Kritik an VdK-Zeitung: „Demenzjournalismus“, Meinungsvermeidung und Personenkult

So sieht die Zeitung aus; Grafik via VdK-Internetauftritt.

Der Sozialverband VdK hat beachtliche 1,7 Millionen Mitglieder in Deutschland. Und natürlich auch ein Presseorgan. Sie nennt sich schlicht „VdK-Zeitung“. „Mit einer Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren gehört die VdK-Zeitung zu den größten Mitgliederzeitungen bundesweit. Die Zeitung wird von Bundes- und Landtagsabgeordneten, in Ministerien, Behörden, und Verbänden ebenso gelesen wie vom Einzelmitglied“, präsentiert und rühmt sich die VdK-Gazette auf ihrem Internetauftritt selbst. Professor Albrecht Goeschel, Präsidiumsmitglied der Accademia ed Istituto per la Ricerca Sociale Verona, ist ein gewohnt scharfer Kritiker des VdK. Seine gepfefferten Anwürfe dem Verband gegenüber sind durchaus fundiert und durch mehrere Arbeiten des Instituts belegt. „Wenn ein Printmedium sich ‚Zeitung‘  nennt und haptisch und optisch eine Ta-
geszeitung nachahmt, dann erwartet das ungewarnte Publikum Aktualität und Brisanz und Themen, zu denen es sich eine Meinung bilden kann“,  schreibt Goeschel einleitend. In seinen darauf folgenden Zeilen seiner Kritik belegt  er, warum die VdK-Zeitung gerade diesbezüglich nach so etwas wie ein Rohrkrepierer ist.

Die BÄCKERBLUME des VdK?

Nun hat sich der Professor das einmal monatlich erscheinende VdK-Blatt, sozusagen das Zentralorgan des Sozialverbands, zur Brust genommen. Goeschels Text ist provokant-frech mit “VdK-Zeitung: Meinungsvermeidung durch Demenzjournalismus” (erschienen im Magazin des Büros für Altersdiskriminierung) überschrieben. Albrecht Goeschel fragt sich in seinem Artikel, “warum diese ob ihres „Bäckerblumejournalismus“ immer wieder verhöhnte VdK-Zeitung überhaupt Beachtung verdient”. Der Autor rekurriert da auf die oft in Sketches oder Satiren der Lächelichkeit preisgegebene “BÄCKERBLUME” hin. Laut Wikipedia Süddeutsche Zeitung ätzte damals „Hier ist der Spott das tägliche Brot“. Allerdings ist BÄCERBLUME eine Kundenzeitschrift. Nähme man kein Blatt vor den Mund wie der Professor aus Verona/Martenstein könnte man auch die VdK-Zeitung durchaus als Kundenzeitschrift bezeichnen. Nach Albrecht Goeschel nimmt ja der VdK seine Mitglieder durchaus auch als Kunden her. Mitgliederdaten werden verkauft und so schreibt Goeschel einmal:

Da der VdK für seine Rechtsberatung  fett Kosten berechnet, sind seine Mitglieder also überwiegend als ‚Kunden‘ zu betrachten, die beim VdK Rechtsberatung einkaufen.”

Unverbindliche Worte von Ulrike Mascher (SPD)

Schauen wir uns doch einmal die VdK-Bäckerblume, pardon: die VdK-Zeitung an. Es wird einen dann dabei nicht verwundern, dass diese als Sprachrohr und Organ der Interessenvertretung der Alten daherkommt. “Fest ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat sich ein Satz des früheren Bundesarbeitsministers Norbert Blüm: „Die Rente ist sicher“ schreibt VdK-Präsidentin Ulrike Mascher in ihrem “Kommentar: Verdiente Sicherheit”. Und weiter: “Noch 1997 versprach er dies in einer Bundestagsdebatte, in der es um deutliche Einschnitte in der Rentenversicherung ging. Leider sahen und sehen sich viele Rentnerinnen und Rentner von diesem Versprechen enttäuscht. “ Gegen Ende des Kommentars wird Mascher dann auch noch etwas kritisch: “Doch leider stoppt auch die gegenwärtige Bundesregierung den Abwärtstrend beim Rentenniveau nicht.” Krokodilstränen des SPD-Mitglieds Ulrike Mascher. Indem sie wegen dessen berühmten Renten-Satz (der im Übrigen gerne falsch verstanden wird: denn Blüm meinte das deutsche Rentenumlagesystem) Blüm gewissermaßen prügelt, blendet sie offenbar aus, wer für die größten Verwerfungen im Rentensystem,die quasi als faktische Rentenkürzungen wirken die Hauptverantwortung trägt: Die rot-grüne Bundesregierung unter Schröder und Fischer und deren “Reformen”. Aber auch die Auswirkungen von Altersarmut ist die VdK-Zeitung mit Rat in Gestalt des Beitrags “Je früher zur Schuldnerberatung, desto besser” zur Stelle.

Statt des Floretts zückt Albrecht Goeschel den Hammer

Ob der vom VdK ins Blatt gehobenen Themen zückt Albrecht Goeschel ohne Rücksicht auf Verluste statt eines Floretts erbarmungslos den Hammer und haut drein: “Demenzjournalismus” sei das. Fast archaisch sei das Bild-Konzept der – in der sicherlich nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzten “Redaktion”. Goeschel geißelt auch, dass was er wohl als Personenkult wahrnimmt. Ähnlich  wie früher in der DDR, da der 1. Sektretär des ZK der SED, Erich Honecker gleich mehrfach in nur einer Zeitungsnummer erschien. Albrecht Goeschel: “Immer das gleiche Foto von ‚Präsidentin‘ Ulrike Mascher und das in hohen Dosen. Eine Art VdK-Maoismus. Wenn das noch nicht hilft, bringt es die Gruppenfoto – Ikonographie: Ortsgruppe, Kreisgruppe, Bezirksgruppe, Landesverbändegruppe, Bundesverbandsgruppe, Präsidentin-Politiker(innen)gruppe: Austauschbarkeit als Einmaligkeit.”

Des Weiteren beklagt der Professor “Inhaltsarmut” und will “Alltagsbanalität als Erkenntnisevent” erkannt haben, wofür auch gleich ein Beispiel anführt: „Frauen haben öfter kalte Füße“ (Originalzitat).

Meinungsvermeidung

Nun beantwortet Albrecht Goeschel auch die eingangs gestellte Frage noch, warum die VdK-Zeitung überhaupt Beachtung verdient, so:

“Zunächst ist da die schiere Massenauflage und die Reichweite in eine wichtige Teilgruppe der ‚Sozialen Mitte‘ hinein. Vor allem ist es aber die Eigenschaft der VdK-Zeitung als eine Art ‚medialer Fingerabdruck‘ der Berliner GroKo  mit ihrem bauchredenden Unheil im Kanzler(innen)amt: Die gleiche Methode, das gleiche Resultat – nicht einmal Verbiegung, sondern vor allem Vermeidung von Meinung.”

Gegen Schluss seines Beitrags zieht Prof. Goeschel dann noch einmal ordentlich vom Leder. Hat die „VdK-Bäckerblume“ vielleicht noch einen bedeutenderen Platz im Konzert der Medien vor sich? „Das mittlerweile die VdK-Zeitung im Kartell der ‚Leitmedien‘ als Mittäterin durchaus anerkannt ist, zeigt ein Vorgang, der vor ein paar Jahren von den Münchner Boulevard- und Qualitätszeitungen noch mit Hohn und Spott beworfen worden wäre: Der ‚Herausgeber‘ der VdK-Bäckerblume, ein Michel Pausder, ist in den Vorstand des bislang jedenfalls renommierten ‚Münchner Presseclub‘ aufgenommen worden.

Vergessen was war

Wie man es von Albrecht Goeschel kennt, ist die Gefahr unbegründet, dass er am Schluss seines Textes in wohlgefälliges Geseibel – wie man es aus den gefühlt tausend Talk-Shows unseres Fernsehens längst nicht mehr hören kann. Er schließt bezüglich des von ihm mit harten Bandagen beklagten „Demenzjournalismus“ sarkastisch: Vergessen wir was war“, ‚Wahlkampfslogan der Liste Alzheimer Regensburg, 2 Mandate bei den Kommunalwahlen 1996’“.

Tjerk Ridder geht 5 Jahre nach „Anhängerkupplung gesucht!“ mit dem Projekt „Slow Ride – Spuren der Freiheit“ auf Tour

http://www.youtube.com/watch?v=qLz-yZqSw9M

Tjerk Ridder aus Utrecht ist Theaterkünstler und Musiker. Sein Projekt „Anhängerkupplung gesucht!“ machte ihn auch in Deutschland bekannt. Die Metapher dazu lautete: Man braucht andere, um voranzukommen. Mit seinem Teckel Dachs und einem Wohnwagen (das Holländer-Klischee hierzulande!) brach er – ohne Zugfahrzeug – in Anfang 2010 in Utrecht auf, um in der Kulturhauptstadt Istanbul anzukommen. Notwendigerweise war Tjerk auf „Anhaaker“ (Leute, die seinen Wohnwagen an ihren Wagen hakten und ein Stück des Weges zogen) angewiesen. Und diese Menschen fanden sich tatsächlich! Wenn es auch manchmal einige Zeit dauerte. Tjerk Ridder – später begleitet vom Journalisten Peter Bijl – kam an den Bosporus und auch wieder zurück.

Und was er unterwegs nicht alles erlebte! Man sagt: Wenn einer  eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Und ob Ridder etwas zu erzählen hatte!  Was Tjerk Ridder und Co-Autor Bijldann auch  taten: Sie schrieben gemeinsam ein Buch zur Reise. Dazu erschien eine DVD, die ihm beigelegt ist. Die Erlebnisse on the road, die zahlreichen kleinen und große Abenteuer, die vielen – überwiegend herzlichen – Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen in den Transitländern wurden darin verarbeitet. Tjerk Ridder schrieb eine Reihe Lieder dazu. All dies  floss nicht nur in das Buch ein, sondern wurde auch Bestandteil einer begeisternden multimedialen Theatervorstellung. Diese erlebte gefeierte Premieren in Holland (Utrecht) und Deutschland (Zeche Zollverein in Essen). Zu all dem hier, hier und hier mehr.

Auf dem Weg zu sich selbst

Fünf Jahre nach dem Start von „Anhängerkupplung gesucht!“ ist sich Tjerk Ridder treu geblieben. Weiter spürt er – so könnte man es vielleicht sehen – dem Sinn des Lebens nach. Und versucht sich auf diese Weise ein Bild von Alltagssorgen, Vorstellungen von Leuten zu machen, sowie Kunde über deren ganz persönliche Lebenserfahrungen zu erlangen. Tjerks Herangehensweise ist in gewisser Weise auch eine journalistische. Ridder kommt damit sozusagen sicher auch auf einem langen Weg Schritt für Schritt weiter voran: nämlich auch zu sich selbst. Eine – dass ist so sicher wie das Amen in der Kirche – für uns alle nie endende, weil lebenslängliche Aufgabe. Vielleicht nach Pindar: „Lerne zu werden, der du bist, und sei danach.“

Der Theaterkünstler und Musiker Tjerk Ridder mit seinen Tourbegleitern Hund Dachs und und Zugpferd Elvi; Foto via Tjerk Ridder

Der Theaterkünstler und Musiker Tjerk Ridder mit seinen Tourbegleitern Hund Dachs und und Zugpferd Elvi; Foto via Tjerk Ridder

Nun tritt Tjerk Ridder, der sympathisch-bescheidene Künstlers aus Utrecht ein weiteres Mal mit einem interessanten Projekt auf den Plan. Es trägt den Titel: „A Slow Ride – Spuren der Freiheit“. Man darf sehr darauf gespannt sein. Ridder arbeitet bereits eine Zeitlang daran. Im Verlaufe des Jahres gesellte sich zum treuen Begleiter, Hundchen Dachs, Elvi, ein Zugpferd aus Belgien. Alle drei haben sich offenbar schon ein wenig aneinander gewöhnt. Das Ross ist es, was der Künstler diesmal braucht, um voranzukommen. Elvi soll auch Rhythmus Tempo der Reise bestimmen.

Um was geht es genau? Tjerk Ridder beschreibt es:

A Slow Ride – Spuren der Freiheit“

Was bedeutet Freiheit und Befreiung für Dich? Was kannst Du tun, um etwas von Dir zu befreien? Was ist die Bedeutung von Freiheit im Jahr 2015 und wie können wir unsere Erfahrung von Freiheit weiterentwickeln?“

 

Mit diesen Fragen mache ich mich auf den Weg. Im kommenden Sommer mache ich eine Reise durch Europa. „A Slow Ride – Spuren der Freiheit“ ist eine symbolische und poetische Reise über Freiheit und Befreiung. Mein Ziel ist es, Dich und alle unterwegs Beteiligten auf die Suche nach ihrer persönlichen Bedeutung von Freiheit zu befragen, um anschließend das eigene Erleben von Freiheit weiter zu entwickeln.

Warum diese Reise und warum jetzt?

Reisen ist ein Symbol für Neugier und das Versetzen von Grenzen. Und ist eine Metapher für Freiheit und Entwicklung. Wir leben in einer freien Gesellschaft, glücklicherweise. Unsere Freiheit wird allerdings auf vielen Gebieten beeinflusst: enormen Medien-Input, Datenschutz, internationale Spannungen, Leistungsdruck, eine größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Auch existieren viele Missverständnisse bezüglich Freiheit.

 

Ich möchte untersuchen wie Menschen hiermit umgehen und möchte nah heranzoomen an persönliche Geschichten über das Erleben von Freiheit. Auf diese Weise hoffe ich, mich selbst und Menschen um mich herum zu inspirieren, persönliche Freiheit zu entdecken und Talent zu entfalten.

Wie gehe ich auf die Reise?

Ich mache mich auf den Weg mit meinem belgischen Zugpferd Elvi. Am 19. Juni breche ich mit Elvi und meinem Dackel Dachs vom Theaterfestival Oerol auf Terschelling auf. Drei Monate lang geht es durch die ersten fünf Schengen-Staaten, in Richtung der Kulturhauptstadt Europas 2015, Mons in Belgien. Unterwegs suche ich das Gespräch mit Menschen über ihre Erfahrungen mit Freiheit und Befreiung und besuche Stätten der Freiheit und Unfreiheit, wie zum Beispiel Kulturfestivals und –Veranstaltungen, Asylbewerberzentren, Schulen, eine psychiatrische Klinik und relevante historische Orte.

 

Der „Slow Ride“ geht langsam in Elvis Tempo, wodurch wir die Ruhe haben um uns in Gespräche zu vertiefen, etwas, was in der heutigen Welt stets seltsamer zu werden scheint. Die Gespräche werden gefilmt und fließen in eine neue multimediale Theatervorstellung ein. Selbstverständlich ist die Reise auch über die Website, Facebook und Twitter zu verfolgen.

Dreh Dich zur Sonne hin

Sonnenblumen besitzen die Fähigkeit, sich zur Sonne hin zu drehen. Diese Gegebenheit inspiriert dazu, dasselbe zu tun und sich zu dem Ort auszurichten, an dem Energie ist. Die sprichwörtlichen Blumen, die bei meinen Gäste blühen werden, bekommen physische Form in einer Spur von Sonnenblumen, die während der Reise gepflanzt werden.

 

Und auch Du kannst Teil dieser stets breiter werdenden, durch fünf europäische Länder führenden Spur sein. Bei fast jeder Spende bekommst Du eine spezielle „Dreh Dich zur Sonne“-Box: eine Box mit Sonnenblumensamen, Erde und einem bisschen Mist von Elvi, um diese in Deinen Garten zu pflanzen.

Multimediale Theatervorstellung

Nach der „Slow Ride“-Reise mache ich aus den Erfahrungen von unterwegs eine multimediale Theatervorstellung: eine Kombination aus Film, Songs und Erzählungen. Die Premierenwoche findet vom 2. bis 6. Dezember 2015 in der Paardenkathedraal in Utrecht statt. Bei einer Reihe von Spenden bekommst Du hierfür Tickets und sogar ein Spezial-Slow Ride & Slow Food-Dinner im Restaurant Goesting, das neben dem Theater liegt!

 

Nach der Premiere wird die Vorstellung auf nationalen und internationalen Kulturfestivals zu sehen sein und auch bei Veranstaltungen von Organisationen, Schulen und Universitäten.

Erfolgreiches Crowdfunding

Um „A Slow Ride“ zu ermöglichen, hatte Tjerk Ridder eine Crowdfunding-Kampagne auf der niederländischen Plattform voordekunst gestartet. Sie war zu hunderprozentig erfolgreich. 19 092 Euro sind zusammengekommen!

Am 19. Juni 2015 geht Tjerk Ridder von Terschelling aus auf die Reise

Die Reiseroute; Grafik via Tjerk Ridder

Die Reiseroute; Grafik via Tjerk Ridder

Bleibt abzuwarten, ob das neue Projekt des holländischen Künstlers Tjerk Ridder aus Utrecht,  „A Slow Ride – Sporen van Vrijheid“  an den Erfolg von  „Anhängerkupplung gesucht!“ quasi wird ankoppeln können.  Am Freitag, den 19 Juni 2015 geht Tjerk Ridder jedenfalls  mit Elvi und Dachs von Terschelling aus auf Tour – viel Glück und Erfolg dafür! Ich werde weiter darüber informieren.

Professor Goeschel: „Die Akutkrankenhäuser sind durch den Ökonomisierungsterror von Bundesregierungen, „Volksparteien“, Kassenverbänden und Privatinvestoren in einen gnadenlosen Existenzkampf getrieben worden“ – SOS!

Die Krankenhäuser werden immer mehr selbst zum Patienten (gemacht); Foto: Martin Jäger via Pixelio.de

Die Krankenhäuser werden immer mehr selbst zum Patienten (gemacht); Foto: Martin Jäger via Pixelio.de

Das deutsche Gesundheitssystem mag noch immer eines der besten in der Welt sein. Viele Länder mögen uns darum beneiden. Wenn ich aber im vorangegangen Satz das Wörtchen noch kursiv geschrieben habe, hat das einen Grund. Seit Jahrzehnten nämlich doktern Bundesregierungen unterschiedlicher Couleur an diesem Gesundheitssystem herum. Immer wieder liest und hört man dieses sei im internationalen Vergleich sehr teuer, liefere aber nicht die Ergebnisse, die angesichts der hohen Kosten erwartbar wären. So stand es vor einiger Zeit auch wieder einmal in der „Welt“ zu lesen. Das Blatt verwies auf das Ergebnis einer Untersuchung der Unternehmensberatung KPMG.

Mehr Effizienz!

„Das deutsche Gesundheitssystem muss effizienter werden“, wird Volker Penter, Leiter des Gesundheitsbereichs bei KPMG, zitiert. Nun, wer könnte etwas gegen mehr Effizienz haben? Doch drängt sich da gleich eine weitere Fragen auf: Wem kommt dieses Mehr an Effizienz zugute? Der medizinischen Qualität von Krankenhäusern und damit den Patienten? Wie wir wissen muss das nicht zwingend so sein.

Ökonomisierung setzt Gesundheitssystem unter Druck

Die Ökonomisierung von nahezu allem und jedem kennt in Zeiten ausuferndem Neoliberalismus schon lange keine Grenzen mehr. Auch das Gesundheitssystem steht permanent unter Beschuss. Freilich nur zum Wohle unserer immer älter werdenden Menschen. Es müsse effizienter werden, so tönt es nicht erst wie im Januar 2014 aus dem dem KPMG-Mund Volker Penter – sondern bereits seit Jahrzehnten. Freilich sollen hinter diesem Aufruf zu mehr Effiziez nur gute Motive stehen. Damit, so hören und lesen wir, soll abgesichert werden, dass auch morgen noch wichtige Leistungen am Patienten möglichst kostengünstig vollbracht werden können. Und der Missbrauch müsse bekämpft werden. Überkapazitäten (etwa bei Krankenhausbetten) gehörten abgebaut. Wer könnte etwas dagegen haben? Allerdings erleben wir, dass bei den ein übers andere Mal von der Politik zu diesem Zwecken eingeleiteten Maßnahmen und verabschiedeten Gesetzen meist nur der Patient Opfer bringen musste. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Im Zuge dieser Effizienzaufrufe und deren Umsetzung stehen immer mehr Krankenhäuser und deren Personal unter immensen (Kosten-)Druck.

Der ökonomische Druck bewirkt im Gesundheitssektor nichts anderes wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch: Alles was sich zu Geld machen lässt wird auch zu Geld gemacht. Koste es was es wolle. Zulasten der Gesamtgesellschaft. Und zum Schaden vieler Einzelner. Die herrschende Politik leistet willfährig Schützenhilfe, indem sie die nötigen Gesetze dafür auf den Weg bringt. Kürzungen und Privatisierungen von Krankenhäusern bei gleichzeitigem Druck auf die Löhne der Belegschaften sind nur eine Folge dieser Politik.

Ökonomisierung per Gesundheitspolitik fordert auch Todesopfer

Seien wir doch ehrlich: Um das Wohl und Wehe des einzelnen (Kassen-)Patienten geht es bei der Gesundheitspolitik höchstens am Rande. Allenfalls wird wird ein Feigenblatt bewahrt. Das machen auch regierungsamtliche Äußerungen vom immer noch anderen Systemen in anderen Ländern überlegenem deutschen Gesundheitssystem nicht besser. Diese fortschreitende Ökonomisierung des Gesundheitswesens fordert nämlich auch Opfer. Auch Tote. Wird im Zug dessen auch an der nötigen Hygiene in deutschen Krankenhäusern gespart? Reinigungsfirmen haben schon lange festangestellte eigenes Personal ersetzt. Meist bekommen nur die billigsten (sprich: die effizientesten) Reinigungsfirmen Krankenhausaufträge. Werden da die Krankenzimmer im Sauseschritt durchgefeudelt? Manchmal schon. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) infizieren sich jährlich rund eine Million Patienten in deutschen Hospitälern mit Keimen. Etwa 40.000 Menschen sollen jedes Jahr als Folge mangelnder Hygiene in Kliniken sterben, wie DGKH-Vorstand Klaus-Dieter Zastrow einst der WAZ sagte.

Die Hälfte aller Krankenhausinfektionen ist nach Ansicht der Fachleute vermeidbar. Warum gibt es nicht bessere Kontrollen und Hygieneärzte wie etwa in Krankenhäusern der Niederlande? Läuft das einem guten Effizienzergebnis zu wider?

Im deutschen Gesundheitswesen geht es um viel Geld. Professor Albrecht Goeschel gab dies auf einer Veranstaltung im Januar 2015 in Dortmund (hier mein Bericht dazu) zu bedenken: „Der Zentrale Gesundheitsfonds verteilt mittlerweile fast 200 Milliarden Euro jährlich zwischen den schwächeren und den stärkeren Regionen um – leider nimmt die Öffentlichkeit davon so gut wie keine Notiz. Heftig diskutiert wird dagegen der Föderale Finanzausgleich zwischen den Bundesländern mit seinen geradezu läppischen 8 Milliarden Euro Umverteilungsvolumen.“

Fehlendes Interesse in Politik und bei den Medien

An der „Effizienz“ deutscher Krankenhäuser indes wird weiter herumgedokert. Professor Albrecht Goeschel (STUDIENGRUPPE FÜR SOZIALFORSCHUNG – NEUGRÜNDUNG in MARQUARTSTEIN AM CHIEMSEE) will uns die Augen öffnen. Seine scharfe Kritik hat er vor ein paar Wochen mittels Presseaussendung verbreitet. Offensichtlich bekunden weder Medien noch Politik Interesse auf die „drohenden weiteren Finanzierungsdefizite und Privatisierungstendenzen“ in „sämtlichen deutschen Akutkrankenhäusern“ hinzuweisen beziehungsweise abzuwenden:

Deutsche Krankenhäuser: Ahnungslos ?

Neue Bedrohungen durch EU-Fiskalpakt, Berliner Schuldenbremse

und TISA

Die Akademie und Institut für Sozialforschung Verona hat im November und

im Dezember 2014 sämtlichen deutschen Akutkrankenhäusern Informationen über die drohenden weiteren Finanzierungsdefizite und Privatisierungstendenzen angeboten. Es ging um die Auswirkungen des EU-Fiskalpakts, der Berliner Schuldenbremse und des Länderfinanzausgleichs. Ergebnis wie erwartet: Kein Interesse am Thema auf der ganzen Linie. Kommentar des Projektleiters Prof. Goeschel: „Genau das hatte ich erwartet. In der ehemals gesundheitspolitisch aktiven und innovativen Krankenhauslandschaft ist Friedhofsruhe eingekehrt. Die Akutkrankenhäuser sind durch den Ökonomisierungsterror von Bundesregierungen, „Volksparteien“, Kassenverbänden und Privatinvestoren in einen gnadenlosen Existenzkampf getrieben worden, der jeden gesundheitspolitischen Gestaltungsgedanken unterdrückt und jeden gesundheitspolitischen Gestaltungswillen vernichtet hat.“

 

Scharfe Kritik übt Prof. Goeschel in diesem Zusammenhang aber auch an den gesundheitspolitischen und wirtschaftspolitischen Fachbereichen der zuständigen Gewerkschaft ver.di. Anstatt das offenkundige Kritikdefizit in der Krankenhauswirtschaft

mit eigenen Konzepten für eine gemeinwirtschaftliche Krankenhausversorgung der Bevölkerungen in den Regionen auszugleichen, bleibt es bei Allgemeinplätzen,

Belanglosigkeiten und Dauerschweigen.

 

Nach Einschätzung von Prof. Goeschel haben die Bevölkerungen in den Regionen

Deutschlands den vierzigjährigen nichterklärten Krieg der Bundespolitik, der Kassen-

lobby und der Marktideologen gegen die soziale und regionale Krankenhausversor-

gung schlichtweg verloren. Völlig versagt hätten in diesem Zusammenhang die soge-

nannten „Sozialverbände“ VdK und SoVD, die sich zwar bei jeder Gelegenheit als angebliche Vertreter der Älteren und Ärmeren nach vorne drängeln würden, in der für

diese Personengruppen zentralen Frage aber lautstark geschwiegen hätten. Die genannten Verbände hätten 40 Jahre Zeit gehabt, um ein Minimum an gesundheitspolitischer Kompetenz aufzubauen. Geschehen sei: Nichts.

Was spielt sich im Krankenhausbereich derzeit im Vordergrund und im Hintergrund

ab? Nach den massiven Kürzungen im Rentenbereich, die bereits im Jahr 2010 begonnen haben, konzentriert sich die EU-Politik nun auf einen Abbau der Kranken-

hausversorgung.

 

Zu welch katastrophalen Versorgungsproblemen dies beispielsweise in Griechenland geführt hat, ist mittlerweile Thema von Bundestags- und EU-Petitionen. Aber auch in so wirtschaftsstarken Regionen wie der Autonomen Provinz Bozen – Alto Adige (Südtirol) soll nun auf Spardiktat aus Rom die geographisch gebotene und medizinisch bewährte dezentrale Facharztambulatorien- und Krankenhausversorgung liquidiert werden.

In Deutschland wird der neueste Angriff auf die noch vorhandene soziale und regionale Krankenhausversorgung mit zwei Stossrichtungen geführt werden: Erstens sollen mit einem „Strukturfonds“ in Höhe von einer Milliarde Euro möglichst viele Krankenhäuser in die Schliessung oder Umwandlung geködert werden. Zweitens sollen Krankenhäuser mit angeblich schlechterer Qualität Abschläge bei den Leistungsentgelten auferlegt bekommen – und damit letztlich auch in die Schliessung oder Umwandlung getrieben werden.

 

Der eigentliche Schlag für die gesamte Krankenhausversorgung in den Regionen wird aber kommen, wenn EU-Fiskalpakt, Berliner Schuldenbremse und Reform des Finanzausgleichs wirksam werden. Die Länder, die für die Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser zuständig sind und schon jetzt statt der nötigen jährlich 6 Milliarden Euro gerade einmal 2,8 Milliarden Euro aufwenden, werden dann wegen des Verschuldungsverbotes noch weniger Investitionsmittel bereitstellen – damit werden die verbliebenen Krankenhäuser, soweit sie nicht sowieso schon Krankenhauskonzernen gehören, weiter in die Privatisierung getrieben.

Die Privatisierung von Gemeineigentum durch die Einschaltung von Privatinvestoren

ist ein Lieblingsprojekt der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und steht in schönem Einklang mit den Privatisierungstendenzen des derzeit geheim

verhandelten USA-EU Abkommens TISA (Trade in Services Agreement).

(V.i.S.d.P.: Katharina Walter, Medien und Kommunikation, Unterwössen)“

Zu TiSA ein Beitrag von mir.

Fazit

Das deutsche Gesundheitssystem mag noch immer eines der besten in der Welt sein. Noch. Denn der Ruf ist schon lange schwer angeschlagen. Er lebt vom Eingemachten. Das jedoch dürfte bald verzehrt sein. Hört niemand die Äxte, die unaufhörlich auf dieses System einschlagen? Professor Abrecht Goeschel sendet SOS.

Ukraine: Lassen wir uns in ein europäisches Schlachtfeld hinein schlafwandeln? (Kommentar)

Willy Wimmer: "Es wird gezündelt, dass es nur so kracht.", Foto: birgitH via Pixelio.de

Willy Wimmer: „Es wird gezündelt, dass es nur so kracht.“, Foto: birgitH via Pixelio.de

„Trotz der diplomatischen Krise wegen des Krieges in der Ostukraine verlegen die USA 3000 Soldaten für ein Manöver ins Baltikum. Fast 750 Fahrzeuge sowie militärische Ausrüstung sind nach Angaben des Pentagon bereits per Schiff in der lettischen Hauptstadt Riga eingetroffen.

Der Kreml wird es wohl als Provokation werten“, schätzt n-tv ein. Als was sonst, frage ich?

Willy Wimmer (CDU): Es „wird gezündelt, dass es nur so kracht“

Folgender Text erreichte die KenFM-Redaktion vor ein paar Tagen: „Die USA werden Waffen liefern und wissen, dass sie damit Krieg auslösen.“ Absender dieser privaten Kurznachricht an Ken Jebsen war Willy Wimmer (CDU), Abgeordneter des Deutschen Bundestages von 1976 bis 2009 und ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium unter Helmut Kohl. Darüber hinaus war Wimmer in der Zeit des Jugoslawienkriegs als Vizepräsident der OSZE tätig. Nun also wissen wir: Nicht nur Waffen und militärische Ausrüstung wurden geliefert, sondern auch 3000 Soldaten ins Baltikum. Eine Entwicklung, die einen Vorlauf hat und im Rahmen geostrategischer Interessen voranschreitet. Es „wird gezündelt, dass es nur so kracht“, so Willy Wimmer dazu. Siebzig Jahre nach Ende des Zeiten Weltkrieges herrsche offenbar „Kriegsbereitschaft“ auf Seiten der USA und Großbritanniens, gegenüber dem einstigen Alliierten im Kampf gegen Hitlerdeutschland, dem aus der Sowjetunion hervorgegangenem Russland. Das Zündeln jener westlichen Mächte richte sich diametral gegen „unsere Interessen“, so Wimmer. Er spricht auch die Sanktionen gegen Russland an und bemerkt, dass Handel und Wandel mit Russland und zu uns kommende russische Skifahrer entgegen dem Frieden dienen. Zweifellos schaden die gegen Russland verhängten Sanktionen und die das bewusste Abreißenlassen von immer mehr Gesprächsfäden zu Moskau in erster Linie Europa, nicht Washington. Willy Wimmer: „Europa fliegt uns um die Ohren.“ Jahrelang habe man eine gute Erfahrung mit demselben Putin gehabt, der jetzt vor allem seitens der „Nato-Presse“ (O-Ton Wimmer) tagtäglich dämonisiert und als Monster dargestellt wird.

Als Möglichkeit die Lage zu entspannen sieht Wimmer betrachtet die Fortsetzung der Minsk-II-Bemühungen. Man müsse den Rest europäischen Gedankenguts bewahren. Im Telefongespräch mit Willy Wimmer spricht Ken Jebsen an, was uns wirklich bestürzen muss: nämlich die nicht genug zu beklagenden Tatsache, dass binnen weniger Monate die Früchte jahrelanger hoch engagierter Ostpolitik der Regierung Willy Brandts vernichtet werden.

TTIP ein „transatlantisches Freibeuterabkommen“

Besorgt äußert sich Wimmer im Verlaufe des Telefonats auch betreffs des Falls, dass das „transatlantische Freibeuterabkommen“ zustande käme. Gemeint ist TTIP. Dem sogenannten „Freihandelsabkommen“ dass ein qua Parteibuch unter „Sozialdemokrat“ firmierender Sigmar Gabriel seinen Genossinnen und Genossen und nicht zuletzt uns Bürgern schön zu lügen versucht. (dazu Jens Berger „Will Sigmar Gabriel uns für dumm verkaufen?“; Quelle: NachDenkSeiten). Was auf immer mehr Kritik stößt. Unlängst verpasste man dem SPD-Wirtschaftsminister einen Namenszusatz: Sigmar „TTIP“ Gabriel. Zu befürchten stehe, dass wir von der „parlamentarischen Demokratie abgekoppelt werden“, um zu einer „Anwaltsherrschaft“ umgemodelt würden. Es ginge darum, „dass wir nicht zu einem europäischen Schlachtfeld“ und auch keinem „Kolonialgebiet“ würden.

Ein „deutsches Verhängnis“

Wimmers Kritik richtet sich gegen gewisse Reden und das Handeln des Bundespräsidenten Joachim Gauck und der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Tenor: Gerade Personen, die aus DDR kämen und persönlich am meisten von der Wiedervereinigung profitierten, verantworteten nun eine Politik, die gewiss nicht nur Wimmer nicht für unverantwortlich halten.

Darf in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden: Haben bestimmte Organe in Washington etwa belastende Akten aus DDR-Zeiten, respektive des Ministeriums für Staatssicherheit, mit deren Hilfe Merkel oder Gauck bei der transatlantischen Stange gehalten werden können? Ich erinnere mich an Leute wie Joschka Fischer, der einst vollmundig kritisch zum Antrittsbesuch nach Washington reiste und „entschärft“ wieder nach Berlin zurückkehrte. Oder Rudolf Scharping. Den ließ das Pentacon samt Wagen hart auflaufen. Man wird ja noch fragen dürfen.

Wobei man ja im Falle Merkels differenzieren muss: Sie sucht ja immerhin eine gewissen Verständigung mit Moskau. Doch, dass die derzeitige Bundesregierung so gefährlich von der auf Entspannung mit dem Osten orientierten Politik von Brandt, Schmidt und Kohl abgewichen sind, nannte Willy Wimmer „ein deutsches Verhängnis“.

Wir müssen uns einmischen

Wie also dem neuen Kalten Krieg als einem Vorläufer eines möglichen heißen, gar Atomkrieges, begegnen. Wimmer rät : Die Deutschen sollen sich Gedanken machen, was in den letzten hundert Jahren in Deutschland und Mitteleuropa an Verhängnis passiert ist. Und uns fragen: Was veranlasst uns nach 25 Jahren einer Politik des gegenseitigen Auskommens uns so gegen die Russen in Stellung bringen zu lassen? Des Weiteren regt der Christdemokrat an, die vielen Möglichkeiten des Internets zu nutzen. Warum also nur auf die „Nato-Presse“ setzen?

Da liegt der Mann richtig, meine ich! Wir können heute nicht nur Empfänger, sondern auch Sender sein. Uns einmischen. Selbst recherchieren. Eigene Artikel verfassen. Mir fällt da spontan auch Tommy Hansens bereits gestartetes Projekt, das Magazin free21 ein. Aber es gibt unterdessen viele alternative Medien. Diese zu finden und zu nutzen ist gewiss eine gewisser zeitlichen Aufwand nötig und setzt den unbedingten Antrieb voraus, die Veröffentlichungen der Mainstream- und „Nato-Presse“ gründlich zu hinterfragen. Nicht zuletzt bedarf es dazu eines gesunden Menschenverstandes wie des Zweifels am Wahrheitsgehalt alles Gedruckten und Versendeten. Auch um von Fall zu Fall zum Differenzieren in der Lage zu sein. Willy Wimmer beklagt, dass es bei der Berichterstattung der Mainstreammedien, respektive in der „Nato-Presse“ eine große Linie gebe. Die Rezipienten müssten sich doch fragen, warum das so ist. Wimmer: „Auch den Zweifel zulassen“, müsse man. (Hören Sie das Telefongespräch von Ken Jebsen mit Willy Wimmer unbedingt auf Youtube nach!)

Dazu: „Es ist Talent nötig zum Zweifeln, aber es ist schlechterdings kein Talent nötig zum Verzweifeln.“, Søren Aabye Kierkegaard. Oder: „Der Zweifel ist wichtiger als die Überzeugung.“ (Sir Peter Ustinov)

Für Verständigung oder zum Schlachtfeld werden

http://www.youtube.com/watch?v=CJDPc8fyxR8

Für mich stellt sich schlicht die Frage: „Wollen wir uns für uns für Verständigung, Frieden und Handel und Wandel auch im Falle Russland, eines unverzichtbaren Partners für Deutschland (übrigens seit 150 Jahren und selbst in Sowjetzeit verlässlichen Partner) einsetzen, oder hier in Europa wirklich wieder einmal zum Schlachtfeld werden?

Dazu hören Sie sich bitte auch Holger Strohm „Wollt ihr den totalen Krieg?“ via Youtube an.

Es geht hier nicht darum einen Alarmismus das Wort zu reden. Machen wir uns nichts vor: Die Lage ist sehr ernst. Dass die USA nun 3000 Soldaten für ein Manöver und militärisches Material ins Baltikum schickt ist nun wahrlich kein Schritt, der die Lage entspannt. Rundheraus: Das nichts anderes als eine US-amerikanische Provokation erster Güte. Möge Russland besonnen bleiben.

Was reitet uns, den Westen – erst recht Deutschland! – eigentlich diese verhängnisvolle Politik der Konfrontation mitzutragen? Verhängnisvoll ist zudem und wirkliches nur als einzigesTrauerspiel zu bezeichnen, dass uns momentan in Europa Politiker vom Schlage eines Olof Palme, Bruno Kreisky, Willy Brandt, Hans-Dietrich Genscher und nicht zuletzt auch Helmut Kohls schmerzlich abgehen. Ihnen folgte u.a. ein Joseph Fischer, der einen Krieg mit deutscher Beteiligung wieder ermöglichte. Der derzeitige europäische Regierungspersonal lässt jedenfalls bei mir große Befürchtungen derart aufkommen, wir könnten uns wieder einmal in einen europäischen Krieg hinein schlafwandeln lassen. Hineinziehen lassen vielmehr, von unserem „Partner“ USA und deren Pudel in London.

Sind wir wirklich so blöd, dass uns die Schweine beißen?

Vor einem Jahr stellte Dirk Müller fest „Wir sind so blöd daß uns die Schweine beissen.“ (Quelle: Youtube) Wirklich?

Wie weit will es der Westen, vieler seiner ständig lauthals postulierter hehren Werte längst entkleidet, denn eigentlich noch treiben? Und wer wird dem Treiben ein Ende setzen?

Nicht zuletzt Washington will letztlich Putin Kopf. Und dann weiter gegen Peking? In der deutschen Presse kommen wenige Stimmen der Vernunft zu Worte. Das wurde mal wieder am Sonntag bei Günther Jauch deutlich. Matthias Platzek einmal ausgenommen. Sich das mit dem Sturz Putins aus dem Kopf zu Schlagen rät Ulrich Jörges vom Stern und spricht Klartext: „Holt Putin zurück!“. Denn wer weiß schon, was nach ihm kommt.

Obsiegt bald die Vernunft? Es sieht nicht danach aus. Es rollen US-Panzer. Es marschieren Soldaten. Vorerst ins Baltikum …

Ruhrfestspiele 2015: „Tête-à-tête. Ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“

Blick auf den gläsernen Vorbau des Ruhrfestspielhauses mit Henry-Moor-Plastik davor; Fotos (2) Claus-D. Stille

Blick auf den gläsernen Vorbau des Ruhrfestspielhauses mit Henry-Moor-Plastik davor; Fotos (2) Claus-D. Stille

Es ist nicht Bayreuth. Aber einen grünen Hügel hat es auch in Recklinghausen. Im Stadtgarten. Auch da ziehen Festspiele Besucher an. Alljährlich. Wie in Bayreuth. Nicht der einzige Unterschied zu Bayreuth jedoch ist allerdings zugleich der wesentlichste von gleich mehreren. Bei den Ruhrfestspiele Recklinghausen, der Stadt im gleichnamigen größten Kreis Deutschlands, geht es nicht annähernd so glitzernd-elitär zu, wie es in Bayreuth zu sein pflegt. Und das ist auch gut so. Das Festival in Recklinghausen ist geerdet. Menschen und die Kunst stehen dort im Mittelpunkt. Es findet ein Dialog statt. Tradition seit mehr als sechzig Jahren. Die Ruhrfestspiele sind nicht nur eines der ältesten, sondern auch auch eines der größten Theaterfestivals Europas.

Ein altes Motto: “Kohle für Kunst – Kunst für Kohle”

Den Grundstein für dieses stets begeistert erwartete Festival wurde unmittelbar nach dem verheerenden Zweiten Weltkrieg von Kohle-Kumpeln aus dem Ruhrpott und Theaterleuten der Hansestadt Hamburg gelegt. Im bitter kalten Winter des Jahres 1946/47 standen die Hamburger Theater vor der Schließung. Sie verfügten über kein Heizmaterial mehr. Unmöglich Kohlen für die Beheizung ihrer Bühnen aufzutreiben.

Von ihrer Not  getrieben, fuhren Abgesandte Hamburger Theater samt Bühnenverwaltungschef daraufhin mit einem Holzvergaser-LKW ins Ruhrgebiet. Auf den dortigen Kohlenzechen wollten sie um Unterstützung ansuchen. Doch legal war da an kein Brikett zu kommen. Schließlich sollten die Theaterschaffenden dennoch Erfolg haben. Die Kumpel der Zeche König Ludwig 4/5 halfen ihnen. Unter geschickter Umgehung der Kontrolle seitens der Besatzungsmächte erhielten die Theaterleute Kohle von den Ruhrpottkumpeln. Diese noch einige Male wiederholten illegalen Aktionen halfen die Hamburger Theater wieder warm zu bekommen. Aus tiefer Dankbarkeit über die Kohle-Hilfe reisten im Sommer 150 Hamburger Theaterschaffende ins Ruhrgebiet. Sie gastierten unter dem Motto “Kunst gegen Kohle” vom 28. Juni bis zum 2. Juli 1947 im Städtischen Saalbau Recklinghausen (heute abgerissen und somit Geschichte). Eine allzu menschliche Geschichte.

Später wurde das Ruhrfestspielhaus im Stadtgarten von Recklinghausen erbaut. In den 1990er Jahren wurde der Musentempel renoviert. Alljährlich gehen unter dem Motto “Kohle für Kunst – Kunst für Kohle” die Ruhrfestspiele Recklinghausen über Bühne. Diesmal vom 1. Mai bis zum 14. Juni 2015. Mehr zur Entstehung der Ruhrfestspiele und weiteres Wissenswertes finden Sie hier (via Wikipedia; das Porträt des Festivals hier).

Vorverkauf läuft seit heute

Am heutigen 22. Januar ist der Vorverkauf angelaufen. Viele der Aufführungen sind bereits gut verkauft bzw. reserviert. der Vorverkauf für die Ruhrfestspiele 2015. Das erfährt, wer den Spielzeitkalender auf der Website der Ruhrfestspiele auf der Suche nach Inszenierungen durchsucht, die man möglicherweise zu besuchen gedenkt.

Das Motto des diesjährigen Festivals lautet „Tête-à-tête. Ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“. Die Ruhrfestspiele setzen vom 1. Mai bis 14. Juni 2015 voll auf die Literatur und Dramatik Frankreichs.

Klassiker und hochkarätige Schauspielgrößen

Auf die Bühne kommen Klassiker wie Molière, Eugène Labiche, Gustave Flaubert und Émile Zola. Aber auch zeitgenössische Autoren à la Bernard-Marie Koltès, Yasmina Reza, Joël Pommerat, Olivier Py, Fabrice Melquiot und Florian Zeller. Die Ruhrfestspiele informieren:

„Renommierte Theater aus Frankreich wie das Théâtre de la Manufacture aus Nancy und das Festival d´Avignon sind in diesem Jahr bei den Ruhrfestspielen zu erleben. Und wer könnte die Theaterkunst Frankreichs auf der Bühne besser verkörpern als hochkarätige französische Schauspielgrößen wie Juliette Binoche, Michel Piccoli, Hervé Pierre und André Marcon. Darüber hinaus sind gefeierte internationale wie nationale Schauspielerinnen und Schauspieler wie Jane Birkin, Isabella Rossellini, Ute Lemper, Nina Hoss, Corinna Harfouch und Wolfram Koch auf der Ruhrfestspielbühne zu erleben. Auch die sehr prominent besetzte Lesereihe widmet sich fast ausschließlich dem Frankreich-Schwerpunkt.

Die Vestlandhalle wird 2015 zur Kulisse einer beeindruckenden Performance: „François & Claire“ lautet der Titel der unkonformistischen Kreation des renommierten französischen Künstlers und Regisseurs Jean Michel Bruyère, die Hermbei den Ruhrfestspielen ihre Weltpremiere feiert. Darüber hinaus zeigt sich die Glasfassade des Ruhrfestspielhauses während der Festspielzeit in neuem Gewand – durch die schöpferische Hand des französischen Malers und Bildhauers Daniel Buren.

Spannende Uraufführungen von zeitgenössischen Autoren wie Albert Ostermaier, Christoph Nußbaumeder, Armin Petras und Dirk Laucke bereichern den Spielplan ebenso wie internationale Theater-, Tanz-, Musik- und Artistik-Produktionen, ob aus England oder Luxemburg, aus Tschechien oder Russland.

Das diesjährige FRiNGE Festival entführt die Besucher vom 12. Mai bis 6. Juni 2015 in eine Welt jenseits des Alltäglichen. Schräg, schrill, rasant und experimentierfreudig geht es dabei zu, wenn 25 Ensembles aus 11 Ländern ihre innovative Kunst präsentieren, die von Pantomime und Figurentheater über Artistik und Clownerie bis hin zu Percussion und Jazz reicht.

‚Was immer auch kommt‘, das Festivalfinale feiern die Ruhrfestspiele gemeinsam mit ihrem Publikum beim traditionellen Abschlusskonzert. Diesmal zur mitreißenden Musik des Swing- und Jazzsängers Roger Cicero. Wer die ganze Nacht durchfeiert, darf sich am darauffolgenden Morgen auf ein weiteres Konzert-Highlight freuen: Dominique Horwitz singt Jacques Brel, begleitet von der Neuen Philharmonie Westfalen – unter freiem Himmel im Stadtgarten.“

„Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“

Claus Peymann (links) und Hermann Beil (rechts) beim Signieren eines Buches.

Claus Peymann (links) und Hermann Beil (rechts) beim Signieren eines Buches im Jahr 2014.

Zu einem der Höhepunkte – unter vielen anderen der Ruhrfestspiele 2015 – dürfte sich auch Thomas Bernhards legendäres Dramolett „Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen“ mit Claus Peymann und Dramaturg Hermann Beil am 1. Juni gestalten. Beide waren bereits bei den vorangegangenen Ruhrfestspielen begeistert gefeiert worden (hier).

Eiffelturm und Förderturm in Kontrast gesetzt

Grafisch wird das aktuelle Motto der Ruhrfestspiele, „Tête-à-tête. Ein dramatisches Rendezvous mit Frankreich“, sehr markant und augenfällig auf der Titelseite der Festivalbroschüre und dem Internetauftritt mit dem geografischen Ort in Kontrast gesetzt, wo die Aufführungen stattfinden: Links bildet es den Eiffelturm ab, rechts einen Förderturm. Manch Kohlekumpel dürfte letzteren mit Wehmut anschauen: Ende 2015 ist für das Recklinghausen nahe Bergwerk Auguste Victoria Schluss, Ende 2018 endet der Steinkohlebergbau in Deutschland.

Ruhrfestspiel-Fans oder solche, die es werden möchten, sollten nun schnell in die Tasten greifen, um via Internet zu buchen. Beziehungsweise sich auf den Weg in die Vorverkaufsstellen machen. Die Tickets gehen nämlich erfahrungsgemäß weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.