Sozialverband VdK – „Wie bei einer Kaffee-Fahrt: Sitzt Du erst mal im Bus, kommst Du nicht mehr raus bis zum Ende der Reise“

Senioren in "organsierter Harmlosigkeit" für 60 Euro im Jahr? Rechtsberatung kostet extra. Foto: Thamas Marx via Pixelio.de

Senioren in „organsierter Harmlosigkeit“ für 60 Euro im Jahr? Rechtsberatung kostet extra. Foto: Thomas Marx via Pixelio.de

Wer den  Begriff  „Sozialverband“ hört oder liest verbindet gewiss Positives damit. Wie auch nicht? Aber das Leben hält – wie wir alle aus eigner Erfahrung  wissen dürften –  immer auch Enttäuschungen bereit. So verhält es sich auch mit dem „Sozialverband“. Erfährt man dies, ist man ent-täuscht. Das ist bitter. Also alles nur schöner Schein beim Sozialverband? Jedenfalls nicht nur eitel Sonnenschein. Prof. Albrecht Goeschel ist längst nicht mehr enttäuscht. Er befasst sich schon Deslängeren mit dem Sozialverband. Der Hut geht ihm aber dennoch weiterhin regelmäßig hoch. In einem Arbeitspapier der Akademie und Institut für Sozialforschung Verona finden wir abermals wenig Rühmliches. Mit Kritik hält Goeschel wie gewohnt nicht hinterm Berge. Hier das Papier der Veroneser Akademie:

Albrecht Goeschel*

VdK-Dschungelcamp:
Wie ein „Sozialverband“ seine Mitglieder behindert

Im Internet gibt es etliche Foren und Blogs, in denen sich die Leute darüber aufregen, das „der VdK“ nur pseudopolitisch daherrede und wichtige Sachen
einfach verschnarche und dass seine Rechtsberatung überhaupt nicht billig,
dafür aber häufig nutzlos sei. Der Verkauf von Mitgliederdaten an Ver-
sicherungskonzerne sei sowieso das Allerletzte. Die Süddeutsche Zeitung hat
all diese Dinge schon einmal im Jahr 2012 ausgebreitet – der „Sozialverband“ macht aber unverschämt und fettbackig einfach weiter (Fotos im Internet angucken – Mascher, Merkel, Nahles usw.).

Natürlich fragt man sich, warum überhaupt noch Leute in diesen Verein eintreten und warum die Leute nicht wieder massenhaft austreten: 60,- Euro
im Jahr gespart (Alters-Armut!). Im Internet gibt es eine Initiative, die VdK-Austrittsformulare bereithält… Jetzt  beschäftigt sich die Wissenschaft mit diesen interessanten Fragen  und es wird  unangenehm für das Gebilde VdK und seine Nutznießer(innen).

VdK – Dauermitgliedschaft im Traditionsmilieu

Es sind wohl zu allererst die Leute selber, die sich vom VdK einsammeln lassen und dann nicht mehr aussteigen trauen – so ähnlich, wie bei einer „Kaffee-Fahrt“: Sitzt Du erst mal im Bus, kommst Du nicht mehr raus bis
zum Ende der Reise. Untersuchungen über die Regionen und über die Milieus, aus denen der VdK seine Mitglieder und Mitgliederinnen rekrutiert, zeigen es deutlich: Es sind eher die ländlichen Räume und die vorgestrigen Lebens-
formen, die im VdK landen. Wer dort einmal beigetreten ist, bleibt dann auch
„Mitglied“.

In einer eigenen Untersuchung hat der VdK für das Jahr 2011 herausfinden lassen, dass in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und im Saarland zwischen 64 und 67 Prozent der Beitragszahler und Beitragszahlerinnen mindestens schon fünf bis zehn oder noch viel mehr Jahre bei dem Verein dabei sind. Umgekehrt sind in Bayern, Baden-Württemberg und im Saarland gerade einmal 4-5 Prozent der VdK-Beitragspflichtigen „Neumitglieder“. In Banker-Kreisen wird die vorherrschende VdK- Klientel als „ältlich und spießig“ oder so ähnlich beschrieben.

VdK: Sozialegoismus und Politikschelte

So ist der wunderbare kapitalistische „Sozialstaat“: Erst macht er die Leute
zu „Individuen“, die ihre Arbeitsbrauchbarkeit als „Ich-AGen“ , „Ego-GmbHs“ etc. auf dem sogenannten „Arbeitsmarkt“ anbieten dürfen, dann kommen die demokratischen „Sozialpolitiker“, mittlerweile bevorzugt „Sozialpolitikerinnen“ daher, und beklagen das „Besitzstandsdenken“, also den Egoismus der Leute. Genau diese Nummer bedient der „Sozialverband VdK Deutschland“ jahrein und jahraus.
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In seiner Satzung schreibt der Verein, sozialrechtliche Beratung, Vertretung
und Betreuung („Besitzstandspflege“) und sozialpolitische Interessenver-
tretung (nochmals „Besitzstandspflege“) seien sein „Wesen und Zweck“, d.h.
sein Geschäft. Und so kommt das auch an bei den Leuten. 88 bis 91 Prozent
der Befragten einer VdK-Studie nannten die Rechtsberatung als besonders
wichtiges Vereinsangebot und damit an der Spitze aller Nennungen. Als zweit-wichtigste Sparte nannten die Leute mit 60-80 Prozent die „sozialpolitische
Interessenvertretung“.

Dabei ist die Rechtsberatung ein durchaus einträgliches Geschäft für den „Sozialverband“ und immer gleich auch eine schöne Bestätigung für den kapitalistischen „Sozialstaat“, zu dem sich der VdK in seiner Satzung „bekennt“. Soweit es die Sozialpolitik des VdK betrifft, besteht diese aus nicht
viel mehr als dem hinlänglich bekannten Hin- und Herschieben der Politik- attrappe „Armut“ –  eine für den kapitalistischen „Sozialstaat“ ganz und gar schmerzfreie Veranstaltung.

Nicht nur weil im Sozialverband VdK Deutschland und in dessen Landesver-
bänden zahlreiche Schlüsselstellungen von abgehalftertem Politikpersonal
der Parteien der GroKo besetzt sind, sondern wegen der „Organisierten Harm-
losigkeit“, die der VdK mit seinen 1,7 Millionen Mitgliedern darstellt, zählt der Verein zu den wichtigsten Basismilieus der GroKo: VdKler(innen); AudiBMW
Daimler-Prinzen; Sparbuch-Chauvinisten; Musikantenstadl-Publikum, Bild- und Bunteleser(innen).

Was der kapitalistische Rechtsstaat und was die kapitalistische Sozialpolitik in
Wahrheit anrichten, nämlich Kriegs- und Bürgerkriegshetze in der Ukraine und Hungerdiktat in Griechenland, ist für den VdK kein „sozialpolitisches“ Thema.

VdK: Kunden, Mitglieder…

Manchmal verraten ganz banale „Marktforschungen“ viel mehr als sie heraus-
bringen sollten. So geht es dem „Sozialverband“ mit seiner Mitgliederbefra-
gung von 2011. Zwischen 71 und 88 Prozent der Befragten nannten als Bei-
trittsgrund einen sozialrechtlichen Streitfall mit den Behörden oder die Vor-
sorge für einen derartigen Streitfall. Da der VdK für seine Rechtsberatung  fett Kosten berechnet, sind seine Mitglieder also überwiegend als „Kunden“ zu betrachten, die beim VdK Rechtsberatung einkaufen. Daneben liefert  der VdK auch noch  Politikattrappen wie „Armut“ , sprich: Sozialpolitische Interessen- vertretung. Nur 27 bis 44 Prozent der Befragten nannten diese  als Beitritts- grund. Dafür werden aber die monatlichen Beiträge kassiert. Klar ist: Als  „Mitglieder“ sehen sich die VdK-Beitragszahler erst in zweiter Linie – in erster Linie sehen sie sich als „Kunden“.
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So zeigt die VdK-Mitgliederbefragung sehr schön, worin „Wesen und Zweck“ des „Sozialverbandes“ bestehen: In der Hauptsache Verkauf von (Rechts-)
Beratungsleistungen und als Nebensache Verbreitung von Politikparolen
(„Endlich handeln!“). Vielleicht müssen da einmal die Finanzämter und die
Rechtsanwaltskammern ein bisschen genauer hingucken.

VdK: …und Insassen

Die 1,7 Millionen Mitglieder des  VdK, und als etwas mickrigere Kopie die
noch einmal locker  0,6 Millionen Mitglieder der Konkurrenzvereine Sozial-
verband Deutschland (SoVD) und Volkssolidarität (VS) sind als mögliches
hartnäckiges und vielleicht ein bisschen starrsinniges Protestpotential
dank „Organisierter Harmlosigkeit“ der Sozialverbände ruhiggestellt. Mit
ihnen spielt eine nicht sehr appetitliche Sorte von Sozialstaats-Bedienungs-
mannschaft richtig schön Ping-Pong zwischen „Rechtsberatung“ (kostet extra!) und „Aktion gegen Armut“ (schon bezahlt!).

Leider ist die Sache aber nicht so komisch, wie sie sich liest:  wird vorge-
führt, wie schön der VdK den längst obsoleten „Staatsaufbau“ mit Kommu-
nalebene, Bezirksebene, Länderebene und Bundesebene kopiert und.  In einem Arbeitspapier der Akademie und Institut für Sozialforschung Verona wird vorge-
führt, wie schön der VdK den längst obsoleten „Staatsaufbau“ mit Kommu-
nalebene, Bezirksebene, Länderebene und Bundesebene kopiert und damit
eine den Verhältnissen gemäße und Widerspruch fördernde Erfassung und
Darstellung relevanter Probleme unmöglich macht.Die heutigen „sozialen“
Probleme spielen sich an den EU-Grenzen, im Euro-Süden, in den Ballungs-
räumen, in den Umlandzonen („Speckgürtel“!) und in den Abwanderungs-
regionen ab. Das Akademiepapier führt als Gegenbeispiel zum „Armuts-
Quatsch“ des VdK den „Armuts-Atlas“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes
an. Für dessen unwiderlegbaren Nachweis enormer regionaler Gefälle im wundervollen Deutschland hat das Politische System mit Sitz in Berlin bis heute noch keine der üblichen unverschämten Ausreden gefunden.

Das Papier der Veroneser Akademie bohrt aber noch tiefer in der höchst
bemerkenswerten „Satzung“ des VdK. Ergebnis: Die „Mitglieder“ des VdK
sind eine Art „Insassen“, die eigentlich nur als „Beitragszahler“ gefragt
sind und ansonsten eher „Unpersonen“ darstellen. Das sogenannte „Or- dentliche Mitglied“ muss beispielsweise ausdrücklich widersprechen, wenn es nicht möchte, dass seine persönlichen Daten vom Sozialverband VdK Deutschland e.V. an Dritte (gerne: Versicherungskonzerne) weitergegeben werden. Dann ist in der Satzung natürlich festgelegt, dass Mitglieder, die sich vom VdK vertreten lassen, die Kosten dieser Bemühungen  zu tragen haben. Umgekehrt wird in dieser Satzung aber schon klargestellt, dass das

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„Ordentliche Mitglied“ kein „einklagbares Recht“ auf Beratung, Hilfe bei der Fertigung von Anträgen, Verfolgung von Ansprüchen im sozialrechtlichen Bereich etc.  besitzt. Bleibt aber das „Ordentliche Mitglied“ mit seiner Beitragszahlung  im Rückstand, droht ihm selbst verständlich der Ausschluss.

Über dies: Wer  einmal Mitglied bei diesem „Sozialverband“ ist, sieht sich mit einer ganzen Litanei von Pflichten und Verboten konfrontiert: So muss  die Bundesverbandssatzung eingehalten werden, müssen die  Beschlüsse der Verbandsorgane zur Ausführung gebracht werden, müssen die Interessen des Bundesverbandes gewahrt werden und muss das „Ordentliche Mitglied“ bei der Ausbreitung des Bundesverbandes mitwirken und nach Kräften zur Ver-
wirklichung der Ziele des Bundesverbandes beitragen. Äh – und dafür auch noch 60,- Euro Beitrag zahlen ?

Und wehe, wenn das „Ordentliche Mitglied““ gegen die Ziele des Bundesver- bandes oder gegen die Verbandssatzung oder auch gegen die Beschlüsse der Verbandsorgane aktiv wird, kann es gleich ausgeschlossen werden. Ausge-
schlossen werden kann das „Ordentliche Mitglied“ vor allem auch, wenn es
das „Ansehen des Bundesverbandes schädigt“. Das gilt bekanntlich immer und vor allem dann, wenn Leute irgendeine Strukturschweinerei nicht mehr
hinnehmen wollen und öffentlich Kritik üben.

Was hat jetzt das „Ordentliche“ überhaupt für sein Geld für „Rechte“?
Laut Satzung kann es sich an Mitgliederversammlungen und Wahlen beteiligen: Wow ! Das ist ja wie im „demokratischen und sozialen Rechts-
staat“, zu dem sich der VdK so heftig „bekennt“.

Zum Schluss ein Originalzitat aus dem VdK-Dschungelcamp:

„Besuch durch die ERGO Verbandsgruppenversicherung…
Unverzichtbar ist bei Abschluss einer neuen Unfallversicherung auch eine
Sterbegeldversicherung. Die darin integrierte Zuwendungserklärung bzgl.
der Spende der Überschussanteile an den VdK Landesverband ist eine frei- willige Option…“

Quelle: http://vdk.de/ov-herdorf/ID 130681

+)
Prof. Albrecht Goeschel
Gast-Professor Staatliche Universität Rostov
Präsidiumsmitglied
Accademia ed Istituto per la Ricerca
Sociale Verona
Alle Rechte beim Verfasser

Warum wir einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen

Empfehlung!

Die Propagandaschau

In einem aktuellen Interview mit Reinhard Jellen auf Telepolis, bringt Berthold Seliger das ganze Elend des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Punkt und plädiert für die Abschaffung des gebührenfinanzierten Staatsfernsehen. Seliger hat in all seinen Kritikpunkten vollkommen Recht, liegt jedoch in seiner Forderung vollkommen falsch.

Es gibt so viele Initiativen, die sich gegen die Propaganda der ÖR richten, dass es unmöglich wäre, sie alle aufzuzählen. Viele fordern aus berechtigter Empörung deren komplette Abschaffung. Am 12. August findet in Berlin eine Verhandlung über Olaf Kretschmanns Verweigerung der GEZ aus Gewissensgründen statt. Wer die Zeit hat, sollte dorthin gehen und Olaf unterstützen.

Leider lässt das Interview auf Telepolis die Frage, wie sich Berthold Seliger die Zukunft der Information vorstellt, völlig offen. Vielleicht erfahren wir dazu mehr im angekündigten zweiten Teil, denn wer die ÖR abschaffen will, der muss ein Zukunftskonzept haben, das über „weg damit“ hinaus geht.

Viele Leser verstehen nicht, warum…

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