Zum Tode von Esther Bejarano

Trauer allenthalben bei denen, die die kleine, großartige Kämpferin für Frieden und gegen Antisemitismus und Neonazis hoch verehrt haben: Esther Bejarano schlief in der Nacht von Freitag auf Sonnabend friedlich ein.

Dazu merkt der Journalist Ralph T. Niemeyer auf Facebook an:

„Auch bürgerliche Medien berichten ausführlich über den Tod von Esther Bejarano. Das ist gut und angemessen. Sie verschweigen natürlich, dass die Frau nicht nur Antifaschistin, sondern auch Kommunistin war. Sie zog von Israel nach Deutschland, weil ihr Mann in Israel keinen Kriegsdienst leisten wollte. Ebenso vermeiden die bürgerlichen Medien, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten zu erwähnen, deren Ehrenvorsitzende Esther war. Die VVN wird in manchen Verfassungsschutzberichten als verfassungswidrig dargestellt. Daraus erwuchsen ihr finanzielle Schwierigkeiten.Im folgenden ein langer Auszug aus der Erklärung der VVN – BdA zum Ableben ihrer Ehrenvorsitzenden. Er enthält einige Links, die über das Handeln dieser Frau ausführlicher informieren:“

Esther Bejarano auf dem Pressefest der UZ mit DKP-Vorsitzenden Patrik Köbele. Foto: C. Stille

Wir alle kannten Sie als eine Frau von großer Entschiedenheit und geradezu unglaublichem Elan, die viele von uns noch bis vor kurzem auf der großen Bühne erleben durften. Zuletzt saß sie am 8. Mai auf unserer kleinen Bühne im Hamburger Gängeviertel und erzählte von ihrer Befreiung am 3. Mai 1945 durch Soldaten der Roten Armee und der US-Armee, die kurz nacheinander in der kleinen Stadt Lübsz eintrafen. Dort hatte Esther mit einigen Freundinnen aus dem KZ Ravensbrück Unterschlupf gefunden, nachdem sie gemeinsam dem Todesmarsch entflohen waren.

Wenige Tage zuvor, am 3. Mai, den sie ihren zweiten Geburtstag nannte, hat Esther sich noch mit einer Video-Botschaft zum Tag der Befreiung an uns alle gewendet. Darin bezog sie noch einmal deutlich Stellung zu aktuellen Auseinandersetzungen in der Stadt Hamburg und im ganzen Land. Obwohl sie dabei schon im Rollstuhl saß, waren ihre Worte klar und ihre Stimme kräftig:

https://www.auschwitz-komitee.de/5249/esther-bejarano-wir-sind-da-meine-befreiung-im-mai-1945-und-meine-hoffnungen/

Wir verdanken Esther viel; sie war immer da, wenn wir sie brauchten.

Als 1990 zum ersten Mal ein Bundessprecher:innenkreis gewählt werden sollte und dafür Personen gesucht wurden, die Tradition und „Neuanfang“ verkörperten, stand sie dafür zur Verfügung und wurde eine unserer ersten Bundessprecherinnen in einer Zeit, in der wir der Diffamierung des Antifaschismus als „diskreditiert“ und „überkommen“ entgegentreten mussten. Sie hat einen großen Anteil daran, dass das gelungen ist.

Zum 50. Geburtstag der VVN richtete sie zusammen mit Peter Gingold einen bewegenden „Appell an die Jugend“:

Esther Bejarano mit Sohn Joram (links)




https://perlavitamovie.files.wordpress.com/2013/08/appell-an-die-jugend-vers-2005-esther-bejarano-und-peter-gingold-doc.pdf

Als im November 2019 das Finanzamt für Körperschaften in Berlin unsere Gemeinnützigkeit bestritt, schritt sie mit ihrem flammenden Appell an Olaf Scholz „Das Haus brennt und Sie sperren die Feuerwehr aus“ ein und verbreiterte die öffentliche Debatte. Damit hat sie wesentlich zu unserem Erfolg in dieser Auseinandersetzung beigetragen.

Nun ist die unermüdliche „Zeitzeugin“ gegen Vergessen des historischen und Verharmlosen des aktuellen Faschismus, Mahnerin und Kämpferin für Menschenrechte, Frieden und eine solidarische Gesellschaft von uns gegangen. Sie wird uns fehlen, vielen von uns auch als verlässliche Freundin.

Wir denken ans sie in Dankbarkeit, Trauer und Liebe.

Nehmen wir ihre letzte öffentliche Botschaft als Vermächtnis und arbeiten wir weiter daran, dass der 8. Mai endlich auch in Deutschland ein Feiertag wird, so wie sie es in ihrer Rede am 3. Mai noch einmal vorgetragen hat:

Angesichts der heutigen Welt und des Rechtsrucks bekommt die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano Angst. Sie hat den Aufstieg der Nazis erlebt und erkennt gewisse Parallelen zum Erstarken rechter Kräfte heute. Foto: C. Stille

„Ich fordere: Der 8. Mai muss ein Feiertag werden! Ein Tag, an dem die Befreiung der Menschheit vom NS-Regime gefeiert werden kann. Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten. Und hilft vielleicht, endlich zu begreifen, dass der 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung war, der Niederschla­gung des NS-Regimes. Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit.“

Quelle: VVN-BdA

Weitere Artikel zu Esther Bejarano

Der Tod der mutigen und scharfen Kritikerin an alten und neuen Nazis sowie am Militarismus, Esther Bejarano, hat ein breites Medienecho hervorgerufen. Über viele Aspekte aus Bejaranos Leben wird aber nicht berichtet. Von Bernhard Trautvetter auf den NachDenkSeiten.

Esther Bejarano: Offener Brief an die Regierenden und alle Menschen, die aus der Geschichte lernen wollen. (auf meinem Blog)

Esther Bejarano in Köln: „Ihr tragt keine Schuld für das was passiert ist, aber ihr macht euch schuldig, wenn es euch nicht interessiert“ (auf meinem Blog)

Mir lebn ejbig!“

Video (von Klaus240147 auf You Tube) vom 8. September 2018 auf dem Solidaritäts- und Pressefest der DKP im Revierpark Dortmund Wischlingen zeigt Esther Bejarano und die Microphone Mafia: „Wir leben ewig!“

Der Autor und Journalist Ulrich Sander schreibt auf Nordstadtblogger in einem Leserbrief, dieser Tage seien in Dortmund Plakate von Unbekannt mit der Aufschrift „Mir lebn ejbig! (Das bedeutet: Wir leben trotzdem) aufgetaucht. Sander: „Ruhe in Frieden, Esther Bejarano!“

8 Kommentare zu “Zum Tode von Esther Bejarano

  1. Ich glaube nicht, dass ein weiterer Feiertag eine konstruktive Verbesserung sein würde. Es gibt schon viel zu viele Gedenkstätten und Mahnmale, Ausstellungen, Dauerberichterstattung der ÖR über den 2WK, und man wird täglich damit berieselt. Man kann diesem Wahn gar nicht mehr entrinnen.

    Ich glaube, es muss jetzt endlich auch mal gut sein, mit dem ewigen schlechten Gewissen. Die ganze Welt weiß es mittlerweile und jetzt reicht es aber auch mit dem ewigen Schuldbewusstsein.

    Deutschland hat seine Strafe schon längst verbüßt und abbezahlt. Es wird Zeit, dass wir wieder lernen aufrecht zu gehen.

    • Es geht darum, nicht zu vergessen. Und, dass sich so etwas nicht wiederholt. Die Zeitzeuge werden immer weniger. Esther sagte zu jungen Gewerkschaftern:
      Esther Bejarano in Köln: „Ihr tragt keine Schuld für das was passiert ist, aber ihr macht euch schuldig, wenn es euch nicht interessiert“

      • Ich habe ja nichts gegen die nette Dame gesagt, sondern nur diesen ganzen Kult um die Vergangenheit infrage gestellt.

        Ich sag’s mal deutlich Herr Stille, jeden Tag, jede Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr, präsentiert man uns den Nazikram nicht nur in Phönix. Das hat schon okkulte Züge.

        Merkwürdigerweise wird über die Gräueltaten an Deutschen nur sehr selten etwas gesagt, oder über die vielen ehrlichen tapferen Soldaten, die erfroren sind.

        Unser Bestreben sollte es sein, sich von den Fesseln der Vergangenheit zu lösen.

        „Wir tragen keine Schuld“, Frau Bejarano. Wir sollen uns für das was war, interessieren, stattdessen fallen wir ständig über Stolpersteine.

      • Hier muss ich dem Bundespräsidenten zustimmen;
        Bundespräsident Steinmeier sagte in Karlshorst:

        “Wir sollten uns erinnern, nicht, um heutige und künftige Generationen mit einer Schuld zu belasten, die nicht die ihre ist, sondern um unserer selbst willen. Wir sollten erinnern, um zu verstehen, wie diese Vergangenheit in der Gegenwart fortwirkt. Nur wer die Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart lesen lernt, nur der wird zu einer Zukunft beitragen können, die Kriege vermeidet, Gewaltherrschaft ablehnt und ein friedliches Zusammenleben in Freiheit ermöglicht.”

      • Mit dem Herrn Steinmeier habe ich echte Probleme, und nicht nur mit dem. Dieser Kerl ist ein Heuchler und Lügner wie er im Buche steht. Schade, dass Sie ihn genau an dieser Stelle, die Ihnen ja unheimlich wichtig erscheint, zitieren. Der gehört nicht ins Schloss Bellevue, sondern in ein kleines und abgeschlossenes Zimmer, aus dem er nicht mehr herauskommt.

        Walter Steinmeier hat als erstes deutsches Staatsoberhaupt am Grab Arafat’s einen Kranz niederlegt, und den anwesenden Juden-mordenden Palästinensern die Hände geschüttelt und Glückwünsche gesendet, an die, die Israel vernichten wollen.

        Vor kurzem noch hat der Bundespräsident den Mullahs zum 40. Jahrestag der Revolution gratuliert. 40 Jahre iranischen Terror gegen Israel hat er ausgeblendet. Obwohl die Deutschen wissen, dass der Iran zur Auslöschung Israels aufruft, unterstützen Steinmeier die Mullahs.

        Das gescheiterte Atomabkommen und die verhängten Sanktionen wollte die Bundesregierung mit dubiosen Firmengründungen umgehen und somit den USA in den Rücken fallen.

        Dann hätten wir da noch Heiko Maas, der die Hisbollah als wichtigen politischen Partner bezeichnet, und mit der Bundesregierung die Einstufung der Hisbollah in eine Terrororganisation verhindert.

        Und nicht zu vergessen die Märtyrer-Renten im Gaza und den PA-Gebieten. Nennt sich dann Wiedergutmachung. Nur, mir ist nicht bekannt, dass Palästinenser in den KZ gesessen hätten. Verkehrte Welt.

        Mal abgesehen von dem Judenkram, hat dieser Typ 13 Millionen Deutsche, echte Deutsche, inkl. 3 Millionen Kinder in dauerhafte Armut geschickt. Schon alles vergessen lieber Herr Stille? Oder interessieren Sie sich nicht für Deutsche, echte Deutsche?

      • Ich finde auch, dass er ein Heuchler ist. Er hat zum Beispiel als Kanzleramtsminister Murat Kurnaz auf Guantanamo nicht geholfen. Er musste noch lange dort vor sich hin rotten. Ich hab ihm das nie vergessen. Die Amis hatten Kurnaz nach Deutschland reisen lassen wollen. Steinmeier blockte kalt ab.

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