„Den Mieten auf den Deckel!“ Aktion am 5.12.24 in Berlin

Liebe Freundinnen und Freunde,
Liebe Aktive der Mieter*innenbewegung,
 DEN MIETEN AUF DEN DECKEL!

am Donnerstag den 5.12.24 lädt die Bundesregierung zu einem Wohngipfel nach Berlin. Von 15.00 bis 17.30 Uhr sitzt dann die Bauministerin Geywitz mit Spitzenvertreter*innen aus den Verbänden zusammen um sich über die gescheiterte Wohnpolitik auszutauschen.

Wir werden mit Protest vor Ort sein, aber wir brauchen unbedingt Euere Unterstützung!

Nutzen wir gemeinsam diesen Anlass, dass wir Mieter*innen uns lautstark Gehör verschaffen und gemeinsam deutlich machen: Wir brauchen einen Mietenstopp und die Deckelung der Mieten! Wir können nicht mehr warten! So kann und darf es nicht weitergehen. Sorgen wir also dafür, dass am Mietenthema im Bundestagswahlkampf niemand vorbeikommt

Gemeinsam auf den Deckel!
Ihr seid gefragt

Stellt Euch am Donnerstag den 5.12. ausgestattet mit Topfdeckeln und Kochlöffeln auf Euerem Balkon, die Straße, auf den Rathausplatz, den Weihnachtsmarkt mit Eurer Hausgemeinschaft, der Familie, euren Kollegf*innen  und macht pünktlich um 17.30 Uhr 30 Sekunden ordentlich Lärm!

Vergesst Bitte nicht, Euch dabei zu filmen! Schickt euren Clip dann direkt an mietenstopp.de„>mietenstopp.de“ style=“color: #0000ff; text-decoration: none;“>info@mietenstopp.de“>mietenstopp.de

Wir machen dann daraus eine lautstarkes Zeichen der Mieter*innenbewegung. Schreibt uns auch gerne im Vorfeld, wenn Ihr Euch beteiligt, dann nützen wir das für die Öffentlichkeitsarbeit.

Auf den Deckel fertig los!

Liebe Grüße
Euer Team Mietenstopp

Quelle:
Mehr dazu siehe https://mietenstopp.de/

Beitragsbild: ©C.Stille

Verdi und der Ukraine-Krieg (1. Offener Brief)

AllgemeinVerdi und der Ukraine-Krieg

Von Ulrich Heyden

An den Verdi-Landesbezirksvorstand Hamburg (Annelies Krohn) und die Verdi-Landesbezirksleitung Hamburg (Sandra Golschmidt, Ole Borgard)

Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen,

ich bin seit 1974 Gewerkschaftsmitglied und überlege aus der Gewerkschaft Verdi auszutreten. Vielleicht könnt Ihr mich überzeugen, dass das ein falscher Schritt ist. Bitte lest mein Schreiben.

50 Jahre bin ich Gewerkschaftsmitglied, erst in der IG Metall, dann bei Verdi. Ich war Jugendvertreter bei MBB und gewerkschaftlicher Vertrauensmann bei Siemens. Im Frühjahr bekam ich eine goldene Verdi-Nadel an meine Moskauer Adresse geschickt. In dem Begleitschreiben stand etwas von den “wertvollen Erfahrungen” von uns Alt-Mitgliedern. Aber ich vermisse Verdi und die anderen Einzelgewerkschaften des DGB auf der Seite derjenigen, die gegen die “Kriegsertüchtigung” in Deutschland laut und deutlich die Stimme erheben. Wenn die IG Metall 1974 mehr oder weniger offen einen Krieg unterstützt hätte, wäre ich wohl nie in diese Gewerkschaft eingetreten.

Artikel für Gewerkschaftszeitungen

Ich habe in den vergangenen Jahren mehrmals für deutsche Gewerkschaft-Zeitungen Artikel geschrieben, zum Beispiel den hier über eine Schule in Tatarstan: Toleranz wird schon in der Schule gelernt (Bildungsmagazin GEW Bremen). Aber meine Artikel-Angebote an deutsche Gewerkschaftszeitungen wurden zu selten gedruckt, als dass sie ein wichtiger Bestandteil meiner Unterhaltssicherung waren.

Aus Verdi auszutreten fällt mir schwer, weil ich als Jugendvertreter bei Messerschmidt-Bölkow-Blohm in Hamburg Erfahrungen mit Gewerkschaftsausschlüssen machen musste. Zwei meiner Genossen, die wie ich Jugendvertreter waren, wurden 1975 wegen angeblicher Nähe zum “Kommunistischen Bund” ausgeschlossen. Ich wurde verschont. Und nun soll ich freiwillig austreten?

Ukraine-Krieg

Aber vor ein paar Tagen war wieder so ein Moment, wo es in der Magengrube weh tat. Ich las im verdi-Mitgliederrundbrief die Worte des Vorsitzenden Frank Werneke “zur aktuellen politischen Entwicklung” und die klangen nach einer indirekten Unterstützung der deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Zitat: “Angesichts der aktuellen Bedrohungslage in der Ukraine und der umfangreichen Unterstützung, die Deutschland leistet, wäre es notwendig und auch rechtssicher möglich gewesen, die in unserer Verfassung vorgesehene Notlagenregelung für den Bundeshaushalt zu erklären. Dadurch ist eine höhere Schuldenaufnahme möglich und im Ergebnis ein Bundeshaushalt ohne tiefe Einschnitte und mit mehr Möglichkeiten für Investitionen.”

Als am 2. Mai 2014 das Gewerkschaftshaus in Odessa brannte, schwiegen die deutschen Gewerkschaften. Und jetzt wollen sie “solidarisch mit der Ukraine“ sein? Habt Ihr denn nicht mitbekommen, dass die Ukraine ein gespaltenes Land ist, indem ein großer Teil der Bevölkerung nicht für Nato-Interessen sterben will und indem sich viele Menschen durch das Verbot der russischen Sprache an ukrainischen Schulen und dem Verbot aller ukrainischen Oppositionsparteien diskriminiert fühlen?

Verdi-Berichterstattung über die Ukraine

Die deutschen Gewerkschaften müssten sich eigentlich gegen die in Deutschland grassierende Russophobie stemmen. Aber die Verdi-Mitgliederzeitung „Publik“ macht das Gegenteil. In „Publik“ findet man eingestreute und nicht belegte Behauptungen über Russland, die ich aus russophoben Hetz-Medien, wie der Bild-Zeitung und t-online.de kenne, die aber in einer Gewerkschaftszeitung eigentlich keinen Platz finden dürften.

So heißt es in Publik 5 /2024 S. 16 in einem Bericht über queere Menschen in der Ukraine: „Es kursieren Berichte über von russischen Truppen geführte Listen mit queeren Aktivisten, die verhaftet und verfolgt werden sollen.“

In „Publik“6/2024 wird in einer Reportage über Gewerkschaften in der Ukraine kritiklos ein ukrainischer Gewerkschafter zitiert. Dieser Gewerkschafter behauptet „sogenannte Gewerkschaften in Russland“ würden „auf ihren Kongressen dazu aufrufen, ihre Armee zu unterstützen und Ukrainer zu töten. Das ist ein Alptraum.“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Warum druckt ihr, um auch die russische Seite darzustellen, nicht auch eine Reportage über die russischen Gewerkschaften, damit nicht ein ukrainischer Gewerkschafter den Verdi-Mitgliedern die russischen Gewerkschaften erklärt, sondern die russischen Gewerkschafter ihre Gewerkschaft selbst erklären? So ein Herangehen entspräche dem Prinzip der fairen Berichterstattung und der Erkenntnis, dass sich die abhängig Beschäftigten zur Durchsetzung ihrer Interessen, international vernetzen müssen.

Einschränkung der Meinungsfreiheit

Ich bedanke mich bei Euch nochmals für den Rechtsbeistand in zwei Arbeitsgerichtsprozessen gegen die Sächsische Zeitung, die mich im Dezember 2013 kündigte. Das war in der Hochphase des Kiewer Maidan, über den ich im Unterschied zu anderen Korrespondenten ohne Begeisterung berichtete. Die Arbeitsgerichtsprozesse verlor ich.

Zahlreiche andere Medien, wie Mittelbayerische Zeitung, Märkische Allgemeine, Nordkurier und Thüringer Allgemeine druckten seit 2014 keine Artikel mehr von mir. Selbst „der Freitag“, für den ich seit 1992 schrieb, kündigte mich im März 2022.

Wo wart Ihr, als ab 2014 zahlreiche Journalisten und Professoren gekündigt wurden, weil sie in der Corona-Chor der Bundesregierung nicht mitsingen wollten oder weil man ihnen vorwarf, sie würden von Russland finanziert oder gesteuert? Ihr habt zu diesen Repressionen geschwiegen.

Erschüttert war ich auch vom Verhalten GEW-Führung in meiner Heimatstadt Hamburg, die 2023 dem „Jour fix/Gewerkschaftslinke“ die weitere kostenlose Nutzung eines Raumes für Versammlungen im gewerkschaftseigenen Curio-Haus untersagte. Begründet wurde dieses Verbot mit der Teilnahme an Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Hamburg, die „rechtsoffen“ seien.

Ich halte das Vorgehen der GEW-Führung für gewerkschaftsschädigend, denn unter den Gewerkschaftsmitgliedern gibt es zweifellos unterschiedliche Positionen zur Corona-Politik der Bundesregierung. Eine Diskussion über unterschiedliche Positionen muss in einer Gewerkschaft möglich sein, wenn sie nicht zum verlängerten Arm der Bundesregierung werden will.

Ich hoffe auf eine Antwort von Euch.

Mit gewerkschaftlichen Grüßen!

Ulrich Heyden, Moskau, 14. November 2024

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Der Autor:

Ulrich Heyden, Jahrgang 1954, lebt sei 1992 in Moskau, von wo er als akkreditierter Korrespondent für deutschsprachige Medien wie die tazDeutschlandfunkRheinischer MerkurDie PresseSächsische Zeitung und Die Wochenzeitung (Zürich) berichtete. Zwischen 2014 und 2022 verlor er im deutschsprachigen Raum fast alle Kunden. Heute berichtet er für Rubikon, jetzt ManovaNachdenkseitenJunge WeltRT DE und auf einem eigenen YouTube-Kanal. Er ist Mitautor des Buches „Opposition gegen das System Putin“, Autor des Buches „Ein Krieg der Oligarchen. Das Tauziehen um die Ukraine“, Co-Regisseur des Films „Lauffeuer“ über den Brand im Gewerkschaftshaus von Odessa und Autor der Bücher „Wer hat uns 1945 befreit?“, „Wie Deutschland gespalten wurde“ und „Der längste Krieg in Europa seit 1945“. Weitere Informationen unter www.ulrich-heyden.de.

Quelle und weitere Infos: www.ulrich-heyden.de
Bild: ver.di de

Verdi und der Ukraine-Krieg (2. Offener Brief)

gewerkschaftsforum.de ein Forum für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die etwas zu sagen haben Suche nach:

AllgemeinVerdi und der Ukraine-Krieg

Von Ulrich Heyden

An die

ver.di Bundesverwaltung, Ressort 1

10179 Berlin

z.Hd. Daniela Kornek

Betr.: Verdi und die Ukraine 2

Sehr geehrte Kollegin Kornek,

ich hatte am 14. November einen Brief an die Verdi-Bezirksleitung Hamburg mit Fragen Verdi und der Ukraine-Krieg | Overton Magazin zum Thema „Verdi und der Ukraine-Krieg“ geschickt. Sie haben mir am 19. November im Auftrag des Verdi-Vorsitzenden Frank Werneke geantwortet.

Leider sind Sie in Ihrer Antwort nicht inhaltlich auf meine Fragen zur Ukraine-Berichterstattung in der Verdi-Mitgliederzeitung „Publik“ eingegangen. Stattdessen verweisen sie auf den friedenspolitischen Leitantrag des ver.di-Bundeskongresses vom September 2023.

In diesem Leitantrag stehen gute Sachen, wie etwa die Aussage, dass „der öffentliche Diskurs zum weiteren Umgang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine (…) übermäßig fixiert (ist) auf Waffenlieferungen und militärische Lösungen in Kategorien wie ´Sieg´ oder ´Niederlage´.“

Doch sie, Frau Kornek, heben in Ihrer Antwort an mich eine Stelle im Leitantrag des Bundeskongresses hervor, die meiner Meinung nach nicht zum Frieden führt. Sie schreiben, der Leitantrag stelle fest, „dass eine Unterstützung der angegriffenen Ukraine mit militärischem Material völkerrechtlich zulässig ist und eine Unterstützung der Angegriffenen darstellt, um sich weiter zu verteidigen.“

Kiew militärisch erfolglos

Ich frage Sie, ist es nicht Zeit an der Zeit, dass Verdi einen neuen, eindeutigen Beschluss fasst? Denn nach zweieinhalb Jahren Krieg, ist die Ukraine trotz massiver westlicher Waffenhilfe, Hilfe bei der Satelliten-Aufklärung und der Ausbildung von Soldaten militärisch keinen Schritt weitergekommen. Im Gegenteil, es vergeht kein Tag an dem die russische Armee nicht mindestens eine Ortschaft in der Ukraine erobert.

Immer deutlicher wird, dass die politische Führung der Ukraine das Land in´s Verderben führt und nicht selbstständig handelt, sondern von westlichen Geldgebern in Richtung Eskalation gelenkt wird, um Russland zu schwächen.

Man lockte die Ukraine 2013 mit visafreiem Reiseverkehr. Dass sie nur Verschiebemasse im geopolitischen Ringen mit Russland sein würden, war vielen Ukrainern nicht bewusst. Nun werden ukrainische Soldaten verheizt, als Kanonenfutter gegen Russland.

Für die Unterstützung der Ukraine – nur anders

Auch ich bin für Unterstützung der Ukraine, allerdings nicht in Form von Waffen, sondern in Form einer politischen Forderung an die Regierungen in Kiew, Berlin, Washington und London, den Krieg zu beenden, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und mit Verhandlungen zu beginnen, die eine Ende des Massensterbens möglich machen.

Ich wundere mich über die oberflächliche Darstellung des Ukraine-Krieges in den Verdi-Medien. Warum schweigt Verdi zu der Vorgeschichte des Ukraine-Krieges, zur Ost-Erweiterung der Nato, zur Diskriminierung der russischen Sprache durch die Post-Maidan-Regierung und zu den 14.000 Toten des Krieges im Donbass in den Jahren 2014 bis 2022? Diese Toten starben vorwiegend in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk, nachdem die ukrainische Führung im April 2014 eine „Anti-Terror-Operation“ gegen die nach Autonomie strebenden Gebiete Donezk und Lugansk gestartet hatte und rechtsradikale ukrainische Freiwilligenbataillone und die ukrainische Armee Wohnhäuser in den Volksrepubliken beschossen.

Ich habe die Gebiete Donezk und Lugansk in den Jahren 2014 bis 2022 häufig besucht und über das, was ich dort gesehen und gehört habe, ein Buch geschrieben, „Der längste Krieg in Europa seit 1945“[1]. Ich würde mich sehr freuen, wenn in „Publik“ eine Rezension dieses Buches erscheint.

Stimmen aus Russland „nicht angemessen“?

Sie schreiben, dass die russischen Gewerkschaften „bedauerlicherweise den Überfall Russlands auf die Ukraine unterstützen“, weshalb die russischen Gewerkschaften „aus den internationalen gewerkschaftlichen Dachverbänden suspendiert“ wurden. „Vor diesem Hintergrund halten wir es nicht für angemessen, ihnen innerhalb von ver.di eine publizistische Plattform zu bieten.“

Ich frage Sie, wird Verdi wenigstens alternative Dialog-Foren mit Russen und Russinnen organisieren, oder wollen Sie ganz Russland abschreiben? Ist Russland, das größte Land der Erde, für Verdi nur „der Krieg“ und „Putin“ oder leben da außer Bären auch noch Menschen, gibt es da noch eine Kultur? Wollen Sie in Ihren Publikationen nicht wenigstens deutsche Journalisten aus Russland berichten lassen?

Und nun kommt auch noch John McCain zu Ehren …

Ich wunderte mich. In der Verdi-Mitgliederzeitung „Publik“ (Auflage 1,6 Millionen) konnte in der Ausgabe 6/2024 der Journalist Moritz Gross die zweiseitige Reportage „Wir sind auf der Hut“ über ukrainische Gewerkschaften veröffentlichen. Ausgerechnet Gross, der auch für die „Jungle World“ schreibt jungle.world – Moritz Groß hielt man für geeignet, über die ukrainischen Gewerkschaften zu berichten. Man muss wissen: In „Jungle World“, einer Publikation der „Antideutschen“, sitzen Scharfmacher. Das Blatt kritisiert die Bundesregierung für eine „zu lasche“ Politik gegenüber Russland und dem Iran.

In der Reportage des Journalisten Gross wird lang und breit ausgeführt, für wie schlimm ukrainische Gewerkschaftsfunktionäre die „sogenannten russischen Gewerkschaften“ halten. Die „sogenannten Gewerkschaften in Russland rufen auf ihren Kongressen dazu auf, ihre Armee zu unterstützen und Ukrainer zu töten. Das ist ein Alptraum“, sagt einer der von Gross interviewten Funktionäre.

Der Journalist Gross hätte den interviewten Gewerkschafter auch fragen können, was denn die Losungen der ukrainischen Gewerkschaften in der jetzigen Kriegszeit sind? Aber das unterließ der Journalist, denn die Antwort hätte gezeigt, dass auch der Interviewte kein Friedensengel ist.

Weiter schildert Gross, wie sehr ukrainische Gewerkschafter den inzwischen verstorbenen US-Republikaner John McCain verehren. McCain trat 2013 als Redner auf dem Kiewer Maidan mit anti-russischen Tiraden auf.

Für den Journalisten Gross ist McCain offenbar eine verehrungswürdige Person, denn er zitiert den Hardliner zustimmend. „Der Konservative erkannte bereits kurz nach der russischen Annexion der Krim und Teilen der Ostukraine, dass man Putin genau deshalb ´provozierte, weil man ihm gegenüber Schwäche zeigte.´“ Konterkarrieren solche Sätze nicht alle Verdi-Leitanträge in denen von Friedenspolitik die Rede ist?

Fairer, sorgfältiger Journalismus?

Sie, Frau Kornek, haben geschrieben, „unsere Mitgliederzeitung Publik arbeitet nach den Grundsätzen journalistischer Sorgfalt, die zum Beispiel im Kodex des Deutschen Presserats definiert ist.“ Es widerspricht aber der journalistischen Sorgfalt, wenn man abwertende Äußerungen einer interviewten Person nicht mit einer Stellungnahme der angegriffenen Person oder Institution konfrontiert.

Zeigt man in einem Konflikt nur die eine Seite, nennt man das gemeinhin Propaganda. Stellt man die Positionen beider Seiten dar, entspricht das journalistischer Sorgfalt und Fairness.

Zur Friedenspolitik zu der sich Verdi in ihren Beschlüssen bekennt, gehört eine Berichterstattung, die nicht Propaganda betreibt, sondern beide Seiten in einem Konflikt darstellt, die erklärt, wie es zu dem Konflikt gekommen ist und wie der Konflikt gelöst werden kann. Von solch einem Herangehen sind Journalisten wie Gross meilenweit entfernt.

Zwangsmobilisierung – Zeichen einer Demokratie?

An den Zuständen in Deutschland findet man in Verdi-Publikationen durchaus Kritik. Doch nach kritischen Äußerungen über das politische System in der Ukraine sucht man in Verdi-Publikationen vergeblich. Ist die Ukraine etwa eine Vorzeige-Demokratie?

Doch passt es zu einer Demokratie, wenn die Nachrichten aller ukrainischen Fernsehkanäle von einer Zentral-Redaktion stammen und alle Oppositionsparteien verboten sind?

Präsident Wolodymyr Selenski ist immer noch im Amt ist, obwohl seine reguläre Amtszeit am 20. Mai 2024 endete.[2] Neuwahlen wurden bisher nicht angesetzt.

Aus der Ukraine fliehen täglich Männer, aus Angst zwangsmobilisiert zu werden. Im Westen wurde diese Tatsache lange ignoriert, doch inzwischen ist das Problem so offensichtlich, dass selbst der Korrespondent von „Die Welt“, Christoph Wanner, eingestand[3], er habe diese Methoden, als er noch aus Moskau berichtete, als „russische Propaganda“ abgetan. Seit er in Kiew arbeite, habe er Informationen aus erster Hand und nun sei er der Meinung, dass es diese rüden Methoden der Zwangsrekrutierung tatsächlich gibt.

Gegen die Methoden der gewaltsamen Zuführung von Männern zur ukrainischen Armee demonstrierten vor einigen Tagen junge Männer, die ihre Wurzeln in Staaten der ehemaligen Sowjetunion haben, in Berlin vor dem Brandenburger Tor Ukrainische Aktivist:innen demonstrieren gegen Menschenrechtsverletzungen der Selensky-Regierung – Forum Gewerkschaftliche Linke Berlin. Wäre es nicht Aufgabe von Verdi, sich an solchen Protestkundgebungen zu beteiligen?

Zum Schluss frage ich Sie, Frau Kornek: Können in der Ukraine demokratische Zustände herrschen, wenn diejenigen, welche am 2. Mai 2014 das Gewerkschaftshaus in Odessa in Brand gesteckt und damit den Tod von mindestens 42 Menschen verschuldet haben, bis heute nicht vor Gericht gestellt wurden?

Ich habe mich mit den Vorfällen in Odessa intensiv beschäftigt und mit Angehörigen der im Gewerkschaftshaus Umgekommen gesprochen. Zusammen mit Marco Benson von Leftvision war ich Co-Regisseur des im Februar 2015 veröffentlichten Dokumentarfilms „Lauffeuer“[4]. Es war der erste deutschsprachige Film über die Exzesse eines nationalistischen ukrainischen Mobs in Odessa. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Film in „Publik“ rezensiert wird.

Mit gewerkschaftlichen Grüßen!

Ulrich Heyden, Moskau, 21.11.24

www.ulrich-heyden.de

P.S.: Ich werde diesen Brief an Medien weiterleiten.

 Anmerkungen:


[1] „Der längste Krieg in Europa seit 1945“ (2022)

[2] Ukraine: Warum Selenskyj ohne Wahlen im Amt bleiben kann – DW – 19.05.2024

[3] Welt-Nachrichtensender – PUTINS KRIEG: Wehrpflichtige „werden regelrecht gejagt“ – Brutale Rekrutierungen schocken Ukrainer https://www.youtube.com/watch?v=_OSoKFF-Ims

[4] Lauffeuer – Eine Tragödie zerreißt Odessa zu Beginn des Uk

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Der Autor:

Ulrich Heyden, Jahrgang 1954, lebt sei 1992 in Moskau, von wo er als akkreditierter Korrespondent für deutschsprachige Medien wie die tazDeutschlandfunkRheinischer MerkurDie PresseSächsische Zeitung und Die Wochenzeitung (Zürich) berichtete. Zwischen 2014 und 2022 verlor er im deutschsprachigen Raum fast alle Kunden. Heute berichtet er für Rubikon, jetzt ManovaNachdenkseitenJunge WeltRT DE und auf einem eigenen YouTube-Kanal. Er ist Mitautor des Buches „Opposition gegen das System Putin“, Autor des Buches „Ein Krieg der Oligarchen. Das Tauziehen um die Ukraine“, Co-Regisseur des Films „Lauffeuer“ über den Brand im Gewerkschaftshaus von Odessa und Autor der Bücher „Wer hat uns 1945 befreit?“, „Wie Deutschland gespalten wurde“ und „Der längste Krieg in Europa seit 1945“. Weitere Informationen unter www.ulrich-heyden.de.

Quelle und weitere Infos: www.ulrich-heyden.de
Bild: ver.di de