Am 27. März 2024 wird zum 62. Mal der Welttheatertag gefeiert, und die Botschaft kommt in diesem Jahr von Literaturnobelpreisträger Jon Fosse: „Kunst ist Frieden“

Alljährlich am 27. März ist Welttheatertag. Ein Tag, an welchen ich stets denke. Auch heute noch, wo ich als ehemaliger, langjähriger Beleuchter längst in Pension bin. Das hat vorwiegend auch damit zu tun, dass ich aus der DDR komme. Da wurde der Welttheatertag stets engagiert und auf vielfältige Weise begangen. Die Kulturinstitute warteten in diesem Zusammenhang mit vielen Veranstaltungen auf. Nicht zuletzt in meinem Heimatbezirk Halle, der der theaterreichste der DDR war.

Erinnerung an eine Begegnung mit Peter Sodann

Auch musste ich sofort an den Schauspieler und Regisseur Peter Sodann denken. Der wurde zu meiner Zeit als Beleuchter am Landestheater Halle Anfang der 1980er Jahre Schauspieldirektor am Hause. Von seiner körperlichen Statur machte er nicht viel her. Er wirkte eher unscheinbar. Eine Täuschung!

Garderobenmarke

Als ich ihn das erste Mal auf dem Gang zur Kantine traf, fragte er mich ziemlich aufgebracht, wie es denn sein könne, dass es auf der Probebühne hereinregnet. Ich zuckte aus Gewohn- und Abgestumpftheit mit den Schultern: Das sei schon eine geraume Zeit so, entgegnete ich ziemlich leichtfertig – dem Hausmeister sei diese Misere bekannt.

Sodann wurde daraufhin fast zu einem HB-Männchen: „Da muss doch was gemacht werden!“, brach es aus ihm hervor. Er habe erst mal Eimer unter die Lecks, durch welche Regenwasser eindrang, gestellt. Für meine leichtfertige Antwort schämte ich mich. Aber was sollte man als Einzelner schon machen? Eine auch heute noch gängige Ausrede. Durch den knurrigen Peter Sodann wurde ich eines Besseren belehrt. Er machte etwas! Und wie! Packte an und zu. Bald stampfte er mit tätiger Hilfe des Schauspielensembles sozusagen ein Theater – sein Theater! – aus dem Boden. Aus dem einstigen „Kino der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ entstand nach und nach das „neue theater“. Das Schauspielensemble des Landestheater Halle hatte eine neue, mit den Jahren immer attraktiver werdende Spielstätte. Mit einem angeschlossenen Café, einer zünftigen Bierkneipe namens „Strieses Biertunnel“ und vielem anderen mehr …

In einem Planet-Interview sagte Sodann:

„Ja, ich habe unser Theater immer als eine weltliche Kirche angesehen, eine Einrichtung, die versucht, der Ungerechtigkeiten des menschlichen Zusammenlebens ein wenig Herr zu werden. Mehr muss ich dazu nicht sagen, Theater zum Selbstzweck hat mir nie gereicht. Und man sollte die Dichter achten, ich sehe heute viele Theater, die sich nicht wundern sollten, wenn in so einer modernistischen Inszenierung irgendwann mal ein Zuschauer aufsteht und den Text so rezitiert, wie er bei Goethe oder Schiller wirklich steht.
Es ging mir auch immer darum, dass ein Theater offen für alle ist, man muss eine Theatereinrichtung so basteln, dass sowohl der gebildete wie auch der etwas weniger gebildete verstehen, was auf der Bühne passiert. Da haben alle ihre Freude dran. Ein elitäres Theater kam für mich nie infrage, wo die Leute dann rauskommen und sagen „das war ja wieder sehr interessant“ – weil du dann genau weißt , dass es nicht gefallen hat.. „

Höchstwahrscheinlich das neue theater in Halle das einzige weltweit ist, das – wie eine Kirche – einen Glockenturm besitzt.

Sodann seinerzeit gegenüber Planet: Ja, die Glocke läutet am Tag zwei Mal, einmal wenn vormittags die Probe beginnt und abends, wenn die Gläubiger und Gläubigen ins Theater gehen. Zur Wende war das auch alles möglich, da musste man niemand fragen, ob man so einen Glockenturm bauen darf, sondern da hat man das eben gemacht. Heute müsste man wahrscheinlich sogar jeden Pfarrer und jeden Abgeordneten fragen..

Zum Welttheatertag

Der Welttheatertag (World Theatre Day) ist ein vom Internationalen Theaterinstitut (ITI) ins Leben gerufener jährlicher Aktionstag und findet seit 1961 am 27. März statt.

Der Welttag würdigt mit öffentlichen Veranstaltungen die Bedeutung der Theaterkünste. Jährlich setzt sich ein internationaler Theaterkünstler (in einer „Botschaft zum Welttheatertag“) mit Bedeutung und Wirkung der Bühnenkunst im gesellschaftlichen Kontext auseinander. Der Text wird übersetzt und verbreitet. Am Sitz der UNESCO in Paris wird der Welttheatertag seit vielen Jahren zusammen mit Vertretern des ITI und den Verfassern der Botschaft mit einer öffentlichen Veranstaltung begangen.[1]

Geschichte

Der Welttag des Theaters wurde vom 9. Weltkongress des ITI 1961 in Wien beschlossen[2]. Die Datierung geht zurück auf den traditionellen alljährlichen Eröffnungstag des ITI-Festivals „Theater der Nationen“ in Paris am 27. März.[3] Schon in den ersten Jahren wurde der Welttheatertag in über 80 Ländern mit Sonderveranstaltungen und öffentlichen Aktionen begangen. Zu den Verfassern der Botschaft zum Welttheatertag gehörten u.a. Jean Cocteau, Arthur Miller, Laurence Olivier, Helene Weigel, Peter Brook, Dmitrij Schostakowitsch, Pablo Neruda, Maurice Béjart, Ellen Stewart, Wole Soyinka, Tankred Dorst, Václav Havel, Augusto Boal.[4] (Quelle: Wikipedia)

Weltweit zelebrieren über 80 Länder diesen Tag seit seiner Gründung 1961, die aus der Initiative des finnischen International Theatre Institute (ITI) hervorgegangen ist. Heute setzt sich das internationale Theaternetzwerk aus 86 teilnehmenden Nationen zusammen. Zum Welttheatertag gehören Sonderveranstaltungen und öffentliche Aktionen. Dieses Jahr findet die Veranstaltung online statt. Renommierte Künstler aus dem Film- und Theaterbereich verbreiten jeweils eine Botschaft anlässlich des Welttheatertages. Die Botschaft richtet sich an die Bedeutung und gesellschaftliche Relevanz der Bühnenkunst und wird jedes Jahr in zahlreiche Sprachen übersetzt.

War denn das Theater für Sie eine Protest-Institution?“, wurde seinerzeit Sodann im Planet-Interview gefragt


Sodann:

„Ich habe versucht, immer die Wahrheit, die ich in einem Stück erkannt habe, auch auf der Bühne darzustellen. Ich fand, dass ein Theater auch immer ein aufklärerisches Institut sein muss. Denn die Dummheit, die in der Welt herrscht, musste ja irgendwann mal verschwinden. Und mein Theater war immer voll, vor der Wende und auch danach. Wobei ich meinen Spielplan nicht geändert habe, sondern stur so weitergemacht habe wie bisher, im Gegensatz zu vielen anderen Theatern, die nach der Wende umgeschwenkt haben und ganz andere Sachen gespielt haben.“

Theater muss sein!

Immer wieder einmal sind Theater in ihrer Existenz bedroht. Schon einmal in den 1990er Jahren war das so. Der Deutsche Bühnenverein startete – ich glaube mich zu erinnern – nicht zuletzt auf Initiative des großen Theatermannes August Everding die Aktion „Theater muss sein!“. Das muss ordentlich gefettet werden: Theater muss sein!

Und vergessen wir nicht (vor allen den dafür Verantwortlichen niemals): Auch in der Corona-Zeit hatten u.a. Theater und Theaterkünstler mit großen Einschränkungen zu kämpfen oder konnten gar nicht spielen.

Die BOTSCHAFT ZUM WELTTHEATERTAG 2024 verfasste Jon Fosse

Kunst ist Frieden. Jeder Mensch für sich ist einzigartig, und doch ist er allen anderen Menschen gleich. Das Einzigartige ist äußerlich und man kann es sehen, so weit, so gut, doch gibt es in jedem einzelnen Menschen auch etwas, das nur diesem Menschen zugehört, das dieser Mensch ist. Wir könnten es Seele nennen, oder Geist – oder wir brauchen dem nicht unbedingt einen Namen zugeben, lassen wir es einfach, wo es ist. Wir sind zwar verschieden, dabei einander aber auch gleich. Menschen aus allen Teilen der Welt sind einander im Wesentlichen gleich, ohne Ansehen unserer Sprache, unserer Hautfarbe, unserer Haarfarbe. Es ist vielleicht ein Paradox, dass wir sowohl gleich als auch verschieden sind. Und vielleicht ist der Mensch paradox in seiner Spannung zwischen Körper und Seele, zwischen dem, was ganz und gar im Materiellen, Immanenten verwurzelt ist, und dem, was die materiellen Bindungen und Begrenzungen transzendiert. Der Kunst aber, guter Kunst, gelingt es auf ihre wundersame Weise, das ganz und gar Einzigartige und das Universelle miteinander zu vereinen, ja, sie kann bewirken, dass das Einzigartige, man kann auch sagen, das Fremde, universell verstanden wird. Sie sprengt auf ihre Weise die Grenzen zwischen Sprachen, Ländern, Erdteilen. So gesehen führt sie nicht nur das zusammen, was einzelne Menschen prägt und ausmacht, sondern auch, in einer anderen Bedeutung, das jenige, was Gruppen von Menschen prägt und ausmacht, zum Beispiel Nationen.Und dies bewerkstelligen die Künste eben nicht dadurch, dass sie alles gleich machen, sondern im Gegenteil die Ungleichheiten herausstellen, ja, das Fremde, das, was man nicht ganz begreift und dennoch auf gewisse Weise begreift, das Enigmatische könnte man es vielleicht nennen, etwas, das fasziniert, ja, das die Transzendenz erschafft, die Überschreitung, die aller Kunst innewohnen muss, als Essenz, aber auch als Ziel.

Eine bessere Weise, Gegensätze zu vereinen, kann ich mir nicht vorstellen. Das ist das genaue

Gegenstück zum gewaltsamen Konflikt, wie wir ihn so allzu oft sich entfalten sehen dank der

destruktiven Versuchung, das Fremde zu zerstören, das einzigartig Andere, oft unter Einsatz

bestialischer technologischer Neuerungen. Das ist Terror. Das ist Krieg. Denn der Mensch hat

auch eine animalische Seite, eine instinktgetriebene, die das Andere, das Fremde, nicht als etwas

faszinierend Enigmatisches erlebt, sondern als Bedrohung der eigenen Existenz. Und dann

verschwindet das Einzigartige, das Verschiedenartige, das universell verständlich ist, und wird

zu einer kollektiven Gleichheit, in der alles Andersartige eine Bedrohung ist und zunichte

gemacht werden soll. Was äußerlich gesehen Verschiedenheiten sind, beispielsweise zwischen

Religionen oder politischen Ideologien, wird bekämpft und vernichtet.

Krieg ist Kampf gegen das Innerste des Menschen, gegen das Einzigartige. Und er ist Kampf

gegen alle Kunst, gegen das Innerste jeglicher Kunst.

Ich habe mich dafür entschieden, hier allgemein von den Künsten zu sprechen, nicht speziell von

der Theaterkunst, da alle gute Kunst, wiederum in ihrem Innersten, um dasselbe kreist: darum,

das ganz und gar Einzigartige, das ganz Eigene, universell werden zu lassen. Sie vereint in ihrem

künstlerischen Ausdruck das Einzigartige und das Universelle. Nicht, indem sie Eigenarten

entfernt, sondern indem sie sie hervorhebt, indem sie das Fremde deutlich sichtbar macht.

Es ist ganz einfach so: Krieg und Kunst sind Gegensätze, sowie Krieg und Frieden Gegensätze

sind. Kunst ist Frieden.

Jon Fosse

Aus dem Norwegischen übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel

Beitragsbild: „Probenpause“; Foto: T.W.

Zum Welttheatertag

Trübe und grau ist dieser Sonnabend heute. Zumindest hier in Dortmund. Soeben grollte leichter Donner. Ein leichtes Frühlingsgewitter. Dieser Tag – und auch so viele (zu viele andere!) Tage zuvor waren ebenfalls getrübt. Für Leute nämlich denen in der Corona-Pandemie von einer im Wesentlichen wirr und chaotisch agierenden Bundesregierung und einem Corona-Kabinett, welches im Grundgesetz überhaupt nicht vorgesehen ist, die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verboten worden ist. Dazu gehören auch Ladenbesitzer, Gastronomen und viele andere mehr. Ebenso jede Menge freischaffende Künstler, Musiker und Techniker. Viele stehen vor dem Aus. Auch die Theater, die für das kulturelle Leben in unserer Gesellschaft so wichtig sind, bleiben nach wie vor geschlossen. Dabei haben viele von ihnen Hygienekonzepte entwickelt, die zumindest eine Öffnung im kleineren Rahmen möglich machen …

Heute schreibe wir den 27. März. Es ist Welttheatertag. Ein Tag, an welchen ich stets denke. Auch heute noch, wo ich als ehemaliger, langjähriger Beleuchter längst in Pension bin. Das hat vorwiegend auch damit zu tun, dass ich aus der DDR komme. Da wurde stets der Welttheatertag auf vielfältige Weise begangen. Die Kulturinstitute warteten in diesem Zusammenhang mit vielen Veranstaltungen auf. Nicht zuletzt in meinem Heimatbezirk Halle, der der theaterreichste in der DDR war.

Heute ist Welttheatertag. Und dunkle Wolken schweben bedrohlich tief über vielen Theatern in der Welt. In seiner Betrachtung zum Welttheatertag „Der Vorhang zu und viele Fragen offen“ schreibt Stefan Petraschewsky, MDR KULTUR-Theaterredakteur: „‚Die ungestörte Theaterausübung wird gewährleistet‘ – so heißt es leider nicht im Artikel 4 des Grundgesetzes. Stattdessen ist da von Religionsausübung die Rede. Schade auch! Zum Welttheatertag am 27. März hat sich MDR KULTUR-Theaterredakteur Stefan Petraschewsky Gedanken darüber gemacht, warum die Kirchen offen und die Theater geschlossen sind.“

Sind denn die uns Regierenden (wir haben die, welche wir verdienen – oder etwa nicht?) allesamt Kulturbanausen? Sicher nicht. Jedenfalls nicht alle. Jedoch gibt es welche (einer von ihnen residiert in München), die sich gerne im Glanz und Glamour von Kulturveranstaltungen – und zwar nicht nur in Salzburg oder Bayreuth – sonnen und von Pressefotografen in stolzen Posen ablichten lassen. Jetzt aber, wo sie den Kulturbetrieben Arbeitsverbot erteilt haben und tausenden Freischaffenden das Wasser bis zum Halse steht – nicht wissen, ob sie demnächst noch ihre monatlichen Verbindlichkeiten bedienen können – halten sie sich im Hintergrund. Dabei mögen den Staats- und Stadttheater noch halbwegs über die Runden kommen. Aber was heißt das schon? Ist das ein Trost?

Der MDR KULTUR-Theaterredakteur Stefan Petraschewsky hat sich Gedanken darüber gemacht, warum die Kirchen offen und die Theater geschlossen sind.

Berechtigt! Denn: gibt es da einen Unterschied?

Als ich den Text Petraschewskys las, musste ich sofort an den Schauspieler Peter Sodann denken. Der wurde zu meiner Zeit als Beleuchter am Landestheater Halle Anfang der 1980er Jahre dortiger Schauspieldirektor. Von seiner körperlichen Statur machte er nicht viel her. Er wirkte eher unscheinbar. Eine Täuschung! Als ich ihn das erste Mal auf dem Gang zur Kantine traf, fragte er mich ziemlich aufgebracht, wie es denn sein könne, dass es auf der Probebühne hereinregnet. Ich zuckte mehr oder weniger mit den Schultern: Das sei schon eine geraume Zeit so, entgegnete ich ziemlich leichtfertig – dem Hausmeister sei diese Misere bekannt. Sodann wurde daraufhin fast zu einem HB-Männchen: „Da muss doch was gemacht werden!“ Er habe erst mal Eimer unter die Lecks, durch welche das Regenwasser eindrang, gestellt. Für meine leichtfertige Antwort schämte ich mich ein wenig. Aber was sollte man als Einzelner schon machen? Eine auch heute noch gängige Ausrede. Durch den knurrigen Peter Sodann wurde ich eines Besseren belehrt. Er machte etwas! Und wie! Er stampfte sozusagen ein Theater – sein Theater! – aus dem Boden. Aus dem einstigen „Kino der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ entstand nach und nach das „neue theater“. Das Schauspielensemble des Landestheater Halle hatte eine neue, mit den Jahren immer attraktiver werdende Spielstätte. Mit einem angeschlossenen Café, einer zünftigen Bierkneipe namens „Strieses Biertunnel“ und vielem anderen mehr …

Foto: C. Stille

Apropos Kirche! Ich bin abgeschweift. Warum kam ich auf Sodann? Für Peter Sodann galten Theaterbesucher nämlich als „Gläubige“.

Im Planet-Interview sagte Sodann:

„Ja, ich habe unser Theater immer als eine weltliche Kirche angesehen, eine Einrichtung, die versucht, der Ungerechtigkeiten des menschlichen Zusammenlebens ein wenig Herr zu werden. Mehr muss ich dazu nicht sagen, Theater zum Selbstzweck hat mir nie gereicht. Und man sollte die Dichter achten, ich sehe heute viele Theater, die sich nicht wundern sollten, wenn in so einer modernistischen Inszenierung irgendwann mal ein Zuschauer aufsteht und den Text so rezitiert, wie er bei Goethe oder Schiller wirklich steht.
Es ging mir auch immer darum, dass ein Theater offen für alle ist, man muss eine Theatereinrichtung so basteln, dass sowohl der gebildete wie auch der etwas weniger gebildete verstehen, was auf der Bühne passiert. Da haben alle ihre Freude dran. Ein elitäres Theater kam für mich nie infrage, wo die Leute dann rauskommen und sagen „das war ja wieder sehr interessant“ – weil du dann genau weißt , dass es nicht gefallen hat.. „

Höchstwahrscheinlich ist das neue theater in Halle das einzige weltweit, das – wie eine Kirche – einen Glockenturm besitzt.


Sodann seinerzeit gegenüber Planet: Ja, die Glocke läutet am Tag zwei Mal, einmal wenn vormittags die Probe beginnt und abends, wenn die Gläubiger und Gläubigen ins Theater gehen. Zur Wende war das auch alles möglich, da musste man niemand fragen, ob man so einen Glockenturm bauen darf, sondern da hat man das eben gemacht. Heute müsste man wahrscheinlich sogar jeden Pfarrer und jeden Abgeordneten fragen..

Zum Welttheatertag

Der Welttheatertag (World Theatre Day) ist ein vom Internationalen Theaterinstitut (ITI) ins Leben gerufener jährlicher Aktionstag und findet seit 1961 am 27. März statt.

Der Welttag würdigt mit öffentlichen Veranstaltungen die Bedeutung der Theaterkünste. Jährlich setzt sich ein internationaler Theaterkünstler (in einer „Botschaft zum Welttheatertag“) mit Bedeutung und Wirkung der Bühnenkunst im gesellschaftlichen Kontext auseinander. Der Text wird übersetzt und verbreitet. Am Sitz der UNESCO in Paris wird der Welttheatertag seit vielen Jahren zusammen mit Vertretern des ITI und den Verfassern der Botschaft mit einer öffentlichen Veranstaltung begangen.[1]

Geschichte

Der Welttag des Theaters wurde vom 9. Weltkongress des ITI 1961 in Wien beschlossen[2]. Die Datierung geht zurück auf den traditionellen alljährlichen Eröffnungstag des ITI-Festivals „Theater der Nationen“ in Paris am 27. März.[3] Schon in den ersten Jahren wurde der Welttheatertag in über 80 Ländern mit Sonderveranstaltungen und öffentlichen Aktionen begangen. Zu den Verfassern der Botschaft zum Welttheatertag gehörten u. a. Jean Cocteau, Arthur Miller, Laurence Olivier, Helene Weigel, Peter Brook, Dmitrij Schostakowitsch, Pablo Neruda, Maurice Béjart, Ellen Stewart, Wole Soyinka, Tankred Dorst, Václav Havel, Augusto Boal.[4] (Quelle: Wikipedia)

Am Sonnabend, den 27. März ist Welttheatertag. Weltweit zelebrieren über 80 Länder diesen Tag seit seiner Gründung 1961, die aus der Initiative des finnischen International Theatre Institute (ITI) hervorgegangen ist. Heute setzt sich das internationale Theaternetzwerk aus 86 teilnehmenden Nationen zusammen. Zum Welttheatertag gehören Sonderveranstaltungen und öffentliche Aktionen. Dieses Jahr findet die Veranstaltung online statt. Das Generalsekretariat des ITI hat hierzu Theaterkünstler*innen und Gruppen dazu aufgerufen, Performance-Videos einzureichen. Die Videos werden während des gesamten Tages am 27. März gestreamt und können nach der Veranstaltung auf den Websites des ITI Worldwide und des World Theater Day aufgerufen werden. Jedes Jahr verbreiten renommierte Künstler*innen aus dem Film- und Theaterbereich jeweils eine Botschaft anlässlich des Welttheatertages. Die Botschaft richtet sich an die Bedeutung und gesellschaftliche Relevanz der Bühnenkunst und wird jedes Jahr in zahlreiche Sprachen übersetzt. Veröffentlichungen zum Welttheatertag von ITI -Deutschland finden Sie hier.

Kuppel des Opernhauses Dortmund während früherer Bauabeiten. Foto: Stille

Die diesjährige Botschaft kommt von der Theater-, Film- und Fernsehschauspielerin und Oscar-Preisträgerin Helen Mirren:

„Dies ist eine sehr schwere Zeit für die darstellenden Künste, für viele Künstler:innen, Techniker*innen und Handwerker*innen in einem ohnehin von Unsicherheit geprägten Beruf. Vielleicht aber hat diese stets präsente Unsicherheit sie fähiger gemacht, diese Pandemie mit Witz und Mut zu überstehen. Schon jetzt drückt sich ihre Fantasie unter diesen neuen Umständen in einfallsreichen, unterhaltsamen und bewegenden Formen der Kommunikation aus – größtenteils dank des Internet. Menschen haben einander Geschichten erzählt, seit sie auf diesem Planeten sind. Und solange wir hier leben, wird es die wunderbare Kultur des Theaters geben. Der Schaffensdrang von Schriftstellern*innen, Designer*innen, Tänzer*innen, Sänger*innen, Schauspieler*innen, Musiker*innen und Regisseur*innen wird niemals erstickt werden und in sehr naher Zukunft mit neuer Energie und einem neuen Verständnis für die Welt, die wir alle teilen, wieder aufblühen. Ich kann es kaum erwarten!“

Ohne Kultur keine Zukunft. Die jedoch auch eine Dystopie sein kann, wie Schauspieler Armin Rohde einst warnte

Vor etlichen Jahren warnte der Schauspieler Armin Rohde auf einer Protestveranstaltung, die sich gegen eine von der Stadt Wuppertal geplante Theaterschließung (Rohde selbst war einst an dieser Bühne engagiert gewesen) richtete: Gehe der Kahlschlag gegen Kunst und Kultur so weiter und die Schließung von anderen gesellschaftsrelevanten Einrichtungen, würden die Menschen wohl alsbald mit Knüppeln wütend durch die Straßen rennen und sich gegenseitig die Köpfe einschlagen (dazu etwas in meinem Freitag-Beitrag). Was Rohde meinte: Kultur und Kunst sind für eine zivilisierte Form der Gesellschaft unabdingbar.

Leerstelle in der Corona-Krise: Zuschauerraum des Opernhauses Dortmund mit Blick auf die verwaiste Bühne. Foto: TW

Die Welt ist arg gespalten und in schwieriger Situation wie im Gründungsjahr des Internationalen Theaterinstituts 1948 in Prag

In einer ähnlich zersplitterten Welt wie heute, konstatiert MDR KULTUR-Theaterredakteur Petraschewsky „wurde das Internationale Theaterinstitut (ITI) gegründet. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg, 1948 in Prag. Es ging um Kulturaustausch und Völkerverständigung. Theater wurde schon damals als Mittel verstanden, um Information übereinander und gegenseitiges Verständnis zu transportieren. Es ging auch, das kann man in den Dokumenten aus Prag nachlesen, um Humanität. Gerade Theatergastspiele seien geeignet, das Sich-Nahe-kommen der Menschen und Völker zu ermöglichen. Nähe ist allerdings wegen der Pandemie gerade schlecht möglich. Theatergastspiele auch nicht.“

Warum denn nicht, fragen sich tausende Theaterschaffende seit Tagen in Frankreich. In Paris und vielen anderen Orten der Grand Nation haben sie ihre Theaterhäuser besetzt. Sie mahnen auf vielfältige Art und Weise: „Wir sterben, aber nicht auf der Bühne.“ (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Auch die französische Filmindustrie leidet sehr unter den Beschränkungen in der Corona-Pandemie. Darauf machte die Schauspielerin Corinne Masiero bei der Verleihung der César-Preise aufmerksam – auf eine besondere Art und Weise: Sie protestierte nackt auf der César-Preisverleihung. (Quelle: 20minuten.ch)

Unwillkürlich fragt man sich angesichts des Engagement in Frankreich: Wo bleiben hierzulande die Forderungen und Proteste der Theaterschaffenden, unterstützt durch deren Publikum?

Und noch einmal fällt mir Peter Sodann ein. Ich weiß nicht, was er zur Corona-Situation im Allgemeinen und zur Lage der Theater zu sagen hat. Allerdings ist er mir als jemand bekannt, der nie aufgab – waren die Steine die im Weg lagen oder ihm in den Weg gelegt wurden auch noch so mächtig. Dazu noch ein Beispiel: In der DDR war vieles knapp oder lief nicht so wie es sollte. Als in einem kalten Winter Kohlelieferungen für das neue theater nur sporadisch kamen oder ganz ausblieben und die Zuschauer manchmal in ihre dicke Winterkleidung eingemummelt in den Vorstellungen sitzen mussten, handelte er. Er wollte einfach nicht in Kauf nehmen, dass Aufführungen abgesagt werden mussten. Klar, es war ziemlich verwegen, was er da in der Not tat und gewiss auch alles andere als legal: Es hieß damals, er habe auf der Straße Lastkraftwagen des VEB Kohlehandel einfach gestoppt und sie samt ihrer Ladung zu „seinem“ Theater umgeleitet. Und bezahlt hat der die Kohle aus Filmgagen. Da mussten halt die Kohlefahrer noch einmal zum Laden fahren und die anderen Besteller verspätet beliefern. Zeiten waren das!

War denn das Theater für Sie eine Protest-Institution?“, wurde Sodann im Planet-Interview gefragt


Sodann:

„Ich habe versucht, immer die Wahrheit, die ich in einem Stück erkannt habe, auch auf der Bühne darzustellen. Ich fand, dass ein Theater auch immer ein aufklärerisches Institut sein muss. Denn die Dummheit, die in der Welt herrscht, musste ja irgendwann mal verschwinden. Und mein Theater war immer voll, vor der Wende und auch danach. Wobei ich meinen Spielplan nicht geändert habe, sondern stur so weitergemacht habe wie bisher, im Gegensatz zu vielen anderen Theatern, die nach der Wende umgeschwenkt haben und ganz andere Sachen gespielt haben.“

Theater muss sein!

Schon einmal in den 1990er Jahren waren in Deutschland Theater in ihrer Existenz bedroht. Der Deutsche Bühnenverein startete – ich glaube mich zu erinnern – nicht zuletzt auf Initiative des großen Theatermannes August Everding die Aktion „Theater muss sein!“. Das muss ordentlich gefettet werden: Theater muss sein! Auch jetzt in der Pandemie muss das gelten, finde ich. Meinetwegen mit Einschränkungen und Abständen. Doch niemand soll bitte daran denken, später – sollte dies Pandemie je beendet werden – Theater und andere Kultureinrichtungen und Festivals nur denen zugänglich zu machen, die einen Impfpass besitzen!





Ein trauriger und düsterer Welttheatertag ist das heute. Das Gewitter über Dortmund grollt noch immer. Der Himmel ist grau. Er wird sich irgendwann wieder lichten. Doch die dunklen, dick über unseren Theatern dräuenden Wolken werden bleiben. Wie lange noch? Leute wie Peter Sodann machen Hoffnung. Geht nicht, gibt es für sie nicht. Öffnet die Theater! Kultur ist ein LEBENSMITTEL! Und damit systemrelevant. Jetzt hagelt es auch noch in Dortmund!

Möge es zeitnah schöpferische Proteste hageln, die die Öffnung unserer Theater und Opernhäuser herbeiführen. In Frankreich schlafen die protestierenden Theaterschaffenden auf Matratzen in den ihren von ihnen besetzten Musentempeln, ihren Arbeitsstätten. Mögen bald wieder die Stimmen der Inspizientinnen und Inspizienten in den Bühnenhäusern erklingen: “Guten Abend, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen …”

Beitragsbild: Beleuchtungsbrücke. Repro: C. Stille

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst auf „Frische Sicht“.