„Recherchieren. Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ von Patrik Baab – Rezension

Schaue ich mir den deutschen Journalismus an, so überkommt mich Trauer, Abscheu und bisweilen auch schon einmal kaum zu bändigende Wut. Ich bin schwer enttäuscht von der sogenannten „Vierten Macht“. Der Journalismus, der ja demnach die Mächtigen, die Regierenden kontrollieren und wo notwendig, entsprechend hart kritisieren soll. Die Journalisten, sollen ebenfalls nach der Definition von vierter Macht, Wachhunde, watchdogs, im Dienste der Demokratie sein. Sollen. Sollten! Aber sind sie es denn (noch)? Klar: die berühmten Ausnahmen bestätigen die Regel.

In meinen Augen ist der Journalismus – mit hartem Einschnitt festzumachen mindestens ab der „Ukraine-Krise“ mit Maidan-Putsch und daraus resultierender Sezession der Krim, welche eben keine Annexion war (nach Strafrechtler Reinhard Merkel; im hier zu besprechendem Buch „Recherche“ uch S.164) – zwar auf den Hund gekommen. Aber statt watchdogs zu sein, sind zu viele Journalisten zu bloßen Bettvorlegern auf dem Parkett der Herrschenden (und zwar sowohl der wirklich Herrschenden wie der unter ihnen Regierenden) mit eingekniffenem Schwänzen und Maulkörben (die sie sich nicht selten selbst angelegt haben, um in den Redaktionen nicht anzuecken) mutiert.

Doch schlimmer geht immer: In der Corona-Krise haben sich die Mainstream-Medien gar von selbst (noch) gleich(er) ausgerichtet und machen statt kritischen Journalismus Propaganda, sozusagen als Regierungssprecher. Unsäglich. Ja, ja, die Ausnahmen – ich weiß schon! Man muss sie mit dem Elektronenmikroskop suchen.

Vierte Macht“?

Apropos „Vierte Macht“! Im Interview der NachDenkSeiten zum hier zu besprechenden Buch „Recherchieren“ von Patrik Baab merkt dieser an: Wer die Chefebene erreicht hat, teilt häufig Umfeld und Lebenslage mit den Machteliten aus Politik und Wirtschaft. So bilden sich ähnliche Haltungen und Ansichten heraus. Im Ergebnis verengt sich der Diskurs tendenziell auf die Interessen der Machteliten und blendet die Interessen der abhängig Beschäftigten aus. So werden Journalisten zu affirmativen Intellektuellen, wie der italienische Philosoph Antonio Gramsci sagte, die den Interessen der Mächtigen folgen. Das Gerede von der „vierten Gewalt“ geht deshalb an der Sache vorbei. Journalisten sind Lohnschreiber, und leider manchmal Hofnarren unter Wegfall der Höfe. Das sage ich nicht von oben herab, sondern als ein Mensch, der seit 45 Jahren Teil des Geschehens ist.“

Die Gründe für den Niedergang des Journalismus indes sind vielfältig

Das Internet mit kostenlosen Inhalten ist nur einer dieser Gründe. Niemand will mehr so recht dafür zahlen. Man reagierte (spät) mit Paywalls. Die aber lehnen Viele ab, andere können oder wollen sie sich diese zu bezahlenden Inhalte nicht leisten. Das Annoncengeschäft bricht vielfach weg. Redaktionen werden aus Kostengründen ausgedünnt und, und und.

Tatsächlich, macht Patrik Baab klar, sind manche Probleme im Journalismus nicht neu. Darauf habe bereits Georg Lucács 1923 hingewiesen (S.216). So gelange mit der Ausbeutung in Redaktionen und der Verengung des Debattenraums im Wesentlichen jener Prozess der Verdinglichung auf eine Stufe. Die bestehe im Kern darin, dass auch Journalisten die Ergebnisse ihrer Recherche verkaufen müssen. Baab: „Was Lukács damit meint, dazu sagt der Volksmund schlicht: ‚Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!‘. Ein paar Jahre später beschrieb es der amerikanische Schriftsteller Upton Sinclair so: ‚Es ist schwierig, einen Mann dazu zu bringen, etwas zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, dass er es nicht versteht!’“

Dass beschreibe präzise das Problem, „dass ausgerechnet Journalisten, die sich in einem Anfall von Hybris gerne als ‚Vierte Gewalt‘ bezeichnen, äußerst beleidigt auf jede Art von Kritik reagieren. Weiter: „Entgegen dieser Selbstidealisierung üben sie meist keine wirksame Kontrolle der politischen und wirtschaftlichen Machtzentren aus. Vielmehr wirken sie durch ihre Nachrichtenselektion und -interpretation als Torwächter bei der Formulierung des öffentlichen Diskussionsraumes.“

Baab verweist auf Didier Eribon. Der „beschreibt diesen Verrat der Intellektuellen, an dem Journalisten entscheidenden Anteil hatten. Sie begannen, den Rückbau des Wohlfahrtsstaates zu legitimieren, schrieben sich das Projekt des Sozialabbaus auf die Fahnen, redeten Rentenkürzungen und der Agenda 2010 das Wort. Sie sprachen nicht mehr die Sprache der Regierten, sondern jene der herrschenden Machteliten.“ (S.218/217)

Was wir – möchte ich anmerken – nun auch (wieder) bereits zwei quälend lange Jahre in der Corona-Krise erleben.

Und die Journalisten im Speziellen? Das ist auch eine Geschichte für sich. Sie stammen oft aus Akademiker- oder sonst wie gut situierten Haushalten. Sie wohnen in Stadtvierteln, in welchen Menschen mit gleichem Hintergrund bevorzugt leben. Sie besuchen die gleichen Szenekneipen. Die rezipieren die gleichen Medien. Übrigens sagt dies der Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow aus Dortmund, selbst gelernter Journalist auch von den über die Jahre frisch in den Bundestag gewählten Abgeordneten: „Als Bülow in den Bundestag kam, waren selbst allein in der SPD-Fraktion fast alle Akademiker gewesen. Doch ihre Eltern und Umfeld waren es nicht. Heute sehe es anders aus. Man kenne Probleme von Kindern aus Nichtakademikerfamilien überhaupt nicht, komme ja mit ihnen nicht in Berührung.

Diese Bundestagsabgeordneten bekämen nichts von gravierenden sozialen Problemen mit. In Berlin lebe man unter der Reichstagskuppel und somit in einer Blase. Marco Bülow: „Die Journalisten mit denn man es zu tun hat, die Lobbyisten mit denen man zu tun hat und die Kollegen mit denen man zu tun hat, die haben alle ein sehr gutes Auskommen und ihr Umfeld auch.“ Weshalb deren Fokus weg von den sozialen Problemen sei.“ (Dazu hier.)

Patrik Baabs Buch schreibt in seinem Buch (S.204): „Die Ähnlichkeit im Habitus zwischen dem journalistischen Milieu und denn Eliten sorgen für Nähe und Sympathie. Wer exklusive Informationen bekommen will, vermeidet Nestbeschmutzung.“ Und Baab zitiert Uwe Krüger: „Die Eliten suchen sich ihre Journalisten aus.“

Wobei hier meinerseits anzumerken ist: Das Gros der Journalisten heute dürfte nicht zu denen von Bülow erwähnten gehören, die „ein sehr gutes Auskommen“ haben. Eher ist das Gegenteil der Fall. Nicht wenige gehören quasi zum Prekariat.

Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht.“ (Karl Marx)

Von Journalisten – vor allem wenn sie Anfänger im Beruf sind – ist wohl kaum zu erwarten, dass sie heiße Eisen anfassen. Erst recht nicht von denen, die bei ihrem Redaktionsleiter schon einmal eine „heiße Geschichte“ versucht haben unter und damit ins Blatt zu bringen. Und der Redakteur ihm geraten hat: „Das schreibst du besser nicht.“ Beim nächsten Mal dürfte der voller Tatendrang und hohem Engagement angetretene Journalist so ein Thema „freiwillig“ auslassen. Er will ja vielleicht auch einmal eine Familie gründen, oder ein Häuschen im Grünen bauen – oder er ist schon dabei es abzuzahlen. Dann lieber spuren …

So werden manche mit hehren Zielen im Kopf gestartete, weiter aufzustreben gedenkende Journalist*innen womöglich eines Tages früher oder später auch lernen, was olle Karl Marx bereits zu Papier gebracht hatte: „Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht.“

Es dürfte zumindest nicht von Nachteil sein, wenn kommende Journalist*innen den selben Stallgeruch haben, wie die leitenden Redakteure. Anders bei Christian Baron („Ein Mann seiner Klasse“), dem dieser nämliche Stallgeruch fehlte und er sich infolgedessen als Journalist durchbeißen musste.

Recherchieren in Zeiten der Gegenaufklärung“

Im Kapitel „Recherchieren in Zeiten der Gegenaufklärung“ schreibt Baab (S.203) auf den Elitenforscher Michael Hartmann verweisend, dass dieser darauf aufmerksam macht, „dass im Journalismus die eigene Lebenswirklichkeit und die Herkunft eine entscheidende Rolle spielen. Die Spitzenvertreter der privaten Medienkonzerne stellen mit fast 77 Prozent Bürger- und Großbürgerkinder nach den Topmanagern der Wirtschaft die sozial zweitexlusivste aller Eliten. Daneben sorgen die drei großen Journalistenschulen in Hamburg, München und Köln – die zentrale Karriere-Maschinerie der Medien – für strikte soziale Selektion. Hartmann zitiert ein Studie, der zufolge sechzig Prozent ihrer Journalistenschüler aus den höchsten von vier Herkunftsgruppen (Akademiker in leitender Position) und keine Einziger aus der niedrigsten (Arbeiter sowie untere und mittlere Angestellte und Beamte) stammen. Zur Welt der Normalbevölkerung fehlt diesen Medienvertretern einfach der Draht:

>>Das entscheidende Problem in der Berichterstattung sind deshalb nicht eine bewusst verfälschte Darstellung oder böser Wille, sondern der durch die eigene Situation und Herkunft verengte Blickwinkel.<<“

So entsteht eine verdeckte privatisierte Tyrannei, die dafür sorgt, dass Abweichler ausgegrenzt, gemobbt, mit arbeitsrechtlichen Verfahren überzogen oder von ihren Arbeitgebern gefeuert werden – nicht, weil sie gegen Gesetze verstoßen, sondern weil sie kontroverse Überzeugungen geäußert haben.“

Der Autor schreibt (S.218): „Der Debattenraum wird so zum Exekutionsfeld politischer Säuberungen. Dies lässt in den Institutionen ein Klima der Angst und Selbstzensur wachen, welches keines direkten staatlichen Eingriffs mehr bedarf.“ Und man darf beim nächsten Satz durchaus auch an erschreckende Vorgänge in Corona-Zeiten (Beispiel You Tube: Löschungen kritischer Inhalt und sogar ganzer Kanäle!) denken: „So entsteht eine verdeckte privatisierte Tyrannei, die dafür sorgt, dass Abweichler ausgegrenzt, gemobbt, mit arbeitsrechtlichen Verfahren überzogen oder von ihren Arbeitgebern gefeuert werden – nicht, weil sie gegen Gesetze verstoßen, sondern weil sie kontroverse Überzeugungen geäußert haben.“

Die aufklärende Vernunft bilde sich zurück zur rein instrumentellen, so Baab.

„Das Ergebnis dieser Identitätspolitik ist das weit verbreitete Mittelmaß, das heute in der Medienlandschaft zu beobachten ist. Es deckt sich mit den politischen Vorstellungen einer vom sozialen Abstieg bedrohten Mittelklasse, die sich an ihre Identifikation mit der Oberschicht klammert. Allerdings sind es die Denkverbote und ideologischen Trümmer des Neoliberalismus, welche das geistige Klima prägen.“ (S.219)

Baab zitiert den Kieler Wahrnehmungs- und Kognitionsforscher Rainer Mausfeld:

„Kurz: Wir leben in einer Phase der Gegenaufklärung, wie es sie in diesem räumlichen und zeitlichen Umfang, in dieser fast alle gesellschaftlichen Lebensbereiche tiefgehend umfassenden und in dieser unsere sozialen und ökologischen Lebensgrundlagen zerstörenden Weise seit den Zeiten der Aufklärung noch nicht gegeben hat – eine Phase der Gegenaufklärung, die es perfiderweise sogar geschafft hat, sich als Aufklärung zu tarnen.“ (Leseempfehlung Rainer Mausfeld hier im Blog)

Und Baab wiederum gibt zu bedenken: „Die Tendenz vieler Journalisten, ja der ganzen Branche, zur Selbstgleichrichtung hat fundamentale Bedeutung für den Fortbestand der Demokratie, lehrt doch die historische Erfahrung, dass die Presse als ‚Sturmgeschütz der Demokratie‘ meist wenig taugt.“ Das zielt auf das Versagen in der Weimarer Republik vorm Heraufziehen des Nationalsozialismus. Baab: „der – linksradikaler Tendenzen unverdächtige – Historiker Karl Dietrich Bracher attestiert dem Großteil der Intellektuellen bei der Zerschlagung der Weimarer Republik und der Machtübergabe an die Hitler-Diktatur jedenfalls nicht nur eine Art kampflose Kapitulation, sondern vielmehr tatkräftige Mitwirkung.“

Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung

Der Status quo des Journalismus bietet kein Grund zum Jubeln. Im Gegenteil. Doch soll man resignieren, ihn noch weiter in den Abgrund abrutschen lassen? Aber nein doch! Zum Journalismus gehören gut ausgebildete Journalist*innen, welche ihr Handwerk verstehen. Von Patrik Baab ist soeben ein Buch im Westend-Verlag erschienen, das den Titel „Recherchieren“, Untertitel „Ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung“ trägt.

„Dieses Buch ist den Gedanken der journalistischen Aufklärung verpflichtet. Zu ihren Kernaufgaben zählen die Kritik und Kontrolle politischer Macht. In der Praxis jedoch wird die Presse häufig zum Apologeten der Mächtigen und zum publizistischen Verteidiger des Status quo. Statt Macht- und Gewaltverhältnisse aufzuklären, vernebelt sie oft die Interessen von Machteliten und wird so zum Helfer der Gegenaufklärung. Patrik Baab zeigt, wie Kritik und Kontrolle von Eliten wieder in den Mittelpunkt der Recherche rücken können. Baab bietet einen Werkzeugkasten mit Instrumenten der Aufklärung.“ Quelle: Westend-Verlag

Das Buch trägt heutigen Gegebenheiten Rechnung

Zu begrüßen ist, dass das Buch den heutigen Gegebenheiten Rechnung trägt. Es wendet sich eben nicht explizit nur an Journalisten. Schließlich verschwimmen inzwischen eh die Grenzen wer Journalist ist und wer nicht. Und Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung. So richtet sich das Buch ausdrücklich auch an Blogger und Internet-Aktivisten, aber gleichermaßen an Studentinnen und Mitarbeiter von NGO’s oder Bürgerinitiativen und somit ebenso an alle, die Medien-Berichterstattung und Informationsgebung kritisch zu hinterfragen gedenken.

Das Buch bietet dazu eine Reihe von Werkzeugen mit einem Arsenal von Fragen, die dabei helfen, herauszufinden, wes Geistes Kind die Autoren von Texten sind und welche Fragen an Mächtige gerichtet werden sollten.

Recherchieren heißt aufklären“

„Recherchieren heißt aufklären“ ist das erste Kapitel (S.9) überschrieben. Nur wo in den Medien wird noch wirklich recherchiert? Recherche kostet Geld und bindet Ressourcen. Weshalb viele Journalisten von einander abschreiben. Oft muss eine Story aus Aktualitätsgründen auch schnell rausgehauen werden. Sie muss Klicks generieren. Man muss vor der Konkurrenz damit draußen sein.

kantwasistaufklaerungIn puncto Aufklärung verweist Baab verständlicherweise auf Immanuel Kants Gedanken dazu. Jedoch ihn ausführlicher zitierend als das für gewöhnlich in den meisten Publikationen geschieht.

Menschen, die sich ernsthaft und ehrlichen Herzens für berufen erachten, den Journalismus als ihr künftiges Arbeitsfeld zu wählen, kommen m.E. an diesem Buch nicht vorbei. Ohnehin sollte Baabs Buch „Recherche“ in keiner Journalistenschule fehlen. Akribisch – dabei von eigenen Erfahrungen profitierend und wohl überlegt hat Patrik Baab den journalistischen Werkzeugkasten (S.24) Fach für Fach mit Werkzeugen bestückt, die für die Ausübung des Berufes unentbehrlich sind.

Klappt man den Werkzeugkasten auf und besieht sich die zutage tretenden einzelnen Fächer mit seinen auf den Seiten 24 bis 178 gründlich beschriebenen Werkzeugen darin, für den Beruf des Journalisten gewappnet. Selbstredend ist dabei zu bedenken. Übung macht den Meister. Und die dabei erlangte Erfahrung sorgt mit der Zeit für Sicherheit und Verbesserung des Selbstbewusstseins bei der Ausführung der Tätigkeit. Ganz oben im Werkzeugkasten liegen die sieben wichtigsten Fragen, die Journalisten immer zu berücksichtigen haben (S.30): Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Warum? Woher die Meldung?

Es gibt Hilfestellungen, wie Themen zu finden sind, wie Quellen erschlossen und wie sie geprüft werden sollten (immer nach zwei voneinander unabhängigen Quellen suchen!) und die dann natürlich auch überprüft gehören. Und unerlässlich auch der Quellenschutz! Nicht zu vernachlässigen klug, auf Vorsicht bedachter Umgang etwa mit Whistleblowern und somit deren Schutz, von denen Material angeboten wird. Ein Journalist, der da gravierende Fehler macht, bekommt womöglich nie wieder dergleichen angeboten.

Ebenso gut zu bedenken ist dabei, was man zu Treffen mit Informanten mitnimmt und was nicht. Wir wissen: Smartphones können abgehört oder geortet werden!

Wie gehe ich mit Daten um? Wo speichere ich sie?

Ebenfalls, empfiehlt Baab, sollte man sich davor hüten betreffs eines Beitrags, lediglich mit Pressestellen – die ja nun einmal naturgemäß interessengeleitet sind – zu telefonieren. Oder lediglich vor dem Bildschirm sitzen, um zu Googeln. Der Autor weißt darauf hin, dass etwa Google unter Umständen mehr über uns erfährt, als wir von irgend etwas zu erfahren gedenken. Schließlich sind Daten das neue Gold.

Überhaupt gelte es immer und überall Augen und Ohren offenzuhalten und mit Leuten zu sprechen, persönliche Kontakte zu ihnen aufzubauen. Immer und überall Fragen stellen. Vor Ort sein! Vermeintlich fertige Beiträge seien immer nochmals zu überprüfen. Habe ich etwas vergessen? Oder könnte da und dort etwas noch verständlicher formuliert sein?

Des Weiteren wird auf die Wichtigkeit und Notwendigkeit hingewiesen von Vorgängen Memos zu fertigen oder wie Recherchen zu dokumentieren sind. Dazu gehört freilich auch was zwecks Publikation von Recherchen zu wissen ist. Und es wird darauf hingewiesen, die Reaktionen auszuwerten.

Sehr genau wird auch das Thema Interview behandelt. Wie bereite ich mich vor? Welches Equipment (Kamera, Aufnahmegerät etc.) ist vonnöten? Nicht unwichtig: Welche Kleidung ist für dieses oder jenes Interview angemessen? Und was ist bei der Interviewführung zu beachten? Wie reagiert man auf unterschiedliche Charaktere der Interviewpartner und deren etwaigen Reaktionen während des Interviews?

Sehr praktisch: Zu allen Werkzeugen und Themen gibt es im Anschluss jeweils Kästen, in welchen noch einmal alles Wichtige stichpunktartig zusammengefasst ist. Sucht man etwas, kann immer rasch nachgeschlagen und das Wichtigste mit einem Blick erfasst werden.

Ein wichtiges Buch in trüben Zeiten

Ein wichtiges Buch in trüben Zeiten, welche die Demokratie auf schwere Proben stellt. Gerade aber da wäre ein funktionierender, wachsamer Journalismus dringender denn je gefragt. Patrik Baab (S.223): „Danach wäre es die Aufgabe von Recherche, die Falschheit der Welt zu erkennen und auszusprechen; die dafür Verantwortlichen zu nennen und ihre sozialen Strukturen zu destabilisieren, ihren Verschleierungscharakter offenzulegen. Damit hat Recherche die Aufgabe, in Alternativen zur bestehenden Ordnung zu denken, sie als Menschen gemacht, erkennbaren Interessen folgend und von Menschen veränderbar darzustellen.“

Recherche, so Baab, könne ihrem Wesen nach als ein oppositionelles Konzept gelten. Recherche bedeute den Debattenraum (wieder!) zu erweitern und sich nicht auf Themen festzulegen, die rechte und neoliberale Think-Tanks setzen wollen, sondern die Grenzen des Sagbaren zu transformieren.

Dick unterstrichen gehört: „Deshalb wäre es an der Zeit , mit einem Perspektivwechsel auch den eigenen Standpunkt zu verändern. Tendenziell bedroht von sozialem Abstieg und Prekarisierung, wäre der Platz des Rechercheurs eigentlich an der Seite jener, die ebenfalls Prekarisierung und sozialen Abstiegsängsten ausgesetzt sind. Nicht an der Seite der Machteliten, sondern an der Seite der abhängig Beschäftigten, vom Klimawandel bedrohten, von Deklassierung betroffenen. (S.224) Nicht an der Seite derjenigen, die journalistische Arbeit entwerten und enteignen, sondern an der Seite derer, die in den Risikokaskaden zulasten des Faktors Arbeit etwas entgegensetzen wollen.“

Ein hochwichtiges Buch, das aktueller und in aller notwendigen Deutlichkeit nicht sagen könnte, was ist. Und darüber hinaus: Was geschehen müsste. Nur, wie kann dieser sich daraus ergebende, unbedingt nötige große Ruck durch den Journalismus und freilich – Roman Herzog, Gott hab ihn selig, der dies einst postulierte: darüber hinaus ein Ruck durch Deutschland ins Werk gesetzt werden?

Diesbezüglich muss ich aber dann doch etwas Wasser in den Wein gießen – was sich aber wohlgemerkt nicht auf das hervorragende Buch bezieht: Unsere Gesellschaft ist längst auf dem Pfad der Refeudalisierung (der Begriff „Refeudalisierung“ wird auf Jürgen Habermas‘ Strukturwandel der Öffentlichkeit (Habermas [1962]1990) zurückgeführt) und im weiteren Verlauf auf dem Holzweg des Neoliberalismus, respektive Marktradikalismus gebracht worden. Die Regierenden – bitter: am Schlimmsten die Sozialdemokraten mit ihrem Komplizen den Grünen unter Bundeskanzler Schröder, haben mit dem Sozialabbau und der Agenda 2010 die verheerendsten gesellschaftlichen Einschläge zu verantworten. Der Journalismus hat die Politik des Sozialabbaus und der Privatisierungen im Grunde unkritisch mitgetragen und sogar noch forciert.

Können wir da – ohne absolut schwarzmalen zu wollen – an einen Wandel glauben? Immerhin könnte uns noch die Umsetzung der teils gruseligen Vorstellungen eines Klaus Schwab vom „Great Reset“, die längst vom World Economic Forum ausgekocht sein dürften, das der Journalist Paul Schreyer „Politbüro des Kapitalismus“ nennt, drohen. Überdies, wie der Finanzexperte und Autor Ernst Wolff seit langem befürchtet, stehe uns ein schlimmerer Finanzcrash als 2007/2008 bevor.

Fazit

Wie dem auch sei, das hier ausdrücklich empfohlene Buch von Patrik Baab sollten all jene zuallererst lesen, die Journalisten werden wollen.

Weshalb es m.E. unbedingt in die Regale der Bibliotheken von Journalistenschulen gehört. Vielleicht neben das ebenfalls sehr empfehlenswerte Buch „Medienanalyse. Ein kritisches Lehrbuch“ von Sabine Schiffer. Ebenfalls im Westend Verlag erschienen. Auch Bloggern und Aktivisten von NGO’s, denen es bei der Recherche dienlich sein kann, ist „Recherchieren“ von Patrik Baab empfohlen. Aber auch Bürger*innen, Medienkonsumenten, den nebenbei zu anzuraten ist, mehrere, unterschiedliche Medien zu rezipieren – sofern sie die Zeit dazu haben, um sich ein besseres Bild zu machen.

Aber auch bereits, vielleicht schon seit Jahren, als Journalist*innen tätige Menschen, sollten durchaus einmal dieses Buch bemühen. Nicht zuletzt, um einmal zu überprüfen, ob man noch seinen einstigen Vorstellungen vom Beruf verpflichtet ist, oder hier und da doch einmal vom Wege abgekommen ist.

Patrik Baab: Recherche – ein Werkzeugkasten zur Kritik der herrschenden Meinung . Westend Verlag. 31. Januar 2022. 20 Euro, 256 Seiten.

Zum Autor

Patrik Baab ist Politikwissenschaftler und Journalist und hat u.a. an den ARD-Filmen „Der Tod des Uwe Barschel – Skandal ohne Ende“ (2007), „Der Tod des Uwe Barschel – Die ganze Geschichte“ (2008) sowie „Uwe Barschel – Das Rätsel“ (2016) mitgewirkt. Er ist Lehrbeauftragter für praktischen Journalismus an der Christian-Albrechts-Universität Kiel und an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin.

Patrik Baab. Foto via Westend Verlag

Lügen die Medien? – Das Kompendium der Medienkritik von Jens Wernicke. Mediennutzer greift zu diesem Buch!

Um den deutschen Journalismus steht es nicht gerade zum Besten. Doch wohl bemerkt: den deutschen Journalismus gibt es ja so nicht. Noch immer gibt es einige Perlen. Dennoch: Früher – möchte ich mit Loriot anmerken – war mehr Lametta. Will sagen: Die Konturen waren klarer. Nicht nur im Journalismus. Auch in der Politik. Links und rechts, fortschrittlich und konservativ waren als Linie in Presseorganen und der Politik klarer und kenntlicher für Leser und Wähler. Heute haben wir hin und wieder den Eindruck – und dieser täuscht durchaus nicht immer – mehr Gleichklang in der journalistischen Berichterstattung. Weshalb manchen Menschen der böse belastete Begriff Gleichschaltung über die Lippen kommt. Und die Pegida-Bewegung skandierte „Lügenpresse, Lügenpresse!“ Der Begriff wurde zum „Unwort des Jahres 2014“ ausgerufen. Vielleicht auch, um es dessen Gebrauch zu skandalisieren – weil das Wort als NS-belastet gilt? Aber auch Arbeiter- und Soldatenräte benutzten in ihren Reden – darauf verweist Daniela Dahn – den Begriff „Lügenpresse der Bourgeosie“. Wie auch immer: Vernunftbegabte klaren Verstandes werden das Wort ohnehin nur in Ausnahmefällen oder gar nicht benutzen. Sonst setzt man sich rasch der Gefahr aus, diffamiert zu werden.

Werner Rügemer besteht hingegen darauf: „Wir dürfen uns den Begriff ‚Lügenpresse‘ nicht von den Rechten aus der Hand schlagen lassen.“ Warum? „Weil das Wort eben ein eingeführter demokratischer Begriff ist, der ebenso eine linke Tradition hat, an die sich heute, wo die ‚Enteignet Springer!‘-Ruf verdrängt sind, offenbar nur niemand mehr zu erinnern wagt.“

Wohl stimmiger – und kaum in die rechte Ecke zu schieben – ist dann sicher der Begriff „Lückenpresse“. Welchen Ulrich Teusch in seinem Buch  „Lückenpresse – Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten“ verwendete.

Das Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien hat gelitten

Besonders auf dem Höhepunkt der Eskalation der Ukraine-Krise kulminierte der Unmut Vieler. In den Foren der Medien schlugen die Wogen der Kritik an der Berichterstattung hoch. So manche Zeitung, mancher Sender schloss seine Kommentarfunktion unter den jeweiligen Beiträgen. Im Jahr 2014, so ergab eine repräsentative des Medienmagazins ZAPP, hatten 69 Prozent der Befragten an, wenig oder gar kein Vertrauen in die Berichterstattung der deutschen Medien zu haben, wenn es um die Ukraine ging. ZAPP stellte fest: „Insgesamt ist das Vertrauen in die Medien so schlecht wie lange nicht mehr. Haben im April 2012 noch 40 Prozent der Befragten angegeben, großes oder sehr großes Vertrauen zu den Medien haben, sind es jetzt, im Dezember 2014, nur noch 29 Prozent.“ Auch jenseits der Berichterstattung über die Ukraine-Krise haben nicht wenige LeserInnen den Eindruck gewonnen, der deutsche Journalismus – zuvörderst die Leitmedien – sei zu staatsnah.

Wir alle werden täglich manipuliert

Nun aber mal Butter bei die Fische: „Lügen die Medien?“ – diese Frage trieb den freien Journalisten Jens Wernicke um. Um Antworten zu erhalten reiste Wernicke zwei Jahre durchs Land. Er sprach dabei mit Journalisten, Medienkritikern, Wissenschaftlern, Freigeistern und anderen.

Foto: Christian Evertsbusch, via Pixelio.de

Wernickes Resümee: „Sie alle – und ich bleibe diesbezüglich bei meiner These, die Frage ist falsch gestellt! – antworten auf die Frage „Lügen die Medien?“: sowohl als auch.“ Und weiter: „Auf jene Frage aber, was schiefläuft, erwidern sie, ein jeder auf die ihm oder ihr ganz eigene Art: Wir alle werden tagtäglich manipuliert. Von Medien und Politik, von Kriegstreibern und Industrie.“

Am ersten September erschien bei Westend Jens Wernickes Buch „Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung“.

Jens Wernickes Buch ist ein differenzierender und sachlicher Beitrag, welcher Verständnis für die Komplexität unserer gesellschaftlichen Misere weckt

Ein Buch, das man am liebsten gar nicht wieder zuschlagen möchte, sondern sogleich bis zum Schluss durchlesen möchte! Wernicke ist es gelungen, einen Beitrag zum besseren Verständnis des Metiers Journalismus und der Misere, in welcher er steckt, zu leisten. Und zwar einen differenzierenden und sachlichen Beitrag, der über Einzelfallkritik und Einzelmeinung hinausgeht und ein Verständnis für die Komplexität unserer gesellschaftlich-sozialen Misere zu wecken versteht. Die, so legt uns der Autor ans Herz, „wohl als grundlegende Erosion demokratischer Institutionen und Prozesse skizziert werden muss“.

Wichtiges Kompendium der Medienkritik

Mit Wernickes Buch ist ein wichtiges Kompendium der Medienkritik entstanden, auf das man bestimmt bei entsprechenden Gelegenheiten ab und an immer wieder zurückgreifen wird. Jene Stimmen kommen darin zu Wort, die um die Materie wissen. Weil es gestandene Journalisten, Macher unserer Nachrichten sind, die wissen wie der Hase in ihrem Metier läuft. Darüber geben sie – auch die Forscher und Wissenschaftler – Auskunft,

http://www.youtube.com/watch?v=B1bu7mf4W8A

legen uns ihre Sicht auf die aktuellen Probleme unserer Medienlandschaft dar. Gut, dass darüber hinaus auch Akteure unserer Zivilgesellschaft zu Wort kommen. Die Absicht des Buches, sich wirklich um eine Analyse der vielen Facetten, Sichten und berechtigte Kritiken zu bemühen und „parteiisch für die immer größere Anzahl von Armen und Ausgegrenzten im Lande zu sein, ein Buch, das nicht den im Auftrage der Macht agierenden und propagandierenden ‚Experten‘, sondern jenen, die bereits seit langer Zeit glaubwürdig im Geiste der Gesamtgesellschaft handeln, das Wort erteilt, ist wichtig wie selten zuvor“ (S. 15) ist m.E. vollumfänglich erfüllt.

Jens Wernicke führt dazu den meistzitierten Wissenschaftler der Welt unserer Zeit, Noam Chomsky, der diesen Ansatz „wunderbar auf den Punkt gebracht“ an:

„Jeder mächtige Staat verlässt sich auf Spezialisten, deren Aufgabe es ist, zu zeigen, dass das, was die Starken tun, nobel und gerecht ist, und dass es die Schuld der Schwachen ist, wenn diese leiden. Im Westen nennt man diese Spezialisten ‚Intellektuelle‘, und sie, mit kaum nennenswerten Ausnahmen, erfüllen ihre Aufgabe mit großer Fertigkeit und Selbstgerechtigkeit, egal wie lachhaft ihre Behauptungen sind, in dieser Praxis, die sich bis zu den Ursprüngen aufgezeichneter Geschichte zurückverfolgen lässt.“

Pressefreiheit für die Verleger

Pressefreiheit – erfahren wir – ist quasi in erster Linie ein Privileg der Verleger. Ihnen ist nämlich Tendenzschutz via des Tendenzschutzparagraphen im Arbeitsrecht garantiert. Darunter wird verstanden, dass der Verleger eines Mediums ausdrücklich das Recht hat, die politische Meinung – die Blattlinie – der jeweiligen Publikation zu bestimmen.

Den Antworten von Journalisten – auch im vorliegenden Buch – ist entnehmen, dass sie in der Regel wohl kaum gesagt bekommen, was und wie sie zu schreiben haben. Das wird sicher auch subtiler geregelt. Harald Schumann (früher Spiegel, nun Tagesspiegel) hat da nämlich ganz andere Erfahrungen gemacht (sh. dazu auch weiter unten unter „Stimmen aus dem Buch“). Seiner Meinung nach ist es mit der inneren Pressefreiheit in den Medien nicht weit her.

Viele Journalisten dürften indes ganz von allein wissen, was sie unter ihrem Verleger zu schreiben oder nicht zu schreiben haben. Was an Themen man gerne sieht und welche wohl eher abgelehnt und ein Auftrag, sich damit zu befassen, sicher von der Redaktion gar nicht erst erteilt werden würde. Journalisten haben Familien, die es zu unterhalten gilt. Da überlegt sich der Journalist zweimal, ob er sich in die Nesseln und seine Arbeitsstelle aufs Spiel setzt. Im Buch wird klar, dass Journalisten eine Berufsgruppe sind, die ziemlich unkompliziert gekündigt werden können. Markus Fiedler („Die dunkel Seite der Wikipedia“): „Kein Angestellter ist so leicht auf die Straße zu setzen wie ein Redakteur.“

Stephan Hebel: „Die Nähe zwischen dem Politikbetrieb – der ja nicht unser Partner sein sollte, sondern Gegenstand unserer kritischen Berichterstattung – erscheint mir trotz rühmlicher Ausnahmen viel zu groß“

Auch wenn bestimmte Journalisten in ihrer Berichterstattung eine bestimmte Linie auffällig erkennen lassen – z.B. prowestlich oder russlandkritisch bis russlandfeindlich -, so ist das gewiss nicht selten schon zuvor in ihren Persönlichkeiten angelegt gewesen. Sie sind davon überzeugt. Oder drehen sich aus Karrieregründen in diese Richtung. Es wird höchstens noch verstärkt, indem sie Mitglied etwa in der Atlantikbrücke oder anderen Vereinen und Kreisen werden. Die meisten indes dürfen das schreiben, von dem sie der Überzeugung sind, es wäre richtig so. Manchen von ihnen schmeichelt wohl auch die Nähe zu den Regierenden. Zu viel Regierungsnähe dürfte aber die Vorteile, die daraus zu ziehen sind (bestimmte Informationen vor den Kollegen zu bekommen) durchaus auch ins Nachteil verkehren können. Jedenfalls dürfte Letzereres für Journalisten gelten, welche sich als ehrlicher Vertreter der Vierten Macht verstehen. So sagt Stephan Hebel im Interview mit Jens Wernicke:

„Die Nähe zwischen dem Politikbetrieb – der ja nicht unser Partner sein sollte, sondern Gegenstand unserer kritischen Berichterstattung – erscheint mir trotz rühmlicher Ausnahmen viel zu groß.“

Gegen pauschale Zuschreibungen wie „die Medien lügen“ wehrt sich Hebel jedoch. (S. 83) Wenn die Medien „eine andere Auffassung vertreten als ich und sei es die der Mächtigen, dann kann das auch einer – aus meiner Sicht irrigen – Überzeugung entspringen“. Hebels Meinung: „Es gibt immer noch viel zu viel guten und kritischen Journalismus, auch in den etablierten Medien, als dass man pauschal urteilen könnte.“

Hebel postuliert aber auch:

„Ja, es gibt auch Lügen in den Medien. Wer sie anprangert, sollte sie im konkreten Fall benennen.“ Dies sei besser als ein Pauschalurteil, „weil die betreffenden Journalisten sich dann rechtfertigen müssten“.

Folgende Persönlichkeiten kommen zu Wort

Es äußern sich im Buch die Journalisten im jeweiligen Interview Walter van Rossum, David Goeßmann, Ulrich Teusch, Volker Bräutigam, Ulrich Tilgner, Stephan Hebel, Werner Rügemer und Eckart Spoo. Die Wissenschaftler Noam Chomsky, Daniele Ganser, Rainer Mausfeld, Uwe Krüger, Jörg Becker, Michael Walter, Erich Schmidt-Eenboom, Klaus-Jürgen Bruder und Kurt Gritsch. Sowie mit Maren Müller, Hektor Haarkötter, Sabine Schiffer, Gert Hautsch, Rainer Butenschön, Markus Fiedler und Daniela Dahn wichtige Stimmen aus der Zivilgesellschaft.

Stimmen aus dem Buch

„Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land. Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. (…) Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (…) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die mentalen Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen.“

Edward Bernays

„Indoktrination ist keineswegs inkompatibel mit der Demokratie. Vielmehr (…) ihre Essenz. (…) Ohne Knüppel, ohne Kontrolle durch Gewalt (…) muss man das Denken kontrollieren. Dazu greift man zu dem, was in ehrlicheren Zeiten Propaganda genannt wurde.“

Noam Chomsky

„Die Massenmedien im eigentlichen Sinn haben im Wesentlichen die Funktion, die Leute von Wichtigerem fernzuhalten. Sollen die Leute sich mit etwas anderem beschäftigen, Hauptsache, sie stören uns nicht – wobei ‚wir‘ die Leute sind, die das Heft in der Hand halten. Wenn sie sich zum Beispiel für den Profisport interessieren, ist das ganz in Ordnung. Wenn jedermann Sport oder Sexskandale oder die Prominenten und ihre Probleme unglaublich wichtig findet, ist das okay. Es ist egal, wofür die Leute sich interessieren, solange es nichts Wichtiges ist. Die wichtigen Angelegenheiten bleiben den großen Tieren vorbehalten: ‚Wir‘ kümmern uns darum.“

Noam Chomsky

„Wir stecken heute mitten im Informationskrieg. Immer mehr Menschen erkennen das und wachen sozusagen auf. Diese wachen Menschen lehnen Kriegspropaganda ab und versuchen, sich ein eigenes Bild von der Welt und den politischen Ereignissen zu machen, zum Beispiel indem sie verschiedene alternative Medien konsumieren. Es ist heute wichtig zu verstehen, dass die Massenmedien in diesem laufenden Informationskrieg benutzt werden, um die Menschen zu lenken und zu steuern.“

Daniele Ganser

„Die gegenwärtigen Formen repräsentativer Demokratien sind Elitedemokratien, also de facto Wahloligarchien. Seit ihren historischen Anfängen wurde die Idee einer ‚repräsentativen Demokratie‘ mit der Absicht entwickelt, das als irrational, infantil und launenhaft angesehene ‚dumme Volk‘ von politischer Macht und Einfluss fernzuhalten. Die Etablierung einer repräsentativen Demokratie war also explizit dazu gedacht, eine wirkliche Demokratie im Sinne der Ermögli¬chung einer angemessenen Teilhabe, also Partizipation, der Bürger am Gemeinwesen und einer Volkssouveränität zu verhindern. Worum sollten Machteliten auch ein Interesse an wirklicher Demokratie haben, wo eine solche doch ihren Status gefährdete?“

Rainer Mausfeld

„Die deskriptiven Aspekte der tatsächlichen Funktionsweise der Medien innerhalb der Herrschafts- und Machtbeziehungen in kapitalistischen westlichen Demokratien sind seit mehr als hundert Jahren vielfältig untersucht worden, und es gibt zu diesem Thema reiches empirisches Material. Es belegt in geradezu überwältigender Weise, dass die Medien vorrangig dazu dienen, den gesellschaftlichen und ökonomischen Status derer zu stabilisieren, in deren Besitz sie sind oder von denen sie ökonomisch abhängig sind. Das impliziert insbesondere, dass sie die politische Weltsicht der jeweils herrschenden ökonomischen und politischen Eliten vermitteln, sodass natürlich auch die Auswahl und Interpretation von Fakten hierdurch bestimmt ist.“

Rainer Mausfeld

„Gegenwärtig haben die Leitmedien in ihrer Bereitschaft und Willfährigkeit, das Weltbild transatlantischer neoliberaler Eliten zu vermitteln, ganz offensichtlich jedes Maß verloren. Das hat zur Folge, dass die Medien Fakten, die nicht in dieses Weltbild passen, immer hemmungsloser verschweigen oder verzerren. So erschaffen sie medial eine gesellschaftliche und soziale Realität, in der die wichtigsten Fragen gar nicht erst vorkommen und die tatsächlichen Konflikte vernebelt und verschleiert werden.“

Rainer Mausfeld

„Es gibt einen wichtigen Punkt der Pressefreiheit, der in Deutschland fast nie zur Sprache kommt. Und zwar die innere Pressefreiheit in den Redaktionen. Die ist nämlich keineswegs überall gegeben. Ich hab das ja nun am eigenen Leib über viele Jahre beim Spiegel mitgemacht, aber ich weiß es auch aus anderen Redaktionen. Es ist nicht so, dass, wenn der Redakteur oder der Reporter, der eine Sache recherchiert hat und etwas für richtig oder für falsch erkannt hat, dass das dann automatisch auch so im Blatt erscheint. Sondern es kommt immer noch sehr häufig vor, dass Kollegen, die hervorragende Arbeit gemacht haben und die hervorragend schreiben und recherchieren, nicht das schreiben dürfen und können, was eigentlich der Wahrheit entspricht. Sondern es wird zurechtgebogen, kleingemacht, zurechtgekürzt, wenn es den jeweiligen Gesinnungen, Absichten und Interessen ihrer Vorgesetzten nicht entspricht.“

Harald Schumann

„Es gibt häufig politische und wirtschaftliche Interessen von Chefredakteuren und Verlegern. Und die werden von oben nach unten durchgestellt und viele Kollegen werden gezwungen, sich dem zu beugen. (…) Ich durfte (beim Spiegel) zu allen Themen der politischen Ökonomie de facto nicht schreiben. (…) Zu kritisch, zu links, nicht angepasst genug. Das wurde nicht begründet, sondern, wenn ich die Themen vorschlug, bekam ich die Aufträge nicht, da konnte ich gar nicht erst anfangen. (…) Das muss man wirklich sagen: Das ist in der deutschen Presse gang und gäbe, dass Chefredakteure oder Ressortleiter ihren Untergebenen sagen, was sie zu denken haben, dass Vorgaben gemacht werden, was sie recherchieren dürfen und was nicht, und dass viele junge Kollegen daran gehindert werden, überhaupt kritische Journalisten zu werden, weil ihre Vorgesetzten das gar nicht wollen.“

Harald Schumann

„Was die institutionelle Implementierung auf Grundlage der Agenda 2010 anging, kann man das sicherlich sagen, ja. Allerdings denke ich, dass nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung, insbesondere im Milieu der klassischen Arbeiterschaft, den propagierten Reformvisionen gegenüber skeptisch oder ablehnend blieben. Der Erfolg des Reformmarketings bestand hier eher darin, durch die symbolische Destruktion des traditionellen Sozialstaatsmodells dessen Befürwortern die Gegenwehr massiv erschwert zu haben. (…) Es ging nicht nur darum, Akzeptanz für Reformen hervorzurufen, sondern im ganz konkreten Sinne darum, neue Sichtweisen auf das Soziale zu schaffen und die Bürger durch die Kraft der bildgewaltigen ‚erzieherischen‘ Botschaften der PR-Kampagnen in ökonomisch aktive und eigenverantwortliche Subjekte zu verwandeln.“

Michael Walter

„Ohne Zweifel kommt im Reformdiskurs, über den wir hier sprechen, eine überhebliche, ja arrogante Haltung der Eliten gegenüber den vermeintlich ‚einfachen Leuten‘, insbesondere der klassischen Arbeiterschaft, zum Ausdruck. Die gesamte Debatte ist von einem deutlichen ‚Klassismus‘ durchzogen. Das bereits angesprochene Aktivierungsdogma, das Ende der 1990er Jahre zum Leitbild der Reformer wurde, beruht ja auf einem grundsätzlich negativen Menschenbild, das in aller Deutlichkeit bereits in Roman Herzogs berühmter ‚Ruck-Rede‘ artikuliert wurde, die zu einem programmatischen Bezugspunkt für die Reformdebatte und auch die Reforminitiativen geworden ist: Der Mensch ist von sich aus ein träges Wesen, dessen Antriebskräfte durch den, wie Herzog es formuliert, ‚überbordenden Sozialstaat‘ über die Jahre erlahmt sind. Daher bedarf es einer entschiedenen Aktivierung von außen – wie eben beispielsweise durch die sogenannten Hartz-Gesetze –, um diese eingeübte Trägheit in ökonomisch produktive Eigeninitiative zu verwandeln.“

Michael Walter

„Die Frage ist, ob wir tatsächlich dieser Form der sofort erkennbaren, direkten Staatszensur ausgesetzt sind. Ich denke nicht. (…) Nach den Recherchen rund um die Wikipedia bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir jedoch eine weiche, nicht direkt fühlbare Staatszensur in Deutschland haben. Offensichtlich wird diese beispielsweise dadurch, dass eine überwiegend mit Steuergeldern finanzierte Stiftung wie die Amadeu Antonio Stiftung den Auftrag des Gesetzgebers bekommt, digitale soziale Medien, in diesem Falle Facebook, auf ‚Hate Speech‘, also Hassreden beziehungsweise volksverhetzende Reden, hin zu untersuchen und diese dann zu zensieren.“

Markus Fiedler

„Jeder Journalist, Autor und Redakteur hat doch auch eine Familie zu ernähren. Und jeder weiß: Wenn er zu viel nachforscht in Themenbereichen, die unbequem für die herrschenden Eliten sind, dann ist er seinen Job los. Will man das? Nein! Also macht man weiter mit Themen, die nicht so problematisch sind. Oder man grölt mit der Masse. Aber nur so lange, bis ein Leitmedium eine andere Richtung vorgibt, dann grölt man halt anders. Die Bevölkerung wird so allerdings nicht informiert. Das Resultat ist eher Desinformation, denn Entscheidendes fehlt und soll das ja auch.“

Markus Fiedler

„Der Tendenzschutzparagraph schränkt in den Medienunternehmen die sowieso völlig unzureichende Mitbestimmung von Betriebsräten und Gewerkschaften noch weiter ein. Kein Angestellter ist so leicht auf die Straße zu setzen wie ein Redakteur. Das macht ihn nicht gerade wehrhaft, wenn es darum geht, wie es im unverbindlichen Ehrenkodex des Deutschen Presserats heißt, seine ‚publizistische Aufgabe fair, nach bestem Wissen und Gewissen, unbeeinflusst von persönlichen Interessen und sachfremden Beweggründen‘ wahrzunehmen.“

Rainer Butenschön

„Um es kurz zu machen: Innere Pressefreiheit gibt es nicht. Macht und Ohnmacht sind im Medienbetrieb auf verschiedene Rollen verteilt. Das gilt es im Interesse der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht länger zu ignorieren.“

Rainer Butenschön

„Wir sollten sagen, was ist, wir sollten mit Kritik an den derzeitigen Zuständen nicht sparen. Wir sollten darauf drängen, in den Massenmedien endlich mehr Demokratie zu wagen. Wir sollten dazu entsprechende Initiativen entwickeln und versuchen, diese organisiert etwa über Gewerkschaften und Volksentscheide durchzusetzen. Wir sollten uns dabei bewusst sein, dass wir gegen mächtige Gegner antreten und dass wir die heiligste ihrer heiligen Kühe infrage stellen: Ihr uneingeschränktes Verfügungsrecht über ihr privates Eigentum und also die Produktionsmittel.“

Rainer Butenschön

„Die Initiative Nachrichtenaufklärung möchte darauf aufmerksam machen, dass viele Themen medial unter den Tisch fallen, die gesellschaftlich relevant sind und eine Mehrheit der Bevölkerung eigentlich angehen würden. Mit den ‚Top Ten der vergessenen Nachrichten‘ beleuchten wir jedes Jahr zehn dieser vernachlässigten und ignorierten Themen etwas näher und versuchen, sie in den Medien doch noch auf die Agenda zu heben.“

Hektor Haarkötter

„Wollte man etwas differenzieren, würde man sagen, dass es persönliche und institutionelle Gründe für die Vernachlässigung von Themen in den Medien gibt. Zu den persönlichen Gründen zählt beispielsweise die Komplexität mancher Stoffe, beispielsweise bei wissenschaftlichen Themen. Arbeitsverdichtung und Zeitdruck führen auch dazu, dass nicht nachhaltig recherchiert und berichtet werden kann, das heißt, Themen und Geschichten werden nur ereignisorientiert beleuchtet, aber nicht weiterverfolgt. Zu den institutionellen Gründen für Themenvernachlässigung zählt der politische Tendenzschutz von Medienhäusern, also dass bestimmte Geschichten nicht erzählt werden, weil sie politisch oder ideologisch nicht ins Bild einer Redaktion oder eines Verlegers passen. In der Medien- und Kommunikationswissenschaft sprechen wir hier vom ‚News Bias‘, also der expliziten oder impliziten Unausgewogenheit journalistischer Darstellung.“

Hektor Haarkötter

„Diese fehlende Distanz führt dazu, dass ein verengtes Spektrum an Perspektiven und Meinungen entsteht. Auffassungen, die im Politikbetrieb oder im Mainstream der Wirtschaftswissenschaft marginalisiert sind, kommen auch in der Berichterstattung viel zu selten zum Tragen – als wäre es nicht Aufgabe des Journalismus, gerade auch diesen Auffassungen in Abgrenzung zu den vorherrschenden Interessen Raum in der öffentlichen Debatte zu verschaffen. So versagen die Medien viel zu oft an der Aufgabe, eines der Lebenselixiere der Demokratie zu fördern: das Denken in Alternativen.“

Stephan Hebel

„Der leitende Mitarbeiter der Organisation Gehlen und später des BND Kurt Weiß hatte die Parole ausgegeben, dass die schlechte nachrichtendienstliche Erfolgsbilanz durch gute Pressearbeit wettzumachen sei. Methodisch ging der Dienst dabei nach einem ‚Do ut des‘-Prinzip vor: Den stets informationshungrigen Medienvertretern wurden Geheimdiensterkenntnisse zugespielt, für die sie sich mit einer wohlwollenden Berichterstattung bedankten.“

Erich Schmidt-Eenboom

„Für die Geschichte bis zum Ende des Kalten Kriegs galt, dass nahezu alle Leitmedien mehr oder weniger stark von Vertrauensjournalisten des BND durchsetzt waren. Auch bei meinen gegenwärtigen Arbeiten stoße ich immer wieder auf neue Fälle von Symbiosen des Dienstes mit Journalisten in der Altbundesrepublik. Auf der anderen Seite stand häufig das Bemühen der Dienste, missliebige Journalisten zu diffamieren, auszuspähen und zu observieren. Ich habe es am eigenen Leibe erfahren und damit die Initialzündung für einen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags geliefert. In dessen Vorfeld hat es der BND 2005 noch einmal unternommen, meinen Kollegen Andreas Förster über einen Agenten aus Leipzig auszuforschen, nachdem ich mit Förster ans Tageslicht gebracht hatte, dass der BND mich von 1994 bis 1996 bespitzelt hatte. Die einhellige Verurteilung der rechtswidrigen Maßnahmen des BND gegen Journalisten über alle Bundestagsparteien hinweg in den Abschlussberichten hat dann dafür gesorgt, dass der Dienst seither – zumindest soweit man weiß – auf eine systematische Ausspähung von Medienvertretern verzichtet.“

Erich Schmidt-Eenboom

„Zur NS-Publizistik gehörten nämlich auch mehrere Medien des Außenministeriums und das von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels herausgegebene Edel-Magazin Das Reich. Und mit viel größeren Auflagen für das breite Publikum zudem die fünf von Goebbels lizensierten ‚Reichszeitungen‘, die sich schon vor 1933 für Hitler eingesetzt hatten: die damaligen bürgerlichen Qualitätsmedien Frankfurter Zeitung, Berliner Börsen-Zeitung, Kölnische Zeitung, Deutsche Allgemeine Zeitung und Neues Wiener Tageblatt. Sie wurden von den Nazis gefördert, um auf Dauer auch die ‚normalen‘ Bürger auf Linie zu halten. Diese Medien repräsentierten NS-Deutschland dann auch in den von der Wehrmacht besetzten Staaten; sie wurden dort mit Genehmigung von Goebbels und des Oberkommandos der Wehrmacht verkauft und erhöhten ihre Auflage damit noch weiter. Aus diesen Medien wurden die meisten der führenden Journalisten der nach 1945 lizenzierten Medien rekrutiert.“

Werner Rügemer

„In der Tat sind viele PR-Agenturen inzwischen übermächtig geworden und lenken als ein gewichtiger Akteur die Geschicke der Welt aus dem Hintergrund mit. Konkret beherrschen vier gigantische PR-Verbundsysteme die gesamte Welt von Werbung, Public Relations, Medien und Consulting. Im Grunde kann jeder sie für jeden denkbaren Zweck anheuern: einen Präsidenten stürzen, die blutige Niederschlagung eines Aufstandes aus den Medien heraushalten, einen von langer Hand beabsichtigten und geplanten Krieg endlich lostreten, indem man ihn auf manipulativste Art und Weise der Bevölkerung ‚schmackhaft‘ macht, und so weiter.“

Jörg Becker

„Die PR-Industrie missbraucht die Massenmedien bereits seit Jahrzehnten für ihre sehr spezifischen Eigeninteressen. Nach empirischen Studien von Barbara Baerns und René Grossenbacher kann als gesichert gelten, dass PR-Firmen, Pressestellen von Unternehmen und Lobbygruppen die Medienberichterstattung weitgehend bestimmen. Nahezu zwei Drittel aller in den Medien verbreiteten Meldungen sind nicht selbständig recherchiert, sondern stammen aus Pressestellen von privaten und öffentlichen Institutionen oder PR-Agenturen und werden den Redaktionen von sogenannten Medienservices als fertige Artikel ‚häppchengerecht‘ feilgeboten. 80 Prozent aller Nachrichten in den Medien stützen sich auf lediglich eine einzige Quelle, die sich bei weiteren Recherchen dann als eben jene Pressestelle entpuppt, die die Meldung in Umlauf gebracht hat.“

Jörg Becker

„Es ist nicht einfach, die vorgefertigten Textbausteine in Pressemitteilungen und aus Briefings nicht einfach nachzubeten. Das Wording ist darin meist schon vorgegeben, und das ist ganz entscheidend für die Wahrnehmung eines Sachverhalts. So können Sie einen Attentäter etwa als ‚Terroristen‘, ‚Fanatiker‘, ‚Spinner‘, ‚Rebellen‘ oder ‚Freiheitskämpfer‘ bezeichnen und werfen damit jedes Mal ein gänzlich anderes Licht auf ein und dieselbe Tat, auf ein und denselben Sachverhalt. So wird in der Syrien-Berichterstattung beispielsweise zu oft kritiklos die Bezeichnung ‚Rebell‘ übernommen, obwohl nicht ersichtlich ist, worin sich die Islamisten der Al-Nusra-Front von jenen des sogenannten Islamischen Staates unterscheiden sollen. Die vorgenommene Unterscheidung dient dem Interesse von NATO, USA, EU und anderen, das darin besteht, die Gegner Assads mit dem Begriff ‚Terrorist‘ zu verschonen. Das aber ist nichts anderes als durch die Anwendung doppelter Standards organisierte, reine Manipulation, denn in bestimmten anderen Ländern würde man bewaffnete Aufständische auch nicht als Bürgerrechtsaktivisten verharmlosen.“

Sabine Schiffer

„Objektiv und ‚von außen‘ betrachtet laufen Lücken und Lügen am Ende – also in ihrer Funktion, ihrer Wirkung – auf das Gleiche hinaus. Verschwiegene Information, unten gehaltene Information, künstlich hochgespielte Information, dominante Narrative und so weiter – das alles verzerrt die Wirklichkeit, trägt letztlich zu einem unwahren Bild bei.“

Ulrich Teusch

„Vielleicht sollten wir tatsächlich vom Vorwurf des Lügens zum Entscheidenden kommen. Nämlich dazu, dass die Presse für die Macht und die Mächtigen Partei ergreift und ihrem selbstgestellten Auftrag, als ‚vierte Gewalt‘ die drei anderen Gewalten zu kontrollieren und damit Demokratie erst zu ermöglichen, längst nicht mehr gerecht wird.“

Klaus-Jürgen Bruder

„Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von taz bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.“

Peter Scholl-Latour

„Massenmedien waren stets Teil des Spiels und also Sprachrohr für den vorherrschenden Konsens unter den Eliten. In aller Regel wirkten sie dabei als Brandbeschleuniger. Und wenn leitende Herren der Branche auch heute noch gerne ‚Objektivität‘, ‚Unabhängigkeit‘ und ‚Überparteilichkeit‘ als Ethos der Zunft proklamieren, dann lügen sie zwar nicht unmittelbar, zeigen aber ein erschreckendes Maß an Reflexionsunfähigkeit und sprechen der Realität mittelbar Hohn. Das ist nicht polemisch gemeint, sondern eine Beschreibung des gängigen Berufsprofils.“

Walter van Rossum

„Jeder Handtaschendieb hat einen Anspruch auf ein detailliertes Protokoll seiner Untat. Wenn es in den fast schon grotesken Wirren des Syrienkriegs zu einem Giftgasanschlag kommt, dann haben unsere Qualitätsjournalisten allerdings keinerlei Mühe damit, binnen Sekunden den Täter zu ermitteln und ein Urteil zu sprechen. Das ist billigster Erregungsjournalismus, der wahrhaft erschütternde Ausmaße angenommen hat.“

Walter van Rossum

„Der moderne Mensch hat inzwischen scheinbar gelernt, dass man ‚Ja‘ sagen muss zu all diesen Zwängen, dass man sich an ihre Spitze setzen muss, um sie ‚mit Überzeugung‘ ausführen zu können und so selbst weiterzukommen. Im Gegensatz zu früheren Herrschaftssystemen ist der bürgerliche Mensch inzwischen mit seiner eigenen Unterdrückung regelrecht identifiziert. Und dass der Journalismus dabei die letzte Bastion unkontrollierter Freiheit sein soll, nur weil das in irgendwelchen Gesetzen steht, mutet doch ziemlich phantastisch an.“

Walter van Rossum

„Die NATO hat nicht aus humanitären Gründen oder gar aus Altruismus in den Kosovo-Konflikt eingegriffen. Letzteres sollte offensichtlich sein, wurde jedoch von vielen Kriegsbefürwortern ausgeblendet. Doch auch die behaupteten humanitären Motive waren nicht zutreffend. Mitte April 1999 sagte der NATO-Oberkommandierende Wesley Clark gegenüber der BBC, man habe die Operationen nach den Weisungen der politischen Führung ausgeführt, sie seien nicht geplant gewesen als Mittel, die ethnischen Säuberungen aufzuhalten. Später hat Clark den wahren Grund für das Eingreifen genannt, indem er zugab, dass der Angriff ein entscheidender Präzedenzfall für das 21. Jahrhundert war: Die ‚Out-of-Area-Strategie‘, die Wandlung der NATO vom Verteidigungsbündnis zur globalen Interventionsmacht, war bereits in den frühen 1990er Jahren vorbereitet und rechtzeitig zum fünfzigsten Geburtstag des Bündnisses am 24. April 1999 umgesetzt worden.“

Kurt Gritsch

„Man kann natürlich auch dem Idealismus der ‚freien Presse‘ folgen. Das ist die Grundhaltung, die uns anerzogen worden ist. Sie macht jedoch keinen Sinn. Die gesellschaftlichen Machtverhältnisse enden ja nicht auf wunderbare Weise an den Toren der Medienunternehmen und Rundfunkanstalten.“

David Goeßmann

„Darüber hinaus findet offensichtlich in Hintergrundkreisen, elitären Vereinen, Think Tanks, exklusiven Konferenzen und an anderen Orten vertraulicher Begegnung ein Abgleich der Perspektiven statt. Dieser lässt Journalisten oft zu Politiker-Verstehern werden, die die Fragen des Publikums nicht mehr stellen, die Rücksichten nehmen und sich für das Gelingen einer bestimmten Politik mitverantwortlich fühlen. Eine solche ‚Verantwortungsverschwörung‘, wie ich es zugespitzt nenne, sah man in jüngster Zeit bei Themen wie Ukraine und Russland, Griechenland und Schuldenkrise sowie bei der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘: Journalisten im Gleichklang mit der Regierung gemeinsam gegen Putin, Syriza, Pegida, oft ohne ernsthaft die Perspektiven und Interessen dieser Herausforderer unseres Establishments zu spiegeln und die Gültigkeit ihrer Argumente zu erörtern.“

Uwe Krüger

„Und dass es hierzulande eine Lügenpresse gibt, sollte spätestens nach Günter Wallraffs Recherchen bei der BILD-Zeitung allgemein bekannt sein. Diese Zeitung, die auflagenstärkste im Lande, steht nicht allein so hässlich auf grüner Flur. Denn ihre Tendenz ist die aller Blätter des Springer-Konzerns, und die publizistischen Interessen der zehn größten Pressekonzerne, denen weit mehr als die Hälfte aller Zeitungen, Zeitschriften und Kommerzsender in Deutschland gehören, unterscheiden sich, wenn überhaupt, auch nur gering voneinander.“

Eckart Spoo

„Wenn eine Gruppe von Medien wider besseres Wissen häufig unwahre Darstellungen veröffentlicht, wenn Texte auf Deutsch gesagt Lügen sind, dann ist der Begriff Lügenpresse auch angemessen. Wenn Medien sich zum Forum machen, auf dem Politiker oder andere Magnaten unwidersprochen Unwahrheiten verbreiten dürfen, obwohl bekannt ist, dass es sich um Unwahrheiten handelt, dann darf von Lügenpresse gesprochen werden.“

Volker Bräutigam

„Zeitungen werden eingestellt, Lokalredaktionen verschwinden, Jobs werden ausgelagert, und so weiter. Es gibt inzwischen ein Heer von sogenannten freien Journalisten, die ihre Dienste anbieten. Die wenigsten davon freiwillig, würde ich meinen. Folglich werden die angestellten Redakteurinnen und Redakteure erpressbar, die Tarifverträge verlieren an Wirkung. Jeder weiß: Wenn ich entlassen werde, finde ich kaum wieder eine vergleichbare Stelle. Wer wagt es da schon, gegen die politische Linie des Verlegers oder seines Chefredakteurs aufzumucken?“

Gert Hautsch

„Nur eine umfassend und wahrheitsgemäß informierte Gesellschaft ist in der Lage, demokratisch, bewusst und angemessen Entscheidungen über das tägliche Leben zu treffen. Von Propaganda beeinflusste Rezipienten werden hingegen zum Spielball diverser Interessen, die nur schwer zu durchschauen sind. Das fängt beim täglichen Verbraucherverhalten an und endet bei der Wahl einer politischen Partei. Dazwischen liegen manipulierte Zustimmungen zu militärischen Einsätzen, zu Massenüberwachung, undemokratischen Gesetzen, zu Kürzungen im Sozialbereich und unpopulären Eingriffen in Verbraucherrechte oder individuelle Lebensentwürfe.“

Maren Müller

„Mein Unmut über die Kritik an meiner Berichterstattung war auch deshalb so groß, weil ich mich schon länger in den Möglichkeiten beschnitten fühlte, als für die Afghanistanberichterstattung verantwortlicher Korrespondent das Scheitern des Westens und auch Deutschlands in Afghanistan aufzuzeigen. So wurde ich regelmäßig nach Bagdad geschickt, wenn ein Kollege aus Mainz in Afghanistan affirmative Berichte über den Einsatz der Bundeswehr am Hindukusch fertigte. Dass ich später vom deutschen Botschafter in Kabul erfuhr, mein Telefon sei in der fraglichen Zeit abgehört worden, und dass ich den Polizisten, der wegen der Verfolgungsjagd ausgezeichnet wurde, nicht interviewen durfte, bestätigte meine Einschätzung. Erst später erfuhr ich, dass ich im Auswärtigen Amt in Berlin als nicht vertrauenswürdig und damit als nicht zu unterstützender Journalist gewertet wurde.“

Ulrich Tilgner

„Das Auswärtige Amt, das neben dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundeskanzleramt die Hauptverantwortung für das deutsche Afghanistan-Desaster trägt, fördert vor allem Journalisten, die die Hintergründe des Scheiterns von Entwicklungspolitik aussparen, und zeichnet eher solche Kolleginnen und Kollegen aus, die geneigt sind, westlichen Interventionen positive Aspekte abzugewinnen.“

Ulrich Tilgner

„Die Vorwürfe von Buchautoren wie Albrecht Müller, Harald Schumann, Uwe Krüger, Ulrich Teusch, Walter van Rossum oder Uli Gellermann werden einfach ignoriert. Die von all diesen Kritikern angesprochenen Schmerzzonen bleiben tabuisiert: die Folgen der Rücksicht auf die Interessen der Medieneigentümer und Anzeigenkunden, der Mangel an Zeit und Geld für Recherchen und der Rückgriff auf PR-Agenturen, die Existenz ‚diskreter Fabriken der Desinformation‘ (Peter Scholl-Latour), die Disziplinierung durch Zeitverträge, der Zusammenhang von Karriere und Selbstzensur, die besseren Honorare für Beiträge, die den Mächtigen gefallen, Hofberichterstattung in Folge allzu enger Kontakte mit Politikern, der Mainstream als Parteinahme für die Elite, zu der man selbst gehört, die Kluft zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung, redaktionelle Vorgaben und Anpassungsdruck als Ursache für die Tendenz zu Selbstgleichschaltung, Meinungshomogenität durch Ausgrenzung allzu deutlicher Abweichler. Indem die selbsternannten Leitmedien bei ihrer Selbstreflexion diese Fragen weitgehend aussparen, belegen sie freiwillig den Hauptvorwurf gegen sie: Lügen durch Weglassen.“

Daniela Dahn

„Die großen Zeitungen, Privatsender und Internetplattformen sind Waren, die sich verkaufen und Werbekunden bei Laune halten müssen. Mindestens so große Gefahren wie durch die oben benannten Strukturen drohen von dieser Seite. ‚Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein‘, schrieb Karl Marx 1842 in der Rheinischen Zeitung. ‚Deine Freiheit ist nicht meine Freiheit, ruft die Presse dem Gewerbe zu.‘ Doch die Freiheit des Gewerbes hat gesiegt, Medien unterliegen der totalen Kommerzialisierung.“

Daniela Dahn

„Die kommenden Jahre werden es zeigen: Wird die »politische und wirtschaftliche Macht« gemäß Altschulls »Gesetz« die Kontrolle über die Nachrichten behalten – oder werden »unkontrollierte« Nachrichten das politische und ökonomische Machtgefüge verändern?“

Mit Gewinn zu lesen

Es ist den LeserInnen sehr zu empfehlen, das Buch vorurteilsfrei und aufmerksam zu lesen. Schon nach der Lektüre der ersten Seiten wird man feststellen, die Situation in welcher sich der Journalismus befindet sehr komplex ist. Und Jens Wernicke lässt uns erkennen wie vielfältig die Probleme und Fallstricke welchen sich Journalisten bei der täglichen Arbeit gegenübersehen sind. Das Buch – verspreche ich – ließt man Gewinn.

Jens Wernicke: „Eine ‚vierte Gewalt‘ gibt es nicht und gab es in diesem Sinne wohl noch nie“

In seinem Resümee (S. 338) macht uns Jens Wernicke darauf aufmerksam, dass der moderne Medienbetrieb auch insofern als desolat bezeichnet werden müsse, „weil ein Großteil der durch ihn verbreiteten Meldungen gar nicht mehr aus eigener Arbeit resultiert, sondern von PR-Firmen, Pressestellen großer Firmengruppen und Lobbygruppen übernommen wird: Zwei Drittel aller Meldungen, die in den Medien verbreitet werden, stammen heutzutage aus externen Quellen, und etwa 80 Prozent sämtlicher Nachrichten lassen sich auf eine einzige Quelle zurückführen“.

Jens Wernicke dürfte manche Illusion zerstören, wenn er erkennt, „die Mainstreammedien“ fielen „als Kontrollinstanz der Großen und Mächtigen weitesgehend aus“. Und sein Urteil fällt sogar noch einen Tacken härter aus: „Eine ‚vierte Gewalt‘ gibt es nicht und gab es in diesem Sinne wohl noch nie.“ Denn, schaue man sich die Fakten an, werde umso klarer, „dass nicht etwa die Medien im Sinne der Bevölkerung die Politik kontrollieren, sondern dass eine Clique aus Reichen und Mächtigen mittels der Medien die Bevölkerung – und somit auch die Politik kontrolliere. Wohl ganz in dem Sinne, wie es der „Urvater der Propaganda, Edward Bernays, bereits vor fast hundert Jahren, im Jahre 1928“ erkannt hatte (hier).

Daniela Dahn sieht in alternativen Medien eine Gegenöffentlichkeit, welche qualifiziert und so permanent gegenhalten, „dass diese Stimmen weder durch Diffamieren noch durch Ignorieren aus der Welt zu schaffen sind“

Auf die Frage, was wir tun könnten, was not täte, antwortet die Schriftstellerin und Publizistin Daniela Dahn als letzte im Reigen (S. 331) der für das Buch Wernickes befragten Persönlichkeiten: „Eigentlich müsste diese Art von Journalismus, der durch Weglassen und permanente Wiederholung unbewiesener Behauptungen verzerrt, als umstritten gelten. Das nötige Bewusstsein dafür wird sich nur durchsetzen, wenn alternative Medien – nicht zu verwechseln mit den sogenannten alternativen Fakten – gegenhalten. So qualifiziert und so permanent, dass diese Stimmen weder durch Diffamieren noch durch Ignorieren aus der Welt zu schaffen sind.“

Diesbezüglich sollten auch wir LeserInnen uns angesprochen fühlen. Schließlich steht es um den deutschen Journalismus nicht zum Besten. Wenngleich auch Ausnahmen die Regel bestätigen. Der nötige Wandel im Journalismus muss vehement eingefordert werden. Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen. Selbst wenn es beim Kampf von David gegen Goliath bleibt: Immer mehr Menschen stemmen sich in Foren und Briefen an Medien durchaus mit Sachverstand gegen Berichterstattungen, die ihnen eine Zumutung sind. Alle Meinungsäußerungen können nicht ewig abgeschaltet und somit verschwiegen werden. Die Zugriffe auf alternative und kritische Medien – wie etwa die NachDenkSeiten (denen übrigens Autor Wernicke in seinem Schlusswort „für viele Jahre guter und wichtiger Arbeit sowie Zusammenarbeit“ dankt) steigern sich.  Eckart Spoos Wunsch war es, dass sich die alternativen Medien zu einer breiten Gegenöffentlichkeit verbünden – zumindest aber vernetzen und eng zusammenarbeiten mögen.  Mediennutzer greift zu diesem Buch!

Lügen die Medien?

Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung.

von Jens Wernicke

Umfang: 360 Seiten

ISBN 978-3-86489-188-5; Ladenpreis: EUR (D) 18,00 / (A) 18,50

Jens WernickeFoto via Rubikon

Jens Wernicke, Jahrgang 1977, arbeitete lange als Gewerkschaftssekretär und in der Politik. Inzwischen ist er freier Journalist und Geschäftsführer der Initiative zur Demokratisierung der Meinungsbildung gGmbH, der Trägergesellschaft des „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“. Zuletzt erschien von ihm „Netzwerk der Macht – Bertelsmann. Der medial-politische Komplex aus Gütersloh“ im BdWi-Verlag. In 2017 erscheinen von ihm „Lügen die Medien? Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung“ im Westend-Verlag sowie „Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ als Mitherausgeber im Promedia-Verlag.

Quelle Video: KenFM/YouTube

Sabine Schiffer über mediale Manipulation mittels Sinn-Induktion

Die Vierte Gewalt, der Journalismus, hierzulande ist zunehmend auf den Hund gekommen. Die Journalisten sollen möglichst objektiv und unvoreingenommen berichten. Das gilt für die Presse allgemein und erst recht für Informationssendungen in den elektronischen Medien.
In seinem Aufsatz „Öffentlich-rechtlicher Gesinnungsjournalismus“ in der Zweiwochenschrift Ossietzky erinnert Volker Bräutigam, ehemaliger Nachrichtenredakteur bei der Tagesschau, daran:

„Der Rundfunkstaatsvertrag verpflichtet Informationssendungen zu Objektivität, Vollständigkeit und Wahrhaftigkeit. Auf grundlegende journalistische Regeln: Verzicht auf subjektive Wertung, Berücksichtigung aller Betrachtungswinkel, Anhörung der Gegenseite, Trennung von Nachricht und Kommentar, Orientierung am Ziel der Völkerverständigung. Grundsätze, die bei Sendungen wie ARD-aktuell über Bord gegangen sind.“

Immer mehr aufmerksamen Nutzerinnen und Nutzern von Informationssendungen (aber auch Leserinnen und Lesern der Printmedien) stößt übel auf, dass immer öfter grundlegende journalistischen Regeln verletzt werden. Was besorgniserregend ist. Volker Bräutigam:

„Mittlerweile misstraut fast die Hälfte der Bevölkerung diesen Medien, bezüglich der Berichterstattung über die Außenpolitik sogar mehr als zwei Drittel. Die Auflagen der transatlantisch-linientreuen Printmedien sinken, die Einschaltquote der öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen geht zurück. ARD-aktuell hat unter Gniffke 1,1 Millionen tägliche Zuschauer verloren. Dafür nimmt die Anzahl der Programmbeschwerden und Beschwerdeführer zu. Wir sind längst keine Rufer in der Wüste mehr.“

Nicht selten werden wir in Informations- Nachrichtensendungen manipuliert. Besonders fielen aufmerksamen Zuschauern mediale Manipulationen in der Berichterstattung deutscher öffentlich-rechtlicher Informationssendungen in der Hochzeit des Ukraine-Konfliktes ins Auge. Da tauchten etwa via WDR Archivbilder auf, welche nichts mit dem aktuellen Konflikt in der Ukraine zu tun hatten. Aber es gibt eine Reihe weiterer solcher Fälle. Oft genügt schon eine bestimmte Kameraposition aus welcher jemand in einem Bericht gefilmt wird, um beim Betrachter bestimmte (gewollte?) Assoziationen hervorzurufen. Mark Bartalmai, Autor des Dokumentarfilms „Ukrainian Agony“ berichtete nach der Vorführung seines Filmes letzten Sommer in Köln von so einem Fall. Neben seinem Filmteam war vor einem Wahllokal in der Ostukraine auch ein Reportageteam von Golineh Atai zugegen. Atais Kameramann hatte einen Rebellenführer von unten abgefilmt. Beim Zuschauer musste so der Eindruck eines finsteren, vermeintlich unseriösen Typen entstehen. Ein Bild, das diesen im Auge des unkritischen Betrachters quasi diskreditiert. Ein bloßer Zufall?

Auf den NachDenkSeiten ist heute ein Videopodcast Medienanalyse (Teil 1) erschienen, welches ich meinen Leserinnen und Lesern sehr empfehle. Es befasst sich mit dem Thema mediale Manipulation. Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung erklärt in diesem Videopodcast-Projekt in Kooperation mit den NachDenkSeiten die Techniken der medialen Manipulation. Im ersten Teil geht es um Sinn-Induktion.