4.4.24 Wien: Klein aber oho – ein besonderer Event in Wien zum NATO-Geburtstag

Von Andrea Drescher

Nur 20 Menschen waren bei dieser Geburtstagsfeier zu 75 Jahren NATO in Wien dabei. Aber diese kleine Gruppe – alles „geladene Gäste“ – wurde von mehr Menschen wahrgenommen als es 2.000 Menschen auf dem Ring oder eine Standkundgebung am Heldenplatz erreicht hätten. Das Anliegen der Veranstalter – Kritik an der NATO sichtbar zu machen und ein Zeichen gegen die NATO-Kontakte Österreichs zu setzen – wurde definitiv erreicht.

Diese Veranstaltung war in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen brandaktuell, nachdem US-Außenminister Antony Blinken vorgeschlagen hatte, einen „Fahrplan für die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu erstellen“ und NATO-Generalsekretär Stoltenberg wohl der Ansicht ist, dass „es notwendig ist, militärische Lieferungen von NATO-Staaten an die Ukraine nicht freiwillig, sondern verpflichtend zu machen.“

Eskortiert von vier Polizisten einer Einsatzeinheit, die den Marsch auch anführten, zog eine Trauerkundgebung vom Westbahnhof ausgehend die Mariahilfer Straße herunter, kreuz und quer durch die Innenstadt über den Heldenplatz, Verfassungsgerichtshof, Stephansdom, OSZE, Außenministerium bis hin zur Botschaft der USA. Die kleine Gruppe, die dank der Polizei problemlos durch die Stadt gehen konnte, zog reges Interesse unzähliger Passanten auf sich, denn strahlender Sonnenschein und angenehme Temperaturen sorgten dafür, dass viele die Straßen Wiens bevölkerten.

Bereits der Banner, mit dem der Trauermarsch angeführt wurde, machte den Passanten deutlich, worum es den Teilnehmern ging. Denn auf die „Gratulation zu 75 Jahren Frieden durch die NATO“ folgte die Frage „Mehr als 6 Millionen Tote – wie viele noch?“. Wobei die Zahl 6 Millionen das historisch abgesicherte Minimum darstellt, wie von Dr. Daniele Ganser bestätigt wurde.

Vom Band kamen – abwechselnd mit angemessener Trauermusik – konkrete Hinweise wie es zu diesen Toten kommen konnte. Dabei griffen die Organisatoren auf das Buch von Dr. Daniele Ganser, „Illegale Kriege – wie die NATO-Länder die UNO sabotieren“, der diese Kriege aus historischer Sicht dokumentiert hat.

Dieser offensichtliche Widerspruch erreichte die Passanten offensichtlich, denn das Interesse war groß – und die Resonanz überwiegend positiv. Die 1000 Flyer, die entlang der Trauerkundgebung verteilt wurden, fanden reißenden Absatz.

Bei der OSZE und der US-Botschaft wurden das Ganze in Englisch abgespielt. Audio-Player

An der Stelle der Dank seitens der Organisatoren den professionellen Sprechern, die das ganze eingesprochen haben.

Kurze und längere Impressionen in Bild und Ton

Der Start auf der Mariahilfer Straße

Weiterzug nach dem Heldenplatz

Polizeischutz – im positiven Sinne

Ein zehnminütiger Zusammenschnitt der Kundgebung

Stimmen der Trauernden

Zu den Teilnehmern des Trauermarsches gehörte u.a. Robert Glaubauf, MFG Landessprecher Wien. „Die NATO und NATO-Staaten haben Millionen Menschen in illegalen Kriegen getötet und die Öffentlichkeit darüber belogen. Die heutige Aktion habe ich unterstützt um aufzuzeigen, dass die Wahrheit darüber trotzdem bekannt ist. Außerdem liegt darin auch die Hoffnung, den einen oder anderen Bürger zum Nachdenken – und auch Nachrecherchieren – anzuregen. Es sind genug Menschen in Kriegen gestoben, und wir sollten lernen, Probleme ohne den Einsatz von Waffen, also auf friedlichen Weg zu lösen„, begründet er seine Teilnahme.

Ortwin Rosner geht selbst ironisch auf den ironischen Zugang des Trauerzuges ein: „Die NATO hat Geburtstag, das wollten wir gebührlich feiern, und das haben wir mit viel Tamtam auf der Straße gemacht, um auch die Leute außerhalb der Blase, die das noch nicht mitbekommen haben, zu erreichen und sie – falls sie das vergessen haben sollten – darauf aufmerksam zu machen, was das für ein tolles Bündnis ist, das seit 75 Jahren rund um den Globus für idyllischen Frieden sorgt, so dass es sicherlich wert ist, dass Österreich dafür die Neutralität wegwirft und ebenfalls dem Verein beitritt. Um das zu veranschaulichen, haben wir all die vielen Kriege aufgezählt, mit denen die NATO wie keine andere Institution in den vergangenen Jahrzehnten auf der Erde für „Frieden“ gesorgt hat und immer noch sorgt.

Eva war dabei, „weil ich gegen Krieg bin und die NATO fördert Krieg. Ich bin froh, dass Menschen versuchen, da etwas zu machen.“ Josef war u.a. Teilnehmer, weil er seine Freunde, die das organisiert hatten, unterstützen wollte und da „ich absolut für den Frieden und gegen die NATO bin„. Für Martin, überzeugter Anhänger österreichischer Neutralität, wäre ein „NATO-Beitritt Österreichs eine Katastrophe, darum bin ich von Oberösterreich nach Wien gekommen„. Elisabeth hat am Trauermarsch teilgenommen, weil „ich für Frieden stehe und einen NATO-Beitritt Österreichs auf jeden Fall verhindern möchte.

Erika fand die Veranstaltung sehr positiv und freute sich, bei dieser guten Sache dabei gewesen zu sein. Für Ingeborg war die Veranstaltung sehr eigenartig. Die Reaktionen der Passanten hat sie unterschiedlich wahrgenommen. Manche waren positiv, manche waren negativ. Ihr Eindruck ist, dass sich „alle miteinander nicht bewusst sind, um was es geht. Und das es den meisten schlichtweg wurscht ist.“ Eine andere Teilnehmerin fasst ihre Erfahrung vom Marsch so zusammen: „Es war beeindruckend, ergreifend, berührend … und es hat in meiner Wahrnehmung bei vielen Berührung ausgelöst. Es war wertvoll und hat Sinn gemacht! Danke uns allen Beteiligten dafür.

Bernhard Schlager, der die Veranstaltung für das Bündnis für Neutralität angemeldet hat, freut sich über die enorm positive Resonanz: „Wir haben die Gruppe bewusst klein gehalten und im Vorfeld nicht über die geplante Aktion informiert, denn wir wollten auf jeden Fall vermeiden, dass Störer oder ungebetene Gäste dazu stoßen, durch die sich die Veranstaltung als „Spinner“ oder „rechts“framen hätte lassen.

Wir wollten Menschen außerhalb der Filterblase von Telegram, Facebook, aber auch jenseits der bekannten Demonstrationen erreichen. Und das ist uns definitiv gelungen. Die Anzahl „Daumen hoch“ aus den Gastgärten – sobald die Menschen die eigentliche Botschaft für Neutralität und gegen eine NATO-Beitrag Österreich – erkannt hatten, war kaum zu zählen. Eine derart positive Resonanz wie am 4.4.2024 habe ich noch bei keiner Veranstaltung erlebt.

Wir waren auch wahrscheinlich die am häufigsten fotografierte Veranstaltung außerhalb der „Blase“, was dank vieler Touristen auch international gesehen wird. Für mich haben sich damit die Umfrage-Werte, was die breite Zustimmung der Österreicher für Neutralität angeht, in der Realität eindeutig bestätigt. Die Flyer wurden uns teilweise aktiv aus den Händen genommen. Wir hatten zuwenig dabei, obwohl wir eigentlich befürchtet hatten, dass 1000 Stück zu viel sind.“

Abschließend hebt Bernhard Schlager auch die kooperative Haltung seitens der Polizei hervor: „Zum wiederholten Mal habe ich die Erfahrung machen dürfen, dass bei korrekter Vorgehensweise eine positive Zusammenarbeit möglich ist. Dass wir unseren Marsch bis kurz vor der US-Botschaft durchführen konnten, wo dann mit Gittern abgesperrt war, hatte ich nicht erwartet. So konnten wir den US-Verantwortlichen in Österreich unsere Botschaft laut und deutlich kommunizieren. Sie sollen erfahren, dass viele Menschen in Österreich nicht mit den US-geführten Nato-Kriegen einverstanden sind und die absolute Mehrheit der Bürger einen möglichen Nato-Beitritt des neutralen Österreichs strickt ablehenen.

Umfassendes Bild- und Video-Material findet man auf Telegram unter https://t.me/NATO_Geburtstag_04_04_2024



Dieser Artikel von Andrea Drescher erschien zuerst auf tkp.at:

4.4.24 Wien: Klein aber oho – Ein besonderer Event in Wien zum NATO-Geburtstag

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.