„Am Yukon. Kanada-Erzählungen“ von Wolfgang Bittner. Rezension

Es sind schlechte Zeiten momentan. Momentan? Seit zwei Jahren quält man uns mit den Zumutungen der Corona-Krise und den von der Politik ergriffenen vermeintlichen Gegenmaßnahmen. Und nun, da dieser Begriff nicht mehr rund um die Uhr in den Medien vorkommt, haben wir den Ukraine-Krieg. Keine guten Zeiten. Schon gar keine guten Zeiten für den Frieden. Wir haben einen Krieg. Womöglich bald den Dritten Weltkrieg? Wobei wir wissen: Es wäre der letzte …

Da muss man – so wie Medien mit ihrer Propaganda auf einen einhämmern etwas vorsichtig mit sich selbst umgehen. Sonst liefe man vielleicht Gefahr, irre zu werden oder depressiv.

Also: Ab und an mal raus in die Natur. Das tut für den Moment gut. Oder ein Gespräch hin und wieder mit einem guten Freund. Ebenfalls.

Oder: Ein Buch „zum Verschnaufen in finsteren Zeiten

In wieder nicht allzu guter Stimmung erreichte mich ein schmales Buch mit einem ansprechenden Cover: Ein Holzsteg, an dem ein Motorboot vertäut ist, führt auf einen See zu, in dessen ruhigem Gewässer sich eine interessante Wolkenkonstellation spiegelt. Vom Steg aus blickt das Auge auf eine leicht hügelige, bergige Landschaft, welcher ein begrüntes Ufer vorgelagert ist.

Was soll sich sagen? Das Buch erreichte mich gerade rechtzeitig, da meine Gedanken drohten, sich wieder einzutrüben, angesichts weiterer einlangenden unerfreulichen Nachrichten. Der Autor Wolfgang Bittner hat es mir höchstpersönlich geschickt. „… herzlich zum Verschnaufen in finsteren Zeiten“ hat er auf die erste Innenseite geschrieben, „von Wolfgang Bittner“.

Ich habe bereits mehrere Bücher von Wolfgang Bittner gelesen und diese schätzen gelernt. Unter ihnen hochinteressante politische Bücher, aber auch sensibel verfasste Romane.

Nun also „Am Yukon – Kanada-Erzählungen“

Neun spannende oder berührende Geschichten führen uns in das zweitgrößte Land der Erde, dass – wie der Autor in seinem Nachwort schreibt – ein Land, das „ungefähr 28-mal so groß wie Deutschland“ ist. Im kanadischen Norden leben nur wenige Menschen. Bittner informiert: „Ich war häufiger im Yukon-Gebiet, an der Grenze nach Alaska. Dort habe ich Freunde: Deutsche Auswanderer, Indianer, Lachsfischer, Minenarbeiter, Trapper, Lehrer, einen Arzt …“ (S.119)

Das Land habe, bekennt Wolfgang Bittner, ihn „seit jeher angezogen.“

„Deswegen habe ich eines Tages meinen Rucksack gepackt, bin nach Kanada geflogen und auf eigene Faust losgezogen.“

Um sein Reisegeld zu verdienen, wollte er seiner Zeit für ein deutsches Magazin eine Reportage über Aussteiger in der kanadischen Wildnis schreiben. Bittner: „Die Gruppe, die ich besuchte, war jedoch völlig zerstritten, sodass ich auf die Reportage verzichtete und stattdessen den Roman Die Fährte des Grauen Bären, seinen ersten Kanadas-Abenteurerroman, schrieb.

Im Lande war Bittner im Auto, mit dem Flugzeug, zu Fuß und mit dem Kanu unterwegs. Aufregende Zeiten – auch manchmal mit nicht ungefährlichen Erlebnissen.

Einen Sommer verbrachte er allein in der Wildnis in einem Blockhaus zugebracht. Das liest sich romantisch. Aber sich selbst zu versorgen, meilenweit von der Zivilisation entfernt, kein Arzt in der Nähe und ein Grizzlybär schleicht um die Hütte …

Übrigens heißt es in der Erzählung „Der Grizzly“ gegen Ende (S.26): „Ein Vierteljahr später schickte mir Corwin einen Zeitungsartikel. Darin stand. Dass die Ranger den Grizzly zur Strecke gebracht hatten. Seine Größe wurde mit 2,40 Meter Scheitelhöhe angegeben, sein Gewicht mit 650 Kilogramm. Als ich mir das vorstellte, überkam mich ein Frösteln.“

Eine Erzählung erzählt, wie man, wenn man allzu naiv und gutgläubig ist leicht zum Schmuggler werden kann. Das hätte leicht im Gefängnis enden können.

Eine Erkenntnis fürs Leben erlangte Wolfgang Bittner während seiner Aufenthalte im Yukon-Gebiet: „Unter anderem wurde mir damals bewusst, dass der Egoismus und die Begehrlichkeit, auf denen unsere Gesellschaft fußt, oftmals ein humanes Leben verhindern.“

Die Erzählungen sind alle bestens lesbar, fesselnd und interessant geschrieben. Schnell wird man in sie hineingezogen und fühlt sich darin wohl und fast tatsächlich als an den beschriebenen Orten selbst anwesend.

Die legendäre Goldgräberstadt Dawson City ist freilich längstens für Touristen hergerichtet, die dann auch einmal ein paar Goldkrümel selbst schürfen dürfen. Aber der Erzähler sorgt mit seinem anregenden Schreibstil dafür, dass wir Leserinnen und Leser wenigstens einen Hauch davon erahnen, was in längst vergangenen Jahrzehnten einst in Dawson-City abging. Den Goldrausch, die Typen, die sich ihm hingaben. Abenteuerfeeling in jeder der Erzählungen, die feine Zeichnungen von Charakteren.

Nicht zuletzt atmet das Buch von Wolfgang Bittner auch bisschen etwas Jack Londons Geist, der ja sozusagen auch einen Fußabdruck in Dawson City hinterließ. Wo es auch ein Jack-London-Museum gibt.

Was soll ich hinten raus sagen? Lesen! Zum „Verschnaufen in finsteren Zeiten“ diente das Buch mir für eine gewisse Zeit. Dank dem Autor dafür!

Aber da dräut uns schon das nächste Übel. Im Lande Absurdistan, so könnte man Deutschland die letzten zwei Jahre ja durchaus benennen, wollen nun bestimmte Politiker, die offenbar nicht die hellsten Kerzen auf der bundesdeutschen Torte sind und welche auch sonst von wenig Geist beseelt sind, das „Z“ verbieten. Warum? Weil es die russische Armee auf ihr Kriegsgerät gemalt hat!

Bald auch in der Literatur verboten? Möglich. Augenblicklich kann ich (noch) Entwarnung geben: Keine Angst, liebe Leserinnen und Leser: die „Zts“ in diesem Buch sind noch nicht getilgt und da wo sie hingehören. Kaufen Sie das Buch solange das noch so ist.

…um Teufel, wo sind wir bloß hingekommen! Das Buch ist gute Unterhaltung. Erfreuen Sie sich daran …

Das kanadische Yukon-Territorium: Eine faszinierende Landschaft mit ungewöhnlichen Menschen. The Land of Magic and Mystery, so sagt man. Dorthin führt Wolfgang Bittner seine Leserinnen und Leser in neun abenteuerlichen Geschichten, die es in sich haben. Der Autor hat selber Zeiten in der Gegend um die legendäre Goldgräberstadt Dawson City am Yukon-Strom verbracht. Er hat mit Indianern Lachse gefischt, Aussteiger und Selbsterfahrungsgruppen besucht, war mit dem Kanu auf den Flüssen unterwegs und hat interessehalber einen Sommer lang in einer Goldmine gearbeitet. Er kennt sich aus, und das merkt man in jeder Zeile.

AM YUKON – KANADA-ERZÄHLUNGEN

Wolfgang Bittner (Autor) Website: Wolfgang Bittner

Buch | Hardcover

132 Seiten

2022 | 2. Auflage
epubli (Verlag)
978-3-7549-4205-5 (ISBN)

16,99 € inkl. MwSt

Über Wolfgang Bittner

Wolfgang Bittner wurde am 29. Juli 1941 in Gleiwitz/Oberschlesien (jetzt Gliwice/Polen) geboren, wuchs in Ostfriesland auf und lebt als freier Schriftsteller in Göttingen. Nach dem Abitur (auf dem zweiten Bildungsweg 1966) studierte er Rechtswissenschaft, Soziologie und Philosophie in Göttingen und München. 1970 erstes juristisches Staatsexamen, 1972 Promotion über ein strafrechtliches Thema, 1973 zweites juristisches Staatsexamen. Bis 1974 ging er verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten nach, u.a. als Fürsorgeangestellter, Verwaltungsbeamter und Rechtsanwalt. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach Vorderasien, Mexiko, Kanada und Neuseeland. Wolfgang Bittner schreibt für Erwachsene, Jugendliche und Kinder, wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und erhielt mehrere Literaturpreise. Mitarbeit bei Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen. 1996-1998 im WDR-Rundfunkrat; Lehrtätigkeit im In- und Ausland, 2004/05 und 2006 Gastprofessuren in Polen. Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (1997-2001 im Bundesvorstand) und im PEN.

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Foto: via Wolfgang Bittner

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