Vergangenen Sonnabend fand die dritte Was-tun NRW!-Konferenz in Hagen statt. Lesen Sie meinen Bericht von der zweiten Konferenz hier. Mehr zu Was-Tun NRW auf deren Website.
„Was tun NRW!“ ist laut Selbstauskunft „eine außerparlamentarische Sammlungsbewegung von in der Partei Die Linke tätigen Funktionsträgern, darunter Kreissprecherinnen beziehungsweise Kreissprechern, kommunalen Mandatsträgern und Mitgliedern von Sprecher*innenräten von Landesarbeitsgemeinschaften.“

„Viele von uns“, heißt es weiter, „sind in der SL NRW (Sozialistische Linke; C.S.) organisiert. Bei uns wirken aber auch noch ehemalige Mitglieder der Partei Die Linke mit, welche in kommunalen Parlamenten tätig waren beziehungsweise jetzt parteilos sind. Auch haupt- und ehrenamtliche Gewerkschaftsmitglieder arbeiten bei uns mit.“
Weiter: „Unsere Intention ist es, uns aktiv für eine neue starke linke politische Kraft in Deutschland und NRW zu engagieren.
Themenschwerpunkte unserer Arbeit sind Soziales, Friedenspolitik und eine Umweltschutzpolitik, welche nicht zu Lasten der Lohnabhängigen, Erwerbslosen und des Mittelstandes erfolgt.
Sahra Wagenknecht und ihren politischen Ansätzen stehen wir in diesem Kontext sehr positiv gegenüber.“
Ich verfolgte die 3. Was-Tun-Konferenz via Zoom. Ingo Meyer informierte am vergangenen Sonntag auf Facebook: „Dennis Friedel Heiermann referierte hochinformativ zum Thema Behindertenpolitik. Dank an ihn dafür. Ein für eine soziale Bewegung außerordentlich wichtiges Themenfeld! Wir haben wieder neue Mitstreiter gewonnen und blicken in dieem Zusammenhang gespannt, optimistisch und durchaus auch offensiv in die Zukunft! Denn wir sind gekommen und nun da, um zu bleiben! Wir waren uns in diesem Zusammenhang einig, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und seine Parteigründungsvorbereitungen wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen und außerparlamentarisch aktiv zu unterstützen. Denn wir wollen dazu beitragen, dass es anders und somit besser – sozialer und friedlicher – wird in Nordrhein-Westfalen, Deutschland und der EU!“ (…)

Dennis Friedel Heiermanns interessantes Referat befasste sich mit dem Thema Behindertenpolitik
Dennis Friedel Heiermann warf eingangs seines Referats zunächst einen Blick in die Vergangenheit. Er sprach über medizinische Menschenversuche im Dritten Reich. Als ein schreckliches Beispiel nannte er die Städtische Nervenklinik für Kinder und Jugendliche Wiesengrund. Er erwähnte auch den Pathologen Berthold Ostertag, welcher medizinische Versuche an Hirnen von Kindern unternahm. Er wurde nach 1945 Leiter der Neuropathologischen Abteilung der Universitätsnervenklinik Tübingen und erhielt später in der BRD das Große Bundesverdienstkreuz (!).
Und Heiermann sprach darüber, dass wahrlich nicht alle damaligen NS-Täter juristisch zur Verantwortung gezogen wurden. Die meisten Naziärzte seien unbehelligt geblieben. Manche seien in der Adenauer-BRD sogar wieder zu Amt und Würden gekommen.
Auf Versuche von Naziärzten konnte nach 1945 weiter zugegriffen werden. Auch medizinische Menschenversuche wären im Grunde weiter möglich gewesen. Ein entsprechendes Gesetz sei in der BRD erst 1978 (!) außer Kraft gesetzt worden. Jedoch hätte man es nicht für nichtig erklärt. Was heiße, es könne im schlimmsten Falle auch wieder in Kraft gesetzt werden. Wisse man, welche Regierung ins Amt käme? Heiermann findet das mehr als bedenklich. Zumal in wir uns in fragwürdigen Zeiten befänden, in welchen man schon einiges erlebt hätte, was derartige Bedenken durchaus nähre.
Heiermann Referat brachte trotz durchaus erreichter Erfolge in der Behindertenpolitik etliche weiter bestehende Defizite und Ungerechtigkeiten zutage. Beispielsweise bemühe sich die Bundesregierung nicht um Opferentschädigung oder ein Gedenktag für entsprechende Opfer des Nationalsozialismus.
Nicht vermittelt werden manche Behinderte auf den offenen Arbeitsmarkt. Obwohl es ein Recht darauf gibt. Allerdings könnten sich große Konzerne davon für lächerliche 720 Euro von einer Pflicht der Einstellung freikaufen.
Menschen, welche in Behindertenwerkstätten arbeiteten erhielten zumeist einen kleinen Lohn von 250 Euro bei acht Stunden Arbeitszeit.
Frauen mit Behinderung seien doppelt diskriminiert, denn sie seien durch die Bewältigung des Haushalts zusätzlich belastet.
Auch fehle es an bezahlbaren Wohnungen.
So manche Behinderten trauten sich aus Angst vor einer möglicher Herunterstufung nicht einen neuen Antrag zu stellen.
Dennis Friedel Heiermann (sh. Foto via Facebook) räumte ein, dass manche gesetzliche Regelungen auf dem Papier zwar ganz super aussähen, in der Praxis aber weiter so manche Defizite bestünden.

Auch die finanziellen Entschädigungen bzw. Zulagen für Begleiter von Behinderten seien eher bescheiden.
Behindertenpolitik werde – obwohl in den bestehenden Parteien durchaus berücksichtigt – vielfach stiefmütterlich und unzureichend behandelt.
Da sei noch viel Luft nach oben.
Behindertenpolitik, forderte der Referent, müsse eigentlich eines der Schwerpunktthemen der Parteien sein.
Er verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass das in der Partei von Sahra Wagenknecht – die Gründung ist für Januar 2024 vorgesehen – der Fall sein werde.
Beitragsbild: C. Stille
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