
Logo via Kulturfestival Djelem Djelem.
Dortmund habe vor drei Jahren etwas einzigartiges auf die Beine gestellt. Etwas, das es nirgendwo auf der Welt gebe. So sagt Sami Dzemailovski, Projektkoordinator von JURoMA, das 3. Roma-Kultur-Festival „Djelem Djelem“ betreffend, am vergangenen Freitag an dessen Eröffnungsabend. „Djelem Djelem“ ist die Hymne der Roma. „Djelem, Djelem!“ heißt „Wir gehen, wir gehen!“. Und Sami Dzemailovki bilanziert nach den zwei vorangegangenen Festivals: „Wir sind angekommen!“
Djelem Djelem bereits Tradition
Ausgemacht war das am Anfang nicht, weiß Jörg Loose (AWO), der für den noch im Stau steckenden Kulturdezernenten Jörg Stüdemann (aber just Minuten später im Saal des Theater im Depot eintreffen) die Gäste begrüßt. Inzwischen jedoch habe Djelem Djelem alle Hoffnungen auf Erfolg regelrecht übertroffen und die Signalwirkung über Dortmund hinaus gesteigert. Loose überträgt die Einschätzung seines Kollegen Detlev Becker hinsichtlich einer ebenfalls das dritte Mal wiederholten Aktion für unbegleitete Flüchtlinge – das erste Mal ist die Eröffnung, das zweite Mal gilt es regelmäßig zu nennen und beim dritten Mal ist von Tradition zu sprechen – auf Djelem Djelem. Abermals stünden nun Tage voller Kultur, Information und spannender Begegnungen vor uns.
Erklärtes Ziel von Djelem Djelem sei es, „die Vielfalt der Roma-Kulturen zu präsentieren, Vorurteile gegenüber dieser Minderheit abzubauen und bestehende Feindbilder zu entkräften und ein Zeichen für eine offene und tolerante Stadtgesellschaft in Dortmund zu setzen. Dieses Ziel hält Loose nicht nur für erreicht: „Wir haben es übertroffen.“ Das Festival bietet eine faszinierende Mischung aus Alltagsleben, Kunst, Kultur und Sozialem. Dem zugrunde liegt ein einzigartiges und bewährtes Konzept, das sich jedes Jahr neu erfindet. Zwischen Depot und Nordmarkt breitet sich das Festival immer mehr aus. Als neue Festivalorte sind dieses Mal das „domicil“ und das Torhaus im Rombergpark hinzugekommen.
Roma-Kulturzentrum für Roma und das Ruhrgebiet weiter im Blick
Stadtrat Jörg Stüdemann schiebt weitere positive Informationen hinterher: Im nächstem Jahr Jahr wollen die Städte Hagen, Gelsenkirchen und Duisburg bei Djelem Djelem mitmachen. Und in Zusammenarbeit mit dem Verein Romano Than e.V. (Haus der europäischen Roma) werde weiterhin daran gearbeitet ein geeignetes Haus für das ins Auge gefasste Roma-Kulturzentrum für die Roma und das Ruhrgebiet zu finden. Noch einen positiven Effekt – nicht zuletzt durch das Roma-Kulturfestival angestoßen – nennt Stüdemann: Das Gespräch, der Austausch mit den aus Südosteuropa zugewanderten Menschen ist besser geworden.
Ruždija Russo Sejdović schreibt auf Romanes
Passend dazu leistet der aus Mazedonien stammende und in Köln lebende, der bei der Auftaktveranstaltung vertretene Schriftsteller Ruždija Russo Sejdović eine wichtige Arbeit, um die Kultur der Roma nicht nur sichtbarer zu machen, sondern auch verständnisfördernd in deren Sinne zu wirken. Gewiss neu für manche Besucherinnen und Besucher ist: Sejdović ist mit anderen auf dem Weg, einen wichtigen Beitrag für die Etablierung einer Schriftsprache – die es für Romanes nicht gibt – beizusteuern. Die Roma haben freilich auch ihre Geschichten. Jedoch werden diese oral von Generation weitergegeben. Ruždija Russo Sejdović schreibt auf Romanes. Seine Bücher erscheinen in Romanes (mit einer Leseanleitung) und Serbisch. Bald sollen sie, ist über das Gespräch, das Moderator Bastian Pütter (bodo.ev) mit dem Autor führt, zu erfahren, auch in deutscher Sprache zu haben sein.
Sejdović liest aus „Der Eremit“. Im Buch „Der Eremit“ werden in mehreren Kurzgeschichten die Themen Identität, Heimat und Ausgrenzung aufgegriffen und auf literarische Weise verarbeitet. Ruždija Russo Sejdović schreibt in zum Teil autobiographischen Kurzgeschichten über seine Kindheit im ehemaligen Jugoslawien, das Zusammenleben der Menschen unterschiedlichster Herkunft und über die Roma mit ihren Sorgen und Hoffnungen.
Ein theatralischer Höhepunkt des Eröffnungsabends ist die multimediale Projektpräsentation „Königreich Nordstadt“. Diese einfallsreich inszenierte Performance (Künstlerische und pädagogische Leitung Manuela Wenz und Lena Leniger, kulturpflanzen e. V. mit Tanz-, Foto- und Videodarbietungen wird sichtlich hoch engagiert mit überwältigender Spielfreude, selbstbewusst und mit Sinn für Humor von Kindern aus der Dortmunder Nordstadt auf die Bühne gebracht. Lebensgeschichten von Kindern aus der Dortmunder Nordstadt werden erzählt.
„Wir haben ein eigenes inneres magisches Königreich, das aus unserer Kindheit stammt. Aus einer Zeit, als Bäume noch riesengroß waren, Mama und Papa wie ein herrschendes Königspaar wirkten. Damals… Auch heute suchen wir die Widerspiegelung des inneren Königreichs im Leben, um die äußere und die innere Welt zu verbinden.
In diesem Projekt von Kulturpflanzen e.V. erforschen Roma Kinder und andere junge Einwohner der Nordstadt diese geheimen Pfade ins Königreich: gefährliche Orte, verborgene Nischen, magische Plätze.“ (aus der Konzeption)
Feurig aufspielende Straßenmusiker und leckere Balkanspezialitäten zum Ausklang

Bulgarischen Straßenmusikern oblag die musikalische Unterhaltung vor und nach der Festivaleröffnung. Foto: C.-D. Stille
Ein praller Eröffnungsabend, schon bewährt, begleitet von feurig aufspielenden bulgarischen Straßenmusikern aus Dortmund. Beendet das Angebot leckerer Balkanspezialitäten dazu die Auftaktveranstaltung, liegt das Entree – ein fiktiver Stadtrundgang durch Dortmund(tolle Idee, nur leider etwas akustisch beeinträchtigt) – in der Depot-Halle schon drei Stunden zurück.
Das 3. Roma-Kulturfestival Djelem Djelem bietet nun noch bis zum 11. September ein durchaus üppiges zu nennendes und facettenreiches Programm.