Hiroshima-Tag. Gedenken in Dortmund. Atomwaffen müssen endlich von dieser Erde verschwinden

Ansprache von Yoko Schlütermann, Deutsch-Japanische Gesellschaft. Fotos: C. Stille

Am 6. August 2020 war es 75 Jahre her, dass die USA eine Atombombe auf Hiroshima abwarfen. Die erste in der Geschichte der Menschheit. Sie hatten ihr den zynischen Namen „Little Boy“ gegeben. Unweit der Friedensstatue „Mutter von Hiroshima“ auf dem Platz von Hiroshima fand ein Treffen zum Gedenken an die Opfer des Atombombenabwurfs statt, die IPPNW (Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg) organisiert hatte. Im Anschluss zogen die Teilnehmer*innen in einem Schweigemarsch zum Gedenkort Gingkobaum gegenüber dem Dortmunder Rathaus. An der diesjährigen Veranstaltung nahmen wesentlich mehr Menschen als im vergangenen Jahr teil. Drei Bundestagsabgeordnete hatten Reden zum Gedenktag verfasst.

Dr. Rolf Schulz wies die zum Gedenken erschienen Menschen darauf hin, dass japanische Künstlerin Junko Wada eigens zu diesem Tag Rolf Winkelmanns „Fliegenden
Bilder“ am U-Turm gestaltet hat.

Bürgermeisterin Birgit Jörder.

Bürgermeisterin Birgit Jörder fand es bewundernswert, dass in Dortmund über Jahrzehnte das Gedenken von den Verantwortlichen immer wieder hochgehalten werde. Sie verlieh ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die nachfolgenden Generationen einmal sagen könnten, die Welt ist atomwaffenfrei.

Die Vorsitzende der Deutsch-Japanischen Gesellschaft der Auslandsgesellschaft, Yoko Schlütermann, erinnerte in bewegenden Worten an die Situation in Hiroshima und zwei Tage später auf Nagasaki nach den Atombombenabwürfen, den die Japaner damals „Blitz und Donner“ genannt hätten. Allein in Hiroshima, so Yoko Schlütermann, hätte die Atombombe „fast ein Viertel der 420.000 Einwohner der Stadt in einem einzigen Augenblick ausgelöscht“.

Schlütermann: „Bis zum 6. August 2019 wurden insgesamt 500.000 Atombombenopfer in Hiroshima und Nagasaki gezählt. Noch heute stürben Atombombenopfer in Japan an Krankheiten wie Karzinomen, chronischen Leberschäden, Knochenmarkentzündungen und Blutkrankheiten. Die

Heinz-Peter Schmidt am Ginkgobaum.

Rednerin las dann aus einem Referat von Dr. japanische Arzt Dr. Shuntaro Hida, welcher sein ganzes Leben nach dem Atombombenabwurf den Opfern gewidmet hatte. Und setzte sich bis zu seinem Tode für die Ächtung von Atomwaffen ein. Hida starb 2017 hundertjährig. Von ihm stammt auch der Gingkobaum, welchen er der Stadt Dortmund 1988 geschenkt hatte. Was er am 6. August 1945 als Militärarzt erlebt hat, sei ihm, erzählte Frau Schlütermann, sei ihm zum Schlüsselerlebnis geworden. Hida war auf Opfer mit schlimmen Verbrennungen, die faulig aus Mund rochen und aus Nase und sogar Augenlidern bluteten. Folgen der akuten Strahlenkrankheit. Yoko Schlütermann: „Wir müssen jetzt sofort handeln und Atomwaffen stoppen!“

Die Teilnehmer*innen der Gedenkveranstaltung begaben sich dann über Hansaplatz, Betenstraße und Friedensplatz zum Gedenkort Gingkobaum. Heinz-Peter Schmidt erklärte dort vor den Anwesenden, dass der Ginkgobaum in Japan als ein Symbol des Überlebens nach dem Atombombenabwurf gelte. Schon nach Ansicht von Johann Wolfgang von Goethe steht der Ginkgobaum für Freundschaft.

Schauspieler Andreas Weißert.

In Anschluss las Renate Schmidt-Peters das Gedicht „Hiroshima“. Zunächst aber zitierte sie aus einem Brief von Dr. Hida, welcher diesen 1988 nach Dortmund geschickt hatte. Der auch an die sehr engagiert gewesene, verstorbene Margret Ullrich erinnerte.

Des Weiteren wurde vor Ort das Gedicht „Die Kinderbomben“ von Erich Fried zu Gehör gebracht.

Auch Schauspieler Andreas Weißert trug einen Text vor.

Liedermacher Peter Sturm interpretierte ein Song von Hannes Wader.

Auch der Trompeter Reinhard Raschke war mit musikalischen Beiträge beteiligt.

Die Bundestagsabgeordnete der SPD, Sabine Poschmann, kritisierte die bittere Tatsache, dass sich Regierungen inzwischen wieder in eine Aufrüstungsspirale begäben. Davon müssten wir wieder zurück, in die Abrüstung. Sie wies darauf hin, dass demnächst die deutschen Tornados ersetzt werden müssten. Im Kriegsfall wäre auch der deutsche Tornado-Nachfolger im Rahmen der sogenannten „nuklearen Teilhabe“ Träger US-amerikanischer Atombomben und müsste diese im Zielgebiet abwerfen. Als Bundestagsabgeordnete sage sie: „Das ist nicht

Sabine Poschmann, MdB SPD.

zustimmbar.“

Cornelia Wimmer (Kreisvorstand DIE LINKE) verlas ein Statement von Ulla Jelpke (MdB, DIE LINKE), welche verhindert war an der Veranstaltung teilzunehmen.

Die Linkspartei, so Jelpke, lehne die Erneuerung der sogenannten nuklearen Teilhabe ab. Ein solchen Vorhaben „75 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki ist beschämend und empörend“. Die Forderung der Linkspartei laute: „Beendigung der nuklearen Teilhabe!“ Dazu gehöre der Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland.

DIE LINKE setze sich nachdrücklich dafür ein, dass die Bundesrepublik ihre Boykotthaltung gegenüber dem Atomwaffenverbotsvertrag aufgibt. Jelpke: „Weg mit diesen Mordgeräten!“

Marco Bülow, fraktionsloses Mitglied des Deutschen Bundestages, machte klar, dass man die Atombombe nicht ohne die Atomenergie sehen könne. Auch könne die

Marco Bülow, MdB fraktionslos.

Diskussion nicht ohne Rüstung, Krieg und offensiver Militärpolitik besprechen. Politisiert worden sei er, sagte Bülow, mit dem schrecklichen Atomkatastrophe in Tschernobyl vor vierzig Jahren. Bülow: Ich finde es beschämend, dass wir 75 Jahre nach Hiroshima überhaupt noch darüber reden müssen, dass es Atombomben gibt, dass es Atomenergie gibt. Und das Menschen so eine Form von Zerstörung einsetzen müssen.“

Hart kritisierte und verurteilte Bülow das Zweiprozentziel vom Bruttoinlandsprodukt, was Trump und die NATO vorgeben. Das müsse nicht nur abgeschafft werden, sondern müsse Deutschland klar erklären, dass es dieses Ziel nicht erreichen will. Schon jetzt gebe die BRD über 60 Milliarden jeden Jahr für Rüstung aus. Der Militärhaushalt, skandalisierte Bülow, sei in den letzten Jahren über 6 Milliarden Euro gewachsen. „Wenn wir das Zweiprozentziel von Trump und Co. erreichen wollen, dann müssten wir noch einmal 30 oder 40 Milliarden Euro drauflegen!“, empörte sich Marco Bülow. Vielmehr müssten wir das Geld für zivilen Schutz und Entwicklungszusammenarbeit ausgeben.

Dr. Johannes Koepchen.

Johannes Koepchen, der Vorsitzende des IPPNW-Ortgruppe, zeigte sich in seinem Schlusswort sehr erfreut über die gestiegene Teilnehmerzahl der Gedenkveranstaltung und die Unterstützung von vier Bundestagsabgeordneten (Markus Kurth, MdB Die Grünen hatte aus familiären Gründen absagen müssen).

Koepchen erzählte davon wie er gefühlt habe, als etwa mit sechs Jahren von der Hiroshima-Bombe gehört habe. Hinterher habe er Alpträume gehabt. Langsam kämen ihm solche Alpträume wieder, wenn davon höre, was heutzutage alles an Aufrüstung ins Auge gefasst werde. Am meisten beunruhige in die neue Nuklearstrategie der USA. Kleine taktische Atomwaffen sollen dabei präventiv eingesetzt werden.

Getragen wurde diese Gedenkveranstaltung vom Friedensforum Dortmund, Deutsch-Japanische Gesellschaft, der Auslandsgesellschaft sowie von Greenpeace.

Presseerklärung von Greenpeace vom 6. August 2020

Greenpeace-Ehrenamtliche erinnern mit leuchtendem Friedenszeichen an Atombombenabwurf auf Hiroshima Appell an Bundesregierung: Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen

Dortmund, 6. 8. 2020 – In Erinnerung an den Atombombenabwurf auf die japanische Stadt Hiroshima vor 75 Jahren haben Greenpeace-Ehrenamtliche

Friedenslichter Greepeace Dortmund.

ein Peace-Zeichen aus hunderten Kerzen auf dem Willy-Brandt-Platz aufgestellt. Um 1.15 Uhr – dem Zeitpunkt der Explosion der Hiroshima-Atombombe – zündeten sie die Kerzen an und gedachten der Opfer. Mit ihrer Lichtbotschaft riefen die Ehrenamtlichen auch die Bundesregierung zu atomarer Abrüstung auf: „Es ist ein moralisches und politisches Armutszeugnis, dass Deutschland noch immer an US-amerikanischen Atombomben festhält“, sagt Dennis Zöller von Greenpeace Dortmund. Laut einer aktuellen Greenpeace-Umfrage sind 83 Prozent der Menschen in Deutschland dafür, dass die US-amerikanischen Atombomben aus Deutschland abgezogen werden. Das ist das Ergebnis auf die Frage: „In Deutschland sind Atombomben aus den USA stationiert. Sollten diese durch neue Atombomben ausgetauscht werden oder komplett aus Deutschland abgezogen werden?“ Das Meinungsforschungsinstitut Kantar hat am 1. und 2. Juli diesen Jahres 1008 Menschen befragt (online hier: act.gp/2Dg82SM). Auf dem Fliegerhorst im rheinland-pfälzischen Büchel lagern laut Experteneinschätzungen 20 US-amerikanische Atombomben, die im Kriegsfall von deutschen Piloten in ihr Einsatzgebiet geflogen werden sollen. Ihre jeweilige Sprengkraft beträgt das mindestens Zehnfache der Hiroshima-Bombe. Beim Atombombenangriff auf Hiroshima und Nagasaki waren 1945 mehr als 200.000 Personen ums Leben gekommen. Die Menschen in der Region leiden noch immer unter den Spätfolgen des Abwurfs. „Deutschland kann jetzt wegweisend einen glaubwürdigen Beitrag für eine atomwaffenfreie Welt leisten, indem die Bundesregierung den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet“, so Zöller. 92 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger befürworten laut Umfrage, dass die Bundesregierung den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnet. Greenpeace setzt sich ein für das friedliche Lösen von Konflikten, den Erhalt demokratischer Rechte, ein Rüstungsexportverbot in Drittländer, Krisen- und Kriegsgebiete sowie weltweite atomare Abrüstung und Umweltschutz.

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