Der letzte Teil von „Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus“ von Rudolph Bauer liegt vor

Darüber informiert der pad-Verlag:

«Die Artikel zu den Stichwörtern geben in knapper Form den aktuellen Stand des Wissens und der Forschung wieder. Auf diese Weise ist es möglich, die verschiedenen, auch sich Verbindungslinien begrifflicher, institutioneller und personeller Art in der gesamten Breite und Komplexität des Geschehens zu erfassen – und in ihrer Ungeheuerlichkeit, nicht zuletzt was die offenen und untergründigen Bezüge zum geschichtlichen Nationalsozialismus und Faschismus betrifft.


Die Stichworte des Wörterbuchs sind von handlungstheoretischer Bedeutung. Diese erschließt sich aus dem Geflecht der Akteure und ihrer ideologischen (weltanschaulichen kulturellen, wissenschaftlichen, propagandistischen usw). Herangehensweise an die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart Was dabei unterhalb der Oberfläche des Sicht- und Erkennbaren bleibt, ist der strukturelle Gesamtzusammenhang, wie er von Marx in der Kritik der Politischen Ökonomie analysiert und dargestellt worden ist.


Das gilt es bei der Lektüre zu beachten, und insofern bilden die Wörterbuch-Stichworte immer nur die halbe Wahrheit ab. Die ganze Wahrheit resultiert aus der Analyse der kapitalistischen Produktionsweise, die auf eine Maximierung der Gewinne ausgerichtet ist.Wo diese an Grenzen stößt bzw. wenn die Profitrate zu sinken droht, wird aus struktureller und systemischer Sicht Krisen-Alarm ausgelöst. Dieser hat politische Folgen, führt zu ökonomischen, auch finanzwirtschaftlichen Umstellungen und wirkt sich gesellschaftlich in Gestalt von Verelendung, Spaltung und Brutalisierung aus.


Die Umstellungen in politisch-ökonomischer Hinsicht zeigen sich bei der erneuten, post-neoliberalen Verzahnung von Staat und Wirtschaft.
Die Oberflächen-Verhältnisse, über die das Wörterbuch kritisch berichtet, sind im Fluss. Sie verändern sich ständig, Das ist einer der Gründe, warum es wichtig ist, die Entwicklungsprozesse und die Richtung, die sie nehmen, kritisch zu begleiten. Das Wörterbuch beleuchtet die gegenwärtigen Verhältnisse, nicht das Kommende. Es wurde auch nicht in der Absicht erarbeitet, das Gefühl der Ohnmacht zu verstärken.
Sein Inhalt – in Summe als ,,Bunter Totalitarismus“ bezeichnet – ist zwar makaber und katastrophal. Aber noch erschreckender wäre es, die Verhältnisse erst im Nachhinein,wenn es zu spät ist, als bunt-totalitär zu erkennen und zu verurteilen. Die Frage, ab wann es zu spät ist, bleibt offen.
(aus der Einleitung)

Die Broschüre:

Rudolph Bauer

Heft 4: T – Z, 110 Seiten, 7 Euro

pad-verlag – Am Schlehdorn 6- 59192 Bergkamen/E-Mail:pad-verlag@gmx.net

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Rudolph Bauer
KRITISCHES WÖRTERBUCH DES BUNTEN TOTALITARISMUS
Heft 1: A bis H
pad-Verlag
Rudolph Bauer
Neuerscheinung
Kritisches Wörterbuch des
Bunten Totalitarismus
Heft 1: A-H, 96 Seiten, 7.– E Heft 2: I- N, 100 Seiten, 7.–e Heft 3: O-S, 99 Seiten, 7.– Heft 4: T -Z, 110 Seiten, 7.–

Meine bisherigen Veröffentlichungen zu diesem Kritischen Wörterbuch hier und hier.

Über den Autor

Rudolph Bauer ist Politikwissenschaftler, Schriftsteller und Künstler. Einer der wenigen, die sich in Bild und Schrift auch künstlerischer Ausdrucksmittel bedienen, um ihr fachliches Wissen mit politisch-kritischem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Er war Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u. a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Berufliche Erfahrungen sammelte er u. a. als freier Mitarbeiter und Journalist bei Tageszeitungen und Zeitschriften, bei „konkret“ und der Frankfurter Studentenzeitung „Diskus“; als freiberuflicher Sozialforscher in Offenbach/Main; als Forschungsassistent und Vertretungsprofessor an der Universität Gießen; als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für das Chinesisch-Deutsche Lexikon am Fremdspracheninstitut Nr. 1 der Universität in Beijing in der VR China; als Fellow in Philanthropy am Institute for Policy Studies der Johns Hopkins University in Baltimore/Mass. in den USA.

«Notfallkapitalismus. Texte zur politischen Ökonomie des in Agonie befindlichen „senilen Kapitalismus“« von Fabio Vighi. Empfehlung der Broschüre

Kürzlich stellte ich hier die im pad-Verlag erschienene interessante Broschüre «Covid-19 und die Pandemie als Amoklauf des Finanzkapitals« von Fabio Vighi vor. Nun folgt – wiederum als Leseempfehlung – eine weitere Broschüre mit Texten von Vighi mit dem Titel «Notfallkapitalismus. Texte zur politischen Ökonomie des in Agonie befindlichen „senilen Kapitalismus“«.

Wiederum hochinteressant! Wir dürften uns bei genauerem Nachdenken bewusst sein (auch der Kognitionswissenschaftler Rainer Mausfeld hat das angemerkt), dass der Kapitalismus letztlich nicht mit einer wirklichen Demokratie vereinbar ist. Dennoch hat der Kapitalismus bis heute überlebt. Denn er sorgt nicht nur für Ungerechtigkeiten und Krisen, sondern ist immer wieder auch innovativ. Was ihn in die Lage versetzt, sich immer wieder neu zu erfinden und somit zu überleben. Nicht selten wurde sein kommende Ende vorhergesagt. Doch bekannterweise (über-)leben Totgesagte immer wieder.

Allerdings häufen sich die Krisen des Kapitalismus bedenklich. Der Raubtierkapitalismus, der immer rücksichtsloser agierende Neoliberalismus (besser: Marktradikalismus) hat – nach dem Fall des missglückten Sozialismus – alles nur noch schlimmer gemacht. Frisst sich das System zunehmend selber, steht es vor einer Implosion? Finanzexperten wie Ernst Wolff warnen seit Jahren davor.

Der Wirtschaftswissenschaftler Wolfram Elsner hat zur Broschüre ein interessantes Vorwort geschrieben:

«Das globale historische „Großereignis“ der Corona-Pandemie 2020-2022 befindet sich international in einer notwendigen kritischen Auf- und Nachbereitung. Zu verdächtig waren die Begleitumstände der Pandemie. Die internationale kritische Politische Ökonomie hatte schon seit den 2010er Jahren die zunehmende Labilität, Krisenanfälligkeit, Unhaltbarkeit, den Niedergang und insgesamt eine Unseriosität des ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses des neoliberalen finanzialisierten Kapitalismus (NFK) aufgezeigt.

Die Analysen zeigten schon in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre, und vor allem 2019, kurz vor der offiziellen Wahrnehmung der Pandemie, dass eine weitere, diesmal wohl massivere realökonomische Stagnation und Krise ins Haus stand und mit ihr, nach 2007/8 ff., eine weitere, größere und fundamentalere Finanzkrise. Es war klar geworden, dass die Schneeball-, Blasen- und „Ponzi“-Mechanismen der Derivate-Pyramiden des de-regulierten, enthemmten und explodierenden Spekulationssektors, der inzwischen nur noch aus sich heraus und für sich selbst existierte und arbeitete, selbst mit den jährlich real produzierten Werten der Erde (dem Weltsozialprodukt) und mit der laufenden Ausbeutung („Verwertung“) der vorhandenen realen Vermögensbestände („Assets“: öffentliches Vermögen und Infrastrukturen, Immobilien, industrielle Firmenwerte, Arbeitskraftwerte, Wasserressourcen und der gesamten Natur sowie am Ende der Atemluft) nicht mehr so viel an Mehrwert zu sich selbst hin umverteilen konnten, dass im Durchschnitt noch eine relevante Profitrate auf die die geschätzten 1,5 Billiarden USD der nominalen fiktiven Finanzwerte auf bedrucktem Papier, versehen mit Eigentumstiteln und Renditeanspruch, generiert werden konnte.

Die meisten realen Vermögensbestände der Gesellschaft (s.o.) waren ja in den Frühphasen des Neoliberalismus in den 1980er Jahren bereits geplündert worden, die Ressourcen der Welt bereits aufgekauft und große Landflächen in Afrika vereinnahmt. Die Wall Street besaß vor Corona rechnerisch im Durchschnitt Eigentumstitel für zwei, danach bis zu acht Welt-Jahres-Ernten an Weizen. Die Umverteilung auch der Einkommen zu den obersten 1% war „bis Anschlag“ umgesetzt: die Lohnsumme ausgequetscht, Staatshaushalte ausgequetscht und auf Umverteilung nach oben programmiert, die Gewinne der kleinen und mittleren Unternehmen ausgepresst und umverteilt, ebenso wie die Gewinnquote der Industrie zugunsten der Renditen des Spekulationssektors umverteilt worden waren. Die reale Ökonomie, reale Natur und reale Menschen konnten dem Spekulationskapital der kleinen Oligarchen- und Plutokraten-Schicht inzwischen gleichgültig sein.

Aber all das reichte nicht. Nichts konnte mithalten mit der Explosion der nominalen fiktiven Geldkapital-Werte und ihm auch nur „normale“ reale Renditen sichern. Umso mehr wurde das Spekulationskapital der 1 Prozent (1 Promille? 0,1 Promille? …) Motor immer weiter verschärfter Umverteilung, auch zulasten anderer Wohlhabender (kleine Spekulanten, Industriekonzerne als Finanzinvestoren, private Vermögende), die nicht so nah an der Quelle der Entscheidungen saßen und nicht rechtzeitig vor der nächsten Krise ihre Schäfchen durch Umswitchen in Realwerte (Ressourcen) ins Trockene bringen (in reale Sachwerte transformieren) konnten. Das Aufpumpen von Blasen entpuppte sich als ein ultimativer Umverteilungsmechanismus. Die Spekulation hatte die Verschuldungsexplosion als Voraussetzung, bei den Arbeitenden und ihren Haushalten, dem Staat, der kleineren Industrie und dem Gewerbe ohnehin, deren Verarmung mit umso mehr Krediten aufrechterhalten wurde. Aber auch bei den Großbanken und Schattenbanken, den Hedgefonds, Private Equity Firmen usw., die unendliche Kredite aus dem Nichts brauchten, da sie ja ihr Geschäft auch mit der Differenz zwischen Kreditkosten und kurzfristiger spekulativer Anlage machen. Die Zentralbanken waren daher ja unter dem Neoliberalismus exakt dafür umgegründet und oberhalb des politischen Systems gestellt worden, um den Spekulationssektor ständig mit Frischgeld zu versorgen und am Laufen zu halten.

Seit 2008 laufen die Kurven der geopolitischen Versorgung (Quantitative Easing) mit den spekulativen Ankagekurven1:1 parallel. Die staatliche Fiskalpolitik durfte im Neoliberalismus keine Rolle mehr spielen und hatte ihren Umverteilungsitrag nach oben ohnehin schon „bis zum Anschlag“, d.h. auch: bis zur Grenze der offenen politischen Legitimationskrise des Staates und der offenen Bürgerrevolte geleistet.

Kritische Politökonomen, Sozialwissenschaftler und feinfühlig beobachtende ZeitgenossInnen hatten ja bereits von „Nine-Eleven“, also seit 2001, und den unzähligen Widersprüchen des offiziellen Narrativs zum Einsturz des New Yorker World Trade Center gelernt, dass vieles nicht mehr stimmen kann im niedergehenden und um uns herum erkennbar verrottenden neoliberalen Finanzkapitalismus, der sich als eine immer gigantischere Umverteilungsmaschine entpuppte, der die Gesellschaften spaltet und ruiniert, die die „1 Promille“ immer reicher werden und den Armutssektor der Gesellschaft explodieren ließ, die Umweltkatastrophe beschleunigte, Kriege in alle Ecken der Welt trug, wo Länder unbotmäßig wurden, und im Grunde keines der drängenden Menschheitsprobleme mehr lösen konnte.

Die Menschen lernten, Fragen zu stellen und Zweifel anzumelden an „Nine-Eleven“ und darüber hinaus an all dem Genannten sowie an den mit ständigen Schock-Narrativen, angeblichen Bedrohungen, mit Krisen, Chaos und „Notfällen“ aller erdenklichen Arten begründeten, aber erkennbar bereits von langer Hand vorbereiteten Kriegen des hegemonialen Imperiums und seines Trabantensystems, seines „Global War on Terror“. Und sie mussten schmerzhaft lernen, dass ihre Fragen, Zweifel und Suchen zu keinem Zeitpunkt von offizieller Seite ernst genommen wurden. Vielmehr begann dieses System der Austerität, des ökonomischen Niedergangs, der Verarmung und Gesellschafts-Spaltung nach innen, der „einzigen Weltmacht“, der Weltbeherrschung, der Monopolarität und der imperialen Hegemonie, der Aggressivität und der Kriege nach außen, bei verschärfter „Demokratie“- und „Freiheits“- Rhetorik durch ihr zunehmend vereinheitlichtes offizielles Parteienkartell politisch zunehmend mit Unterdrückung, Zensur, „betreutem Denken“ in immer engeren Leitplanken, gesellschaftlicher Meinungsformierung und mit zu einer Hetz-, Kriegs- und Fake-Industrie mutierten OligarchInnen-

Medien die Zweifler und Kritiker mundtot zu machen, für verrückt zu erklären und als „Verschwörungstheoretiker“ und je nach Tagesbedarf als „Rechte“ und „Antisemiten“ abzustempeln, mundtot zu machen, zu ruinieren und abzuservieren.

Dabei hatte es sich im Laufe der Geschichte jeweils im Nachhinein, z.T. nach Jahrzehnten, immer wieder herausgestellt, dass selten eine aufgestellte Verschwörungstheorie so Schlimmes erahnt hatte wie die tatsächlichen Verschwörungen und politisch-staatlichen Verbrechen, die dann typischerweise nach 30 Jahren, wenn regelhaft die staatlichen Archive Dokumente freigeben, ans Tageslicht kamen.

Solche Erfahrungen kulminierten für immer mehr kritisch denkende Menschen dann insbesondere während der Pandemie zu einer zentralen Erfahrung des Skeptizismus, der eigenen Verfolgung und Unterdrückung, der Meinungsunfreiheit und der umfassenden Überschwemmung mit Fakes über die Weltveränderungen von offizieller Seite, gepaart mit einem unseriösem, unsouveränem, unglaubwürdigem, aber umso autoritärerem Auftreten des Staates und seines politischen Führungspersonals.

Man glaubte immer weniger an zufällige Zusammenhänge zwischen den realen Niedergangserscheinungen, zunehmendem Demokratieabbau, wachsendem Autoritarismus, Aggressivität und Kriegen nach außen, einer immer mehr dominierenden Fake-Industrie und dem Aufkommen und politischen Nutzen von sozialpsychologischen und emotionalen Schocks, Chaos, Katastrophen und „Notfällen“. Manche schütteten schon mal in antiautoritärer Überreaktion auch das gesamt Pandemie-Kind oder Klimawandel-Kind mit dem Bade des Skeptizismus und Nihilismus gegenüber allem und jedem aus. Viele konnten nun einfach gar nichts mehr glauben und stellten einfach alles in Frage. Einen Orientierungskompass des realen Lebens war ihnen im politischen Raum abhandengekommen. Nicht zuletzt übrigens, weil ehemalige Linke sich ins System integriert hatten, die Positionen der herrschenden „Eliten“ übernahmen, den Kapitalismus plötzlich gar nicht mehr problematisch fanden, sich wohlig einrichteten in ihren Minister- und Staatssekretären-Sesseln und sich außenpolitisch plötzlich bei den Kriegsreibern „für die Freiheit“ positionierten.

Das System offenbarte insgesamt eine massive Glaubwürdigkeitskrise, die Politik sprach mit ihren zunehmend hohlen Ritualen und Phrasen, dem Closed-Shop ihres Parteienkartells, einer „Herrschaft des Volkes“ (Demos Kratos), die sich im periodischen Kreuzchen machen erschöpft, und mit unrepräsentativen Regierungen, die am Ende nur noch etwa 30% der Wahlberechtigten vertreten, immer mehr Menschen nicht mehr an. Protest breitete sich aus, und die Erkenntnis macht sich breit, dass dieser zerfallende, und daher nach innen und außen umso aggressivere Kapitalismus und sein dequalifiziertes Politpersonal eine Menge zu verbergen haben, und daher Schocks-Chaos, Katastrophen, Notfälle, Tod und Todeskulte als Herrschaftsmechanismen brauchen und jede immanente Krise des Systems zu ihren Gunsten missbrauchen.

Manche schießen auch hier übereifrig über das Ziel hinaus, indem sie vermuteten, „das System“ generiere bewusst und politisch rational und kollektiv geplant jedwede Krise selbst, um die Herrschaft aufrechtzuerhalten. Nicht alles frühere Wissen aber über die endogene, immanente

Krisenhaftigkeit des Kapitalismus, insbesondere in seiner neoliberalen finanzialisierten Niedergangsstufe muss aber vor dem Hintergrund der gemachten skeptischen machenden Erfahrungen über den Haufen geworfen werden, nicht jede wissenschaftliche Erkenntnis über Viren und Bakterien, über Virologie und Epidemiologie, über Umweltzerstörung und CO2 müssen in falschen und überzogenen Umkehrschlüssen negiert werden. Es ist eben nicht so, dass die Menschheit plötzlich gar nichts mehr weiß.

Naomi Klein hatte bereits Jahre zuvor ausführlich dargelegt, dass dieser Kapitalismus von seinen funktionalen Herrschaftsmechanismen und von seiner antidemokratischen Ersatz-Legitimationsbeschaffung her die Katastrophe, das Chaos, den Schock, oder den Notfall als Herrschaftsmechanismus braucht.

Hier nun setzt Fabio Vighi mit seinen kritischen Texten aus den Corona- und Nach-Corona-Jahren an. Er steht für das oben Gesagte, für die Fortsetzung einer kritischen Politischen Ökonomie, praktischen Philosophie und Systemkritik. Und deren Aktualisierung vor der Hintergrund der Pandemieerfahrungen und der aktuellen Kriegserfahrungen mit diesem System. Er analysiert die finanzkapitalistischen Mechanismen, die Rolle der Zentralbanken, die Politische Ökonomie der allseitigen Überschuldung.

Und er breitet das Thema des neuen äußeren Feindes und des Krieges gegen ihn aus, ein Feind, den das System nach einer kurzen Zwischenzeit der relativen Friedlichkeit aufgrund von Irritation und Neuorientierung in den ersten 1990er Jahren dringend wieder brauchte. Er umspannt Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg und ist aktuell bis ins Frühjahr 2024. Er entwickelt die Idee Naomi Kleins vom Schockstrategie- Kapitalismus weiter und bringt seine Ergebnisse auf den Punkt als „Notfallkapitalismus“ (Emergency Capitalism).

Damit liegt hier auch eine Aufsatzsammlung vor, die nach den Erfahrungen der Corona-Pandemie, des Krieges und der Kriegs(tauglichkeits)hetze, der dominierenden Einheiz-Fakes und des neuen zensierenden, unterdrückenden, autoritären politischen Systems deutlich skeptischer, fundamentaler skeptisch ist, als man es vor Corona war. Der Gegner kritischer und demokratischer Bewegung ist auch umfassender geworden: Wir sind mit einem „MIMPIK“ konfrontiert, einem Medial-Industriell(-Finanziell)-Militärisch-Politisch-Intellektuellen Komplex. Universitäten und Think Tanks sind voll in globale Konfrontations-, Rüstungs- und Kriegsstrategien integriert, auf Kriegstüchtigkeit umgetrimmt, und die Oligarchenmedien haben die politische Macht übernommen und treiben mit ihrem ihr Militär und Finanzkapital heutzutage Politik und Intellektuelle vor sich her.

Eine ungläubigere Generation kritischer Denker, eine Generation von kritischen Philosophen und Politischen Ökonomen meldet sich hier, die fast nichts mehr glauben kann, fast alles für möglich hält und nur noch wenig Zukunftsoptimismus für den alten Kapitalismus hat. Da hilft nur noch, die Welt in ganzer Breite hereinzuholen und zu sehen, wie schnell sie sich verändert. Und das keineswegs mehr nur noch zum Schlechten.«

Bremen, im August 2024

Wolfram Elsner

Hoch informativ, dieses Vorwort! Damit sind die Leser gut auf Texte vorbereitet. Was auch für Menschen gilt, welche wenig ökonomisch gebildet sind. Viele Leute sind ja auch betreffs der von Wolfram Elsner referierten Fakten kaum oder nicht informiert. Leider versagen ja diesbezüglich auch die meisten unserer Medien. Warum? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Fabio Vighi gibt uns zu bedenken: «Ein globales Wirtschaftssystem, dass sich der Sättigung nähert, kann nicht auf eigenen Füßen stehen. Je mehr der Kapitalismus darauf beharrt, alles zu liquidieren, was sich seinen Gesetzen widersetzt, desto mehr implodiert er. Und je mehr er auch zur Geisel einer perversen Logik wird, die auf der Fantasie eines grausamen Feindes basiert, der bereit ist, uns zu vernichten.

Wie Domenico Losurdo zeigt, wurden die zivilen Errungenschaften der liberalen Ideologie in Symbiose mit den modernen Tragödien der Sklaverei, Deportation und des Völkermords etabliert. Diese Tragödien kehren im teuflischen Projekt der neoliberalen Globalisierung zurück. Das Paradoxon, das den moralischen Antrieb der heutigen „guten Politik“leitet, wurde von Baudrillard perfekt zusammengefasst:

„Wenn Le Pen nicht existierte, müsste er erfunden werden. Er ist es, der uns von der bösen Seite unserer selbst befreit, von der Quintessenz all dessen, was das Schlimmste in uns ist. Dafür ist er verflucht. Aber wehe uns, wenn er verschwindet, denn sein Verschwinden würde unsere rassistischen, sexistischen und nationalistischen Viren (wir haben sie alle) oder einfach die mörderische Negativität des sozialen Seins auslösen.“

Jean-Marie Le Pen ist nicht verschwunden. Er wurde geklont und in ein buntes Karussell von Monstern eingefügt, deren Aufgabe es ist, uns von den realen Prozessen sozioökonomischer Verwüstung abzulenken […]

Wie bei Colonel Kurtz in Apocalypse Now wird das Böse vom Guten hervorgebracht und muss beseitigt werden, um diese peinliche Wahrheit

zu verbergen. In dieser Hinsicht sollte man sich Max Horkheimers unsterbliche

Mahnung vor Augen halten: „Wer nicht bereit ist, über den Kapitalismus zu sprechen, sollte auch über den Faschismus schweigen.

[…] Die totalitäre Ordnung unterscheidet sich von ihrer bürgerlichen Vorgängerin nur dadurch, dass sie ihre Hemmungen verloren hat.“ So wurde uns beispielsweise kürzlich eingeredet, dass Donald Trump für alle Schrecken der Erde verantwortlich ist, von der Sklaverei, auf der die Vereinigten Staaten von Amerika aufgebaut wurden, bis hin zum neuesten ‚apokalyptischen‘ Virus. Es spielt keine Rolle, ob das Imperium des Guten für dasselbe Böse verantwortlich ist, das es dem anderen zuschreibt. Wichtig ist, dass die sanfte Seite unserer Intelligenz nicht gestört wird […]

Weiter schreibt Vighi: «Die industrielle Produktion von Notfällen erfordert wiederum glaubwürdige Akteure auf der globalen Bühne sowie ein Publikum, das bereit ist, sich von zynischer Medienpropaganda schockieren zu lassen.

Der Cashflow in Richtung Aktienmärkte muss weiter steigen, was auch immer dafür nötig ist. Wie ich in meinen früheren Beiträgen zu diesem Thema argumentiert habe, war COVID-19 im Wesentlichen ein beispielloser Versuch, die expansive Kapazität künstlicher Liquidität zu einem kritischen Zeitpunkt in der Geschichte des Kasino-Kapitalismus wiederherzustellen. Ende 2019 drohte der Finanzsektor erneut, rasch illiquide zu werden, da das Monopoly- Geld versiegte – ein vorhersehbares Ereignis, das bereits die Große Finanzkrise ausgelöst hatte. Im Jahr 2019 stand jedoch viel mehr auf dem Spiel als 2008, denn die Geldsucht des Systems hatte ihren Höhepunkt erreicht.

Was sind die Triebkräfte des senilen Kapitalismus? Ich werde fünf davon in keiner bestimmten Reihenfolge auflisten und dann ihre Zusammenhänge erörtern:

1. Schulden. Der einzige Weg in die kapitalistische Zukunft wird weiterhin durch Programme zur Liquiditätsschöpfung geebnet. Geld „aus dem Nichts“ zu schöpfen und es als Kredit in Umlauf zu bringen, ist die elementare geldpolitische Strategie, die unsere Gesellschaften davor bewahrt, in den Abgrund zu stürzen – wie die Comicfigur, die, nachdem sie über den Rand einer Klippe gelaufen ist, in der Luft schwebt, bevor sie die Schwerkraft wahrnimmt. Die Anziehungskraftder Schwerkraft ist jedoch jetzt unwiderstehlich, und der Abstieg hat mit einer heftigen Währungsabwertung begonnen.

2. Blasen. Finanzblasen, die durch billige Kredite aufgeblasen werden und einen wahnhaften Mechanismus der ewigen Bewegung nähren, sind das einzige aussagekräftige Maß für die noch verbleibende Vermögensbildung. Für die Handlanger der „schönen Maschine“ geht es nur noch darum, die Blasen am Platzen zu hindern. Während sich die finanzialisierte Wirtschaft von ihren sozialen Bindungen entfernt, wird die menschliche Existenz zur Sicherheit für den spekulativen Algorithmus.

3. Kontrollierte Zerstörung. Lohndumping und ein Abwärtswettbewerb um immer weniger Arbeitsplätze sind die notwendige Kehrseite des Blasenparadigmas. Damit die spekulativen Märkte fortbestehen können, muss die „Arbeitsgesellschaft“ schrittweise verkleinert werden, da sich die heutigen künstlich aufgeblähten Finanzanlagen und die reale Nachfrage gegenseitig ausschließen. Einfach ausgedrückt: Die Main Street ist eine Belastung für die Wall Street, weshalb sich der Konsumkapitalismus nun in die Verwaltung der kollektiven Verelendung verwandelt.

4. Notfälle. Unsere existenzielle Lage in der Endphase des Bubble-to-Bubble-Kapitalismus ist eine zutiefst terroristische Meta-Notfall-Ideologie, eine Permakrise, die uns von der Wiege bis zur Bahre begleiten muss. In dieser Hinsicht war die Pseudo-Pandemie des Jahres 2020 nur der Eisbrecher. Machen wir uns nichts vor: Eine Welt, die so fanatisch ihre eigene Implosion verteidigt, hat noch viele weitere Schocker für uns auf Lager.

5. Manipulation. Medienpropaganda ist im Zeitalter der digitalen Hypervernetzung eine Selbstverständlichkeit, und so ist es nur natürlich, dass der senile Kapitalismus, der seinen Zusammenbruch spürt, das Beste daraus macht. Hier ist ein hartnäckiges Zusammentreffen von blinder Dummheit und zynischer Berechnung am Werk. Wie George

Orwell schon lange vor dem Internet voraussagte, geht es darum, Lügen zu erzählen und sie gleichzeitig zu glauben: „Der Prozess [der massenmedialen Täuschung] muss bewusst sein, sonst würde er nicht mit ausreichender Präzision durchgeführt werden, aber er muss auch unbewusst sein, sonst würde er ein Gefühl der Falschheit und damit der Schuld mit sich bringen.“

Jean Baudrillard nannte das Ergebnis dieses Prozesses „Hyperrealität“

Während das Bewusstsein für die Massenbetrug langsam erwacht, bevorzugen die meisten Menschen die Vogel-Strauß-Politik: Besser nichts wissen, als das eigene Maß an Leichtgläubigkeit in Frage zu stellen. Und doch hat es wenig Sinn, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Stattdessen ist es von entscheidender Bedeutung, sich daran zu erinnern, dass Virus der unsichtbare Schutzschild war, der eingesetzt wurde, um eine Banken- und Finanzkrise zu vermeiden, die 2008 in den Schatten gestellt hätte, und gleichzeitig eine Notfallstrategie für das koordinierte Management der Massenverarmung einzuleiten – nicht nur in den Randgebieten der kapitalistischen Welt, sondern auch in ihrem Zentrum. Es ist besonders aufschlussreich, dass wir jetzt dazu überredet werden, den wirtschaftlichen freien Fall als Schicksal zu akzeptieren: eine Art mythische Stagflation, die ihren Ursprung in externen und weitgehend unkontrollierbaren Auslösern (Pandemie) […]«

«Die Mainstream-Medien werden uns niemals über die Ursachen einer strukturell insolventen Wirtschaft informieren, aus dem einfachen Grund, dass sie ein Zweig dieses bankrotten Systems sind. Im Gegenteil, sie werden versuchen, uns davon zu überzeugen, woanders hinzuschauen: Pandemien, Kriege, kulturelle Vorurteile, politische Skandale, Naturkatastrophen und so weiter. Die reaktiven Medien können den Niedergang zwar nicht mehr verbergen,aber sie haben gelernt, exogenen Ereignissen die Schuld zu geben. «

«Es ist daher von entscheidender Bedeutung zu erkennen, dass wir vor einem totalen sozioökonomischen Zusammenbruch stehen“, mahnt Vighi. «Diejenigen, die den finanziellen Saftladen antreiben, werden weiterhin Konflikte und Spaltungen aller Art fördern, um den systemischen Zusammenbruch zu verbergen. Jeder Konflikt, ob geopolitisch oder anderweitig, beginnt und endet im „Krisenkapitalismus“. Der Niedergang des Sozialismus in den 1980er Jahren lüftete den Schleier der Maya. Seitdem ist,wie ein Buddhist sagen würde, „Dualität eine Täuschung“: Es gibt nur ein sozioökonomisches Dogma, und es funktioniert nicht mehr. Es ist nun unmöglich, den Konsumkapitalismus am Leben zu erhalten und gleichzeitig die Verschuldung ins Unendliche zu steigern. Der Berg an Schuldscheinen übersteigt bei Weitem das, was wir als Sicherheit besitzen (im Wesentlichen unser Vermögen, unsere Arbeitskraft und unser Leben), während die Fiat-Währungen längst ihre Reise ins Land des Mülls angetreten haben. Das gesamte Bankensystem steht kurz vor dem Zusammenbruch, weshalb es dringend neue inflationäre Liquidität benötigt, um sich über Wasser zu halten. Der „Great Reset“ ist der autoritäre Versuch unserer Eigentümer, auf diese systemische Bedrohung zu reagieren, indem sie die Kontrolle über die Sicherheiten (unser Leben) übernehmen und am Steuer bleiben. Alles andere ist Wahrnehmungsmanagement. Die westlichen Mittelschichten sind Gefangene ihrer Vergangenheit und davon überzeugt, dass der liberaldemokratische Kapitalismus der Nachkriegszeit als Modell der sozialen Organisation nicht nur grundsätzlich gerecht, sondern auch ewig und unbestreitbar ist. Diese optische Täuschung, die bislang (auch bei scharfer Kritik) zu einem fast bedingungslosen Vertrauen in unsere Institutionen geführt hat, ist verständlich:

Die westlichen Mittelschichten sind seit Jahren Gegenstand der liebevollsten Aufmerksamkeiten des Großkapitals, im Kontext einer profitabler Gesellschaftsvertrag, der um Massenlohnarbeit und wachsende Konsumgewohnheiten herum organisiert ist. Mit anderen Worten:

Das Kapital hat eine Arbeitsgesellschaft geformt und gleichzeitig ausgebeutet, die sich am „idealen Standard“ des Arbeiter-Konsumenten orientiert, der vom Traum einer sozialen Aufstiegsmobilität befriedigt wird. […]«

Die Gefahr einer Katastrophe wird

durch die Gefahr anderer Katastrophen abgewendet“

(T. Adorno)

Die Crux: «Vielleicht ist es ein Zeichen der Zeit, dass selbst die scharfsinnigsten Denker, Historiker und geopolitischen Kommentatoren Schwierigkeiten haben, die existenzielle Natur der Verbindung zwischen unserem schuldenbasierten Wirtschaftssystem und militärischen Eskalationen zu begreifen. Vor allem scheinen sie nicht zu verstehen, warum der überschuldete Westen immer wieder versucht, einen geopolitischen Kampf vom Zaun zu brechen. Dabei ist die Logik dahinter ganz einfach: Die heutigen Notfälle sind keine unabhängigen Variablen, sondern der zerstörerische Modus Operandi der implosiven kapitalistischen Reproduktion.

Das Donnern der Bomben in der Ukraine, in Gaza und im Nahen Osten ist die Opernbegleitung zum tödlichen Tanz von Rezession und Inflation im Zeitalter von QE-Infinity, stagnierenden Einkommen und struktureller Schuldenmonetarisierung. Die unausweichlichen Realitäten der wirtschaftlichen Implosion müssen in der ohrenbetäubenden Kakophonie des Krieges oder der Förderung seiner Bedrohung ertrinken.

Psychopathische Finanzeliten lieben den Geruch von Napalm am Morgen.

Die Maginot-Linie ihres Finanzkasinos steht unter so starkem Druck, dass nur ein kontinuierliches geopolitisches Rauschen die Illusion systemischer Nachhaltigkeit aufrechterhalten kann. [..}«

Die Sackgasse des Notfallkapitalismus zeigt, dass es in der Geschichte der Moderne keine progressive Teleologie gibt, da die Bedingungen für Barbarei regelmäßig wieder auftauchen. Der Kapitalismus als „sozial notwendige Illusion“ bricht aus allen Nähten, und doch hält er sich durch die schiere Kraft der Manipulation und unverfälschte Gewalt. Im Kern dieser Beharrlichkeit liegt auch eine weitere entscheidende Errungenschaft: die fragmentierten und verarmten Arbeiter davon zu überzeugen, dass sie für ihr eigenes Schicksal verantwortlich sind. Sie müssen Verantwortung übernehmen. Sie müssen auch Opfer bringen, indem sie sich anpassen, umschulen, disqualifizieren und neu qualifizieren, während sie von den Medien und der politischen Klasse bevormundet werden.

«Wer gewinnt?«, fragt Fabio Vighi

Der Westen ist zu einem totalitären Raum geworden

dem Raum einer selbstverteidigenden Hegemonie,

die sich gegen ihre eigene Schwäche verteidigt.“

(Jean Baudrillard)

Wenn wir also eine einzige moralische Pflicht haben, dann ist es, die neuen Generationen dazu zu erziehen, kritisch über die wahren

Ursachen hinter der gewaltsamen Implosion des Systems nachzudenken. Doch das Kapital scheint einen solchen Schritt schon lange vorhergesehen zu haben, indem es alle Bereiche, einschließlich der Bildung, kolonisiert hat. Die Heranbildung der neuen Generationen zu einer „Kultur“ der narzisstischen Stumpfsinnigkeit und der stolzen Ergebung ist für die Errichtung eines neuen totalitären Regimes, in dem Armut, Gewalt und Manipulation zur Normalität werden, von entscheidender Bedeutung. Die Social-Media-Konglomerate sind ein perfektes Beispiel dafür. Die Sucht nach dem Scroller am Telefon ist beispielsweise per se hypnotisch, unabhängig von den Inhalten, die kurz auf dem Bildschirm erscheinen. Sobald die Augen in der teuflischen Vorrichtung gefangen sind, wird der Geist sofort desensibilisiert und ist nicht mehr in der Lage, ernsthaft kritisch zu denken.«

Knallhart geschilderte Realität. Sind wir noch zu retten? Gute Frage! Sagen wir es so: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Informieren wir uns zuerst und denken wir darüber nach, was zu tun ist. Noch sind wir nicht verloren. Doch, schauen wir uns in der derzeitigen Welt um. Und schauen wir uns die Politiker an. Besonders auch in Deutschland. Darüber hinaus in der EU sind es nicht besser aus. Unvermögen, Kriegslüsternheit allenthalben. Man schlägt die Hände tagtäglich über dem Kopf zusammen. Politikerformate wie De Gaulle, Olof Palme, Willy Brandt, Helmut Schmidt, andere und selbst Helmut Kohl sucht man vergebens. Dabei werden sie hängeringend dringendst gebraucht! Zu lange schauen wir – mit Nietzsche gesagt – bereits in den Abgrund, der längst immer bärbeißiger zurück schaut.

Fazit

Liebe Leserinnen und Leser, ich legen ihnen diese Texte von Fabio Vighi ans Herz. Und empfehlen sie sie gern weiter. Ihr Kaufpreis dürfte für alle Interessierten erschwinglich sein. Greifen Sie zu, bestellen sie – am besten beide der hier erwähnten – Broschüren von Fabio Vighi und rezipieren sie diese. Danach werden sie klüger sein! Und ja: Hinter den meisten im pad-Verlag veröffentlichten Texten stecken kluge und klüger werdende Köpfe. Früher wurden kluge Köpfe immer hinter der FAZ verortet. Längst vorbei …

INHALT der Broschüre:

Vorwort von Prof. Dr. Wolfram Elsner / Prolegeomena zu einem franziskanischen Kapitalismus / Von Covid-19 bis Putin-22: Wer braucht schon Freunde mit solchen Feinden? / Ein System zur Lebenerhaltung / Senile Wirtschaft: Blasenontologie und die Schwerkraft / Willkommen im “Niedrigenergie-Kapitalismus” oder: Proletarier der Welt, tragt Gesichtsmasken / Weihnachtsgeschenkideen? Eine Weihnachtsmann-Rallye, ein Völkermord, ein Sündenbock und die Kritik eines Philosophen / Vertrauen in Institutionen und Kriegsdividende / Unser Interessengebiet: Der Lärm des dauernden Krieges / Der Feind und die libidinöse Ökonomie der Apokalypse / Wer gewinnt? / Über den Autor

Schriftenreihe des Forum Gesellschaft & Politik Redaktion und Übersetzung: Peter Rath-Sangkhakorn

unsere Seite im Netz: http://www.pad-Verlag.de E-Mail: pad-verlag@gmx.net

Titelblattabbildung: Pixabay

Die in diesem Heft wiedergegebenen Veröffentlichungen von Fabio Vighi erschienen zuerst in “The Philosophical Salon” s. S. 97

© pad-Verlag – Am Schlehdorn 6 – 59192 Bergkamen Bergkamen 2024 Printed in Germany ISBN 978-3-88515-372-6

Preis: 7 Euro

Zu Fabio Vighi

Fabio Vighi ist Professor für Kritische Theorie und Italienisch an der Universität Cardiff/Großbritannien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Ideologiekritik, politische Ökonomie, theoretische Psychoanalyse, Hegel’sche Dialektik und Film.
Zu seinen jüngsten Arbeiten gehören Critical Theory and the Crisis of Contemporary Capitalism (Bloomsbury 2015,mit Heiko Feldner) und Crisi di valore: Lacan, Marx e il crepuscolo della società del lavoro (Mimesis 2018), Unworkable: Delusions of an Imploding Civilization(SUNY Press, 2022); Crisi di valore: Lacan, Marx e il crepuscolo della societa‘ del lavoro (Mimesis, 2018); States of Crisis and Post-Capitalist Scenarios (Ashgate, 2014; gemeinsam mit Heiko Feldner und Slavoj Zizek herausgegeben), Critical Theory and Film: Rethinking Idology

„Covid-19 und die Pandemie als Amoklauf des Finanzkapitals“ – Empfehlung der Broschüre von Fabio Vighi

Beim Lesen vorliegender Broschüre kamen mir Gedanken wieder in den Sinn, welche mich schon in einem meiner Blogs im Jahr 2021 beschäftigt hatten.

Kam das Corona-Virus gerade recht?

Gemeinhin steckt hinter dem „Neustart“, auch „Umbruch“ genannt, ein im Grunde schon Jahrzehnte im Gange befindlicher Rollback (Neoliberalismus, resp. Marktradikalismus etc.), um das alte, dem Kollaps zulaufende System umzutünchen (umzuspritzen?) und uns sozusagen ein vermeintlich kommendes Paradies schmackhaft zu machen und nun in Bälde „umzurubeln“. Man denke nur an Klaus Schwabs „The Great Reset“. (2)

Nach dem wir nichts mehr besitzen werden, es uns aber besser geht – häh?

Das nun in die Tat umzusetzen – kann nur vermutet werden -, dass das Auftreten des Corona-Virus wohl irgendwie günstig dafür erschienen sein musste. Fragen wirft es zumindest ebenfalls auf, dass staatliche Maßnahmen in Reaktion auf Pandemie-Auftritte vorher geübt worden sind. Wie vom Journalisten Paul Schreyer u.a. in seinem Buch „Chronik einer angekündigten Krise“ erwähnt. (2) (2a)

Und dann prompt beim Auftauchen des Corona-Virus frappierend ähnlich – betreffs der dagegen ins Spiel gebrachten Maßnahmen – umgesetzt wurden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. In diesem Zusammenhang ist auch eine Broschüre von Rudolph Bauer mit dem Titel „The Great Reset “– Der grosse Rückfall. Hygienegemeinschaft – Softtotalitarismus – Überwachungskapitalismus.“ nicht uninteressant, weshalb ich meine Rezension dazu bzw. die Broschüre selbst zu lesen empfehle. (3)

Als es mit Corona, resp. Covid-19, begann, schoss mir in den Kopf, was der Finanzexperte und Autor Ernst Wolff – fußend auf seinen Beobachtungen und Recherchen – öfters schon prophezeit hatte: Uns drohe nach der letzten Finanzkrise 2018 abermals eine, dann aber noch verheerendere Finanzkrise – gar ein Finanzcrash, der sich gewaschen habe. Und zwar aufgrund dessen, dass nicht wirklich etwas dafür getan worden sei, künftig so etwas zu verunmöglichen. Dieser Finanzcrash, so befand Wolff seinerzeit, wäre aber dann kaum wieder so ab- bzw. aufzufangen gewesen, wie 2018 durch das Einspringen der Staaten geschehen, weil allein schon die Menschen das nicht noch einmal mitmachen würden.

Bereits Stéphane Hessel, der Autor von „Empört euch!“, geißelte die Diktatur des Geldes.

«Für Deutschland – wie für Europa und die Welt insgesamt – könnte die Empörung über die „unverschämte“ Macht des Geldes und seiner Diener eines der Aufreger und Treibstoff für den Widerstand sein. Ebenso die „Diktatur der Finanzmärkte“ und das damit ursächlich in Verbindung stehende immer weiter voran schreitende Aufklaffen der Schere zwischen Armen und Reichen“, schrieb ich am 12.11. 2011 in meinem Beitrag für den Freitag, bezugnehmend auf Hessels Büchlein. Doch die Aufregung hielt sich leider in Grenzen. (5) Erst recht blieb eine Revolution aus. Warum? Albrecht Müller gab mit einem kleinen Büchlein die Antwort: „Die Revolution ist fällig. Aber sie ist verboten“. (6) 

Die Krise hinterm „Paravent Corona“

So konnte man nach weiteren Recherchen durchaus auf den Gedanken kommen, dass es den Finanzjongleuren und Profiteuren des Finanzkapitalismus (vor den davon ausgehenden Gefahren ja Stepháne Hessel („Empört euch!“) explizit gewarnt) – bereits auf der heißen Herdplatte sitzend – die dank einer Änderung der Pandemie-Definition in 2019 der Ausbruch des Corona-Virus zu einer Pandemie hatte erklärt werden können, sehr zu passe kam.

So konnte, meine bescheidene Theorie damals, sozusagen hinter dem Paravent „Corona“ von der dräuenden Krise abgelenkt und die durch die Maßnahmen hervorgerufenen Verwerfungen auf das Virus geschoben werden.

Als im pad-Verlag eine Broschüre unter dem Titel „Vernunft in Quarantäne. Der Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen“ (4) von Rudolph Bauer erschien, schrieb ich von einer „Publikation, die zur rechten Zeit erscheint“ (…) „gerade recht, um klarer zu sehen“« Aus: „Rudolph Bauer: The Great Reset – Der grosse Rückfall. Hygienegemeinschaft – Softtotalitarismus – Überwachungskapitalismus.“

Kleinen Moment bitte! Ich muss erst noch den unsichtbaren Gesslerhut grüßen: An Covid-19 konnten Menschen leichter, durchaus jedoch auch schwer erkranken und ebenfalls daran sterben.

Inzwischen – mit Abstand zur Corona-Zeit – hört man von Leuten, die zu den helleren und hellsten Kerzen auf der Torte gezählt werden müssen – und zwar ziemlich von Beginn an – nicht selten folgenden Satz, die Anti-Corona-Maßnahmen betreffend: Um Gesundheit ging es jedenfalls nicht.

Nun können wir getrost zur Broschüre „Covid-19 und die Pandemie als Amoklauf des Finanzkapitals“, erschienen im pad-Verlag, kommen. Prof. Dr. Rudolph Bauer schreibt in seinem Vorwort zur Broschüre:

«Vighi zufolge lässt sich die totalitäre Pandemie-Kampagne im politisch-ökonomischen Kontext der globalen Finanzkrisen verorten. Der eigentliche Corona-“Patient“ war und ist der Kapitalismus. Oder, aus anderer Perspektive: Der Kapitalismus trägt das „tödliche“ Virus in sich und macht die Gesellschaft krank. Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine und der israelische Genozid in Gaza bilden die Fortsetzung dieses „Notfallkapitalismus“.«

Aus dem Klappentext der Broschüre:

«Der italienische Philosoph und Gesellschaftswissenschaftler Fabio Vighi hat die Frage aufgeworfen, warum die herrschenden Klassen sich darauf geeinigt haben, angesichts von Corona die globale Profitmaschine im Rahmen einschränkender Maßnahmen anzuhalten.


Vighi: ,,Die Inflation ist nützlich, um den autoritären Übergang zu einer zweistufigen globalen Gesellschaft zu bewältigen, in der nur sehr Wenige die Kontrolle über die Geldmenge haben, während die meisten durch Armut, Kontrolle und Angst unterworfen sind. Das ist, kurz, gesagt, die kriminelle Entwicklung des zeitgenössischen Kapitalismus. Und die Inflation ist auch gegen die Staatsverschuldung nützlich, da die Masse der inflationären Liquidität, die in die Märkte geworfen wird, sowohl die Zinssätze als auch die Anleiherenditen drückt.“


Niemand sollte sich der Illusion hingeben, das System habe sich aus Mitleid mit vulnerabelen Gruppen der Bevölkerung für den Stillstand entschieden. Fabio Vighi beschreibt und analysiert die Pandemiepolitik im breiten Kontext der globalen Finanzkrisen, denn der eigentliche Patient ist der Kapitalismus.


«Einer der wenigen Sozial- und Geisteswissenschaftler mit gesellschafts-kritischem Hintergrund, die in den vier Corona-Jahren von 2020 bis 2023 nicht in den staatlich, medial, “impf“-medizinisch und virologisch-pharmazeutisch dirigierten Panik-Chor einstimmten, war Fabio Vighi. Ausgehend vom tragfähigen Fundament eines umfassenden Denk- und Analyseansatzes, war es dem aus Italien gebürtigen Vighi möglich, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen und Zusammenhänge zu erkennen, welche von den meisten der im Wissenschaftsbetrieb Tätigen aufgrund ihrer fachspezifisch verengten Sicht nicht erschlossen werden konnten und können. Vighi war sich außerdem nicht zu schade, noch während der Pandemie seine An- und Einsichten in Aufsatzform zu veröffentlichen. … er hat den intellektuellen Mut besessen, sich bei laufendem Prozess ohne Wenn und Aber zu positionieren  und sich auf diese Weise den Anfeindungen auch jener Kolleginnen und Kollegen auszusetzen, die als universitäre Staatsdiener ihrer Funktion als Ideologieproduzenten Genüge tun.«

(Aus dem Vorwort von Rudolph Bauer)

Vollumfänglich zu empfehlende Broschüre. Wenn auch der Inhalt wahrlich nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. Das wahre Leben ist halt nun mal kein Ponyhof. Fabio Vighi aber müssen wir dankbar für seine Niederschriften sein, zumal er ohne Rücksicht auf die eigene Person Kante zeigt und die Finger in eine eigentlich schwären müssende Wunde – die aber von den dafür die Verantwortung tragenden Personen und Institutionen immer wieder versucht wird zu bedecken, auf dass sie in Vergessenheit gerate. Dass dies nicht geschieht, dafür müssen wir denjenigen Menschen Dank zollen, welche alles dafür tun, dass damit letztlich nicht durchgekommen wird.


INHALT:

Vorwort von Prof. Dr. Rudolph Bauer / Die fehlende Ursache: Zeit, Arbeit und Wert im Zeitalter des Coronavirus / Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung / Systemkollaps und Pandemiesimulation / Das lange Covid der Zentralbanker: Ein unhaltbarer Zustand /Rote Pille oder blauer Pille? – Varianten, Inflation und der kontrollierte Abriss der Gesellschaft / Innehalten und Nachdenken: Geld ohne Wert in einer sich schnell auflösenden Welt / Willkommen im Niedriglohn kapitalismus oder: Proletarier tragt Gesichtsmasken /-Über den Autor

Zu Fabio Vighi

Fabio Vighi ist Professor für Kritische Theorie und Italienisch an der Universität Cardiff/Großbritannien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Ideologiekritik, politische Ökonomie, theoretische Psychoanalyse, Hegel’sche Dialektik und Film.
Zu seinen jüngsten Arbeiten gehören Critical Theory and the Crisis of Contemporary Capitalism (Bloomsbury 2015,mit Heiko Feldner) und Crisi di valore: Lacan, Marx e il crepuscolo della società del lavoro (Mimesis 2018), Unworkable: Delusions of an Imploding Civilization(SUNY Press, 2022); Crisi di valore: Lacan, Marx e il crepuscolo della societa‘ del lavoro (Mimesis, 2018); States of Crisis and Post-Capitalist Scenarios (Ashgate, 2014; gemeinsam mit Heiko Feldner und Slavoj Zizek herausgegeben), Critical Theory and Film: Rethinking Idology through Film (Continuum, 2012), On Zizeks Dialectics: Surpuls, Substraction, Sublimation (Continuum, 2010).

Covid-19 und die Pandemie als Amoklauf des Finanzkapital

Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Rudolph Bauer

80 Seiten; 7 Euro

pad-Verlag – Am Schlehdorn 6 – Bergkamen

E-Mail: pad-verlag@gmx.net

Links:

(1) The Great Reset

(2) „Chronik einer angekündigten Krise. Wie ein Virus die Welt verändern konnte“ von Paul Schreyer – Rezension

(2a) Paul Schreyer, event 201. Planung einer weltweiten Neuordnung? Wer profitiert? Machtmissbrauch?

(3) Rudolph Bauer: The Great Reset – Der grosse Rückfall. Hygienegemeinschaft – Softtotalitarismus – Überwachungskapitalismus.

(4) „Vernunft in Quarantäne. Der Lockdown als Zivilisationsbruch und Politikversagen“

(5) „Empört euch!“ – Stéphane Hessels Anleitung

(6) „Die Revolution ist fällig. Aber sie ist verboten“ von Albrecht Müller – Rezension

Rudolph Bauer: Zeitenwende rückwärts. Die Rückkehr der Ewiggestrigen. Edition Kunst #6 – Leseempfehlung

Mit Bildmontagen von Rudolph Bauer hat der pad-Verlag Bergkamen die Reihe „Edition Kunst“ gestartet. 

Dazu heißt es:

„Bildmontagen intervenieren bzw. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturenhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung. Sie ziehen in Zweifel und fordern dazu heraus, das, was existiert, nicht unwidersprochen hinzunehmen. Sie provozieren und nehmen Stellung. Bildmontagen bringen die Wirklichkeit in Bewegung. Sie zeigen sie als form- und gestaltbar, veränderbar. Sie lassen uns hoffen: Das Gewohnte, Regelhafte und Gewöhnliche wird didaktisch infrage gestellt und erschüttert, anders eingeordnet, in einem nicht erwarteten überraschenden Zusammenhang gebracht. Auf diese Weise erweitern Bildmontagen das Feld menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis. Es entstehen andere Bezüge, andere Wertungen, ein anderer Kosmos.“

Rudolph Bauer merkt an, er möchte sich nicht im Geringsten mit John Heartfield oder George Grosz vergleichen, hofft aber dennoch mit seinen Bildmontagen einen winzigen Beitrag zu leisten, der in deren damaliger Intention zeigt, dass Widerstand gegen fragwürdige gesellschaftliche und politische Erscheinungen und Auswüchse existiert.

Nach Edition #1, #2 und #3 sind unterdessen die Broschüren #4 und #5 erschienen. Nun liegt die Broschüre #6 vor.

Dazu lesen wir:

«Das 100-Milliarden-Zeitenwende-Programm wird als Beitrag zum „Frieden“ verkauft. Doch die Vorstellung „kriegsfähig“ zu sein, ist ein fataler Irrtum. Der norwegische Friedensforscher Johann Galtung hat bereits in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts aufmerksam gemacht: Seit 650 v. Chr. gab es 1656 Versuche, dem Motto „Si vis pacem, para bellum“, wenn Du den Frieden willst, so rüste zum Krieg, zu folgen. Dies führte in 1640 Fällen zum Krieg, in den restlichen 16 Fällen war der wirtschaftliche Ruin der Beteiligten die Folge.

Geschichtsvergessen folgen unsere Politiker in intellektueller Dürftigkeit und moralischer Verkommenheit einer Militärpolitik, die nur als kollektive Mord- und Selbstmordpolitik eingestuft werden kann. Unsägliches Leid, Tote und zerbombte Infrastrukturen stehen für eine hoch-technische Vernichtung im totalen Krieg, in dem nicht mehr zwischen militärischer Front und Zivilbereich unterschieden werden kann.

Die Bildmontagen wollen anregen, auf dem weiten Weg vom Gehirnbesitzer zum Gehirnbenutzer mehr auf zivile Stärke statt militärische Scheinstärke zu setzen.

Ein ergänzender Beitrag (S.69) „Der vergessliche Teutone: Unversöhnlich, rechthaberisch, tödlich“ analysiert den unter dem Namen von Bundeskanzler Scholz veröffentlichten Artikel aus „Foreign Affairs“, der den bundesdeutschen Vasallenstatus („America First“) verdeutlicht und die eindringliche Nachfrage stellt: „Hat die Friedensbewegung den Schuss nicht gehört?“

Der Kanzler mit Erinnerungsschwäche und Gedächtnislücken hat von den Deutschen zwar nicht den Auftrag, im US-Journal Foreign Affairs mitzuteilen, dass er bereit ist, die Menschen unseres Landes zu verraten und zu opfern. Aber er tut es – und die Hauptmedien schweigen. Die Ampelparlamentarier folgen blind und fraktionstreu den Vorgaben des Kanzlers, seiner Minister und gekaufter „Experten“.

Es ist eine einmalige und vielleicht letzte Herausforderung für den Antimilitarismus und die Friedensbewegung und die Chance die friedenspolitische Selbstisolierung zu überwinden. Sie hat es allerdings in den Pandemiezeit sträflich versäumt, den neuen Krefelder Appell (https://peaceappel21.de) zu unterstützen und sich mit der Querdenkerbewegung zu verbinden, um geschlossen gegen den Abbau demokratischer Rechte zu kämpfen sowie gegen die NATO und die zunehmende Militarisierung im Innern und nach außen.«

Rudolph Bauer: Zeitenwende rückwärts – Die Rückkehr der Ewiggestrigen
pad-verlag, Bergkamen 2024, Edition Kunst #6, mit 75 vierfarbigen Bildmontagen, 78 Seiten, 9 Euro (Bezug: )
pad-verlag@gmx.

Edition Kunst #4 und #5 aus dem pad-Verlag mit Bildmontagen von Rudolph Bauer

Mit Bildmontagen von Rudolph Bauer hatte der kleine, aber feine pad-Verlag die Reihe „Edition Kunst“ gestartet. (1)

Rudolph Bauer möchte sich nicht im Geringsten mit John Heartfield (2) oder George Grosz (3) vergleichen, hofft aber dennoch mit seinen Bildmontagen einen winzigen Beitrag zu leisten, der in deren damaliger Intention zeigt, dass Widerstand gegen fragwürdige gesellschaftliche und politische Erscheinungen und Auswüchse existiert.

Nach Edition #1, #2 und #3 sind nun die Broschüren #4 und #5 erschienen.

Peter Rath-Sangkhakorn, Inhaber des pad-Verlags, schreibt dazu: Die Klappentexte der Broschüren lesen sich wie ein Kompendium kritischer Friedensforschung.Ich gebe diese Texte meinen Leserinnen und Lesern gern zur Kenntnis:

Rudolph Bauer: Todessüchtig – Schlafwandler, Flintenweiber und andere Zivilversager – Bildmontagen; Edition #4

Auf den Hygiene-Krieg im Inneren folgt die militärische Auseinandersetzung um die geopolitische Zugehörigkeit der Ukraine. Kriege werden gemacht und sind zunächst ein politischer, wirtschaftlicher, psychologischer und sozialer Konflikt, bevor sie militärisch werden: Sie sind Ausdruck gesellschaftlichen Scheiterns oder politischen Unvermögens,Krisen zivil zu meistern, und Folge ökonomischer Interessengegensätze. Seit der moderne Krieg ein totaler Prozess ist, der nicht mehr zwischen einer zivilen und militärischen Front unterscheidet, bedeutet Krieg heute Massenmord an der Zivilbevölkerung.

So sucht man im heute bestimmenden Militärkonflikt zwischen der Ukraine und der Russischen Föderation nicht nach den strukturellen Ursachen, die gleichzeitig als Schlüssel zum Frieden dienen könnten.Statt auf Vernunft und zivile Stärke wird auf Kriegshysterie, militärische Scheinstärke und Sanktionen gesetzt, der globale und historische Kontext bleibt unerwähnt. Die Kritik am militärischen Vorgehen Russlands wandelt sich zur stillen Einwilligung in den exklusiven globalen Machtanspruch des US-geführten Westens. Der Weg zum Frieden, der sowohl die russischen Sicherheitsinteressen als auch die politisch-kulturelle Diversität und damit das Recht auf Selbstbestimmung der Bevölkerung in der Ukraine respektiert, wird nicht gegangen. Das im Minsker Frieden angestrebte Ziel einer demokratischen und föderalen Ukraine wird nicht nur von ukrainischen Nationalisten und Neofaschisten, sondern auch von der US-geführten NATO hintertrieben. Hinzu kommen die Interessen der Rüstungsindustrie an einem fortdauernden Abnutzungskrieg und ihrer willfährigen Helfer in Politik und Medien.

Die vorliegenden Bildmontagen sind Momentaufnahmen des Elends unserer politischen Zivilversager, die in ihrer geschichtsvergessenen und todessüchtigen intellektuellen Dürftigkeit nur zum Schlafwandeln in eine selbstmörderische Politik fähig sind, die davon träumt, ,,Russland zu ruinieren“ (Außenministerin Baerbock).Zur ,,Bildmontage als dialektischer Prozess“ schreibt Rudolph Bauer:

„Bildmontagen intervenieren bzp. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturenhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung. Sie ziehen in Zweifel und fordern dazu heraus, das, was existiert, nicht unwidersprochen hinzunehmen. Sie provozieren und nehmen Stellung. Bildmontagen bringen die Wirklichkeit in Bewegung. Sie zeigen sie als form- und gestaltbar, veränderbar. Sie lassen uns hoffen: Das Gewohnte, Regelhafte und Gewöhnliche wird dialektisch infrage gestellt und erschüttert,anders eingeordnet, in einen nicht erwarteten überraschenden Zusammenhang gebracht. Auf diese Weise erweitern Bildmontagen das Feld menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis. Es entstehen andere Bezüge, andere Wertungen, ein anderer Kosmos.“

pad-Verlag, Bergkamen 2023, Edition Kunst #4, 80 Seiten, 9 Euro, bestellen bei pad-verlag@gmx.net
ISBN 978-3-88515-360-3
9.00 Euro.

Olivgrün und scholzvergesslich. Der unaufhaltsame Abstieg der Waffenbrüder; Edition #5

Die Grünen waren unter dem Zeichen der Sonnenblume und mit dem Slogan ,,ökologisch-sozial-gewaltfrei“ angetreten. Schon wenige Jahre nach ihrer Gründung warnte eine ihrer Mitgründerinnen: ,,Die Sonnenblume ist verwelkt, verdorrt und so vergiftet, dass sie nur noch als Sondermüll entsorgt werden kann.“


„Die Sozialdemokraten verkündeten nach 1945:,,Nie wieder Krieg!“ Bei der Westintegration lautete ihre Parole: „Ohne uns!“ Heute, so fasste der Kabarettist Dieter Hildebrandt zusammen, ist ihre Devise: ,,Nie wieder Krieg ohne uns!“


Als gewerbsmäßige Parlamentarier haben Grüne und Sozialdemokraten schon vor Jahren das Ende ihrer arbeiternah-sozialen bzw. ökologischen und ihrer pazifistischen Restlaufzeit erreicht. Sie haben maßgeblich zur parlamentarischen Entsorgung der ohnehin schwach entwickelten Demokratie- und Friedensbewegung beigetragen. Im NATO-Verbund und an der Seite der USA haben sie den Krieg wieder als Mittel der Politik salonfähig gemacht.


Die SPD erweist sich als geschichtsvergessen – und wie ihr Cum-Ex-Vorsitzender Scholz als vergesslich. Die Grünen pflegen und fördern als Vertreter einer angeblich feministischen Außenpolitik den forcierten Rüstungsexport in Länder mit autokratischen Regimen. Die moralisierenden CO2-Fanatiker und Klima-Hysteriker arbeiten im Ampel-Verbund mit SPD und FDP an einer industrieschädlichen Politik gravierender Wohlstandsverluste zu Lasten der großen Mehrheit der Bevölkerung.


Sie nennen es Friedenspolitik, wenn sie den Krieg und die Waffengeschäfte anfeuern. Zur Freude der internationalen Rüstungsindustrie markieren sie militärische Scheinstärke, statt zivile Stärke zu zeigen.Schon zuvor, als Treiber einer antidemokratischen und evidenzfreien Corona-Politik, erwiesen sie sich als willige Vollstrecker der Profitgier des digital-pharmazeutischen Komplexes.


Sahra Wagenknecht bezeichnet die Grünen zu Recht als ,die gefährlichste Partei im Deutschen Bundestag“. An der Seite der SPD träumen sie NATO-deutsch davon, dass es wie im Ersten und Zweiten Weltkrieg darauf ankomme, ,,Russland zu ruinieren“.

Der Bildmontage-Band von Rudolph Bauer zeigt den unaufhaltsamen Abstieg der Grünen und der SPD zu schändlichen Waffenbrüdern – gegen die Interessen der breiten Bevölkerung und künftiger Generationen. Die Bilder und ausgewählten Text-Zitate sind ein deutlicher und entschiedener Protest dagegen.

pad-Verlag, Bergkamen 2023, Edition Kunst #5, 80 Seiten, 9 Euro, bestellen bei pad-verlag@gmx.net

ISBN 978-3-88515-362-7
9.00 Euro

Zeit der Monster

Die derzeit freudlos empfundene Zeit löst bei Rudolph Bauer verständlicherweise tiefe Trauer und Verzweiflung aus: „Wir werden von Monstern beherrscht, und die Beherrschten gleichen sich ihnen an … und merken es kaum; sie halten Unmenschlichkeit für menschlich, und die Grausamkeiten sind ihnen Anlass zu merken, dass sie noch am Leben sind. Recht zu haben (im Unrecht), belebt ihren Kreislauf. Die Entfremdung ist total, die Entfremder sind totalitär.“

Für sein Engagement erfährt der Künstler Rudolph Bauer Anfeindungen. Die Neue Rheinische Zeitung dazu: „Kunst ist nicht nur schön und macht Arbeit, sie kann auch teuer zu stehen kommen“ (4): Lesen Sie gern auch den Beitrag „Pressemitteilung der Neuen Gesellschaft für Psychologie zur Hausdurchsuchung bei Prof. Bauer“ (5)

Was droht uns – Untergang (Barbarei)? Oder ersteht der Neue Mensch /die Neue Menschheit? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt …

Ausblick: „Zeitenwende rückwärts. Die Rückkehr der Ewiggestrigen“ (=Edition Kunst #6), 78 Seiten, – folgt. (6)

Links:

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

Beitragsbild: Rudolph Bauer via WeltnetzTV

Zu Rudolph Bauer

Rudolph Bauer ist Politikwissenschaftler, Schriftsteller und Künstler. Einer der wenigen, die sich in Bild und Schrift auch künstlerischer Ausdrucksmittel bedienen, um ihr fachliches Wissen mit politisch-kritischem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Er war Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u. a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Berufliche Erfahrungen sammelte er u. a. als freier Mitarbeiter und Journalist bei Tageszeitungen und Zeitschriften, bei „konkret“ und der Frankfurter Studentenzeitung „Diskus“; als freiberuflicher Sozialforscher in Offenbach/Main; als Forschungsassistent und Vertretungsprofessor an der Universität Gießen; als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für das Chinesisch-Deutsche Lexikon am Fremdspracheninstitut Nr. 1 der Universität in Beijing in der VR China; als Fellow in Philanthropy am Institute for Policy Studies der Johns Hopkins University in Baltimore/Mass. in den USA.

„Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus“ Heft 2: I bis N. Von Rudolph Bauer – Rezension

Genial nannte ich Rudolph Bauers Idee, ein «Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus« ins Werk zu setzen. Ich halte das wirklich nicht für übertrieben.

Die Rede ist von Bauers im pad-Verlag herausgekommenes Wörterbuch obigen Titels.

Das erste Heft umfasste zunächst die Wörter und Begriffe mit den Anfangsbuchstaben A bis H. (1)

Rudolph Bauer übertreibt m. E. nicht, wenn er über sein Werk sagt:

„Das Wörterbuch kann das Lesen vieler Bücher überflüssig machen. Die Beiträge und das Literaturverzeichnis können aber auch zum Anlass genommen werden, sich eingehender mit der jeweiligen Thematik zu beschäftigen. Überhaupt mögen die Stichwort-Artikel dazu anregen, sich mit dem einen oder anderen Gegenstand gründlicher auseinanderzusetzen, selbst zu recherchieren und vertieft in die Thematik einzudringen.“

Nach Lektüre des ersten Bandes rief ich beeindruckt in Richtung Leserschaft aus: Lesen! Weitersagen! Dieses begrüßenswerte, weil hilfreiche Wörterbuch sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, stets griffbereit parat haben. Bei mir hat das Wörterbuch seinen Platz auf meinem Schreibtisch. Nun gesellte sich der zweite Band (Heft 2: I bis N) zum ersten Teil hinzu. Nachbarn auf diesem Platz sind Victor Klemperers «LTI« (2) sowie ein «Kleines Politisches Wörterbuch« (3) noch aus DDR-Zeiten.


Im Klappentext zum Heft 2 lesen wir: «Die Artikel zu den Stichwörtern geben in knapper Form den aktuellen Stand des Wissens und der Forschung wieder. Auf diese Weise ist es möglich, die verschiedenen, auch sich überschneidenden Verbindungslinien begrifflicher, institutioneller und personeller Art in der gesamten Breite und Komplexität des Geschehens zu erfassen – und in ihrer Ungeheuerlichkeit, nicht zuletzt was die offenen und untergründigen Bezüge zum geschichtlichen Nationalsozialismus und Faschismus betrifft.«

Das Wörterbuch kommt in brisanten, täglich brisanter – ja: immer irrer – werdenden Zeiten (hoffentlich) noch zur rechten Zeit.

Wer noch selber zu denken pflegt und halbwegs noch Tassen im Schranke hat, verspürt, wie man immer mehr den Boden unter den Füßen zu verlieren scheint. Und wie uns die Herrschenden, sich fälschlicherweise als Eliten begreifend, nahezu wahnhaft weiter daran festhalten, uns des Bodens, auf welchen wir glaubten, halbwegs fest zu stehen, zu berauben. Der vermutlich noch zu große Rest der Menschen, lässt sich von Regierungspropaganda, welche – zu allem Unglück auch noch durch einen Journalismus, welchen der Journalist und Autor Patrik Baab, krass, aber völlig zu Recht als „verkommen“ bezeichnet, noch verstärkt, desinformierend trommelnd, mit Weglassungen Geschichte klittert – einlullen und einseifen. Wie heißt des doch so treffend in Bertolt Brechts «Der Kälbermarsch«:

„Hinter der Trommel her
Trotten die Kälber                                 
Das Fell für die Trommel                          
Liefern sie selber.
Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen     
Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.         
Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen
Marschiern im Geist in seinen Reihen mit. [1. Strophe, Quelle: (4))]

Wenn wir nicht spätestens jetzt aufwachen, müssen wir gewärtig sein, alsbald in den Abgrund zu stürzen – frei nach Friedrich Nietzsche (5) – in welchen schon lange geblickt worden ist und dieser auch immer bärbeißiger in uns hineinblickt. Was wird dieser Abgrund sein: Der Dritte Weltkrieg oder der die Menschheit vernichtende Atomkrieg? Die Weltuntergangsuhr steht inzwischen bereits auf 90 Sekunden vor Mitternacht! Freilich sollten wir uns der bedrohlichen Entwicklung entgegenstemmen. Müssen jedoch dabei auch einpreisen, was uns Nietzsche gleichzeitig zu bedenken gibt: “Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, daß er nicht dabei zum Ungeheuer wird.“ […]

Befinden wir uns zwischen Skylla und Charybdis? (6)

Wir sehen uns zumindest im Zustand einer gefährlichen Verwirrung und Verirrung. Der „Journalist und Islamexperte, der Gott und die Welt kennt“, wie ein Interview von Ramon Schack mit Peter Scholl-Latour (der uns heute so sehr fehlt!) auf Telepolis eingeleitet wird, drückte es klar und und unmissverständlich aus: „Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung“. (7)

Was ist heute Links, was Rechts? Die Ordinate ist verschoben. Sind wir Männchen oder Weibchen? Können wir tatsächlich ganz und gar auf dem Amt unser Geschlecht ändern und im nächsten Jahr wieder zurück? Kaum etwas ist noch an seinem Platz. Soll an seinem Platz bleiben? Wir patschen mehr oder weniger orientierungslos in einem allgemeinen Brei herum, welcher aus Ingredienzien zusammengerührt ist, die sich im Einzelnen nicht mehr identifizieren lassen. Alles muss woke sein. Die Sprache wird verhunzt. Wo finden wir noch Halt? An was können wir uns orientieren?

Beispielsweise, wie ich finde, am beziehungsweise mittels des Kritischen Wörterbuchs des bunten Totalitarismus von Rudolph Bauer!

Seit Immanuel Kant wissen wir: Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. 

Bauers Lexikon kann uns als Werkzeug dafür dienen, diese Aufklärung zu erlangen oder ihr uns wenigstens Stück für Stück zu nähern.

Das Heft 2 dieses Wörterbuchs beginnt mit dem Buchstaben I und mit dem Begriff Idealverein (S.12)

«Ideal den Herrschaftsbedingungen angepasste Organisationsform, die das Assoziationsrecht, sich zusammenzuschließen und gemeinsam Ideelle Zwecke zu verfolgen, gesetzlich regelt und obrigkeitlich kontrollierbar macht. Ziel der staatlichen Einflussnahme ist es, das Bürgerschaftliche Engagement in eine Richtung zu lenken, welche zum einen fehlende oder unzureichende öffentliche Leistungen und gesellschaftliche Defizite in Selbstverwaltung kompensiert (z. B. in Form von Hilfen und Fördermaßnahmen) und andererseits die bestehenden politischen Kräfteverhältnisse nicht zu gefährden droht. Als typische und häufigste Form des in das amtliche Vereinsregister eingetragenen Vereins weist der sog. Idealverein formelle Statuten auf; vor der amtlichen Registrierung als eingetragener Verein ist die Satzung bei Gericht zu genehmigen; über den Antrag auf Gemeinnützigkeit (→ Gemeinnützigkeit als Steuerungs- und Disziplinierungsinstrument) entscheidet in regelmäßigem Abstand die zuständige Finanzbehörde. Als nicht wirtschaftlicher Verein gemäß S 21 BGB darf der Idealverein nicht die Erzielung von Gewinn als Hauptzweck haben. – Vom Idealverein zu unterscheiden sind der wirtschaftliche Verein gemäß S 22 BGB und der Verein gemäß Vereinsgesetz. Die Vereinsarten Wirtschaftlicher Verein und Idealverein gelten nach deutschem Recht als juristische Personen mit entsprechenden Rechten und Pflichten: ,,Bei der Rechtsform der juristischen Person sind im Gesetz eine oder mehrere Verfügungs- und Verwaltungsberechtigte nach innen und außen und damit eine hierarchische Struktur vorgeschrieben. Da aufgrund dieser Struktur eine gleichberechtigte Mitarbeit aller Mitglieder nicht möglich ist, können sie im begrenzten Rahmen der Mitgliederversammlung nur unvollständige Informationen erhalten, wodurch eine umfassende Meinungsbildung verunmöglicht wird. … faktisch (wird) eine Scheindemokratie praktiziert.“ (Bauer 1978: 42 f) → Vereine ohne Rechtspersönlichkeit.

Das Heft 2 schließt mit dem Begriff Null-Emissionen (S.90):

«Gauklertrick; bedeutet, dass bei Produktions- oder anderen Prozessen (Tätigkeiten, Verrichtungen) keine ,,klimaschädlichen Emissionen“ entstehen, berücksichtigt aber nicht, dass die „emissionsfreie“ Energieproduktion durch Windenergieanlagen, Photovoltaik oder Wasserstoff, die Emissionskosten“ ausklammert, welche bei der Herstellung, beim Transport oder beim Recycling und der Wiederverwertung entstehen.Auch ein Kinderroller oder ein Fahrrad sind ,,Nullemissionsfahrzeuge“, ihre Produktion, Reparatur und Entsorgung sind jedoch nicht ,,emissionsfrei“. → Klima, Klimaneutralität.

Meinen Leserinnen und Lesern wünsche ich bei der Lektüre und gelegentlichen Nutzung der beiden inzwischen zu erwerbenden zwei Hefte des Kritischen Wörterbuchs erbauliche Erkenntnisse und Lichtblicke, die weiterbringen. Der dritte Band ist in Arbeit und kommt demnächst heraus.


Rudolph Bauer: Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus, Heft 2: I-N

Illustration #bundesverfassungsgericht nach #grundgesetzänderung; Bildmontage von Rudolph Bauer.

Pad- Verlag Bergkamen, Am Schlehdorn; 99 Seiten, 7.– Euro

ISBN: 3-978-88851-370-2

pad-Verlag@gmx.net

Schriftenreihe des Forums Gesellschaft und Politik e.V.; Redaktion: Peter Rath-Sangkhkorn

INHALT: Statt eines Vorwortes / Stichworte: I bis N /
Abkürzungen / Literatur / Über den Autor

Links:

(1) Meine Rezension zu «Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus (Heft 1: A – H) von Rudolph Bauer

(2) LTI, Victor Klemperer

(3) Kleines Politisches Wörterbuch

(4) Der Kälbermarsch; Bertolt Brecht

(5) Friedrich Nietzsche, Beyond Good and Evil

(6) Zwischen Skylla und Charybdis sein – Bedeutung, Herkunft

(7) Scholl-Latour: „Wir leben in einer Zeit der Massenverblödung“; das Interview führte Ramon Schack mit ihm

Über den Autor:

Rudolph Bauer ist Politikwissenschaftler, Schriftsteller und Künstler. Einer der wenigen, die sich in Bild und Schrift auch künstlerischer Ausdrucksmittel bedienen, um ihr fachliches Wissen mit politisch-kritischem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Er war Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u. a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Berufliche Erfahrungen sammelte er u. a. als freier Mitarbeiter und Journalist bei Tageszeitungen und Zeitschriften, bei „konkret“ und der Frankfurter Studentenzeitung „Diskus“; als freiberuflicher Sozialforscher in Offenbach/Main; als Forschungsassistent und Vertretungsprofessor an der Universität Gießen; als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für das Chinesisch-Deutsche Lexikon am Fremdspracheninstitut Nr. 1 der Universität in Beijing in der VR China; als Fellow in Philanthropy am Institute for Policy Studies der Johns Hopkins University in Baltimore/Mass. in den USA.

Bauer ist Autor bzw. Herausgeber einer Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationenin Form von

  • Büchern

siehe: http://wwwrudolph-bauer.de/wissenschaft/buecher/

  • Buchbeiträgen

siehe: http://www.rudolph-bauer.de/buchbeitraege/

  • und Veröffentlichungen in Zeitschriften sowie online

siehe: http://www.rudolph-bauer.de/zeitschriftenbeitraege/


Als literarischer Schriftsteller hat Rudolph Bauer in Zeitschriften
veröffentlicht und insgesamt zehn Gedichtbände publiziert, zuletzt:


Aus gegebenem Anlass. Gedichte und Essay (von Thomas
Metscher). Hamburg 2018. ISBN 978-3-7469-7156-8

Foto: Rudolph Bauer via Screenshot WeltnetzTV

„Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus“ von Rudolph Bauer. Unbedingt empfohlen!

Eine geniale Idee, welche Rudolph Bauer da hatte und ins Werk gesetzt hat. Die Rede ist von seiner jüngst im pad-Verlag herausgekommenen Arbeit: «Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus«. Das erste Heft umfasst zunächst die Anfangsbuchstaben A – H. Die Hefte 2 und 3 des Wörterbuches sind in Arbeit.Um was darin geht, sagt der Autor ins seinem Vorwort.

Meinen verehrten Leserinnen und Lesern lege ich dieses Wörterbuch guten Gewissens unbedingt ans Herz. Ein Nachschlagewerk, dass Menschen in vielerlei Hinsicht fündig werden lässt. Und ganz im Sinne von Immanuel Kant dabei (auch) behilflich sein kann, sich aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien. Rudolph Bauer liegt richtig, wenn er über sein Werk sagt:

„Das Wörterbuch kann das Lesen vieler Bücher überflüssig machen. Die Beiträge und das Literaturverzeichnis können aber auch zum Anlass genommen werden, sich eingehender mit der jeweiligen Thematik zu beschäftigen. Überhaupt mögen die Stichwort-Artikel dazu anregen, sich mit dem einen oder anderen Gegenstand gründlicher auseinanderzusetzen, selbst zu recherchieren und vertieft in die Thematik einzudringen.“

Mir bleibt nur auszurufen: Lesen! Weitersagen! Dieses begrüßenswerte Wörterbuch sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, stets griffbereit parat haben. Bei mir hat das Wörterbuch seinen Platz auf meinem Schreibtisch.

Vorwort von Rudolph Bauer zu seinem Wörterbuch

Das Wörterbuch – Heft 1: A bis H – enthält als Stichworte zahlreiche Begriffe, Bezeichnungen, Namen von Personen und Organisationen, historische Bezüge, den Hinweis auf Gesetze und eine Kritik an der Normalität des Schreckens. Es beschreibt Entwicklungen, stellt Zusammenhänge her, verweist auf Bedrohungen, deckt Hintergründe und Verbindungen auf, hinterfragt und erlaubt Neues zu entdecken. Es klärt auf.

In alphabetischer Anordnung können die Stichwort-Beiträge Seite für Seite gelesen werden. Kursiv gekennzeichnete Wörter verweisen auf einen entsprechenden Eintrag an der alphabetisch jeweils betreffenden Stelle. Bei der Lektüre lassen sich dadurch je eigene Schneisen durch den Wörterbuch-Dschungel schlagen. Das ist ratsam, weil es die komplizierten Beziehungen in vertikaler und horizontaler Hinsicht begreifbar und leichter durchschaubar macht.

Das Heft 1 beginnt mit Alternativlos (Autoritäres Nonsens-Wort; 2010 zum „Unwort des Jahres“ erklärt; (S.8) und endet mit Humanitäre Intervention (Schönsprech für Krieg (S.93) *

Das Wörterbuch kann das Lesen vieler Bücher überflüssig machen. Die Beiträge und das Literaturverzeichnis können aber auch zum Anlass genommen werden, sich eingehender mit der jeweiligen Thematik zu beschäftigen. Überhaupt mögen die Stichwort-Artikel dazu anregen, sich mit dem einen oder anderen Gegenstand gründlicher auseinanderzusetzen, selbst zu recherchieren und vertieft in die Thematik einzudringen.

Die Artikel zu den Stichwörtern geben in knapper Form den aktuellen Stand des Wissens und der Forschung wieder. Auf diese Weise ist es möglich, die verschiedenen, auch sich überschneidenden Verbindungslinien begrifflicher, institutioneller und personeller Art in der gesamten Breite und Komplexität des Geschehens zu erfassen – und in ihrer Ungeheuerlichkeit, nicht zuletzt was die offenen und untergründigen Bezüge zum geschichtlichen Nationalsozialismus und Faschismus betrifft.

Die Stichworte des Wörterbuchs sind von handlungstheoretischer Bedeutung. Diese erschließt sich aus dem Geflecht der Akteure und ihrer ideologischen (weltanschaulichen, kulturellen, wissenschaftlichen, propagandistischen usw.) Herangehensweise an die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart.Was dabei unterhalb der Oberfläche des Sicht- und Erkennbaren bleibt, ist der strukturelle Gesamtzusammenhang, wie er von Marx in der Kritik der Politischen Ökonomie analysiert und dargestellt worden ist.

Das gilt es bei der Lektüre zu beachten, und insofern bilden die Wörterbuch-Stichworte immer nur die halbe Wahrheit ab. Die ganze Wahrheit resultiert aus der Analyse der kapitalistischen Produktionsweise, die auf eine Maximierung der Gewinne ausgerichtet ist. Wo diese an Grenzen stößt bzw., wenn die Profitrate zu sinken droht, wird aus struktureller und systemischer Sicht Krisen-Alarm ausgelöst. Dieser hat politische Folgen, führt zu ökonomischen, auch finanzwirtschaftlichen Umstellungen und wirkt sich gesellschaftlich in Gestalt von Verelendung, Spaltung und Brutalisierung aus.


Die Umstellungen in politisch-ökonomischer Hinsicht zeigen sich bei der erneuten, post-neoliberalen Verzahnung von Staat und Wirtschaft. Diese ist erkennbar im Rahmen der politischen Bevorzugung bestimmter Industriezweige (Pharma-, Digital_, Rüstungs- und Klima-Industrie), angesichts der Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Dienstleistungssektors (Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen), hinsichtlich der Veränderungen in der Landwirtschaft und bei der Nahrungsmittelherstellung (Enteignung der Bauern, Künstliche Lebensmittel), bei der Verschlechterung Lebensbedingungen (Armut, Wohnungsnot, Verteuerung) sowie im Rahmen der Verwüstungen durch Kriege und in Erwartung des künftigen Wiederaufbaus der zerstörten Infrastrukturen.

Als eine Art Gegenleistung beteiligen sich die Digitalkonzerne an der Bevölkerungskontrolle und der staatlichen Zensur. Die Klima-Industrie schürt Angst vor dem „menschengemachten“ Weltuntergang. Kriege versetzen die Menschen in Angst und Schrecken. Die Pharmaindustrie hat mit Hilfe der Medien ein schockierendes Pandemie-Szenario entworfen. Die Politik hat dieses zum Anlass genommen, die demokratischen Grundrechte einzuschränken und den autoritären Polizeistaat einzuüben.

Die Oberflächen-Verhältnisse, über die das Wörterbuch kritisch berichtet, sind im Fluss. Sie verändern sich ständig. Das ist einer der Gründe,warum es wichtig ist, die Entwicklungsprozesse und die Richtung, die sie nehmen, kritisch zu begleiten. Das Wörterbuch beleuchtet die gegenwärtigen Verhältnisse, nicht das Kommende. Es wurde auch nicht in der Absicht erarbeitet, das Gefühl der Ohnmacht zu verstärken.


Sein Inhalt – in Summe als ,,Bunter Totalitarismus“ bezeichnet – ist zwar makaber und katastrophal. Aber noch erschreckender wäre es, die Verhältnisse erst im Nachhinein, wenn es zu spät ist, als bunt-totalitär zu erkennen und zu verurteilen. Die Frage, ab wann es zu spät ist, bleibt offen.

Mit dieser in die Zukunft gerichteten Bemerkung ist die Hoffnung verbunden, dass das Wörterbuch unter dem Radarschirm der in den Beiträgen thematisierten Bedrohungen bleibt; dass es nicht zum Gegenstand von Zensur und politischer Justiz oder verboten wird. Nur solange kritische Aufklärung möglich und ungehindert zugänglich ist, hat das Bekämpfen der die gesamte Menschheit bedrohenden Rückentwicklung, die sich als vorwärtsgerichtet tarnt, Aussicht auf den Sieg in Freiheit, Frieden, Fortschritt und Glück.


Die Hefte 2 und 3 des Wörterbuches sind in Arbeit.
Bremen, im Juni 2024
Rudolph Bauer

Die Broschüre:

Kritisches Wörterbuch des Bunden Totalitarismus

Heft 1: A – H

Bergkamen 2024

96 Seiten, 7.– €

(Bezug: pad-Verlag, Am Schlehdorn 6, 59192 Bergkamen / pad-verlag@gmx.net

ISBN: 978-3-88515-366-1
Erschienen in der Schriftenreihe des Forum Gesellschaft und Politik e.V.

Redaktion: Peter Rath-Sangkhakorn

Über den Autor

Rudolph Bauer ist Politikwissenschaftler, Schriftsteller und Künstler. Einer der wenigen, die sich in Bild und Schrift auch künstlerischer Ausdrucksmittel bedienen, um ihr fachliches Wissen mit politisch-kritischem und gesellschaftlichem Engagement zu verbinden. Er war Professor für Wohlfahrtspolitik und Soziale Dienstleistungen an der Universität Bremen. Geboren 1939 in Amberg/Oberpfalz, studierte er nach dem Abitur u. a. die Fächer Politologie, Soziologie und Philosophie an den Universitäten in München, Erlangen, Frankfurt am Main und Konstanz. Berufliche Erfahrungen sammelte er u. a. als freier Mitarbeiter und Journalist bei Tageszeitungen und Zeitschriften, bei „konkret“ und der Frankfurter Studentenzeitung „Diskus“; als freiberuflicher Sozialforscher in Offenbach/Main; als Forschungsassistent und Vertretungsprofessor an der Universität Gießen; als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe für das Chinesisch-Deutsche Lexikon am Fremdspracheninstitut Nr. 1 der Universität in Beijing in der VR China; als Fellow in Philanthropy am Institute for Policy Studies der Johns Hopkins University in Baltimore/Mass. in den USA.

Bauer ist Autor bzw. Herausgeber einer Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationenin Form von

  • Büchern

siehe: http://wwwrudolph-bauer.de/wissenschaft/buecher/

  • Buchbeiträgen

siehe: http://www.rudolph-bauer.de/buchbeitraege/

  • und Veröffentlichungen in Zeitschriften sowie online

siehe: http://www.rudolph-bauer.de/zeitschriftenbeitraege/


Als literarischer Schriftsteller hat Rudolph Bauer in Zeitschriften
veröffentlicht und insgesamt zehn Gedichtbände publiziert, zuletzt:


Aus gegebenem Anlass. Gedichte und Essay (von Thomas
Metscher). Hamburg 2018. ISBN 978-3-7469-7156-8

Foto: Rudolph Bauer via Screenshot WeltnetzTV

Update vom 17. Juli 2024; CS.*

Deutsche Medien über Gaza: Die Sprache des Kolonialdünkels

Israel führt einen brutalen Rache- und Vernichtungsfeldzug gegen Palästinenser. Das Leid der seit Jahrzehnten Unterdrückten kommt in deutschen Medien aber kaum vor. Sie gelten als Terroristen und Lügner. Mit dem Holocaust hat das wenig zu tun. Es ist das Denken ehemaliger Kolonialherren.

Von Susan Bonath

Die westliche Doppelmoral zeigt sich in der Berichterstattung über Israel und Palästina besonders deutlich. Einerseits trommelt das Establishment für „Demos gegen rechts“. In seiner Propagandashow gebärdet es sich als „antirassistisch“ und „weltoffen“, Medien wettern „gegen Hass und Hetze“. Das ist nur dünne Makulatur. Tatsächlich unterstützt der Westen mit Israel genau das Gegenteil: einen rassistischen Staat, der aggressiven, mörderischen Siedlerkolonialismus betreibt – zulasten der indigenen Bevölkerung.

Die Wortwahl, derer sich deutsche Medien in Sachen Palästina und Israel bedienen, ist die Sprache der ehemaligen Kolonialherren, beherrscht vom Habitus, einer kulturell überlegenen Gruppe oder Ethnie anzugehören, die „unzivilisierten“ Nichtweißen zeigen müsse, wo der Hammer hängt. Freilich, man drückt sich heute gewählter aus als vor 150 Jahren. Was einst „die weiße Rasse“ war, sind heute „kulturelle Werte“. Doch der Kern des dahinter verborgenen Denkens ist derselbe wie einst.

Von „lügenden Terroristen“ und „wahren Demokraten“

Die Geschichte der heutigen „Vorzeigedemokratie“ USA ist eine Geschichte der Barbarei und des Völkermords. Unter dem Label „zivilisatorischer Überlegenheit“ rotteten die europäischen Siedler den größten Teil der indigenen Bevölkerung bestialisch aus. Auf ihr Konto gehen mehr als acht Millionen Tote: durch Vertreibungen, Massaker, Entzug der Lebensgrundlagen und Aushungern. So rechtfertigten sie auch die Verschleppung, Versklavung und Vernichtung von Millionen Afrikanern.

Damals erzählten die Kolonialherren, sie brächten unterentwickelten Barbaren-Völkern – heute nennt man sie meist „Terroristen“ – endlich die Zivilisation: kriegerisch, bewaffnet, durch Versklavung, Vertreibung und Massenmord. Heute wurden die Kolonialherren zu „westlichen Werten“ entpersonifiziert, also „Werte“, die Armeen der „zivilisierten Welt“ in die Länder „unzivilisierter Terroristen“ und „Islamisten“ bomben. Die Sprache ist seichter geworden, der Effekt ist gleich geblieben: Vernichtung.

Kolonialherren redeten schon immer so. Wenn sich vermeintlich „Unzivilisierte“ gegen die Unterdrücker wehren, nennen sie es Terrorismus und Barbarei. Wenn sie selbst die „Unzivilisierten“ zu Abertausenden zerbomben und massakrieren, nennen sie es „Kampf gegen den Terror“. Es ist eine Sprache der Entmenschlichung, gehüllt in dünnen Firnis, um ihren eigenen kolonialen Terror zu verschleiern.

Wenn absichtlich ausgehungerte „Unzivilisierte“ an Nahrungsmittel für ihre vom Hungertod bedrohten Kinder zu gelangen versuchen, nennen Kolonialherren das plündern. Nur „kulturlose Unmenschen“ plündern. Wenn sich „die Zivilisierten“ in Supermärkten gegenseitig Klopapier wegschnappen und Desinfektionsmittel in Krankenhäusern klauen, sind das „Hamsterkäufe“. Hamster sind putzige Tierchen.

„Barbaren“ lügen immer, heißt es. So kommt es, dass Palästinenser heute sogar ihr Verhungern und ihr Massensterben durch israelische Bomben und Einfuhrblockaden selbst beweisen müssen. Trotzdem gelingt ihnen das nicht einmal mit massenhaftem fotografischem Beweismaterial, das in digitaler Echtzeit um die Welt geht. Man glaubt ihnen nicht, weil es eine „Hamas-Behörde“ meldet, „Barbaren“ also.

Die Clique der Kolonialherren sieht sich dagegen selbst als den Hort der Wahrheit. Was Israels Armeesprecher Daniel Hagari verkündet, genießt den Glaubensvorschuss der westlichen Presse stets. Entpuppt es sich doch einmal als Lüge, war es ein Versehen, das man selbstverständlich „prüfen“ werde. Das sei bei „wahren Demokraten“, anders als bei „lügenden Terroristen“, selbstverständlich.

Wertewestlicher Überlegenheitsdünkel

Das brutale Unterdrücken, Foltern, Terrorisieren und Töten Entmenschlichter verharmlosen die Täter heute wie damals als „notwendigen Kampf für die Zivilisation“. Israel ging lange vor dem 7. Oktober mit Palästinensern so um. Die Überheblichkeit der Täter kommt mal als „Demokratie und Freiheit“, mal als „westliche Werte“ daher. Gegenwehr von „Unzivilisierten“ gilt als Beleg für einen „primitiven Charakter“ – eine Art genetisches Manko. Wenn Hunde ihren Herren beißen, werden sie erschossen. Palästinenser werden regelmäßig einfach so erschossen.

In den Augen von Israels Verteidigungsminister Joaw Galant sind Palästinenser „menschliche Tiere“. Tiere kann man in Käfigen halten, foltern und nach Belieben töten. Tiere brauchen keine menschliche Nahrung, da reicht auch Tierfutter. Wenn ihre Babys daran sterben, nimmt man das hin wie das Ausräuchern einer Mäuseplage. Mit Kindern von „Terroristen“ kennt der gute „Demokrat“ kein Mitgefühl, sie werden zur gesichtslosen Masse ähnlich wie Ameisen im Hinterhof: Das ist das Gesicht des Rassismus.

Genau das praktiziert Israel nicht nur derzeit im Gazastreifen, sondern seit langem: Vertreibungen, Brandschatzungen, extralegale Verhaftungen, Folterungen und Tötungen sogar von Kindern durch marodierende Besatzersoldaten und verharmlosend als Siedler bezeichnete aggressive Paramilitärs sind seit Jahrzehnten Alltag im besetzten Palästina.

Der Westen hat sich seit 1948 nie wirklich um die von Israel unterdrückten Palästinenser geschert. Es liegt eher nicht an der scheinheiligen „Vergangenheitsbewältigung“ im Zuge des Holocaust, dieser brutalen, von Deutschen erdachten Vernichtungsmaschine, mit der die Nazis Millionen von Juden, Roma und Sinti, Slawen und Kommunisten ausrotteten. Auch dieses „Gedenken“ ist dünne Makulatur, die den wertewestlichen Überlegenheitsdünkel überzieht, der sich in einer imperialistischen Bündnisarmee realisiert, diesem kriegerischen, expansiv marodierendem Zusammenschluss ehemaliger Kolonialmächte und Vasallen.

Heute will der Westen „gut sein“. Die pseudowissenschaftliche Idee von einer „kulturellen Überlegenheit“ verleugnet er ganz eisern. Er schiebt sie irgendwelchen Randgruppen in die Schuhe, die er als Neonazis präsentiert, während er die echten Nazis und Faschisten ignoriert. Und doch sickert diese Idee aus den zuschreibenden Adjektiven der wertewestlichen Propaganda bis in die Köpfe vieler Leser, und doch bestimmt sie die Politik. Man muss nur genau hinsehen, um fündig zu werden.

Quelle: RT DE

Beitragsbild: © Claus Stille

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Passend zum Thema empfehle ich die soeben erschienene Broschüre „Israel – Vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren“ von Peter Hänseler / René Zittlau.

Anbei empfohlen:

Thomas Stimmel spricht mit Abed Hassan.

„Israel – Vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren“ – Eine Broschüre von Peter Hänseler und René Zittlau. Rezension

Der Krieg Israels in Gaza nach dem Überfall der Hamas auf das Land am 7. Oktober 2023 mit inzwischen ca. 30.000 getöteten palästinensischen Menschen (davon ca. 12.000 Kindern!), einem nahezu komplett zerstörten Gazastreifen, 1,7 Millionen Vertriebenen, nach Jahrzehnten der Apartheid , hinterlässt eine von Hungersnot bedrohte Bevölkerung. Die seitens israelischer Politiker offen geäußerte genozidalen Absichten der rechtsextremen Regierung in Tel Aviv sind ein erbärmliches Schreckenszeugnis.

Seit über 128 Tagen wird Gaza zerbombt. 50% aller Häuser sind zerstört, darunter Krankenhäuser, Schulen, Kindergärten, Bäckereien usw. Der Zugang zu Wasser, Nahrungsmittel und Strom ist unterbrochen. Hunderte Ärzte, Medizinpersonal, Krankenwagen und Apotheken können ihre Arbeit
nicht mehr fortsetzen.

Fast 70.000 Menschen sind verwundet, mehrere tausend Körper liegen unter Trümmern und können nicht bestattet werden. Menschen die schon mehrmals in den letzten 75 Jahren aus ihren Dörfern oder Flüchtlingslagern vertrieben wurden, sind wieder auf der Flucht. Es wurde viel Leid, Zerstörung, Angst und Hass gesät. Bis jetzt sind mehr als 17.000 Kinder zu Waisenkindern geworden.

Massenmord in Gaza

Wie anders soll man das bezeichnen, was da in Gaza stattfindet – als Massenmord? Zudem kommt noch ein rigoroses Plattmachen der dortigen Infrastruktur. Auch vor Moscheen und Kirchen wird kein Halt gemacht. Die noch am Leben gebliebenen Palästinenser werden Richtung Rafah vertrieben. Aber auch dort sind sie keinesfalls sicher. Es fehlt allenthalben am Nötigsten zum Leben. Eine zweite Vertreibung der Palästinenser. Ist es da falsch von einer weiteren Nakba (Katastrophe) sprechen, die im Gange ist?

Israel will sich offenbar der Palästinenser endgültig entledigen. Will man sie in die Wüste, nach Ägypten treiben? Dies wird Kairo aus verständlichen Gründen nicht hinnehmen. Auch würde ja Israel diese Vertriebenen nie wieder in deren Heimat zurücklassen.

Die ethnische Säuberung Palästinas“

Von Ilan Pappe stammt das Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“, welches zu lesen ich unbedingt empfehle. Ilan Pappe ist der Sohn deutscher Juden, die als Folge der Machtergreifung Adolf Hitlers nach Palästina gekommen waren.

„Ihre Lebensgeschichte“ schreibt er im Vorwort zur aktuellen deutschen Ausgabe seines Buches, seine Eltern betreffend, „und das, was mit ihren Familienangehörigen geschah, ist einer der Hauptgründe für die tiefgehende Verpflichtung, die ich empfinde, die Geschichte der Nakba auch deutschen Lesern zu vermitteln.“

Und weiter «Aber auch jenseits meiner persönlichen Geschichte fühle ich, dass die Geschichte der Nakba auf Deutsch eine besondere Bedeutung hat. Wie schon der palästinensische Intellektuelle Edward Said sagte, sind die Palästinenser „die Opfer der Opfer“. Deshalb gibt es eine besondere deutsche Verantwortung für das, was die zionistische Bewegung und später der Staat Israel den Palästinensern angetan haben.«

Es sei seine Absicht gewesen, so Pappe, „zu verdeutlichen, dass die ethnischen Säuberungen von 1948 und vergleichbare israelische Aktionen bis heute das Ergebnis der siedlerkolonialistischen Ideologie ist, die in der indigenen Bevölkerung keine gleichwertigen Menschen sieht“. Und: „Die Dehumanisierung der Palästinenser ist ein wichtiger Bestandteil der zionistischen Ideologie (nicht von Anfang an, sondern erst ab dem Augenblick, an dem die zionistischen Führer Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts beschlossen, dass der einzige Weg sich des europäischen Antisemitismus zu erwehren, die Kolonisation Palästinas sei). Der einzige Weg, die Kolonialisierung zu vollenden, so wie es in Nordamerika geschah, in Australien und Süd-Afrika, war, sich der ursprünglichen Bevölkerung zu entledigen.“

Israel – Vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren“

Ähnlich sehen es auch die Autoren Peter Hänseler und René Zittlau – fußend auf ihren akribischen Recherchen – in der soeben im pad-Verlag erschienen Broschüre „Israel – Vom Opfer zum Täter zum Opfer – ein Hin und Her seit 80 Jahren“.

Zu dieser Broschüre lesen wir:

«Die Menschen in Palästina sind im übertragenen Sinn Opfer der jüdischen Opfer des verbrecherischen NS-Regimes. Das Versprechen einer Zwei-Staaten-Lösung wird von Israel und seinen Verbündeten sabotiert. Der Krieg in Gaza ist nicht ein Krieg zwischen zwei Staaten, sondern zwischen Besatzern und Besetzten. Die Blockade jeglicher Zufuhr von Energie, Wasser, Nahrungsmitteln und Medikamenten nach Gaza, die Zerstörung humanitärer und lebensnotwendiger Infrastruktur wie Krankenhäuser und Schulen nimmt bewusst die Zivilbevölkerung ins Visier und verantwortet deren totale Ausrottung. Der Krieg gegen Gaza ist ein Genozid. Die Gleichsetzung von Jüdinnen und Juden mit Israel, die Enthistorisierung eines langen schwelenden Konfliktes wird durch das undemokratische Konstrukt von „Staatsraison“ und „bedingungsloser Solidarität“ zur Teilhabe an Kriegsverbrechen.

Deutschland macht sich in doppelter Weise mitschuldig am Verbrechen des Völkermordes: durch den geschichtlichen Holocaust an den Jüdinnen und Juden, sowie beim gegenwärtigen Genozid an den Palästinenserinnen und Palästinensern und deren Vertreibung aus ihrer angestammten Heimat.«

Und weil sich Deutschland in doppelter Weise mitschuldig am Völkermord in Gaza macht, stellte Jürgen Todenhöfer kürzlich Strafanzeige gegen die Bundesregierung:

„Ich habe heute Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen nach §8 und §11 Völkerstrafgesetzbuch erstattet. Die Regierung Netanyahu begeht in Gaza schwerste Kriegsverbrechen. Die Ampel leistet hierzu politisch und militärisch Beihilfe. Unter anderem durch eine Verzehnfachung ihrer Rüstungsexporte an Israel seit Kriegsbeginn. Diese Beihilfe zu Kriegsverbrechen ist strafbar. An der Strafanzeige beteiligt sich ein aus Gaza stammender Deutscher, der bei einem der Angriffe Israels auf Gaza einen Großteil seiner Familie verloren hat. Vertreten werden wir bei unserer Strafanzeige durch die Berliner Strafrechtskanzlei Buse, Herz und Grunst. Als langjähriger Bundestagsabgeordneter, als ehemaliger, kurzzeitiger Strafrichter in einem Terrorismus-Prozess und als deutscher Staatsbürger erwarte ich eine Grundsatz-Entscheidung der deutschen Gerichte zu dieser zentralen juristischen und moralischen Frage der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Das Grundgesetz verlangt von allen Deutschen, „dem Frieden der Welt zu dienen“. Und nicht den Kriegen westlicher oder pro-westlicher Staaten, die erkennbar mit Selbstverteidigung nichts zu tun haben. Der Generalbundesanwalt steht vor einer schwierigen juristischen und auch politischen Aufgabe. Er darf dem zu erwartenden Druck der Bundesregierung nicht nachgeben. Auch er hat „dem Frieden der Welt zu dienen.“ Zusammen mit dem Bundesverfassungsgericht ist er unsere wichtigste Hoffnung bei der Verteidigung unseres ausdrücklich friedliebenden Grundgesetzes und unserer rechtsstaatlichen Demokratie. Die einschlägigen Bestimmungen des Völkerstrafgesetzbuchs haben folgenden Wortlaut. Ihre Klarheit lässt keine Zweifel an der Rechtswidrigkeit der israelischen Kriegsführung aufkommen: „§ 11: Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung (1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt 1. mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen die Zivilbevölkerung als solche oder gegen einzelne Zivilpersonen richtet, die an den Feindseligkeiten nicht unmittelbar teilnehmen, 2. mit militärischen Mitteln einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten, 3. mit militärischen Mitteln einen Angriff durchführt und dabei als sicher erwartet, dass der Angriff die Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung ziviler Objekte in einem Ausmaß verursachen wird, das außer Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil steht, [Grundsatz der Verhältnismäßigkeit]… wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.“ Soweit der Wortlaut des Völkerstrafgesetzbuches. Klarer kann man nicht formulieren. Und klarer als die Regierung Israels und Deutschlands kann man nicht gegen das Völkerstrafgesetzbuch verstoßen.“ Quelle: Jürgen Todenhöfer auf X

Was unbedingt zu bedenken ist, wenn wer auch immer sich zum Nahostkonflikt äußert, lesen wir in der Einleitung der Autoren zu ihrer Broschüre

«Es ist erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit sich Medien und Exponenten, welche sich gerne als Experten sehen, in ein unsägliches moralisch-emotionales Bad begaben, nur um in Kürze von Fakten überholt zu werden, welche dieselben Exponenten dann zu einer Kehrtwende zwingen. Teilweise ist dies bereits geschehen.

Wir nahmen uns die Zeit, umfassend zu recherchieren und nachzudenken, bevor wir zur Feder griffen; ein Privileg, das News-Medien nicht haben.

Wir sehen unsere Aufgabe nicht darin, Partei zu ergreifen und Exponenten zu verurteilen, sondern Fakten zu ordnen, zu analysieren und so eine Basis für eine Diskussion zu erarbeiten, welche einen Ausweg aufzeigen könnte, auch wenn er nicht – wie so oft – beschritten wird.

Analysen, welche die historischen Fakten, die zur gegenwärtigen Situation führten, ausser Acht lassen, greifen zu kurz.

Die Uniformität der in den westlichen Medien und auf den Bühnen der westlichen Politik vertretenen Standpunkte findet ihren Ursprung nicht nur in politischem Kalkül oder verkrusteten Wertvorstelllungen, sie sind vielmehr ein klarer Hinweis auf das fehlende Verständnis für die Komplexität der Materie.

Dessen sind wir uns bewusst und daher haben sich René Zittlau und ich dafür entschieden, den in dieser Broschüre veröffentlichten Text als gemeinsame Artikel gemeinsam zu schreiben – zu viele Fakten mussten untersucht werden, um innert nützlicher Frist unseren Lesern einen Überblick zu verschaffen. Die einzelnen Teile eröffnen wir regelmässig mit der geschichtlichen Aufarbeitung. Und so beginnen unsere Betrachtungen mit dem Ersten Weltkrieg, da bis 1917 zwischen den Arabern und Juden Frieden herrschte. Es wird keinen unserer Leser verwundern, dass es des Auftauchens des damaligen Imperiums bedurfte, um Zwietracht zwischen Völkern zu säen.«

Welche Absichten hatte der israelische Staat bereits von Anfang an?

Im Kapitel „Grossisrael – keine Verschwörungstheorie“ (S.32)“ lesen wir: «Grossisrael reicht vom Euphrat bis zum Mittelmeer und umfasst aus heutiger Sicht folgende Staaten: Israel inklusive sämtliche Palästinensergebiete, der südliche Teil Libanons, Syrien, Jordanien und Teile Ägyptens, inklusive Alexandria und Port Said.

Laut Wikipedia ist der Wunsch und die Absicht Israels, Grossisrael zu schaffen, eine Forderung von wenigen Extremisten und wird als Verschwörungstheorie abgetan.

«Die Eretz-Israel-HaSchlema-Ideologie hat zu verschiedenen Verschwörungstheorien geführt, die besagen, ein Streben nach einem Grossisrael vom Euphrat bis zum Nil sei das Ziel des Zionismus und israelische Staatsdoktrin.« (Quelle: Wikipedia)

Aussagen des Staatsgründers David Ben Gurion

Interessant sind die Aussagen des Staatsgründers Ben Gurion. Etwa diese in deutscher Übersetzung (Originalquelle: Quelle: David Ben-Gurion, 21. Mai 1948, an den Generalstab. Aus Ben-

Gurion, A Biography, von Michael Ben-Zohar, Delacorte, New York 1978, S. 130.)

«Verschwörungstheorien werden nicht von Staatsoberhäuptern verkündet.»

«Die Archillesferse der arabischen Koalition ist der Libanon. Die muslimische Vorherrschaft in diesem Land ist künstlich und kann leicht gestürzt werden. Ein christlicher Staat sollte dort errichtet werden, mit seiner südlichen Grenze am Fluss Litani. Wir würden einen Bündnisvertrag mit diesem Staat unterzeichnen. Dann, wenn wir die Stärke der Arabischen Liga gebrochen und Amman bombardiert haben, könnten wir Transjordanien auslöschen; danach würde Syrien fallen. Und wenn Ägypten es immer noch wagen sollte, gegen uns Krieg zu führen, würden wir Port Said, Alexandria und Kairo bombardieren. Damit würden wir den Krieg beenden und die Rechnung mit Ägypten, Assyrien und Chaldäa im Namen unserer Vorfahren begleichen.»

Auch dieses Zitat ist über die Maßen unmissverständlich in seiner Aussage.

Die Autoren der Broschüre schreiben (S.34): „Ein weiterer interessanter Hinweis auf die wahren Absichten Israels findet sich in einem Tagebucheintrag Ben Gurions vom 18. Juli 1948 wie folgt:

«Wir müssen alles tun, um sicher zu gehen, dass sie [die Palästinenser] niemals zurückkommen. … Die Alten werden sterben, die Jungen werden vergessen»

QUELLE: DAVID BEN-GURION, IN SEINEM TAGEBUCH, 18 JULI 1948, ZITIERT IN

NAKBA – DIE OFFENE WUNDE. DIE VERTREIBUNG DER PALÄSTINENSER 1948

UND IHR FOLGEN. VON MARLÈNE SCHNIEPER, ISBN 978-3-85869-444-7

„Die als Verschwörungstheorie abgetane Aussage, es sei die Absicht Israels, ein Grossisrael zu schaffen, ist somit widerlegt. Verschwörungstheorien werden nicht von Staatsoberhäuptern verkündet.“

Es folgt im weiteren Verlauf der Broschüre ein wichtiger, unverzichtbarer geschichtlicher Abriss von Ereignissen und Taten, der gekannt werden muss, will man sich zum heutigen Konflikt äußern.

Zunächst gilt es zu wissen: „Palästina, das die heutigen Staaten Israel und Jordanien sowie den Gaza-Streifen und das Westjordanland umfasste, kam durch den Zerfall des Osmanischen Reiches 1920 unter britische Verwaltung, so wie im Geheimabkommen Sykes-Picot von 1916 geplant.

Ab 1917 kam es in der Zeit des britischen Mandats zu einer starken jüdischen Zuwanderung nach Palästina, die durch die Judenverfolgung ab 1933 beschleunigt wurde.

Das Siedlungsverhalten der Juden war nicht selten von Rücksichtslosigkeit und Gewalt gegenüber der palästinensischen Bevölkerung gekennzeichnet, was von der britischen Verwaltung geduldet wurde.

Auf Grund dessen und der schieren Masse an jüdischen Zuwanderern kam es wiederholt zu bewaffneten Unruhen und Aufständen. Nach dem 2. Weltkrieg wurde durch die UNO eine Zweistaatenlösung herbeigeführt, da die entstandenen Probleme anders nicht mehr beherrschbar erschienen. Im Ergebnis erhielt die jüdische Minderheit 56,47% des Mandatsgebiets (ohne Transjordanien) zugesprochen.

Dieses Gebiet entsprach im Wesentlichen den Territorien, die sich die jüdischen Siedler im Laufe der Zuwanderung angeeignet hatten. Bis zur Teilung gab es dort jedoch keine jüdische Bevölkerungsmehrheit.

David Ben Gurion scherte sich jedoch nicht um UNO-Resolution 181 und nahm das Ende des britischen Mandats am 14. Mai 1948 zum Anlass, am darauffolgenden Tag Israel als Staat auszurufen. Dies im Widerspruch zur von der UNO auferlegten Zweistaatenlösung. Der Staat Israel betrat die Weltbühne und gleichzeitig hörte das historische Palästina auf zu existieren.“ (S.20)

Die Autoren schätzen ein:

„Die Gründung des Staates Israel widersprach dem Ansinnen der Weltbevölkerung, welche sich in der UNO Resolution 181 widerspiegelte und unmissverständlich eine Zweistaatenlösung forderte.

Damit legte der neue Staat den Grundstein für das heute seit bald 80 Jahren dauernde Chaos mit der palästinensischen Bevölkerung, die mit allem Recht für einen eigenen Staat kämpft.

Die Suez-Krise zeigte, dass sich Israel zuerst von Grossbritannien – später von den USA – durchaus einspannen lässt, falls es einen geopolitischen Vorteil für sich erkennt.“ (S.30)

Liest man diese interessante Broschüre, wird von Seite zu Seite immer deutlicher, was der israelische Historiker Moshe Zuckermann einmal in einem Gespräch auf dem You Tube-Kanal International ausführte: «Zuckermann bezeichnet die Besatzung der den Palästinensern zustehenden Gebiete durch Israel als die eigentliche Ursache für den Konflikt. Er kritisiert, dass diese Frage sowohl in Israel aber auch in der internationalen Debatte weitgehend tabuisiert ist: „Israel wollte nie Frieden, die israelischen Eliten bevorzugten seit vielen Jahrzehnten eine Politik der Besatzung und der Apartheid.“«

Die Aufzeichnungen der Autoren „beruhen ausschliesslich auf Fakten, nicht auf Thesen und Theorien“

Die Autoren der vorliegenden Broschüre bekräftigen: «Unsere Aufzeichnungen beruhen ausschliesslich auf Fakten, nicht auf

Thesen und Theorien. Wir analysierten die Ereignisse, lasen und

hörten, was die Mächtigen Israels tatsächlich sagten oder ihrem Tagebuch anvertrauten. Diese Quellen erachten wir als zuverlässig. Es gibt keine faktenbasierten Argumente, welche das Ziel Israels widerlegen, ein Grossisrael zu schaffen und sich dabei der indigenen Bevölkerung dieses Landes zu entledigen und Nachbarn zu berauben. Dies tat und tut Israel ohne jede Rechtsgrundlage. Religiöse Schriften sind keine Rechtsgrundlage und auch keine Basis für seriöse geopolitische Analysen. Darüber hinaus zeigt die Geschichte: Religiös fundiertes politisches Handeln führt zwangsläufig zu Unrecht.« (…) „Ein Krieg folgt dem Drehbuch Ben Gurions.“

Ein menschenwürdiges Leben für die nichtjüdische Bevölkerung ist in den besetzten Gebieten nicht möglich

Mit der nichtjüdischen Bevölkerung geht Israel nicht selten schlimmer als nach Gutsherrenart um: „Israel sperrt den Zugang zu den besetzten Gebieten nach Belieben, von Freizügigkeit kann keine Rede sein. Israel bestimmt, was dort erlaubt ist oder nicht, egal ob es sich um medizinische Versorgung, um Grundversorgung mit Nahrungsmitteln, oder um Wasserrechte handelt. Ein menschenwürdiges Leben für die nichtjüdische Bevölkerung ist in den besetzten Gebieten nicht möglich. Die UNO beschreibt laut einem

Bericht der FAZ bereits am 12. Juli 2017 den Gazastreifen als unbewohnbar.“

„In israelischen Gefängnissen sitzen Tausende nichtjüdische Einwohner der besetzten Gebiete, darunter viele Kinder. Ohne Anklage, ohne Gerichtsurteil“, erfahren wir aus der Broschüre.

Es genügt die sogenannte Administrativhaft über sie zu verhängen: „Das israelische Militär kann Administrativhaftbefehle von bis zu sechs Monaten ausstellen, um Palästinenser*innen in Gewahrsam zu nehmen, wenn es «vernünftige Gründe» dafür gäbe, dass eine Person eine Gefahr für die «Sicherheit des Gebiets» oder die «öffentliche Sicherheit» darstelle.“ (Quelle:Amnesty International )

Bezüglich der Alleinverantwortlichkeit Israels“ (S.66) informieren die beiden Autoren: „Ein Staat, der über staatsfremdes Gebiet die absolute Kontrolle ausübt, ist infolge dieser Macht für alles verantwortlich, was in diesen staatsfremden und besetzten Gebieten geschieht. Der Besatzer kann sich nicht freisprechen von irgendeiner Gewalt, die er gegen andere ausübt oder die gegen ihn ausgeübt wird. Es spielt dabei auch keine Rolle, welcher Nation oder Religion die unterdrückte Bevölkerung angehört. Denn der Besatzer herrscht per se illegal auf fremdem Gebiet. Somit sind sämtliche seiner erlassenen Regeln ebenfalls illegal, da ohne Rechtsgrund.

Es ist weltweit ein natürliches Recht der Besetzten, sich als Unterdrückte gegen fremde Gewalt auf eigenem Grund und Boden zu wehren.

Eine Besatzungsmacht hingegen hat kein Recht auf Selbstverteidigung gegen die Besetzten, wie das Israel aktuell massiv für sich in Anspruch nimmt und vom politischen Westen und den Mainstreammedien unhinterfragt und uneingeschränkt unterstützt wird und zwar mit höchst unappetitlichen Mitteln, wie wir in «ARD – Glossar rechtfertigt Genozid – Dr. Goebbels wäre stolz»* ausgeführt haben.“ *Verweis in Broschüre auf einen Beitrag auf Voice from Russia.

Wobei hier – um Missverständnisse auszuschließen – allerdings angemerkt sei, dass die Autoren an keiner Stelle und in keinem Fall den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 rechtfertigen.

Wenn die Broschüre ab dem Kapitel Der 7. Oktober 2023 – ein Land versinkt in den Abgründen seiner Geschichte

Israel – ein Land politisch gefangen zwischen dem Gründungsmythos seiner Unabhängigkeitserklärung, der zionistischen Agenda und Realitäten, die nicht auszuräumen sind“ (ab S.66) auf deren Ende zuläuft, ist beim Leser noch einmal höchste Konzentration erforderlich.

Ich pflichte den beiden Autoren unbedingt bei: „Ohne Kenntnis der Geschichte sind die Ereignisse um Gaza und das Westjordanland nicht zu verstehen.“ Sie beleuchten und erörtern die Ursachen des Konfliktes zwischen Israel und den Palästinensern über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren. Sie machen noch einmal unmissverständlich deutlich: „Nur Fakten können unseres Erachtens die Grundlage dafür sein, der Wahrheit näher zu kommen.“

Was die Berichterstattung der Medien angeht, sind sie zu folgender Ansicht und Meinung gekommen, die aufmerksame Zeitgenossen durchaus teilen werden:

„Die öffentlich-rechtlichen Medien und die grossen privaten Medienunternehmen im Westen sind einer Meinungsoligarchie verpflichtet. Eine neutrale Berichterstattung zum Thema Israel wird dadurch unmöglich. Auf diese Problematik verwiesen wir im Artikel „ARD–Glossar rechtfertigt Genozid – Dr. Goebbels wäre stolz“, der anhand eines ARD-internen Glossars speziell zur Nahost-Berichterstattung die Mechanismen offenlegt, mit Hilfe derer eine ausgewogene Information – wie laut Rundfunkstaatsvertrag verpflichtend vorgegeben – gezielt verunmöglicht wird.

Das interne Glossar enthält eine Liste von Experten, die von den Exponenten der betroffenen Fernsehstationen heranzuziehen sind – das sind keine Vorschläge. Die Adressaten des Glossars sind verpflichtet ausschliesslich diese Experten heranzuziehen.“

Nebenbei bemerkt haben sich auch die NachDenkSeiten mit dem Glossar beschäftigt: Hier.

Zum Ablauf des 7. Oktober 2023

Besondere Aufmerksamkeit ist in der Broschüre dem Ablauf des 7. Oktober 2023 gewidmet. Zum Einen wird die israelisch-westliche Darstellung in den Fokus genommen. (S.70):

«Bevor der Sachverhalt von unabhängigen Quellen erörtert werden konnte, gaben die Israelis der Welt vor, was sich abspielte und wie diese „Fakten“ zu bewerten seien. Dem folgten die westlichen Medien in pflichtwidriger Vernachlässigung ihrer Sorgfaltspflicht und die westlichen Regierungen in Verfolgung ihrer politischen Agenden.

Bis heute hat sich folgende Geschichte im Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit eingebrannt:

Am 7. Oktober 2023 überfielen ein paar tausend Hamas-Terroristen das friedliche Israel, ermordeten Zivilisten, vergewaltigten Frauen und köpften zahllose Babys, zerstörten brandschatzend israelische Siedlungen und nahmen Geiseln – und dies an einem hohen jüdischen Feiertag, dem Simchat Tora.

Diese Darstellung hält einer faktenbasierten Prüfung nicht stand. «

In ihrer Analyse verwendeten die Autoren „soweit möglich israelische und amerikanische Quellen.«

Unabhängige amerikanische Medien und die israelische Zeitung Haaretz hätten jedoch ein anderes Bild gezeichnet. Als einer der ersten habe der amerikanische Journalist Max Blumenthal auf seinem Blog „The Grayzone“ über die Abläufe und Aktionen berichtet.

Westliche Horrorgeschichten seien letztlich widerlegt worden.

Unfassbarer Höhepunkt dessen sei „die Mär von den 40 enthaupteten israelischen Babys“ gewesen. Wir lesen: „Selbst Präsident Biden hielt es für nötig zu behaupten, Fotodokumente dazu gesehen zu haben. Eine Geschichte, die inzwischen unter dem Faktendruck des tatsächlichen Geschehens stillschweigend kassiert wurde. Fehlen durften auch nicht die inzwischen zum westlichen journalistischen Standard-Repertoire gehörenden „Informationen“ über Massenvergewaltigungen.“

Dieser Nahostkonflikt könnte sich im schlimmsten Falle zu einer Katastrophe entwickeln, die die ganz Region erfasst. Israels Reputation in der Welt hat aufgrund dieses in Gaza verübten Massenmords schon jetzt beträchtlich gelitten. Man kann durchaus einschätzen, dass sich Israel längst mehr schadet, als seine es Feinde tun. Leider erkennt Israel diese Gefahr offenbar selbst nicht.

Es wäre an der Zeit, dass die Weltgemeinschaft dem Leid ein Ende setzt. Dafür trägt die EU eine besondere Verantwortung. Wie Deutschland sich verhält ist eine Schande. Berlin muss seine Stimme erheben und Israel in den Arm fallen, wenn es sich nicht ein weiteres Mal schuldig machen will. Erst recht, wenn es ein Freund Israels sein will. Deutschland muss sich unmissverständlich für die Rechte der Palästinenser einsetzen.

Die Menschen in Palästina und Israel, vor allem Kinder und Neugeborenen haben ein besseres Leben verdient. Leben in Frieden und Gerechtigkeit muss möglich
sein.

Ich finde diese Broschüre ist für all die Menschen, die sich ernsthaft für die behandelte Thematik interessieren, unverzichtbar. Meine Hoffnung: Wer die mit großer Sorgfalt aufgrund von tief gehenden Recherchen verfassten Texte gelesen und verstanden hat, wird sich künftig nicht mehr in unbedachter Weise über diesen Konflikt äußern. Die Broschüre ist auch insofern höchst empfehlenswert, weil sie auf 80 Seiten über alle wichtigen Geschehnisse innerhalb eines geschichtlichen Zeitraums von 100 Jahren informiert. Noch dazu ist zu einem Preis zu erwerben, der für viele Menschen erschwinglich sein dürfte.

Der Philosoph Slavoj Žižek hat auf Freitag.de einen eindringlichen Videokommentar veröffentlicht.

In Gaza zeige sich gerade die zerstörerische Kraft des Fortschritts, und die Kehrseite der europäischen Aufklärung. Der slowenische Philosoph, Psychoanalytiker und Kulturkritiker Slavoj Žižek kommt zum Schluss: Europa muss stärkeren Druck auf Israel ausüben sich auf humanitäre Werte zurückzubesinnen. Im Interesse der Palästinenser, Europas und zuletzt der Sicherheit jüdischen Lebens selbst. Er sagt: „Ich bin ein Pessimist. Ich denke Europa ist zu Ende.“ Seine Hoffnung sei ein Wunder.

Zu den Autoren

Peter Hänseler

betreibt den dreisprachigen (deutsch, englisch, russisch) geopolitischen und geo-ökonomischen Blog voicefromRussia.com.

Er ist Schweizer und lebt in Moskau. Er studierte Jura in Zürich (lic. Iur. 1989), (Dr. iur. 1991) und Washington, D.C. (LL.M., Georgetown University 1994) und arbeitete als Rechtsanwalt (Patent 1993) in Zürich

(Bär & Karrer 1994-1997) und New York (Townley & Updike 1994) bevor er in die Geschäftsleitung der Marc Rich Gruppe eintrat, wo er unter anderem für Russland verantwortlich war (1997-2001). Danach leitete er Immobilienfonds in Russland (PHI Group 2001-2012).

Schon seit Jahren beschäftigt sich Peter Hänseler mit Geopolitik und Geoökonomie und publizierte ab 2008 vor allem in der Weltwoche. 2022 gründete er VoicefromRussia.com. Peter Hänseler publiziert weiter in der Weltwoche, auf ZeroHedge.com, im BloomDoom&Gloom Report des

Schweizer Investment-Guru Dr. Marc Faber und in weiteren geopolitischen Blogs. Er hat sich aus allen geschäftlichen Aktivitäten zurückgezogen, um sich auf seine Arbeit als Publizist zu konzentrieren.

René-Burkhard Zittlau

lebt in Deutschland. Er studierte in den 1980-er Jahren Sprachen

(Russisch und Tschechisch) an der Universität Leipzig mit dem

Abschluss Diplom-Sprachmittler.

Anfang der 1990-er Jahre wechselte er vom Staatsdienst in die private Wirtschaft. Für deutsche mittelständische Unternehmen sehr verschiedener Branchen baute er Tochterunternehmungen in Mittel- und Osteuropa auf und leitete sie teilweise.

Mit Geschichte und Geopolitik beschäftigt er sich bereits seit seinen Studienzeiten. Schreibt u.a. in GlobalBridge und infosperber und vor allem in voicefromRussia.com.

Was ist die Stimme aus Russland?

In diesem dreisprachigen Blog berichtet Peter Hänseler, ein Schweizer der in Moskau lebt, über geopolitische und geoökonomische Themen. Peter Hänseler unterscheidet sich von Mainstream-Journalisten dadurch, dass er Themen aus westlicher und östlicher Sicht betrachtet und bewertet – und somit auch über Themen schreibt, über welche im Westen schwerpunktmässig nicht berichtet wird. Da er in diesem Blog Journalist, Redaktor undHerausgeber in einer Person ist, sieht er sich zudem keinem Einfluss einer Redaktion oder eines Verlags ausgesetzt.

Peter Hänseler ist politisch und journalistisch unabhängig, geht in Russland keiner kommerziellen Tätigkeit nach und bezieht keinerlei Mittel vom Staat oder anderen Organisationen. Der Blog ist für die Leser kostenlos. Spenden sind willkommen.

Seit drei Jahren wohnt er aus privaten und kulturellen Gründen wieder in Moskau. Zuvor lebte er in der Schweiz, den USA, Spanien und Thailand.

Was möchte ich mit diesem Blog?

Die derzeitige Gesprächskultur lässt Gegenmeinungen immer weniger zu – seien sie noch so rational und begründet. Dies betrifft nicht nur politische,

sondern immer mehr auch wirtschaftliche Themen.

Die veröffentlichte Meinung gilt heute oftmals als einzige Wahrheit. Andere Meinungen werden zunehmend angefeindet oder ausgeschlossen. Diese Entwicklung hemmt meines Erachtens die freie Meinungsäusserung und den Diskurs in Gesellschaft, Medien und Politik. Darunter leidet die im Westen von Politik und Medien zu Recht hochgehaltene individuelle Freiheit und eine liberale Weiterentwicklung der Gesellschaft. Derzeit verbannen selbst die privaten weltumspannenden sozialen Medien durch Einsetzung von Zensoren mit woken Begründungen und ohne gesetzliche Grundlage User und Quellen; als ob das Publikum nicht fähig wäre, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Anbei empfohlen:

Homepage: https://voicefromrussia.ch/

Via International/YouTube

Zur Broschüre

INHALT: Die Nahost-Problematik versteht man nur, wenn man

die Geschichte und die gegenwärtige geopolitische Lage kennt –

Emotionen helfen nicht / In Feuer geboren – von der Ausrufung

des Staates Israel bis zur Suez-Krise. Die Basis zum Verständnis

der heutigen Situation / Die westliche Beurteilung der

Politik Israels sind Ansichten, welche mit der Realität nichts gemein haben – wir präsentieren die Fakten / Von Camp David bis

Libanon 1982 – Apartheid und Kolonialismus in Israel / Wie der

Vertrag von Oslo zu Hamas und Hisbollah führen musste / Der

7. Oktober 2023 – ein Land versinkt in den Abgründen seiner

Geschichte

Israel – Vom Opfer zum Täter

zum Opfer – ein Hin und Her

seit 80 Jahren

Peter Hänseler / René Zittlau

80 Seiten, mit zahlreichen farbigen Karten,
8.-€*

* Staffelpreis bei Direktbestellung ab 5 Expl.: 7 .– €/St.

pad-verlag – Am Schlehdorn 6 – 59192 Bergkamen – E-Mail: pad-verlag@gmx.net

Schriftenreihe des Forum Gesellschaft & Politik e.V.

Redaktion: Peter Rath-Sangkhakorn

unsere Seite im Netz: http://www.pad-verlag.de

E-Mail: pad-verlag@gmx.net

Die in dieser Broschüre zusammengefassten Beiträge wurden in

einer Israel-Reihe über mehrere Monate auf

https://voicefromrussia.ch

erstveröffentlicht. In den einzelnen Artikeln wurden alle externen

Dokumente, auf die in der Broschüre verwiesen wird, verlinkt.

Es lohnt schon aus diesem Grund ein Besuch. Ebenso finden die

Leser dort alle Artikel, die in der Broschüre an verschiedenen

Stellen als eigene Quellen benannt werden.

Hinweis: Wenn Sie, lieber Leserinnen und Leser, in Wörtern in der von den Autoren der von mir zitierten Sätzen statt eines „ß“ die Schreibweise „ss“ finden, so ist das Schreibweise in der Schweiz geschuldet.

Anbei empfohlen:

Thomas Stimmel spricht mit Iris Hefets.
Thomas Stimmel spricht mit Abed Hassan.

Update am 13.4.2024: İnteressantes neues Video von Dr. Michael Lüders:

Dr. Michael Lüders

Palästinenser als gebärwütige Dschihad-Monster: Rassistische Propaganda beim Axel-Springer-Verlag

Springers „Welt“ hat mal wieder in der braunen Tonne des deutschen Rassismus gewühlt, um den Massenmord in Gaza zu rechtfertigen. Frauen bekämen dort ihre Kinder nur für „den Kampf gegen Juden“, so die These des Autors Posener. Dies sei gar unveränderbar genetisch-kulturell bedingt,

Von Susan Bonath

Der Gazastreifen ist ein Freiluftgefängnis des Elends. Die zivile Infrastruktur ist zerbombt. Zwei Millionen Menschen hausen in Ruinen, Zelten oder im Freien, zusammengepfercht auf wenigen Quadratkilometern, inmitten von Bombenhagel und Geschützfeuer. Sie hungern, trinken schmutziges Wasser, wühlen in Trümmern nach Essbarem und Verschütteten, begraben täglich dutzende Tote. Laut WHO sind fünf Prozent der Menschen in Gaza nach vier Monaten Krieg getötet oder verstümmelt, mehr als zwei Drittel davon Kinder und Frauen. Die Welt ist Zeuge schwerster Kriegsverbrechen durch die israelische Armee IDF.

Das fortgesetzte Massaker an großteils unschuldigen Zivilisten, das trotz aller Versuche Israels, die Berichterstattung vor Ort zu unterbinden, mittels Bildern und Videoaufnahmen nach außen dringt, ist weder nach menschlichem noch völkerrechtlichem Ermessen zu rechtfertigen. Zivilisatorische Leitsätze im Völkerrecht verbieten aus gutem Grund rachsüchtige Kollektivbestrafung. Doch genau das ist es, und jeder Versuch der Verharmlosung kann nur einhergehen mit einer Riesenportion Rassismus.

Rassistische Thesen

Das deutsche Flaggschiff dieser Art der Entmenschlichung ist – mal wieder – der Axel-Springer-Verlag. Die neueste Kostprobe seiner rassistischen Fantasien vom palästinensischen „Untermenschen“ lieferte Autor Alan Posener jetzt im Springerblatt Welt. Frauen in Gaza, so seine Behauptung, würden „Kinder kriegen für den Kampf gegen die Juden“.

Man kann Poseners These wie folgt kurz zusammenfassen: Frauen in Gaza seien es gewohnt, Kinder für den Dschihad zu gebären, nicht nur um Juden zu töten, sondern um mit UN-Hilfen zu faulenzen und Europa zu „überfluten“ – und dies nicht etwa, weil es an Bildung fehle, sondern weil Palästinenser von Natur aus kulturell so veranlagt seien, ja eine Art genetisch bedingter, unabänderbarer „Tätergemeinschaft“ bildeten.

Das ist lupenreiner Rassismus, der an dunkelste Kapital auch der deutschen Geschichte erinnert. Nach Poseners Theorie, unterstützt vom Springerverlag durch ihre Publikation, ist Kollektivbestrafung der Palästinenser dann wohl erlaubt, inklusive Massenmord durch Bomben und Aushungern aller Mitglieder dieser Gruppe. Ist es das, Herr Posener, was Sie Ihrer Leserschaft damit sagen wollen? Offenbar schon.

Historische Fake News

Der Autor untermalt seine menschenverachtenden Fantasien vom „primitiven Kollektiv“ der Palästinenser als Sündenbock mit allerlei unbelegten Behauptungen und verdrehten Geschichtserzählungen. Angeblich, so Posener, rufe die Hamas Frauen in Gaza seit 17 Jahren „dazu auf, mehr Kinder zu bekommen – damit ihnen der Nachschub für die Terrortruppen nie ausgeht.“ Belege? Braucht der Autor nicht.

Dann tischt Posener seinen Lesern das Märchen vom „faulen Gazabewohner“ auf. Die Frauen dort bekämen lieber Kinder als zu arbeiten, nicht einmal 15 Prozent von ihnen hätten einen Job, mahnt er. Er vergleicht das mit Deutschland, wo 75 Prozent der Frauen erwerbstätig seien, und mit Israel, wo 60 Prozent der weiblichen Bevölkerung einer Lohnarbeit nachgingen.

Was Posener bei seinem schrägen Vergleich nicht erwähnt: Im Gazastreifen beträgt die Arbeitslosigkeit insgesamt fast 50 Prozent. Denn dort gibt es schlicht kaum Arbeit. Und daran ist Israel nicht unschuldig. Indem es vor 17 Jahren damit begann, das 360 Quadratkilometer kleine Areal abzuriegeln, mit Zäunen, Wachtürmen und Marine zu umzingeln, regelmäßig zivile Infrastruktur zu bombardieren und mit harten Sanktionen zu belegen, hat es jede wirtschaftliche Entwicklung des Streifens verhindert. Vor allem aus diesem Grund leben rund drei Viertel der Einwohner in bitterer Armut.

Unter Leugnung dieser Tatsache schießt der Autor gegen das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA, das er geflissentlich in Anführungsstriche setzt, als handele es sich um etwas Illegitimes. Die Palästinenser vermehrten sich, so suggeriert der Autor, um den Flüchtlingsstatus zu erben und von der UN „durchgefüttert“ zu werden – ganz so, als hätte Israel die Menschen nicht entschädigungslos enteignet und teils brutal vertrieben, als wären sie andernfalls nicht staaten- und rechtlos, als wäre Palästina kein von Israel besetztes Land. Posener leugnet schlicht historische Tatsachen, um seinem Rassismus Futter zu geben.

Pseudowissenschaften

Dann versteigt sich Posener zu einer Theorie, die in israelischen und besonders israelfreundlichen Medien auch häufiger zu lesen ist: Das Anwachsen der Bevölkerung im Gazastreifen durch Geburten (Frauen nennt er „Gebärmaschinen“) sei ein Beleg dafür, dass gar kein Genozid – wie selbst vom Internationalen Gerichtshof (IGH) aufgrund von zahlreichen Belegen, die der Ankläger Südafrika vorgelegt hatte, befürchtet wird – stattfinden könne. Wörtlich schreibt der Autor:

„Das „Flüchtlingshilfswerk“ rechtfertigt seine Existenz damit, dass es – so viel zu den ‚Genozid‘-Vorwürfen gegen Israel – eine stets wachsende Zahl sogenannter Flüchtlinge der dritten und vierten Generation versorgen muss.“

Mit anderen Worten: Weil es heute mehr Palästinenser gibt als vor 50 Jahren, kann die fortgesetzte gezielte Tötung von bisher mindestens 30.000 Menschen dieser Gruppe, darunter 70 Prozent Frauen und Kinder, ihre massenhafte Verletzung, Vertreibung und Einpferchung unter grausamen Bedingungen, inklusive bewusster Zerstörung ziviler Infrastruktur und Herbeiführens von Wasser- und Nahrungsmangel, gar kein Völkermord sein. So ein bisschen „Rasenmähen“, wie israelische Politiker ihr Vorgehen schon mal nannten, wäre demnach so legitim wie das Ausdünnen einer Wildschweinpopulation durch Jäger.

Falsche Zahlenspiele

Diesen schwer zu überbietenden Grad an Menschenverachtung untermalt Posener mit falschen Zahlen. Zunächst gibt er sich als „Feminist“: Die Emanzipation der Frau sei neben verbesserter Gesundheitsfürsorge „ein entscheidendes Mittel im Kampf gegen die Überbevölkerung“. Um sogleich seine Portion Rassismus hinzuzufügen:

„Es gibt aber eine Ausnahme von der Regel: Gaza.“

Dort sei die Geburtenrate seit 1991 zwar von 8,3 Kindern pro Frau auf etwa vier gesunken, aber immer noch eine der höchsten der Welt.

Poseners Zahlen stimmen bloß nicht, und es fehlt ihnen jeder Kontext. Nach UN-Angaben lag Palästina 2021 bei der sogenannten Fertilitätsrate, also der durchschnittlichen Anzahl der Geburten pro Frau, nämlich mit 3,5 Kindern im weltweiten Mittelfeld. Nach Angaben der US-Statistik „CIA Factbook“ waren es im Jahr darauf noch 3,23 Geburten pro Frau im Schnitt – offenbar also Tendenz fallend.

Auf der deutschen Plattform Statista ist zu lesen, dass auf jede Frau im Gazastreifen im Jahr 1997 etwa 6,2 Geburten kamen, im Jahr 2023 waren es noch knapp 3,4. Damit, und das verschweigt Posener ebenfalls geflissentlich, liegt Gaza nur marginal über der Fertilitätsrate in Israel. Dort bekommt im Schnitt jede Frau – seit Jahrzehnten anhaltend – demnach etwa drei Kinder.

Es geht dem Springer-Autor ersichtlich nicht um seine Furcht vor einer Überbevölkerung im Allgemeinen, sondern vor „Vermehrung“ einer Gruppe, die er offenbar für „kulturell minderwertig“ hält. Das sagt er freilich so explizit nicht, doch einen anderen Schluss lassen seine einseitig aufgebauschten Zahlen und der fehlende Vergleich kaum zu. Das ist ganz klassischer Rassismus.

Die braune Tonne westlicher Doppelmoral

Was die Welt-Redaktion mit der Publikation solcher Autorenbeiträge (die dem vom Springerverlag eigens publizierten Wertekanon, darunter „die Ablehnung jeder Art von Rassismus“, selbstredend widersprechen) offensichtlich bezweckt, zeigt sich in Dutzenden von Kommentaren unter dem Beitrag. Zustimmend geben Nutzer Schauergeschichten vom gemeinen „grausamen“, „primitiven“, „vermehrungswütigen“ oder „Bürgergeld abgreifenden Moslem“ zum Besten, belegt mit Betitelungen wie „Karnickel“.

Ein Nutzer unter dem Namen Matthias M. ruft gar dazu auf, „der Westen“ solle bezüglich geburtenstarker Länder des globalen Südens „auch im eigenen Interesse über Rekolonisierung nachdenken.“ All diese Menschenverachtung passt offenbar zielgenau ins politische Programm, nicht nur von Springer. Andernfalls hätte wohl das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, zumindest erst einmal die Welt-Moderation, hier als Erstes zuschlagen müssen. Nicht jeder Hass- und Gewaltaufruf ist eben Ziel dieses Zensurapparats.

Poseners Erguss ist dabei längst nicht der einzige Griff der Welt in die tiefbraune Tonne westlicher Doppelmoral. Abgesehen von den wiederkehrenden Kampagnen aller Springer-Zeitungen gegen Arbeitslose, Flüchtlinge und andere unterprivilegierte Gruppen hat das Blatt auch kein Problem mit Nazis, jedenfalls dann, wenn sie in der Ukraine ihr Unwesen treiben.

Im April 2022 erklärte das Blatt zum Beispiel das offen faschistische Asow-Bataillion zur demokratischen Vorzeigetruppe, die zu Unrecht als Naziregiment bezeichnet werde – bebildert mit einem Foto, das Asow-Kämpfer patrouillierend mit SS-Symbolen zeigt.

Ein Schelm, wer vermutet, dass die Entnazifizierung in Deutschland so gründlich nicht gewesen sein kann?

Quelle: RT DE

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Beitragsbild: Cover der Broschüre „… und GAZA und …“ von Rajani Kanth/ Rudolph Bauer aus dem pad-Verlag Bergkamen.