Lohnverluste: Wenn sogar Statistiker den schrumpfenden Wohlstand schönreden

Seit drei Jahren sinken in Deutschland die Reallöhne, große Teile der Bevölkerung werden immer ärmer. Selbst bundesamtliche Statistiker versuchen mittlerweile, den schrumpfenden Wohlstand schönzureden. Vielleicht sollten es die deutschen Arbeiter mal wieder mit Streiken probieren.

Von Susan Bonath

Die Krise des westlichen Imperialismus macht selbigen zur Bestie. Nach außen immer kriegerischer, nach innen immer repressiver: Die lohnabhängige Normalbevölkerung gerät zusehends in die Mangel, um das Kapital zu füttern. Damit sie es nicht merkt und glaubt, erfindet das politische und mediale Entertainment allerlei Geschichten. Sogar das Statistische Bundesamt verdreht Meldungen inzwischen schon so lange, bis sie gut klingen. Da wird ein andauernder Reallohnverlust flugs zum Anstieg umgedeutet.

Wohlstand schrumpft

So schrieb die Behörde kürzlich in einer Pressemitteilung, die Tarifverdienste in Deutschland seien 2023 um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Den Rest erfährt der verwunderte Leser mal wieder nebenbei im Fließtext: Klar, es ist auch wieder alles teurer geworden. Im selben Zeitraum erhöhten sich die Verbraucherpreise demnach insgesamt um 5,9 Prozent. Das Gefühl, sich immer weniger leisten zu können, ist also keine Einbildung, dass dies schon länger so läuft, auch nicht. So fügte das Amt im Anschluss daran an:

„Damit setzte sich der Trend aus den Jahren 2022 und 2021 fort, in denen die Verbraucherpreise ebenfalls stärker als die Tarifverdienste angestiegen waren.“

Doch damit nicht genug: Hätte es die sogenannten Inflationsausgleichsprämien nicht gegeben, die viele Betriebe aber gar nicht ausgeschöpft haben, wären die Tariflöhne in Deutschland letztes Jahr im Mittel nur um 2,4 Prozent gestiegen. So ein nominaler Anstieg ist aber ein Verlust, wenn dann die Preise schneller steigen. Dass es im dritten Jahr in Folge so lief, verdeutlicht: Der Wohlstand in Deutschland schrumpft.

Verlustspirale

Das Verlustgeschäft für die Beschäftigten setzt sich im Alter freilich fort. Die Zahl der Altersrentner, die mit Grundsicherung aufstocken müssen, hat sich in den letzten 20 Jahren auf fast 700.000 mehr als verdoppelt. Auch immer mehr Erwerbsunfähige benötigen diese Zusatzleistung, um über die Runden zu kommen, 2022 waren es mehr als eine halbe Million.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Ein zerstückeltes Rentensystem, in das die Wohlhabenden nichts einzahlen, massive Rentenkürzungen seit den 1990er-Jahren zum Beispiel, und natürlich auch der Fakt, dass die Löhne nicht mit der Inflation mithalten. Allerorts in Deutschland nimmt die Altersarmut zu.

Dass vom Kapital keine für die Massen verträglichen Lösungen kommen, liegt auf der Hand. Das Geschrei entsprechender Klüngel und „Experten“ wird immer lauter: Das Rentenalter müsse eben weiter steigen. Wenn im Zeitalter von Überfluss und Digitalisierung, der Roboter, KI und Computer 69-jährige Pfleger bald 80-jährige Pflegeheimbewohner versorgen müssen, läuft allerdings was schief.

Sozialabbau und Krieg

All diese neoliberalen Forderungen zielen freilich darauf ab, bei der lohnabhängigen Bevölkerung zu kürzen. Bis 70 arbeiten können vielleicht Politiker oder sitzende Beamte. Für den Dachdecker oder die Altenpflegerin wird das schon schwieriger. Diese werden dann dank Abschlägen noch altersärmer als gedacht.

Inflation, Lohnverluste, wachsende Armut, schwindende Kaufkraft: Die sich drehende Spirale zulasten der Bevölkerung hilft nicht einmal dem Kapitalismus selbst. Denn man weiß: Profit muss realisiert werden, das funktioniert nur, wenn die Bevölkerung auch konsumieren kann.

Wohl setzt das westliche Establishment genau deshalb nun auf Krieg. Kapitalzerstörung eröffnet, so jedenfalls die mutmaßliche Hoffnung, neue Märkte und beseitigt nebenher vielleicht noch Konkurrenz. Nur könnte das diesmal nach hinten losgehen, denn der gegnerische Kapitalblock ist alles andere als schwach.

Für Rechte kämpfen

Da bleibt die Frage, was die „kleinen Leute“ eigentlich dagegen tun könnten. Mit Stillhalten ist es wohl nicht getan, denn besser wird es von allein wohl nicht mehr. Vielleicht kann hier die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) eine Anregung geben. Die setzt ihren Streik in dieser Woche fort und droht mit weiteren Streikwellen.

In zahlreichen Medien sorgte die GDL damit mal wieder für lautes Gezeter. Doch ein Streik muss wehtun, vor allem freilich den Konzernen. Nur so kann damit mehr als nur ein unzureichender Inflationsausgleich erreicht werden. Das zeigt die Geschichte genauso wie ein Blick in andere Länder. Die meisten deutschen Gewerkschaften müsste man dazu allerdings erst einmal aus ihrer Sozialpartnerschaftslethargie befreien und dafür mit massenhaften Beitritten beglücken.

Wer sich mehr Lohn wünscht und keine Angst vor Krieg und Altersarmut haben will, muss sich zusammentun und dafür kämpfen. In Deutschland führt dieses Bewusstsein seit Jahrzehnten eher ein Schattendasein. Weselskys GDL ist da eine winzige Ausnahme. Vielleicht lässt es sich ja wieder aktivieren, um die profitierenden Sozialabbauer daran zu erinnern, dass ihre Rechnung an den Lohnabhängigen vorbei nicht aufgeht.

Quelle: RT DE

Beitragsbild: ©Claus Stille

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

2 Kommentare zu “Lohnverluste: Wenn sogar Statistiker den schrumpfenden Wohlstand schönreden

  1. Hallo,
    sorry das da (Quelle: RT) liest sich ganz so wie eine Pressemitteilung der russischen Regierung.
    Imperialismus im Westen. Sorry, die größten Imperialisten sind zur Zeit Russland (Moldawien, Georgien und Ukraine?), China (Thaiwan) und Israel (Siedlungen).
    Die Regierung tut alles (Mindestlohn) für höhere Löhne. Nur der Krieg (Ukraine) und der Kapitalismus (hohe Boni für Vorstände) steht besseren Preisen im Weg.
    Lg.

    • Da täuschen Sie sich. In mehrfacher Hinsicht. Es ist der Text einer deutschen Journalistin. Sie weiß wovon sie schreibt. Die Zustände sind so übel. Sehen Sie das nicht? Wo leben Sie?
      Freundliche Grüße

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