Kanzler Scholz braucht noch einen Wahrheitsminister

Unser Leben in einer Gesellschaft mit staatlich geschütztem Meinungsmonopol / Zensur zerstört die Rechtsstaatlichkeit

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Wozu selbst eine Annäherung ans Thema schreiben, wenn man einen schönen Tucholsky zitieren kann? „Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen hasst die anderen Klumpen, weil sie die anderen sind, und die eigenen Klumpen, weil sie die eigenen sind. … Menschen miteinander gibt es nicht. Es gibt nur Menschen, die herrschen, und solche, die beherrscht werden.“i Wir müssen uns bedauerlicherweise mehrheitlich zur zweiten Sorte Mensch rechnen. So arg von der ersten „beherrscht“, dass wir uns von ihr sogar die Meinung verbiegen bzw. verbieten lassen. Der deutsche Michel ergibt sich der Zensur meist widerstandslos – wie eh und je.

Ein führender Grünen-Politiker erklärte jüngst „Gerade in diesen Zeiten ist das Grundgesetz unser Kompass“ii. Das hat weniger Nutzwert als ein Stapel gebrauchter Abfalltüten. Es sind schließlich hierzulande wie überall im „Wertewesten“ die „demokratischen“ Polit-Eliten, die sich nicht die Bohne um die Grundrechte scheren.

Die Grundrechte sind in erster Linie Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat“iii,

urteilte das Bundesverfassungsgericht anno 1958 bezüglich der Meinungsfreiheit. Das ist lange her. Die meisten unserer politischen Auftragnehmer lassen sich, soweit sie das Urteil überhaupt kennen, davon garantiert nicht beirren. Ihre fortwährenden propagandistischen Bekenntnisse zu den Menschenrechten übertünchen nur die dem Wahlvolk entgegengebrachte Herablassung. Im Übrigen dienen sie dazu, sich anderen Ländern gegenüber zu erhöhen.

Entsprechend aufgeblasen heißt es auf den Web-Seiten des Baerbock-Ministeriums: 

Das Grundgesetz garantiert … nicht nur die Menschenrechte in Deutschland, sondern verpflichtet uns, uns auf der ganzen Welt für den Schutz der Würde und der Grundfreiheiten der Menschen einzusetzen.”iv

Ein Heißluftballon, aufgeheizt mit Anmaßung und missionarischem Eifer; angesichts der zahllosen erpresserischen Aktivitäten der deutschen Außenpolitik eine absurde Heuchelei. Deutsche Regierungen haben (wie die meisten westlichen Länder, voran die USA) unzählige Konflikte provoziert, „Farbrevolutionen“ unterstützt, Kriege (herbei)geführt und mit wirtschaftlichen und anderen Repressionen dazu beigetragen, dass Millionen Menschen getötet, verstümmelt, zur Flucht getrieben und rundum ihrer Menschenwürde beraubt wurden. Passend dazu ein Statement des Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela:

Wenn zwei Nachbarländer gegeneinander kämpfen, dann weißt du, dass die USA eines davon besucht hatten.“v

Wo blieben dieMenschenrechte im transatlantischen Herrschaftsbereich?

Egon Bahr (1922-2015), hochrespektierter SPD-Politiker, hatte den aktuell wieder von den Grünen aufgetischten, anscheinend unausrottbaren Stuss „Menschenrechte-geleitete Politik“ schon vor Jahren im Kreis von Schülern entlarvt:

In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“vi

Kriminelle Einmischung

Die Wahrung der Menschenrechte ist eine Obliegenheit der Vereinten Nationen. Die deutsche Regierung hat diesbezüglich gegenüber anderen Staaten keine Eingriffsrechte. Ihre Einmischung in die vorgeblich menschenrechtswidrige Politik missliebiger Staaten, häufig mit Wirtschafts- und anderen Sanktionen verbunden, ist schierer Völkerrechtsbruch. Das begleitende Aufhetzen von Bevölkerungsgruppen gegeneinander dient lediglich der Destabilisierung und einem angestrebten Umsturz. In Syrien, Venezuela, Hongkong und Weißrussland gelang das nicht; in der Ukraine und in Libyen schon. Demokratie und Menschenrechte kamen dabei bekanntlich nicht zum Zuge. Die heimgesuchten Völker wurden in Chaos und Elend gestürzt.

Typisch deutsche Doppelmoral und damit Unmoral: Anpassungsdruck wird nur auf unliebsame Staaten ausgeübt. 

Auf Russland zum Beispiel. Die Trampoline im Berliner Außenamt will unseren europäischen Nachbarn bekanntlich „ruinieren“.vii Ihr gehässiger, dummdreister Spruch blieb als eine der übelsten Fehlleistungen der deutschen Außenpolitik im kollektiven Gedächtnis haften. Nach der letzten Präsidentenwahl in Russland zeterte Baerbock, wie üblich so schlecht informiert wie vorlaut:

Der Wahlvorgang zeigt nicht nur das ruchlose Vorgehen Putins gegenüber seinem eigenen Volk, sondern auch gegen die Charta der Vereinten Nationen“.viii

Eine intellektuell wenigstens halbwegs anspruchsvolle Begründung oder gar Belege für den Schmäh hatte die unreif wirkende Quasselstrippe nicht zu bieten. Die Tagesschau verbreitete ihr Geschwafel trotzdem. Wolf Schneiders journalistische Mahnung,

typische Lügen der Politiker nicht in den Stand der Wahrheit zu erheben“ix,

ignoriert die grün versiffte Redaktion ARD-aktuell gewohnheitsmäßig. Die journalistischen Berufskrankheiten – Rückgratverkrümmung und Schleimbeutelentzündung – therapiert man bei ARD-aktuell mit regierungsfrommer Gefolgschaftstreue.

Beleg für Prinzipien- und Charakterlosigkeit: Über Saudi-Arabien äußern sich unsere Berliner Regierenden und ihre journalistischen Wasserträger nur pastoral säuselnd. Baerbock in ihrem verkorksten Deutsch:

Es ist kein Geheimnis, dass uns im Bereich der Menschenrechte immer noch vieles teilt“.x

Dass sie einer „islamistischen Kopf-ab-Diktatur“xi Aufwartung macht, wird dem Zuschauer nicht vermittelt.

Blutige Imperien

Der Staatsterrorismus Israels ist natürlich vollends tabu. Weder unsere Regierung noch die Leit- und Konzernmedien gebrauchten je diese angemessene Qualifizierung, nicht einmal, als das israelische Militär die extralegale Hinrichtung des Libanesen Nasrallah mittels einer 900-Kilo-Bombexii (!) besorgte, zugleich mehrere Hochhäuser in Beirut zerstörte und deren mindestens 600 Bewohner ermordete. Deutschland liefert trotz des israelischen Völkermords in Gaza weiterhin Großwaffen an Israel.xiii Menschenrechte…?

Im Irak verbleibt eine räuberische Besatzungstruppexiv der USA, obwohl das Parlament und die Regierung in Bagdad die Amis wiederholt zum Verschwinden aufgefordert haben.xv In den USA, dem „Land der Freien, Heimat der Tapferenxvi gilt bis heute ein verrottetes Wahlsystem, das demokratischen Maßstäben Hohn spricht.xvii Der Titel „Verrohte Staaten von Amerika“xviii, bezogen auf die (von der UNO geächtetexix) Todesstrafe und deren grausame Praxisxx, trifft auf den Punkt. Haben wir jemals von Vorstößen Baerbocks oder gar ihres „Ich-kann-mich-nicht-erinnern“-Gummibärchen-Kanzlers gehört, die USA sollten gefälligst damit aufhören und zuallererst einmal ihr Folterlager in Guantanamo schließen? Menschenrechte?

Was menschenrechtsfeindlich ist und was nicht, bestimmen die Eliten des Wertewestens nach Bedarfslage. Die zynische Gesinnungslumperei der Bundesregierung, Russland einen „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ gegen die Ukraine vorzuwerfen und zugleich mit Geld und Waffen alles dafür zu tun, dass er nicht endet, ist nicht mehr steigerungsfähig.

An die eigene Nase gefasst

Wie steht es, menschenrechtlich betrachtet, bei uns hierzulande? Zum Beispiel mit dem grundgesetzlich garantierten Recht auf Informationsfreiheit? Dazu gehen wir jetzt erst mal andachtsvoll in die Knie, legen die Hände zusammen und lauschen unseren europäischen und deutschen Gesetzgebern:

Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“

heißt es wortgleich in Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Unionxxi und der Europäischen Menschenrechtskonvention.xxii Und im deutschen Grundgesetz:  

Jeder hat das Recht, seine Meinung … frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten … Eine Zensur findet nicht statt.“xxiii

Ampelregierung, Justizbehörden, Mainstream-Medien und Verfassungsschutz blasen den Weihrauch gleich wieder fort. Der Pferdefuß des hehren Gesetzes:

Die Ausübung dieser Freiheiten … kann Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Straf­drohungen unterworfen werden, die … notwendig sind für die nationale Sicherheit … oder … zur Aufrechterhaltung der Ordnung…“xxiv

Das ist so schön schwammig, dass sich damit die Hüpfburgen sämtlicher Berliner Kindertagesstätten auskleiden ließen. Im Alltag des erwachsenen Bürgers wirkt die gesetzliche Begrenzung der Informationsfreiheit faktisch wie deren Abschaffung. Staatliche Bevormundung und Meinungsdirigismus führen eben zum betreuten Denken, vorzugsweise bei der Journaille.

Wir erleben weitgehend eine Gleichschaltung der Medien, wie ich sie so in der Bundesrepublik noch nie erlebt habe. Das ist pure Meinungsmache. Und zwar nicht im staatlichen Auftrag, wie es aus totalitären Regimen bekannt ist, sondern aus reiner Selbstermächtigung.“xxv

Falls tatsächlich nicht „im staatlichen Auftrag“, dann jedenfalls in Erfüllung staatlicher Erwartung.

Wie kam es dazu? Frischen wir unser Gedächtnis auf: Den Alltag belastend begann der erbitterte Meinungskampf mit der hässlichen AgitProp in der Corona-Debatte. Es folgte der Ukraine-Streit. Denn:

Eine der größten und gefährlichsten Medienlügen dieser Zeit ist, dass Putin einen ‚unprovozierten Krieg‘ in der Ukraine begonnen habe.“ xxvi

Eine von den USA und ihren Vasallen initiierte und durchgesetzte Medienlüge. Als dieser Krieg im Februar 22 ins Zentrum der Geopolitik rückte, sperrte die EU-Polit-Elite im Blitzverfahren und ohne jegliche parlamentarische Beteiligung die weit verbreiteten russischen Medien aus. Sie beherzigte einen Lehrsatz Montesquieus:

Unbedingter Gehorsam setzt Unwissenheit bei den Gehorchenden voraus.“ xxvii

Rossiya Segodnja ist die wichtigste russische öffentlich-rechtliche Rundfunkgruppe. Sie betreibt sechs Fernsehkanäle (RT-Gruppe), Nachrichtenagenturen (Sputnik, RIA-Novosti) und Websites (Voice of Europe). Ihre Angebote sind jetzt im transatlantischen Westeuropa komplett verboten.xxviii Besonders Russland today (derzeit noch erreichbar per https://dert.online), in Deutschland nach wie vor beliebt (bei YouTube z.B. vor dem Verbot 600 000 Abonnenten), ist den Herrschenden seit eh und je ein Dorn im Auge. Es berichtet eben auch über Ereignisse und Standpunkte, die von den regierungshörig gleichgeschalteten Mainstreammedien verschwiegen wurden.

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass das vom Rat der Europäischen Unionxxix verfügte Verbot berechtigt sei, da eine

ernste Bedrohung des Friedens an den Grenzen der Europäischen Union“ bestanden habe. … „Die Russische Föderation habe Fakten manipuliert und eine Propagandakampagne gestartet, die den Angriff auf die Ukraine legitimieren sollte.xxx

Ein hanebüchen konformistisches Urteil, erwirkt für den EU-Rat, einen jeglicher parlamentarischen Kontrolle entzogenen Kungelclub der EU-Regierungschefs. Es macht deutlich, dass im Zweifel – wie zu obrigkeitsstaatlichen und faschistischen Zeiten – die Pressefreiheit nur von Herrschafts Gnaden abhängt – und dass EU-Richter nur wird, wer ins politische System passt. Der Negativ-Beweis: Dass die deutsche Regierung eine Führungsrolle beim völkerrechtswidrigen und mörderischen Angriffskrieg gegen Jugoslawien hattexxxi, kam nie vor Gericht und wurde auch nie in der Tagesschau angesprochen.

Immer die gleiche Leier

Hier noch eine kleine Portion Realsatire: Tagesschau & Co. müssen laut Gesetz zwar die Grundsätze der Objektivität und der Unparteilichkeit achten, dürfen und können aber ihre Informationen nur aus „westlichen“ Quellen zapfen, weil die russischen eben verboten sind. Wie das zusammen gehen soll, wissen die Götter. Der Schöpfer des Hohelieds auf das deutsche Deppentum „Ein Loch ist im Eimer, Karl-Otto“xxxii hat sich vermutlich vom Dauerlauf gegen die Gummiwand unseres staatlichen Meinungsmonopols inspirieren lassen.

Den Bürgern wird mittels Zensur das Recht genommen, sich aus allen allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Sie haben den stereotypen transatlantischen Propagandadreck zu fressen und basta. Der Wille, abweichende Meinungen und Betrachtungsweisen zu unterdrücken oder sie verächtlich zu machen, prägt längst nicht mehr nur die Nachrichten über Russland und China. Er ist auch im innenpolitischen Diskurs überdeutlich spürbar. Er richtet sich gegen die bewussten kritischen Medien und gleichermaßen gegen oppositionell eingestellte Mitbürger. Die Auseinandersetzung beispielsweise mit der AfD zeigt bereits Ansätze von Hysterie. Sie bewirkt eine kaum noch überbrückbare Spaltung unserer Gesellschaft.xxxiii

Der Inlands-Geheimdienst, fälschlich „Verfassungsschutz“, versucht außerhalb jeder Rechtsgrundlage seit geraumer Zeit, den Meinungsstreit mittels Verleumdung und Denunziation zu lenken. So veröffentlichte das Bayrische Landesamt kürzlich einen Bericht, in dem behauptet wurde, bewusste Medien wie Nachdenkseiten, Berliner Zeitung und Freitag publizierten Inhalte, 

die anscheinend grundsätzlich ins russische Narrativ passen“

Nach massiver Kritik erklärten sich die perfiden Dunkelmänner für „missverstanden“. Ihr Bericht wurde korrigiert.xxxiv Der Vorwurf, die Nachdenkseiten verbreiteten „russische Narrative“, bleibt aber aufrechterhalten. Kritik an mangelnder Rechtsstaatlichkeit der Ukraine ist in den Augen deutscher Geheimdienstler also ein „russisches Narrativ“: Schamloser und hirnrissiger geht nicht.  

Der Vizepräsident des Bundestages und FDP-Politiker Wolfgang Kubicki erklärte kürzlich zwar, es sei nicht hinnehmbar,

dass sich die Bundesregierung und nachgeordnete Behörden am Ende dazu aufschwingen, für die Menschen im Land ‚richtig‘ und ‚falsch‘ zu definieren.“xxxv

Aber dem Meinungsdirigismus der Ampelregierung – „Grüne Zensur, gelbe Heuchelei“xxxvi – tut das keinen Abbruch.

Kritik wird angeprangert

Gegen kritisch-bewusste Medien ziehen mittlerweile auch die staatsnah organisierten Landes-Medienanstalten (überwiegend finanziert aus den Rundfunkbeiträgen) zu Felde, mit „Bearbeitungsgebühren“ bis 800 Euro pro Fall. Seit der letzten Änderung des Medienstaatsvertrages sind diese Aufseher der Landesregierungen dazu übergegangen, unliebsame Internet-Beiträge auf Beachtung der „journalistischen Sorgfaltspflicht“ zu prüfen – offensichtlich, um kritische Internet-Publizisten einzuschüchtern, in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen und mundtot zu machen.xxxvii Fachlich inkompetent, jedoch auf Basis eines Zensur-Gesetzes, das nur für Internet-Medien gilt, nicht für alle anderen. Demnach ein hochproblematisches Sondergesetzxxxviii, der Konstruktion nach aus finsteren Zeiten bekannt.

Eine weitere, recht ekelhafte Variante der staatlichen Einflussnahme auf den Meinungsdiskurs ist die massive finanzielle Unterstützung privater Organisationen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, unerwünschte Meinungen zu diskreditieren und zu kontern. Das Schmiergeld für die medialen Blockwarte beispielsweise des Unternehmens CORRECTIV betrug 2023 mehr als 430.000 Euro.xxxix Das Zentrum Liberale Moderne, als GmbH vom grün-russophoben Ehepaar Marieluise Beck und Ralf Fücks gegründet, griff besonders erfolgreich Staatsknete ab: Laut Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linkenxl wurde es seit 2018 mit mehr als 4.4 Millionen Euro gefördert.xli  Eines seiner wichtigsten Projekte namens „Gegneranalyse“ hat sich der aggressiven Kritik oppositioneller kritischer Medien verschrieben.xlii Befund: Denunziatorische Drecksarbeit, von der Bundesregierung finanziert. 

Mehrheit bezweifelt Meinungsfreiheit

Der allgegenwärtige Meinungsdruck hat inzwischen dazu geführt, dass nur noch 40 Prozent der Deutschen glauben, ihre Meinung frei äußern zu können. So groß war die Sorge in der Bundesrepublik noch nie, für frei heraus geäußerte Gedanken abgestraft zu werden. Nur Anhänger der Grünen geben sich nach wie vor von der Meinungsfreiheit überzeugt.xliii Wen wundert’s.

Keine Geschichte ohne besondere Duftnote: Die Bertelsmann-Stiftung, bekannt für ihre verheerende Abfüllung regierender Flaschen (u.a. das Konzept zur Halbierung der Krankenhausbetten vor fünf Jahren) bewaffnete kürzlich zusammen mit dem obskuren Bürgerratxliv (vorwiegend Lobbyisten) unsere Innenministerin Nancy Faeser für deren Kampf gegen die Meinungsfreiheitxlv

Vor dem Posten (= Text im Internet veröffentlichen, d. Verf.) soll es eine angemessene Bedenkzeit (2–5 Minuten) … geben. Innerhalb dieser Bedenkzeit überprüft eine KI (=Künstliche Intelligenz, d. Verf.) den Inhalt auf mögliche Desinformation … Besteht ein Verdacht auf Desinformation, soll ein Warnhinweis erscheinen… Entscheidet sich die Verfasserin / der Verfasser, trotzdem zu posten, wird der Inhalt zurückgehalten und durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Plattform final geprüft. Bei einer Einstufung des Beitrags als Desinformation wird der Post nicht veröffentlicht.“xlvi

Bertelsmann regt sogar an, die Verbreitung von vermeintlicher/angeblicher Desinformation strafrechtlich zu ahnden.xlvii Die Herrschaften demonstrieren damit ein Demokratieverständnis gleich rechts neben dem des Hunnenkönigs Attila.

Aktuell wird im Bundestag das Gesetzesprojekt Schutz der dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten vorbereitet. Es dient wesentlich dazu, unser eh schon dickfelliges politisches Funktionspersonal auch noch mit Giftstacheln gegen Kritiker auszustatten.xlviii Der Kampf gegen „falsche“ Meinung, umgeformt in Strafverfolgung, ist voll entbrannt. Das Abgleiten Richtung Faschismus lässt sich nicht mehr leugnen.

iQuellen:

https://www.textlog.de/tucholsky/glossen-essays/der-mensch

ii https://www.fr.de/meinung/75-jahre-grundgesetz-demokratie-und-freiheit-verteidigen-93083362.html

iii https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/1958/01/rs19580115_1bvr040051.html

iv https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/menschenrechte/01-menschenrechte-fundament

v https://www.threads.net/@mutombonate/post/DAs2moXi3ZV

vi https://zitate-fibel.de/zitate/egon-bahr-in-der-internationalen-politik-geht-es-nie-um-demokratie-oder-menschenrechte-es-geht-um-die-interessen-von-staaten-merken-sie-sich-das-egal-was-man-ihnen-im-geschichtsunterricht-erzaehlt

vii https://www.rnd.de/politik/ukraine-krieg-baerbock-ueber-sanktionen-das-wird-russland-ruinieren-RZDYS2DEPRK5OST7ZGGRZ6UN4I.html

viii https://www.tagesschau.de/ausland/asien/russland-wahl-reaktionen-100.html

ix https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1015441758

x https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/saudi-arabien-baerbock-100.html

xi https://www.sevimdagdelen.de/keine-weitere-beihilfe-zum-morden-der-saudischen-diktatur/

xii https://apnews.com/article/lebanon-hezbollah-beirut-nasrallah-israel-airstrike-dahiyeh-7ebf675d75e4d49c7b307864cdbc7dc1

xiii https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/deutschland-israel-waffenexporte-100.html

xiv https://www.pressenza.com/de/2022/01/auspluenderung-syrischer-erdoelressourcen-durch-usa-schreitet-voran/

xv https://www.businessinsider.de/politik/irakisches-parlament-fordert-abzug-der-us-soldaten-aus-dem-land/

xvi https://www.the-german-american.com/land-und-leute/symbole-und-slogans-der-usa/land-of-the-free-home-of-the-brave/

xvii https://www.tagesschau.de/faktenfinder/usa-wahlsystem-101.html

xviii https://www.herder.de/cig/cig-ausgaben/archiv/2021/20-2021/verrohte-staaten-von-amerika/

xix https://amnesty-todesstrafe.de/2020/12/un-bekraeftigt-forderung-nach-weltweitem-hinrichtungsstopp/

xx https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/erste-stickstoff-hinrichtung-in-den-usa-vollzogen

xxi https://fra.europa.eu/de/eu-charter/article/11-freiheit-der-meinungsaeusserung-und-informationsfreiheit

xxii https://www.menschenrechtskonvention.eu/informationsfreiheit-9346/

xxiii https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html

xxiv https://www.menschenrechtskonvention.eu/informationsfreiheit-9346/

xxv https://weltwoche.de/daily/wir-erleben-weitgehend-eine-gleichschaltung-der-medien-ex-brigadegeneral-vad-kritisiert-den-westen-der-im-ukraine-krieg-in-eine-militaerische-eskalation-schlafwandelt/

xxvi https://www.zerohedge.com/geopolitical/propaganda-model-has-limits

xxvii https://beruhmte-zitate.de/zitate/130175-charles-de-montesquieu-unbedingter-gehorsam-setzt-unwissenheit-bei-den-ge/

xxviii https://www.voltairenet.org/article221287.html

xxix https://european-union.europa.eu/institutions-law-budget/institutions-and-bodies/search-all-eu-institutions-and-bodies/council-european-union_de

xxx https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000137802816/eu-gerichtshof-bestaetigt-sendeverbot-fuer-russische-medien-kreml-droht-mit

xxxi https://www.kosmo.at/24-03-1999-nato-luftangriffe-gegen-jugoslawien/

xxxii https://www.songtexte.com/songtext/medium-terzett/ein-loch-ist-im-eimer-h2be30442.html

xxxiii https://www.nzz.ch/feuilleton/ist-die-afd-eine-nazipartei-ein-gespraech-mit-dem-historiker-wolfram-pyta-ld.1775521

xxxiv https://www.nachdenkseiten.de/?p=121174

xxxv https://www.welt.de/politik/deutschland/article250876942/Wolfgang-Kubicki-kritisiert-Haldenwang-Merkwuerdiger-Schritt.html

xxxvi https://www.tichyseinblick.de/meinungen/meldestellen-im-netz-gruene-zensur-gelbe-heuchelei/

xxxvii https://multipolar-magazin.de/artikel/landesmedienanstalten

xxxviii https://verfassungsblog.de/sonderrecht/

xxxix https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1445707/umfrage/ertraege-aus-zuwendungen-von-correctiv-nach-spendern/

xl https://dserver.bundestag.de/btd/20/033/2003386.pdf

xli https://archive.ph/x7B24#selection-4353.190-4353.331

xlii https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/libmod-weder-liberal-noch-modern/

xliii https://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-12/meinungsfreiheit-zensur-studie-freiheitsindex-deutschland-2023

xliv https://www.bundestag.de/buergerraete

xlv https://archive.ph/1SLAY#selection-2.0-417.10

xlvi https://www.zlv.lu/db/1/1417825069959/0

xlvii https://www.achgut.com/artikel/forum_gegen_fakes_bertelsmann_buergersowjet

xlviii https://www.unsere-zeit.de/mein-tanzbereich-dein-tanzbereich-4796135/

Anmerkung der Autoren:

Unsere Beiträge stehen zur freien Verfügung. Wir schreiben nicht für Honorar, sondern gegen die „mediale Massenverblödung“ (in memoriam Peter Scholl-Latour). Die Texte werden vom Verein „Ständige Publikumskonferenz öffentlich-rechtlicher Medien e.V.“ dokumentiert: https://publikumskonferenz.de/blog

Beitragsbild: Thorben Wengert 708700_original_r_k_by_thorben- via Pixelio.de

Hinweis: Gastbeiträge geben immer die Meinung des jeweiligen Autors wieder, nicht meine. Ich veröffentliche sie aber gerne, um eine vielfältigeres Bild zu geben. Die Leserinnen und Leser dieses Blogs sind auch in der Lage sich selbst ein Bild zu machen.

„Links blinken, rechts abbiegen“ Von Eva C. Schweitzer. Rezension

Eva. C. Schweitzer schreibt mir aus dem Herzen. Und sie nimmt kein Blatt vor der den Mund. Sie schreibt sozusagen Tacheles. Großen Dank dafür! Die Zeit ist längst reif dafür. Und das ist gut so. Politische Korrektheit, Wokeness und letzlich die Gendersprache, die wahrscheinlich nicht nur mir übel aufstößt, weil sie inzwischen Funk und Fernsehen erobert hat, nennt Schweitzer „Gender-Schluckaufsprache“. Passt wie die Faust auf’s Auge!

Nebenbei bemerkt: Elke Heidenreich zum Genderwahnsinn

Erst kürzlich hatte Elke Heidenreich harte, aber klare Worte zum Genderwahnsinn gefunden. Und später in einer Lanz-Talkshow hatte sie noch einmal deutliche Worte zum Ansinnen mancher gesagt, die fänden,

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Screenshot Steimles Aktuelle Kamera: C. Stille

man müsse nun auch vielleicht vor hundert Jahren geschriebene Literatur politisch korrekt verändern: Ein Kunstwerk ist ein Kunstwerk. Und das bleibt so, wie es geschrieben wurde, beschied sie. Befänden sich darin eben Begriffe oder Wörter wie etwa das N-Wort, dann könne man heutigen jüngeren Lesern in einem Anhang erklären, dass diese Begriffe damals üblich waren – sie man jedoch heute nicht mehr verwenden würde.

Der Fall Sarah-Lee Heinrich

Heidenreich äußerte sich auch zu Sarah-Lee Heinrich. Die junge Frau war am Sonnabend zur Bundessprecherin der Grünen Jugend gewählt worden – und erlebt seitdem einen Shitstorm. Dabei geht es um mehrere Tweets, die sie im Alter von 13, 14 Jahren geschrieben hat – und die als rassistisch und sexistisch empfunden werden. So hatte sie 2015 „Heil“ unter einen Tweet mit Hakenkreuz geschrieben und ein andere Mal von der „eklig weißen Mehrheitsgesellschaft“ gesprochen. Heinrich tritt zu recht gegen Rassismus und Diskriminierung ein. Ist das etwa kein Rassismus – noch dazu in pauschalisierter Form?

Heidenreich sagte bei Lanz über Heinrich, „sie hat überhaupt keine Sprache. Sie kann gar nicht sprechen. Das sind wieder Kinder, die nicht lesen, das ist diese Generation, von der ich immer wieder merke, wie sprachlos sie ist, wie unfähig mit Worten umzugehen.“ Heidenreich fuhr fort, zu erklären, sie habe „das Gefühl, dass das ein Mädchen ist, was nicht genug nachdenkt.“

Die Antideutschen, eine schrille Politsekte

Glasklar kehrt Eva C. Schweitzer hervor, was es mit den Antideutschen auf sich hat. Einstige Linke, die gegen die Wiedervereinigung Deutschlands waren und sich seither unverbrüchlich an die Seite der USA und Israels stellen. Auch wenn von denen noch so große Verbrechen begangen werden. Im Grunde eine äußerst fragwürdige sektenähnliche Veranstaltung. Offenbar haben sie eine große Nähe zu den Neokonservativen in den USA. Vorgeblich – bzw. sie glauben das wohl selbst tatsächlich – haben sie sich den Kampf gegen den Antisemitismus sowie die (offensichtlich unkritische) Unterstützung und dem Schutz Israels auf die Fahnen geschrieben. Wie – mag man sich als halbwegs normal denkender Mensch fragen – konnte sich bei den antideutsch unterwegs befindlichen Menschen ein solch verqueres Gedankenbild einnisten?

„Die Antideutschen sind eine kleine, aber schrille Politsekte, die links zu sein glaubt, bei Lichte betrachtet aber schon rechts angekommen ist und dem deutschen Belehrbedürfnis frönt. Einige waren mal Funktionäre in kommunistischen Gruppen der Studentenbewegung, andere kommen vom Schwarzen Block oder sind bloß Anti-Ostdeutsche, die Kleinbürger verachten. Sie haben viele Sympathisanten in den Medien. Das verleiht ihnen viel mehr Einfluss auf politische Debatten, als gut ist. Eva C. Schweitzer zeigt die Ursprünge dieser Ideologie in den USA auf, legt den schädlichen Einfluss der Antideutschen offen und erklärt, wer hinter diesem Phänomen steckt.“ Quelle: Westend Verlag

Auf den ersten Blick vermeintlich fortschrittliche Bewegungen kommen meist aus den USA. Wir erinnern und etwa an Political Correctness (Politische Korrektheit). Damit verbundene Handlungen können aber durchaus totalitäre Ausmaße annehmen und statt für Gerechtigkeit zu sorgen Unrecht zur Folge haben.

Autorin Schweitzer berichtet von einem Fall in einer US-Universität. Da traf ein weißer Uni-Bediensteter während unterrichtsfreien Zeit eine farbige Studentin mit einem Lunchpacket im Gebäude an und fragte sie, was sie denn zu dieser Zeit da mache. Die Studentin beschwerte sich. Wegen vermeintlichen Rassismus wurden zwei Personen entlassen. Oder ein anderer Fall: Ein TIMES-Reporter zitierte lediglich das N-Wort. Er wurde gefeuert!

Eva C. Schweitzer erinnert in diesem Zusammenhang an den Roman „Der menschliche Makel“ von Philip Roth: Der Universitätsprofessor Coleman Silk steht vor dem Nichts. Ein einziges unbedachtes, angeblich rassistisches Wort genügte, um sein Leben zu zerstören: Als jüdischer Professor für klassische Sprachen und Literatur bezeichnet er in einem Seminar zwei unbekannte, permanent abwesende Studenten, als „dunkle Gestalten, die das Tageslicht scheuen“.

Als sich herausstellt, dass die beiden schwarzer Hautfarbe sind, wird der Vorwurf des Rassismus laut.

Sein glänzender Ruf ist verloren, seine lange Karriere beendet und seine Frau stirbt, da sie die Anfeindungen und den Druck ihrer Umwelt nicht mehr erträgt.

Eva C. Schweitzer: „Ja, wenn der Wahn Pirouetten dreht, verschwimmen die Farben“

Apropos schwarz! Eva C. Schweitzer zitiert aus der ZDF-Reportage 37 Grad aus Facebook, was schwarz bedeutet: „Keine Hautfarbe nämlich oder Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, sondern eine politische Selbstbezeichnung von afrodiasporischen Menschen mit Rassismuserfahrung.“ Das hinterlasse einen mit vielen Fragen. „Sind Inder aus Südafrika, Chinesen aus Angola, Juden aus Algerien und Araber aus dem Sudan schwarz, wenn sie in Europa Rassismus erfahren? Und was ist mit Afrikanern, die daheim bleiben – sind die nicht schwarz? Und welche Farben eigentlich Afroamerikaner und hier geborene schwarze Deutsche? Ja, wenn der Wahn Pirouetten dreht, verschwimmen die Farben.“

Falschdenk“

Mittlerweile, so die Autorin, würden an US-Universitäten Professoren oder auch Journalisten schon einmal des „Falschdenk“ bezichtigt. Die Studenten, so meine selbst Josef Joffe, gingen gegen die alten Eliten von gestern an. (Dazu ein Beitrag Joffes in der NZZ.)

Deren Frevel sei nicht das Tun, sondern das Sein, das Weißsein.

Wem, so Schweitzer, „würden in dieser Beschreibung nicht die Antideutschen einfallen oder ihre geistigen Väter, die Bücher verbrennenden Nazi-Stundeten, denn in Woke-Land haben die Antideutschen eine neue politische Heimat gefunden.“

Vorwort zum Buch von Eva C. Schweitzer

„In dem Film The Invasion of the Body Snatchers (Invasion der Körperfresser) landen riesige Schoten aus dem All in einer Kleinstadt in Kalifornien. Nach und nach nehmen die Schoten das Aussehen von den Menschen an, die dort leben, und ersetzen die insgeheim durch außerirdische Doppelgänger – Doppelgänger, die den Befehlen der Aliens folgen. Und nur langsam und ungläubig begreifen die echten Menschen, was gerade passiert. Der Kultfilm gilt als Parabel auf die McCarthy-Zeit oder auch auf den Sowjetkommunismus. Und ganz ähnlich wie in dem Film fühle auch ich mich gelegentlich, wenn ich manche alten Freunde wiedersehe. Ach, den haben sie jetzt auch durch einen woken Klon ersetzt …?

Bin ich nicht selbst eine von denen? Sicher, ich trete für gleiche Rechte für alle ein. Ich kaufe keine Käfig-Eier, und wenn ich einen Mietwagen nehme, dann einen Toyota Prius. Ich lebe in New York City, der multikulturellen Metropole des Westens. Meine Freunde sind schwul und polyamourös, arabisch und jüdisch, chinesisch und österreichisch, Apachen und Australier und natürlich Amerikaner. Und Deutsche, viele mit ähnlich internationalem Hintergrund wie ich.

Ich gucke Nachrichten auf BBC World, habe die New York Times abonniert, kaufe in der Bronx ein und kann mich mit einem chinesischen Händler über den angemessenen Preis für eine vom Lastwagen gefallene Flasche Chanel N˚5 streiten. Ich war auf der Gay Pride Parade, lange bevor die von Apple, Google und Facebook ferngesteuert wurde, und würde niemals einen Auftragnehmer ablehnen, weil er oder sie schwarz ist. Kurz, ich bin links, aber aus einer Zeit, wo die Linke für die Freiheit angetreten ist, nicht für die DDR 2.0.

Nun lebe ich selbst in der globalen, von den USA geschaffenen Woke-Republik, die letztlich ein Amalgam aus politischer Agenda, den Interessen globaler Konzerne und Popkultur darstellt. Und ich beobachte, wie Amerika die nach Deutschland exportiert – und wie Deutschland begeistert drauf einsteigt und Amerika gelegentlich sogar noch überbietet.

Fußballstadien leuchten in den Regenbogenfarben. In fast allen Werbespots tauchen Schwarze auf, kaum aber türkisch- oder arabischstämmige Menschen oder auch Russlanddeutsche, obwohl von ihnen wesentlich mehr in Deutschland leben und sie eigentlich als Zielgruppe relevanter wären. Unternehmen entscheiden, dass es in ihren Kantinen keine Currywurst mehr gibt.

Zeitungen gendern und nonbinären, was das Zeug hält, statt »Indianer« heißt es »I-Wort«, Kämpfer für Black Lives Matter lassen sich nicht mal von Corona davon abhalten zu demonstrieren, und die Innenstädte sind so multikulti, dass die Gentrifizierung nicht mehr auffällt. Deutschland fühlt sich manchmal wie ein riesiges Portlandia an, die halbfiktive Stadt in der Satiresendung über das Westküsten-Hipster-Paradies. Kuba ist wie die DDR mit Palmen. Die Woke-Republik Deutschland ist wie Amerika mit Vollkasko.

Es gibt ein Spielchen in Amerika, das geht so: Wann hast du gemerkt, dass die woken Zeitgeister Body Snatchers sind? Bei manchen weißen Studenten aus ärmlichen Verhältnissen fing das an, als sie von Professoren als »privilegiert« beschimpft wurden, die ihrerseits sechsstellige Gehälter bekommen.

Andere wurden skeptisch, als Black-Lives-Matter-Aktivisten die Plünderungen von kleinen Geschäften rechtfertigten, die meist Immigranten gehören. Bei manchen geschah es, als Leute, vor allem aus dem Arbeitermilieu, ihren Job verloren, wie etwa ein Lastwagenfahrer, dem (völlig zu Unrecht) vorgeworfen wurde, er habe aus dem Autofenster heraus White Power signalisiert. Es sind allesamt Habenichtse, die Opfer von Woke Capitalism wurden.

Bei mir fing es an, als biologische Männer Transfrauen genannt werden wollten – eigentlich weniger deswegen, von mir aus kann sich jeder als Klingone oder Indianerhäuptling identifizieren –, sondern weil fast alle großen Zeitungen und die Öffentlich-Rechtlichen das kritik- und gehirnlos mitmachen. Und nicht nur mitmachen, es ist, als sei dies das drängendste Problem in einer Zeit des Sozialabbaus und der globalen Flüchtlingsbewegungen.

Der New York Times war es ein größeres Anliegen, Transfrauen den Zugang zu Mädchentoiletten freizukämpfen, als über den Syrienkrieg zu berichten. Die Zeit präsentierte einen Transmann (eine biologische Frau), die, Wunder der Natur, schwanger war. Und irgendeiner von diesen über-woken Öffi-Ablegern forderte auf Facebook, obdachlose Frauen sollten kostenlos Tampons bekommen, bestand aber darauf, diese Frauen »Personen« zu nennen.

Das Schrille daran war, dass sich die folgende Debatte nur an diesem Begriff verbiss und nicht an der Forderung selbst, dass aber die Medienmacher keinen Millimeter von ihrer Terminologie abrückten – es war ihnen wichtiger, das identitätskarnevaleske Regelwerk in die Köpfe zu zementieren als obdachlosen Frauen zu helfen. Es war, als beobachte man Klone, die stur Befehle aus dem Weltraum befolgten.

Es ist nicht die Politik, die irritiert. Vor mir aus kann die Stadt Berlin Tampons an Neubürger aus Afghanistan verschenken. Irritierend ist das geforderte orwelleske Bekenntnis, dass zwei plus zwei gleich fünf ist. So wie bei Captain Picard, der fiktive Sternenflottenkapitän aus Star Trek, der einmal von den echsenartigen, bösen Cardassianern gefoltert wird; sie verlangen von ihm, dass er sagt, er sehe fünf Lichter. Es sind aber nur vier. Picard widersteht. Aber tun wir es?

Zeitgleich mit diesen vermeintlichen Grassroots-Bewegungen, die von oben kommen, von der Politik, den Medien, den Woke Capitalists, hat ein schleichender Paradigmenwechsel eingesetzt. Es gab einmal eine skeptische, linke Denktradition, dass die CIA Medienvertreter beschäftigt, dass die U. S. Army Attentate begeht, die dem Feind in die Schuhe geschoben werden, dass die NSA weltweit herumspitzelt und dass an der Kennedy-Ermordung oder 9/11 irgendetwas faul war.

Heute war noch bis vor Kurzem jeder ein verrückter Verschwörungstheoretiker, der sagte, Corona stamme aus einem Genlabor in China und nicht von einer halbgaren Fledermaus auf einem Restaurantteller. Und ja, ich bin geimpft.

Und alle diese Woke-Wellen kommen aus Amerika. Dort sind sie sogar noch verrückter und lauter, weil Amerika das Land des glänzenden Infotainments ist und nicht der grüblerischen Philosophen. Dort ist es das Ziel der woken Meinungsführer, ihre Nase ins Fernsehen zu halten und Geld zu verdienen. Deutschland hingegen lechzt nicht nach Geld, Spaß und Ruhm; es geht beim Gendern, beim Klimaschützen, beim Buntwerden und beim Vergangenheitsbewältigen ums Besserwissen und Vorschriftenmachen, gründlich wie Deutsche nun mal sind, bis alles in Scherben fällt.

Aber Vorschriften nur für andere: Wasser predigen und Wein trinken, Links blinken und rechts abbiegen.

Das bringt uns zu den Antideutschen – nicht bloß das Häuflein von ehemaligen K-Gruppen-Aktivisten, die sich zu Israelverteidigern und Irankriegstreibern weiterentwickelt haben, im Einklang mit ihren amerikanischen Vorbildern, den Neokonservativen. Sondern diese mehltauartige linke Stimmung, in Deutschland erst mal alles schlecht zu finden.

Denn das ist die eigentliche treibende Kraft des Woke-Wollens: Der Hang zur Selbstgeißelung, der eigentlich Fremdgeißelung ist, weil die Deutschlandschlechtfinder sich selbst nie mitmeinen. Sie glauben, sie kämpfen im Auftrag des Guten, Wahren und Schönen, des Friedens und des Antifaschismus. Tatsächlich sind sie kontrollfreakige Besserwisser, deren Lebensphilosophie es ist, andere zu bestandpauken, wo es langzugehen hat.

Diese Antideutschen wären ohne Amerika nicht denkbar. Sie sind das Ergebnis einer jahrzehntealten transatlantischen Beziehungskiste, aber nicht unbedingt das gewünschte oder auch nur ein brauchbares Ergebnis, eher eine Art Frankenstein’sche Kreatur. Die neueren deutschen Verrücktheiten sind die Spottgeburt einer Zwangsheirat des stolzen amerikanischen Sendungsbewusstseins, das im Wilden Westen wurzelt, mit dem deutschen Belehrbedürfnis. Das ist nicht gut für Amerika und nicht gut für Deutschland. Dieses Buch ruft dazu auf, selbst zu denken und selbst zu urteilen. Versucht es, es ist nicht gefährlich und man fühlt sich sofort besser. Dann verschwinden die Schoten von ganz allein.“

Die „unheimliche Allianz zwischen Neurechten, woken Antideutschen und amerikanischen Neokonservativen“

Der Untertitel ihres Buchs verspricht, eine „unheimliche Allianz zwischen Neurechten, woken Antideutschen und amerikanischen Neokonservativen“ aufzudecken. Und das tut Schweitzer auf das Gründlichste!

Werden wir bald verstummen?

Ein gewisser Totalitarismus schlägt immer mehr zu. Werden wir bald verstummen ob der ganzen immer irrer werdenden sprachpolizeilichen Vorschriften? Was dürfen wir noch sagen? Was, wie schreiben? Welche Filme dürfen nur noch wie gedreht werden? Schweitzer: „Noch mehr leidet der Journalist Deniz Yücel an Deutschland. Er schlug einmal in der TAZ vor, Deutschland zwischen Polen und Frankreich aufzuteilen. Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite.“ (…) „Allerdings sein Ausflug in die warme völkersterbfreie Türkei endet damit, dass die deutsche Regierung den mutigen Journalisten in freudloser Kleinarbeit aus Erdogans Knast herauspauken musste“, so Schweitzer weiter.

Hilfe!

Weiße dürfen keine Schwarzen mehr spielen (Black Facing!), dürfen Ukrainer bald nur noch von Ukrainern gespielt werden? Nach den neuen Amazon-Richtlinien dürfe nicht mehr jeder jeden spielen. In alle Filmen müssten wenigstens 30 Prozent Frauen und 30 ethnische Minderheiten gecastet werden. Jeder Film solle mindestens eine Figur haben, die LGBTQIA ist oder behindert. Sowie drei Sprechrollen in dem Land wo der Film spielt, ethnisch unterrepräsentiert sind. Was hieße, in jeden in Deutschland spielenden Amazon-Film müssten mindestens drei Bayern dabei sein, von denen einer schwul ist. Und die Schauspieler müssten die gleiche Behinderung oder sexuelle Orientierung haben wie die Rolle! Schweitzer: „Der Muppet-Show wird künftig eine Warnung vorgeschaltet: Nicht politisch korrekt.“ Hilfe!

Cancel Culture und Wokeness

Cancel Culture und Wokeness werden immer mehr zu einem Übel unserer Zeit. Und zeigen: gut gemeint ist nicht immer gut getan.

Schweitzer: „Ich kann es kaum erwarten den ersten gewaltfreien Roman mit einer übergewichtigen behinderten, indigenen Transmuslimin als Heldin zu lesen, die gegen Antisemitismus kämpft, indem sie Nazis mit Humusbällchen bewirft, während sie Secondhandklamotten trägt. Denn hauptsächlich richte sich Canceln gegen Linksabweichler und Liberale, so wie Stalin die Moskauer Prozesse ja auch gegen Trotzkisten und Abrünnige geführt hat und nicht gegen Nazis.“

Die Cancel-Debatten in den USA hätten alle Elemente der postalinistischen DDR-Debattenunkultur, die sich auch in westdeutschen K-Gruppen wiedergefunden hätten: „Dir fehlt der Klassenstandpunkt. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Das spielt dem Klassenfeind in die Hände. Ihr seid Konterrevolutionäre.“

Das reicht soweit, sich von den „Sündern“ fernhalten zu sollen. „Um nicht per Kontaktschuld vom Bann getroffen zu werden.“

Letztlich ist das Woke-sein eine religiöse Bewegung. Aber die USA sind ja auch sehr religiös. Das passt also“

Woke-sein, heißt ja „erwacht“ zu sein. Schweitzer: „Letztlich ist das Woke-sein eine religiöse Bewegung. Aber die USA sind ja auch sehr religiös. Das passt also.“

Das Gendern und das Woke-sein, befindet die Autorin, sei eine Forderung von Oben und keineswegs eine von Betroffenen.

Und den Betroffenen verhilft das Eine wie das Andere auch kaum zu einem besseren Leben.

Die meisten Menschen dürften sich schlichtweg auch gar nicht dafür interessieren. Schließlich haben sie andere Sorgen.

Das Unwesen der Faktchecker

Dankenswerterweise hat sich Eva C. Schweitzer auch mit dem Unwesen der sogenannten Faktchecker befasst. Etwa scheint Patrick Gensing (ARD, Tagesschau) auf oder David Schraven, der Mitbegründer und Autor der Ruhrbarone, dem Gesellschafter und Geschäftsführer des „Recherchebüros correctiv“, Ausgerechnet dieses Büro maßt sich an auf Facebook vermeintliche Fake-News auszumachen und Hate-Speech zu löschen.

Lesenswert!

Sehr lesenswert, weil interessant sind auch die historischen Hintergründe, hauptsächlich die USA betreffend, welche uns die Autorin in ihrem wirklich empfehlenswerten Buch aufzeigt.

Messerscharfe Analysen und knallharte Auseinandersetzung mit der Thematik sind im Buch in neun Kapiteln zu finden. All das gut lesbar und manchmal wunderbar satirisch zugespitzt bis sarkastisch austeilend niedergeschrieben, wo es tatsächlich am Platze ist. War hier und da auch mein Schmunzeln beim Leser auslöst. Oder ein Lachen, dass, einen zwei Zeilen später auch wieder vergehen kann. Wenngleich man wiederum oft mit dem Kopfe schütteln muss und einem der Kamm schwillt über so viel Wahnsinn, der uns in der heutigen Zeit zugemutet wird. Ein Buch, das mit Gewinn zu lesen ist. Sehr gut, hoch informativ und noch dazu fesselnd geschrieben.

Mögen wir aufwachen und uns nicht mehr alles bieten lassen. Woke heißt erwachen. Ja. Aber, ich habe beim Lesen des Buches den Eindruck gewonnen, dass die Leute, die meinen „woke“ zu sein, wohl eher einer Verblendung erlegen sind und den Boden unter den Füßen verloren haben. Mit Nach-Denken, dem Ergründen und Reflexion der Realität haben die Woken anscheinend nicht viel am Hut. Wokeness scheint mir ein schwerer Fehler, ein Holzweg zu sein, von welchem wir uns schleunigst abwenden sollten. Denn unsere Gesellschaft verbessert der gewiss nicht. Im Gegenteil.

Dr. Eva C. Schweitzer

Dr. Eva C. Schweitzer, geboren 1958 in Stuttgart, ist eine deutsche Amerikanistin, Journalistin und Buchautorin. Sie war Redakteurin bei der taz und beim Tagesspiegel und arbeitet als USA-Korrespondentin für Die Zeit, die Berliner Zeitung, die Financial Times Deutschland, die Frankfurter Rundschau und Cicero. Sie schrieb für die Welt am Sonntag, die Financial Times Deutschland und die taz und veröffentlichte das Brettspiel “Kreuzberger Stadtkartell”. Sie bekam den Theodor-Wolff-Preis für einen Artikel über einen Mord in der Berliner Bauszene. Sie hat in München und Berlin Germanistik, Journalistik und Amerikanistik studiert und an der Humboldt Universität promoviert. Sie ist Mitglied bei der Foreign Press Association, der National Writers Union, Living Liberally, der IG Medien und dem ADAC. Für einen Artikel über einen Mord in der Berliner Bauszene zur Zeit der Wende erhielt sie 1992 den Theodor-Wolff-Preis

Eva C. Schweitzer

Links blinken, rechts abbiegen

Die unheimliche Allianz zwischen Neurechten, woken Antideutschen und amerikanischen Neokonservativen

 

Erscheinungstermin:

11.10.2021

Seitenzahl:

224

Ausstattung:

Klappenbroschur

Artikelnummer:

9783864893421

  • Buch

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Westend Verlag – Interview mit Autorin Dr. Eva C. Schweitzer