Dortmund-Hombruch: Massiertes Polizeiaufgebot rückt gegen Kaffeekränzchen an

Heute Nachmittag kehrte ich von meinem obligatorischen Sonntagsspaziergang in mein Kiez zurück. An der Ecke neben dem Dortmund-Hombrucher Kaufhaus kam ich ins Sinnieren. Dort ist seit Kurzem in einem einstigen Sushi-Restaurant eine Corona-Teststation untergebracht. Ich schüttelte noch einmal mit dem Kopf: Warum hatte sich dort gestern eine Menschenschlange gebildet? Weil die Tests kostenlos sind?

Foto: Mac
Aus dem einstigem Sushi-Restaurant ist eine Corona-Teststation geworden. Fotos (4): C. Stille

Dann aber, als ich auf der Harkortstraße stand, glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen: Direkt zwischen Eingang zum Kaufhaus und Fahrbahn saßen an kleinen Tischen auf Klappstühlen Menschen bei Kaffee und Kuchen! Es kam mir vor, als sei ich in einer anderen Welt gelandet. Dann aber fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass es in der Altnormalzeit Cafés und Restaurants mit Terrassen gegeben hatte! Mir wurde direkt wohlig warm ums Herz. Wie gerne hätte ich jetzt ein kühles Weizen gezischt! „Ach“, stöhnte ich. Dann aber war mir augenblicklich klar, das hier musste eine Aktion – wenn nicht sogar Protestaktion sein. Sogleich wurde es mir bang: würde da nicht bald die Polizei anrücken – vielleicht alarmiert von irgendwelchen besorgten Mitbürgern, die tief in sich drin den Blockwart ticken gehört hatten? Und tatsächlich, als ich kurz nach Hause ging, um die Toilette aufzusuchen, rollte auch schon ein Funkstreifenwagen mit zwei maskierten, jungen Polizistinnen an den „Tatort“ heran. Als ich zurückkehrte, befanden sich die Polizeibeamtinnen im amtlichen Gespräch mit den Bürgern.

Ich sprach mit einigen der dort anwesenden Personen. Man empfing mich freundlich, auch als ich mich als Presse vorstellte – bat mich aber Abstand zu halten. Was ich tat. Ein Blick auf den Tisch vor mir zeigte mir, es war an alles gedacht worden: Darauf lag ein Gliedermaßstab. Doch er musste bei mir nicht zum Einsatz kommen. Ich bewies Anstand und hielt einen Abstand, der passte. Die Bürgerinnen und Bürger sagten mir auf meine Frage hin, ob das ein Protest wäre, nein, sie hätten sich hier alle „zufällig“ getroffen. Und alle hätten „zufällig“ Tische, Stühle sowie Kaffee und Kuchen dabei gehabt.

Foto: Mac
Kaffeekränzchen vorm Kaufhaus.

Besorgt dürften alle der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des zufällig Kuchenkränzchens gewesen sein. Sei es nun, es handelte sich bei ihnen um Gewerbetreibende oder was auch immer für Erwerbstätige – jedenfalls um Menschen die in verrückten Zeiten der Corona-Maßnahmen und Lockdowns gemeinhin unter der Rubrik „Kollateralschaden“ verbucht werden müssen. Und nun noch das mit ziemlicher Sicherheit grundgesetzwidrige „Bevölkerungsschutzgesetz“! Wen schützt es?

Es musste sich bei den in Hombruch Versammelten um irgendwie geartete Gefährder handeln. Jedenfalls rückten, nachdem einer der zwei Herren in Zivil und Maske (Staatsschutz oder Ordnungsamt?) in sein Smartphone gesprochen hatte nacheinander sieben bis acht Polizeibusse an. Immerhin ohne Blaulicht und Martinshorn. Die beiden netten Polizeibeamtinnen rollten so langsam wie sie herangerollt gekommen waren wieder hinweg. Die Polizeibusse parkten auf der anderen Straßenseite. Ein weiterer Polizeibus parkte auf dem Trottoir auf der gegenüberliegenden Straßenseite in nähe des Kaufhaus-Einangs. Die Polizisten darin harrten mit ihren Mund-Nase-Masken der Dinge, die da kommen sollten. Der Zivilpolizist mit Walkie Talkie hatte die Bürger freundlich angesprochen, ob denn jemand eine Veranstaltung anmelden wolle. Doch es fand sich kein Anmelder und keine Anmelderin, denn so einer der Angesprochenen: „Wir kennen uns ja alle nicht. Wir haben uns zufällig getroffen.“ Nun ja …

Ein massiertes Polizeiaufgebot rückte an.

Der Zivilpolizist ging wieder auf die andere Straßenseite. Offensichtlich beratschlagte man sich telefonisch mit wem auch immer. Nach einer Weile fuhren die meisten der Polizeibusse wieder ab. Einige Polizisten blieben auf dem Gehweg gegenüber dem Kaufhaus zurück. Mit der Zeit entfernten sich auch einige der Kaffeekränzchenteilnehmer. Einige jedoch blieben. Ich setzte meine Gespräche fort. Alle interessanter Natur und sich um die derzeitige fragwürdige gesellschaftliche Situation drehend. Schließlich verließ auch ich den Ort des Geschehens – nicht ohne zwei Teilnehmern meine Karte dazulassen. Einige Kradfahrer, die mit ihren knatternden Maschinen vorbeigefahren kamen, hielten ihre Daumen in Richtung der Leute hoch.

Nun ist dieser Fleck vor dem Hombrucher Kaufhaus wieder verwaist. Es war einmal …

Etwa eine Stunde später erreichte mich daheim ein Anrufer, um mich über den Fortgang des Geschehens zu unterrichten. Von den etwa 15 bis 20 ursprünglich Anwesenden seien dann letztlich lediglich noch fünf Menschen dageblieben. Diese fünf Menschen habe die Polizei etwa 15 Minuten umringt. Sie mussten ihre Personaldokumente zeigen, ansonsten hätte man sie auf die Wache mitgenommen. Sie seien zunächst auch nicht aufgefordert sich zu entfernen. Höchstwahrscheinlich, so der Anrufer, werde ihnen vorgeworfen einen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz begangen zu haben. Es sei ihnen verboten worden Filmaufnahmen von den Polizisten zu machen. Und man habe ihnen mit Konsequenzen gedroht, so etwaig gemachte Aufnahmen im Internet auftauchten. Alles in allem, kritisierte die Person, die Polizeiaktion mit massiertem Aufgebot im beschaulichen Dortmunder Stadtbezirk Hombruch als Überreaktion. Nun werden die Leute nun wohl Post vom Ordnungsamt bekommen. Ich werde informieren, sobald ich Näheres in Erfahrung gebracht habe.

Zeiten sind das! Soviel zum interessanten Ausgang meines Sonntagsspaziergang. Ich erlebte ein Stück altes Normal. Es wurde jedoch quasi abgeräumt …

Update 26.4.2021 Meldung der Polizei Dortmund:

Wie mit einer Pressemitteilung am Freitag (23. April) berichtet, hatte die Polizei Dortmund sich auf einen Einsatz am heutigen Sonntag (25. April) vorbereitet. Die Stadt hatte insgesamt drei angemeldete Versammlungen aus infektionsschutzrechtlichen Gründen untersagt. Weil die Polizei nicht ausschließen konnte, dass sich trotzdem Ansammlungen bilden, war sie in der Dortmunder Innenstadt im Einsatz. Auf dem Hansaplatz fand zudem eine angemeldete Versammlung mit 48 Teilnehmenden statt.

An den Standorten der untersagten Versammlungen – auf dem Hansa- und dem Friedensplatz sowie an der Reinoldikirche – stellten die Einsatzkräfte keine möglichen Teilnehmenden fest. Auf dem Alten Markt trafen sie jedoch eine Ansammlung von neun Personen an, die der anmeldenden Querdenker-Szene zuzuordnen sind. Eine Person erhielt einen Platzverweis. Gegen eine Person wurde zudem ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verstoßes gegen die Coronaschutzverordnung eingeleitet (keine Mund-Nasen-Bedeckung).

Im Dortmunder Stadtteil Hombruch stellten die Beamtinnen und Beamten an der Harkortstraße zudem eine Ansammlung von 15 Personen fest, die der Querdenker-Szene zuzuordnen sind. Nach Rücksprache mit dem kommunalen Ordnungsdienst wurde dies als verbotene Ansammlung gewertet. Gegen elf Personen wurden entsprechende Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und Platzverweise erteilt.

Die Versammlung auf dem Hansaplatz, die gegen 14.20 Uhr begonnen hatte, wurde gegen 15.50 Uhr für beendet erklärt. Sie verlief störungsfrei und unter Einhaltung der entsprechenden Hygienemaßnahmen.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..