Silbermedaille „Patriot Wladimir Putin“ zur Weitergabe an den Jubilar im Kreml in der russischer Botschaft zu Berlin überreicht

Am 7. Oktober 2025 war COMPACT in der Russischen Botschaft zu Berlin eingeladen. Nach der Begrüßung durch Botschafter Sergej Netschajew hielt Chefredakteur Jürgen Elsässer eine Ansprache zu Wladimir Putins 73. Geburtstag und zu den deutsch-russischen Beziehungen im Allgemeinen. Dem Botschafter überreichten wir unsere Silbermedaille „Patriot Wladimir Putin“ zur Weitergabe an den Jubilar im Kreml.

Botschafter Sergej Netschajew bedankt sich bei Stephanie Elsässer (snapshot You Tube)
COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer bei seiner Rede in der russischen Botschaft (snapshot You Tube)
Video von der Veranstaltung,Rede von Jürgen Elsässer
Überreichung an den russischen Botschafter Sergej Netschajew.

Quelle: COMPACT YouTube – Kanal

Ein Wiedersehen nach 30 Jahren

Die Dortmunder Künstlerin Bettina Brökelschen war mit Luigi Colani vor 30 Jahren in der WDR Sendung „Zimmer frei! – Prominente suchen ein Zuhause“ mit den Moderatoren  Götz Alsmann und Christine Westermann zu Gast.

Dort traf Frau Brökelschen Götz Alsmann zum ersten Mal.


Foto: von Benjamin Brökelschen zeigt
Götz Alsmann mit Bettina Brökelschen

Nun kam es zu einem Wiedersehen im Theater Dortmund mit dem Moderator und Showstar Götz Alsmann anlässlich der festlichen Opern- und Operettengala mit dem Titel „Sechs Sträuße“ mit Musik von Johann Strauss, Richard Strauss und Oscar Straus,

Der Intendant der Oper Dortmund, Heribert Germeshausen, vermittelte das wiedersehen.

Ratsmitglied Friedrich Fuß begleitete das Treffen.

Beitragsbild: von Heribert Germeshausen / Es zeigt von links nach rechts: Heribert Germeshausen, Bettina Brökelschen, 
Götz Alsmann und Friedrch Fuß  

„Verlust und Erwartung“. Erinnerungen. Von Egon Krenz. Rezension

«Es ist vollbracht«, sagte er bei der Vorstellung seines jüngsten Buches. Es ist der dritte und letzte Band der Memoiren des letzten Staatschefs der DDR, Egon Krenz. Der Verlag edition ost hat ihn herausgebracht Nun liegt er im Handel zum Kauf bereit. Er trägt den Titel „Verlust und Erwartung“.

Viel intensive Arbeit liegt gewiss hinter dem inzwischen 88-jährigen Krenz. Einen Ghostwriter, bekannte er auf einer Veranstaltung, habe er nicht. Auch keine Sekretärin oder Sekretär. Briefe an ihn beantworte er selbst. Das Schreiben seiner Erinnerungen hat ihn sicherlich gereizt. Eigentlich wäre er gerne Journalist geworden. Das merkt man nicht nur an seinem ausgezeichneten Schreibstil.

Indes es kam ganz anders. In meiner Rezension zu „Egon Krenz. Aufbruch und Aufstieg. Erinnerungen“ schrieb ich:

«Sein Bildungsweg verlief durchaus nicht so, wie von ihm gewünscht. Zunächst gedachte er 1953 im Dieselmotorenwerk Rostock eine zweijährige Lehre zum Maschinenschlosser zu machen. Sein altgedienter Meister legte alles daran, ihm betreffs der Herstellung eines Werkstücks „deutsche Werkarbeit“ beizubringen.

Doch bald schon trat im Werk ein Mitarbeiter der FDJ-Bezirksleitung auf den Plan: Man brauche ihn. „An den Lehrerbildungsinstituten fehlen Studenten“, beschied ihm der Mann. Inzwischen war Egon Krenz mit 16 Jahren in die SED eingetreten. Der FDJ-Mann appellierte an Krenz (S.93): „Denk dran, die Partei erwartet von dir, dass du dort hingehst, wo es für unsere Sache am wichtigsten ist!“

Krenz (S.94) schreibt: „Niemand hatte mich gezwungen, in die SED zu gehen. Es war meine eigene Entscheidung gewesen. Wenn die Partei nun von mir erwarte, ich sollte ihrem Ruf folgen, sei dies nur logisch, dachte ich mir.“

Er habe schlaflose Nächte gehabt. „Schließlich entschied ich mich für ‚unsere Sache’“, erzählt Krenz. Er machte das Lehrerstudium. Krenz: „Ich greife vor: Bereut habe ich die Entscheidung nicht. Lehrer wurde mein Traumberuf. Ich bedauerte nur, dass ich ihn nicht lange ausüben konnte.“

Auch Journalist, erfahren wir, wäre Egon Krenz gerne geworden. Doch die Partei stellte ihn immer wieder an andere Stellen. Nur die Nationale Volksarmee (NVA) blitzte bei ihm ab: eine Offizierslaufbahn einzuschlagen, lehnte er ab. Krenz sei verblüfft gewesen, dass der zu Besuch weilende damalige Generaloberst und Vize-Verteidigungsminister Heinz Hoffmann nichts dagegen einzuwenden hatte. Der beschied ihm: „Das ist richtig.“ Auf der Insel Rügen brauchten sie ihn als Funktionär der FDJ. Krenz: Dieses „Kadergespräch“ sei es gewesen, das „mein weiteres Leben bestimmen sollte.“«

Leserinnen und Leser, die (wie ich) in der DDR geboren wurden und dort lange gelebt haben, werden – befragte man sie – unterschiedliche Meinungen über ihren Staat und auch über die Person Egon Krenz (positive wie negative) äußern.

Leute dagegen, die in der BRD sozialisiert worden sind, dürften sich ihre Meinung darüber aus der Berichterstattung dortiger Medien gebildet haben. Die verpassten Egon Krenz gewissermaßen in der Regel einen bestimmten Stempel. Der dann saß und in der Regel betreffs der Stimmigkeit seiner Aussage nicht sonderlich oder überhaupt nicht hinterfragt wurde. Schließlich galt Krenz als Kronprinz Honeckers.

Ich erlaube mir – wie schon in erwähnter Rezension geschehen – eingangs auch dieser Rezension erneut diesen Hinweis:

Menschen müssen immer auch im Kontext der Zeit verstanden werden, in welche sie hineingeboren und fortan aufgewachsen sind. Und auf welche Weise sie sozialisiert und politisiert wurden. Egon Krenz wurde 1937 in Kolberg (Pommern; heute Kołobrzeg, Republik Polen) geboren. Also zwei Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Die Mutter ist eine einfache Frau. Den Vater lernte er nicht kennen. Egon Krenz entstammt kleinsten Verhältnissen.

Mit Spannung erwartete ich nun den dritten und letzten Band der Erinnerungen von Egon Krenz. Und wurde nicht enttäuscht. Gewidmet hat er diesen Band – wie schon die zwei vorangegangenen Bände – seiner verstorbenen Frau Erika.

Abermals wartet der Autor mit sachlich formulierten Schilderungen und Betrachtungen aus eigenem Erleben und einer Zeit auf, wo es sozusagen letztlich ans Eingemachte und schließlich mit seiner Partei sowie der DDR zu Ende ging. Krenz beschönigt nichts. Er hat seine Memoiren dennoch mit erhobenen Kopf souverän geschrieben. Und er hat kritisiert, was es seiner Meinung nach an Staat und der SED zu kritisieren gibt. Da gibt es kein Ausweichen. Wenngleich andere es auch anders sehen mögen. Denen gesteht er das auch zu. Allerdings kommen selbst heute noch einstige DDR-Bürger freundlich auf ihn zu, um mit ihm zu sprechen oder ihn in seiner Haltung zu bestärken. Und wenn einige Rezensenten westdeutscher Provenienz meinen, das von Krenz Aufgeschriebene auf ihre Weise verstehen zu wollen. Oder müssen zu sollen? Dann ist das halt so. Getreu dem Vorwurf die Erinnerungen von Krenz dienten ihm sozusagen als selber ausgestellten Persilschein. Er habe damit sein Wirken in Partei und Staat schöngeschrieben. Man könnte meinen, die Schreiber solcher Urteile folgten noch heute brav dem einstigen Justizminister Klaus Kinkel, welcher 1991 auf dem Deutschen Richtertag die Justiz aufgefordert hatte, die DDR zu delegitimieren. Aber freilich sollte das – das wurde und sollte wohl auch so verstanden werden – letztlich für den Staat DDR als Ganzes gelten. Nichts Gutes sollte an ihm dranbleiben. Auch recht nichts am letzten Staatschef Egon Krenz. Den im Gegenteil früher sogar manch Westjournalist als Hoffnungsfigur hoch schrieb und dies und jener BRD-Politiker gern mit ihm gesprochen hatte und sich mit ihm sehen und ablichten ließ.

Der Siegerstaat hat der DDR deren Existenz ohnehin immer übelgenommen. Nun wurde abgerechnet.

Nicht einmal mochte man Krenz anrechnen, dass er die Proteste von DDR-Bürgern in Leipzig und anderswo auf seine Befehle und Weisungen hin nicht blutig niederwalzen ließ. Weil er dafür sorgte, dass im Oktober 1989 kein Schuss fiel. Krenz zeichnete zusammen mit den führenden Köpfen der DDR-Sicherheitsbehörden dafür verantwortlich. Er schreibt, dass der damals gar nicht die eigenen Kompetenzen dafür hatte, war doch Erich Honecker zu diese Zeit noch Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrates.

Die in der DDR stationierten Truppen der Sowjetarmee hatte Krenz gebeten in den Kasernen zu bleiben: „Der Appell an die Streitkräfte auf unserem Terretorium, in den Kasernen zu bleiben, kam nicht von Gorbatschow. Es war eine souveräne Entscheidung der DDR, wie es eben eine souveräne Entscheidung des sowjetischen Militärs war, dieser Bitte nachzukommen.“

Berechtigt rechnet sich Egon Krenz als Verdienst zu, dass es friedlich im Oktober 1989 im Lande blieb. „Die Gewaltlosigkeit gehört zum humanistischen Erbe der DDR“, schreibt er. (S.126)

Für die Angehörigen der bewaffneten Organe galt die Devise: „keine Gewalt!“

„Niemand in der DDR hatte dem Beispiel von Gustav Noske (SPD) folgen wollen. Der hatte mit dem Satz «Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht!« Anfang 1919 den Spartakusaufstand in Berlin niederschlagen lassen.“

Krenz: „Dass ich meinen Teil zum friedlichen Herbst beigetragen habe, würdigte damals selbst die westdeutsche Presse, die sonst kein gutes Haar an mir ließ: «Wie immer das Urteil der Geschichte über den neuen SED-Generalsekretär Egon Krenz ausfallen wird, dass er seinen Deutschen ein Blutvergießen erspart hat, diese historische Leistung ist ihm nicht zu bestreiten«, schrieb am 14. November 1989 Uwe Zimmer, Chefredakteur der Münchner Abendzeitung.“

Heute wird dergleichen gern vergessen. Wie auch immer: Ich gehe mit den Einschätzungen manch heutiger Journalisten nicht d’accord. Egon Krenz hat seine Memoiren aus meiner Sicht nicht niedergeschrieben, um sich von Schuld freisprechen, sich damit sozusagen zu exkulpieren. Von ihm ist überliefert, dass er betreffs seines Gerichtsprozesses damit gerechnet hatte, zu einer Gefängnisstrafe verurteilt zu werden. Schließlich könne er nicht hinnehmen, dass andere DDR-Bürger – etwa Grenzsoldaten – zu Gefängnisstrafen verurteilt würden und er als ein führender Vertreter des Staates nicht.

Besagten Rezensenten lege ich ans Herz noch einmal genau in die drei Krenz-Bände hineinzulesen. Hernach müssten auch sie eigentlich erkennen: Eigene Fehler werden benannt, zu langes Zuwarten, statt die Verhältnisse zu verändern, werden durch Krenz beklagt. Und auch die Gründe dafür werden aufs Tapet gebracht. All das ist glaubwürdig geschrieben. Sein Zögern, statt womöglich entschlossen zu handeln hatte auch mit der verständlichen Rücksichtnahme auf alte und älteste Genossen des Zentralkomitees der SED zu tun, die einst für ihren Kampf gegen den Faschismus in der Hitler-Diktatur ins Gefängnis geworfen oder sogar in Konzentrationslagern hatten leiden müssen und ihnen glücklicherweise entronnen waren. Immerhin betraf dass zehn SED-Politbüromitglieder von insgesamt 22.

Allein Erich Honecker hatte zehn Jahre im Zuchthaus Brandenburg gesessen!

Gegen ihn nun zu putschen – gar einen Staatsstreich anzuzetteln – das kam für Krenz, so schreibt er, in keiner Weise infrage. Und das ist ihm abzunehmen.

Dazu kamen noch die Veränderungen beim Großen Bruder, Sowjetunion, seit Michail Gorbatschow dort Generalsekretär der KPdSU geworden war. Er hatte sich für eine Politik von Perestroika und Glasnost entschieden. Diese fand auch bei manchem SED-Genossen und DDR-Bürgern Anklang. Es regte sich der Wunsch, die DDR möge sich einer solchen Politik anschließen.

Diesen Gedanken allerdings standen Äußerungen etwa des Mitglieds des Politbüros des ZK der SED, Kurt Hager, entgegen, welcher seinerzeit in einem Interview mit dem Stern meinte: „Würden Sie, nebenbei gesagt, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“

Der dritte Band der Erinnerungen von Egon Krenz beginnt mit dem Kapitel „Neunzehnneunundachtzig“. Er schreibt: „Zwischen Weihnachten und Silvester 1988 wollte ich einige Tage frei machen. Honecker war im Lande, und ich brauchte ihn nicht zu vertreten.“ […]

„Den Kopf bekam ich trotzdem nicht frei. Mich plagten vorrangig die in den vergangenen Monaten verpassten Gelegenheiten, im Schulterschluss mit Moskau notwendige Veränderungen unserer Politik vorzunehmen. Manchmal war ich der Resignation sehr nahe. Ich richtete mich dennoch immer wieder auf. Ich trug schließlich ebenfalls dafür Verantwortung und stand in der Pflicht, zu der ich mich bekannte.

Kurz vor Weihnachten hatte mir mein langjähriger Freund und Wegbegleiter Wolfgang Herger gesagt: «Wenn Erich Honecker Altersweisheit besäße, würde der jetzt zurücktreten. Wenn er es auf der nächsten Tagung des Zentralkomitees nicht macht, werden ich ihn dazu auffordern.« Wolfgang leitete seit 1985 im ZK die Abteilung Sicherheitsfragen, zuvor die Abteilung Jugend. Beide gehörten wir dem Zentralkomitee an.

Ich glaubte nicht an eine solche Einsicht des Generalsekretärs. Aus verschiedenen Gründen. Zunächst natürlich politische. Gorbatschow hatte unlängst in einer Grundsatzrede von einer «Krisensituation« in der Sowjetunion gesprochen und vor Kräften gewarnt, «die die Perestroika missbrauchen, um zu den Zuständen vor der Oktoberrevolution 1917 zurückzukehren. Das klang nach Konterrevolution und machte Honecker hellhörig. Mehr noch: Er verhielt sich, wenngleich für kurze Zeit, solidarisch mit dem sowjetischen Parteiführer. Dieser wiederum fürchtet Instabilität in der DDR, käme es dort zu einem Führungswechsel. Sie konnte er nicht gebrauchen, jetzt schon gar nicht. Das sah und spürte auch Honecker. Für ihn war das wie eine Aufforderung zum Bleiben.“

Krenz weiter (S.10): „Ich erinnere mich an eine internationale Konferenz in Moskau 1984. Wir sahen, wie dem 73-jährigen KPdSU-Generalsekretär Tschernenko, bereits sehr hinfällig, das Redemanuskript entglitt. Gorbatschow an seiner Seite ging in die Knie und sammelte die Blätter ein. Honecker zeigt sich angesichts dieser ziemlich traurigen Peinlichkeit angefasst und beugte sich zu herüber: «Du musst unbedingt aufpassen, dass uns nicht Ähnliches passiert.«

Honecker habe zwar fünf Jahre nach diesem Vorall seine Redemanuskripte noch fest in der Hand gehalten. „Aber war eben auch nicht jünger geworden“, so Egon Krenz.

„In seiner Selbstwahrnehmung war er fit und gesund. Von Altersstarrsinn spürte er selbstverständlich nichts, nichts von zunehmender Eitelkeit und Selbstüberschätzung.“ (S.11)

Krenz: „Selbstkritisch muss ich bekennen, dass ich zu jenem Zeitpunkt der – später als illusionär zu bezeichnenden – Auffassung war, die notwendigen Veränderungen in der Partei und in der Gesellschaft mit und nicht gegen Honecker einleiten zu können. Zumal er in großen Teilen der Bevölkerung – bei aller Kritik – aufgrund seines auch international geachteten aktiven Beitrages zur europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik noch immer viel Zuspruch erfuhr.“

Krenz schätzte, das Honecker sich in den frühen achtziger Jahren dem Raketenwahnsinn widersetzt hatte. „Auch sowjetische Raketen waren für ihn Teufelszeug.“

Bekanntlich ist man später immer klüger. So auch Egon Krenz: „Im Nachhinein sage ich heute: Hätte der Antifaschist Honecker nach seinem Staatsbesuch in der BRD 1987 seinen Hut genommen, wäre man vielleicht später anders mit ihm umgegangen. Er hatte sich nachweislich um den Frieden verdient gemacht, was man noch immer im Volke hochschätzen würde.“

Unumwunden nennt Krenz auch die existiert habende emotionale Beziehung zwischen Honecker und ihm. Honecker habe ihn – sie trennten fünfundzwanzig Jahre Altersunterschied – sehr lange gefordert und gefördert. Weshalb Krenz ihm gegenüber Dank und Respekt empfunden habe.

All das bedenkend habe Krenz veranlasst, Wolfgang Herger von seinem Vorhaben abzubringen, Erich Honecker zum Abtritt zu bewegen. Zumal er merkte, dass sich alle im Politbüro bedeckt hielten. Keiner habe damals sagen können, ob sich dort eine Mehrheit hätte finden lassen, um den ersten Mann im Gremium zum Rückzug zu bewegen.

Krenz schreibt über ein Treffen mit Gerhard Schürer, dem Vorsitzenden der Staatlichen Plankommission und Mitglied des Politbüros, im Keller dessen Wochenendhauses. Schürer dort: „Wir müssen Honecker stürzen.“

Schürers Offenheit imponierte Egon Krenz. „Eine Verjüngung der gesamten Führung war zweifellos notwendig. In diesem Punkt stimmten wir überein. Doch sein Plan roch mir zu sehr nach Verschwörung. Ein Putsch war meine Sache nicht. Das passte auch nicht zu unserer marxistischen Weltanschauung.“

Dennoch teilte Krenz Schürers Urteil. «Ja, sagte ich, «auch ich glaube, dass Erich Honecker seinen Funktionen nicht mehr gewachsen ist. Weder physisch noch psychisch.«

Krenz war allerdings auch von der Sorge getragen, dass die Schulden der DDR gegenüber dem Westen unablässig wüchsen.

Jeder Nachfolger Honeckers, so Krenz damals beim Keller-Gespräch, werde daran scheitern.

Überdies trug er dort Bedenken vor, dass auch außerhalb der DDR ein solcher „Staatsstreich“ möglicherweise Unverständnis hätte hervorrufen können.

Hätte besagtes Keller-Treffen im Februar 1989 – Risiken hin oder her -, wäre Schürers Forderung umgesetzt worden, das Blatt zum Positiven wenden und die DDR retten können? Wir wissen es nicht. Hätte, hätte, Fahrradkette. Spekulationen verbieten sich deshalb. Der richtige Zeitpunkt, einen Wechsel und damit einen Wandel einzuleiten, war m.E. längst verpasst worden. Weshalb wohl betreffs dessen von vergossener Milch gesprochen werden muss.

Probleme wuchsen im Innern der DDR, aber wirkten auch von außen auf sie.

Krenz bekennt: „Die Dringlichkeit eines kontinuierlichen Generationswechsels in der politischen Führung hatte ich unterschätzt.“ […]

Der Große Bruder Sowjetunion hatte mit Gorbatschow und dessen Ansatz, eine Politik von Glasnost und Perestroika zu verfolgen, einen anderen Weg eingeschlagen, den Honecker nicht mitzugehen bereit war. Obwohl DDR-Bürger und selbst auch Genossen der SED darin durchaus eine Chance sahen und deshalb Hoffnungen damit verbanden. Währenddessen es im Land immer mehr kriselte. Die Unzufriedenheit unter den Menschen wuchs. Dafür, dass Hoffnungen von DDR-Bürgern zunehmend zerstoben, macht der Autor sich nicht erfüllende Wünsche nach Erich Honeckers BRD-Besuch 1987 verantwortlich. Er nennt eine »spürbare Verschlechterung der Lebensbedingungen« – Regale mit klaffenden Lücken in den Geschäften, sowie längere Wartezeiten auf Pkw. Hoffnungen auf eine liberale Reisepolitik erfüllten sich nicht (Egon Krenz verweist auf einen Grund dafür: Die ins westliche Ausland reisen wollenden DDR-Bürger brauchten dafür Devisen. Woher die in ausreichender Menge nehmen?).

Mehr noch: Die Anzahl der Ausreiseanträge unzufriedener DDR-Bürger nach dem Westen mehrten sich in Folge dessn. All das schwächte das Land. Und begann selbst diejenigen DDR-Bürger anzustecken, die eigentlich gedachten dazubleiben. Ich selbst bin nur e i n Beispiel dafür. Obwohl meine Gründe durchaus vielschichtiger waren. Dabei hatte ich lange auf folgendem Standpunkt gestanden: Es können doch nicht alle fortgehen! Hier im Lande müsse etwas verändert werden. Und zwar möglichst gemeinsam. Dennoch fühlte ich mich getrieben: Im September 1989 verließ ich die DDR über Ungarn und Österreich …

Interessant zu lesen wie Egon Krenz das Jahr 1989 erlebte. Nicht weniger fesselt es, darüber zu lesen, welche Erfahrungen Krenz in den 35 Jahren danach im politischen und privaten Leben gemacht hat. Bekanntes aber auch weniger Bekanntes kommt zur Sprache. Letzte Geheimnisse der DDR, die nur er noch kennt, werden offenbart.

Ein zartes Pflänzchen namens Neuanfang betreffs der Gestaltung einer besseren DDR hatte im Grunde genommen keine Chance zu gedeihen. Die Karten waren dem Land sozusagen bereits gelegt.

Im Herbst 1989 wurde Krenz in der Nachfolge Erich Honeckers Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender.

Erich Honecker war nicht zurückgetreten, sondern von seinen Funktionen entbunden worden. (S.107) Ministerpräsident Willi Stoph vorm SED-Politbüro: «Ich schlage vor. Erster Punkt der Tagesordnung: Entbindung des Genossen Erich Honecker von seiner Funktion als Generalsekretär und Wahl von Egon Krenz zum Generalsekretär.«

Interessant zu lesen, wie sich Günther Mittag, „der sich als angeblich bester Freund Honecker verstand“, die Seiten wechselte. Er habe sich“, so Krenz, „gewohnheitsmäßig auf die Seite der gefühlten Mehrheit“ geschlagen. Andere Genossen hatten ihm bewusst gemacht, dass sich der Wind gedreht hatte. „Er hisste sein Fähnchen.“

Krenz: Ausgerechnet Mittag sprach davon, dass Erich Honecker das Vertrauen der Partei verloren habe: „Der als sein engster Berater Honecker oft zu falschen Entscheidungen gedrängt hatte. Mittag selbst war ursächlich für diese Politik verantwortlich, über die nun ein Scherbengericht gehalten wurde.“ (S.108/109)

Egon Krenz nach seiner Wahl im DDR-Fernsehen: „Die Rede, die ich in Adlershof in die Kamera sprach, erreichte nicht die Wirkung, die sich jene versprochen hatten, die mich dazu aufgefordert hatten. Ich war unzufrieden. Allein die Verwendung der Anrede «Liebe Genossinnen und Genossen« wurde scharf kritisiert. Es sei der Eindruck entstanden, ich würde mich nur an die Parteimitglieder wenden. Viele Zuschauer fühlten sich von der SED vereinnahmt. Es war kein guter Start. (S.115)

Egon Krenz fragte sich: „Woran war Honecker gescheitert?“ Er scheue sich nicht, „die Zeit nach dem VIII. Parteitag der SED die Ära Honecker zu nennen.“ Dort ging es um die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ als neuen politischen und wirtschaftlichen Kurs der SED.

Damit spricht Krenz auf„den äußerst widerspruchsvollen und vorerst verlorenen Start, ein glaubwürdiges, für die Menschen attraktives Modell des Sozialismus im Zeitalter von Wissenschaft und Technik, im Zeitalter einer bewusst wahrgenommenen Ganzheitlichkeit der Welt zu verwirklichen“, an. (S.116)

„Woran ist er konkret gescheitert?

Meines Erachtens am verhängnisvollen Erbe Stalins, von dem er sich in der Politik und im persönlichen Denken nicht hatte frei machen können. Er scheiterte an der – unabhängig von seinem Willen gewachsenen – Unfähigkeit des sozialistischen Systems in Europa, die Produktivkraftentwicklung des kapitalistischen Westens zu erreichen und dabei die sozialistische Alternative einer in jeder Hinsicht freien Entwicklung der Gesellschaft und des Einzelnen zu präsentieren.“

Das Kapitel abschließend, gesteht Krenz Honecker zu: „ Er war ein Mann seiner Zeit – wie wir alle: geprägt von den Umständen, die ihr eigen waren.“

Im August des Jahres 1989 hatte Erich Honecker bei der Übergabe eines elektronischen Bauteils den Satz «Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf«. Krenz: „In der DDR löste er bitteres Hohngelächter aus, westlichen Kommentatoren interpretierten diesen trotzigen Spruch als Ausdruck einer seltsamen Entrücktheit, als Realitätsverlust oder schlicht als Altersstarrsinn. Damit lagen sie vermutlich nicht ganz falsch.“

In jenen Tagen bekam Krenz von einem Mitarbeiter von einer Begebenheit erzählt, welche sich angeblich vor zweihundert Jahren zugetragen hatte. „Der Kammerherr Ludwigs XVI. – der französische König sollte 1793 auf dem Schafott enden – eilte nach dem Sturm auf die Bastille nach Versailles, um dem Monarchen von den Ereignissen am 14. Juli 1789 in Paris zu berichten. Dessen besorgte Frage, ob dies eine Revolte sei, beantwortete der Kammerherr abschlägig: «Nein, Sire, das ist eine Revolution

Ich hatte den Eindruck, dass der Genosse mir damit sagen wollte, dass das, was gegenwärtig auf unseren Straßen und Plätzen stattfand, nicht nur ein Revolte, sondern ebenfalls eine Revolution sei.

Ich sah das nicht so. Zwar war die DDR-Führung nicht mehr in der Lage, die Macht in der gewohnten Weise auszuüben, und das Volk seinerseits war nicht mehr bereit, alles hinzunehmen – doch eine Revolution gegen den Sozialismus, nein, das war es nicht. Die Menschen wollten eine andere, eine bessere DDR. Und wir mussten nun gemeinsam mit dem Volk dafür die entsprechenden Reformschritte gehen.“

Hier stimme ich Egon Krenz zu. Auch darin, dass es sich um keine Revolution gegen den Sozialismus handelte. Meine Meinung: Es war in keiner Hinsicht eine Revolution. Wenngleich es freilich durchaus auch DDR-Bürger gab, die etwas anderes wollten (letztlich ohne alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zu bedenken) – für viele Menschen in der DDR galt mit ziemlicher Gewissheit: Sie wollten eine andere, bessere DDR.

Aber vergessen wir nebenbei bemerkt nicht: Die Propaganda des Westens lief längst auf Hochtouren. Daniela Dahn, die zusammen mit Rainer Mausfeld das Buch „Tamtam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung“ (meine Rezension) geschrieben hat, macht darauf aufmerksam. Ich schrieb dazu:

«Propaganda- und Fahnenmaterial wurde in die strauchelnde DDR gekarrt. Der Slogan „Wir sind das Volk“ wurde in „Wir sind ein Volk“ gedreht. Heute würde man das Ganze wohl Nudging nennen – die DDR-Menschen wurden dahin geschubst, wohin man sie haben wollte.«

Egon Krenz war von Anfang an sehr eng mit der DDR verbunden. Der Verlag schreibt dazu: «Als sie vor 35 Jahren unterging, verlor er mehr als nur seine Arbeit.

Er reflektiert diese auch für andere Ostdeutsche sehr komplizierte Zeit. Und wie sie nimmt er die Gegenwart nicht teilnahmslos hin: Krenz ist der politische Mensch geblieben, der er immer war. Er ist ein einzigartiger Zeitzeuge deutscher Zweistaatlichkeit.« Auch seine Partei, die SED, verlor er, welcher er 1955 beigetreten war. Der Ausschluss aus der inzwischen zur SED/PDS umgerubelten SED Anfang 1990 schmerzte ihn. Bis heute ist er parteilos geblieben.

Die drei Bände seiner Memoiren erzählen u.a. einen wichtigen Teil deutscher Geschichte. Welcher nicht der Vergessenheit anheim fallen darf. Deshalb: Unbedingte Leseempfehlung.

Krenz will niemanden seine Sicht aufdrängen. Weshalb er zu bedenken gibt: „Zum Ende der DDR gab es rund 16 Millionen Einwohner. Das heißt, es gibt auch Millionen individueller Sichten auf die DDR. Die auf eigener Erfahrung beruhende Deutungshoheit sollte ausschließlich diesen Menschen überlassen bleibe und nicht einer «Aufarbeitungsindustrie« und deren Apologeten. Ginge es nach diesen Unwahrheitsaposteln, wäre die DDR ein Millionenhäuflein gegängelter Kreaturen, verzwergt, gedemütigt, bevormundet eingesperrt hinter einer Mauer, lebend mit einer maroden Wirtschaft, umgeben von Mief und Muff und der Staatssicherheit. Nein. So war die DDR nicht.“

Anlässlich einer Veranstaltung der Zeitung junge Welt zum 75. Jahrestag der Gründung der DDR am 7. Oktober 2024 im Berliner Kino Babylon war Egon Krenz um eine Rede gebeten worden. Der Text ist den Schluss des Buches gesetzt worden

Überschrieben ist er mit der Leitfrage der Veranstaltung: »Was bleibt?«

Krenz zitierte darin aus Brechts Gedicht

»An die Nachgeborenen«

»Ihr aber, wenn es soweit sein wird / Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist / Gedenkt unserer / Mit Nachsicht«

Krenz weiter: „Es gibt viele Grüne, die DDR zu mögen. Und auch mancher, ihre Unzulänglichkeiten scharf zu kritisieren. Doch über allem steht das Wort Frieden. Die DDR hat niemals Krieg geführt. Sie war der deutsche Friedensstaat.

Egon Krenz merkt hinsichtlich gegenwärtiger Auswüchse in Deutschland an: „Kriegspropaganda und Rassenhass einschließlich Russophobie waren in der DDR verboten. Unsere Staatsdoktrin lautete: «Von deutschem Boden darf niemals wieder ein Krieg ausgehen.« Es wäre in der DDR undenkbar gewesen, dass die Bevölkerung «kriegstüchtig« gemacht worden sei. Ein Minister, der solches gefordert hätte, wäre seines Amtes verlustig gegangen. Kriegspropaganda in den Medien hätte sofortige Konsequenzen nach sich gezogen. Bei uns hatte die Erziehung zum Frieden Prioriät.“

Ein Satz aus dem Text ist Egon Krenz besonders wichtig:

«Nein, es wird ihnen nicht gelingen, die DDR zu einer Fußnote der deutschen Geschichte herabzuwürdigen. Sie ist mindestens ein Kapitel. Und nicht das schlechteste. Man kann mir vorwerfen, ich idealisiere die DDR. Mag sein. Na und?«

Lohnenswerte Lektüre! Und zwar alles drei Bände.

Hier meine Rezensionen der zwei vorangegangenen Bände der Erinnerungen von Egon Krenz:

Egon Krenz. Aufbruch und Aufstieg. Erinnerungen

Egon Krenz: Gestaltung und Veränderung. Erinnerungen


Egon Krenz

Verlust und Erwartung

Erinnerungen

384 Seiten, 14,5 x 21 cm, gebunden
mit 32 Seiten Bildteil

sofort lieferbar

Buch 26,– €

ISBN 978-3-360-02817-4

Das Jahr 1989 und die Zeit danach
— Teil III – letzter Teil der Memoiren des ehemaligen Staatschefs der DDR —

Mit dem dritten Band seiner Memoiren schließt Egon Krenz seine Autobiografie ab. Darin nimmt er den Herbst 1989 in den Blick, als er Staats- und Parteichef wurde, seine Vertreibung aus dem Amt und der Wohnung, den Verlust seines Landes, schließlich die juristischen Auseinandersetzungen einschließlich seiner Haft. Als die Republik vor 75 Jahren gegründet wurde, war er zwölf. Er hat sie nicht nur erlebt, sondern aktiv gestaltet. Als sie vor 35 Jahren unterging, verlor er mehr als nur seine Arbeit. Er reflektiert diese auch für andere Ostdeutsche sehr komplizierte Zeit. Und wie sie nimmt er die Gegenwart nicht teilnahmslos hin: Krenz ist der politische Mensch geblieben, der er immer war. Er ist ein einzigartiger Zeitzeuge deutscher Zweistaatlichkeit. Krenz überzeugt, weil er glaubwürdig ist. Seine Memoiren offenbaren die letzten Geheimnisse der DDR, die nur er noch kennt.


Egon Krenz

Egon Krenz, geboren 1937 in Kolberg (Pommern), kam 1944 nach Ribnitz-Damgarten, wo er 1953 die Schule abschloss. Von einer Schlosserlehre wechselte er an das Institut für Lehrbildung in Putbus und schloss mit dem Unterstufenlehrerdiplom ab. Seit 1953 FDJ-Mitglied, wurde er 1961 Sekretär des Zentralrates der FDJ, verantwortlich für die Arbeit des Jugendverbandes an den Universitäten, Hoch- und Fachschulen. Nach dem Besuch der Parteihochschule in Moskau war er von 1964 bis 1967 Vorsitzender der Pionierorganisation und von 1974 bis 1983 der FDJ, ab 1971 Abgeordneter der Volkskammer, ab 1983 Politbüromitglied. Im Herbst 1989 wurde er in der Nachfolge Erich Honeckers Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender. Im sogenannten »Politbüroprozess« wurde Krenz 1997 zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt und 2003 aus der Haft entlassen, der Rest der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Krenz legte bereits zwei seiner auf drei Bände angelegte Erinnerungen vor (»Aufbruch und Aufstieg«, 2022, und »Gestaltung und Veränderung«, 2023).

Foto: ©Claus Stille.
Egon Krenz (links) auf einem Pressefest der Zeitung UZ in Dortmund.

Anbei:

Egon Krenz im Gespräch mit dem Holger Friedrich, dem Verleger der Berliner Zeitung.

Dazu auch:

Zweite strömungsübergreifende, ausgrenzungsfreie Podiumsdiskussion unter dem Motto: Eine Vision, mehrere Ziele, unterschiedliche Ansätze, eine Gemeinschaft

Von Jan Veil

Zum diesjährigen Podium am 31.05.25 lud Querdenken 7171 – Schwäbisch-Gmünd folgende Diskutanten nach Durlangen ein:

Dr. Diether Dehm – Musikproduzent, Liedermacher, Autor und ehem. MdB

Marcus Fuchs – Aktivist von Querdenken Dresden

Stephan Johne – Landesvorsitzender dieBasis Baden-Württemberg

Oliver Hilburger – Gewerkschafter (‚Zentrum‘) und Betriebsrat

Jan Veil – Aktivist für Frieden und Grundrechte, Freie Linke Hessen Süd

Moderator: Dr. Daniel Langhans – Kommunikationstrainer

https://www.youtube.com/watch?v=Sgn9t7vieho (Dauer: 2:14:34)

Die ursprünglich ebenfalls eingeladenen Herren Andreas Kalbitz (ehem. AfD-MdL Brandenburg) und Michael Brück (Freie Sachsen) waren pannen- bzw. terminbedingt kurzfristig verhindert.

Unter anderem wurden folgende Themen und Thesen diskutiert bzw. nachstehende Fragen aufgeworfen (inhaltlich, nicht chronologisch geordnet):

– Anriss der politischen Werdegänge einiger Teilnehmer

– Der korrumpierte Charakter der etablierten Gewerkschaften

– Einschätzung eines etwaigen kritischen Potenzials noch innerhalb der gegenwärtigen Mainstream-

Medienlandschaft

– Ähnlichkeiten zwischen den Repressionsapparaten in der ehemaligen DDR und der gegenwärtigen – sowie

auch der früheren (Stichwort: ‚Wiederbewaffnung‘) – BRD

(Ostdeutsche ‚Sozialisation‘: Begünstigung der Wiedererkennung zunehmend autoritärer staatlicher

Strukturen und Modi Operandi)

– Wurzeln und ‚Vorbilder‘ des BND bzw. der deutschen Geheimdienste

– Vergangenheit und Gegenwart der NATO als ‚Friedensbündnis‘

(s. hierzu Zitat Adenauer: „Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb.“)

– Die Rolle der internationalen Hochfinanz

– Der Zusammenhang von Klassenkampf und Nation

– Der Charakter der gesellschaftspolitischen Einordnung des Privateigentums im GG

– Die Institution Staat als Organisationsform und Strukturmerkmal einer gemeinwohlorientierten

Bevölkerung bzw. Nation: überflüssig oder notwendig?

– Notwendigkeit der Hinterfragung neoliberaler Positionen innerhalb der AfD

– Gebot und Notwendigkeit einer Pluralität innerhalb des regierungskritischen, auf Wachstum und

Konstruktivität ausgerichteten Widerstands

[Ausrichtung des Arbeitskreises ‚Strukturierte Forderungen und Zielvorstellungen‘ (Frankfurt/Main)]

– Respektvoller Austausch zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern auf Augenhöhe (wie z.B.

zwischen Diether Dehm und Björn Höcke) vs. Kontaktschuld-Direktiven

– Welche Aspekte stimmen hins. der Erreichung (und Konkretisierung) der Ziele der neuen Demokratie- und

Friedensbewegung zuversichtlich, welche wirken hemmend?

Fazit: Es braucht dringend mehr derartige Veranstaltungen, um der weiter voranschreitenden, staatlich und massenmedial verordneten Einengung des sog. Meinungskorridors wirksam entgegenzutreten. Allein schon der Begriff ‚Korridor‘ ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, existiert doch kein anderer architektonisch definierter, umbauter und begehbarer Raum, dessen Länge seine Breite um ein derart Vielfaches überragt, dass bereits ganz ohne dessen zusätzliche, absichtliche ‚Verengung‘ ein engstmöglicher Raum entsteht – man könnte auch sagen: eine Flucht.

Doch wo Enge herrscht und noch beständig zunimmt, da wachsen Ängste nur umso rascher.

Jan Veil | 07.06.25

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

Titelbild: Screenshot via YouTube

Der Präsident von Burkina Faso, Ibrahim Traoré, mit  kraftvollem Brief an Papst Leo XIV.

Das zweitjüngste Staatsoberhaupt des Planeten, Ibrahim Traoré von Burkina Faso, wird immer mehr zum politischen Star Afrikas, des Globalen Südens und der Welt. Traore versucht in die Fußstapfen von Thomas Sankara zu treten, kämpft gegen die Neo-Kolonialisierung Afrikas und Burkina Fasos, und gewinnt dabei immer mehr an Zuspruch.

An Seine Heiligkeit Papst Robert Francis,

ich schreibe Ihnen nicht aus einem Palast oder aus dem Komfort einer ausländischen Botschaft, sondern aus meiner Heimat, dem Land Burkina Faso, wo sich Staub mit dem Blut unserer Märtyrer vermischt und die Echos der Revolution lauter sind als das Summen ausländischer Drohnen am Himmel.

Ich schreibe Ihnen nicht als jemand, der um Zustimmung bittet, noch als jemand, der in diplomatische Höflichkeiten verstrickt ist. Ich schreibe Ihnen als Sohn Afrikas, mutig, verletzt, ungebrochen.

Sie sind nun der geistige Vater von mehr als einer Milliarde Seelen, darunter Millionen hier in Afrika. Sie erben nicht nur eine Kirche, sondern ein Vermächtnis. Und in diesem Moment des Übergangs, während noch weißer Rauch über den Dächern des Vatikans schwebt, muss ich diesen Brief über Meere und Wüsten hinweg, vorbei an Wachen und Toren, direkt an Ihr Herz senden, weil die Geschichte es verlangt, weil die Wahrheit es gebietet, weil Afrika, das verwundete und aufstrebende Afrika, zusieht. muss ich diesen Brief über Meere und Wüsten hinweg, an Wachen und Toren vorbei, direkt zu Ihrem Herzen schicken, weil die Geschichte es verlangt, weil die Wahrheit es gebietet, weil Afrika, das verwundete und aufstrebende Afrika, zusieht.

Eure Heiligkeit, wir Afrikaner kennen die Kraft des Kreuzes. Wir kennen die Hymnen, die Gebete, die Litaneien. Wir haben mit schwieligen Händen Kirchen gebaut und unseren Glauben mit unserem Blut verteidigt.

Aber wir kennen auch eine andere Wahrheit, eine, die zu viele lieber begraben wollten, dass die Kirche manchmal an der Seite der Kolonisatoren stand, dass während Missionare für unsere Seelen beteten, Soldaten unser Land verwüsteten, dass während Ihre Vorgänger vom Himmel sprachen, unsere Vorfahren auf Erden in Ketten lagen.

Und selbst jetzt, in diesem sogenannten modernen Zeitalter, spüren wir die Ketten, nicht aus Eisen, sondern aus Schweigen. Aus Gleichgültigkeit gegenüber geopolitischen Spielen, die im Schatten der Heiligkeit gespielt werden.

Deshalb frage ich im Namen der Mütter, die auf schmutzigen Böden beten, und der Kinder, die mit leeren Mägen zum Katechismus gingen. Wird Ihr Pontifikat anders sein?

Werden Sie der Papst sein, der Afrika nicht als Randgebiet betrachtet, sondern als prophetisches Zentrum? Werden Sie der Papst sein, der Slums nicht nur für Fototermine besucht, sondern es wagt, mit Zorn gegen die Kräfte zu sprechen, die diese Slums dauerhaft machen?

Sehen Sie, Eure Heiligkeit, ich bin ein Mann, der vom Krieg geprägt ist, nicht vom Reichtum. Ich wurde nicht durch westliche Institutionen für die Politik ruiniert. Ich habe nicht in Paris Diplomatie gelernt. Ich habe Führung in den Schützengräben unter den Menschen gelernt, wo Schmerz der Lehrer und Hoffnung der Widerstand ist.

Ich führe eine Nation, die von der Welt beiseite geschoben wurde, bis wir uns weigerten, zu schweigen. Man sagte uns, wir seien zu arm, um unabhängig zu sein, zu schwach, um souverän zu sein, zu instabil, um Widerstand zu leisten. Aber ich sage Ihnen dies mit der Stimme meiner Vorfahren. Wir sind fertig damit, um die Erlaubnis zu bitten, existieren zu dürfen.

Wir sind es leid, um Anerkennung von Mächten zu betteln, die unsere Bodenschätze ausbeuten und dabei Moralpredigten halten. Und wir sind es absolut leid, zuzusehen, wie globale spirituelle Führer ihre Augen vor den Schreien Afrikas verschließen, weil die Politik unbequem ist.

Eure Heiligkeit, ich spreche jetzt nur für Burkina Faso, aber auch für einen Kontinent, der zu lange bevormundet wurde. Afrika ist kein Kontinent der Mitleid, wir sind ein Kontinent der Propheten. Propheten, die eingesperrt, verbannt und ermordet wurden, weil sie es wagten, das Imperium herauszufordern.

Und Sie, jetzt, da Sie den Ring des Heiligen Petrus tragen, werden Sie den Weg der Propheten gehen? Oder werden auch Sie ein Gefangener der Politik sein?

Wir brauchen keine Plattitüden mehr. Wir brauchen keine Gedanken und Gebete mehr, während westliche Firmen unter bewaffnetem Schutz Uran aus Niger und Gold aus dem Kongo abbauen. Wir brauchen keine diplomatische Neutralität, während afrikanische Jugendliche auf der Flucht vor Kriegen im Mittelmeer ertrinken. Sie haben nicht mit Waffen gekämpft, die sie nicht hergestellt haben.

Wir brauchen keine zuckersüßen Erklärungen, während die Souveränität Afrikas hinter verschlossenen Türen in Brüssel, Washington und Genf versteigert wird.

Was wir brauchen, ist ein Papst, der die modernen Herodes dieser Welt beim Namen nennt und genauso mutig gegen Wirtschaftsimperien wettert, wie die Kirche einst gegen den Kommunismus gewettert hat.

Der ohne Umschweife sagt, dass es eine Sünde ist, wenn Nationen von der Zerstörung Afrikas profitieren.

Sie kennen die Lehren Christi. Sie wissen, dass er die Tische der Geldwechsler umgeworfen hat. Sie wissen, dass er gesagt hat: Selig sind die Friedfertigen, aber er hat nie gesagt: Selig sind die Beschwichtiger.

Deshalb frage ich Sie persönlich: Werden Sie sich gegen das Schweigen Frankreichs und seine verdeckten Operationen in der Sahelzone aussprechen?

Werden Sie die Waffenlieferungen verurteilen, die Stellvertreterkriege in unseren Wüsten und Wäldern schüren? Werden Sie die Gier benennen, die sich in Nächstenliebe hüllt?

Die Diplomatie, die den Imperialismus in Friedensgesprächen verhüllt, weil wir ihn sehen, weil wir ihn leben, ist eine Eure Heiligkeit, ich bitte Sie nicht, Afrikaner zu sein.

Ich bitte Sie, menschlich zu sein, moralisch zu sein, mutig zu sein, denn Mut, echter Mut, bedeutet nicht, die Mächtigen zu segnen. Es bedeutet, die Machtlosen zu verteidigen, wenn es etwas kostet.

Lassen Sie mich klar sprechen. Der Vatikan verfügt über unvorstellbaren Reichtum, über Kunst von unschätzbarem Wert, über Zugang zu Grenzen.

Aber wahre Macht misst sich nicht an Schätzen hinter Marmorwänden, sondern am Mut, sich der Ungerechtigkeit zu stellen.

Selbst wenn sie in einem maßgeschneiderten Anzug daherkommt, diplomatische Beglaubigungsschreiben mit sich führt und über ihre Sünden hinweglächelt, Eure Heiligkeit, steht die Welt am Abgrund, und Afrika, dieser geschundene und wunderschöne Kontinent, schaut nicht nur von unten zu, wir klettern hinauf.

Wir bluten, wir erheben uns, und wir wagen es, Fragen zu stellen, die lauter hallen als das kanonische Recht.

Wo war die Kirche, als unsere Präsidenten von ausländisch unterstützten Söldnern gestürzt wurden?

Wo war die Kirche, als unsere Jugendlichen entführt und zu Kriegen indoktriniert wurden, die von Nationen finanziert wurden, die sich als Friedenswächter ausgeben?

Wo war die Kirche, als unsere Währungen zusammenbrachen? Als der IWF unsere Volkswirtschaften strangulierte?

Als unsere Führer dafür bestraft wurden, dass sie Souveränität über Unterwerfung stellten?

Sagt uns nicht, wir sollen vergeben, solange die Peitsche noch in der Hand des Täters ist.

Sagt uns nicht, wir sollen beten, während unsere Gebete mit Drohnenangriffen beantwortet werden. Sprecht nicht von Frieden, ohne die Profiteure des Krieges beim Namen zu nennen.

Denn Schweigen, Eure Heiligkeit, ist nicht länger heilig, und Neutralität ist nicht länger edel.

Wenn Ihr der Hirte dieser globalen Herde sein wollt, dann hört diesen Schrei aus dem Staub von Ogadugu.

Auch wir sind Ihre Schafe. Aber wir weiden nicht friedlich auf den Feldern, wir marschieren auf den Straßen, wir sterben an der Front.

Wir erheben uns aus der Asche mit Feuer in unseren Knochen und der Heiligen Schrift auf den Lippen.

Wir bitten nicht um Almosen, wir fordern Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit muss mit der Wahrheit beginnen.

Die Wahrheit des Christentums in Afrika war sowohl Balsam als auch Schwert. Die Wahrheit, dass die Kirche unseren Geist genährt hat, während sie unseren Körper nicht geschützt hat.

Die Wahrheit, dass Erlösung ohne Rechenschaft nur eine Halbwahrheit ist und Halbwahrheiten noch nie Nationen geheilt haben.

Eure Heiligkeit, Ihr sitzt jetzt auf dem Stuhl des Heiligen Petrus.

Aber denkt daran, Petrus hat Christus dreimal verleugnet, bevor der Hahn krähte. Lasst die Geschichte nicht sagen, dass die Kirche Afrika erneut verleugnet hat.

Lasst den Hahn im Vatikan laut und deutlich krähen. Lasst ihn das Gewissen der Kardinäle und Könige wecken.

Lassen Sie ihn durch die Korridore der Macht hallen, wo Männer in Roben und Männer in Uniformen Schweigen gegen Einfluss eintauschen.

Lassen Sie ihn eine neue Morgendämmerung ankündigen, nicht nur für die Kirche, sondern für die ganze Welt.

Denn hier in Afrika fürchten wir die Morgendämmerung nicht, wir schaffen sie.

Wir sind die Söhne und Töchter von Sankara, Lumumba, Nkrumah und Biko.

Wir tragen die Heilige Schrift in der einen Hand und die Erinnerung an die Revolutionäre in der anderen.

Wir haben gelernt, mit einem Atemzug zu beten und zu protestieren.

Und wir fragen: Wird Ihr Papsttum mit uns gehen? Werden Sie uns in unserem Schmerz begegnen, nicht nur in unseren Kirchenbänken? Werden Sie den Gott in unserem Hunger erkennen? Den Christus in unserem Chaos, den Heiligen Geist in unseren Kämpfen?

Denn wenn nicht jetzt, wenn nicht in Yehuda, und wenn die Kirche weiterhin Frieden predigt und dabei die Maschinerie der Unterdrückung ignoriert, an welches Evangelium sollen wir dann noch glauben? Ich sage dies nicht aus Wut, sondern aus heiliger Dringlichkeit.

Wir sind ein Volk am Scheideweg zwischen Prophezeiung und Politik, und Afrikas Zeit kommt nicht mehr.

Sie ist da. Wir schreiben die Geschichte neu, gestalten die Zukunft neu, fordern die Würde zurück, die uns durch Jahrhunderte fremder Herrschaft und spiritueller Manipulation verweigert wurde.

Und die Kirche muss sich entscheiden, wo sie steht: auf der Seite der Mächtigen oder auf der Seite der Menschen, die bluten.

Ich schreibe diesen Brief nicht, um zu verurteilen. Ich schreibe ihn, um Sie, Eure Heiligkeit, zu einer tieferen Solidarität einzuladen, zu einer Solidarität, die barfuß mit den Armen geht, die es wagt, in Rom ebenso mutig die Wahrheit zu sagen wie in Ruanda, die die Heiligen nicht nur nach ihren Wundern benennt, sondern nach ihrem Engagement für Gerechtigkeit.

Wir warten auf Ihre Stimmen, nicht von Balkonen, sondern aus Schützengräben und Favelas. Aus Flüchtlingslagern, hinter den Gittern politischer Gefängnisse, wo die Wahrheit eingesperrt ist.

Denn nur diese Stimme, Ihre Stimme, kann das Schweigen erlösen. Und wenn Sie es wagen, sie zu erheben, wird nicht nur Afrika Sie hören, sondern die ganze Welt wird unterschreiben.

Captain Ibrahim Trevor, Bewohner des Übergangs, Burkina Faso, Sohn Afrikas, Diener der Souveränität.

Captain Ibrahim Trevor an den Papst

Beitragbild: Snapshot via You Tube

Wer misst eigentlich Pressefreiheit – und nach wessen Maßstäben? Ein Video von Michael Meyen

Wer misst eigentlich Pressefreiheit – und nach wessen Maßstäben?
In diesem Video hinterfragt Medienforscher Michael Meyen die Rangliste von Reporter ohne Grenzen. Warum schneiden westliche Länder fast immer gut ab? Welche Rolle spielen Geldgeber wie die EU oder große Stiftungen? Und was sagt das Ranking über Länder wie Uganda oder über die Medienvielfalt in Deutschland?

Ein kritischer Blick auf blinde Flecken, einseitige Bewertungen und die wahren Herausforderungen für unabhängige Berichterstattung.

 Quelle: https://www.freie-medi…
️ Sprecher: Michael Meyen
易 Hintergründe: https://www.freie-medi…

Beitragsbild: ©Claus Stille

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

„Freies Land! Prinz Chaos, die Thüringer und ein Schloss“ von Florian Kirner. Rezension

Verkündete mir ein Freund aus Bayern (oder auch woanders her) er wolle ein eher mehr als weniger heruntergekommenes Schloss kaufen, ich würde ihm gewiss entgegenschleudern: Ja, bist du deppert, hast du`n Knall? Er recht, wenn dieser Freund nicht gerade eine überaus wohlhabende Person ist!

Die Shop Oberlandla mildert betreffenden Ausruf ab: „Nein, koa Beleidigung. Eher a Ausruf des Erstaunens. Ja guad, der Grund des Staunens muaß ned zwingend a postiver sein, es kann einem auch über d’Lippen kemma, wenn ma erschrocken, verwundert oder überrumpelt is. Wenn’s aber doch positiv gmoant is, dann als Zeichen von Respekt und Anerkennung. Bist du deppert, so lässig kannt i die Eisbachwelle a gern surfen.“

Wie auch immer, ein starkes Stück wäre das schon. Jedenfalls für mich, der ich eher ein vorsichtiger und bisweilen grüblerischer Bedenkenträger bin. Was im Leben wahrlich nicht immer von Vorteil ist.

Aber ein Prinz ist da freilic von anderem Schrot und Korn. Zumal da er sich den Titel Prinz Chaos II. zu eigen gemacht hat. Da musste schon liefern! Und: ein Prinz ohne Schloss ist doch kein Prinz, oder? Und auch über eine Portion Naivität sollte schon verfügen, wer sich ein marodes Schloss auflädt. Die dürfte beim Prinzen durchaus vorhanden sein, ist er doch Künstler und eine der Voraussetzungen für diese.

Begegnung in Dortmund

Prinz Chaos II. ist mir bereits des Längeren ein Begriff. Und zwar als Liedermacher und Kabarettist via You Tube.

Leibhaftig lief er mir einmal in Dortmund anlässlich eines „Aufstehen-AktionsCampus“ über den Weg. Bedauerlicherweise ging die von Dr. Sahra Wagenknecht (damals DIE LINKE) im September 2018 initiierte Bewegung Aufstehen“ – nicht zuletzt aufgrund eigener Fehler – wieder ein.

Vor Ort wechselte ich seinerzeit darüber mit dem Prinzen, mit bürgerlichem Namen Florian Kirner, ein paar Worte. Hier mein damaliger Bericht über das Treffen auf meinem Blog.

Erstlingsroman

Später faszinierte mich Florian Kirners Erstlingsroman „Leichter als Luft“. Meine Rezension dazu finden Sie hier auf meinem Blog.

«I möcht‘ des Schloss ham.«

Deppert oder nicht: Der Prinz hatte nach entsprechender Recherche sozusagen Blut geleckt und wild entschlossen Kontakt zu einer Maklerin betreffs des Erwerbs einer Schlossimmobilie aufgenommen. Bald machte er sich mit der Maklerin auf den Weg ins südthüringische Hildburghausen, resp. Weitersroda, dem Standort des annonciert gewesenen dortigen Schlosses.

Florian Kirner hat einen autobiografischen Roman «Freies Land!« mit dem Untertitel „Prinz Chaos, die Thüringer und ein Schloss“ versehen geschrieben, welcher kürzlich bei Fifty-Fifty erschienen ist. Darin schreibt er:

„Als ich in die Schlosseinfahrt einbog, parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite: ein Leichenwagen. Eine Beerdigung fand statt in jenem kleinen Fachwerkhaus, das mir die Maklerin als die Kirche des Dorfes bezeichnete. Die Bestattung gegenüber sowie das Schmuddelwetter im November 2007 betonten den trostlosen Eindruck, den das Schloss vermittelte, ungemein.
Wir traten durch eine kleine Tür in einen
Turm und wendelten auf einer Sandsteintreppe nach oben. Wir erreichten den Dachstuhl, groß wie eine Kathedrale. Wir durchquerten danach die leeren Zimmer des
zweiten Stocks. Irgendwo klaffte in der
Decke ein großes Loch. Ich verließ Weitersroda durchgefroren, aufgewühlt und völlig plemplem. Am nächsten Tag wählte ich kurz nach zehn Uhr die Nummer der Maklerin
und teilte mit: «I möcht‘ des Schloss ham.«“

Der Autor zu seinem Werk

„Dieses Buch ist ein autobiographischer Roman.
Für seine Figuren gibt es Vorbilder in der Realität, und doch sind die Figuren im Roman und ihre Handlungen fiktiver Natur. Diese Herangehensweise hat womöglich zur Folge, dass sich auch einige Menschen in diesem Buch partout nicht wiederfinden können, die sich darüber sehr gefreut oder sich das gewünscht hätten. Deswegen sei an dieser Stelle meiner tiefen Dankbarkeit all jenen gegenüber Ausdruck verliehen, die mich in schwierigen und schönen Zeiten begleitet haben auf meinem Weg. Ihr seid weder vergessen noch unterschätze ich die alles überragende Bedeutung eurer freundschaftlichen Unterstützung auch nur eine Sekunde.Ich liefere in diesem Buch keine Analysen politischer oder gesellschaftlicher Phänomene. Ich erzähle – ausschließlich aus meiner subjektiven Sicht und ohne Faktizitätsanspruch – den Roman meines Lebens. Der Ich-Erzähler stellt dabei auch nur eine Version aus der Unendlichkeit möglicher Versionen dieses Lebens dar. Wie Max Frisch in seinem Roman «Mein Name sei Gantenbein« formulierte: «Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält.«
Allgemein ist es mir ein Anliegen, mit dieser Erzählung einen Beitrag zu allseitigem Verstehen zu leisten. Dieses Buch möge eine Quelle der Versöhnung und der Gemeinsamkeit sein.
Ich widme dieses Buch meiner Mutter Gabi.


Florian Kirner“ aus Zum Geleit (S.7 )

Es wurde also angerichtet. Freunde und Bekannte Kirners schlugen ob dessen Entscheidung die Hände über den Kopf zusammen, andere zeigten ihm wohl den Vogel: Ein marodes Schloss kaufen? Noch dazu in Ostdeutschland! Wo doch dort Neonazis ihr Unwesen treiben – konnte man dermaßen von allen guten Geistern verlassen sein?

Florian Kirner konnte! Trotz allen gewiss gutgemeinten Unkenrufen sprang Prinz Chaos II., als frisch gebackener Schlossherr ins kalte Wasser, beziehungsweise hinter die im südthüringischen bitterkalten Winter marode Schlossmauern, wo man sich den Allerwertesten abfrieren konnte und das Wasser in den Leitungen gefror.

Und die Einheimischen? Einige von ihnen beäugten den bayrischen Eindringling sicherlich zunächst skeptisch, weil sie in dessen Person einen der üblichen arroganten „Besser-Wessis“ vermuteten. Andere wiederum gewannen womöglich der Tatsache etwas Positives ab, dass Kirner sich des verfallenen Schlosses in ihrem Dorf annahm.

Behielten einige der westdeutschen Unken dann doch recht?

Kirner wurde bereits im Jahre 2008 von der örtlichen Naziszene tätlich angegriffen. Kurzerhand verteidigte er sich mit einem japanischen Kampfschwert, einem Mitbringsel aus Japan. Was auch in der Presse Furore machte.

Und beim von Florian Kirner später aus der Taufe gehobenen Paradiesvogelfest 2012 kam es zu rechten Morddrohungen und einem Brandanschlag auf ein Fahrzeug. Kirner erhielt Polizeischutz. Neugierig ob dessen imposanten Stärke befragte Polizeibeamte vermuteten, der Prinz müsse gute Beziehungen nach Oben haben.

Wir staunenden Leser verfolgen mit Seite für Seite wachsendem Interesse den Fortgang der Schlossrestaurierung. Obwohl der Prinz ständig mit Überraschungen – oft der bedenklichen Art – in den Trakten und verschiedenen Zimmern im Schloss konfrontiert wurde, kämpfte er wohl mindestens zweimal mit dem Gedanken das Schlossprojekt dran zugeben. Aber was dann? Eine andere ähnliche Immobilie – vielleicht gar wieder ein Schloss – zu erwerben? Nee, das wäre ja gaga. Im Grunde fühlte er sich in Südthüringen in dörflicher und waldreicher Gegend wohl. Hatte er doch viel Zeit in großen Metropolen verbracht. Er lebte zuvor in Tokio, Köln und Berlin. Und erlebte dort viel. Manchmal zu viel. Aber den ständigen Trubel da und dort wollte er sich nicht mehr antun.

Also behielt er das Schloss und blieb in Weitersroda.

Da galt es sich diversen Problemen und Anforderungen zu stellen.

Eine Bandscheibengeschichte war alles andere als vergnügungsteuerpflichtig. Eine Therapie für die Seele wurde in ebenfalls in Anspruch genommen.

Kirner fand und traf auf interessante Zeitgenossen und wurde auch im Dorf und der Region mehr und mehr anerkannt und angenommen.

Doch alles Gute ist halt nie beisammen.

Also musste sich der Prinz wohl oder übel eben auch mit den „Heinzen“ (so nannte er Typen, die sich gegen ihn stellten und ihn mehr oder weniger piesackten) auseinandersetzen.

Es gelang ihn Fördergelder für die Renovierung und den Erhalt des Schloss zu bekommen. Dennoch floss so manch eigener Euro in die Immobilie. Auch wurden Wohnungen vermietet. Nicht immer nahmen es Mieter mit der rechtzeitigen Mietzahlung ernst.

Nicht selten kam es auch zu freudigen Ereignissen. Man staunt und zieht nach der Lektüre so mancher Seite oft den Hut vor dem Mut und der Entschlossenheit des Prinzen immer weiter zu machen – komme was wolle.

Es ist offenbar tatsächlich so: Wo sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere.

Florian Kirner hat sich bereits in seiner Jugend als schwul geoutet. Damit fanden sich die Leute in Weiterroda ab. Auch damit, dass unter ihnen nun ein gewissermaßen bunter Hund mit Rastazöpfen lebte. Schließlich nannte er sich ja wohl nicht umsonst Prinz Chaos. Er erwarb ein Pferd, lernte reiten und ritt hoch zu Ross durch Wald und über Flur sowie durchs Dorf. Klar! Ein Prinz ohne Pferd ist keiner.

Und ja: In Weitersroda lebte Kirner erstmals in Beziehung mit einer Frau.

Sogar für das Amt des Bürgermeisters in Hildburghausen kandidierte der Prinz. Kirner ging aus Wahl und Stichwahl mit einem respektablen Ergebnis hervor. Aber ein anderer Kandidat war besser.

Gefesselt von Kirners Schreibstil fliegt man als Leser im Nu durch das Buch

Das Buch ist in wundervollem Stil geschrieben. Gefesselt, angefixt sozusagen, fliegt man als Leser im Nu durch das Buch. Und – mir ging es jedenfalls so – macht man sich Gedanken über das eigene Leben. Welche Träume hatte man? Hat man welche verwirklicht? Wie hätte ich da und dort an Kirners statt gehandelt? Da wurde es mir manches Mal traurig zumute, ob verpasster Chancen im eigenen Leben. Aber es ist nun mal so: Verpasstes kann nicht nachgeholt werden. Und oft reicht es halt nur für Luftschlösser.

Prinz Chaos hat aber ein richtiges Schloss. Was mich für ihn sehr freut. Neidisch bin ich nicht gerade drauf. Aber ich bin ja auch kein Prinz. Aber Prinz Chaos rufe ich hoch respektvoll ein donnerndes Chapeau zu.

Historisches Gebäude aus der Region wurde erhalten

Ihm samt diversen Mitstreitern ist es gelungen aus einem schwer sanierungsbedürftigen Schloss ein Kultur- und Gemeinschaftsprojekt zu schaffen und ein historisches Gebäude in der Region zu erhalten, das wohl ansonsten völlig dem Verfall preisgegeben worden wäre.

Ein Lebenswerk!

Alles was es darüber zu erzählen ist, so lesen wir, erzählt Florian Kirner – das unterschreibe ich – „mit Charme und Finesse, wie er ohne Geld zur Rettung eines schwer sanierungsbedürftigen Schlosses in Südthüringen antrat: eine spektakuläre Geschichte über die Integration und Sturheit eines Bayern in Ostdeutschland – vollgestopft mit saukomischen und hochdramatischen Begebenheiten. Ein Buch über Denkmalpflege und Verwaltungslogik, zwischenmenschliche Schönheiten und Abgründe, wilde Schlossfeste, Wandergesellen, Neonazis, Paradiesvögel und die Absurditäten der Corona-Politik im ländlichen Raum. Ein Blick auf die Thüringer Provinz fernab von Wessi-Klischees und ostdeutscher Nostalgie – kurz gesagt: der Bericht von einem, der auszog, in der innerdeutschen Fremde eine Heimat zu finden.“

Was bleibt noch zu sagen: Kaufen, lesen und gerne weiter empfehlen.

Über den Autor und weitere Mitwirkende

Florian Kirner , geb. 1975, ist unter dem Namen Prinz Chaos II. als Liedermacher und Kabarettist bekannt. In Südthüringen entwickelt er seit 2008 ein Kultur- und Gemeinschaftsprojekt auf Schloss Weitersroda . Zuvor hat er an der Universität zu Köln Anglo-Amerikanische Geschichte, Japanologie und Neuere und Mittelalterliche Geschichte studiert, sowie Internationale Beziehungen an der Sophia-Universität Tokio. 2013 verfasste er mit Konstantin Wecker einen „Aufruf zur Revolte“. Als Journalist schrieb er lange für die junge Welt. Er hat das Magazin „Rubikon“ 2017 mit aus der Taufe gehoben.

Freies Land!

Prinz Chaos, die Thüringer und ein Schloss

25,00 €*

Herausgeber ‏ : ‎ Fifty-Fifty; 1. Edition (10. März 2025)

  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Broschiert ‏ : ‎ 304 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 3946778550
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3946778554
  • Abmessungen ‏ : ‎ 13.6 x 3 x 21.4 cm

Anbei ein Gespräch, das der Journalist Norbert Fleischer mit Florian Kirner führte:


„Es ist eine Geschichte, die im 35. Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung im Grunde hoffnungsfroh stimmen kann: Ein junger, durchgeknallter Künstler aus dem Westen, beschließt nach seinen Erfahrungen in München, Berlin und Tokio, sich mitten in der ostdeutschen Provinz nieder zu lassen – nimmt einen Kredit auf und kauft sich in Südthüringen ein verfallenes, altes Schloss, in dem Ratten hausen. Die Rede ist von dem in der Region mittlerweile bekannten Musiker und Buchautor Florian Kirner, der in 17 Jahren, als gebürtiger Oberbayer im thüringischen Hildburghausen, nach eigener Aussage eine tiefgreifende Wandlung erfuhr: Vom arroganten „Besser-Wessi“ hin zum geachteten, engagierten Mitglied in der örtlichen Gemeinschaft. Vom wurzel- und ruhelosen „Prinz Chaos“ zu einem etablierten Schlossherrn, der aus eigener Tasche bestimmt eine halbe Million Euro in ein Bauprojekt steckte, an dessen Erfolg er von Anfang an nicht den geringsten Zweifel hegte. Von einem Außenseiter zum überaus beliebten Mitbürger. Vor kurzem hätten die Hildburghausener Einwohner ihn sogar fast noch zum Bürgermeister gewählt. Die spannende Lebensgeschichte des studierten Historikers Florian Kirner erscheint nun in einem autobiografischen Buch, in dem man all das nachlesen kann, wie auch die Story, warum es für einen Westdeutschen kurz nach dem Umzug in den Osten durchaus von Vorteil sein kann, ein japanisches Kampfschwert im Hause zu haben.“ (Norbert Fleischer, Younost)

PS: Das diesjährige Paradiesvogelfest beginnt am 28.Mai 2025.

Andrej Hermlin vergleicht die derzeitige Situation hierzulande mit der Spätphase der DDR: „Die Zeichen sind an der Wand“

Die Bundestagswahlen sind gelaufen. Ist nun alles gut? Nein. Im Gegenteil. Unser Schiff Deutschland schwappt, dümpelt weiter in sich fortsetzender Rezension und gefährlichem Fahrwasser. Mindestens bleibt alles gleich schlimm. Nichts dürfte sich mit Merz ändern, was sich dringend ändern müsste. Oder es wird gar noch schlimmer. Der designierte Bundeskanzler Merz hat immer noch die militärische Unterstützung der Ukraine im Sinn, während die USA mit Trump und Russland mit Putin auf ein Ende des Ukraine-Krieges hinarbeiten. Merz will dafür sogar an die Schuldenbremse heran, um Kiew, das den Krieg längst verloren hat, weiter militärisch zu unterstützen. Isch over, Leute! Statt den vielfach gebeutelten Menschen hierzulande mit einer Politik aufzuhelfen gerade das: Krieg ist Frieden? Orwell lässt grüßen!

Im Sinne unserer Menschen wäre ein Lösen der ohnehin fragwürdigen Schuldenbremse durchaus vertretbar. Man fasst sich an den Kopf!

Der Hut brennt

Längst ist Feuer am Dach, wie man in Österreich sagt. Der Hut brennt. Bald lichterloh?

Während Menschen – unterstützt von der Regierung und NGOs – gegen Rechts und für Demokratie auf die Straße gehen.

Demokratie?!

Demokratie? Wir wissen von Kognitionsforscher Rainer Mausfeld, dass etwa in den USA die Demokratie einst eingeführt wurde, um sie sozusagen zu verhindern bzw. im Zaume zu halten. Derart, dass sich an den Machtverhältnissen ja nichts ändern konnte. Hier, hier und hier.

Hatten wir je eine Demokratie, eine wirkliche Demokratie?

Vor vielen Jahren schon befand Colin Crouch, dass wir längst in einer Postdemokratie (Quelle: Wirtschaft Lexikon der Argumente hier) angekommen sind. Ullrich Mies und Jens Wernicke brachten ein Buch über den Zustand einer von ihnen erkannten Fassadendemokratie (hier) heraus. Ein weiteres, herausgegeben von Ullrich Mies (hier) ist zu empfehlen.

Merken wir etwas?

Spüren wir, was falsch läuft. Viele im Westen Deutschlands sozialisierte Menschen offenbar eher nicht. In Ostdeutschland, der einstigen DDR, schon viel mehr und bereits länger. Die Menschen dort haben in einer Diktator gelebt. Und dort ein – auch damals zwischen den Zeilen lesend – viel feineres Gespür entwickelt als die Vielzahl der Menschen in Westdeutschland für das was nicht in Ordnung ist im Land. Und sie haben 1989 erlebt und so mancher von ihnen hat selbst dazu beigetragen, dass ein System einstürzte. Die Menschen im Westen dagegen hatten schon immer das Gefühl im richtigen System gelebt zu haben.

Man brauchte also – meinten sie – nichts zu ändern. Auch nach 1990 nicht. Den gewesenen DDR-Bürgern jedoch aber wurde das BRD-System quasi über Nacht übergeholfen. Manche Bürger blieben dabei auf der Strecke. Andere ergriffen sich bietende Chancen, freuten sich über Reisefreiheit und die Verschönerung ihrer Städte. Viele Menschen haben aber seit der sogenannten Wiedervereinigung (der Journalist Ralph T. Niemeyer spricht hingegen von einer „Niedervereinigung“) so manche Demütigung schlucken müssen.

Gespaltenes Deutschland

Heute ist Deutschland gespaltener denn je. Sogar an der Karte, welche zeigt, wie gewählt wurde, ist das optisch abzulesen. Der Westen des Landes ist schwarz, mit wenigen Einsprengseln rot und blau. Der Osten zeigt sich im Wesentlichen in blau. Blau steht für die AfD, welche dort aus Protest gewählt wird oder als Alternative erscheint oder tatsächlich – in Ermangelung anderer Möglichkeiten dafür genommen wird. Weil die anderen Parteien die Menschen doch eher schwer enttäuscht haben. Und weiter enttäuschen.

«„Wir gehen sehenden Auges in den Untergang dieser Republik“

Gestern stieß ich auf ein You Tube – Video. Es spricht mir als gewesener DDR-Bürger und Bundesbürger seit Ende 1989 aus der Seele. Das hier in Rede stehende Video ist einem längeren Video der bundesstiftung-aufarbeitung.de entnommen. Das im langen Video Gesagte mache ich mir nicht in Gänze zu eigen. Es enthält ein Interview mit dem Berliner Pianist und Bandleader Andrej Hermlin, dem Sohn des bekannten DDR-Schriftstellers Stephan Hermlin. Darin spricht er als Zeitzeuge und Kommentator, der sowohl die Geschichte der deutschen Teilung als auch die Brüche der Gegenwart kennt.

«„Wir gehen sehenden Auges in den Untergang dieser Republik“ – mit dieser düsteren Diagnose schließt Andrej Hermlin sein Interview, das wenige Tage vor den vorgezogenen Neuwahlen geführt wurde.« (Aus dem Begleittext auf You Tube)

Das ausgekoppelte kurze Video legen ich meinen Leserinnen und Lesern wärmstens ans Herz.

Weiter lesen wir auf You Tube: «Seine Analyse geht weit über historische Betrachtungen hinaus. Er erkennt Parallelen zwischen der Endzeit der DDR und dem heutigen Zustand der Bundesrepublik. Nicht die Systemfrage – damals Diktatur, heute Demokratie – stehe im Vordergrund, sondern eine gegenseitige Verachtung zwischen Regierenden und Regierten. Diese Entfremdung, der Vertrauensverlust und die politische Orientierungslosigkeit seien der Nährboden für eine tiefe Krise.«

Auskoppelung von Volkmar Schulze

Diesbezüglich bin ich bei Andrej Hermlin. Ich stimme ihm betreffs seiner Analyse zu und teile dessen Mahnung.

Wir befinden uns in einer Multikrise. Werden wir diese überwinden?

Die Frage muss offen bleiben.

Andrej Hermlin mahnt: „Die Zeichen sind an der Wand“

Hinweis: Das Video ist vor der Bundestagswahl entstanden. Wie wird Andrej Hermlich wohl jetzt denken?

Im You Tube-Text heißt es: «Der Vergleich mit der Spätphase der DDR sei keine beiläufige historische Parabel, sondern mache den inneren Zerfall der politischen Kultur sichtbar. Es gehe ihm nicht darum, zum Umsturz aufzurufen, sondern die Zerbrechlichkeit der Demokratie bewusst zu machen. In dieser schonungslosen Klarheit liegt die Provokation seines Appells – und seine Dringlichkeit. «

Beitragsbild: Andrej Hermlin (snapshot via You Tube)

Newsletter nach dem Tod von Fritz Edlinger (26.O1.1948 – 04.12.2024), Chefredakteur der Zeitschrift INTERNATIONAL

Geschätzte Freundinnen und Freunde des INTERNATIONAL

Ich melde mich als (formal gesehen) Stellvertreterin von Fritz Edlinger, des Herausgeber und Chefredakteurs, der leider am 4. Dezember 2024 unvorhergesehen in Wien verstorben ist.

Sein Ableben stellt einen riesigen Verlust dar, nicht zuletzt was vom Mainstream abweichende Berichterstattung und Analyse internationaler Politik betrifft. Das kam auch in den zahlreichen Nachrufen zum Ausdruck, die Edlingers Verdienste und sein unermüdliches Bemühen würdigten.

Die Redaktion, für die ich hier das Wort ergreife, ist über den Verlust dieses Freundes, empathischen Menschen und Giganten der österreichischen (und weit darüber hinaus) Medienwelt tief betroffen. Wir sind dabei, die Auslieferung der noch von Fritz konzipierten und fast finalisierten, vorläufig letzten Ausgabe der Zeitschrift an die Abonnenten vorzubereiten. Sie sollte noch vor Weihnachten bei den EmpfängerInnen sein.

Im Zusammenwirken mit den nächsten Verwandten werden wir auch an der Gestaltung des Begräbnisses mitwirken, das voraussichtlich Anfang Jänner 2025 in Wien stattfinden wird. Dazu wird es einen separaten Newsletter geben.

Natürlich wäre es sehr schade, wenn mit dem Ableben von F. Edlinger auch sein Lebenswerk, die Zeitschrift, der Newsletter, der zuletzt so erfolgreiche YouTube-Kanal mit den Interviews, ihr Ende fänden und Fritzens riesiges Netz an Kontakten weit über Österreichs Grenzen hinaus zerfiele. Daher haben bereits Überlegungen eingesetzt, wie dieses Lebenswerk fortzusetzen wäre. Auch dazu werde ich zu gegebener Zeit berichten.

Kommentare zum aktuellen Weltgeschehen, insbesondere im Nahen Osten, will ich Ihnen ersparen und mir nur vorzustellen versuchen, was Fritz wohl dazu zu sagen hätte…..

Quelle: Dr. Gabriele Matzner, Stellvertreterin

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