte der antimilitaristischen Solidarität. Sie sind ein nicht zu überhörender Ruf nach Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Frieden.“

(Aus der Einleitung von Rudolph Bauer)

Seinem Gedicht unteilbare schande (S.33) hat Rajani Kanth Worte von Mahatma Gandhi vorangestellt:

Der Westen – in unteilbarer Schande

Was ist das für ein Sieg, wenn der Sieger besiegt bleibt? Macht es für die Toten, die Waisen und die, deren Häuser zerstört wurden, einen Unterschied, ob das wütende Vernichten im Namen des Totalitarismus begründet wurde oder im Namen von Freiheit und Demokratie? Was ist ein Kriegsverbrecher? Ist nicht der Krieg selbst ein Verbrechen gegen Gott und die Menschheit? Sind daher nicht all diejenigen Verbrecher, die Kriege gutheißen, anzetteln und durchführen? Die Schwachen können es nicht vergessen. Vergebung ist das Attribut der Starken. Die Nicht-Kooperation mit dem Bösen ist eine heilige Pflicht.

(Mahatma Gandhi)


unteilbare schande


es gibt keine andere art es festzustellen


der holocaust in Gaza ist ihr letzter strohhalm


nicht-europäer abzuschlachten wie tiere war über vierhundertjahre lang ihr leitmotiv


was bei Gaza den unterschied macht das ist weil alle es sehen unwiderlegbar mit eigenen augen auf breiten bildschirmen ein für alle mal


sicher | sie haben allen ausländischen journalisten den zugang verboten (und wie gewöhnlich das recht der „freien rede“ zelebriert) aber die tapferen palästinenser berichteten ununterbrochen auch wenn sie beschossen und erschossen werden


schulen krankenhäuser bäckereien kirchen moscheen: das neo-faschistische gemetzel ist unaufhörlich und findet kein ende

? haben sie historisch nicht genug blut an ihren händen und warum wünschen sie sich noch mehr reißende sturzbäche davon […] (S.33) (Ausschnitt)

Ein Nachwort von Wolfram Elsner

Das Nachwort zur Broschüre hat Wolfram Elsner geschrieben
Er hatte Rajani Kanth im Jahr 1987 an der University of Utah (UofU) in Salt Lake City (SLC) kennengelernt und in Abständen immer wieder getroffen. „Kanth stammt aus wohlhabender Familie – und Marxist. Mit seiner Herkunftsfamilie hatte er gebrochen.
Er war lebendig, interessiert, diskussionsfreudig, stellte Fragen … und eine mehr als 35-jährige Kollegialität und Freundschaft begann bei diesem Lunch. Wir trafen uns öfter, hatten uns was zu sagen, ich der theoretisch ,,evolutionäre und Institutionen-Ökonom“, er der Marxist „plus“.“
Zwei Jahre später kam er zur Lehre nach Bielefeld. Wäre ich bewusster vorgegangen, hätte ich ihn für ein Sommersemester eingeladen. Aber es wurde ein Wintersemester. Er kam also in einen norddeutschen November. Über norddeutschen Spätherbst und Winter wusste er offenbar nichts.“ […]

Ich schließe mich den Worten Wolfram Elsners betreffs der Beurteilung der Gedichte an und mache sie sozusagen mit Verlaub auch zu meinen: «Spaß beim Lesen kann man nicht wünschen. Es wird sich sicher nicht einstellen, aber Aha-Effekte en masse. Kanth schöpft aus einem großen lebenslangen interkulturellen Wissens-, Erkenntnis- und Erfahrungsfundus und wendet seine wissenschaftlichen Erkenntnisse und Methoden an, in künstlerischer Form. Das ist eine spektakuläre Ergänzung und Erweiterung zum vorhandenen „Konzert“ der aktuellen Nachrichten und Kommentierungen.

Danke, Raj“ Danke, Rudolph! Gut zu wissen, dass es Wissenschaftler und Menschen wie euch gibt. Denkende und mitfühlende Menschen werden Euch las LeserInnen finden.«

Noch ein Hinweis

Und, verehrte Leserinnen und Leser, bitte verabsäumen Sie nicht dem Kapitel „Zeitleiste größerer Kriege der USA Jahr für Jahr (von 1776 – 2011)“ (S.63) intensive Aufmerksamkeit zu widmen. Erschreckend! Diese Daten werden ja von den meisten unserer Politiker und ihnen zum Munde schreibenden und sendenden Mainstream-Medien gern unterschlagen. Sie finden diese der original-Daten-Quelle auch hier.

Und: Bitte empfehlen Sie diese wichtige Broschüre gern weiter.

Der Autor

Rakamı Kanth


Rajani Kannepalli Kanth ist Professor, Wirtschaftswissenschaftler, Philosoph und Gesellschaftstheoretiker. Er ist in Indien geboren und besitzt die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Er lehrt auf den Gebieten der Anthropologie, der Soziologie und Politikwissenschaft, der Geschichte, der Wirtschaft und der Philosophie. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Ökonomie, Sozialtheorie und Politik sowie Frauenfragen. Neben seiner weltweiten universitären Lehr- und Forschungstätigkeit war er in New York als Berater für die Vereinten Nationen tätig. Im Jahr 2007 gründete er in Salt Lake City, Utah, den Weltfriedenskongress; siehe https://en.wikipedia.org/wiki/World_Peace_Congress.


Leben und Bildung


Rajani K. Kanth wuchs in Madras, Indien, auf und hat an verschiedenen Institutionen in Indien und im Ausland studiert, darunter am St.George’s College, am Loyola College, an der Delhi School of Economics, der Columbia University und der New School for Social Research. Er hat einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften/Statistik/Politik erworben, sowie je einen Master-Abschluss in Soziologie und Ökonomie. Promoviert hat er 1980 auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften mit ciner Arbeit über,,Politische Ökonomie und Laissez-faire“, die 1986 publiziert wurde.


Akademischer Werdegang


Kanth begann seine akademische Laufbahn als Dozent fir politische Soziologie an der neu eröffneten indischen Jawaharlal Nehru Üniversity in Neu Dehli. 1974 besuchte er die Columbia University, von der er 1975 an die New School for Social Research in New York wechselte.1979 lehrte er an der UN International School in New York, an der St.Jho Oniversity sowie als Teaching Fellow an der New School for Social Research. Im selben Jahr erwarb er seinen zweiten Master in Wirtschaftswissenschaften, während er gleichzeitig als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Columbia University tätig war und 1980 in Wirtschaftswissenschaften promovierte. Seine Doktorarbeit wurde 1986 als Buch mit dem Titel,,Politische Ökonomie und Laissez-faire““ veröffentlicht.


Nach einer Zeit als Wirtschaftsberater der Vereinten Nationen, des UNFPA und des Centre for Transnational Corporations in New York zwischen 1979 und 1981 kehrte er an die Akademie zurück und wech、selte dann an die State University of New York, wo er bis 1985 lehrte.Von da an übernahm er Positionen in einer Vielzahl von Institutionen:u. a. am Providence College der University of Utah, der Oxford University in Großbritannien, an den deutschen Universitäten Bielefeld und Bremen, der Universität Aarhus in Dänemark, der University of New South Wales und der University of Technology in Australien, am Wag ner College in New York, an der National University of Singapore und an der Harvard University. 2012 war er als Fellow am Institute for Advanced Studies der Jawaharlal Nehru University in Indien.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen
Political Economy and Laissez-Faire. 1986 – Explorations in Political Economy. 1991 – Capitalism and Social. Theory. 1992 – Paradigms in Economic Development. 1994 – Against Economics: Rethinking Political Economy. 1997 – Breaking with the Enlightenment.1997 – Against Eurocentrism. 2005 – The Challenge of Eurocentrism. 2009
Towards Immediacy in World Peace. 2013 – The Post-Human Society.
2013


Schriftstellerische Publikationen


The ‚Forever Young Regime. 2013 – Revue: A Boutique of Verse.2013. The Matter With Danny. 2013 – The Last Journey: A Voyage to the Center of the Soul. 2013.

Zu Rudolph Bauer

Rudolph Bauer ist Politikwissenschaftler, Schriftsteller und Künstler. Einer der wenigen, die sich in Bild und Schrift auch künstlerischer Ausdrucksmittel bedienen, um ihr fachliches Wissen mit politisch-kritischem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Er war Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u. a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Berufliche Erfahrungen sammelte er u. a. als freier Mitarbeiter und Journalist bei Tageszeitungen und Zeitschriften, bei „konkret“ und der Frankfurter Studentenzeitung „Diskus“; als freiberuflicher Sozialforscher in Offenbach/Main; als Forschungsassistent und Vertretungsprofessor an der Universität Gießen; als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für das Chinesisch-Deutsche Lexikon am Fremdspracheninstitut Nr. 1 der Universität in Beijing in der VR China; als Fellow in Philanthropy am Institute for Policy Studies der Johns Hopkins University in Baltimore/Mass. in den USA. Bauer ist Autor bzw. Herausgeber einer Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen.

Zu Wolfram Elsner

Wolfram Elsner: Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bremen; 2012-2014 und 2014-2016 Präsident European Association for Evolutionary Political Economy – EAEPE ; Lehr- und Forschungsaufenthalte in Europa, USA, Australien, Südafrika, Russland, Mexiko, China; assoziierter Professor der Univ. of Missouri―Kansas City (UMKC), USA, und der Jilin Uni, Changchun, China; Editor-in-Chief des Review of Evolutionary Political Economy – REPE.

Zur Broschüre

INHALT: Vorwort Rudolph Bauer / Das Biest / Was ist das Leben von Nicht-Europäern wert? / Ulima Thule / Das Ende des Imperiums / Die Wurzeln allen Übels / Helfershelfer der Massenmörder /Der Westen in unteilbarer Schande / Wer stoppt den Genozid in Gaza? / Haben 30 Tage die Welt verändert?/Gruß nach Gaza / Brüderlichkeit / von Guernica bis Gaza. Oder: Die endlose Kette des Bösen / Gräueltaten: Guernica, Dresden und Gaza / Wertfrei? / Über die Einzigartigkeit / Zeitleiste größerer Kriege der USA Jahr für Jahr (von 1776 – 2011) / Nachwort von Wolfram Elsner I Zur Person: Der Autor der politischen Gedichte – Der Übersetzer und Bildmonteur – Der Verfasser des Nachwortes

Rajani Kanth
… und GAZA und …
Politische Gedichte
ca. 80 Seiten, 6.– e*
Nachdichtungen und Bildmontagen: Rudolph Bauer
Nachwort: Wolfram Elsner

Redaktion pad-Verlag: Peter Rath-Sangkakorn


*Staffelpreis bei Direktbestellung ab 5 Expl: 5.–/St.
pad-Verlag- Am Schlehdorn 6

59192 Bergkamen /pad-Verlag@gmx.net

Beitragsfoto, Foto Wolfram Elsner: Claus Stille

Foto Rifat El-Arir: Screenshot C.S.

Foto: Rudolph Bauer: via Screenshot weltnetz.tv

Anbei gegeben:

„Lauterbach ./. Bauer – Die Rückkehr der Majestätsbeleidigung oder die Freiheit der Kunst“ (Rezension)

«Der US-Politiker Robert F. Kennedy sagte 1966 bei einer Ansprache in Kapstadt:

Es gibt einen chinesischen Fluch, der da lautet: ‘Möge er in interessanten Zeiten leben!’ Ob wir es wollen oder nicht – wir leben in interessanten Zeiten…“
(„There is a Chinese curse which says, ‘May he live in interesting times.

Journalisten griffen diesen Gedanken auf und verbreiteten ihn. So kam es, dass dieses angeblich chinesische Sprichwort den meisten Chinesen nicht bekannt ist.

(Quelle: Ostasieninstitut)

Wie auch immer. Ich behaupte, wir leben in Zeiten, die uns grausen machen (sollten).

Wer hat uns wann, wie und warum verflucht?

Heftig aufmerken lassen sollte uns – neben so einigen anderen fragwürdigen Geschehnissen und Ereignissen der letzten Jahre – der Fall Professor Rudolph Dr. Bauer.

Um was es da geht, darüber setzt uns die Pressemitteilung „Hausdurchsuchung wegen politischer Kunst“ (Abbildung via weltnetz.tv) des Betroffenen, welche das Magazin „Hinter den Schlagzeilen“ am 14. August 2023 veröffentlicht hat, ins Bild (Auszug):

«In den frühen Morgenstunden des 10. August 2023 (Donnerstag der 32. Kalenderwoche) wurde in der Wohnung des Bremer Künstlers und Politikwissenschaftlers Rudolph Bauer eine fünfköpfige Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Durchsuchungsbediensteten waren teils bewaffnet und mit Schutzwesten ausgestattet. Gegen Professor Dr. Bauer wurde auf Beschluss des Amtsgerichts Bremen ein Ermittlungsverfahren des Kommissariats Staatsschutz bei der Direktion Kriminalpolizei des Landeskriminalamts Bremen eingeleitet.

Die Hausdurchsuchung erfolgte „wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u. a.“. Anlass sind vier von über tausendfünfhundert Bildmontagen, die der Künstler unter dem Hashtag #bauerrudolph auf Instagram als politische Kunst mit der Kennzeichnung #politicalart veröffentlicht hat.

Bei der Hausdurchsuchung wurden als „Beweismaterial“ Bauers Smartphon und fünf Kunsthefte der Edition Kunst des Bergkamener pad-Verlags sichergestellt. Durchsucht wurden sämtliche Räume, Nebenräume, Schränke und Schubladen, auch die der Frau des Künstlers, sowie Dokumente und persönliche Unterlagen. Die 120 Regalmeter der umfangreichen Bibliothek des Wissenschaftlers wurden fotografisch festgehalten.« (…)

Mit der kürzlich veröffentlichten Broschüre „Lauterbach ./. Bauer. Die Rückkehr der Majestätsbeleidigung oder die Freiheit der Kunst“ hat nun seinerseits der pad-Verlag, welcher ja Kunsthefte von Rudolph Bauer in seiner Edition Kunst veröffentlicht hatte, auf den schier unfassbaren Vorfall reagiert.

Auch hier auf meinem Blog wurde auf die künstlerischen Arbeiten von Rudolph Bauer eingegangen.

In der soeben erschienen Broschüre schreibt Angelika Gutsche: «Der kleine pad-Verlag hat in seiner Reihe „Edition Kunst“ inzwischen fünf Kunsthefte von Rudolph Bauer veröffentlicht, unter anderem 2023 die pad-Edition Kunst #2 mit dem Titel „Charaktermasken“. Der Autor wurde nun vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach wegen Beleidigung angezeigt, woraufhin das Amtsgericht Stuttgart Rudolph Bauer umgehend einen Strafbefehl in Höhe von Euro 3.000 zustellen ließ. Und auch die Verfahrenskosten in nicht angegebener Höhe seien vom Autor zu tragen.

Die Broschüre, die an Michael Ballweg adressiert war, wurde von der JVA Stuttgart-Stammheim an Karl Lauterbach weitergeleitet.“ (S.8)

Der Querdenken-Gründer Ballweg saß damals noch in Untersuchungshaft in der erwähnten JVA. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß.

Um was ging es? Angelika Gutsche zur Post, welche der Untersuchungshäftling Ballweg bekommen hatte: «Fündig wurden die Beamten in der Postsendung vom 07.02.2023 von Rudolph Bauer an Michael Ballweg, denn darin befanden sich zwei der Edition Kunst-Broschüren, die Rudolph Bauer zum Thema Corona-Maßnahmen verfasst hatte. In dem am 12. Juli zugegangenen Strafbefehl heißt es dazu wortwörtlich: „Der Brief enthielt zwei Bände mit zahlreichen Fotomontagen, mit denen Feindbilder aus dem Coronaleugner-/Impfgegner-Milieu bedient wurden, der […] enthielt auf S. 12 eine Fotomontage, bei der ein Foto von Prof. Dr. Lauterbach derart verändert worden war, dass zum einen ein Hitlerbart hinzugefügt und zum anderen ein angewinkelter Arm in einer Weise eingefügt worden war, die an die von Adolf Hitler seinerzeit üblicherweise verwendete Erwiderung auf den Hitlergruß erinnert“. Damit hätte Rudolph Bauer seiner Missachtung gegenüber Karl Lauterbach ausdrücken wollen. Eine interessante inhaltliche Interpretation eines künstlerischen Werkes von dafür bestimmt hervorragend qualifizierten Personen.«

Und Gutsche fährt fort: «Rudolph Bauer stellt zu Recht fest: „Ein dubioses Verfahren, bei welchem von einer Gewaltenteilung kaum noch die Rede sein kann. Im Gegenteil: Justiz, Justizvollzug, Staatsanwaltschaft, Ermittlungsbehörden und Politik kollaborieren im vorliegenden Fall zu Lasten eines Bürgers, der an einen nicht verurteilten Untersuchungshäftling, für den immer noch die Unschuldsvermutung spricht, Post geschickt hat.“ (S.9)

Gutsche ist folgender Meinung: «Wenn Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens karikiert werden, kann das niemals eine „persönliche Beleidigung“ sein, sondern es werden mit dem Stilmittel der Karikatur gesellschaftliche und politische Missstände, die sich an der öffentlichen Funktion qua eines Amtes festmachen, an den Pranger gestellt. Dies kann durchaus in provokativ-überspitzter Form geschehen. Dass Rudolph Bauer seine Fotomontagen als künstlerischen Ausdruck versteht, ist explizit und deutlich kenntlich gemacht.

Bei Überschreiten der Grenzen des künstlerischen Erlaubten wäre der korrekte juristische Weg, durch einen richterlichen Beschluss die Schwärzung der betreffenden Bildmontage zu verfügen oder gleich die ganze Broschüre einstampfen zu lassen. Nachdem aber unser Grundgesetz die Kunstfreiheit garantiert, wäre einem entsprechenden juristischen Vorgehen wohl kaum Erfolg beschieden.« (S.10)

Die inkriminierte Bildmontage finden Sie im rundum sehr treffenden Text von Uli Gellermann (Journalist und Herausgeber des Online-Magazins „Rationalgalerie“, welcher die hier besprochene Broschüre mit dem Titel „Hitler – Lauterbach – Bauer“. Gericht will Grundgesetz außer Kraft setzen“ (S.7) einleitet. Oder direkt im Netz auf dem Portal „Rationalgalerie“, wo der Text am 19.7.2023 erschienen war.

Ich empfehle hier ausdrücklich auch den Erwerb der Broschüre, welche die Bildmontage enthält: Rudolph Bauer: Charakter-Masken. Bildmontagen. Bergkamen: pad Verlag 2023 (= pad Edition Kunst #2), 84 Seiten, 9.00 Euro.
Bestelladresse (direkt):
pad-Verlag@gmx.net

Das Vorgehen gegen den Künstler Rudolph Bauer könnte auch nach hinten losgehen

Empfehlenswert, weil in ihm der vorliegende Fall sehr genau und tief lotend analysiert und kunstgeschichtlich eingeordnet wird, der Beitrag in der hier vorzustellenden Broschüre von Holger Platta (ab S.11).

Nicht zuletzt deshalb, weil Platta Bauers Arbeiten durchaus in der Tradition John Heartfield (Beispiel „Der Sinn des Hitlergrusses; entstanden 1932)“ (S.28) und George Grosz (S.25; Beispiel: Gemälde „Stützen der Gesellschaft“; entstanden 1926) sieht. Lesen Sie dazu Holdger Plattas Text im Unterkapitel „Personalisierung“ in der Kunst – zweiter Teil: zwei kunstgeschichtliche Beispiele, die es in sich haben (S.24)

Sehr einleuchtend und kaum abzustreiten in Bezug auf Bauers inkriminierte Bildmontage auch Plattas Aussage: «Politik lässt sich – gerade in der Bildenden Kunst – oft gar nicht anders darstellen und kritisieren als in der Gestalt von Politikern, die Politik betreiben. Insofern ist Bildende Kunst sehr oft zur „Personalisierung“ gezwungen, wenn sie – eigentlich – Politik kritisieren will (was ihr gutes Recht ist!) Aus dieser „Personalisierung“ den juristischen Schluss zu ziehen, damit würden automatisch auch die Personen selber kritisiert, missversteht grundlegend politische Kunst, man könnte auch sagen: der hat politische Kunst schlicht nicht begriffen! (…) Bauer hat mit seiner Bildmontage Politik kritisiert, Politik, die unter den Zwängen der sozialökonomischen Verhältnisse betrieben wird (so Bauers Auffassung), nicht aber eine Privatperson oder das Individuum oder Subjekt Karl Lauterbach.«

Holdger Platta informiert, dass Prof. Dr. Bauer inzwischen Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat. Es wäre denkbar, dass die Strafsache demnächst ohne weitere Folgen eingestellt wird. Werde der Einspruch jedoch verworfen, stehe dem Bremer Künstler das Rechtsmittel der „sofortigen Beschwerde“ zu. (S.35) In der Folge könne zu einer Hauptverhandlung am Stuttgarter Landgericht kommen.

Abschließend teilt Platta mit:

«Es ist durchaus möglich, dass im vorliegenden Fall sogar Klage erhoben werden könnte gegen die Stuttgarter Staatsanwaltschaft mitsamt des zuständigen Gerichts wegen Amtsmissbrauchs nämlich! Ich bin sicher, dass Rudoph Bauers Anwalt auch dieses prüfen wird, die Frage nämlich, ob nicht „Rechtsbeugung“ (§ 339 StGB) oder „Verfolgung Unschuldiger“ (§ 344 StGB) das Verhalten der Stuttgarter Behörden überprüft werden muss. Und gegebenenfalls kommt auch Absatz 4, Punkt 2 des Nötigungsparagraphen 240 StGB in Betracht.«

Das Vorgehen gegen den Künstler Rudolph Bauer könnte auch nach hinten losgehen.

Aber Sie wisssen ja auch, liebe Leserinnen und Leser: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.

Zustimmen könnte man Platta ohne Weiteres hier (S.37):

«Schon seit längerem existiert der Bedarf, das Grundgesetz vor manchen seiner Verteidiger verteidigen zu müssen. Seit längerem schon handelt es sich bei dem Grundgesetz um einen Text, der sozusagen links vom allgemeinen Bewusstsein angesiedelt ist. Allen Ernstes meine ich jedenfalls: die Freiheit der Kunst in Artikel 5, Absatz 3, GG, würde heute mit Sicherheit nicht mehr so einschränkungslos beschlossen werden wie im Jahre 1949, am 23. Mai.« (…)

Sehr informativ betreffs des künstlerischen Anspruchs des Lyrikers Rudolph Bauer und sehr aussagekräftig was dessen Persönlichkeit anlangt, ist das Interview welches Eugen Zentner mit ihm geführt hat. (S.42)

Die Broschüre schließt mit der Veröffentlichung von Rudolph Bauers „Pressemitteilung zum Strafbefehl gegen den Absender von Post an Michael Ballweg“. (S.47)

Ein wichtige und hoch informative Broschüre zur „Causa Rudolph Bauer“ aus dem kleinen pad-Verlag, der immer wieder wichtige Autoren zu Fragen der Zeit zu Wort kommen lässt.

Der Verlag über die Broschüre:

«Wenn in gut geschmiert funktionierenden Einwickeldemokratien Staatsbürger ihre primäre Souveränität an Gewählte abgeben, werden aus Parlamenten Kollektivmonarchien. Und in schlechter deutscher Untertanentradition finden sich immer wieder Helfershelfer – auch und vor allem in der Beamtenschaft -, die deutlich machen: das besondere Treueverhältnis des Beamten zum Staat geht einher mit einem speziellen Untreueverhältnis zur Demokratie.


Nachdem drei Jahre Coronaplandemie mit gravierenden Grundrechtseinschränken exekutiert worden sind und eigentlich eine demokratische Aufarbeitung („Vergangenheitsbewältigung“) nötig ist, wird sie verdrängt. Auch die nicht mehr zu verschweigenden Impfschäden erfordern endlich eine Aufarbeitung und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, die in Politik und Ärzteschaft millionenfach sehenden Auges gegen den ,,Nürnberger Kodex“ verstoßen haben.


Der Konflikt Lauterbach ./. Bauer, die Umstände seines Zustandekommens: bewaffnete Wohnungsdurchsuchung, Handybeschlagnahme und mehr bedeuten nicht nur weitere Grundrechtsverletzungen. Sie sind auch auf dem Hintergrund der Machterweiterung der WHO, einem zunehmend immer größer werdenden pharamazeutisch-industriellen Komplexes Vorboten für die Wiederauflage eines hysterischfaschistoiden Hygienestaates.«

Wir sind in der Tat in wahrhaft „interessanten Zeiten“ angekommen! Erschreckend. In einem Deutschland, das nach Aussage einer bestimmten Dame, das beste sei, in welchem wir jemals lebten. Besten Dank auch!


INHALT:

Peter Rath-Sangkhakorn (Hrsg.)
HITLER – LAUTERBACH – BAUER. Gericht will Grundgesetz außer Kraft setzen (Uli Gellermann) / Lauterbach gegen Bauer oder Die Freiheit der Kunst (Angelika Gutsche) /Straftatbestand Grundgesetz? Was allem Anschein nach die Staatsanwalt Stuttgart von unserer Verfassung hält (Holdger Platta) | WIDERSTAND & SYSTEM.Fallbeispiel Lauterbach: Zur Attacke auf die Meinungs- und Kunstfreiheit (Gunter Sosna) / DIE VERANTWORTUNG DER KUNST(Eugen Zentner interviewt Rudolph Bauer) / Post-Covid-„Majestätsbeleidigung“: Eine Stuttgarter Justizposse? (Rudolph Bauer)

Schriftenreihe FORUM GESELLSCHAFT UND POLITIK e.V.

pad-Verlag

Bestelladresse direkt: pad-Verlag@gmx.net

Die Seite im Netz: http://www.pad-Verlag.de


ISBN: 978-3-88515-364-1
<6.00>

„Endspiel Europa“ von Ulrike Guérot und Hauke Ritz – Rezension

Für eine mit Herz und Verstand glühend viele Jahre sich für Europa engagierende Politikwissenschaftlerin wie Ulrike Guérot muss es schmerzhaft gewesen sein vom Scheitern des europäischen Projekts zu schreiben. Aber es zeugt eben auch davon, dass die Autorin sich nichts vormacht und realistisch auf den Zustand der Europäischen Union blickt. Und doch ist das zusammen mit dem Geschichtsphilosophen Hauke Ritz entstandene Buch „Endspiel Europa“ kein ausschließlich schwarz malender Abgesang auf das einstige Friedensprojekt. Dafür spricht der Untertitel des Buches: „Warum das politische Projekt Europa gescheitert ist – und wie wir wieder davon träumen können“

Um es gleich anzumerken: Dass auch hier wieder von Europa die Rede ist, wenn doch eigentlich die Europäische Union (EU) gemeint ist, behagt mir wie sooft auch hier nicht. Schließlich ist Europa einiges mehr als es die EU. Aber wir wissen ja was gemeint ist.
Gewidmet ist das Buch übrigens Michail Sergejewitsch Gorbatschow (1931 – 2022) und Jaques Delors (*1925). Für letzteren arbeitete Ulrike Guérot einst einmal.

Sobald Europa wieder erwacht, kehren Wahrheitsfragen in die große Politik zurück. Auf Dauer hängen Erfolge Europas von der Fähigkeit der Europäer ab, an ihre Rechte auf Erfolg zu glauben.“
So wird Peter Sloterdijk im Buch zitiert. Wird Europa wieder erwachen, oder wird es im Strudel falscher Entscheidungen und unter Führung unfähiger, nicht selten offenbar geschichtsblinder Politikerinnen und Politiker – denn wo sind heute Größen wie Helmut Kohl, Willy Brandt, Helmut Schmidt, Olof Palme und Bruno Kreisky? – absinken. Ich vermute einmal den USA gefiele Letzteres.

Denn es lässt sich – ganz ohne Häme, sondern mit Trauer – konstatieren, dass das heutige Amerika, sozial verwahrlost und kulturell ausgelaugt, nicht mehr jenes country of freedom ist, das die einstige Strahlkraft ausgemacht hat“, schreibt Ulrike Guérot in einem Gastbeitrag zu ihrem zusammen mit Hauke Ritz geschriebenen Buch für das neu auf dem Markt befindliche „Stichpunkt Magazin“.
Schließlich ist das Imperium USA längst auf dem absteigenden Ast. Wir wissen aus der Geschichte: alle Imperien sind über kurz oder lang gestrauchelt und schlussendlich gefallen. Mir scheint, die USA wollen diesen Fall noch lange dadurch hinausschieben, indem sie u.a. Länder der EU (maßgeblich gewiss Deutschland) weg- und niederdrücken, um selbst deren Stelle zu übernehmen. „Fuck the EU“ – wie die US-Unterstaatssekretärin Victoria Nuland einst sagte – so viel halten also die Vereinigten Staaten von der Europäischen Union.
Ja, es stimmt, wenn im Buch vom einstigen Friedensprojekt Europa die Rede ist. „Was für ein Verrat am Wesenskern Europas!“, schreibt Guérot auf den Ukraine-Krieg bezogen. „Europa, das hieß siebzig Jahre lang nie wieder Krieg! Während auf jedem Balkon die blaue Europafahne mit den zwölf gelben Sternen hängt und die EU eine europäische Friedenskonferenz einberufen müsste, nimmt Europa derzeit undifferenziert Partei für eine geeinte ukrainische Nation, die es in dieser Form nie gab, noch gibt, sondern die wie alle Nationen in Europa ein multi-nationales und multi-ethnisches Produkt der Geschichte ist.“
Siebzig Jahre lang nie wieder Krieg? Wir sind vergesslich. Weshalb hier eingewendet sei: Und statt dem Frieden zu dienen, hat die EU am Jugoslawien-Krieg mitgestrickt, ihn erst möglich werden lassen. Bomben geworfen sogar! Deutschland mit dabei! Die Autoren erinnern daran, dass der behauptete Genozid im Kosovo in dieser Form keiner war. Welchen aber die USA zum Grund nahmen, Belgrad bombardierten.
Wäre die EU das viel beschworene Friedensprojekt, hätte daran gearbeitet werden müssen, den Jugoslawien-Krieg zu verhindern. So ist es auch heute abermals mit dem Ukraine-Krieg. Statt ihn endlich über den Einsatz intensiver diplomatischer Mittel beenden zu helfen, werden Sanktionen über Sanktionen gegen Russland verhängt. Und Waffen über Waffen an die Ukraine geliefert, die den Krieg verlängern sowie nur noch mehr Tod und Zerstörung zur Folge haben. Doch wer Verhandlungen fordere, so schreiben die Autoren des vorliegenden Essays, gelte als Lumpenpazifist. Vieles erinnert an 1914.

Es ist ganz so, als hätte Europa sich entschieden, noch einmal alle Elemente von Kriegspropaganda, wie die belgische Historikerin Anne Morelli sie für den I. Weltkrieg aufgeschrieben hat, zu wiederholen: völlige Dämonisierung des Gegners, Reduzierung des Feindes auf eine Person („Putin“), fehlende Kontextualisierung, klare Teilung in Gut und Böse, empörte Abwehr von Mitverantwortung. Die Psychodynamik Kriegshetzer erinnert an 1914. Europa ist in der kompletten Regression!“
Was bis heute nicht entstanden ist, ist eine Europäische Union der Menschen. Und mit der Demokratie in der EU – man schaue sich nur die mangelnde demokratische Einbeziehung bzw. Kompetenz des Europäischen Parlaments bezüglich politischer Entscheidungen an – ist es nicht weiter her!
Guérot/Ritz haben all die Fehlschläge aufgeschrieben, die der EU in den vergangenen Jahrzehnten nicht gutgetan haben. Die gescheiterte europäische Verfassung, die Europroblematik, sowie die Finanzkrise und vieles andere mehr. Bitter, was Ulrike Guérot da zu Recht beklagt:

Das eine europäische Großprojekt Ever Closer Union, eine immer engere Europäische Union, besiegelt durch den Maastricher Vertrag von 1992. Das andere war der Aufbau einer kooperativen von dem kontinentalen Friedensordnung, jenes ‚europäische Haus von Lissabon bis Wladiwostok von dem Michail Gorbatschow sprach, besiegelt in der Charta von Paris vom November 1990. Beide sind heute, 2022, gescheitert. Europa muss dringend ganz mit der Kultur beginnen, wie damals schon Jean Monnet sagte.“
Schon eingangs des Buches weisen die Autoren daraufhin, dass `sie bewusst nicht die übliche westliche Brille aufgesetzt haben, wenn sie über den Ukraine-Krieg schreiben. Auch machen sie unmissverständlich deutlich, dass sie den russischen Einmarsch in die Ukraine als völkerrechtswidrig betrachten. Dem Stempel Putinversteher weisen unmissversändlich von sich. Zu Verstehen müsse man allerdings versuchen, was Putin, was Russland umtriebe, was wie und warum von Moskau getan und gefordert würde.
Im Essay heißt es: „Putin“ mag der Anlass sein für aktuelle Kopflosigkeit europäischer Politik, greift aber als Antwort zu kurz. Denn „Putin“ lenkt vom Eigentlichen ab! Das Eigentliche ist, dass die beiden europäischen Großprojekte, die 1989 am Ende des Kalten Krieges – am vermeintlichen ‚Ende der Geschichte‘ (Francis Fukuyama) – Hoffnungsträger für eine Neugestaltung des europäischen Kontinents waren, gescheitert sind. Daran ist nicht „Putin“ schuld, sondern Europa allein, das behaglich und geschichtsvergessen in einen „Westen“ gebettet hat, den es längst nicht mehr gibt, anstatt nach 1989 an seiner Emanzipation zu arbeiten.“
Ein informatives Essay der beiden Autoren Ulrike Guérot und Hauke Ritz. Es sollte gewiss und unbedingt zum Nachdenken anregen.
Wird womöglich Europa in dem Sinne erwachen und werden die Europäer an ihre Rechte auf Erfolg glauben, wie Peter Sloterdijk meint? Oder am Ende dran glauben müssen?
Gegen Ende des Buches lesen wir: „Es gilt zu fragen, ob es für Europa nicht ganz grundsätzlich andere Möglichkeiten gibt, mit dem Krieg in der Ukraine umzugehen, als sich Hals über Kopf in amerikanische Hände zu werfen: nämlich die, den Krieg in und um die Ukraine als Katalysator zu nehmen, um alles zu überdenken, was in den letzten Jahrzehnten an europäischer Entwicklung schiefgelaufen ist. Und sich dabei an den Wesenskerns Europas – nämlich ein föderales Friedensprojekt zur Überwindung der Nationalstaaten zu sein – zu erinnern.“ Weiter lesen wir: „Und an die Karte von sich selbst, an die Europa von 1534 und daran, was sie uns sagen möchte. Bis zum 500. Geburtstag dieser Karte wären noch ein paar Jahre Zeit, sich an die Heilung der Europa zu machen, diese wieder ganz werden und wieder mit den Füßen auf dem russischen Boden stehen zu lassen.“
Bedenken wir das Ende, wenn wir das nicht gebacken bekommen!

Übrigens lässt das Buch keinen Zweifel daran, dass die USA den Krieg in der Ukraine nicht nur gewollt haben, sondern Washington ihn auch intensiv und lange zuvor als Stellvertreterkrieg vorbereitet hat. In drei Kapiteln zeichnen die Autoren „für die 1990er, 2000er und 2010er Jahre in groben Strichen nach, wie und warum Europa in den letzten dreißig Jahren das, was eigentlich werden wollte, aus den Augen verloren hat und die EU als politisches Projekt spätestens seit der der Jahrtausendwende keine Chance mehr hatte“.

Mit diesem Essay wollen die Autoren dazu beitragen, Europa aus der Verdrängung und Selbstablehnung des Eigenen herauszuholen. Es geht ihnen um die letzte Chance eine europäischen Emanzipation. Wie dieser Krieg immer weiter eskaliert wurde zeigen die Autoren ab dem 24. März 2021, wo die Ukraine eine Militärstrategie verabschiedete, die die Wiedereingliederung der Krim sowie der Republiken Donbass und Lugansk fordert, bis hin zum hin zum 24. Februar 2022 als russische Truppen die Grenze zur Ukraine überschritten. Dazwischen lagen weitere Eskalationsschritte in Absprache mit NATO-Staaten.

Ulrike Guérot und Hauke Ritz weisen im Buch weiter vorn auf eben diese älteste Karte der Europa hin.

„Die älteste Karte der Europa“ – von welcher eben schon die Rede war – „von 1534, Europa Prima Pars Terre in Forma Virginis, „Europa, erster Teil der Erde, in Gestalt einer Jungfrau“, zeigt eine majestätische Frauenfigur, die den ganzen europäischen Kontinent abbildet. Spanien ist der Kopf und trägt die Krone. Francia ist die Brust, Germania das Herz, Großbritannia hängt lose am linken Arm, Italia ist der rechte Arm. Weiter im Bauch beziehungsweise im Unterleib der Europa befinden sich, lose angeordnet und ohne klare Grenzen, Polonia, Bulgaria, Albania, Rumania und Russia, die ganzen europäischen Völker eben. Die Karte endet mit einem üppig ausraffenden Kleid hinter Moskau im Norden und im Süden am Bosporus. Die Europa steht mit zwei Füßen fest auf der russischen Landmasse, während sie ihren Kopf
in den Atlantik neigt. Sicher hat man sich 1534 etwas bei dieser Karte gedacht, als man die Füße Europas nicht auf das Wasser des Atlantiks
gestellt hat. Dieser Europa wird jetzt der Garaus gemacht.“

Ulrike Guérot, Hauke Ritz

Endspiel Europa

Warum das politische Projekt Europa gescheitert ist und wie wir wieder davon träumen können

 
Seitenzahl: 208
Ausstattung: HCoSU
Artikelnummer: 9783864893902

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Über das Buch

Wie wir Europa retten können

Europa ist mit einem grausamen Krieg an seiner Grenze konfrontiert und steht dreißig Jahre nach Wiedervereinigung und Maastrichter Vertrag am Scheideweg. Ulrike Guérot und Hauke Ritz beleuchten in ihrem Essay „Endspiel Europa“ die Entwicklung der Europäischen Union seit 1992 und besinnen sich auf die ursprünglichen europäischen Werte und Ziele: ein souveränes Europa und eine kontinentale Friedensordnung. Die Entwicklungen, die dem Ukraine-Krieg vorangingen, beleuchten sie genau und bringen bisher weitgehend Unbekanntes ans Licht. Ulrike Guérot und Hauke Ritz fordern ein Umdenken hin zu einem eigenständigen Europa, das gegenüber Amerika und Russland als gleichwertiger Partner auftritt.

Ulrike Guérot

Ulrike Guérot studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie in Bonn, Münster und Paris. Sie ist Professorin, Autorin und Aktivistin in den Themenbereichen Europa und Demokratie, mit Stationen in…

Hauke Ritz

Hauke Ritz studierte an der FU und HU Berlin. Nach seiner Dissertation im Fach Philosophie mit dem Schwerpunkt Geschichtsphilosophie wendete er sich verstärkt Fragen der Außenpolitik und Friedensforschung…

Sucharit Bhakdi – Rede beim D4CE-Symposium 6/22 – Gefahren der „Impfstoffe“ in mRNA-Technologie

Vorbemerkung

Da Sie, liebe Leserinnen und Leser, diese Information wohl kaum in den öffentlich-rechtlichen und Mainstream-Medien finden werden, möchte ich Ihnen diese hier nahebringen und zur Diskussion stellen. (Claus Stille)

In seiner Rede beim interdisziplinären Doctors for Covid Ethics-Symposium am 11. Juni 2022 macht Prof. Sucharit Bhakdi mit eindringlichen Worten aufmerksam auf die immensen Gefahren durch die weiteren geplanten sog. „Impfungen“ mit mRNA-Technologie, die mit zu erwartender Sicherheit Autoimmunreaktionen in verschiedensten Organen auslösen werden.

Deshalb der wiederholte dringende Appell an alle Ärzte und Mediziner weltweit, jetzt endlich aktiv zu werden gegen diese gesundheitsgefährdenden, ja menschenvernichtenden Technologien!

Weitere Informationen auf den Webseiten von MWGFD e.V. und D4CE
unter: https://www.mwgfd.de/

https://doctors4covidethics.org

Das D4CE-Symposium 6/22: https://doctors4covidethics.org/gold-standard-covid-science-in-practice-an-interdisciplinary-symposium-iv-freedom-is-the-cure/

https://www.mwgfd.de/category/medzinische-informationen/
https://www.mwgfd.de/category/gesellschaft-und-wirtschaft/
https://www.mwgfd.de/2022/06/gesichtsmasken-fuehren-zu-gefaehrlich-hohem-kohlendioxidniveau-in-der-einatemluft-von-kindern/
https://www.mwgfd.de/das-mwgfd-corona-ausstiegskonzept/

Das Neue-Medien-Portal: https://neue-medien-portal.de/

Quelle: MWGFD e.V./rumble

 

Hier finden Sie die im Video angekündigte Rede von Prof. Bhakdi auf Rumble auf Deutsch.

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Dr. Shir Hever referierte bei Attac: „Hamas siegt, aber Tausende verlieren – Der Nahe Osten nach dem Waffenstillstand“

Inzwischen gibt es im Nahen Osten einen Waffenstillstand. Tote, Verletzte auf beiden Seiten – der palästinensischen und der israelischen – sowie schlimme Verwüstungen der Infrastruktur und viele zerstörte Wohnquartiere in Gaza bleiben zurück. Der immer wieder aufflammende und in nahezu regelmäßigen Abständen in Gewalt umschlagende Nahost-Konflikt ruht wieder. Aus den Nachrichten ist er ebenso wieder verschwunden.

Die Attac-Gruppe Dortmund hatte für den 31.Mai 2021 zu einer Sonderveranstaltung eingeladen. Unter den Corona-Bedingungen finden die Attac-Veranstaltungen online statt. So auch die gestrige.

Als Referent eingeladen war Dr. Shir Hever. Er ist Geschäftsführer des „BIP – Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern“ und Vorstandsmitglied der „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. Zudem ist Dr. Hever unabhängiger Wirtschaftsforscher und Journalist.

Dr. Shir Hever, hat die jüngsten Ereignisse in Nahost intensiv verfolgt und darüber mehrere Artikel veröffentlicht.

Der Titel der Veranstaltung: „Hamas siegt, aber Tausende verlieren – Der Nahe Osten nach dem Waffenstillstand“

Hamas bezeichnet sich als Sieger nach elf Tagen Bombardement. Verlierer sind die Menschen: 248 Palästinenser*innen wurden getötet; in Israel starben 13 Menschen. Tausende wurden verletzt und obdachlos. Die Ursachen der Eskalation werden und wurden von den meisten Medien in Deutschland wie gewohnt einseitig dargestellt.

Was zweifellos mit unserer unrühmlichen nationalsozialistischen Vergangenheit und zuvörderst mit dem von Hitlerdeutschland verursachtem Holocaust im Zusammenhang steht. Und beim ersten Gedanken anscheinend richtig zu sein scheint und einleuchten mag. Aber letztlich – zu Ende gedacht – auch Fragen aufwerfen muss. Erst recht die Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wonach Israels Sicherheit Teil deutscher Staatsräson sei. Wenn er das liest oder hört runzelt selbst Professor Moshe Zuckermann (hier mehr zu ihm) regelmäßig die Stirn und meint, er habe bisher immer gedacht, die Sicherheit Israels sei Staatsräson Israels. Um die jüngste Eskalation zu verstehen, muss man die Situation in den von Israel besetzten Gebieten Palästinas kennen, muss die Interessen analysieren, die das Pulverfass Jerusalem, vor allem den Stadtteil Scheich Dscharrach, zum Explodieren brachten, und die auslösenden Momente für die Kriegshandlungen erforschen. Das hat Dr. Shir Hever getan und in seinem interessanten Vortrag zum Ausdruck gebracht. Hever lebt seit elf Jahren in Deutschland.

Dr. Shir Hever: Es ist kein Religionskonflikt

Hever machte gleich eingangs seines Referats klar, dass er die Definition, wonach es sich in Nahost um ein Religionskonflikt handele nicht teilt. Sehr wohl aber gebe es von Seiten der israelischen Regierung – namentlich von Premier Benjamin Netanjahu – einen Versuch, diese Angriffe und die Gewalt als Religionskonflikt darzustellen. Ohne Umschweife spricht Hever betreffs der Situation in Israel/Palästina von Apartheid. Dazu möchte ich anmerken: Erst kürzlich stellte Human Rights Watch fest: Israelische Behörden begehen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, nämlich Apartheid und Verfolgung. Das sagt die Menschenrechtsorganisation in einem am 27. April 2021 veröffentlichten Bericht. Auch die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem stellte einen Bericht vor, der beweise, das Israel ein Apartheidregime „vom Fluss bis zum Meer“ aufrecht erhalte. Unterdessen hat der Internationale Strafgerichtshof (ISGH) in DIen Haag die Zuständigkeit für Palästina anerkannt und eine Untersuchung über israelische Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingeleitet. Das trifft auch auf die Verbrechen der Hamas und andere Gruppen im Gazastreifen. Im Unterschied allerdings zu Israel haben die Hamas sowie die Regierung (Palästinensische Autonomiebehörde) in Ramallah im Westjordanland die Zuständigkeit des Den Haager Gerichtshofs akzeptiert. Tel Aviv ignoriere das. Dr. Shir Hever: „Aber die Israelis wissen, dass dies keine effektive Strategie ist.“

Israelische Provokationen in Scheich Dscharrach sowie an und in der al-Aqsa-Moschee

Betreffs der Ursachen des neuen Konflikts im Mai sprach Hever über die israelischen Provokationen im Ramadan-Monat im hier bereits erwähnten Jerusalemer Stadtteil Scheich Dscharrach, nördlich der Altstadt von Jerusalem. Dem Koran nach war Scheich Dscharrach der Leibarzt des Propheten Mohammed. Scheich Dscharrach, so Dr. Hever, sei nur eines von vielen Gebieten in Palästina, wo israelische Behörden versuchen, diese von Palästinenser*innen ethnisch zu säubern. Die auf diese Weise freigewordenen Häuser sollen dann Juden bekommen. Scheich Dscharrach sei allerdings der einzige Ort, wo jüdischen Kolonisten vor einem Gericht geklagt haben, weil die Häuser vor dem Krieg 1948 Jüd*innen gehört hätten. Was tatsächlich stimmt. Und es ein Gesetz gibt, was den Vorbesitzern das Recht zuspricht, die Häuser zurückzuerhalten.

Shir Hever berichtete, dass vor 12 Jahren selbst Zionisten gegen diese Kolonisierung des Viertels protestiert hätten. Weil sie warnten, dass hier ein gefährlicher Präzendenzfall geschaffen werden könnte. Millionen palästinensischer Flüchtlinge die im Krieg von 1948 ihre Häuser verloren haben, könnten ebenfalls fordern, ihre Häuser zurückzubekommen. Allerdings entschied ein israelisches Gericht, nur Juden hätten das Recht ihre Gebiete von vor 1948 zu beanspruchen.

Premier Netanjahu hat Probleme mit der Regierungsbildung. Der Mann, der in Israel „der Zauberer“ genannt wird, weil er sozusagen immer wieder einen Hasen aus dem Hut zaubert, habe eine rechtsextreme, aus der Knesset ausgeschlossen gewesene Partei wieder zugelassen. Ausgerechnet wurde ein Büro dieser Partei in der Nachbarschaft von Scheich Dscharrach eingerichtet. Provokativ stellte die Partei Tische mit Essen und Getränken mitten im Ramadan auf die Straße, um die fastenden Muslime zu verspotten.

Später habe Netanjahu mit der Partei abgesprochen, dass sie Scheich Dscharrach verlässt. Dafür schickte er starke Polizeikräfte nach Scheich Dscharrach sowie zur al Aqsa-Moschee. Die Polizei sei nachts in die Moschee eingedrungen und habe die Muslime mitten im Gebet angegriffen. 330 Gläubige seien verletzt worden. Israel provozierte auch am Jerusalem-Tor.

Die Reaktion der Hamas folgte auf dem Fuß

Neben dieser empörenden und aggressiven Provokation brachten auch die bevorstehenden Delogierungen von Palästinser*innen in Scheich Dscharrach das Fass zu überlaufen. Die Hamas habe verlangt, dass die israelische Polizei al-Aqsa verlasse. Die aber sei geblieben. So habe die Hamas von Gaza aus ihre Raketen nach Israel gefeuert. Die israelische Armee antwortete auf den gewiss völkerrechtswidrigen Angriff der Hamas elf Tage lang mit massiven Luftschlägen. Die israelische Bomben seien absichtlich auf große Wohnhäuser abgeworfen worden und hätten gezielt ein Hochhaus, in welchem internationale Medien ihre Büros hatten, in Schutt und Asche gelegt.

Im Vorfeld sei in Ostjerusalem ein Progrom organisiert und versucht worden. Hunderte jüdische jugendliche Männer hätten nach Arabern gesucht, um sie zu töten. Davon sei hier in Deutschland nicht berichtet worden, meinte Dr. Hever. Auch nicht darüber, dass die Hamas 2017 ihre Politik geändert hat. Und von ihrer ursprünglichen Charta abgerückt sei. In der späteren Fragerunde führte Hever das genauer aus: In einem politischen Manifest, das 42 Punkte umfasse. Es sage etwa: Wir haben keinen Streit mit Juden, sondern nur mit der Besatzung. Und sie seien bereit für ein unbefristeten Waffenstillstand und eine effektive Anerkennung der anderen Seite. Und sie stimmte darin zu, in Friedensverhandlungen von der PLO vertreten zu werden. Die deutsche Regierung aber ignorierte das Dokument der Hamas. (Hier finden Sie die Erklärung. Leider nur auf Englisch.)

Über die Anstrengungen Netanjahus, einen Keil zwischen die israelischen Palästinenser zu treiben und sie so zu spalten sei hierzulande ebenso nichts bekannt.

Massaker in der Stadt Lod

Des Weiteren sprach Dr. Hever über die von Juden und Palästinensern bewohnte Stadt Lod. Wie wurde sie aber zu einer gemischten Stadt? Hevers Großvater sei ein Kämpfer in der Palmach, einer Eliteabteilung der Hagana, gewesen. Einer zionistischen Miliz, die im Krieg von 1948 kämpfte. Erst nach dem Tode seines Großvaters habe Shir Hever erfahren, dass dieser an einem Massaker beteiligt war. Dabei seien etwa 8000 Bewohner*innen der Stadt vertrieben worden, die dann zu Fuß nach Jordanien gehen mussten. Alte, Kranke und Junge, die zu schwach für den Fußmarsch waren, hätten Zuflucht in einer großen Moschee gefunden. Neben bei bemerkt: Ich empfehle Ilhan Pappes Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“.

Die Palmach brannten die Moschee mit den Menschen darin nieder. Juden, meist Auswanderer aus arabischen Ländern wurden in der Stadt angesiedelt. So sei die Stadt zu einer gemischten Stadt gemacht worden. Heute sei sie eine der ärmsten Städte Israels mit Problemen wie Drogensucht, Kriminalität und Gewalt.

Die Situation in Israel

Dr. Shir informierte darüber, dass Premier Netanjahu (nach mehreren Wahlen gibt es noch immer keine stabile israelische Regierung) weiter alles daran setze, um an der Macht zu bleiben. Nur so bleibt er vor einem Gerichtsverfahren wegen Korruption verschont, an dessen Ende er höchstwahrscheinlich im Gefängnis landen würde.

Obwohl Israel inzwischen politisch weit nach rechts gerutscht sei, gebe es dennoch – auch in wenigen Medien – noch versöhnliche Stimmen. Wer sich allerdings gegen Apartheid und die Gewalt der israelischen Armee kritisch aus dem Fenster lehne werde bedroht. Einige Journalisten müssten sich von Leibwächtern schützen lassen.

Die Israelis beschleiche, so Dr. Shir,allmählich das Gefühl, dass das Ende des israelischen Staates sehr nahe ist.

Erstmals seit den 1930er Jahren zeigten Palästinenser*innen im Gazastreifen, in Israel und dem Westjordanland große Einigkeit

Im kürzlich beendeten Konflikt haben nach Ansicht von Dr. Hever die Palästinenser*innen sowohl im Gazastreifen, als auch in Israel und dem Westjordanland mehr Einigkeit gezeigt als je zuvor in den 1930er Jahren. Am zurückliegenden 18. Mai sei der erste Generalstreik der Palästinenser*innen ausgerufen. Er umfasste Gaza, das Westjordanland und Israel – „im gesamten historischen Palästina“, so merkte Dr. Hever an. Die israelischen Palästinenser*innen wurden wegen ihrer Teilnahme am Generalstreik entlassen.

Die israelische Seite hat verloren. Die Hamas machte klar, dass sie Zugeständnisse erzwingen kann. Allerdings zu einem hohen Preis

Nach der jüngsten gewaltsamen Auseinandersetzung und nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens hätten sich, sagte Shir Hever, „meldeten sich viele israelische Generäle und Politiker und gaben zu, dass die israelische Seite verloren hat“.

Hever: „Aus strategischer sich hat die Hamas bewiesen, dass sie israelische Zugeständnisse in Jerusalem und besonders bei der al-Aqsa-Moschee erzwingen kann. Und dass sie entscheiden kann, wann die Gewalt beginnt und wann sie endet.“

In Gaza habe man den Waffenstillstand gefeiert, als wäre er ein militärischer Sieg. Ein Sieg zu einem hohen Preis.

Die deutschen Medien verstehen die Hamas nicht und wollen es auch nicht lernen

Inwiefern das für uns hier in Deutschland relevant ist, erklärte der Referent so: „ Die deutschen Medien verstehen die Hamas nicht und wollen es auch nicht lernen.“ In der Tagesschau wiederhole man stets die lange Phrase „radikal-islamische Terrorgruppe Hamas“. Sie sprächen aber nicht über die „radikal-jüdische Terrorgruppe Likud“. „Denn, wenn sie das sagen würden, würde das als antisemitisch oder rassistisch gegenüber Juden angesehen werden“, so Hever. Und weiter: „Aber hat der Likud nicht mehr Hass und Gewalt gegenüber Zivilist*innen verbreitet als Hamas je getan hat?“ Die Hamas-Partei sei sehr konsequent mit ihrer Botschaft an das palästinensische Volk gewesen. Sie sagten: Wir Palästinenser sind allein auf der Welt. Die internationale Gemeinschaft wird uns nicht helfen. Sie wird nur Israel helfen. Wir müssen mit Waffen für unsere Freiheit kämpfen. Ein anderer Weg ist nicht möglich.

Shir Hever: Ich habe eine persönliche Verpflichtung, eine Alternative zu Gewalt zu schaffen

Hever ist in Jerusalem aufgewachsen. In seiner Schule wurden in den 1990er Jahren zwei Schüler durch von der Hamas angeordnete Selbstmordattentate getötet. Hever: „Für mich ist es keine Frage, ob die Palästinenser irgendwann die Besatzung besiegen und frei wird. Natürlich wird es geschehen. Aber die Frage ist wie. Ich habe eine persönliche, moralische Verpflichtung, eine Alternative zu Gewalt zu schaffen. Um zu beweisen, dass die Palästenser*innen ohne Bomben und ohne Raketen frei werden können. Die Alternative, die die Menschen in Europa anbieten können, ist die BDS-Bewegung, Boykott, Desinvesitionen und Sanktionen, eine Bewegung die von zivilgesellschaftlichen Organisationen geführt wird, die 2005 gegründet wurde und Millionen von Anhängern auf der ganzen Welt mitreißt.“ Sie basiere auf den Menschenrecht und dem Völkerrecht. Vielen Palästinensern gebe BDS viel Hoffnung.

Hamas allerdings stelle sich konsequent gegen BDS.

Die Verleumdung des BDS in Deutschland

Dr. Hever stellte klar, dass das „BIP – Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V.“, deren Geschäftsführer er ist, keine Pro-BDS-Position habe. Obwohl BIP die Position vertritt, dass Menschen ein Recht haben, BDS zu unterstützen.

Der Referent erinnerte daran, „dass in Deutschland die Versuche, BDS zu verleumden, zu zensieren und zu unterdrücken besonders ekelhaft“ sind. Der Bundestag habe entschieden, dass BDS antisemitisch sei und hat öffentliche Einrichtungen in Deutschland aufgefordert, Räume für Veranstaltungen zu verbieten, in denen BDS diskutiert wird. Politiker wie der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Felix Klein und der Uwe Becker, Bürgermeister von Frankfurt am Main und Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft haben behauptet, merkte Shir Hever an, ihre Kampagne gegen BDS zum Wohle der deutschen Juden gedacht ist. Obwohl BDS nicht zum Boykott von Juden aufrufe, schon gar nicht von deutschen Juden. „Es ist einfach eine zynische Manipulation, um die Juden in Deutschland zu Geiseln der Politik des Staates Israel zu machen“, meinte Hever.

Traurigerweise seien ähnliche Versuche, BDS zum Schweigen zu bringen, um der rechtsgerichteten Regierung Israels beizuspringen, von der Trump-Administration in den USA unternommen worden. Und in geringerem Maße auch in anderen Ländern wie Frankreich und Ungarn.

Als Freunde von Hever deutschen Beamten sagten, dass sie der Hamas in die Hände spielen, wenn sie BDS ablehnen, hätten die nicht zugehört. „Ihre blinde Unterstützung“, so Dr. Hever weiter, „für die israelische Regierung, ungeachtet der Verbrechen, die sie begeht, hat die Hamas-Unterstützer in Palästina davon überzeugt, dass sie keine andere Wahl haben als sich zu bewaffnen uns mir Gewalt zu kämpfen, um ihre Recht zu erlangen.“

In diesem Monat habe man das Ergebnis gesehen.

Es bleibe die Frage, beschloss Dr. Hever sein Referat, ob wir den Palästinenser*innen beweisen können, dass „unsere Solidarität effektiver ist als Raketen, um Gerechtigkeit zu erreichen“.

Interessante Frage- und Antwortrunde

An das Referat von Dr. Shir Hever schloss sich eine Interessante Frage- und Antwortrunde an. Till Struckberg von Attac Dortmund eröffnete sie. Er bekannte, Bauchschmerzen wegen des Titels des Referats „Hamas siegt, aber Tausende verlieren …“ zu haben.

Dazu erklärte Hever, dass jeder israelische Offizier eine Reihe von Büchern lesen müsse, die von Militärdenkern wie beispielsweise von Heeresreformer Carl von Clausewitz geschrieben worden sind.

Betreff eines Sieges sei bei Clausewitz definiert, ein Sieger zu sein sei keine Frage, welche Seite mehr Menschen verloren habe. In den meisten Kriegen der Welt verliere der Sieger mehr als der Verlierer.

Stattdessen müsse jede Seite ihre strategischen Ziele definieren. Und sehen, ob diese Ziele am Ende des Kampfes erreicht wurden oder nicht. Ziel der israelische Armee sei es gewesen die Hamas abzuschrecken. Was, so Hever, nicht erreicht worden sei. Interessant: die Hamas-Kämpfer läsen im Übrigen die gleichen Bücher der Militärdenker wie die israelischen Offiziere! Ziel sei es, auch ein Spieler zu werden in Jerusalem betreffs al-Aqsa. Dies hätte die Hamas erreicht. Zudem sei ihnen eine Demütigung Israels gelungen. Allerdings hätte es dabei tausende Verlierer gegeben. Wenn nicht Millionen. Schließlich seien die Ziele der Hamas nicht gleichzeitig die Ziele aller Palästinenser. Wiewohl die Ziele der israelischen Regierung nicht automatisch die Ziele aller Israelis seien.

Natürlich kam auch die Frage nach der Zweistaatenlösung. Shir Hevers Antwort: Sie ist möglich. Allerdings wären die Kosten dafür hoch. Und für die jüdischen Siedler selbstredend sehr schwierig. Ob das die beste Lösung ist wäre wiederum eine andere Frage, so der Referent.

So gebe es Palästinenser, die sagten eine Demokratie – eine Person/eine Stimme -, etwa wie in Südafrika, wäre die bessere Lösung.

Ob das realistisch ist, fragte jemand. Schließlich wären ja dann die Juden in der Minderheit. Shir Hever darauf: „Das Konzept von einem jüdischen Staat ist ein rassistisches Konzept. Das darf sowieso nicht existieren.“

Es gebe ein Unterschied zwischen Staat für Juden und einem jüdischen Staat. Hannah Arendt habe das ausführlich beleuchtet. Jüdischer Staat sage, der Staat selbst ist jüdisch. Die Menschen müssten diesem Staat in dieser Hinsicht dienen. Was eine sehr undemokratische Idee sei. Ein Konzept eines Staates für Juden bedeute, ein Staat, wo Juden gleiche Rechte haben, wie jeder andere. Ein Staat für Juden sei im Beginn des 20. Jahrhunderts kaum zu finden. Heute sei ein solcher Staat beispielsweise Deutschland. Warum also sollte ein künftiger Staat Israel oder Palästina – je nachdem wie dieser dann hieße – nicht so ein Staat für Juden sein?

Wer dann in diesem Staat die Mehrheit hat, sei ja dann den jeweiligen Staatsbürgern – Juden und Palästinensern – überlassen und deren Kinderplanung.

Ursprünglich habe es ja einst, erklärte Hever, auch kein Frauenwahlrecht gegeben. Davor hätten die Männer Befürchtungen gehabt, weil es mehr Frauen gebe.

Inzwischen habe sich das eingespielt und wohl kaum noch in Frage gestellt.

Dr. Hever wurde gefragt, ob man dann nicht befürchten müsse, dass Juden im Einheitsstaat getötet würden. Aus Rache. Darauf entgegnete Dr. Hever wieder mit einem Verweis auf Südafrika. Dort hätten ja die Weißen – einst mit Apartheid herrschende Minderheit – befürchtet, dass die Schwarzen sie dann ermorden würden. Dass sei aber dann nicht passiert.

Dr. Shir Hever hält durchaus – auf Nachfrage antwortend – auch eine Versöhnungskommission abermals mit Verweis auf Südafrika für angebracht. Auch Palästinenser*innen könnten sich das gut vorstellen. Sie verwiesen aber zu recht darauf: Das diese Versöhnungskommission in Südafrika erst möglich wurde nach dem Ende der Apartheid.

Die Frage nach den Möglichkeiten der EU den Nahostkonflikt einer Lösung zuzuführen, beantwortete Shir Hever so zunächst mit einem Hinweis auf das Assoziierungsabkommen der EU mit Israel, das bereits existiere. Den Bedingungen, der Menschenrechtsklausel nach, dürfe diesbezüglich kein Land eine solche Möglichkeit bekommen, das Menschenrechte systematisch verletzt.





Hever: Wenn die EU ihre eigenen Gesetze ernst nähme und sage, solange es keine Demokratie mit gleichen Rechten für alle in Israel/Palästina gibt, können wir das

Assoziierungsabkommen mit Israel nicht weiter verlängern. Das wäre für israelische Wirtschaft ein Desaster. Shir Hever: „Dann sehen wir in einer Woche – ich bin fest überzeugt – werde die israelische Regierung sagen, unter diesen Bedingungen haben wir keine Wahl. Wir müssen entweder die Besatzung zu Ende bringen oder ein Nationalwahl im Israel-Palästina-Gebiet haben, um eine demokratische Regierung zu bilden.“

Eine interessante Veranstaltung war das mit Dr. Shir Hever. Die wahrscheinlich, wäre sie öffentlich in einer städtischen Einrichtung geplant gewesen, keinen Raum gefunden hätte. Und die üblichen Verdächtigen hätten behauptet die Veranstaltung wäre antisemitisch. Allein, weil kurz über BDS gesprochen worden wäre. Darüber einmal nachzudenken ist angebracht.

Beitragsbild: via Weltnetz.TV

Anbei gegeben via Activismmunich

Abschließend noch einige Beiträge mit Links zu meinen Beiträgen, welche zur Thematik passen, sowie ein Link zu Videos, in denen Dr. Shir Hever spricht:

https://clausstille.blog/2019/11/22/pressemitteilung-von-attac-dortmund-und-dgb-dortmund-diskussion-zum-ratsbeschluss-gegen-antisemitismus-referent-andreas-zumach/




https://clausstille.blog/2018/09/18/der-allgegenwaertige-antisemit-oder-die-angst-der-deutschen-vor-der-vergangenheit-ein-neues-wichtiges-buch-von-moshe-zuckermann/


https://clausstille.blog/2021/04/07/jerusalemer-erklarung-200-holocaust-forscher-wenden-sich-dagegen-kritik-an-israel-als-antisemitismus-zu-diffamieren/


https://clausstille.blog/2017/10/04/die-antisemitenmacher-wie-neue-rechte-kritik-an-der-politik-israels-verhindert-ein-ungemein-wichtiges-buch-von-abraham-melzer/


https://clausstille.blog/2019/12/13/wider-den-antisemitenmachern-der-vortrag-des-journalisten-andreas-zumach-in-dortmund-fand-statt-israel-palastina-und-die-grenzen-des-sagbaren/


https://clausstille.blog/2014/03/25/dr-khouloud-daibes-botschafterin-palastinas-das-andere-gesicht-des-palastinensischen-widerstands/

https://weltnetz.tv/personen/shir-hever


„Gegen Entfremdung“ Moshe Zuckermann, Susann Witt-Stahl: Gespräche über Erich Fried – Rezension

Die Schar der Lyrik-Begeisterten dürfte sich im Vergleich mit anderen literarischen Genres in Grenzen halten. Was nichts Neues ist. Das ist schade zu nennen. Und richtig Geld verdienen damit ist Verfassern von Lyrik auch kaum gegeben. Gedichte zu lesen, ist halt offenbar nicht für jeden Menschen spannend. Liegt das an der Schulzeit,wo man sie auswendig lernen oder interpretieren musste? Auch ich muss zugeben, dass ich immer erst ein gewissen Schubser brauche, um Lyrik zu lesen. Aber, wenn ich es dann mal tue, stellen sich bei mir durchaus positive Effekte und öfter als gedacht auch Begeisterung ein.

Erst recht wird die Anhängerschaft von politischer Lyrik überschaubar sein. Dass der Österreicher Erich Fried (* 6. Mai 1921 in Wien; † 22. November 1988 in Baden-Baden)

eine Ikone der politischen Lyrik der Bundesrepublik ab den Sechzigerjahren bis zu seinem Tod 1988 gewesen ist, werden sicher ebenfalls nicht allzu Viele wissen.

Obwohl Fried seinerzeit mit der DDR auch seine Probleme hatte oder es die DDR mit ihm (weil Fried sich „moralisch meist gerechtfertigter Kritik der Sowjetunion, der DDR und am Realsozialismus“ nicht enthielt; S.150)) vielleicht ebenfalls nicht leicht hatte, hielt er auch dort Lesungen ab. Es ist nun schon sehr lange her – es dürfte in den 1980er Jahren gewesen sein -, da er auch in meiner Heimatstadt Halle an der Saale zu einer Lesung im Volkspark gekommen war. Ich finde leider keinen Hinweis mehr darauf. Ich meine heute, das sei so gewesen (wenn ich mich irre, verzeihe man es mir bitte). Ich sehe ihn noch genau dort mit seiner schwarzen Brille auf der Nase vor dem Buch sitzen. Jedenfalls kaufte ich mir in dieser Zeit ein Buch, dass auch Gedichte von Fried enthielt. Und war von ihnen tief beeindruckt.

Moshe Zuckermann und Susann Witt-Stahl beleuchten Erich Frieds dichterisches Werk und dessen Wirken als Marxist, Friedenskämpfer und Antifaschist

Zu seinem 100. Geburtstag beleuchten Moshe Zuckermann und Susann Witt-Stahl das dichterische Werk des herausragenden Literaten und sein engagiertes Wirken als Marxist, Friedenskämpfer und Antifaschist. Das ist höchst interessant und mit Gewinn zu lesen. Wir erfahren viel über Erich Fried und die jeweiligen Zeiten, in denen er wirkte. Moshe Zuckermann (MZ) und Susann Witt-Stahl begannen von Mitte Oktober 2020 einen Gedankenaustausch, zu dessen Behufe sie ein Reihe von Gesprächen über den bedeutenden Lyriker und Intellektuellen führten, welchen sie Anfang Februar 2021 abschlossen. Der Gedankenaustausch umfasst Analysen und Ansichten zu Frieds dichterischen Werk, seinem Wirken als marxistischer Denker und Aktivist sowie zur zeitgenössischen und gegenwärtigen Rezeption des ebenso hochbewunderten wie auch oftmals verhassten und verleumdeten Schriftstellers.

SWS schreibt (S.139) etwa über bestimmte, sich als Linke sehende (wohl Antideutsche), die den Antifaschismus pervertierten, in dem sie „mit dem Finger auf jüdische Linke, lebende wie tote“, zeigen „und krakeelen ‚Nie wieder Auschwitz’“. Und: „Was da an Verdrängtem wieder hochkommt, wenn der in Wien ansässige ‚unabhängige Nahost-Thinktank‘ Mena Watch, an dem viele linke Autoren mitwirken, über Erich Fried Schmähungen wie ‚Kentucky Fried Chicken“ Wider den antizionistischen Gesinnungskitsch. Fried war Antisemit“ verbreitet (…)

Dass die Erträge des durchgeistigten Dialogs von Zuckermann und Witt-Stahl nun uns Leser*innen vorliegen, ist dem Westend Verlag zu danken. Der Band, in welchen sie versammelt sind, trägt den Titel „Gegen Entfremdung“.

Womöglich bleibt dieser Band die gehaltvollste Veröffentlichung dieses Jahres zum 100. Geburtstag von Erich Fried

Durchaus möglich, dass dieser anlässlich des 100. Geburtstags von Erich Fried die gehaltvollste Veröffentlichung dieses Jahres bleiben wird. SWS weist darauf hin: „Dass zum Auftakt dieses Geburtstagsjubiläumsjahres ein Buch erschienen ist, das ausgerechnet Erich Frieds Beziehung zu dem Neonazi Michael Kühnen – die nur aus insgesamt sechzehn Briefen, einer Begegnung und einem Gedicht bestand – zu einem großen Thema macht, lässt jedenfalls nichts Gutes ahnen: Abgesehen davon, dass der Autor den Begriff der Entfremdung, der für Frieds Schaffen zentral ist, seines marxistischen Ursprungs entschlagen, somit ideologisiert und den den Dichter fürs ZDF-Morgenmagazin konsumierbar gemacht hat: Im Untertitel ist sogar von einer ‚deutschen Freundschaft‘ zwischen Fried und Kühnen die Rede.“ Allerdings, schreibt SWS, sei eine „Freundschaft“ nicht belegt. Der Autor des Buches konnte das jedenfalls nicht belegen. Und SWS fragt darüber hinaus, was daran „deutsch“ gewesen sei sollte. „Und zwar weniger, weil Fried Österreicher war, der bis zu seinem Tod im britischen Exil lebte, sondern vor allem weil Fried nationale Gefühle, erst recht Nationalismus, allemal deutschen, der sich zum massenmörderischen Faschismus radikalisiert hatte, zutiefst verabscheut und kaum eine Gelegenheit versäumt hat, das laut zu sagen.“

Der Hintergrund zu dieser Erwähnung ist das bereits im Januar erschienene Buch „Der Dichter und der Neonazi: Erich Fried und Michael Kühnen – eine deutsche Freundschaft“ von Thomas Wagner. Warum dieser Autor gerade den Tenor auf diese Begegnung legte, steht infrage. Zum Buch lesen wir auf Amazon:

„21. Januar 1983: Eine unwahrscheinliche Begegnung bahnt sich an. Michael Kühnen – Wortführer der Neonazi-Szene – und Erich Fried – jüdischer Dichter und glühender Antifaschist – sollten sich in einer Fernsehtalkshow begegnen. Doch kurzfristig wurde Kühnen ausgeladen. Die Überraschung war groß, als gerade Fried erklärte, dies sei ein Fehler gewesen.“ (…)

Schauspieler Rolf Becker hat zum Buch ein hervorragendes Vorwort verfasst

Ein hervorragendes Vorwort zum Buch hat der Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker verfasst. Eingangs schreibt Becker: „Erich Fried würde sich freuen, könnte er das nachstehende Gespräch lesen. Er würde vermutlich wie zu seinem Lebzeiten kritische und selbstkritische Anmerkungen einbringen – vor allem zu der für ihn kaum voraussehbaren, allenfalls zu erahnenden Entwicklung, die mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus ein Jahr nach seinem Tod begann und sich seitdem in Unheilvolles steigert. Was vor 1989 als Systemauseinandersetzung wahrgenommen wurde, enttarnt sich mit fortschreitender Krise als Versuch imperialistischer Staaten, sich schrittweise die Welt gefügig, wenn nicht untertan zu machen:“ Becker fügt an dieser Stelle Frieds Gedicht „Dann wieder“ an:

Was keiner/geglaubt haben wird/was keiner gewusst haben konnte/ was keiner geahnt haben durfte/das wird dann wieder/das gewesen sein/was keiner gewollt haben wollte/

Rolf Becker schreibt auch über persönliche Begegnungen mit Erich Fried in Bremen und einmal während eines gemeinsamen Fluges.

Der Band ist für Jung und Alt von Wert

Der Band ist m.E. für Ältere wie für Jüngere von Wert. Erstere erfahren aus den sozusagen im Pingpong aufeinander sich abwechselnden Textbeiträge des Autors und der Autorin des Buches im Rückblick, welcher auch Geschichte und geschichtlich markante Ereignisse – etwa die Vorgeschichte und das Entstehen sowie das terroristische Wirken der RAF, aber auch andere Geschehnisse – aufscheinen lassen. Was freilich auch für die Jüngeren einen (Er-)Kenntnisstand eröffnen kann.

Ebenfalls kann im besten Fall der Lyrik ein wenig zu mehr Aufmerksamkeit verholfen werden. Nicht nur der Erich Frieds, nebenbei bemerkt. Fried hat nicht nur bemerkenswerte politische Lyrik verfasst, sondern auch Liebesgedichte, in denen durchaus auch ein erotischer Hauch wabert und Funken sprüht.

Moshe Zuckermann findet, dass Susann Witt-Stahls letzter Textabschnitt (S.154, in welchem sie Fried als einen der „bedeutendsten Ideologiekritiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die deutsche (Literatur-)Geschichte eingehen“ sieht, „ein schönes Schlusswort“ sei, dass sie da formuliert habe. Witt-Stahl schließt: „Und nun gilt es, sein Schaffen lebendig zu halten, gegen seine Feinde und auch so manche ‚Freunde‘ zu verteidigen, zu aktualisieren und gegen die Verwerfungen des 21. Jahrhunderts scharf zu machen.“

Möge es so geschehen!

Zuckermann wiederum notiert (S.155) nach dem Zitat eines Gedichts, welches „Erich Fried 1983 anlässlich hundertsten Todestags von Karl Marx als sein eigenes Bekenntnis zum Marxismus beziehungsweise zur Emanzipation des Menschen im Marx’schen Sinne geschrieben hat und das so beginnt: Wenn ich zweifle/an dem/der gesagt hat/sein Lieblingsspruch sei/“Man muss an allem zweifeln“/dann folge ich: Es ist diese feste Gesinnung, die sich bei allem möglicherweise aufkommenden Zweifel angesichts des immerfort schlecht Bestehenden nicht abschrecken lässt und der historischen Mission des Ringens zum die Emanzipation unerbittlich die Treue wahrt. Sie lässt zwar Erich Fried als unzeitgemäß erscheinen. Aber dieser vermeintliche Anachronismus erweist ihn eben auch als unermüdlichen Träger der Wahrheit dessen, was redlichen Linken in der Geschichte immer schon als Auftrag galt: der Kampf gegen Entfremdung, der Kampf um die Freiheit des Menschen.“

Was noch bleibt? Kaufen! Lesen! Weitersagen!

Moshe Zuckermann, Susann Witt-Stahl

Gegen Entfremdung

Lyriker der Emanzipation und streitbarer Intellektueller. Gespräche über Erich Fried

Erscheinungstermin:12.04.2021
Seitenzahl:160
Ausstattung:Hardcover mit Schutzumschlag
Artikelnummer:9783864893216

Über Moshe Zuckermann

Moshe Zuckermann wuchs als Sohn polnisch-jüdischer Holocaust-Überlebender in Tel Aviv auf. Seine Eltern emigrierten 1960 nach Frankfurt am Main. Nach seiner Rückkehr nach Israel im Jahr 1970 studierte er an der Universität Tel Aviv, wo er am Institute for the History and Philosophy of Science and Ideas lehrte und das Institut für deutsche Geschichte leitete. 2018 wurde er emeritiert. Im Westend Verlag erschien „Der allgegenwärtige Antisemit“ (2018) und „Wagner. Ein ewig deutsches Ärgernis“ (2020).

Moshe Zuckermann. Foto: C. Stille

Über Susann Witt-Stahl

Die Autorin lebt und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in Hamburg. Seit 2014 ist sie Chefredakteurin des Magazins für Gegenkultur Meldodie & Rhythmus. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Ideologiekritik des Neoliberalismus, der modernen Kriege, der Kulturindustrie sowie regressiver Tendenzen in der Linken. Dazu hat sich Bücher und Essays veröffentlicht.

Susann Witt-Stahl. Foto: C. Stille

„Jerusalemer Erklärung“: 200 Holocaust-Forscher wenden sich dagegen, Kritik an Israel als „Antisemitismus“ zu diffamieren

Nach über einem Jahr intensiver Diskussion einigten sich Holocaust-Fachleute und -Forscher auf eine neue Definition für „Antisemitismus“. In ihrer „Jerusalemer Erklärung“ wenden sich

200 Holocaust-Forscher dagegen, Kritik an Israel als „Antisemitismus“ zu diffamieren.

Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“

Wir, die Unterzeichnenden, legen die „Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus“ vor. Sie ist das Ergebnis einer Initiative, die ihren Ursprung in Jerusalem hat. Zu den Unterzeichner:innen zählen internationale Wissenschaftler:innen, die in der Antisemitismusforschung und in verwandten Bereichen arbeiten, darunter Jüdische Studien, Holocaust-, Israel-, Palästina- sowie Nahoststudien. Die Erklärung profitierte auch von der Einbindung von Rechtswissenschaftler:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft.

Im Geiste der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung von 1969, der Erklärung des Stockholmer Internationalen Forums über den Holocaust aus dem Jahr 2000 und des Beschlusses der Vereinten Nationen zum Gedenken an den Holocaust aus dem Jahr 2005 vertreten wir die Auffassung, dass Antisemitismus einige spezifische Besonderheiten aufweist, der Kampf gegen ihn jedoch untrennbar mit dem allgemeinen Kampf gegen alle Formen rassistischer, ethnischer, kultureller, religiöser und geschlechtsspezifischer Diskriminierung verbunden ist.Im Wissen um die Verfolgung von Jüd:innen im Laufe der Geschichte und die universellen Lehren aus dem Holocaust und angesichts des besorgniserregenden Wiedererstarkens von Antisemitismus durch Gruppierungen, die Hass und Gewalt in Politik, Gesellschaft und im Internet mobilisieren, legen wir eine anwendbare, prägnante und historisch fundierte Kerndefinition von Antisemitismus mit einer Reihe von Leitlinien für die Benutzung vor.

Die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus reagiert auf die „IHRA-Definition“, die 2016 von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen wurde. Da die IHRA-Definition in wichtigen Punkten unklar und für unterschiedlichste Interpretationen offen ist, hat sie Irritationen ausgelöst und zu Kon-troversen geführt, die den Kampf gegen Antisemitismus geschwächt haben. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich selbst als „Arbeitsdefinition“ bezeichnet, haben wir uns um Verbesserungen bemüht, indem wir (a) eine präzisere Kerndefinition und (b) ein kohärentes Set von Leitlinien vorlegen. Wir hoffen, dass dies sowohl für das Monitoring und die Bekämpfung von Antisemitismus als auch für Bildungszwecke hilfreich sein wird. Wir empfehlen unsere nicht rechtsverbindliche Erklärung als Alternative zur IHRA-Definition. Institutionen, die die IHRA-Definition bereits übernommen haben, können unseren Text als Hilfsmittel zu ihrer Interpretation nutzen.Die IHRA-Definition enthält elf „Beispiele“ für Antisemitismus, von denen sich sieben auf den Staat Israel beziehen. Dies legt zwar legt einen unangemessenen Schwerpunkt auf einen bestimmten Schauplatz; allerdings besteht wirklich ein großer Bedarf an Klarheit über die Grenzen legitimer politischer Äußerungen und Handlungen in Bezug auf Zionismus, Israel und Palästina.

Wir verfolgen ein doppeltes Ziel: (1) den Kampf gegen Antisemitis-mus zu stärken, indem wir definieren, was Antisemitismus ist und wie er sich manifestiert, und (2) Räume für eine offene Debatte über die umstrittene Frage der Zukunft Israels/Palästinas zu wahren. Wir sind nicht alle der gleichen politischen Meinung und wir verfolgen keine politische Parteinahme. Die Feststellung, dass eine kontroverse Ansicht oder Handlung nicht antisemitisch ist, bedeutet weder, dass wir sie befürworten, noch dass wir sie ablehnen.

Die Leitlinien, die sich auf Israel-Palästina beziehen (Nr. 6 bis 15), sollten als Ganzes betrachtet werden. Generell sollte bei der Anwendung der Leitlinien jede im Lichte der anderen und immer mit Blick auf den jeweiligen Kontext gelesen werden. Zum Kontext kann die Intention hinter einer Äußerung, ein Sprachmuster im Wandel der Zeit oder sogar die Identität des Sprechers oder der Sprecherin gehören, besonders wenn es um Israel oder den Zionismus geht. So könnte etwa Feindseligkeit gegenüber Israel Ausdruck eines antisemitischen Ressentiments sein, aber auch eine Reaktion auf eine Menschenrechtsverletzung oder eine Emotion, die eine palästinensische Person aufgrund ihrer Erfahrungen durch Handlungen seitens der staatlichen Institutionen Israels empfindet.

Kurz: Bei der Anwendung dieser Leitlinien auf konkrete Situationen sind Urteilsvermögen und Sensibilität gefordert.JERUSALEMER ERKLÄRUNG ZUM ANTISEMITISMUS26. März 2021

Vorbemerkung1

A.Allgemein1.

Es ist rassistisch, zu essentialisieren (eine Charaktereigenschaft als angeboren zu behandeln) oder pauschale negative Verallgemeinerungen über eine bestimmte Bevölkerung zu machen. Was für Rassismus im Allgemeinen gilt, gilt im Besonderen auch für Antisemitismus.

2.Das Spezifikum des klassischen Antisemitismus ist die Vorstellung, Jüd:innen seien mit den Mächten des Bösen verbunden. Dies steht im Zentrum vieler antijüdischer Fantasien, wie etwa der Vorstellung ei-ner jüdischen Verschwörung, in der „die Juden“ eine geheime Macht besäßen, die sie nutzen, um ihre eigene kollektive Agenda auf Kosten anderer Menschen durchzusetzen. Diese Verknüpfung zwischen Jüd:innen und dem Bösen setzt sich bis heute fort: in der Fantasie, dass „die Juden“ Regierungen mit einer „verborgenen Hand“ kontrollieren, dass sie die Banken besitzen, die Medien kontrollieren, als „Staat im Staat“ agieren und für die Verbreitung von Krankheiten (wie etwa Covid-19) verantwortlich sind.

All diese Merkmale können für unterschiedliche (und sogar gegensätzliche) politische Ziele ins-trumentalisiert werden.

3.Antisemitismus kann sich in Worten, Bildern und Handlungen mani-festieren. Beispiele für antisemitische Formulierungen sind Aussa-gen, dass alle Jüd:innen wohlhabend, von Natur aus geizig oder un-patriotisch seien. In antisemitischen Karikaturen werden Jüd:innen oft grotesk, mit großen Nasen und in Verbindung mit Reichtum dar-gestellt. Beispiele für antisemitische Taten sind: jemanden angreifen, weil sie oder er jüdisch ist, eine Synagoge angreifen, Hakenkreuze auf jüdische Gräber schmieren oder Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht einzustellen oder nicht zu befördern.

4.Antisemitismus kann direkt oder indirekt, eindeutig oder verschlüsselt(‚kodiert‘) sein. Zum Beispiel ist „die Rothschilds kontrollieren die Welt“ eine kodierte Behauptung über die angebliche Macht „der Juden“ über Banken und die internationale Finanzwelt. In ähnlicher Weise kann die Darstellung Israels als das ultimative Böse oder die grobe Übertreibung seines tatsächlichen Einflusses eine kodierte Ausdrucksweise sein, Jüd:innen zu rassifizieren und zu stigmatisieren. In vielen Fällen ist die Identifizierung von kodierter Sprache eine Frage des jeweiligen Kontextes und der Abwägung, bei der diese Leitlinien zu berücksichtigen sind.

5.Es ist antisemitisch, den Holocaust zu leugnen oder zu verharmlosen,indem man behauptet, der vorsätzliche Völkermord der Nazis an den Jüd:innen habe nicht stattgefunden, es habe keine Vernichtungsla-ger oder Gaskammern gegeben oder die Zahl der Opfer bestehe nur in einem Bruchteil der tatsächlichen Anzahl.B.Israel und Palästina: Beispiele, die als solche antisemitisch sind.

6.Die Symbole, Bilder und negativen Stereotypen des klassischen Anti-semitismus (siehe Leitlinien 2 und 3) auf den Staat Israel anzuwenden.

7. Jüd:innen kollektiv für das Verhalten Israels verantwortlich zu machen oder sie, bloß weil sie jüdisch sind, als Agent:innen Israels zu behandeln.

8.Menschen, weil sie jüdisch sind, aufzufordern, Israel oder den Zionis-mus öffentlich zu verurteilen (z.B. bei einer politischen Versammlung).

9.Anzunehmen, dass nicht-israelische Jüd:innen, bloß weil sie jüdisch sind, zwangsläufig loyaler zu Israel stehen als zu ihren eigenen Ländern.

10. Jüd:innen im Staat Israel das Recht abzusprechen, kollektiv und individuell gemäß dem Gleichheitsgrundsatz zu leben.C.Israel und Palästina: Beispiele, die nicht per se antisemitisch sind(unabhängig davon, ob man die Ansicht oder Handlung gutheißt oder nicht).

11.Unterstützung der palästinensischen Forderungen nach Gerechtigkeit und der vollen Gewährung ihrer politischen, nationalen, bürgerlichen und menschlichen Rechte, wie sie im Völkerrecht verankert sind.

12.Kritik oder Ablehnung des Zionismus als eine Form von Nationalismus oder das Eintreten für diverse verfassungsrechtliche Lösungen für Juden und Palästinenser in dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. Es ist nicht per se antisemitisch, Regelungen zu unterstützen, die allen Bewohner:innen „zwischen dem Fluss und dem Meer“ volle Gleichberechtigung zugestehen, ob in zwei Staaten, einem binationalen Staat, einem einheitlichen demokratischen Staat, einem föderalen Staat oder in welcher Form auch immer.

13.Faktenbasierte Kritik an Israel als Staat. Dazu gehören seine Institutionen und Gründungsprinzipien, seine Politik und Praktiken im In- und Ausland, wie beispielsweise das Verhalten Israels im Westjordanland und im Gazastreifen, die Rolle, die Israel in der Region spielt, und jede andere Art und Weise, in der es als Staat Vorgänge in der Welt beeinflusst. Es ist nicht per se antisemitisch, auf systematische rassistische Diskriminierung hinzuweisen. Im Allgemeinen gelten im Falle Israels und Palästinas dieselben Diskussionsnormen, die auch für andere Staaten und andere Konflikte um nationale Selbstbestimmung gelten. Daher ist der, wenngleich umstrittene, Vergleich Israels mit historischen Beispielen einschließlich Siedler-kolonialismus oder Apartheid nicht per se antisemitisch.

14.Boykott, Desinvestition und Sanktionen sind gängige, gewaltfreie Formen des politischen Protests gegen Staaten. Im Falle Israels sind sie nicht per se antisemitisch.

15.Politische Äußerungen müssen nicht maßvoll, verhältnismäßig, gemäßigt oder vernünftig sein, um nach Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte oder Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und anderen Menschenrechtsabkommen geschützt zu sein. Kritik, die von manchen als übertrieben oder umstritten oder als Ausdruck „doppelter Standards“ betrachtet wird, ist nicht per se antisemitisch. Im Allgemeinen ist die Trennlinie zwischen antisemitischen und nicht antisemitischen Äußerungen eine andere als die Trennlinie zwischen unvernünftigen und vernünftigen Äußerungen.

Definition Antisemitismus ist Diskriminierung, Vorurteil, Feindseligkeit oder Gewalt gegen Jüdinnen und Juden als Jüdinnen und Juden (oder jüdische Einrichtungen als jüdische).

Leitlinien2

JERUSALEMER ERKLÄRUNG ZUM ANTISEMITISMUS

Fragen und Antworten

Was ist die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (Jerusalem Declaration on Antisemitism, JDA)?

Die JDA ist eine Ressource zur Stärkung des Kampfes gegen Antisemitismus. Sie umfasst eine Präambel, eine Definition und 15 Leitlinien.

Wer hat sie verfasst?

Eine Gruppe internationaler Wissenschaftler:innen mit Schwerpunkten in der Antisemitismusforschung und verwandten Bereichen. Die JDA wird von einem breiten Spektrum renommierter Wissenschaftler:innen und Institutsleiter:innen in Europa, den USA und Israel unterstützt.

Warum „Jerusalem“?

Die JDA geht ursprünglich auf eine Konferenz am Van Leer Institut in Jerusalem zurück.

Warum jetzt?

Die JDA reagiert auf die Arbeitsdefinition Antisemitis-mus, die die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) 2016 vorgelegt hat. Die „IHRA-Definition“ (einschließlich ihrer „Beispiele“) ist weder klar noch kohärent. Was auch immer die Absichten ihrer Befürworter sein mögen, sie verwischt den Unterschied zwischen anti-semitischer Rede und legitimer Kritik am Staat Israel und am Zionismus. Dies führt zu Irritationen und delegitimiert gleichzeitig die Stimmen von Palästinenser:innen und anderen, einschließlich Jüd:innen, die sehr kritische Ansichten über Israel und den Zionismus haben. Nichts davon trägt zur Bekämpfung von Antisemitismus bei. Die JDA reagiert auf diese Situation.

Ist die JDA also als Alternative zur Arbeitsdefinition der IHRA gedacht?

Ja, das ist sie. Menschen, die guten Willens sind, suchen nach Orientierung in der Schlüsselfrage: Wann überschreitet die politische Rede über Israel oder Zionismus die Grenze zum Antisemitismus und wann sollte sie geschützt wer-den? Die JDA soll diese Orientierungshilfe bieten und sollte daher als Ersatz für die IHRA-Definition angesehen werden. Wenn eine Organisation jedoch die IHRA-Definition formell übernommen hat, kann sie die JDA nutzen, um die Unzulänglichkeiten der IHRA-Definition zu korrigieren.

Für wen gilt die Definition?

Die Definition gilt unabhängig davon, ob jüdische Identität ethnisch, biologisch, religiös, kulturell usw. verstanden wird. Sie ist auch in Fällen anwendbar, in denen eine nichtjüdische Person oder Institution entweder fälschlicherweise für jüdisch gehalten wird („Diskriminierung aufgrund der Wahrnehmung“) oder wegen einer Verbindung zu Jüd:innen angegriffen wird („Diskriminierung aufgrund von Assoziation“).

Sollte die JDA offiziell z.B. von Regierungen, politischen Parteien oder Universitäten übernommen werden?

Die JDA kann als Ressource für unterschiedliche Zwecken genutzt werden. Dazu gehören die Aufklärung darüber und die Schaffung eines Bewusstseins dafür, wann Sprache oder Verhalten antisemitisch sind (und wann nicht), die Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung von Antisemitismus usw. Sie kann genutzt werden, um im vorgege-benen Rahmen von Gesetzen und Normen zum Schutz der Meinungsfreiheit bei der Umsetzung von Antidiskriminierungsgesetzen zu helfen.

Sollte die JDA als Teil von Gesetzen gegen Hassrede genutzt werden?

Nein, das sollte sie nicht. Sie ist keinesfalls als rechtliches oder quasi-rechtliches Instrument gedacht. Noch sollte sie rechtlich kodifiziert oder dazu genutzt werden, um die legitime Ausübung der Freiheit von Forschung und Lehre zu beschränken oder um freie und offene Debatten innerhalb der durch die Gesetze zur Hasskriminalität vorgegebenen Grenzen zu unterdrücken.

Wird die JDA alle aktuellen Auseinandersetzungen darüber, was antisemitisch ist und was nicht, beilegen?

Die JDA spiegelt klar die fachliche Autorität wissenschaftlicher Expert:innen aus den relevanten Feldern wider, doch kann sie nicht alle Streitpunkte beseitigen. Kein Dokument über Antisemitismus kann erschöpfend sein oder alle Formen vorwegnehmen, in denen sich Antisemitismus in der Zukunft manifestieren wird. Einige Leitlinien (z.B. Nr. 5) geben nur wenige Beispiele, um einen allgemeinen Aspekt zu verdeutlichen. Die JDA ist als Nachdenk- und Diskussionshilfe gedacht. Als solche ist sie eine wertvolle Ressource für

4Layout – Valerie AssmannBeratungen unter Stakeholder:innen/Interessensgruppen darüber, wie Antisemitismus zu identifizieren und wie ihm möglichst effektiv zu begegnen ist.

Warum geht es in 10 der 15 Leitlinien um Israel und Palästina?

Das spiegelt die Gewichtung in der IHRA-Definition wider, in der 7 von 11 „Beispielen“ sich auf die Debatte über Israel konzentrieren. Es reagiert zudem auf eine öffentliche Debatte, sowohl unter Jüd:innen als auch in der breiteren Bevölkerung, die ein Bedürfnis nach Orientierung in Bezug auf Meinungsäußerungen über Israel oder den Zionismus aufzeigt: Wann sollten sie geschützt sein und wann überschreiten sie die Grenze zum Antisemitismus? Was ist mit anderen Kontexten außer Israel und Palästina? Die allgemeinen Leitlinien (1-5) sind auf alle Kontexte anwendbar, einschließlich des rechtsextremen, in dem Antisemitismus zunimmt. Sie sind zum Beispiel auf Verschwörungstheorien anwendbar, dass „die Juden“ hinter der Covid-19-Pandemie steckten oder dass George Soros die Black-Lives-Matter- und Antifa-Proteste finanziere, um „verborgene jüdische Absichten“ zu verfolgen.

Unterscheidet die JDA zwischen Antizionismus und Antisemitismus?

Diese beiden Konzepte unterscheiden sich grundsätzlich. Nationalismus, jüdischer oder sonstiger, tritt in vielen For-men auf, steht aber immer zur Diskussion. Intoleranz und Diskriminierung, ob gegen Jüd:innen oder irgendjemand anderes, sind nie akzeptabel. Das ist ein Axiom der JDA.

Geht also aus der JDA hervor, dass Antizionismus nie antisemitisch ist?

Nein. Die JDA versucht zu klären, wann Kritik an (oder Feindseligkeit gegenüber) Israel oder dem Zionismus die Grenze zum Antisemitismus überschreitet und wann nicht. In diesem Zusammenhang ist es ein wichtiges Merkmal der JDA, dass sie (anders als die IHRA-Definition) auch angibt, was nicht per se antisemitisch ist.

Welche politischen Absichten liegen der JDA in Bezug auf Israel und Palästina zugrunde?

Keine. Genau darum geht es. Die Unterzeichnenden ha-ben vielfältige Ansichten zum Zionismus und zum israelisch-palästinensischen Konflikt, einschließlich möglicher politischer Lösungen, zum Beispiel Ein-Staaten- oder Zwei-Staaten-Lösung. Gemeinsam ist ihnen der Einsatz für zwei Dinge: den Kampf gegen Antisemitismus und den Schutz der Meinungsfreiheit auf der Grundlage universeller Prinzipien.

Aber unterstützt die Leitlinie 14 nicht BDS als gegen Israel gerichtete Strategie oder Taktik?

Nein. Die Unterzeichnenden haben unterschiedliche An-sichten zu BDS. Leitlinie 14 besagt nur, dass gegen Israel ge-richtete Boykotte, Desinvestitionen und Sanktionen, wenn-gleich umstritten, nicht per se antisemitisch sind.

Wie kann man dann entscheiden, wann BDS (oder irgendeine andere Maßnahme) antisemitisch ist?

Dafür gibt es die allgemeinen Leitlinien 1 bis 5. In manchen Fällen ist offensichtlich, wie sie anzuwenden sind, in an-deren nicht. Wie immer kann der Kontext bei der Einschätzung des Charakters jeglicher Form von Intoleranz oder Diskriminierung einen erheblichen Unterschied machen. Zudem sollte jede Leitlinie im Lichte der anderen gelesen werden. Manchmal ist eine Ermessensentscheidung zu treffen. Die 15 Leitlinien sollen dabei helfen.

Laut Leitlinie 10 ist es antisemitisch, „Jüd:innen im Staat Israel das Recht abzusprechen, kollektiv und individuell als Jüd:innen zu leben“? Widerspricht das nicht den Leitlinien 12 und 13?

Es besteht kein Widerspruch. Die in Leitlinie 10 erwähnten Rechte haben jüdische Einwohner:innen des Staates, un-abhängig von seiner Verfassung oder seinem Namen. Leitlinien 12 und 13 stellen nur klar, dass es nicht per se antisemitisch ist, andere politische oder verfassungsrechtliche Regelungen vorzuschlagen.

Was sind, kurz zusammengefasst, die Vorteile der JDA gegenüber der IHRA-Definition?

Es gibt mehrere, darunter:

•Die JDA profitiert von mehreren Jahren der Reflexion und kritischen Bewertung der IHRA-Definition. Im Ergebnis ist sie klarer, kohärenter und nuancierter.

•Die JDA führt nicht nur aus, was antisemitisch ist, sondern auch, im Kontext von Israel und Palästina, was nicht per se antisemitisch ist. Dies ist eine Orientierungshilfe, für die es großen Bedarf gibt.

•Die JDA beruft sich auf universelle Prinzipien und verbindet den Kampf gegen Antisemitismus, anders als die IH-RA-Definition, klar mit dem Kampf gegen andere Formen der Intoleranz und Diskriminierung.

•Die JDA trägt dazu bei, einen Raum für die offene und respektvolle Diskussion schwieriger Themen zu schaffen, einschließlich der umstrittenen Frage der politischen Zukunft für alle Bewohner:innen Israels und Palästinas.

•Aus all diesen Gründen ist die JDA stichhaltiger. Anstatt zu spalten zielt sie darauf ab, alle Kräfte im Kampf gegen Antisemitismus breitestmöglich zu vereinen.

Quelle: Diakblog, Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus vom 26. März 2021 (PDF)

Passende Beiträge von mir zum Thema: Hier und hier.

Video: Interview Sabine Kebir mit Moshe Zuckermann via Weltnetz.TV

Rudolph Bauer: „Vernunft in Quarantäne. Der Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen

Seit nunmehr einem Jahr stecken wir in der Corona-Krise. Der Umgang mit der Pandemie und die Reaktionen seitens der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind teils abenteuerlich bis chaotisch. Wenn auch so gut wie niemand die Existenz des Virus und die Möglichkeit, dass dadurch schwere Erkrankungen ausgelöst werden können und ja: ein Infektion auch zum Tode führen kann, leugnet; verdeckt die Pandemie in Wirklichkeit doch tiefere, nicht weniger bedenkliche Wahrheiten. Nämlich der Natur, dass sich der Kapitalismus in einer tiefen politischen, ökonomischen und Finanz-Krise befindet.

Für gut informierte Menschen war bekannt, dass diese Finanz-Krise sich bereits seit einiger Zeit angekündigt. Und sie irgendwann in nächster Zeit mit heftigem Krachen und schweren Folgen für viele Menschen zum Ausbruch kommen wird. Ohne behaupten zu wollen, dass da irgendein Zusammenhang besteht, dürfte die Corona-Pandemie vor diesem Hintergrund manchen Kräften durchaus ganz recht gekommen sein. Kann man doch später – wenn sich die schwerwiegende Folgen offenbaren – auf die Corona-Pandemie verweisen. Quasi auf eine Naturgewalt als Schuldige an der schweren Finanz- bzw. möglichen Weltwirtschaftskrise. Eine Krise aber, welche in Wirklichkeit schon lange im Hintergrund versteckt gehalten worden war. Davor steht nun seit einem Jahr – man könnte meinen: wie gerufen, zur weiteren Abschirmung des kommenden Unheils benutzt – gleich einem Paravant – die Corona-Pandemie. Jedoch ist Fakt: Das dicke Ende kommt bestimmt …

Eine Publikation, die zur rechten Zeit erscheint

Was sich seit einem Jahr nun vor unser aller Augen abspielte und abspielt war bzw. ist hanebüchen. Da kommt eine Publikation des pad-Verlags mit von zuvor in verschiedenen Medien veröffentlichten Texten des Politikwissenschaftlers Rudolph Bauer gerade recht, um klarer zu sehen, ja: durchzusehen, gerade recht. Titel der Broschüre: „Vernunft in Quarantäne“. Wie treffend!

Der pad-Verlag dazu:

„Wenn Regierungen und Medien unter Berufung auf virologische Fachidioten Panik schüren, wenn Lockdowns, Maskenpflicht, Testzwang und Impfkampagnen autoritär verordnet werden, wenn ein anmaßender Medizin-Fundamentalismus herrscht, dann werden auf diese Weise zum einen das Politikversagen sowie die Folgen der Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens überblendet und unsichtbar gemacht. Zum anderen wird vor allem davon abgelenkt, dass das System der als neoliberal kaschierten Profitmaximierung weltweit und in vielen Branchen vor dem Zusammenbruch steht.“

Und weiter:

„Um gegenzusteuern, wird in die militärische Rüstung investiert, werden Kriege vorbereitet (Anm. C.S.: wir müssen aktuell nur mal Richtung Ukraine blicken) und geführt, wird die Digitalisierung gepusht, werden in den Biowissenschaften und der Pharmaindustrie neue Produktionsweisen entwickelt und mit Euro-Milliarden subventioniert. Die gesamte Bevölkerung wird unter Stress gesetzt. Die Werktätigen sollen sich widerstandslos ihrer Auspressung, Verelendung und Überwachung unterwerfen.“

Zur Sprache kommt:

„Das im vorauseilenden Gehorsam dienstbar befolgte Corona-Regime, die willige Hinnahme von brutalen Grundrechtseinschränkungen und unsinnigen Reglementierungen, das politisch praktizierte Inzidenz-Zahlen-Bingo – all dies erinnert an finstere historische Erfahrungen und offenbart einen Zivilisationszusammenbruch als Folge einer unterentwickelten politischen Kultur, einer Regierungsintelligenz an der Nachweisgrenze und einer degenerierten ‚Linken‘, die aufgrund ihrer intellektuellen Ängstlichkeit, marxistische Begriffe zu verwenden, noch nicht einmal bis zum moralischen Niveau des Papstes („Diese Wirtschaft tötet“) aufzuschließen in der Lage ist.“

Dem Kapitel I. „Apokalyptische Reiter: Corona, Krisen und Kontrollen“ (S.5) sind Verszeilen von Friedrich Dürrenmatt (1921-1990) vorangestellt:

Jede neue Idee ist für dich eine Seuche

So lebst Du in ewiger Furcht vor Schnupfen und Masern

Dabei hast du Krebs, du willst es nur nicht wissen.“

Rudolph Bauer interpretiert Dürrenmatts die im „Schweizerpsalm III“ niedergeschriebenen Verszeilen, wo von einer unheilvollen Bedrohung die Rede ist, die Ängste auslösen, so: „Ängste begründen Denkverbote. Denkverbote erschweren die Erkenntnis – etwa die Erkenntnis, dass der gesamten Menschheit gegenwärtig weltweit eine apokalyptische Entwicklung droht. Davon wollen die allermeisten Menschen freilich nichts wissen. Denn die Schrecken, die dadurch ausgelöst werden, sind kognitiv und emotional kaum auszuhalten.“

Weshalb, wie ich es sehe, viele Menschen hierzulande gleichsam vom Stockholm-Syndrom erfasst sind.

Die globale Pandemie ist eingebettet in eine Weltwirtschaftskrise sondergleichen

Bauer: „Die globale Pandemie ist eingebettet in eine Weltwirtschaftskrise sondergleichen, die auf nationale Besonderheit und auf die Eigenschaften des jeweiligen politischen Systems keine Rücksicht nimmt. Unter der Oberfläche der ‚Seuche‘ wuchert die Notwendigkeit einer grundlegenden Umwälzung der kapitalistischen Produktionsweise.“

Was leider von unseren Politikern und Mainstream-Medien nicht erkannt oder absichtlich verschwiegen wird, macht der Autor der vorliegenden Broschüre deutlich:

„Die Regierungen nahezu aller Länder und jeder Couleur sind der ‚Schock-Strategie‘ des „Katastrophen-Kapitalismus‘ (Naomi Klein 2007) erlegen und reagieren, ausgehend von der Annahme einer globalen Pandemie, in konzertierter Aktion. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die betreffenden Länder autokratisch beherrscht oder parlamentarisch-demokratisch regiert werden.“

In „The Great Reset“ von Schwab/Malleret steht es schwarz auf weiß

Wir können erahnen, dass die Corona-Krise u.a. auch dazu benutzt wird um einen gravierenden gesellschaftlichen Umbau ins Werk zu setzen. Nicht zuletzt ist das ja sogar von Klaus Schwab und Thierry Malleret schwarz auf weiß in „Covid 19: Der Grosse Umbruch“ („The Great Reset“) beschrieben worden. Können wir wirklich glauben, dass dieser von den Reichsten der Welt ersonnene „Neustart“ zu unser aller Nutzen sein wird? Vielleicht, wenn wir uns die Hosen mit der Kneifzange anziehen!

Linke, Printmedien und Organisationen versagen bei der Einschätzung der neuen industriellen „Reset“-Revolution

Rudolph Bauer kritisiert zu recht, dass gerade die linken Parteien (Anm.C.S: m.E. der Linken insgesamt), die Printmedien und Organisationen bei der Einschätzung der neuen industriellen „Reset“-Revolution versagen. Doch damit nicht genug:

„Ja, sie machen sich sogar zum Fürsprecher der undemokratischen und polizeistaatlichen ’neuen Normalität‘; beispielsweise bekämpfen Gruppen der Antifa – vollmundig ‚gegen rechts‘ – Kundgebungen und Demonstrationen für die Rückkehr zum Rechtsstaat und zu den Kernanliegen des Grundgesetzes (siehe Gössner 2020a). Den Mangel an demokratischer Solidarität nutzen die Herrschenden zur Proklamation einer Ergebenheits-Solidarisierung der Bevölkerung mit jenen Politikern, die ‚im Bürger mehr Untertan als Souverän sehen‘ (Gujer 2021). (S.13)

In diesem Zusammenhang können wir eben mal auf Seite 53 ins Kapitel VII. „Autoritäre Entwicklung: Die Scheuklappen des Antifaschismus“ springen:

„Die angeblich aus Anlass des Corona-Virus und seiner Auswirkungen auf die Gesundheit und das Gesundheitssystem verordneten Maßnahmen der Regierungen zur Außerkraftsetzung von Grundrechten riefen vielerorts Proteste hervor. Die Demonstranten sahen die Demokratie in Gefahr. Sie warnten vor der autoritären Verfestigung des Corona-Regimes.“

Zu den Scheuklappen des ‚Antifaschismus‘ heißt es in Teil 3 des Kapitels (S.64): „Der Antifaschismus der Antifa ist ebenso wie der offizielle nicht bereit, die aktuellen autoritären Tendenzen zu erkennen. An den Schulen, bei Gedenkstunden, in Museen und durch die Medien (Filme, Berichte, Dokumentationen) wird in der Erinnerung ein unvollständiges Bild der NS-Zeit vermittelt.“

Bauer:

„Ein Großteil der Medien und die sich als ‚antifaschistisch‘ verstehende Gegenbewegung der Antifa protestieren ebenfalls: allerdings nicht aufgrund der herrschenden Politik, sondern wegen der dagegen Demonstrierenden. Deren „Corona-Demos“ seien „von rechts unterwandert“ durch „Antisemiten, Rechtsradikale, Verschwörungsgläubige.“

Das Versagen der Vierten Gewalt

Wir könnten ein riesiges Manko längst selbst bemerkt haben: Einen pluralistischen Journalismus – wie einst, mit Medien, die sich als konservativ, liberal oder links verstanden – suchen wir heute vergebens. Die Leitmedien und Öffentlich-Rechtlichen tönen – erst recht jetzt in der Corona-Krise (aber auch schon davor) – sozusagen gleichförmig. Ihre Aufgabe als Vierte Gewalt im Staate nehmen sie nicht mehr wahr. Schlimmer noch: sie agieren nahezu als „Regierungssprecher“. Und fordern gar noch härtere Maßnahmen, als die Politik sie ins Kalkül zieht!

Medizinischer Fundamentalismus

Auf Seite 26 wird zu recht der „medizinische Fundamentalismus“ kritisiert und die empörende Tatsache, dass Experten, die andere Meinungen und Lösungsvorschläge – etwa wie in Schweden geschehen – betreffs des Umgangs mit der Pandemie vertreten (wie etwa Prof. Sucharit Bhakdi und Dr. Wolfgang Wordarg) kaltgestellt und sogar seitens des allgegenwärtigen und offenbar unvermeidlichen SPD-MdB Lauterbach schlechtgeredet werden; „Wodarg redet Unsinn.“

Vom Unvorstellbaren ausgehen

Dem Kapitel II „Vom Unvorstellbaren ausgehen: Die noch größere Katastrophe“ (S.16), welchem folgender Text von Primo Levi vorgeschaltet ist:

Ich glaube, in den Schrecken des Dritten Reichs

ein einzigartiges, exemplarisches, symbolisches Geschehen

zu erkennen, dessen Bedeutung allerdings noch nicht erhellt wurde:

die Vorankündigung einer noch größeren Katastrophe,

die über der ganzen Menschheit schwebt und nur dann abgewendet

werden kann, wenn wir alle es wirklich fertig bringen,

Vergangenes zu begreifen, Drohendes zu bannen.“

Bauer betont ausdrücklich: „Ein Vergleich ist keine Gleichsetzung.“ So stoße der Vergleich des gegenwärtigen Corona-Regimes mit dem des NS-Faschismus auf Widerspruch und Ablehnung.

Dennoch, so der Autor, könne die „Gegenüberstellung des geschichtsvergessenen Heute mit den Abgründen der deutschen Geschichte „politisch sensibilisieren und aufmerksam machen auf die gegenwärtige, für die gesamte Menschheit bedrohliche Entwicklung hin in Richtung auf eine noch größere Katastrophe“.

Rudolph Bauer: „Zu den von Lifton aus der NS-Geschichte abgeleiteten Faktoren gehört die verstörende Vorstellung, dass eine Krankheit existiert, die das kollektive Gefühl auslöst, ‚physisch und psychisch von Tod überflutet zu werden’“

Hochinteressant auch das folgende Kapitel III. „Die ‚Nazi Doctors‘: Über Medizin-Fundamentalisten“.

Medizinisch-hygienische Maßnahmen – wie sie derzeit notverordnet – würden, seien nichts Neues. Rudolph Bauer verweist auf Forschungen von Robert Jay Lifton (S.23), und dessen Studie „The Nazi Doctors – Medical Killing and the Psychology of Genozid“(1986). Darin wurden „psychohistorische Aspekte des Genozids im Nazi-Faschismus untersucht“.

Bauer vermutet, dass das seinerzeit kein Bestseller gewordene Band heute gar „endgültig zum verbotenen Buch des Jahres werden“ könnte. Warum? Weil der Band „Zusammenhänge, die unter dem Vorzeichen der Corona-Epidemie seit März des Jahres 2020 erneut auf der Tagesordnung“ stünden. (S.24)

„Zu den von Lifton aus der NS-Geschichte abgeleiteten Faktoren gehört die verstörende Vorstellung, dass eine Krankheit existiert, die das kollektive Gefühl auslöst, ‚physisch und psychisch von Tod überflutet zu werden’“

Maskierungen werden entlarvt und euphemistisch tönende Begriffe demaskiert

Der Autor entlarvt (S.51) Maskierungen und demaskiert euphemistisch tönende Begriffe, mit denen wir im Grunde hinter die Fichte geführt werden, weil sie wahre Absichten im politischen wie militärischem Kontext verschleiern sollen. Hier nur ein paar Beispiele: „westliche Werte“, „internationale Verantwortung“ und im Corona-Kontext: „Solidarität mit Risikogruppen“ und „Systemrelevanz von Pflegekräften“. Wenn wir genau hinter diese Maskierungen schauen, bemerken wir: nicht selten sind diese Begriffe hohl – durch entsprechenden Taten nicht mit Sinn erfüllt.

Diese 82 Seiten umfassende Broschüre ist wirklich allen zu empfehlen, die noch nicht durch Angst- und Panikmache dermaßen paralysiert sind, dass sie sich weigern werden sie anzugreifen. Und der Titel ist betreffs dessen war wir seit gut einem Jahr erleben wirklich bestens gewählt: „Vernunft in Quarantäne“. Untertitel „Der Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen.“ Unbedingt lesen im Sinne von Kants „Sapere aude!“

Vernunft in Quarantäne

pad-Verlag Bergkamen

E-Mail: pad-verlag@gmx.net

Preis: 6,– Euro

Über den Autor:

Rudolph Bauer ist Poltikwissenschaftler. Er war Professor für Wohlfahrtspolitk und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u.a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Er war freier Mitarbeiter von Tageszeitungen und Zeitschriften.

Rudolph Bauer. Foto: via Weltnetz.TV

Anbei gegeben:

Denjenigen, welche noch von Angstmache geduckt durch Gegend laufen – so nicht gerade Ausgangssperre herrscht – möchte ich noch Heribert Prantls, dem Deutschlandfunk gegenüber im Interview geäußerte Worte mitgeben:

„Zu lang ist, wenn Verlängerungen immer wieder verlängert werden und wenn die Verlängerung verlängert wird und die Verlängerung der Verlängerung wieder verlängert wird und wenn dann aus der Verlängerung ein Dauerzustand wird.

Es ist leider eine Erfahrung – und ich beobachte die Sicherheitsgesetzgebung jetzt schon seit dreieinhalb Jahrzehnten – und eine Befürchtung, die nicht aus der Luft gegriffen ist. Sicherheitsgesetze und die Gesundheitsgesetze wie die jetzigen – die Corona-Maßnahmen sind ja auch im weiten Sinne Sicherheitsgesetze, denn sie sollen für Sicherheit in der Pandemie sorgen – Sicherheitsgesetze wurden schon zu RAF-Zeiten und dann wieder nach den Anschlägen von 9/11 mit Fristen versehen.

Es gehört zu diesen besonderen Sicherheitsgesetzen, dass die Fristen immer wieder verlängert worden sind, solange bis aus einem Ausnahmegesetz sozusagen ein „Normalgesetz“ wurde. Und das darf, das darf, das darf mit diesen Pandemiegesetzen nicht passieren, weil sie so massiv eingreifen, dass der Normalzustand kein Normalzustand mehr wäre. Man kann sich drüber streiten. Leben wir in einem unerklärten Ausnahmezustand? Oder leben wir in einer Art Zwischenzustand, einer Zeit zwischen Normal- und Ausnahmezustand, einer Zeit für Ausnahmezustandsvorbeugungsmaßnahmen?“

Übrigens könnte uns Folgendes verunsichern: „Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière schlägt eine Änderung des Grundgesetzes vor, um für künftige Krisen in Deutschland die Möglichkeit eines befristeten Ausnahmezustands einzuführen.“ (Quelle: RND)

Bild von Pete Linforth auf Pixabay

Buchvorstellung: Menschen mit Mut. Lesen, Nachdenken, mutig sein! – Andrea Drescher (Hrsg.)

Seit einem Jahr nun schon beschäftigt uns die Corona-Pandemie. Und die damit einhergehenden Grundrechtseinschränkungen, die angeblich zu deren Eindämmung beitragen sollen. Viele Menschen haben quasi Arbeits- bzw. Berufsverbot. Vor allem Selbständige aller möglichen Branchen, Freischaffend tätige Künstler, Techniker, Ladenbesitzer, Gastronomen etc. sind durch Anordnungen der Regierungen die Einnahmequellen genommen. Die ihnen versprochenen staatlichen Hilfen sind oft (noch) nicht bei ihnen angekommen. Während aber die laufenden Ausgaben sich weiter aufhäufen.

Wie geht es den Menschen damit? Darüber ist in den Mainstream-Medien kaum etwas zu hören. Immerhin brachten die NachDenkSeiten einen Beitrag („Die im Dunkeln sieht man nicht“) , wo sich von den Corona-Maßnahmen betroffene Menschen äußerten. Aber davon einmal angesehen: auch vor Corona lief schon viel falsch in unserer Gesellschaft. Corona vergrößerte nur diese Fehlentwicklungen wie ein Brennglas schmerzhaft.

Menschen äußern sich aus eigener Betroffenheit heraus

Nun hat Andrea Drescher einen Band herausgebracht, worin Menschen zu Wort kommen, welche darin ihre Sorgen und Nöte aus eigener Betroffenheit heraus – aber auch als Sorge um die Demokratie und die Verfasstheit unserer Gesellschaft – äußern. Die darin auch ihre Motivation dahingehend darlegen und begründen, warum sie nicht weiter alles zu schlucken gedenken zu wollen. Weil sie es einfach nicht mehr können. Nicht mehr ertragen, was ihnen an Zumutungen auferlegt wurde und weiterhin wird. Vielen stehen die Sorgen Oberkante Unterlippe.

Zum Buch schreibt Herausgeberin Andrea Drescher (sie führte auch die meisten Interviews):

„Dies ist kein Buch über Russland, aber es hat etwas mit Russland zu tun. Dies ist kein Buch über Corona, aber es hat etwas mit Corona zu tun. Dies ist kein Buch über Juden, aber es hat einiges mit Semiten und Antisemiten zu tun. Dies ist kein Buch über Bürgerkriege, aber es hat etwas mit deren Folgen zu tun. Dies ist kein Buch über Demonstrationen, aber es hat einiges mit Widerstand zu tun. Dies ist kein Buch über die Friedensbewegung, aber es hat viel mit der Friedensbewegung zu tun“

Und weiter:

„Es ist definitiv kein Buch über Superman und Superwoman, aber es hat sehr viel mit mutigen Menschen zu tun. Menschen die, warum auch immer, ungewöhnliche Dinge tun. Menschen, die sich außerhalb der Norm stellen, dem Konformitätsdruck der Gruppe nicht nachgeben. Prominente, weniger Prominente und völlig Unbekannte geben in Interviews Beispiel – und damit Impulse oder Inspiration – wie man handeln kann … wenn man will.“

Menschen „aus den unterschiedlichsten Lebenssituationen und Altersgruppen haben sich auf ein oft persönliches Gespräch eingelassen: Künstler, Schüler, Verkäufer, Anwälte, Geisteswissenschaftler, Arbeitslose, Mediziner, Studenten, Polizisten, Rentner, Soldaten, Hausmänner, Unternehmer, Journalisten …

Man kann niemandem hinter die Stirn schauen, wenn man ihn interviewt, man muss nicht mit jeder Handlung einverstanden sein und man muss nicht jeden Handelnden sympathisch finden. Aber allen gebührt der Respekt für ihren Mut, in ihrer Situation gegen den Strom geschwommen zu sein“.

„Die Idee zu diesem Buch“, erklärt Andrea Drescher, „kam mir am 9. Oktober auf dem Weg zum Schweigemarsch nach Berlin, der am 10.10.2020 „Premiere“ hatte. Ich fuhr mit einem befreundeten Aktivisten zusammen zur Demo. Er erzählte mir einige Details über den Jobverlust seiner Partnerin, die aufgrund ihrer Maskenbefreiung Probleme im Job hatte, sich aber weigerte, klein beizugeben. Das imponierte mir. Es bedeutet Mut, die eigene wirtschaftliche Existenz zu riskieren. Dann fiel mir mein Interview mit einer Ärztin ein, das seitens der Rubikon-Redaktion mit „Der Mangel an Mut“ übertitelt worden war. Da wurde mir klar: Es gibt vielleicht gar keinen Mangel an Mut – man weiß nur nichts von den vielen „kleinen“ mutigen Taten vieler einzelner Menschen! Und schon stand ein Buchtitel vor meinen Augen: „Menschen mit Mut“.

Andrea Drescher: „Mutig sein heißt gegen den Strom zu schwimmen, nicht nur – aber auch – in Zeiten von Corona

Viele Aktivisten der Friedensbewegung schwimmen schon lange gegen diesen Strom, sie haben bereits Schwimmhäute entwickelt, um gegen das, was passiert, ein mutiges Zeichen zu setzen. Einige dieser mutigen Menschen hatte ich bereits im Rahmen meiner Artikelserie „Wir sind Frieden“ befragt, die im Rubikon erschien. Außerdem gab es einige Interviews mit mutigen Filmemachern und Journalisten, die in den NachDenkSeiten veröffentlicht wurden. Hmmm … 22 publizierte Interviews, entstanden zwischen Dezember 2019 und Oktober 2020, wären doch schon mal ein guter Grundstock, dachte ich.

Über 90 Interviews sind es geworden. Genau 92

Das Ergebnis dieser ersten Überlegung liegt jetzt vor. Manche der Interviews kann man bereits online lesen: Free21, Frische Sicht, Neue Rheinische Zeitung, Rubikon und Zivilimpuls publizieren jetzt die – ganz überraschend – gleichnamige Artikelserie „Menschen mit Mut“. Denn JETZT brauchen die Menschen Mut. Und zwar möglichst viele und möglichst viel. Dafür sind alle Gesprächspartner beispielgebend, jeder und jede auf ihre ureigene Art.“

Nachdenken allein reicht nicht: An ihren Taten wollen wir sie erkennen

Diese Gesprächspartner imponieren nicht nur aufgrund ihres Denkens sondern vor allem: wegen ihres Handelns! Denn Handeln kostet zuweilen. Manchmal Geld oder Reputation (oder beides auf einmal) – deren Abhandenkommen, je nachdem, nicht gering zu schätzen ist. Unter Umständen kann damit eben auch der Verlust des Arbeitsplatzes und somit

d e r einzigen Einnahmequelle einhergehen, wovon das Leben eines Menschen und das seiner Familie zu finanzieren ist. Das erfordert nicht wenig Mut. Nicht umsonst heißt Andrea Dreschers Buch „Menschen mit Mut“. Wie bereit erwähnt: diese Menschen denken – vielmehr: sie denken nach, was noch besser ist! Aber letztlich „liefern“ sie auch. Wie heißt es doch so schön in der Bibel: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! (1. Johannes 2,1-6).

Was gar nicht (aber dennoch durchaus auch) heißen muss (kann), dass jemand, aus rein religiösen Gründen so handelt. Auf Menschlichkeit kommt es an! Und die ist uns per Geburt quasi mitgegeben. Bei manch einem geht sie leider im Verlaufe des Lebens verloren.

Zunächst sei angemerkt: Alle im Buch versammelten Interviews interessant. Weil sich die Befragten eine Haltung leisten und für diese – und es sei auch, diese schadet ihnen – auch geradestehen. Einige der Menschen haben auch Irrungen und Wirrungen durchlaufen.

Es ist hier (aus Platzgründen) unmöglich jedes einzelne Interview zu besprechen. Dafür bitte ich um Verständnis. Einige wenige Beiträge habe mich mir im Folgenden erlaubt, etwas umfangreicher aufleuchten zu lassen. Aber ich plädiere, da ich ja alle Interviews gelesen und manche für wirklich bemerkenswert halte – unbedingt dafür das Buch zu kaufen und gern – nach dessen Lektüre – weiterzuempfehlen.

Die Mehrzahl der darin zu Wort gekommenen Personen werden für die Leser*innen sicher Unbekannte sein. Was aber kein Manko ist – im Gegenteil!

Vielleicht aber werden Sie nämlich, verehrte Leser*innen des Buches, die sie ja auch „normale“ Menschen wie die meisten der Interviewten sind, deren Gedanken gerade deshalb nachvollziehen können. Womöglich werden Sie selbst schon ähnliche Gedanken im Sinne gehabt haben. Aber nie selbst den Mut aufgebracht haben, sich auf die Straße zu begeben auf eine der Demonstrationen – vielleicht gar auf die vom Mainstream verteufelten, zumeist pauschal als „rechts“ geframten Querdenken-Demos zu besuchen. Denn wer will sich schon als „Covidiot“, „Aluhutträger“, gar als Rechter oder noch schlimmer als „Nazi“ beschimpfen lassen?

Andrej Nekrasov und „Der Fall Magnitzki“

Wiederum andere Interviewte dürften manchen Leser*innen bekannt sein. Oft gewiss aus den – wie manche zu sagen pflegen „Alternativen Medien“, aber durchaus auch in den „alten“ Medien.

Etwa Andrej Nekrasov: „Von journalistischen Coups,unterschiedlichen Blickwinkeln und der Abscheu vor Lügen“ (S.45) Sie erinnern sich an den Film „Der Fall Magnitzki“, der einem echten, gleichnamigen Fall zugrunde liegt?

Wir lesen: „Als der 1958 in Leningrad geborene Andrej Nekrasov 2007 den Film über die Ermordung von Alexander Litvinenko publizierte, hätte niemand erwartet, dass er sich rund 10 Jahre später würde anhören müssen, ein vom Kreml finanzierter Anhänger des Putin-Regimes zu sein – er selbst wohl am wenigsten. Er hatte am Bett seines Freundes gesessen, als dieser qualvoll an einer Polonium-Vergiftung starb, wofür Nekrasov und viele andere der Regierung bzw. Putin selbst die Verantwortung gaben.“

Andrea Drescher schreibt: „Er war auch 2014 als Vertreter der liberalen russischen Intelligenz davon überzeugt, dass in Russland ein autoritäres System herrsche, gegen das man sich wehren müsse und das, wie der Fall Magnitzki belegte, seine Gegner gnadenlos ermorde. Als sich ihm die Möglichkeit bot, den Fall filmisch aufzubereiten, war er daher sofort Feuer und Flamme.

Es sollte ein Film über den Whistleblower Sergej Magnitzki werden, doch es kam anders als ursprünglich geplant. Das Problem: Im Gegensatz zu vielen westlichen Journalisten konnte Nekrasov die vom involvierten US-Geschäftsmann Bill Browder zur Verfügung gestellten Belege und Dokumente des Falles selbst lesen. Mit erstaunlichen Folgen. Es war eine schmerzhafte Erfahrung für ihn, festzustellen, dass die offizielle Story mit der Realität wenig bis gar nichts zu tun hatte. Der daraus resultierende Film dokumentiert diesen Erkenntnisprozess und stellt einen anderen Whistleblower in den Mittelpunkt: Andrej Nekrasov selbst.“

Wir Leser erfahren vom Andrej Nekrasov im Interview wie man vom gefeierten systemkritischen Dokumentationsfilmer zu einem Filmemacher (gemacht) wird, dem vorgeworfen wird, Anhänger der Regierung Russlands zu sein. Kurz kann man es so erklären: Nekrasovs Doku-Drama „Der Fall Magnitzki“ entspricht nicht mehr dem westlichen Narrativ, wie Russland demzufolge zu sein hat und dargestellt werden muss.

Nekrasow: „Mein Ruf ist quasi ruiniert.“ Die Aufführung des Filmes (einmal stand sie kurz bevor: im Europa-Parlament) wurde immer wieder verhindert. Wesentlich auf Betreiben der Grünen-Politikerin Marieluise Beck.

Aber der mit dem Grimme-Preis, ausgezeichnete Filmemacher und Journalist gibt nicht auf:

Nekrasow: „Ich setze alles daran, dass „The Magnitzki Act“ doch noch eine breite Öffentlichkeit erreicht. Gleichzeitig arbeite ich an einem neuen Film – kritisch beobachtet von meinem Umfeld. Ich hoffe, dass der Schatten nicht zu einer Selbstzensur führt, das wäre für meine kreative Arbeit wirklich tödlich. Kreatives Schaffen – jeder Artikel, jeder Film, jede Dokumentation – beinhaltet immer Risiken. Geht man diese Risiken nicht mehr ein, nimmt man Rücksicht, dann wird alles zur Routine – und damit nur noch Durchschnitt. Das ist meine größte Befürchtung für meine persönliche Zukunft.“

Westliche Medien betreffend sagt Andrej Nekrasow: „ Man kann sehr vieles im Westen kritisieren, aber wehe es tut dem Establishment wirklich weh.“

Und dann sagt er, die russische Regierung und die Medien angehend für gewisse westliche Ohren sicher Erstaunliches:

„Aber die Regierung verfügt eben nicht über die durchgängige Kontrolle der Medien, wie allgemein angenommen wird. Im Gegenteil: Ich habe inzwischen den Eindruck, dass die russische Presse freier ist als die des Westens.“

Mehr zum Film hier.

Sung Hyung Cho: Ein Blick hinter den eisernen Vorhang – Einblicke in ein anderes Nordkorea (ab S. 411)

Andrea Drescher hat mit Sung Hyung Cho gesprochen und schreibt vorgespannt: „Nordkorea ist ein Land, das seit Jahrzehnten vom Rest der Welt abgeschottet ist, der Eiserne Vorhang zwischen Ost und West ist zwischen Süd- und Nordkorea noch traurige Realität. Was wirklich im Land vorgeht, weiß man nicht. Folgt man den gängigen Narrativen der westlichen Medien, ist es eine Militär-Diktatur, die die eigenen Landsleute verhungern lässt und dem jeweiligen Führer blindlings huldigt. Dass diese Darstellung zumindest unvollständig ist, macht die 2016 erstmals im Kino ausgestrahlte Dokumentation der südkoreanischen Filmemacherin Sung Hyung Cho „Meine Brüder und Schwestern in Norden“ deutlich, der 2017 unter dem Titel „Meine Brüder und Schwestern in Nordkorea“ auch auf ARD, WDR und im HR zu sehen war. Sung Hyung Cho erhielt als erste Südkoreanerin eine Dreherlaubnis, da sie über einen deutschen Pass verfügt. Von 2012 bis heute hat sie das Land insgesamt neun Mal bereist und besitzt daher ein deutlich differenzierteres Bild als viele Journalisten, deren Berichte oft außerhalb des Landes und ohne Kenntnis der Landessprache entstehen. Sung Hyung Cho ist Filmemacherin und Professorin an der Hochschule der Bildenden Künste Saar.“

Jede ach so gruselige Geschichte über Nordkorea – verbreitet durch westliche Medien – werde hierzulande gern für bare Münze genommen.

Drescher fragt: „Ganz aktuell berichten die Medien ja wieder über Nordkorea. Dort soll die neue Stadt Samjiyon von Kinderhänden errichtet worden sein. So liest man beispielsweise im „Focus“: „Inbegriff der modernen Zivilisation“: Von Kinderhänden errichtet: Machthaber Kim Jong Un eröffnet neue Stadt in Nordkorea. In Samjiyon wurden ein Museum, ein Wintersportgebiet, rund 10.000 Wohnungen und Gewächshäuser für Heidelbeeren und Kartoffeln errichtet. Tausende Arbeiter waren dafür nach AFP-Informationen im Einsatz, viele davon Soldaten. Laut KCNA mussten auch Studenten in den Semesterferien dort arbeiten. Diplomaten berichteten darüber hinaus von Kinderarbeit.“

Sung Hyung Cho antwortet:Das ist mal wieder eine dieser typischen Meldungen, durch die sich unsere Medien auszeichnen. Diese „neue Stadt“, die in der Nähe des heiligen Berges, dem Geburtsort von Kim-Jong Il, liegt, hat einen Flughafen, der 1980 eröffnet wurde. Die Stadt gibt es also schon etwas länger. Ich war selbst schon dort.

Richtig ist, dass man dort sehr viel investiert hat, um die Gegend zu einer Vorzeigestadt und Tourismus-Zentrum auszubauen. Dass Kinder dort mitgearbeitet haben sollen, halte ich für kompletten Blödsinn. Nordkorea hat mehr als genug Soldaten und alle wichtigen Bauarbeiten werden vom Militär durchgeführt. Man ist sehr ehrgeizig, will die neuen Gebäude in Rekordzeit hochziehen. Kinder auf der Baustelle würden die Arbeiten nur unnötig belasten. Man arbeitet an diesen Prestige-Objekten Tag und Nacht. Bei dem Tempo, das die Soldaten vorlegen, kommen nicht mal „normale“ Männer mit, geschweige denn Kinder. Das ist meines Erachtens nur eine der üblichen Standarddiffamierungen. Mit irgendetwas muss man die Sanktionen – unter denen das Land schwer leidet – ja rechtfertigen.

Es ist einfach haarsträubend, was alles über Nordkorea geschrieben wird. Ich verstehe nicht, wie solche „Informationen“ zustande kommen. Aber der durchschnittliche Leser oder Zuschauer der Nachrichten glaubt es. Man kann alles Mögliche und Unmögliche über Nordkorea erzählen, da es ja kaum neutrale Berichte gibt. Das war mit ein Grund, dass ich meinen Film gemacht habe.“

Markus Fiedler

Über den engagierten Filmemacher Markus Fiedler notierte Andrea Drescher (S.268):

„Markus Fiedler hat es wieder gewagt zu hinterfragen, was vielen als selbstverständliche Wahrheit erscheint. Nach seiner gnadenlosen Analyse der Situation in der vermeintlich neutralen Wikipedia hat er das nächste heiße Eisen angepackt. Er hat es gewagt, die Konsensstudie „Quantifying the consensus on anthropogenic global warming in the scientific literature“ des Kognitionspsychologen Cook (Cook et al.) von 2013 zu überprüfen – um festzustellen, dass die von allen Medien zitierten Ergebnisse nicht haltbar sind.

Für alle, die ihn noch nicht kennen: Markus Fiedler ist als Biologe mit Hauptfächern Molekulargenetik und Mikrobiologie als Lehrer an einer allgemeinbildenden Schule. Er ist kritischer Beobachter der Wikipedia und der dunklen Machenschaften hinter der sauberen Fassade dieses Scheinlexikons und hat die Filme „Die dunkle Seite der Wikipedia“ und „Zensur – die organisierte Manipulation der Wikipedia und anderer Medien“ gemacht.“ Zu Fiedlers ersten Film lesen gern diesen Beitrag von mir.

Angemerkt: Unterdessen wurde Markus Fiedler wegen seiner Aufklärungsarbeit in Sachen Wikipedia diffamierend in die antisemitische Ecke gerückt und verlor seine Lehrerstelle.

Üble Diffamierungen: „Wenn die Nazikeule nicht mehr ausreicht“

Dazu passen diese Beiträge im Buch sehr gut: „Wenn die Nazikeule nicht mehr ausreicht“ Teil 1 (S.471), „Wenn die Nazikeule nicht mehr ausreicht“ Teil 2 (S.480) und „Wenn die Nazikeule nicht mehr ausreicht“ Teil 3 (S.488)

Andrea Drescher selbst hat jüdische Wurzeln: (…) „gemäß der religiösen Lehre bin ich Jüdin. Meine Mutter war Jüdin, meine Großmutter war Jüdin, der Stammbaum meines Großvaters mütterlicherseits lässt sich ebenfalls lückenlos auf jüdische Familien zurückführen.“

Weiter stellt Drescher fest:

„Nichts ist in Deutschland politisch gefährlicher, als als Antisemit bezeichnet zu werden. Man wird zur Persona non grata und riskiert gesellschaftliche Ächtung. Die traurige Vergangenheit hat bei den Deutschen zu einem – nicht ganz unberechtigten – historischen Schuldbewusstsein geführt, welches Menschen bei rassistischen Angriffen gegen Juden sehr wachsam macht. Das ist auch gut. Daher macht man um alles, was auch nur in die Nähe eines Antisemitismus-Verdachts gerät, instinktiv einen großen Bogen. Der Begriff Antisemitismus als Totschlagargument dient dazu, Themen zu diskreditieren, Kritiker zu diffamieren und deren Punkte in ein schlechtes Licht zu rücken, sodass „normale“ Menschen es nicht mehr wagen, sich zu bestimmten Themen zu äußern. Sich mit „antisemitisch“ abgestempelten Themen auseinanderzusetzen oder die Narrative, die diesen Stempel erhalten haben, zu hinterfragen, erfordert daher einiges an Mut.

Bereits 2014 hat man die Mahnwachen für den Frieden mithilfe der Antisemitismus-Keule diskreditiert. Aufgrund der dort geäußerten Kritik am Finanzsystem, die man seitens linker Ikonen als strukturellen Antisemitismus bezeichnete, wurde eine ganze Bewegung diffamiert, in eine Ecke geschoben und der anfangs stark wachsenden Bewegung die Energie genommen. Das war schon schlimm. Aber 2020 haben Vertreter regierungsnaher Institutionen – konkret Frau Kahane, Herr Klein und Herr Kühnert – mit der Bundespressekonferenz (BPK) am 24. November 2020 in meinen Augen endgültig eine rote Linie überschritten, als sie Antisemitismus und Corona-Proteste de facto gleichsetzten.“

Anmerkung, C.S.: Anetta Kahane (Mitinitiatorin der Amadeu Antonio Stiftung) war Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS).

Es ist perfide, dass sogar nicht davor zurückgeschreckt wird Jüdinnen und Juden als Antisemiten oder „selbst hassende Juden“ abzustempeln, wenn sie Kritik an gesellschaftlichen Verwerfungen üben, die dem Mainstream nicht in den Kram passen.

Nebenbei bemerkt hat Moshe Zuckermann ein interessantes Buch dazu geschrieben „Der allgegenwärtige Antisemit“. Und von Abraham Melzer stammt das nicht minder wichtige Buch „Die Antisemitenmacher“.

Doch – wie schon erwähnt: lesen Sie bitte auch die vielen anderen Interviews mit Leuten, die für gewöhnlich nicht in der Öffentlichkeit bekannt sind. Und schauen Sie bitte auch das hier eingepflegte Video mit dem Interview von Druschba FM mit Andrea Drescher. Darin erhalten Sie noch weitere Informationen zum Buch.

Ansonsten empfehle ich das Buch unbedingt. Versehen mit dem Hinweis (und wie Andrea Drescher selbst im Buch schreibt), dass man nicht mit allem, was die sehr unterschiedlichen Menschen, die für das Buch interviewt wurden, ganz einverstanden sein muss. Denn es sind eben auch Leute darunter, die bevor sie mutig geworden sind, sogar mehr oder weniger unpolitisch gewesen sind. Und da kann es eben schon einmal sein, dass man in Gruppen gerät, die sich später als eine für einen fragwürdige Richtung marschieren oder – wie es bei den Mahnwachen von 2014 gewesen ist auch von bedenklicher Seite unterwandert gewesen sein konnten. Und wenn man sich da aus eigener Kraft und eingedenk von Kants Sapere aude sozusagen wieder herausgewurschtelt hat – Hut ab!

Noch eines liegt mir auf dem Herzen: Im Buch befindet sich auch ein Interview mit dem Initiator von „Querdenken 711“, Michael Ballweg.

Michael Ballweg: Vom Unternehmer zum Querdenker – (k)ein weiter Weg (S.290). Hätte ich ihn interviewt, wäre mir persönlich die Frage wichtig gewesen, wie es dazu kam, dass zahlreiche Mitstreiter von „Querdenken“ sozusagen in die Arme des selbsternannten Königs von Deutschland getrieben wurden. Ohne, dass die Eingeladenen in Kenntnis darüber gesetzt wurden, mit wem dieses Treffen stattfinden würde. Was der Bewegung mit Sicherheit geschadet hat. Bis heute habe ich da seitens der Querdenken-Orga keine befriedigende Erklärung erhalten. Dazu hier ein Beitrag von mir.

Informationen zum Buch

Das Buch „Menschen mit Mut“ enthält 92 Interviews mit bekannten Persönlichkeiten wie Dr. Daniele Ganser, Ralf Ludwig oder aus St. Petersburg Thomas Röper und Andrei Nekrasov – aber auch mit weniger bekannten, jedoch mindestens genauso mutigen Menschen, darunter Polizisten und Ärzte. Die gesammelten Geschichten fordern dazu auf, das zu tun, woran man glaubt. Sie sollen dem Leser und der Leserin dabei helfen, dem Druck standzuhalten, auch wenn man sich in einer Minderheit wähnt. Besonders augenöffnend sind auch die Beiträge über und aus Russland. Allerdings: Andrea Drescher wurde von ihrem Verlag im Stich gelassen und braucht nun dringend zahlreiche Vorbestellungen von ihrem 500-seitigen Buch! Vorbestellt werden kann es hier. Der Erlös geht komplett an die Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe e.V. (www.fbko.org)

Andrea Drescher

Im Gespräch

Menschen mit Mut

Lesen, Nachdenken, mutig sein!

Ars vobiscum

Menschen mit Mut – Vorverkauf

€25,00

Über die Herausgeberin

Andrea Drescher, Jahrgang 1961, lebt seit Jahren in Oberösterreich. Sie ist Unternehmensberaterin, Informatikerin, Selbstversorgerin, Friedensaktivistin, Schreiberling und Übersetzerin für alternative Medienprojekte sowie seit ihrer Jugend aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln überzeugte Antifaschistin. Bisher erschienen von ihr „Wenn eine eine Reise tut“, „Wir sind Frieden“ sowie das „Selbstversorgerbuch für die Küche von Oma & Co“.

Als sie Kind war, wollte sie Journalistin werden, schrieb mit 13 erste Presse-Artikelchen in Lokalblättern. Mit dem Abitur in der Tasche entschied sie sich ganz pragmatisch für ein Informatik-Studium. Schon von Jugend an als Selbst- und Querdenkerin geprägt, sah sie keine Chancen, die Autorität eines Chefredakteuers oder die Blattlinie einer Zeitung ohne Widerspruch zu akzeptieren, sodass sie sich keine guten beruflichen Perspektiven erwartete.

Als Informatikerin mit Nebenfach Marketing nutzte sie die Entwicklungsmöglichkeiten, die ihr ein IT-Unternehmen bot. Sie landete im internationalen Marketing – wo sie erste Chancen bekam, Text zu produzieren und dann die bis dato recht brachliegende Pressearbeit aufbaute.

Mit einer kleinen Wald-und-Wiesen-Werbeagentur creaPower machte sie sich 1999 selbstständig, betreute IT-Unternehmen, darunter auch namhafte internationale Konzerne, im Marketing. Welche Agentur hat schon eine Informatikerin als Texterin im Team? Über die PR-Aufgaben für ihre Agentur-Kunden entwickelte sie sich langsam zur Fachjournalistin.

Als sie 2016 Tommy Hansen begegnete und die Möglichkeit bekam, sich auch über politische Themen auszulassen, erfüllte sich ihr Jugendtraum. Seitdem schreibt sie – als „freie Radikale“ – für Free21, Frische Sicht, NachDenkSeiten, Rubikon und Zivilimpuls sowie für ihren Blog http://www.oberhubistan.at. Ehrenamtlich. Denn sie kann und will sich den Luxus der politischen Unabhängigkeit leisten.

Ihre Motivation: Ich will mich nie bei der Antwort auf die Frage: „Warum hast du damals nichts getan?“ schämen müssen – außerdem fehlen mir Reisen und Bergsteigen in Zeiten der Coronakratur.

Mit Mord bedrohter Anwalt erhält nach 3 [sic!] Jahren „Ermittlung“ gegen einen rechtsradikalen Straftäter eine empörende Mitteilung: Morddrohung sei keine „erhebliche Staftat“

Da wird im Jahre 2017 jemand wegen seiner Äußerungen in einem Video unverblümt mit dem Tode bedroht – was vom Betroffenen angezeigt wurde – und nach drei Jahren „Ermittlung“ kommt ein ernüchterndes Schreiben von der Staatsanwaltschaft. Empörend!

Der Betroffene ist Rechtsanwalt Dr. Rolf Geffken. Auf Facebook schreibt er am 27. April 2020 dazu:

„Die Hamburger Staatsanwaltschaft „ermittelt“ 3 (!!!) Jahre ohne Ergebnis gegen einen rechtsradikalen Straftäter wegen einer MORDDROHUNG, obwohl das Foto des Täters bekannt ist. Morddrohung sei aber keine „erhebliche Straftat“. Deshalb sei keine öffentliche Fahndung erfolgt. Im übrigen hat die zuständige Dezernentin die Verfahrenseinstellung dem Opfer „offenbar versehentlich“ nicht mitgeteilt. WOHLGEMERKT: Das ist nicht die #politische #Weimarer #Justiz die s o arbeitet. Das ist die JUSTIZ DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG unter einem rot-grünen Senat die s o mit rechtsradikaler Hasskriminalität „umgeht“. Eine Schande ! Was tut der Justizsenator ?

Wenn ich nach 3 Jahren „Geduld“ nicht nachgefragt hätte würden sie in 10 Jahren noch „ermitteln“ obs was gibt….“

Migration, Flucht & Asylrecht – Dr. Rolf Geffken zu den besorgten Bürgern

Geffkens Videostatement das den Nazi so aufgeregt hat:

Um diese Sache ging es:

„Wegen des bei weltnetz.tv erschienenen und bei youtube veröffentlichten Videos „Migration, Flucht & Asylrecht – Zu besorgten Bürgern“ erhielt der seit vielen Jahren nicht nur im Arbeitsrecht sondern auch im Ausländerrecht tätige Anwalt Dr. Rolf Geffken jetzt massive und kaum verhüllte Morddrohungen offensichtlich rechtsradikaler Internetnutzer. Strafanzeige wurde erstattet. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ist mit der Angelegenheit befaßt.

Screenshot der Kommentare.

Unter dem Pseudonym „Mokarasss1“ droht der Täter „Jeder, der sich gegen sein Eigen ausspricht verdient den Strick. Nicht mehr und nicht weniger. Und ja ich spreche vom Tode!“ Und schließlich: „So etwas wie du wird aufgehängt. Schuldig der Beihilfe zum Völkermord!“

Der Anwalt hatte sich in dem Video vor allem an jene „besorgten Bürger“ gewandt, vor deren eigener Tür es gar keine Ausländer gäbe, die aber trotzdem „vor den vielen Ausländern“ Angst hätten. Dieser vor allem für Ostdeutschland kennzeichnende Tatbestand sei historisch und international einmalig und Grund genug, einmal über die Ursachen bloß „gefühlter“ statt  r e a l e r  Flüchtlingsströme nachzudenken. Doch war dies für die rechtsradikalen Nutzer des Mediums offenbar zu viel.

Der Anwalt erhält vor allem wegen seiner bei youtube und weltnetz.tv veröffentlichten Beiträge und Ratschläge zum Arbeitsrecht viel Zuspruch von Internetnutzern. Es ist das erste Mal, dass er sich in einem Video nun grundsätzlich zum Thema Ausländerfeindlichkeit geäußert hat.“

„Ich werde mich von der Ausübung meiner Grundrechte weder durch Beleidigungen noch Drohungen noch Mordankündigungen abhalten lassen. Im Gegenteil: Diese Art der Drohungen zeigt wes Geistes Kind  d i e s e  Art angeblich besorgter Bürger ist.“

Dr. Rolf Geffken
19.10.2017

Quelle: Weltnetz.TV

Möge sich jede/r seine eigenen Gedanken zu diesem Fall machen.